Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 37 U 115/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 78/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 15. März 2013 sowie der Bescheid der Beklagten vom 29. Juli 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 05. November 2009 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin eine Witwenrente aus der Unfallversicherung ihres Ehemanns M S zu gewähren. Die Beklagte hat der Klägerin deren notwendigen außergerichtlichen Kosten des gesamten Verfahrens zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Witwenunfallrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung ihres 1936 geborenen Ehemanns M S (Verstorbener).
Die 1947 geborene und seit 1983 in erster Ehe geschiedene Klägerin lernte nach den Angaben ihres an die Beklagte gerichteten Schreibens vom 12. Mai 2009 den Verstorbenen am 22. August 1991 in D kennen, als die Klägerin dort in ungekündigter Stellung bei der Wasserwirtschaft beschäftigt war. Bis Ende 1991 war der Entschluss gereift, das Leben gemeinsam zu verbringen. Die Klägerin zog nach F und begann dort im Januar 1992 eine Beschäftigung im Krankenhaus N, weil sie eigenen Angaben zufolge immer finanziell unabhängig gewesen sei und dies auch unbedingt habe bleiben wollen. Der Verstorbene unterhielt eine gute Beziehung zum erwachsenen Sohn der Klägerin und später zu dessen Sohn, den er als Enkel bezeichnete. Während ihrer Beziehung fuhren die Klägerin und der Verstorbene regelmäßig in die Heimat der Klägerin nach B bzw. zu ihren dort lebenden Verwandten und Freunden; sie waren bei Familienfeiern eingeladen. Ende März 1993 zogen die beiden nach N und im Juni 1997 nach G. Zusätzlich mieteten sie ein Apartment im Wohnhochhaus des Krankenhauses an, in welchem die Klägerin beschäftigt war, um die langen Pendelfahrtzeiten nach G zu vermeiden. Der Verstorbene wurde 2003 berentet, die Klägerin arbeitete noch drei weitere Jahre, um dann als Schwerbehinderte abzugsfrei in Rente zu gehen. Sie und der Verstorbene hatten bereits seit Jahren gemeinsame Versicherungen und bestritten das Leben gemeinsam. Seit Dezember 2006 hatten sie eine gemeinsame Wohnung in B.
Die Klägerin bezieht seit dem 01. Februar 2007 von der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland eine Altersrente in Höhe von 951,72 EUR (Stand 01. Juli 2008) und eine Rente aus der betrieblichen Altersversorgung (Zusatzversorgungskasse des Magistrats der Stadt Frankfurt am Main) in Höhe von 180,35 EUR (Stand Februar 2007).
Laut der ärztlichen Anzeige bei Verdacht auf eine Berufskrankheit (BK) des Krankenhauses N vom 03. November 2006 bestand seit Oktober 2006 beim Verstorbenen eine progrediente Dyspnoe und erbrachte eine Thoraskopie mit thorakoskopischer Pleurodese und Biopsien sowie anschließender Histologie den Verdacht auf ein Frühmesotheliom. Bei der Punktion am 11./ 12. Oktober 2006 wurden insgesamt 6 l hämorrhagischen Pleuraergusses fraktioniert. Im Anschluss wurden operativ fibrinöse Adhäsionen gelöst und eine Talkumpleurodese (durch das Einbringen von Medikamenten in den Pleuraspalt werden die beiden Blätter des Brustfells (Pleura) miteinander verklebt, um wiederkehrende Ergussbildungen zu verhindern) vorgenommen. Die Histologie ergab ausgedehnte Mesothelproliferate ohne sicheres invasives Wachstum. Die Befunde wurden als grenzwertig zu einem sog. Frümesotheliom gedeutet, vgl. Arztbrief des Krankenhauses N vom 06. November 2006, wonach neben der medikamentösen eine spezielle Therapie nicht als indiziert angesehen wurde, und Pathologiebericht vom Prof. Dr. A vom 23. Oktober 2006. Laut vorläufigem Entlassungsbericht des Krankenhauses Nordwest über eine weitere kurzstationäre Behandlung am 18. und 19. Januar 2007 vom 24. Januar 2007 bestand ein hochgradiger Verdacht auf Frühmesotheliom der Pleura mit linksseitigem Pleuraerguss. Der Verstorbene habe seit Oktober 2006 8 kg an Gewicht verloren. Die CT-Untersuchung habe eine deutliche Rückbildung der gekammerten Ergüsse links sowie des interlobären Ergusses links ergeben. Insgesamt zeige sich eine zunehmende Volumenreduktion der linken Lunge als Hinweis auf einen schrumpfenden Prozess. In der Folgezeit begab sich der Verstorbene zu pneumologischen Kontrolluntersuchungen beim Lungenfacharzt Dr. W, vgl. etwa Arztbriefe vom 20. August 2007 und vom 19. November 2007. Kontrolluntersuchungen wurden auch an der E GmbH H durchgeführt, vgl. CT-Bericht vom 07. September 2007 (Befund: im Lungenfenster links streifig-schwielige Veränderungen; für einen eindeutigen Herdbefund kein ausreichender Hinweis).
Der Verstorbene bat die Beklagte mit Schreiben vom 25. September 2007 im Hinblick auf die eingeschränkte Lungenfunktion aufgrund des Frühmesothelioms und der damit verbundenen Einschränkung seiner Lebensqualität um eine möglichst baldige Bearbeitung der ärztlichen Anzeige. Am 31. Januar 2008 wurde ein subcutaner maligner Tumor am linken Thorax dorsolateral entfernt, vgl. Arztbrief der EGmbH vom 31. Januar 2008 und Histologieberichte vom 04./ 08 Februar 2008. Im April 2008 ließ sich der Verstorbene mit stärkerer Belastungsdyspnoe beim Centrum für Innere Medizin unter den Diagnosen Belastungsdyspnoe NYHA II/ III und respiratorische Partialinsuffizienz bei malignem Pleuramesotheliom links (Stadium IV, Zustand nach Talkum-Pleurodese und Teilresektion eines nach subkutan wachsenden Anteils des Pleuramesothelioms), mittelgradige, restriktive Ventilationsstörung, koronare 1-Gefäßerkrankung (Herzkatheter 2006) mit Zustand nach subakutem Myokardininfarkt behandeln. Dort wurde am 22. April 2008 CT-technisch ein malignes Pleuramesotheliom links mit Beteiligung der gesamten Pleura inkl. des Lappenspaltes im Sinne eines fortgeschrittenen Tumorstadiums gesichert; es wurde eine chemotherapeutische Behandlung verordnet, vgl. Arztbrief vom 23. April 2008 sowie pathologischer Bericht von Prof. Dr. T vom 28. April 2008. Eine operative Therapie im Sinne einer Tumormassenreduktion wurde nicht als indiziert angesehen.
Die Beklagte holte die beratungsärztliche Stellungnahme des Internisten Dr. S vom 20. Juni 2008 ein, wonach nach Auswertung der ärztlichen Unterlagen der Leistungsfall einer BK nach Nr. 4105 (durch Asbest verursachtes Mesotheliom des Rippenfalls, des Bauchfells oder des Perikards - BK 4105) der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) bis zum 09. Oktober 2006 eingetreten sei. Im Januar 2007 hätten sich in einer CT-Untersuchung laut Arztbrief Hinweise auf einen schrumpfenden Prozess links gezeigt, ohne dass sichere Tumorformationen beschrieben worden seien. Im selben Bericht werde eine Gewichtsabnahme von 8 kg seit Oktober 2006 beschrieben.
Am 17. Juli 2008 erkundigte sich die Klägerin bei der Beklagten telefonisch nach dem Sachstand des Anerkennungsverfahrens, vgl. Vermerk vom 17. Juli 2008.
Die Klägerin und der Verstorbene schlossen am 08. August 2008 die Ehe.
Die Beklagte erkannte mit Bescheid vom 27. August 2008 das Vorliegen der BK 4105 an und gewährte dem Verstorbenen ab dem 10. Oktober 2006 eine Rente auf unbestimmte Zeit – vorbehaltlich einer endgültigen Leistungszuständigkeit - als vor-läufige Leistung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 vom Hundert (v.H.).
Mit Schreiben vom 04. September 2008 trat der Verstorbene an die Beklagte mit der Bitte heran, die Kosten für die Chemotherapie zu übernehmen. Laut Aussage von Dr. W sei die Chemotherapie nur ein Strohhalm. Nach dieser Aussage sei er – der Verstorbene – erst einmal geschockt gewesen. Er wisse natürlich, dass es keine Heilung gebe, aber doch eine Linderung der Beschwerden.
Der Verstorbene durchlief bei der Klinik G vom 09. bis zum 30. Oktober 2008 eine stationäre onkologische Rehabilitationsmaßnahme, aus welcher er in gebessertem Allgemeinzustand in die weitere hausärztliche und onkologische Betreuung entlassen wurde, vgl. Entlassungsbericht vom 25. November 2008.
Die Klägerin lebte mit dem Verstorbenen bis zu dessen während einer stationären Krankenhausbehandlung in der C – vgl. Arztbrief vom 15. April 2009 - eingetretenem Tod am 15. April 2009 zusammen, vgl. an die Beklagte gerichtetes Schreiben vom 23. April 2009. Im Arztbrief vom 15. April 2009 lautet die Diagnose auf Exitus letalis am 15. April 2009 bei progredientem malignem Pleuramesotheliom links und wird u.a. ausgeführt, dass von einer operativen Therapie im Sinne einer Tumormassenreduktion aufgrund der Ausdehnung des Befundes und des schlechten Allgemeinzustands bereits im vorangegangenen Aufenthalt abgesehen worden war.
Nach dem Tod des Verstorbenen leitete die Beklagte ein Verfahren zur Feststellung von Hinterbliebenenleistungen ein. In diesem Rahmen holte die Beklagte zum Vorliegen einer sog. Versorgungsehe u.a. die – bereits oben erwähnte - schriftliche Stellungnahme der Klägerin vom 12. Mai 2009 ein. Darin gab die Klägerin Einzelheiten zum Zusammenlaben mit dem Verstorbenen an. Sie hätten nicht schon eher geheiratet, weil sie nach ihrer Ehescheidung im Jahr 1983 eigentlich nie wieder habe heiraten wollen. Im Spätherbst 2007 hätten sie dann doch beschlossen, 2008 zu heiraten, weil sie sich auch sehr gerne gehabt hätten und auf die alten Tage als Ehepaar hätten zusammen sein wollen. Sie hätten gemeinsam den Alltag bewältigen wollen, da man ja ab einem gewissen Alter schon hier und da Probleme habe. Sie hätten sich gegenseitig versorgen wollen, aber nicht finanziell, sondern vielmehr im täglichen Leben, jeder nach seinen Möglichkeiten. Auch sei es für sie sehr wichtig gewesen, als Ehepaar für den Notfall eine Vorsorgevollmacht auf Gegenseitigkeit zuhaben, so dass nicht etwa ein bestellter Betreuer über sie entscheiden müsse. Der Verstorbene sei 1988 geschieden worden und sei dann mehrmals umgezogen, so dass er nicht einmal sein Scheidungsurteil gehabt habe, dessen Beschaffung sich in der Folgezeit recht schwierig gestaltet habe. Auch habe es Probleme mit der Beschaffung der Geburtsurkunde gegeben. Dann hätten sie sich zur Eheschließung angemeldet. Die Standesbeamtin habe den 08. August 2008 als Hochzeitstermin vorgeschlagen. Sie hätten eine schöne Hochzeitsfeier gehabt und auch eine Hochzeitsreise nach G unternommen. Vielleicht klinge es in ihrem Alter albern, aber sie seien vor der Eheschließung aufgeregt wie junge Leute gewesen. Zum Zeitpunkt, als sie beschlossen hätten zu heiraten und die Vorbereitungen dazu getroffen hätten, sei die Berufserkrankung noch nicht anerkannt gewesen, und es sei auch nicht klar gewesen, ob es überhaupt eine Anerkennung geben würde. Die Klägerin legte u.a. einen Versicherungsschein der V Lebensversicherungs-AG vom 11. Mai 2000 vor, wonach sie Bezugsberechtigte der Kapitalversicherung auf den Todesfall des Verstorbenen ist. Sie legte zudem u.a. auch Anmeldebestätigungen der Gemeinde B vom 23. November 2006 vor, worin der Tag des Einzugs auf den 01. Dezember 2006 angeben wurde, sowie die Bescheinigung über die Anmeldung der Eheschließung des Standesamts B vom 14. Juli 2008.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 29. Juli 2009 gegenüber der Klägerin die Gewährung einer Hinterbliebenenrente aus Anlass des Todes des Verstorbenen ab. Es bestehe die gesetzliche Vermutung einer sog. Versorgungsehe, weil die Ehe erst nach dem Versicherungsfall geschlossen worden und der Tod innerhalb des ersten Jahres dieser Ehe eingetreten sei, ohne dass nach den besonderen Umständen des Einzelfalls die Annahme nicht gerechtfertigt sei, dass es der alleinige oder überwiegende Zwecke der Heirat gewesen sei, einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente zu begründen. Die Klägerin habe etwa 18 Jahre lang mit dem Verstorbenen zusammengelebt, ohne dass eine Heiratsabsicht bestanden habe. Erst nach Kenntnis der Schwere der Erkrankung hätten sie sich entschlossen zu heiraten.
Die Klägerin erhob unter dem 13. August 2009 Widerspruch. Es sei natürlich richtig, dass man für eine Vorsorgevollmacht nicht verheiratet sein müsse. Eigentlich sei es darum gegangen, für den Fall der ernsthaften Erkrankung, die ebenso auch jederzeit sie selbst hätte betreffen können, auf der Intensivstation ein Besuchsrecht zu haben, was oftmals sehr schwierig sei, wenn man nicht verheiratet sei. Währen der 18 Jahre des Zusammenlebens hätten sie immer wieder einmal über das Heiraten gesprochen, aber es sei dann wieder verschoben worden. Dies habe auch mit ihrer eigenen gesundheitlichen Situation zu tun gehabt. Als dann die Entscheidung Ende 2005 endgültig gefallen sei, gemeinsam in ihre alte Heimat zu ziehen, sobald auch sie Rentnerin sei, sei die Heirat für Anfang 2007 geplant gewesen. Es habe für sie beide ein neuer Lebensabschnitt begonnen. Als Rentner hätten sie dann endlich füreinander Zeit gehabt. Zuvor sei der Verstorbene oft auf Montage gewesen und sie hätten sich teilweise nur am Wochenende gesehen. Leider hätte sich auch im Oktober 2006 mitgeteilt bekommen, dass ihre Totalendoprothese der rechten Hüfte wieder locker gewesen sei. Ihre bisherige Wohnung und das Apartment seien gekündigt gewesen; der Umzug habe erfolgen müssen. Natürlich sei unter diesen Umständen, mit diesen beiden Diagnosen innerhalb von einer Woche, an Heirat vorerst nicht mehr zu denken gewesen. Sie selbst sei dann am 27. Februar 2007 zum sechsten Mal an der rechten Hüfte operiert worden und sei danach bis zum Spätherbst 2007 an zwei Gehstützen gelaufen. Dann erst sei sie wieder soweit hergestellt gewesen, dass sie den Alltag problemlos habe bewältigen können. Hätte es sich um eine Versorgungsehe gehandelt, vorausgesetzt, sie hätten überhaupt von diesen eventuellen Ansprüchen gewusst und die Berufserkrankung wäre schon anerkannt gewesen, dann wären doch die Gehstützen völlig egal gewesen und man hätte den Familienstand ändern lassen können, um so seine eventuellen Ansprüche zu schützen. So aber sei es gerade nicht gewesen. Sie hätten eine richtige Hochzeit feiern wollen, und zwar ohne Gehstützen und ohne den Gedanken an Tod und Geld. Außerdem sei es ja auch nicht klar gewesen, ob es überhaupt je eine Anerkennung als BK geben würde. Das Pleuramesotheliom sei bekannt gewesen, und zwar erst als Verdachtsdiagnose, die sich dann leider bestätigt habe. Die Chemotherapie habe sehr gut angeschlagen, so dass sogar ein Rückgang des Pleuramesothelioms zu verzeichnen gewesen sei. Sie seien voller Hoffnung gewesen, dass sie noch eine längere gemeinsame Zeit haben würden. Der Verstorbene habe die Therapie sehr gut vertragen und habe sich recht wohl gefühlt, so dass sie gehofft hätten, dass die Erkrankung zum Stillstand kommen würde. Dies wäre ja durchaus möglich gewesen. Ab Mitte März 2009 habe sich innerhalb von drei Wochen der Zustand des Verstorbenen rapide verschlechtert. Der Verstorbene habe unbedingt weiterleben wollen. Sie hätten ihre Wohnung gemeinsam schön hergerichtet und noch so viele Pläne gehabt, die sie während ihrer Berufstätigkeit nicht hätten verwirklichen können. Als die Heirat Anfang 2007 geplant gewesen und dann leider erst am 08. August 2008 erfolgt sei, sei auch bis dahin eine Anerkennung als BK nicht erfolgt gewesen. Sie hätten auch keinerlei Informationen, schon gar nicht über eine eventuelle Hinterbliebenenleistung gehabt. Diese sei ihr erst kurz nach dem Tod des Verstorbenen telefonisch mitgeteilt worden. Sie legte einen sie selbst betreffenden Arztbrief des Krankenhauses N vom 07. März 2007 nebst Operationsbericht vom 27. Februar 2007 vor. Danach war sie vom 26. Februar 2007 bis zum 12. März 2007 dort stationär behandelt worden. Die Diagnosen lauteten Schaftlockerung rechter Oberschenkel bei Zustand nach TEP-Implantation an der rechten Hüfte sowie Zustand nach mehreren Revisionseingriffen an der rechten Hüfte. Die Klägerin sei für die ersten sechs Wochen post operationem mit einer Teilbelastung von nur 20 kg entlassen worden.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 05. November 2009 als unbegründet zurück. Es werde nicht in Abrede gestellt, dass eine Eheschließung aus Gründen persönlicher Zuneigung und Bindung zwischen der Klägerin und dem Verstorbenen beabsichtigt gewesen sei. Die Tatsache des langjährigen eheähnlichen Zusammenlebens rechtfertige jedoch die Annahme im Sinne des Gesetzes, dass der Zeitpunkt der Eheschließung im August 2008 wesentlich durch den Umstand der Erkrankung mit nicht absehbaren, unter Umständen kurzfristigen Folgen geprägt gewesen sei, auch wenn zu diesem Zeitpunkt eine förmliche Anerkennung als BK noch ausgestanden habe. Die durchaus glaubhaften Ausführungen der Klägerin zur Begründung ihres Widerspruchs seien nicht ausreichend, die Anwendung der gesetzlichen Vermutung auszuschließen, weil ihr eine Heirat auch aus persönlichen Gründen gerade nicht entgegenstehe. Ferner seien im Rahmen des Sachverhalts einer Versorgungsehe konkrete rechtliche Vorstellungen der Eheschließenden über die Anspruchsvoraussetzungen von Hinterbliebenenleistungen oder über die Verfahrensweise zur Erlangung derselben nicht erforderlich, so dass der Hinweis auf die zum Zeitpunkt der Eheschließung noch ausstehende Anerkennung als BK nicht erheblich sei.
Die Klägerin hat ihr Begehren mit der am 12. November 2009 zum Sozialgericht Cottbus (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt und diese unter dem 06. Dezember 2010 und 13. März 2013 begründet. Sie hat an ihrem im Vorverfahren geäußerten Vorbringen festgehalten. Es sei eine Liebesheirat im Ergebnis einer langjährigen Beziehung mit gegenseitigem Füreinandereinstehen auch in schwierigen Situationen gewesen. Das Thema Ehe habe am Anfang der Beziehung nicht im Vordergrund gestanden. Es sei mit dem geplanten gemeinsamen Umzug in die Heimat der Klägerin der Wunsch gereift, dort nicht nur ihren 60. Geburtstag (im Januar 2007) zu feiern, sondern hiermit auch die Feier ihrer Hochzeit zu verbinden. Dies alles habe Mitte 2005 so festgestanden. Noch am 20. August 2006 habe der Verstorbene seinen 70. Geburtstag im Allgäu gefeiert. Der Umzug nach B sei für November 2006 geplant gewesen. Bereits vor dem 70. Geburtstag hätten sie und der Verstorbene Freunden (der als Zeugin benannten und mittlerweile verstorbenen E S) und Verwandten (dem als Zeugen benannten B N) berichtet, im Januar 2007 Hochzeit feiern zu wollen. Den Hochzeitsplänen seien die Diagnose eines Pleuramesothelioms des Verstorbenen und der behandlungsbedürftigen Lockerung der Hüftendoprothese der Klägerin dazwischen gekommen. Zudem habe sich das Ehescheidungsurteil des Verstorbenen nicht beschaffen lassen. So hätten sich die beiden einer Hochzeit mit Freunden und Verwandten nicht gewachsen gesehen. Erst Ende 2007 sei sie dann wieder soweit genesen, dass einer Hochzeit nichts mehr im Wege gestanden hätte. Auf dem Standesamt sei das besondere Hochzeitsdatum des 08. August 2008 beschlossen worden. Im Januar 2008 sei das Pleuramesotheliom anlässlich der Entfernung einer Hautmetastase erstmals histologisch gesichert worden. Trotz der Diagnose seien ihr und dem Verstorbenen die tödlichen Folgen der Krankheit nicht sicher vorhersehbar gewesen. Sie beide hätten auf einen Stillstand der Krankheit gehofft, zumal die Chemotherapie gut angeschlagen habe. Aufgrund dieser von ihr und dem Verstorbenen als positiv empfundenen Wende hätten sie sich in aller Ruhe auf die Hochzeitsfeier und anschließende Hochzeitsreise vorbereitet. Sie sei im Übrigen aufgrund eigener Renten- und Versorgungsansprüche finanziell abgesichert gewesen.
Im zwischenzeitlich durchgeführten Witwenrentenverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung Westfalen wurde der Witwenrentenantrag der Klägerin mit Bescheid vom 13. November 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 10. März 2010 abgelehnt. Die Klägerin erhob anschließend am 08. April 2010 Klage zum SG Cottbus zum gerichtlichen Aktenzeichen S 28 R 230/10.
Mit Urteil vom 15. März 2013 hat das SG im vorliegenden Verfahren die Klage abgewiesen und die gesetzliche Vermutung als nicht vollbeweislich widerlegt angesehen.
Die Klägerin hat gegen das ihr am Sonnabend, dem 25. April 2013 zugestellte Urteil am Montag, dem 27. Mai 2013 Berufung eingelegt. Sie vertieft ihr bisheriges Vorbringen und rügt, dass das SG nicht alle zur wiederholten Verschiebung der Hochzeit führenden Gründe gewürdigt habe. Die Beweisaufnahme im Verfahren S 28 R 230/10 habe die Vermutung einer Versorgungsehe widerlegt.
Das SG zog im Verfahren S 28 R 230/10 eine Auskunft des Standesamts der Stadt L vom 28. Mai 2013 bei, welches unter Vorlage der Anmeldeunterlagen mitteilte, dass die Eheschließung am 14. Juli 2008 angemeldet worden sei. Das SG führte in der mündlichen Verhandlung vom 25. Juli 2013, in welcher die Klägerin ergänzend befragt wurde, eine Beweisaufnahme durch uneidliche Vernehmung des Zeugen Dr. B (Sohn der Klägerin) und der Zeugin H R durch.
Der Zeuge Dr. B, Arzt für Innere Medizin, gab an, die Klägerin und der Verstorbene hätten in einer sehr ernsten Partnerschaft gelebt. Erste Hochzeitspläne hätten für das Jahr 2004 bestanden, als die beiden in einer Wanderhütte in der Nähe von F hätten heiraten wollen. Dies hätte sich zerschlagen, weil sich dort aufgrund der überwiegend Brandenburger Verwandtschaft eine Hochzeitsfeier nicht habe realisieren lassen. Er wisse, dass im Jahr 2005 die Klägerin und der Verstorbene die Entscheidung getroffen hätten, nach dem Ruhestand der Klägerin Anfang 2007 ganz nach B zu ziehen und dort auch zu heiraten. Die geplante Hochzeit habe dann wegen der Hüfterkrankung der Klägerin und der Erkrankung des Verstorbenen verschoben werden müssen. Ende 2007 seien der Tumor des Verstorbenen und die Hüfte der Klägerin stabil gewesen, so dass man dann Anfang 2008 die Heirat geplant habe. Die Hochzeit habe unbedingt im Sommer stattfinden müssen, weil die Klägerin schlechte Erinnerungen an ihre letzte Hochzeit gehabt habe, welche im Winter stattgefunden habe. Im April 2008 habe sich der Zustand des Verstorbenen wieder verschlechtert. Es seien Chemotherapien angesetzt worden. Nach den ersten Zyklen von Juni bis Juli 2008 sei ein Rückgang des Tumors ersichtlich geworden. Er, der Zeuge Dr. B, habe sich als Arzt auch um die Behandlung des Verstorbenen gekümmert und sich mit den Kollegen (an der C) abgesprochen. In einer ersten Phase im Oktober 2006 nach der Verdachtsdiagnose sei beim Verstorbenen die Lungenoberfläche abgezogen worden, weil sich der Tumor zumeist in diesem Bereich einniste. Danach habe es eine Phase der Stabilisierung des Gesundheitszustands bis April 2008 gegeben. Im April 2008 sei wieder ein Fortschritt des Tumors zu erkennen gewesen und es sei die Chemotherapie angeordnet worden, die bis Juli 2008 gedauert habe. Nach einem CT sei erkennbar gewesen, dass der Tumor geschrumpft sei. Nach dieser guten Nachricht habe sich das Paar dann für die Hochzeit in B angemeldet. Die Feier habe im heutigen Burgkeller in B stattgefunden. Geladen und anwesend seien etwa 20 Gäste gewesen. Nach der Hochzeit, wahrscheinlich im September 2008 hätte das Paar sich den langjährigen Wunsch erfüllt, eine Reise nach G zu unternehmen.
Die Zeugin R hat bekundet, die Klägerin seit 1996 zu kennen. Seitdem hätten sie viel unternommen. Es sei immer von einer Hochzeit der beiden die Rede gewesen. Konkret sei es aber zunächst nicht gewesen. Die Klägerin habe nach ihrer Berufstätigkeit eine schöne Hochzeit feiern wollen, nämlich dann, wenn alles geordnet gewesen wäre, also nach dem Umzug nach B. Die Hüftoperation habe diesen Plan durchkreuzt. Die Klägerin sei wohl 2007 nach B gezogen. Seit 2005 habe sie die Klägerin nicht mehr gesehen, jedoch viel mit ihr telefoniert. Ende 2006 oder 2007 habe die Klägerin ihr von der Hochzeitsfeier berichtet und, dass sie im Kreise ihrer Familie diese Feier habe begehen wollen. Sie, die Zeugin, sei nicht anwesend gewesen. Sie habe aber Fotos und darauf das schöne Kleid der Klägerin im Folklorestil gesehen. Das Paar habe sehr glücklich ausgesehen. Auf den Bildern seien etwa 12 bis 15 Gäste zu erkennen gewesen. Gezählt habe sie sie allerdings nicht.
Das SG verurteilte im Verfahren S 28 R 230/10 die Deutsche Rentenversicherung Westfalen mit Urteil vom 25. Juli 2013 rechtskräftig zur Gewährung einer Großen Witwenrente aus der Rentenversicherung des Verstorbenen und führte zur Begründung aus, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe als widerlegt anzusehen sei.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 29. Juli 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 05. November 2009 sowie das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 15. März 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Witwenrente aus der Unfallversicherung ihres Ehemanns Michael Schmitz zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Berichterstatter hat den Beteiligten unter dem 19. September 2014 einen rechtlichen Hinweis erteilt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, Gerichtsakten des SG zu S 28 R 230/10 sowie die Rentenakten der Deutschen Rentenversicherung W verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht erhobene Berufung ist begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 29. Juli 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 05. November 2009 ist rechtswidrig und beschwert die Klägerin. Sie hat einen Anspruch auf Witwenrente aus der Versicherung ihres am 15. April 2009 verstorbenen Ehemannes.
Der Anspruch folgt aus § 65 Abs. 1 S. 1 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII), wonach Witwen von Versicherten als Hinterbliebenenleistung i.S.v. § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB VII eine Witwenrente erhalten, solange sie nicht wieder geheiratet haben. Gemäß § 63 Abs. 1 S. 2 SGB VII besteht der Anspruch nur, wenn der Tod infolge eines Versicherungsfalls eingetreten ist.
Vorliegend lag mit der anerkannten BK 4105 ein Versicherungsfall vor.
Als Versicherungsfall gilt nach § 7 Abs. 1 SGB VII auch eine BK. BKen sind die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer versicherten Tätigkeit erleidet, § 9 Abs. 1 S. 1 SGB VII. Die versicherten Tätigkeiten ergeben sich aus §§ 2, 4 und 6 SGB VII, wozu nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII vor allem die Beschäftigung gehört. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann BKen auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten versehen. Die BK 4105 ist das durch Asbest verursachte Mesotheliom des Rippenfells, des Bauchfells oder des Perikards. Gemäß diesen Vorgaben lassen sich etwa bei der BK 4105 folgende Tatbestandsmerkmale ableiten: Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die vorgenannten Merkmale der versicherten Tätigkeit, Verrichtung, Einwirkungen und Krankheit müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (etwa BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 - B 2 U 20/04 R –, zitiert nach juris Rn. 15). Ein Zusammenhang ist hinreichend wahrscheinlich, wenn nach herrschender ärztlich-wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht und ernste Zweifel an einer anderen Ursache ausscheiden (vgl. BSG a.a.O., auch Rn. 18 und 20).
Dies zugrunde gelegt hat der Senat nach den eindeutigen ärztlichen Befunden und Diagnosen keinen Zweifel daran, dass der Kläger unter einem Mesotheliom des Rippenfells litt, welches die Beklagte mit Bescheid vom 27. August 2008 bindend als BK 4105 anerkannte.
Der Senat hat auch keine vernünftigen Zweifel daran, dass der Verstorbene an den Folgen der BK 4105 verstarb. Das Mesotheliom ist ein rasch fortschreitender Tumor mir einer schlechten Prognose. Der Tod tritt in der Regel innerhalb von ein bis zwei Jahre ein (vgl. Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Kap. 18.6.1.2, S. 1107). Dementsprechend zeigte sich ab der diagnostischen Sicherung des Mesothelioms im Januar 2008, vgl. Arztbrief des Centrums für Innere Medizin und Dermatologie vom 23. April 2008, beim Verstorbenen eine durch die Chemotherapie im Frühling und Sommer 2008 allenfalls verlangsamte Verschlechterung seines Gesundheitszustands bis hin zum Tod, welcher laut Arztbrief des Centrums für Innere Medizin und Dermatologie vom 15. April 2009 bei progredientem malignem Pleuramesotheliom am 15. April 2009 eintrat. Aus dem vorgenannten Arztbrief ergibt sich, dass die stationäre Aufnahme zur weiteren Komplexbehandlung bei fortgeschrittenem linksseitig malignem Pleuramesotheliom erfolgte und sich im Rahmen einer aktuell durchgeführten CT-Untersuchung ein weiter fortgeschrittenes Tumorstadium zeigte.
Der Anspruch ist auch nicht nach § 65 Abs. 6 SGB VII ausgeschlossen, wonach Witwen oder Witwer keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente haben, wenn die Ehe erst nach dem Versicherungsfall geschlossen wurde und der Tod innerhalb des ersten Jahres dieser Ehe eingetreten ist, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
Die Voraussetzungen des Anspruchsausschlusses liegen nicht vor. Zwar wurde die Ehe am 08. August 2008 nach dem rückschauend auf den 09. Oktober 2006 festgestellten Versicherungsfall und innerhalb eines Jahrs vor dem am 15. April 2009 eingetretenen Tod des Verstorbenen geschlossen. Insbesondere hat der Senat keine Zweifel, den Versicherungsfall nach dem Ergebnis der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. S vom 20. Juni 2008 bereits auf den 09. Oktober 2006 anzunehmen. Der Verstorbene hatte sich bereits am 10. Oktober 2006 wegen progredienter Dyspnoe und thorakalem Druckgefühl in die Behandlung beim Krankenhaus N begeben, wo laut Arztbrief vom 06. November 2006 der Verdacht auf ein Frühmesotheliom mit linksseitigem Pleuraerguss und initial respiratorischer Insuffizienz geäußert wurde, was sich in der Folgezeit, spätestens anlässlich der Krankenhausbehandlungen im Januar und April 2008 bestätigte, vgl. etwa Arztbrief des Centrums für Innere Medizin und Dermatologie vom 23. April 2008.
Jedoch ist die eben hier anknüpfende gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe vorliegend widerlegt. Es liegen besondere Umstände des Einzelfalles vor, nach denen die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
Der Begriff der besonderen Umstände ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, welcher von den Unfallversicherungsträgern und den Sozialgerichten mit einem bestimmten Inhalt ausgefüllt werden muss und dessen Beurteilungsspielraum der vollen richterlichen Kontrolle unterliegt, ohne dass sich aus der Vorschrift selbst ergibt, was unter den besonderen Umständen des Falles zu verstehen ist. Umstände i.S.d. Vorschrift sind alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalls, welche auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen, wobei es auf die gegebenenfalls auch voneinander abweichenden Beweggründe beider Ehegatten ankommt, es sei denn, dass der hinterbliebene Ehegatte den Versicherten beispielsweise durch Ausnutzung einer Notlage oder Willensschwäche zur Eheschließung veranlasste. Die Annahme des anspruchsausschließenden Vorliegens einer Versorgungsehe bei einer Ehedauer von nicht mindestens einem Jahr ist nach dem Ausnahmetatbestand nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder, weil der Wortlaut auf den alleinigen oder überwiegenden Zweck der Heirat abhebt, zumindest gleichwertig sind. Es ist daher auch nicht zwingend, dass bei beiden Ehegatten andere Beweggründe als Versorgungsgesichtspunkte für die Eheschließung ausschlaggebend waren. Vielmehr sind die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe in ihrer Gesamtbetrachtung auch dann noch als zumindest gleichwertig anzusehen, wenn nachweislich für einen der Ehegatten der Versorgungsgedanke bei der Eheschließung keine Rolle gespielt hat. Eine abschließende Typisierung und Pauschalierung der von der Versorgungsabsicht verschiedenen ("besonderen") Gründe im Rahmen der Vorschrift ist angesichts der Vielgestaltigkeit von Lebenssachverhalten nicht möglich. Maßgeblich sind jeweils die Umstände des konkreten Einzelfalles. Die vom hinterbliebenen Ehegatten behaupteten inneren Umstände für die Heirat sind zudem nicht nur für sich – isoliert – zu betrachten, sondern vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der jeweiligen Eheschließung bestehenden äußeren Umstände in die Gesamtwürdigung einzubeziehen, ob die Ehe mit dem Ziel der Erlangung einer Hinterbliebenenversorgung geschlossen worden ist. Eine gewichtige Bedeutung kommt hierbei stets dem Gesundheits-/ Krankheitszustand des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung zu. So kann ein gegen die gesetzliche Annahme einer Versorgungsehe sprechender besonderer (äußerer) Umstand insbesondere dann anzunehmen sein, wenn der Tod des Versicherten, bei welchem bisher kein gesundheitliches Risiko eines bevorstehenden Ablebens bekannt war, unvermittelt, das heißt plötzlich oder unerwartet eingetreten ist. Auf der anderen Seite ist bei Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten in der Regel der Ausnahmetatbestand des § 65 Abs. 6 SGB VII nicht erfüllt. Indes ist auch bei einer nach objektiven Maßstäben schweren Erkrankung mit einer ungünstigen Verlaufsprognose und entsprechender Kenntnis der Ehegatten der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dessen ungeachtet (überwiegend oder zumindest gleichwertig) aus anderen als aus Versorgungsgründen geheiratet wurde. Allerdings müssen dann bei der abschließenden Gesamtbewertung diejenigen besonderen (inneren und äußeren) Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen umso gewichtiger seien, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit eines Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen war. Dementsprechend steigt mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit einer Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit zugleich der Grad des Zweifels an dem Vorliegen solcher vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisenden besondere Umstände, welche von diesem für die Widerlegung der gesetzlichen Annahme ("Vermutung") einer Versorgungsehe bei einem Versterben des versicherten Ehegatten innerhalb eines Jahres nach Eheschließung angeführt werden. Bei alldem ist der Ausnahmetatbestand des § 65 Abs. 6 SGB VI nur erfüllt, wenn insoweit nach § 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit § 292 der Zivilprozessordnung (ZPO) der volle Beweis erbracht wird. Dieser erfordert zumindest einen der Gewissheit nahe kommenden Grad der Wahrscheinlichkeit; die nur denkbare Möglichkeit reicht nicht aus. Hiernach ist eine Tatsache bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falls nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen. Eingedenk des im sozialgerichtlichen Verfahrens gemäß § 103 SGG geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes muss der Betroffene zur Anspruchsbegründung den Sachverhalt nicht darlegen und beweisen. Er muss allerdings dann mit der Versagung des geltend gemachten Anspruchs auf Witwen- oder Witwerrente rechnen, wenn nach Ausschöpfung des Amtsermittlungsgrundsatzes "besondere Umstände" im Sinne des § 65 Abs. 6 SGB VII nicht festgestellt werden können. Denn die Darlegungs- und Beweislast für ihr Vorliegen als ein den Anspruch begründender Umstand und damit auch die Folgen eines nicht ausreichenden Beweises trägt nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast derjenige, welcher den Witwen-/ Witwerrentenanspruch geltend macht (so die Rechtsprechung des erkennenden Senats zur § 65 Abs. 6 SGB VII nachgebildeten Vorschrift des § 46 Abs. 2a des Sechsten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VI), vgl. etwa Urteil vom 08. Oktober 2010 – L 3 R 84/09 -, zitiert nach juris Rn. 20 unter Bezugnahme auf Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 05. Mai 2009 - B 13 R 55/08 R-, zitiert nach juris Rn. 18 ff.).
Hiervon ausgehend sind hier besondere Umstände im Sinne von § 65 Abs. 6 SGB VII zu erkennen, welche die nach § 128 Abs. 1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) erforderliche volle richterliche Überzeugung dahin erbringen, dass es nicht der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Hierbei verkennt der Senat nicht, dass die Heirat zu einem Zeitpunkt stattfand, als bereits gesichert war, dass der Versicherte an einer lebensbedrohlichen, in der Regel binnen kurzer Zeit zum Tod führenden Krankheit, nämlich an einem malignen Pleuramesotheliom, litt. Hierzu verweist der Senat etwa auf Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 266. Aufl. 2014, Stichwort Pleuramesotheliom, wonach die mittlere Überlebenszeit sieben bis 16 Monate beträgt. Es spricht auch – für sich betrachtet - gegen eine Widerlegung der gesetzlichen Vermutung, dass die Klägerin trotz langjähriger Beziehung bzw. langjährigen Zusammenlebens den Versicherten erst nach der gesicherten Diagnose von dessen späterer zum Tod führenden Erkrankung heiratete.
Gegen das überwiegende Bestehen eines Versorgungszwecks spricht allerdings bereits, dass die Klägerin und der Verstorbene nach den ersten auf ein bösartiges Geschehen der Pleura hindeutenden Befunden und Diagnosen, welche am Krankenhaus N erhoben wurden, vgl. Arztbriefe vom 06. November 2006 und 24. Januar 2007, offenbar noch keine Eile verspürten zu heiraten. Allein schon diese Befunde ließen – auch nach der entsprechenden Histologie, welche lediglich noch keinen definitiven Tumorbefund erbrachte, vgl. Pathologiebericht vom Prof. Dr. A vom 23. Oktober 2006 – bei nüchterner Betrachtung kaum mehr Hoffnung zu, dass die Erkrankung zumindest zum Stillstand kommen könne. Hinzukommt, dass die Ärzte keine spezifische Therapie durchführten. Ob sich aus der nach der Pleurodese festgestellten Volumenreduktion der linken Lunge, welche laut des vorläufigen Entlassungsberichts vom 24. Januar 2007 als Hinweis auf einen schrumpfenden Prozess gewertet wurde, auf eine Heilung schließen ließ, mag dahinstehen. Typisch für eine unter Versorgungsgesichtspunkten geschlossene Ehe wäre es jedenfalls gewesen, auch bei einer solchen Verdachtsdiagnose etwaige Ansprüche durch Heirat zu sichern. Demgegenüber warteten die Eheleute offenbar ab, bis sich ihr Gesundheitszustand soweit besserte, dass eine ihren Vorstellungen entsprechende, feierliche Hochzeit durchgeführt werden konnte.
In diesem Zusammenhang erachtet es der Senat für eine Widerlegung der gesetzlichen Vermutung als entscheidend, dass die Eheleute bereits nach ihrem ursprünglich für Anfang 2007 geplanten Umzug nach B im Zuge der Berentung der Klägerin und ihres 60. Geburtstags ernsthaft heiraten wollten und hiervon zunächst nur deshalb abließen, weil es ihre Gesundheitszustände vorläufig nicht sinnvoll zuließen. Hierfür bezieht sich der Senat auf die Bekundungen der Zeugen Dr. B und R im Rentenrechtsstreit S 28 R 230/10, welche die ursprünglichen Heiratsabsichten für das Frühjahr 2007 bestätigten. Ferner verweist der Senat auf die von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Unterlagen, nämlich den Arztbrief des Krankenhauses N vom 07. März 2007 nebst Operationsbericht vom 27. Februar 2007, aus denen sich ergibt, dass sie vom 26. Februar 2007 bis zum 12. März 2007 unter den Diagnosen Schaftlockerung rechter Oberschenkel bei Zustand nach TEP-Implantation an der rechten Hüfte sowie Zustand nach mehreren Revisionseingriffen an der rechten Hüfte stationär-operativ behandelt wurde und für die ersten sechs Wochen nach der Operation nur mit einer Teilbelastung von 20 kg entlassen wurde.
Ob nun der vom Zeugen Dr. B im Verfahren S 28 R 230/10 bekundete Umstand, dass bis zum Juli 2008 unter der Chemotherapie eine Befundbesserung eingetreten sei, bei den Eheleuten letztlich wirklich noch die Annahme bzw. Hoffnung zuließ, das Unvermeidliche ließe sich doch noch irgendwie abwenden, mag dahinstehen. Auffällig ist jedenfalls, dass sich die Eheleute selbst unter dem Eindruck der am 31. Januar 2008 operativ durchgeführten Entfernung eines subcutanen malignen Tumors am linken Thorax, vgl. Arztbrief der E-Klinikum GmbH vom 31. Januar 2008, nicht zu einer raschen Hochzeit gedrängt sahen. Selbst, nachdem sich der Verstorbene mit stärkerer Belastungsdyspnoe beim Centrum für Innere Medizin hatte behandeln lassen, wo am 22. April 2008 CT-technisch ein malignes Pleuramesotheliom links mit Beteiligung der gesamten Pleura inkl. des Lappenspaltes im Sinne eines fortgeschrittenen Tumorstadiums gesichert worden war, vgl. Arztbrief vom 23. April 2008 sowie pathologischer Bericht von Prof. Dr. T vom 28. April 2008, unternahmen die Eheleute noch keine konkreten Hochzeitsvorbereitungen. Dies legt in der Tat die Annahme nahe, dass sie noch nicht mit dem baldigen Ableben des Verstorbenen rechneten und ihr Verhalten nicht von einem alsbald eintretenden Versorgungsfall beherrscht wurde, indem sie die Hochzeit erst am 14. Juli 2008 zum 08. August 2008 anmeldeten. Den Eheleuten kam es offensichtlich in erster Linie darauf an, eine schöne, erinnerungsträchtige Hochzeit zu feiern, als dadurch etwaige Ansprüche auf Hinterbliebenenversorgung zu sichern.
Bei der anzustellenden Gesamtbetrachtung ist zudem zu berücksichtigen, dass das Einkommen der Klägerin aus der eigenen Rentenversicherung und der betrieblichen Altersvorsorge mit einem Gesamtauszahlungsbetrag von mehr als 1.100 EUR schon im Zeitpunkt der Eheschließung ihren eigenen Lebensunterhalt sicher stellte und so gegen einen überwiegenden Versorgungszweck spricht. Die Klägerin war im Zeitpunkt der Eheschließung als Altersrentnerin wirtschaftlich unabhängig. In die Gesamtbetrachtung ist ferner auch einzustellen, dass die Eheleute mit dem 08. August 2008 einen für eine Eheschließung attraktives Datum wählten und eben so auch auf dieser Ebene – neben einer schönen Hochzeitsfeier im Kreise der Verwandten und einer Hochzeitsreise zu einem Traumurlaubsziel - ihre Eheschließung feierlich aufwerten wollten. Es war gerade keine Nothochzeit, welche quasi auf den letzten Drücker durchgeführt wurde. Es ist bei alldem zu beachten, dass der Tod erst mehr als acht Monate nach der Eheschließung eintrat und so die von der Klägerin behauptete Erwartung bestätigt wird, dass sie – womöglich angesichts der infolge der Chemotherapie im Frühjahr/ Sommer 2008 eingetretenen zwischenzeitlichen Besserung des Befindens des Verstorbenen – mit einem alsbaldigen Ableben des Verstorbenen gerade noch nicht rechnete.
Keine Zweifel hat der Senat bei alldem daran, dass die Eheleute die Ehe aus tiefer, gegenseitiger Zuneigung schlossen. Hierfür ist auf die nachvollziehbaren Ausführungen der Klägerin selbst vor allem im Verwaltungsverfahren und auf die Bekundungen des Zeugen Dr. B im Rentenrechtsstreit zu verweisen, wonach von Anfang an eine ernsthafte Beziehung vorlag. Anhaltspunkte dafür, dass die Gründe, welche die Eheleute über viele Jahre hinweg wie in einer Ehe zusammen leben ließen, im Zeitpunkt der förmlichen Eheschließung nicht mehr vorlagen, bestehen nicht. Vielmehr vermittelt gerade das Vorbringen der Klägerin selbst, dass die Eheschließung auch zu dem fraglos späten Zeitpunkt vor allem durch die gegenseitige Zuneigung geprägt war, indem sie bereits im Verwaltungsverfahren ausführte, dass es vielleicht albern sei, aber sie beide bei der Hochzeit aufgeregt wie junge Leute gewesen seien.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Revisionszulassungsgrund gemäß § 160 Abs. 2 SGG vorliegt.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Witwenunfallrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung ihres 1936 geborenen Ehemanns M S (Verstorbener).
Die 1947 geborene und seit 1983 in erster Ehe geschiedene Klägerin lernte nach den Angaben ihres an die Beklagte gerichteten Schreibens vom 12. Mai 2009 den Verstorbenen am 22. August 1991 in D kennen, als die Klägerin dort in ungekündigter Stellung bei der Wasserwirtschaft beschäftigt war. Bis Ende 1991 war der Entschluss gereift, das Leben gemeinsam zu verbringen. Die Klägerin zog nach F und begann dort im Januar 1992 eine Beschäftigung im Krankenhaus N, weil sie eigenen Angaben zufolge immer finanziell unabhängig gewesen sei und dies auch unbedingt habe bleiben wollen. Der Verstorbene unterhielt eine gute Beziehung zum erwachsenen Sohn der Klägerin und später zu dessen Sohn, den er als Enkel bezeichnete. Während ihrer Beziehung fuhren die Klägerin und der Verstorbene regelmäßig in die Heimat der Klägerin nach B bzw. zu ihren dort lebenden Verwandten und Freunden; sie waren bei Familienfeiern eingeladen. Ende März 1993 zogen die beiden nach N und im Juni 1997 nach G. Zusätzlich mieteten sie ein Apartment im Wohnhochhaus des Krankenhauses an, in welchem die Klägerin beschäftigt war, um die langen Pendelfahrtzeiten nach G zu vermeiden. Der Verstorbene wurde 2003 berentet, die Klägerin arbeitete noch drei weitere Jahre, um dann als Schwerbehinderte abzugsfrei in Rente zu gehen. Sie und der Verstorbene hatten bereits seit Jahren gemeinsame Versicherungen und bestritten das Leben gemeinsam. Seit Dezember 2006 hatten sie eine gemeinsame Wohnung in B.
Die Klägerin bezieht seit dem 01. Februar 2007 von der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland eine Altersrente in Höhe von 951,72 EUR (Stand 01. Juli 2008) und eine Rente aus der betrieblichen Altersversorgung (Zusatzversorgungskasse des Magistrats der Stadt Frankfurt am Main) in Höhe von 180,35 EUR (Stand Februar 2007).
Laut der ärztlichen Anzeige bei Verdacht auf eine Berufskrankheit (BK) des Krankenhauses N vom 03. November 2006 bestand seit Oktober 2006 beim Verstorbenen eine progrediente Dyspnoe und erbrachte eine Thoraskopie mit thorakoskopischer Pleurodese und Biopsien sowie anschließender Histologie den Verdacht auf ein Frühmesotheliom. Bei der Punktion am 11./ 12. Oktober 2006 wurden insgesamt 6 l hämorrhagischen Pleuraergusses fraktioniert. Im Anschluss wurden operativ fibrinöse Adhäsionen gelöst und eine Talkumpleurodese (durch das Einbringen von Medikamenten in den Pleuraspalt werden die beiden Blätter des Brustfells (Pleura) miteinander verklebt, um wiederkehrende Ergussbildungen zu verhindern) vorgenommen. Die Histologie ergab ausgedehnte Mesothelproliferate ohne sicheres invasives Wachstum. Die Befunde wurden als grenzwertig zu einem sog. Frümesotheliom gedeutet, vgl. Arztbrief des Krankenhauses N vom 06. November 2006, wonach neben der medikamentösen eine spezielle Therapie nicht als indiziert angesehen wurde, und Pathologiebericht vom Prof. Dr. A vom 23. Oktober 2006. Laut vorläufigem Entlassungsbericht des Krankenhauses Nordwest über eine weitere kurzstationäre Behandlung am 18. und 19. Januar 2007 vom 24. Januar 2007 bestand ein hochgradiger Verdacht auf Frühmesotheliom der Pleura mit linksseitigem Pleuraerguss. Der Verstorbene habe seit Oktober 2006 8 kg an Gewicht verloren. Die CT-Untersuchung habe eine deutliche Rückbildung der gekammerten Ergüsse links sowie des interlobären Ergusses links ergeben. Insgesamt zeige sich eine zunehmende Volumenreduktion der linken Lunge als Hinweis auf einen schrumpfenden Prozess. In der Folgezeit begab sich der Verstorbene zu pneumologischen Kontrolluntersuchungen beim Lungenfacharzt Dr. W, vgl. etwa Arztbriefe vom 20. August 2007 und vom 19. November 2007. Kontrolluntersuchungen wurden auch an der E GmbH H durchgeführt, vgl. CT-Bericht vom 07. September 2007 (Befund: im Lungenfenster links streifig-schwielige Veränderungen; für einen eindeutigen Herdbefund kein ausreichender Hinweis).
Der Verstorbene bat die Beklagte mit Schreiben vom 25. September 2007 im Hinblick auf die eingeschränkte Lungenfunktion aufgrund des Frühmesothelioms und der damit verbundenen Einschränkung seiner Lebensqualität um eine möglichst baldige Bearbeitung der ärztlichen Anzeige. Am 31. Januar 2008 wurde ein subcutaner maligner Tumor am linken Thorax dorsolateral entfernt, vgl. Arztbrief der EGmbH vom 31. Januar 2008 und Histologieberichte vom 04./ 08 Februar 2008. Im April 2008 ließ sich der Verstorbene mit stärkerer Belastungsdyspnoe beim Centrum für Innere Medizin unter den Diagnosen Belastungsdyspnoe NYHA II/ III und respiratorische Partialinsuffizienz bei malignem Pleuramesotheliom links (Stadium IV, Zustand nach Talkum-Pleurodese und Teilresektion eines nach subkutan wachsenden Anteils des Pleuramesothelioms), mittelgradige, restriktive Ventilationsstörung, koronare 1-Gefäßerkrankung (Herzkatheter 2006) mit Zustand nach subakutem Myokardininfarkt behandeln. Dort wurde am 22. April 2008 CT-technisch ein malignes Pleuramesotheliom links mit Beteiligung der gesamten Pleura inkl. des Lappenspaltes im Sinne eines fortgeschrittenen Tumorstadiums gesichert; es wurde eine chemotherapeutische Behandlung verordnet, vgl. Arztbrief vom 23. April 2008 sowie pathologischer Bericht von Prof. Dr. T vom 28. April 2008. Eine operative Therapie im Sinne einer Tumormassenreduktion wurde nicht als indiziert angesehen.
Die Beklagte holte die beratungsärztliche Stellungnahme des Internisten Dr. S vom 20. Juni 2008 ein, wonach nach Auswertung der ärztlichen Unterlagen der Leistungsfall einer BK nach Nr. 4105 (durch Asbest verursachtes Mesotheliom des Rippenfalls, des Bauchfells oder des Perikards - BK 4105) der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) bis zum 09. Oktober 2006 eingetreten sei. Im Januar 2007 hätten sich in einer CT-Untersuchung laut Arztbrief Hinweise auf einen schrumpfenden Prozess links gezeigt, ohne dass sichere Tumorformationen beschrieben worden seien. Im selben Bericht werde eine Gewichtsabnahme von 8 kg seit Oktober 2006 beschrieben.
Am 17. Juli 2008 erkundigte sich die Klägerin bei der Beklagten telefonisch nach dem Sachstand des Anerkennungsverfahrens, vgl. Vermerk vom 17. Juli 2008.
Die Klägerin und der Verstorbene schlossen am 08. August 2008 die Ehe.
Die Beklagte erkannte mit Bescheid vom 27. August 2008 das Vorliegen der BK 4105 an und gewährte dem Verstorbenen ab dem 10. Oktober 2006 eine Rente auf unbestimmte Zeit – vorbehaltlich einer endgültigen Leistungszuständigkeit - als vor-läufige Leistung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 vom Hundert (v.H.).
Mit Schreiben vom 04. September 2008 trat der Verstorbene an die Beklagte mit der Bitte heran, die Kosten für die Chemotherapie zu übernehmen. Laut Aussage von Dr. W sei die Chemotherapie nur ein Strohhalm. Nach dieser Aussage sei er – der Verstorbene – erst einmal geschockt gewesen. Er wisse natürlich, dass es keine Heilung gebe, aber doch eine Linderung der Beschwerden.
Der Verstorbene durchlief bei der Klinik G vom 09. bis zum 30. Oktober 2008 eine stationäre onkologische Rehabilitationsmaßnahme, aus welcher er in gebessertem Allgemeinzustand in die weitere hausärztliche und onkologische Betreuung entlassen wurde, vgl. Entlassungsbericht vom 25. November 2008.
Die Klägerin lebte mit dem Verstorbenen bis zu dessen während einer stationären Krankenhausbehandlung in der C – vgl. Arztbrief vom 15. April 2009 - eingetretenem Tod am 15. April 2009 zusammen, vgl. an die Beklagte gerichtetes Schreiben vom 23. April 2009. Im Arztbrief vom 15. April 2009 lautet die Diagnose auf Exitus letalis am 15. April 2009 bei progredientem malignem Pleuramesotheliom links und wird u.a. ausgeführt, dass von einer operativen Therapie im Sinne einer Tumormassenreduktion aufgrund der Ausdehnung des Befundes und des schlechten Allgemeinzustands bereits im vorangegangenen Aufenthalt abgesehen worden war.
Nach dem Tod des Verstorbenen leitete die Beklagte ein Verfahren zur Feststellung von Hinterbliebenenleistungen ein. In diesem Rahmen holte die Beklagte zum Vorliegen einer sog. Versorgungsehe u.a. die – bereits oben erwähnte - schriftliche Stellungnahme der Klägerin vom 12. Mai 2009 ein. Darin gab die Klägerin Einzelheiten zum Zusammenlaben mit dem Verstorbenen an. Sie hätten nicht schon eher geheiratet, weil sie nach ihrer Ehescheidung im Jahr 1983 eigentlich nie wieder habe heiraten wollen. Im Spätherbst 2007 hätten sie dann doch beschlossen, 2008 zu heiraten, weil sie sich auch sehr gerne gehabt hätten und auf die alten Tage als Ehepaar hätten zusammen sein wollen. Sie hätten gemeinsam den Alltag bewältigen wollen, da man ja ab einem gewissen Alter schon hier und da Probleme habe. Sie hätten sich gegenseitig versorgen wollen, aber nicht finanziell, sondern vielmehr im täglichen Leben, jeder nach seinen Möglichkeiten. Auch sei es für sie sehr wichtig gewesen, als Ehepaar für den Notfall eine Vorsorgevollmacht auf Gegenseitigkeit zuhaben, so dass nicht etwa ein bestellter Betreuer über sie entscheiden müsse. Der Verstorbene sei 1988 geschieden worden und sei dann mehrmals umgezogen, so dass er nicht einmal sein Scheidungsurteil gehabt habe, dessen Beschaffung sich in der Folgezeit recht schwierig gestaltet habe. Auch habe es Probleme mit der Beschaffung der Geburtsurkunde gegeben. Dann hätten sie sich zur Eheschließung angemeldet. Die Standesbeamtin habe den 08. August 2008 als Hochzeitstermin vorgeschlagen. Sie hätten eine schöne Hochzeitsfeier gehabt und auch eine Hochzeitsreise nach G unternommen. Vielleicht klinge es in ihrem Alter albern, aber sie seien vor der Eheschließung aufgeregt wie junge Leute gewesen. Zum Zeitpunkt, als sie beschlossen hätten zu heiraten und die Vorbereitungen dazu getroffen hätten, sei die Berufserkrankung noch nicht anerkannt gewesen, und es sei auch nicht klar gewesen, ob es überhaupt eine Anerkennung geben würde. Die Klägerin legte u.a. einen Versicherungsschein der V Lebensversicherungs-AG vom 11. Mai 2000 vor, wonach sie Bezugsberechtigte der Kapitalversicherung auf den Todesfall des Verstorbenen ist. Sie legte zudem u.a. auch Anmeldebestätigungen der Gemeinde B vom 23. November 2006 vor, worin der Tag des Einzugs auf den 01. Dezember 2006 angeben wurde, sowie die Bescheinigung über die Anmeldung der Eheschließung des Standesamts B vom 14. Juli 2008.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 29. Juli 2009 gegenüber der Klägerin die Gewährung einer Hinterbliebenenrente aus Anlass des Todes des Verstorbenen ab. Es bestehe die gesetzliche Vermutung einer sog. Versorgungsehe, weil die Ehe erst nach dem Versicherungsfall geschlossen worden und der Tod innerhalb des ersten Jahres dieser Ehe eingetreten sei, ohne dass nach den besonderen Umständen des Einzelfalls die Annahme nicht gerechtfertigt sei, dass es der alleinige oder überwiegende Zwecke der Heirat gewesen sei, einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente zu begründen. Die Klägerin habe etwa 18 Jahre lang mit dem Verstorbenen zusammengelebt, ohne dass eine Heiratsabsicht bestanden habe. Erst nach Kenntnis der Schwere der Erkrankung hätten sie sich entschlossen zu heiraten.
Die Klägerin erhob unter dem 13. August 2009 Widerspruch. Es sei natürlich richtig, dass man für eine Vorsorgevollmacht nicht verheiratet sein müsse. Eigentlich sei es darum gegangen, für den Fall der ernsthaften Erkrankung, die ebenso auch jederzeit sie selbst hätte betreffen können, auf der Intensivstation ein Besuchsrecht zu haben, was oftmals sehr schwierig sei, wenn man nicht verheiratet sei. Währen der 18 Jahre des Zusammenlebens hätten sie immer wieder einmal über das Heiraten gesprochen, aber es sei dann wieder verschoben worden. Dies habe auch mit ihrer eigenen gesundheitlichen Situation zu tun gehabt. Als dann die Entscheidung Ende 2005 endgültig gefallen sei, gemeinsam in ihre alte Heimat zu ziehen, sobald auch sie Rentnerin sei, sei die Heirat für Anfang 2007 geplant gewesen. Es habe für sie beide ein neuer Lebensabschnitt begonnen. Als Rentner hätten sie dann endlich füreinander Zeit gehabt. Zuvor sei der Verstorbene oft auf Montage gewesen und sie hätten sich teilweise nur am Wochenende gesehen. Leider hätte sich auch im Oktober 2006 mitgeteilt bekommen, dass ihre Totalendoprothese der rechten Hüfte wieder locker gewesen sei. Ihre bisherige Wohnung und das Apartment seien gekündigt gewesen; der Umzug habe erfolgen müssen. Natürlich sei unter diesen Umständen, mit diesen beiden Diagnosen innerhalb von einer Woche, an Heirat vorerst nicht mehr zu denken gewesen. Sie selbst sei dann am 27. Februar 2007 zum sechsten Mal an der rechten Hüfte operiert worden und sei danach bis zum Spätherbst 2007 an zwei Gehstützen gelaufen. Dann erst sei sie wieder soweit hergestellt gewesen, dass sie den Alltag problemlos habe bewältigen können. Hätte es sich um eine Versorgungsehe gehandelt, vorausgesetzt, sie hätten überhaupt von diesen eventuellen Ansprüchen gewusst und die Berufserkrankung wäre schon anerkannt gewesen, dann wären doch die Gehstützen völlig egal gewesen und man hätte den Familienstand ändern lassen können, um so seine eventuellen Ansprüche zu schützen. So aber sei es gerade nicht gewesen. Sie hätten eine richtige Hochzeit feiern wollen, und zwar ohne Gehstützen und ohne den Gedanken an Tod und Geld. Außerdem sei es ja auch nicht klar gewesen, ob es überhaupt je eine Anerkennung als BK geben würde. Das Pleuramesotheliom sei bekannt gewesen, und zwar erst als Verdachtsdiagnose, die sich dann leider bestätigt habe. Die Chemotherapie habe sehr gut angeschlagen, so dass sogar ein Rückgang des Pleuramesothelioms zu verzeichnen gewesen sei. Sie seien voller Hoffnung gewesen, dass sie noch eine längere gemeinsame Zeit haben würden. Der Verstorbene habe die Therapie sehr gut vertragen und habe sich recht wohl gefühlt, so dass sie gehofft hätten, dass die Erkrankung zum Stillstand kommen würde. Dies wäre ja durchaus möglich gewesen. Ab Mitte März 2009 habe sich innerhalb von drei Wochen der Zustand des Verstorbenen rapide verschlechtert. Der Verstorbene habe unbedingt weiterleben wollen. Sie hätten ihre Wohnung gemeinsam schön hergerichtet und noch so viele Pläne gehabt, die sie während ihrer Berufstätigkeit nicht hätten verwirklichen können. Als die Heirat Anfang 2007 geplant gewesen und dann leider erst am 08. August 2008 erfolgt sei, sei auch bis dahin eine Anerkennung als BK nicht erfolgt gewesen. Sie hätten auch keinerlei Informationen, schon gar nicht über eine eventuelle Hinterbliebenenleistung gehabt. Diese sei ihr erst kurz nach dem Tod des Verstorbenen telefonisch mitgeteilt worden. Sie legte einen sie selbst betreffenden Arztbrief des Krankenhauses N vom 07. März 2007 nebst Operationsbericht vom 27. Februar 2007 vor. Danach war sie vom 26. Februar 2007 bis zum 12. März 2007 dort stationär behandelt worden. Die Diagnosen lauteten Schaftlockerung rechter Oberschenkel bei Zustand nach TEP-Implantation an der rechten Hüfte sowie Zustand nach mehreren Revisionseingriffen an der rechten Hüfte. Die Klägerin sei für die ersten sechs Wochen post operationem mit einer Teilbelastung von nur 20 kg entlassen worden.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 05. November 2009 als unbegründet zurück. Es werde nicht in Abrede gestellt, dass eine Eheschließung aus Gründen persönlicher Zuneigung und Bindung zwischen der Klägerin und dem Verstorbenen beabsichtigt gewesen sei. Die Tatsache des langjährigen eheähnlichen Zusammenlebens rechtfertige jedoch die Annahme im Sinne des Gesetzes, dass der Zeitpunkt der Eheschließung im August 2008 wesentlich durch den Umstand der Erkrankung mit nicht absehbaren, unter Umständen kurzfristigen Folgen geprägt gewesen sei, auch wenn zu diesem Zeitpunkt eine förmliche Anerkennung als BK noch ausgestanden habe. Die durchaus glaubhaften Ausführungen der Klägerin zur Begründung ihres Widerspruchs seien nicht ausreichend, die Anwendung der gesetzlichen Vermutung auszuschließen, weil ihr eine Heirat auch aus persönlichen Gründen gerade nicht entgegenstehe. Ferner seien im Rahmen des Sachverhalts einer Versorgungsehe konkrete rechtliche Vorstellungen der Eheschließenden über die Anspruchsvoraussetzungen von Hinterbliebenenleistungen oder über die Verfahrensweise zur Erlangung derselben nicht erforderlich, so dass der Hinweis auf die zum Zeitpunkt der Eheschließung noch ausstehende Anerkennung als BK nicht erheblich sei.
Die Klägerin hat ihr Begehren mit der am 12. November 2009 zum Sozialgericht Cottbus (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt und diese unter dem 06. Dezember 2010 und 13. März 2013 begründet. Sie hat an ihrem im Vorverfahren geäußerten Vorbringen festgehalten. Es sei eine Liebesheirat im Ergebnis einer langjährigen Beziehung mit gegenseitigem Füreinandereinstehen auch in schwierigen Situationen gewesen. Das Thema Ehe habe am Anfang der Beziehung nicht im Vordergrund gestanden. Es sei mit dem geplanten gemeinsamen Umzug in die Heimat der Klägerin der Wunsch gereift, dort nicht nur ihren 60. Geburtstag (im Januar 2007) zu feiern, sondern hiermit auch die Feier ihrer Hochzeit zu verbinden. Dies alles habe Mitte 2005 so festgestanden. Noch am 20. August 2006 habe der Verstorbene seinen 70. Geburtstag im Allgäu gefeiert. Der Umzug nach B sei für November 2006 geplant gewesen. Bereits vor dem 70. Geburtstag hätten sie und der Verstorbene Freunden (der als Zeugin benannten und mittlerweile verstorbenen E S) und Verwandten (dem als Zeugen benannten B N) berichtet, im Januar 2007 Hochzeit feiern zu wollen. Den Hochzeitsplänen seien die Diagnose eines Pleuramesothelioms des Verstorbenen und der behandlungsbedürftigen Lockerung der Hüftendoprothese der Klägerin dazwischen gekommen. Zudem habe sich das Ehescheidungsurteil des Verstorbenen nicht beschaffen lassen. So hätten sich die beiden einer Hochzeit mit Freunden und Verwandten nicht gewachsen gesehen. Erst Ende 2007 sei sie dann wieder soweit genesen, dass einer Hochzeit nichts mehr im Wege gestanden hätte. Auf dem Standesamt sei das besondere Hochzeitsdatum des 08. August 2008 beschlossen worden. Im Januar 2008 sei das Pleuramesotheliom anlässlich der Entfernung einer Hautmetastase erstmals histologisch gesichert worden. Trotz der Diagnose seien ihr und dem Verstorbenen die tödlichen Folgen der Krankheit nicht sicher vorhersehbar gewesen. Sie beide hätten auf einen Stillstand der Krankheit gehofft, zumal die Chemotherapie gut angeschlagen habe. Aufgrund dieser von ihr und dem Verstorbenen als positiv empfundenen Wende hätten sie sich in aller Ruhe auf die Hochzeitsfeier und anschließende Hochzeitsreise vorbereitet. Sie sei im Übrigen aufgrund eigener Renten- und Versorgungsansprüche finanziell abgesichert gewesen.
Im zwischenzeitlich durchgeführten Witwenrentenverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung Westfalen wurde der Witwenrentenantrag der Klägerin mit Bescheid vom 13. November 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 10. März 2010 abgelehnt. Die Klägerin erhob anschließend am 08. April 2010 Klage zum SG Cottbus zum gerichtlichen Aktenzeichen S 28 R 230/10.
Mit Urteil vom 15. März 2013 hat das SG im vorliegenden Verfahren die Klage abgewiesen und die gesetzliche Vermutung als nicht vollbeweislich widerlegt angesehen.
Die Klägerin hat gegen das ihr am Sonnabend, dem 25. April 2013 zugestellte Urteil am Montag, dem 27. Mai 2013 Berufung eingelegt. Sie vertieft ihr bisheriges Vorbringen und rügt, dass das SG nicht alle zur wiederholten Verschiebung der Hochzeit führenden Gründe gewürdigt habe. Die Beweisaufnahme im Verfahren S 28 R 230/10 habe die Vermutung einer Versorgungsehe widerlegt.
Das SG zog im Verfahren S 28 R 230/10 eine Auskunft des Standesamts der Stadt L vom 28. Mai 2013 bei, welches unter Vorlage der Anmeldeunterlagen mitteilte, dass die Eheschließung am 14. Juli 2008 angemeldet worden sei. Das SG führte in der mündlichen Verhandlung vom 25. Juli 2013, in welcher die Klägerin ergänzend befragt wurde, eine Beweisaufnahme durch uneidliche Vernehmung des Zeugen Dr. B (Sohn der Klägerin) und der Zeugin H R durch.
Der Zeuge Dr. B, Arzt für Innere Medizin, gab an, die Klägerin und der Verstorbene hätten in einer sehr ernsten Partnerschaft gelebt. Erste Hochzeitspläne hätten für das Jahr 2004 bestanden, als die beiden in einer Wanderhütte in der Nähe von F hätten heiraten wollen. Dies hätte sich zerschlagen, weil sich dort aufgrund der überwiegend Brandenburger Verwandtschaft eine Hochzeitsfeier nicht habe realisieren lassen. Er wisse, dass im Jahr 2005 die Klägerin und der Verstorbene die Entscheidung getroffen hätten, nach dem Ruhestand der Klägerin Anfang 2007 ganz nach B zu ziehen und dort auch zu heiraten. Die geplante Hochzeit habe dann wegen der Hüfterkrankung der Klägerin und der Erkrankung des Verstorbenen verschoben werden müssen. Ende 2007 seien der Tumor des Verstorbenen und die Hüfte der Klägerin stabil gewesen, so dass man dann Anfang 2008 die Heirat geplant habe. Die Hochzeit habe unbedingt im Sommer stattfinden müssen, weil die Klägerin schlechte Erinnerungen an ihre letzte Hochzeit gehabt habe, welche im Winter stattgefunden habe. Im April 2008 habe sich der Zustand des Verstorbenen wieder verschlechtert. Es seien Chemotherapien angesetzt worden. Nach den ersten Zyklen von Juni bis Juli 2008 sei ein Rückgang des Tumors ersichtlich geworden. Er, der Zeuge Dr. B, habe sich als Arzt auch um die Behandlung des Verstorbenen gekümmert und sich mit den Kollegen (an der C) abgesprochen. In einer ersten Phase im Oktober 2006 nach der Verdachtsdiagnose sei beim Verstorbenen die Lungenoberfläche abgezogen worden, weil sich der Tumor zumeist in diesem Bereich einniste. Danach habe es eine Phase der Stabilisierung des Gesundheitszustands bis April 2008 gegeben. Im April 2008 sei wieder ein Fortschritt des Tumors zu erkennen gewesen und es sei die Chemotherapie angeordnet worden, die bis Juli 2008 gedauert habe. Nach einem CT sei erkennbar gewesen, dass der Tumor geschrumpft sei. Nach dieser guten Nachricht habe sich das Paar dann für die Hochzeit in B angemeldet. Die Feier habe im heutigen Burgkeller in B stattgefunden. Geladen und anwesend seien etwa 20 Gäste gewesen. Nach der Hochzeit, wahrscheinlich im September 2008 hätte das Paar sich den langjährigen Wunsch erfüllt, eine Reise nach G zu unternehmen.
Die Zeugin R hat bekundet, die Klägerin seit 1996 zu kennen. Seitdem hätten sie viel unternommen. Es sei immer von einer Hochzeit der beiden die Rede gewesen. Konkret sei es aber zunächst nicht gewesen. Die Klägerin habe nach ihrer Berufstätigkeit eine schöne Hochzeit feiern wollen, nämlich dann, wenn alles geordnet gewesen wäre, also nach dem Umzug nach B. Die Hüftoperation habe diesen Plan durchkreuzt. Die Klägerin sei wohl 2007 nach B gezogen. Seit 2005 habe sie die Klägerin nicht mehr gesehen, jedoch viel mit ihr telefoniert. Ende 2006 oder 2007 habe die Klägerin ihr von der Hochzeitsfeier berichtet und, dass sie im Kreise ihrer Familie diese Feier habe begehen wollen. Sie, die Zeugin, sei nicht anwesend gewesen. Sie habe aber Fotos und darauf das schöne Kleid der Klägerin im Folklorestil gesehen. Das Paar habe sehr glücklich ausgesehen. Auf den Bildern seien etwa 12 bis 15 Gäste zu erkennen gewesen. Gezählt habe sie sie allerdings nicht.
Das SG verurteilte im Verfahren S 28 R 230/10 die Deutsche Rentenversicherung Westfalen mit Urteil vom 25. Juli 2013 rechtskräftig zur Gewährung einer Großen Witwenrente aus der Rentenversicherung des Verstorbenen und führte zur Begründung aus, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe als widerlegt anzusehen sei.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 29. Juli 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 05. November 2009 sowie das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 15. März 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Witwenrente aus der Unfallversicherung ihres Ehemanns Michael Schmitz zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Berichterstatter hat den Beteiligten unter dem 19. September 2014 einen rechtlichen Hinweis erteilt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, Gerichtsakten des SG zu S 28 R 230/10 sowie die Rentenakten der Deutschen Rentenversicherung W verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht erhobene Berufung ist begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 29. Juli 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 05. November 2009 ist rechtswidrig und beschwert die Klägerin. Sie hat einen Anspruch auf Witwenrente aus der Versicherung ihres am 15. April 2009 verstorbenen Ehemannes.
Der Anspruch folgt aus § 65 Abs. 1 S. 1 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII), wonach Witwen von Versicherten als Hinterbliebenenleistung i.S.v. § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB VII eine Witwenrente erhalten, solange sie nicht wieder geheiratet haben. Gemäß § 63 Abs. 1 S. 2 SGB VII besteht der Anspruch nur, wenn der Tod infolge eines Versicherungsfalls eingetreten ist.
Vorliegend lag mit der anerkannten BK 4105 ein Versicherungsfall vor.
Als Versicherungsfall gilt nach § 7 Abs. 1 SGB VII auch eine BK. BKen sind die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer versicherten Tätigkeit erleidet, § 9 Abs. 1 S. 1 SGB VII. Die versicherten Tätigkeiten ergeben sich aus §§ 2, 4 und 6 SGB VII, wozu nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII vor allem die Beschäftigung gehört. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann BKen auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten versehen. Die BK 4105 ist das durch Asbest verursachte Mesotheliom des Rippenfells, des Bauchfells oder des Perikards. Gemäß diesen Vorgaben lassen sich etwa bei der BK 4105 folgende Tatbestandsmerkmale ableiten: Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die vorgenannten Merkmale der versicherten Tätigkeit, Verrichtung, Einwirkungen und Krankheit müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (etwa BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 - B 2 U 20/04 R –, zitiert nach juris Rn. 15). Ein Zusammenhang ist hinreichend wahrscheinlich, wenn nach herrschender ärztlich-wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht und ernste Zweifel an einer anderen Ursache ausscheiden (vgl. BSG a.a.O., auch Rn. 18 und 20).
Dies zugrunde gelegt hat der Senat nach den eindeutigen ärztlichen Befunden und Diagnosen keinen Zweifel daran, dass der Kläger unter einem Mesotheliom des Rippenfells litt, welches die Beklagte mit Bescheid vom 27. August 2008 bindend als BK 4105 anerkannte.
Der Senat hat auch keine vernünftigen Zweifel daran, dass der Verstorbene an den Folgen der BK 4105 verstarb. Das Mesotheliom ist ein rasch fortschreitender Tumor mir einer schlechten Prognose. Der Tod tritt in der Regel innerhalb von ein bis zwei Jahre ein (vgl. Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Kap. 18.6.1.2, S. 1107). Dementsprechend zeigte sich ab der diagnostischen Sicherung des Mesothelioms im Januar 2008, vgl. Arztbrief des Centrums für Innere Medizin und Dermatologie vom 23. April 2008, beim Verstorbenen eine durch die Chemotherapie im Frühling und Sommer 2008 allenfalls verlangsamte Verschlechterung seines Gesundheitszustands bis hin zum Tod, welcher laut Arztbrief des Centrums für Innere Medizin und Dermatologie vom 15. April 2009 bei progredientem malignem Pleuramesotheliom am 15. April 2009 eintrat. Aus dem vorgenannten Arztbrief ergibt sich, dass die stationäre Aufnahme zur weiteren Komplexbehandlung bei fortgeschrittenem linksseitig malignem Pleuramesotheliom erfolgte und sich im Rahmen einer aktuell durchgeführten CT-Untersuchung ein weiter fortgeschrittenes Tumorstadium zeigte.
Der Anspruch ist auch nicht nach § 65 Abs. 6 SGB VII ausgeschlossen, wonach Witwen oder Witwer keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente haben, wenn die Ehe erst nach dem Versicherungsfall geschlossen wurde und der Tod innerhalb des ersten Jahres dieser Ehe eingetreten ist, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
Die Voraussetzungen des Anspruchsausschlusses liegen nicht vor. Zwar wurde die Ehe am 08. August 2008 nach dem rückschauend auf den 09. Oktober 2006 festgestellten Versicherungsfall und innerhalb eines Jahrs vor dem am 15. April 2009 eingetretenen Tod des Verstorbenen geschlossen. Insbesondere hat der Senat keine Zweifel, den Versicherungsfall nach dem Ergebnis der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. S vom 20. Juni 2008 bereits auf den 09. Oktober 2006 anzunehmen. Der Verstorbene hatte sich bereits am 10. Oktober 2006 wegen progredienter Dyspnoe und thorakalem Druckgefühl in die Behandlung beim Krankenhaus N begeben, wo laut Arztbrief vom 06. November 2006 der Verdacht auf ein Frühmesotheliom mit linksseitigem Pleuraerguss und initial respiratorischer Insuffizienz geäußert wurde, was sich in der Folgezeit, spätestens anlässlich der Krankenhausbehandlungen im Januar und April 2008 bestätigte, vgl. etwa Arztbrief des Centrums für Innere Medizin und Dermatologie vom 23. April 2008.
Jedoch ist die eben hier anknüpfende gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe vorliegend widerlegt. Es liegen besondere Umstände des Einzelfalles vor, nach denen die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
Der Begriff der besonderen Umstände ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, welcher von den Unfallversicherungsträgern und den Sozialgerichten mit einem bestimmten Inhalt ausgefüllt werden muss und dessen Beurteilungsspielraum der vollen richterlichen Kontrolle unterliegt, ohne dass sich aus der Vorschrift selbst ergibt, was unter den besonderen Umständen des Falles zu verstehen ist. Umstände i.S.d. Vorschrift sind alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalls, welche auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen, wobei es auf die gegebenenfalls auch voneinander abweichenden Beweggründe beider Ehegatten ankommt, es sei denn, dass der hinterbliebene Ehegatte den Versicherten beispielsweise durch Ausnutzung einer Notlage oder Willensschwäche zur Eheschließung veranlasste. Die Annahme des anspruchsausschließenden Vorliegens einer Versorgungsehe bei einer Ehedauer von nicht mindestens einem Jahr ist nach dem Ausnahmetatbestand nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder, weil der Wortlaut auf den alleinigen oder überwiegenden Zweck der Heirat abhebt, zumindest gleichwertig sind. Es ist daher auch nicht zwingend, dass bei beiden Ehegatten andere Beweggründe als Versorgungsgesichtspunkte für die Eheschließung ausschlaggebend waren. Vielmehr sind die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe in ihrer Gesamtbetrachtung auch dann noch als zumindest gleichwertig anzusehen, wenn nachweislich für einen der Ehegatten der Versorgungsgedanke bei der Eheschließung keine Rolle gespielt hat. Eine abschließende Typisierung und Pauschalierung der von der Versorgungsabsicht verschiedenen ("besonderen") Gründe im Rahmen der Vorschrift ist angesichts der Vielgestaltigkeit von Lebenssachverhalten nicht möglich. Maßgeblich sind jeweils die Umstände des konkreten Einzelfalles. Die vom hinterbliebenen Ehegatten behaupteten inneren Umstände für die Heirat sind zudem nicht nur für sich – isoliert – zu betrachten, sondern vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der jeweiligen Eheschließung bestehenden äußeren Umstände in die Gesamtwürdigung einzubeziehen, ob die Ehe mit dem Ziel der Erlangung einer Hinterbliebenenversorgung geschlossen worden ist. Eine gewichtige Bedeutung kommt hierbei stets dem Gesundheits-/ Krankheitszustand des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung zu. So kann ein gegen die gesetzliche Annahme einer Versorgungsehe sprechender besonderer (äußerer) Umstand insbesondere dann anzunehmen sein, wenn der Tod des Versicherten, bei welchem bisher kein gesundheitliches Risiko eines bevorstehenden Ablebens bekannt war, unvermittelt, das heißt plötzlich oder unerwartet eingetreten ist. Auf der anderen Seite ist bei Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten in der Regel der Ausnahmetatbestand des § 65 Abs. 6 SGB VII nicht erfüllt. Indes ist auch bei einer nach objektiven Maßstäben schweren Erkrankung mit einer ungünstigen Verlaufsprognose und entsprechender Kenntnis der Ehegatten der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dessen ungeachtet (überwiegend oder zumindest gleichwertig) aus anderen als aus Versorgungsgründen geheiratet wurde. Allerdings müssen dann bei der abschließenden Gesamtbewertung diejenigen besonderen (inneren und äußeren) Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen umso gewichtiger seien, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit eines Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen war. Dementsprechend steigt mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit einer Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit zugleich der Grad des Zweifels an dem Vorliegen solcher vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisenden besondere Umstände, welche von diesem für die Widerlegung der gesetzlichen Annahme ("Vermutung") einer Versorgungsehe bei einem Versterben des versicherten Ehegatten innerhalb eines Jahres nach Eheschließung angeführt werden. Bei alldem ist der Ausnahmetatbestand des § 65 Abs. 6 SGB VI nur erfüllt, wenn insoweit nach § 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit § 292 der Zivilprozessordnung (ZPO) der volle Beweis erbracht wird. Dieser erfordert zumindest einen der Gewissheit nahe kommenden Grad der Wahrscheinlichkeit; die nur denkbare Möglichkeit reicht nicht aus. Hiernach ist eine Tatsache bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falls nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen. Eingedenk des im sozialgerichtlichen Verfahrens gemäß § 103 SGG geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes muss der Betroffene zur Anspruchsbegründung den Sachverhalt nicht darlegen und beweisen. Er muss allerdings dann mit der Versagung des geltend gemachten Anspruchs auf Witwen- oder Witwerrente rechnen, wenn nach Ausschöpfung des Amtsermittlungsgrundsatzes "besondere Umstände" im Sinne des § 65 Abs. 6 SGB VII nicht festgestellt werden können. Denn die Darlegungs- und Beweislast für ihr Vorliegen als ein den Anspruch begründender Umstand und damit auch die Folgen eines nicht ausreichenden Beweises trägt nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast derjenige, welcher den Witwen-/ Witwerrentenanspruch geltend macht (so die Rechtsprechung des erkennenden Senats zur § 65 Abs. 6 SGB VII nachgebildeten Vorschrift des § 46 Abs. 2a des Sechsten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VI), vgl. etwa Urteil vom 08. Oktober 2010 – L 3 R 84/09 -, zitiert nach juris Rn. 20 unter Bezugnahme auf Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 05. Mai 2009 - B 13 R 55/08 R-, zitiert nach juris Rn. 18 ff.).
Hiervon ausgehend sind hier besondere Umstände im Sinne von § 65 Abs. 6 SGB VII zu erkennen, welche die nach § 128 Abs. 1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) erforderliche volle richterliche Überzeugung dahin erbringen, dass es nicht der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Hierbei verkennt der Senat nicht, dass die Heirat zu einem Zeitpunkt stattfand, als bereits gesichert war, dass der Versicherte an einer lebensbedrohlichen, in der Regel binnen kurzer Zeit zum Tod führenden Krankheit, nämlich an einem malignen Pleuramesotheliom, litt. Hierzu verweist der Senat etwa auf Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 266. Aufl. 2014, Stichwort Pleuramesotheliom, wonach die mittlere Überlebenszeit sieben bis 16 Monate beträgt. Es spricht auch – für sich betrachtet - gegen eine Widerlegung der gesetzlichen Vermutung, dass die Klägerin trotz langjähriger Beziehung bzw. langjährigen Zusammenlebens den Versicherten erst nach der gesicherten Diagnose von dessen späterer zum Tod führenden Erkrankung heiratete.
Gegen das überwiegende Bestehen eines Versorgungszwecks spricht allerdings bereits, dass die Klägerin und der Verstorbene nach den ersten auf ein bösartiges Geschehen der Pleura hindeutenden Befunden und Diagnosen, welche am Krankenhaus N erhoben wurden, vgl. Arztbriefe vom 06. November 2006 und 24. Januar 2007, offenbar noch keine Eile verspürten zu heiraten. Allein schon diese Befunde ließen – auch nach der entsprechenden Histologie, welche lediglich noch keinen definitiven Tumorbefund erbrachte, vgl. Pathologiebericht vom Prof. Dr. A vom 23. Oktober 2006 – bei nüchterner Betrachtung kaum mehr Hoffnung zu, dass die Erkrankung zumindest zum Stillstand kommen könne. Hinzukommt, dass die Ärzte keine spezifische Therapie durchführten. Ob sich aus der nach der Pleurodese festgestellten Volumenreduktion der linken Lunge, welche laut des vorläufigen Entlassungsberichts vom 24. Januar 2007 als Hinweis auf einen schrumpfenden Prozess gewertet wurde, auf eine Heilung schließen ließ, mag dahinstehen. Typisch für eine unter Versorgungsgesichtspunkten geschlossene Ehe wäre es jedenfalls gewesen, auch bei einer solchen Verdachtsdiagnose etwaige Ansprüche durch Heirat zu sichern. Demgegenüber warteten die Eheleute offenbar ab, bis sich ihr Gesundheitszustand soweit besserte, dass eine ihren Vorstellungen entsprechende, feierliche Hochzeit durchgeführt werden konnte.
In diesem Zusammenhang erachtet es der Senat für eine Widerlegung der gesetzlichen Vermutung als entscheidend, dass die Eheleute bereits nach ihrem ursprünglich für Anfang 2007 geplanten Umzug nach B im Zuge der Berentung der Klägerin und ihres 60. Geburtstags ernsthaft heiraten wollten und hiervon zunächst nur deshalb abließen, weil es ihre Gesundheitszustände vorläufig nicht sinnvoll zuließen. Hierfür bezieht sich der Senat auf die Bekundungen der Zeugen Dr. B und R im Rentenrechtsstreit S 28 R 230/10, welche die ursprünglichen Heiratsabsichten für das Frühjahr 2007 bestätigten. Ferner verweist der Senat auf die von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Unterlagen, nämlich den Arztbrief des Krankenhauses N vom 07. März 2007 nebst Operationsbericht vom 27. Februar 2007, aus denen sich ergibt, dass sie vom 26. Februar 2007 bis zum 12. März 2007 unter den Diagnosen Schaftlockerung rechter Oberschenkel bei Zustand nach TEP-Implantation an der rechten Hüfte sowie Zustand nach mehreren Revisionseingriffen an der rechten Hüfte stationär-operativ behandelt wurde und für die ersten sechs Wochen nach der Operation nur mit einer Teilbelastung von 20 kg entlassen wurde.
Ob nun der vom Zeugen Dr. B im Verfahren S 28 R 230/10 bekundete Umstand, dass bis zum Juli 2008 unter der Chemotherapie eine Befundbesserung eingetreten sei, bei den Eheleuten letztlich wirklich noch die Annahme bzw. Hoffnung zuließ, das Unvermeidliche ließe sich doch noch irgendwie abwenden, mag dahinstehen. Auffällig ist jedenfalls, dass sich die Eheleute selbst unter dem Eindruck der am 31. Januar 2008 operativ durchgeführten Entfernung eines subcutanen malignen Tumors am linken Thorax, vgl. Arztbrief der E-Klinikum GmbH vom 31. Januar 2008, nicht zu einer raschen Hochzeit gedrängt sahen. Selbst, nachdem sich der Verstorbene mit stärkerer Belastungsdyspnoe beim Centrum für Innere Medizin hatte behandeln lassen, wo am 22. April 2008 CT-technisch ein malignes Pleuramesotheliom links mit Beteiligung der gesamten Pleura inkl. des Lappenspaltes im Sinne eines fortgeschrittenen Tumorstadiums gesichert worden war, vgl. Arztbrief vom 23. April 2008 sowie pathologischer Bericht von Prof. Dr. T vom 28. April 2008, unternahmen die Eheleute noch keine konkreten Hochzeitsvorbereitungen. Dies legt in der Tat die Annahme nahe, dass sie noch nicht mit dem baldigen Ableben des Verstorbenen rechneten und ihr Verhalten nicht von einem alsbald eintretenden Versorgungsfall beherrscht wurde, indem sie die Hochzeit erst am 14. Juli 2008 zum 08. August 2008 anmeldeten. Den Eheleuten kam es offensichtlich in erster Linie darauf an, eine schöne, erinnerungsträchtige Hochzeit zu feiern, als dadurch etwaige Ansprüche auf Hinterbliebenenversorgung zu sichern.
Bei der anzustellenden Gesamtbetrachtung ist zudem zu berücksichtigen, dass das Einkommen der Klägerin aus der eigenen Rentenversicherung und der betrieblichen Altersvorsorge mit einem Gesamtauszahlungsbetrag von mehr als 1.100 EUR schon im Zeitpunkt der Eheschließung ihren eigenen Lebensunterhalt sicher stellte und so gegen einen überwiegenden Versorgungszweck spricht. Die Klägerin war im Zeitpunkt der Eheschließung als Altersrentnerin wirtschaftlich unabhängig. In die Gesamtbetrachtung ist ferner auch einzustellen, dass die Eheleute mit dem 08. August 2008 einen für eine Eheschließung attraktives Datum wählten und eben so auch auf dieser Ebene – neben einer schönen Hochzeitsfeier im Kreise der Verwandten und einer Hochzeitsreise zu einem Traumurlaubsziel - ihre Eheschließung feierlich aufwerten wollten. Es war gerade keine Nothochzeit, welche quasi auf den letzten Drücker durchgeführt wurde. Es ist bei alldem zu beachten, dass der Tod erst mehr als acht Monate nach der Eheschließung eintrat und so die von der Klägerin behauptete Erwartung bestätigt wird, dass sie – womöglich angesichts der infolge der Chemotherapie im Frühjahr/ Sommer 2008 eingetretenen zwischenzeitlichen Besserung des Befindens des Verstorbenen – mit einem alsbaldigen Ableben des Verstorbenen gerade noch nicht rechnete.
Keine Zweifel hat der Senat bei alldem daran, dass die Eheleute die Ehe aus tiefer, gegenseitiger Zuneigung schlossen. Hierfür ist auf die nachvollziehbaren Ausführungen der Klägerin selbst vor allem im Verwaltungsverfahren und auf die Bekundungen des Zeugen Dr. B im Rentenrechtsstreit zu verweisen, wonach von Anfang an eine ernsthafte Beziehung vorlag. Anhaltspunkte dafür, dass die Gründe, welche die Eheleute über viele Jahre hinweg wie in einer Ehe zusammen leben ließen, im Zeitpunkt der förmlichen Eheschließung nicht mehr vorlagen, bestehen nicht. Vielmehr vermittelt gerade das Vorbringen der Klägerin selbst, dass die Eheschließung auch zu dem fraglos späten Zeitpunkt vor allem durch die gegenseitige Zuneigung geprägt war, indem sie bereits im Verwaltungsverfahren ausführte, dass es vielleicht albern sei, aber sie beide bei der Hochzeit aufgeregt wie junge Leute gewesen seien.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Revisionszulassungsgrund gemäß § 160 Abs. 2 SGG vorliegt.
Rechtskraft
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