Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 2183/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 1805/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 18. März 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1962 geborene Klägerin türkischer Staatsangehörigkeit hat keinen Beruf erlernt und war als Näherin versicherungspflichtig beschäftigt. Derzeit bezieht sie Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Am 26.10.2010 stellte sie einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung mit der Begründung, wegen Zuckerkrankheit, ihrer Bandscheiben, Gehbeschwerden, einer Sehschwäche, Atembeschwerden, Bauchschmerzen, seelischer Beschwerden und Bluthochdruck halte sie sich für erwerbsgemindert.
Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Begutachtung durch den Facharzt für Allgemeinmedizin/Sozialmedizin Dr. P., der die Klägerin am 02.02.2011 untersuchte und in seinem Gutachten vom 03.02.2011 einen tablettenbehandelten Diabetes mellitus, Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule mit Bandscheibenvorfall L4/5 und hohlrunder Fehlform sowie einen tablettenbehandelten Bluthochdruck diagnostizierte. In Zusammensicht aller vorliegenden ärztlichen Befundberichte und der erhobenen klinischen Befunde sei das Leistungsvermögen der Versicherten eingeschränkt, jedoch nicht aufgehoben. Sie könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch leichte Tätigkeiten ohne Zwangshaltung der Wirbelsäule, ohne erheblichen Zeitdruck und Nachtschicht, ohne Exposition gegen Nässe, Kälte und Zugluft sowie ohne häufiges Bücken vollschichtig verrichten. Dies gelte auch für ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Näherin.
Mit Bescheid vom 07.02.2011 lehnte die Beklagte daraufhin die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab.
Nachdem die Klägerin hiergegen Widerspruch eingelegt hatte mit der Begründung, im Zusammenspiel der Einzelerkrankungen und insbesondere auch bei korrekter Berücksichtigung der Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule mit Bandscheibenvorfall könne eine vollschichtige Tätigkeit nicht mehr verrichtet werden, holte die Beklagte bei dem Facharzt für Chirurgie Dr. R. ein Gutachten ein. In diesem Gutachten vom 16.05.2012 stellte Dr. R. als Diagnosen zeitweilige LWS-Beschwerden bei NPP L4/5 und mäßigen degenerativen Veränderungen sowie leichter Fehlhaltung und Überlastung, zeitweilige Kniebeschwerden rechts bei Überlastung und minimalen degenerativen Veränderungen ohne wesentliche Funktionseinschränkungen sowie massives Übergewicht. Klinisch sei die Funktion der Wirbelsäule nicht wesentlich eingeschränkt. Gleiches gelte für die Steh- und Gehfähigkeit der Klägerin. Sie könne leichte bis mittelschwere Wechseltätigkeiten vollschichtig ausüben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.07.2012 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin daraufhin unter Bezugnahme auf die eingeholten Gutachten zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 07.08.2012 vor dem Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben mit der Begründung, einerseits liege eine erhebliche Schmerzsymptomatik der Lendenwirbelsäule mit Ausstrahlung vor, andererseits ebenso erhebliche und latent vorhandene Beinschmerzen. Zudem leide die Klägerin an einem Diabetes mellitus Typ II und an arterieller Hypertonie, die zu einer weitestgehenden Einschränkung der Leistungsfähigkeit führten. Auch seien deutliche Konzentrationsschwächen feststellbar. Insgesamt sei im Zusammenspiel der vorhandenen Grunderkrankungen bei Gesamtbetrachtung davon auszugehen, dass keine Erwerbstätigkeit mehr ausgeübt werden könne. Der Klagebegründung beigefügt war ein ärztliches Attest der behandelnden Allgemeinärztin und Ärztin für Psychotherapie Dr. K., die am 29.07.2011 ausgeführt hat, die Leistungsfähigkeit der Klägerin sei aufgrund der - näher aufgeführten - vorliegenden Erkrankungen erheblich eingeschränkt, ebenso die Konzentrationsfähigkeit. Da die Klägerin auch noch erhebliche Sprachschwierigkeiten habe und kaum der deutschen Sprache mächtig sei, könne sich Dr. K. nicht vorstellen, dass sie irgendeiner Arbeit dauerhaft nachgehen könne.
Das SG hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt. Der behandelnde Arzt für Chirurgie Dr. B. hat in seiner Stellungnahme vom 04.11.2012 wegen des vorliegenden Bandscheibenvorfalls mit dem chronischen Wurzelreiz Bedenken gegen eine vollschichtige Leistungsfähigkeit der Klägerin geäußert. Dr. K. hat in ihrer Stellungnahme vom 20.12.2012 als Schwerpunkt der Erkrankungen das orthopädische Gebiet mit Dauerschmerzen der LWS und Sprunggelenke genannt und hinzugefügt, eine stehende Tätigkeit halte sie für ausgeschlossen. Eine sitzende Tätigkeit könne drei bis sechs Stunden verrichtet werden, doch würden Arbeitsanweisungen wegen mangelnder deutscher Sprachkenntnisse nur schlecht verstanden.
Das SG hat daraufhin den Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. B. mit der Erstellung eines fachorthopädischen Gutachtens betraut, der darin nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 26.06.2013 folgende Diagnosen auf orthopädischem Fachgebiet gestellt hat:
- Chronisches ortsständiges degeneratives cervicales Wirbelsäulensyndrom mit Funktionsbehin- derungen der HWS ohne radikuläre Reiz- oder Ausfallerscheinungen der oberen Extremitäten. - Chronisches ortsständiges degeneratives thoracolumbales Wirbelsäulensyndrom mit Funktions- behinderung der BWS und LWS ohne radikuläre Reiz- oder Ausfallerscheinungen der unteren Extremitäten bei Wirbelsäulenfehlstatik, ausgeprägter Rücken- und Rumpfmuskelinsuffizienz sowie kernspintomografisch gesichertem intraspinalem linkslateralem Discusprolaps L4/5 links - Schulter-Arm-Syndrom beidseits ohne Funktionsbehinderung der Schultergelenke - Coxalgie beidseits mit endgradiger Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke - Aktenkundige initiale Gonarthrose rechts ohne Funktionsbehinderung und ohne chronisch sy- noviale Reizerscheinungen der Kniegelenke - Senkspreizfuß-Deformität beidseits ohne Funktionsbehinderung der Füße.
Ungeachtet subjektiver Ausstrahlungen in die Beine fänden sich keine verlässlichen Anhaltspunkte für radikuläre Reiz- oder Ausfallerscheinungen der unteren Extremitäten. Auch bestehe eine gewisse Diskrepanz zwischen aktenkundig geschilderten früheren Ausstrahlungen ins rechte Bein bei linksseitigem Diskusprolaps, sodass der diesbezügliche bildgebende Befund eines intraspinalen linkslateralen Diskusprolaps ungeachtet zusätzlicher mäßiger linksseitiger Facettenhypertrophie mit relativer Einengung des Neuroforamens nicht zum damals geschilderten Bild einer rechtsseitigen Lumboischialgie korreliere. Nach der Literatur resultierten aus ortsständigen wie auch pseudoradikulären Wirbelsäulensyndromen regelhaft keine Einschränkungen des quantitativen Leistungsvermögens für qualitativ angepasste leichte bis teils mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Selbst aus einem radikulären Wirbelsäulensyndrom ließen sich nicht zwangsläufig zeitliche Leistungseinschränkungen ableiten. Solche wären nur dann zu begründen, wenn funktionsrelevante höhergradige motorische Ausfälle vorlägen, was bei der Klägerin jedoch nicht der Fall sei und in Auswertung der medizinischen Aktenlage auch zu keinem Zeitpunkt gesichert sei. Darüber hinaus sei anzumerken, dass die geschilderte Problematik therapeutischen Maßnahmen durchaus zugänglich wäre. Notwendig seien insoweit neben drastischer Gewichtsreduktion auch intensive längerfristige krankengymnastisch-physiotherapeutische Maßnahmen. Bezüglich der medikamentösen Behandlung sei darauf hinzuweisen, dass hier nicht von einer adäquaten multimodalen Schmerztherapie ausgegangen werden könne. Auch hier bestünde Optimierungsbedarf. Zusammenfassend seien anhand der Befunde im Bereich des Achsorgans insbesondere unter dem Aspekt einer Ausgestaltungskomponente zwar vielschichtige qualitative Leistungseinschränkungen zu attestieren, doch ließe sich eine quantitative Leistungseinschränkung nicht begründen. Im Bereich der unteren Extremitäten lägen keine wesentlichen Funktionsbeeinträchtigungen vor. Zwar lasse sich hier eine graduelle Funktionsbehinderung der Hüftgelenke nachweisen, doch sei diese auf muskuläre Verkürzungen im Rahmen unzureichenden körperlichen Trainings sowie auf die ausgeprägte Adipositas zurückzuführen. Quantitative Einschränkungen des Leistungsvermögens folgten hieraus nicht. Gleiches gelte für die minimale Gonarthrose rechts. Auszuschließen seien Arbeiten mit Heben, Tragen und/oder Bewegen von Lasten über vier bis fünf kg ohne mechanische Hilfsmittel, Arbeiten in gebückter, vornübergebeugter oder sonstiger Zwangshaltung des Achsorgans einschließlich Überkopfarbeiten, Arbeiten unter Einfluss vertikaler Teil- oder Ganzkörperschwingungen, mit häufiger oder ständiger Exposition von Nässe, Kälte und/oder Zugluft, auf unebenem Untergrund, auf Leitern und Gerüsten, in kniender oder hockender Stellung, mit häufigem Treppensteigen sowie überwiegend oder ständig im Stehen oder Gehen. Darüber hinaus seien Arbeiten ausgeschlossen an gefährdenden Maschinen, mit besonderer Verantwortung bzw. besonderer geistiger Beanspruchung, unter hohem Zeitdruck und hoher Stressbelastung sowie Arbeiten mit Publikumsverkehr. Die Wegefähigkeit sei im sozialrechtlich relevanten Sinne erhalten. Unter Beachtung der aufgezeigten qualitativen Leistungseinschränkungen seien sämtliche übrigen leichten körperlichen Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Wechselrhythmus von Sitzen, Stehen und Gehen, überwiegend in geschlossenen und temperierten Räumen, überwiegend in Tagschicht, auch künftig zumutbar in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden und mehr pro Tag bei fünf Tagen in der Woche.
Hierzu hat die Klägerin ergänzend vorgetragen, es bestehe aktuell eine psychische Überforderungsproblematik, die sich in apathischen Zuständen und teilweise in Aggressionen Bahn breche. Eine vor etwa drei Jahren aufgenommene psychosomatische Behandlung sei wieder abgebrochen worden.
Mit Urteil vom 18.03.2014 hat das SG die Klage unter Bezugnahme auf die Gutachten des Dr. P., Dr. R. und Dr. B. abgewiesen. Weder Dr. P. noch Dr. B. hätten Wurzelreizzeichen und Nervenausfallerscheinungen feststellen können. Die Angaben des Dr. B. seien demgegenüber wenig aktuell und seiner Leistungseinschätzung sei - ebensowenig wie der nicht näher begründeten Einschätzung der Dr. K. - nicht zu folgen, zumal die geringe Behandlungsfrequenz gegen einen erheblichen Leidensdruck spreche. Für eine nervenärztliche Erkrankung bestünden nicht genügend Anhaltspunkte. Schwerwiegende spezifische Leistungseinschränkungen sowie eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen seien nicht festzustellen. Hiergegen richtet sich die am 23.04.2014 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegte Berufung. Als Begründung hat die Klägerin vorgetragen, sie stütze sich auf die Leistungseinschätzungen des Dr. B. und Dr. K. und leide zudem unter erheblichen psychischen Einschränkungen, die das SG verkannt habe. Selbst wenn die Einschätzung der Gutachter auf orthopädischem Gebiet zutreffend wäre, führe dies im Zusammenspiel mit dem vorhandenen psychischen Leidensdruck der Klägerin dazu, dass ein Rentenanspruch gegeben sei. Eine aktuelle Behandlung der psychischen Beschwerden erfolge bei Frau Dr. K ...
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 18. März 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 7. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Juli 2012 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie auf die Ausführungen im Urteil verwiesen.
Das Gericht hat Dr. K. erneut als sachverständige Zeugin befragt, die im Bericht vom 11.11.2014 dargelegt hat, die Klägerin klage ständig über Rückenschmerzen, Knie- und Sprunggelenkschmerzen sowie über juckende Hautausschläge ohne sichtbares Korrelat. Als Befunde habe sie erhoben eine Adipositas permagna, arterielle Hypertonie, Unterschenkelödeme, Myogelose der paravertebralen Muskulatur, Genua valga-Verformung mit Lipödem, Spreizfüße beidseits, deutliche OSG-Schwellung beidseits und als Diagnosen einen Diabetes mellitus Typ II, arterielle Hypertonie, Bandscheibenschaden der LWS sowie Sprunggelenkarthrose gestellt. Die Hypertonie und der Diabetes mellitus seien medikamentös therapiert, die chronischen Rückenschmerzen mit Analgetika behandelt worden. Eine Verbesserung sei nicht eingetreten, die Behandlungsmaßnahmen seien ausgereizt.
Hierzu hat die Klägerin ausgeführt, es sei davon auszugehen, dass sich Dr. K. bei der Beantwortung der gerichtlichen Fragen in dem Schreiben vom 11.11.2014 in Anbetracht der Fragestellung ausschließlich mit den allgemein medizinischen Aspekten der Sache befasst habe. Insofern sei bezüglich des psychischen Befundes von Seiten der Dr. K. eine ergänzende Stellungnahme einzuholen.
Nachdem sich die Klägerin im Zeitraum vom 25.01.2015 bis zum 30.01.2015 aufgrund akuter Atemnot in stationäre Behandlung im Klinikum Z. begeben hatte, hat das Gericht dort den endgültigen Arztbrief vom 28.01.2015 angefordert, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird.
Im Rahmen eines Erörterungstermines am 24.04.2015 ist der Sachverhalt zwischen den Beteiligten besprochen worden, ohne dass ein Ergebnis erzielt werden konnte.
Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte, der Akte des SG sowie der Akte des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet, da das angefochtene Urteil des SG vom 18.03.2014 sowie der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 07.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.07.2012 nicht zu beanstanden sind. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente wegen voller Erwerbsminderung (§ 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI]) dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf diese Rente nicht bestehe, weil die Klägerin noch wenigstens sechs Stunden täglich leistungsfähig sei. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren sowie der im Berufungsverfahren vorliegenden ärztlichen Unterlagen an und sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab. Die Berufung wird aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurückgewiesen.
Ergänzend ist auszuführen, dass die Einschränkungen auf orthopädischem Fachgebiet nicht so gravierend sind, dass daraus eine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens folgt. Hierbei stützt sich das Gericht vor allem auf das ausführliche Gutachten des Dr. B. vom 26.06.2013, der zwar ein chronisches degeneratives cervicales, thorakales und lumbales Wirbelsäulensyndrom diagnostiziert hat, jedoch keine verlässlichen Anhaltspunkte für radikuläre Reiz- oder Ausfallserscheinungen der unteren Extremitäten feststellen konnte. Nachvollziehbar hat Dr. B. hierzu unter Hinweis auf die medizinische Literatur ausgeführt, quantitative Leistungseinschränkungen ließen sich nur bei funktionsrelevanten höhergradigen motorischen Ausfällen begründen, die jedoch bei der Klägerin nicht vorlägen. Auch im Bereich der oberen und unteren Extremitäten lägen keine wesentlichen Funktionsbeeinträchtigungen vor. Diese Einschätzung entspricht auch der des im Verwaltungsverfahren mit der Erstellung eines Gutachtens betrauten Dr. P. Die entgegenstehenden Ausführungen des behandelnden Arztes für Chirurgie Dr. B. (Arztbericht vom 04.11.2012) vermögen das Gericht demgegenüber nicht zu überzeugen. Auch er beschreibt eine normale Sensibilität an beiden Beinen sowie fehlende motorische Ausfälle, eine leichte Bewegungseinschränkung beider Hüftgelenke und eine leichte Einschränkung des Kniegelenks (Untersuchung vom 22.02.2011). Warum er trotzdem zu einer quantitativen Einschränkung des Leistungsvermögens kommt, ist für das Gericht nicht nachvollziehbar. Gleiches gilt für die Ausführungen der behandelnden Ärztin Dr. K., die in ihrem Bericht an das SG vom 20.12.2012 nur noch eine sitzende Tätigkeit im Umfang von drei bis sechs Stunden für möglich erachtet hat. Dr. K. hat in diesem Schreiben ausgeführt, der Schwerpunkt der Erkrankungen liege auf orthopädischem Fachgebiet (Dauerschmerzen LWS und Sprunggelenke). Warum diese Beschwerden eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens begründen, hat Dr. K. nicht näher dargelegt. Die von ihr angeführten sprachlichen Verständigungsschwierigkeiten stellen keinen Ausschlussgrund für eine berufliche Tätigkeit dar.
Von einer Leistungsminderung aufgrund psychischer Beschwerden konnte sich das Gericht ebenfalls nicht überzeugen: Nachdem die Klägerin im Berufungsverfahren ihre psychischen Erkrankungen besonders hervorgehoben hat, ist eine erneute Befragung der Frau Dr. K. erfolgt. Obwohl diese als Ärztin für Allgemeinmedizin/Psychotherapie zur Behandlung von psychischen Erkrankungen in der Lage gewesen wäre bzw. zumindest hätte feststellen können, ob diesbezüglich eine behandlungsbedürftige Erkrankung vorlag, hat sie eine solche im Arztbericht vom 11.11.2014 gegenüber dem Senat ebenso wie zuvor in ihrem Arztbericht vom 20.12.2012 gegenüber dem SG nicht erwähnt. Dies wäre indes zu erwarten gewesen, wenn sie, wie die Klägerin vorträgt, diese tatsächlich regelmäßig psychisch behandelt hätte. Der Einwand der Klägerin, Frau Dr. K. habe sich in Anbetracht der Fragestellung ausschließlich mit den allgemeinmedizinischen Aspekten der Sache befasst, überzeugt nicht. Wie sich dem gerichtlichen Anschreiben an Frau Dr. K. vom 01.09.2014 entnehmen lässt, waren die Beweisfragen allgemein gehalten (Über welche Beschwerden hat die Klägerin jeweils geklagt? Welche Befunde haben Sie erhoben? Welche Diagnosen haben Sie gestellt, welche Behandlungsmaßnahmen wurden durchgeführt/Welche weiteren Behandlungsmaßnahmen sind geplant?). Insofern bestand kein Grund, eine schwerwiegende psychische Erkrankung unerwähnt zu lassen, erst recht nicht, wenn diese nach dem Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren die im Vordergrund stehende und eine Erwerbsminderung begründende Erkrankung ist. Aus dem Nichterwähnen einer psychischen Krankheit kann somit nur der Schluss gezogen werden, dass diese - sofern sie überhaupt vorliegt - jedenfalls nicht so schwerwiegend ist, dass ein rentenrechtlich relevantes Ausmaß erreicht wird. Nach der Rechtsprechung vermögen zudem psychische Erkrankungen nur dann rentenrechtliche Relevanz zu entwickeln, wenn trotz adäquater Behandlung (medikamentös, therapeutisch, ambulant oder stationär) davon auszugehen ist, dass der Versicherte die psychischen Einschränkungen weder aus eigener Kraft noch mit ärztlicher oder therapeutischer Hilfe dauerhaft überwinden kann (BSG, Urteil vom 12.09.1990, 5 RU 88/89; BSG, Urteil vom 29.03.2006, B 13 RJ 31/05 R; Bayerisches LSG, Urteil vom 22.10.2014, L 19 R 1075/11 m.w.N., alle in Juris). Hier fehlt es indes bereits an einer adäquaten Behandlung: So ist dem Bericht von Frau Dr. K. vom 11.11.2014 zu entnehmen, dass zwischen den einzelnen Behandlungen oft Wochen, wenn nicht gar Monate liegen. Selbst wenn somit eine psychotherapeutische Behandlung bei Dr. K. stattfände, wie die Klägerin vorträgt, wäre diese angesichts der geringen Behandlungsfrequenz und fehlenden Regelmäßigkeit nicht annähernd ausgeschöpft. Rentenrechtliche Relevanz ist daher nach der Rechtsprechung zu verneinen.
Der Anregung der Klägerin, Dr. K. bezüglich des psychischen Befundes erneut zu befragen, war vor dem Hintergrund der bereits erfolgten zweimaligen Befragungen nicht zu folgen.
Auch aus dem Arztbrief des Z.-Klinikums vom 28.01.2015 ergibt sich kein Hinweis für eine dauerhafte Einschränkung des Leistungsvermögens. Die Klägerin wurde wegen zunehmender Dyspnoe mit Husten und gelblichem Auswurf sowie Fieber seit einer Woche aufgenommen. Als Diagnose wurde eine restriktive Ventilationsstörung bei Adipositas permagna mit Infekt der oberen Atemwege gestellt. Dieser Zustand war jedoch nur vorübergehend, und die Klägerin konnte am 30.01.2015 deutlich gebessert entlassen werden. Dementsprechend wird in dem erwähnten Bericht auch nur von einem akut reduzierten Allgemeinzustand gesprochen.
Da somit ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht besteht, das angefochtene Urteil des SG sowie die Bescheide der Beklagten nicht zu beanstanden sind, war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1962 geborene Klägerin türkischer Staatsangehörigkeit hat keinen Beruf erlernt und war als Näherin versicherungspflichtig beschäftigt. Derzeit bezieht sie Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Am 26.10.2010 stellte sie einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung mit der Begründung, wegen Zuckerkrankheit, ihrer Bandscheiben, Gehbeschwerden, einer Sehschwäche, Atembeschwerden, Bauchschmerzen, seelischer Beschwerden und Bluthochdruck halte sie sich für erwerbsgemindert.
Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Begutachtung durch den Facharzt für Allgemeinmedizin/Sozialmedizin Dr. P., der die Klägerin am 02.02.2011 untersuchte und in seinem Gutachten vom 03.02.2011 einen tablettenbehandelten Diabetes mellitus, Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule mit Bandscheibenvorfall L4/5 und hohlrunder Fehlform sowie einen tablettenbehandelten Bluthochdruck diagnostizierte. In Zusammensicht aller vorliegenden ärztlichen Befundberichte und der erhobenen klinischen Befunde sei das Leistungsvermögen der Versicherten eingeschränkt, jedoch nicht aufgehoben. Sie könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch leichte Tätigkeiten ohne Zwangshaltung der Wirbelsäule, ohne erheblichen Zeitdruck und Nachtschicht, ohne Exposition gegen Nässe, Kälte und Zugluft sowie ohne häufiges Bücken vollschichtig verrichten. Dies gelte auch für ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Näherin.
Mit Bescheid vom 07.02.2011 lehnte die Beklagte daraufhin die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab.
Nachdem die Klägerin hiergegen Widerspruch eingelegt hatte mit der Begründung, im Zusammenspiel der Einzelerkrankungen und insbesondere auch bei korrekter Berücksichtigung der Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule mit Bandscheibenvorfall könne eine vollschichtige Tätigkeit nicht mehr verrichtet werden, holte die Beklagte bei dem Facharzt für Chirurgie Dr. R. ein Gutachten ein. In diesem Gutachten vom 16.05.2012 stellte Dr. R. als Diagnosen zeitweilige LWS-Beschwerden bei NPP L4/5 und mäßigen degenerativen Veränderungen sowie leichter Fehlhaltung und Überlastung, zeitweilige Kniebeschwerden rechts bei Überlastung und minimalen degenerativen Veränderungen ohne wesentliche Funktionseinschränkungen sowie massives Übergewicht. Klinisch sei die Funktion der Wirbelsäule nicht wesentlich eingeschränkt. Gleiches gelte für die Steh- und Gehfähigkeit der Klägerin. Sie könne leichte bis mittelschwere Wechseltätigkeiten vollschichtig ausüben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.07.2012 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin daraufhin unter Bezugnahme auf die eingeholten Gutachten zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 07.08.2012 vor dem Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben mit der Begründung, einerseits liege eine erhebliche Schmerzsymptomatik der Lendenwirbelsäule mit Ausstrahlung vor, andererseits ebenso erhebliche und latent vorhandene Beinschmerzen. Zudem leide die Klägerin an einem Diabetes mellitus Typ II und an arterieller Hypertonie, die zu einer weitestgehenden Einschränkung der Leistungsfähigkeit führten. Auch seien deutliche Konzentrationsschwächen feststellbar. Insgesamt sei im Zusammenspiel der vorhandenen Grunderkrankungen bei Gesamtbetrachtung davon auszugehen, dass keine Erwerbstätigkeit mehr ausgeübt werden könne. Der Klagebegründung beigefügt war ein ärztliches Attest der behandelnden Allgemeinärztin und Ärztin für Psychotherapie Dr. K., die am 29.07.2011 ausgeführt hat, die Leistungsfähigkeit der Klägerin sei aufgrund der - näher aufgeführten - vorliegenden Erkrankungen erheblich eingeschränkt, ebenso die Konzentrationsfähigkeit. Da die Klägerin auch noch erhebliche Sprachschwierigkeiten habe und kaum der deutschen Sprache mächtig sei, könne sich Dr. K. nicht vorstellen, dass sie irgendeiner Arbeit dauerhaft nachgehen könne.
Das SG hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt. Der behandelnde Arzt für Chirurgie Dr. B. hat in seiner Stellungnahme vom 04.11.2012 wegen des vorliegenden Bandscheibenvorfalls mit dem chronischen Wurzelreiz Bedenken gegen eine vollschichtige Leistungsfähigkeit der Klägerin geäußert. Dr. K. hat in ihrer Stellungnahme vom 20.12.2012 als Schwerpunkt der Erkrankungen das orthopädische Gebiet mit Dauerschmerzen der LWS und Sprunggelenke genannt und hinzugefügt, eine stehende Tätigkeit halte sie für ausgeschlossen. Eine sitzende Tätigkeit könne drei bis sechs Stunden verrichtet werden, doch würden Arbeitsanweisungen wegen mangelnder deutscher Sprachkenntnisse nur schlecht verstanden.
Das SG hat daraufhin den Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. B. mit der Erstellung eines fachorthopädischen Gutachtens betraut, der darin nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 26.06.2013 folgende Diagnosen auf orthopädischem Fachgebiet gestellt hat:
- Chronisches ortsständiges degeneratives cervicales Wirbelsäulensyndrom mit Funktionsbehin- derungen der HWS ohne radikuläre Reiz- oder Ausfallerscheinungen der oberen Extremitäten. - Chronisches ortsständiges degeneratives thoracolumbales Wirbelsäulensyndrom mit Funktions- behinderung der BWS und LWS ohne radikuläre Reiz- oder Ausfallerscheinungen der unteren Extremitäten bei Wirbelsäulenfehlstatik, ausgeprägter Rücken- und Rumpfmuskelinsuffizienz sowie kernspintomografisch gesichertem intraspinalem linkslateralem Discusprolaps L4/5 links - Schulter-Arm-Syndrom beidseits ohne Funktionsbehinderung der Schultergelenke - Coxalgie beidseits mit endgradiger Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke - Aktenkundige initiale Gonarthrose rechts ohne Funktionsbehinderung und ohne chronisch sy- noviale Reizerscheinungen der Kniegelenke - Senkspreizfuß-Deformität beidseits ohne Funktionsbehinderung der Füße.
Ungeachtet subjektiver Ausstrahlungen in die Beine fänden sich keine verlässlichen Anhaltspunkte für radikuläre Reiz- oder Ausfallerscheinungen der unteren Extremitäten. Auch bestehe eine gewisse Diskrepanz zwischen aktenkundig geschilderten früheren Ausstrahlungen ins rechte Bein bei linksseitigem Diskusprolaps, sodass der diesbezügliche bildgebende Befund eines intraspinalen linkslateralen Diskusprolaps ungeachtet zusätzlicher mäßiger linksseitiger Facettenhypertrophie mit relativer Einengung des Neuroforamens nicht zum damals geschilderten Bild einer rechtsseitigen Lumboischialgie korreliere. Nach der Literatur resultierten aus ortsständigen wie auch pseudoradikulären Wirbelsäulensyndromen regelhaft keine Einschränkungen des quantitativen Leistungsvermögens für qualitativ angepasste leichte bis teils mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Selbst aus einem radikulären Wirbelsäulensyndrom ließen sich nicht zwangsläufig zeitliche Leistungseinschränkungen ableiten. Solche wären nur dann zu begründen, wenn funktionsrelevante höhergradige motorische Ausfälle vorlägen, was bei der Klägerin jedoch nicht der Fall sei und in Auswertung der medizinischen Aktenlage auch zu keinem Zeitpunkt gesichert sei. Darüber hinaus sei anzumerken, dass die geschilderte Problematik therapeutischen Maßnahmen durchaus zugänglich wäre. Notwendig seien insoweit neben drastischer Gewichtsreduktion auch intensive längerfristige krankengymnastisch-physiotherapeutische Maßnahmen. Bezüglich der medikamentösen Behandlung sei darauf hinzuweisen, dass hier nicht von einer adäquaten multimodalen Schmerztherapie ausgegangen werden könne. Auch hier bestünde Optimierungsbedarf. Zusammenfassend seien anhand der Befunde im Bereich des Achsorgans insbesondere unter dem Aspekt einer Ausgestaltungskomponente zwar vielschichtige qualitative Leistungseinschränkungen zu attestieren, doch ließe sich eine quantitative Leistungseinschränkung nicht begründen. Im Bereich der unteren Extremitäten lägen keine wesentlichen Funktionsbeeinträchtigungen vor. Zwar lasse sich hier eine graduelle Funktionsbehinderung der Hüftgelenke nachweisen, doch sei diese auf muskuläre Verkürzungen im Rahmen unzureichenden körperlichen Trainings sowie auf die ausgeprägte Adipositas zurückzuführen. Quantitative Einschränkungen des Leistungsvermögens folgten hieraus nicht. Gleiches gelte für die minimale Gonarthrose rechts. Auszuschließen seien Arbeiten mit Heben, Tragen und/oder Bewegen von Lasten über vier bis fünf kg ohne mechanische Hilfsmittel, Arbeiten in gebückter, vornübergebeugter oder sonstiger Zwangshaltung des Achsorgans einschließlich Überkopfarbeiten, Arbeiten unter Einfluss vertikaler Teil- oder Ganzkörperschwingungen, mit häufiger oder ständiger Exposition von Nässe, Kälte und/oder Zugluft, auf unebenem Untergrund, auf Leitern und Gerüsten, in kniender oder hockender Stellung, mit häufigem Treppensteigen sowie überwiegend oder ständig im Stehen oder Gehen. Darüber hinaus seien Arbeiten ausgeschlossen an gefährdenden Maschinen, mit besonderer Verantwortung bzw. besonderer geistiger Beanspruchung, unter hohem Zeitdruck und hoher Stressbelastung sowie Arbeiten mit Publikumsverkehr. Die Wegefähigkeit sei im sozialrechtlich relevanten Sinne erhalten. Unter Beachtung der aufgezeigten qualitativen Leistungseinschränkungen seien sämtliche übrigen leichten körperlichen Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Wechselrhythmus von Sitzen, Stehen und Gehen, überwiegend in geschlossenen und temperierten Räumen, überwiegend in Tagschicht, auch künftig zumutbar in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden und mehr pro Tag bei fünf Tagen in der Woche.
Hierzu hat die Klägerin ergänzend vorgetragen, es bestehe aktuell eine psychische Überforderungsproblematik, die sich in apathischen Zuständen und teilweise in Aggressionen Bahn breche. Eine vor etwa drei Jahren aufgenommene psychosomatische Behandlung sei wieder abgebrochen worden.
Mit Urteil vom 18.03.2014 hat das SG die Klage unter Bezugnahme auf die Gutachten des Dr. P., Dr. R. und Dr. B. abgewiesen. Weder Dr. P. noch Dr. B. hätten Wurzelreizzeichen und Nervenausfallerscheinungen feststellen können. Die Angaben des Dr. B. seien demgegenüber wenig aktuell und seiner Leistungseinschätzung sei - ebensowenig wie der nicht näher begründeten Einschätzung der Dr. K. - nicht zu folgen, zumal die geringe Behandlungsfrequenz gegen einen erheblichen Leidensdruck spreche. Für eine nervenärztliche Erkrankung bestünden nicht genügend Anhaltspunkte. Schwerwiegende spezifische Leistungseinschränkungen sowie eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen seien nicht festzustellen. Hiergegen richtet sich die am 23.04.2014 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegte Berufung. Als Begründung hat die Klägerin vorgetragen, sie stütze sich auf die Leistungseinschätzungen des Dr. B. und Dr. K. und leide zudem unter erheblichen psychischen Einschränkungen, die das SG verkannt habe. Selbst wenn die Einschätzung der Gutachter auf orthopädischem Gebiet zutreffend wäre, führe dies im Zusammenspiel mit dem vorhandenen psychischen Leidensdruck der Klägerin dazu, dass ein Rentenanspruch gegeben sei. Eine aktuelle Behandlung der psychischen Beschwerden erfolge bei Frau Dr. K ...
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 18. März 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 7. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Juli 2012 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie auf die Ausführungen im Urteil verwiesen.
Das Gericht hat Dr. K. erneut als sachverständige Zeugin befragt, die im Bericht vom 11.11.2014 dargelegt hat, die Klägerin klage ständig über Rückenschmerzen, Knie- und Sprunggelenkschmerzen sowie über juckende Hautausschläge ohne sichtbares Korrelat. Als Befunde habe sie erhoben eine Adipositas permagna, arterielle Hypertonie, Unterschenkelödeme, Myogelose der paravertebralen Muskulatur, Genua valga-Verformung mit Lipödem, Spreizfüße beidseits, deutliche OSG-Schwellung beidseits und als Diagnosen einen Diabetes mellitus Typ II, arterielle Hypertonie, Bandscheibenschaden der LWS sowie Sprunggelenkarthrose gestellt. Die Hypertonie und der Diabetes mellitus seien medikamentös therapiert, die chronischen Rückenschmerzen mit Analgetika behandelt worden. Eine Verbesserung sei nicht eingetreten, die Behandlungsmaßnahmen seien ausgereizt.
Hierzu hat die Klägerin ausgeführt, es sei davon auszugehen, dass sich Dr. K. bei der Beantwortung der gerichtlichen Fragen in dem Schreiben vom 11.11.2014 in Anbetracht der Fragestellung ausschließlich mit den allgemein medizinischen Aspekten der Sache befasst habe. Insofern sei bezüglich des psychischen Befundes von Seiten der Dr. K. eine ergänzende Stellungnahme einzuholen.
Nachdem sich die Klägerin im Zeitraum vom 25.01.2015 bis zum 30.01.2015 aufgrund akuter Atemnot in stationäre Behandlung im Klinikum Z. begeben hatte, hat das Gericht dort den endgültigen Arztbrief vom 28.01.2015 angefordert, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird.
Im Rahmen eines Erörterungstermines am 24.04.2015 ist der Sachverhalt zwischen den Beteiligten besprochen worden, ohne dass ein Ergebnis erzielt werden konnte.
Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte, der Akte des SG sowie der Akte des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet, da das angefochtene Urteil des SG vom 18.03.2014 sowie der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 07.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.07.2012 nicht zu beanstanden sind. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente wegen voller Erwerbsminderung (§ 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI]) dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf diese Rente nicht bestehe, weil die Klägerin noch wenigstens sechs Stunden täglich leistungsfähig sei. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren sowie der im Berufungsverfahren vorliegenden ärztlichen Unterlagen an und sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab. Die Berufung wird aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurückgewiesen.
Ergänzend ist auszuführen, dass die Einschränkungen auf orthopädischem Fachgebiet nicht so gravierend sind, dass daraus eine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens folgt. Hierbei stützt sich das Gericht vor allem auf das ausführliche Gutachten des Dr. B. vom 26.06.2013, der zwar ein chronisches degeneratives cervicales, thorakales und lumbales Wirbelsäulensyndrom diagnostiziert hat, jedoch keine verlässlichen Anhaltspunkte für radikuläre Reiz- oder Ausfallserscheinungen der unteren Extremitäten feststellen konnte. Nachvollziehbar hat Dr. B. hierzu unter Hinweis auf die medizinische Literatur ausgeführt, quantitative Leistungseinschränkungen ließen sich nur bei funktionsrelevanten höhergradigen motorischen Ausfällen begründen, die jedoch bei der Klägerin nicht vorlägen. Auch im Bereich der oberen und unteren Extremitäten lägen keine wesentlichen Funktionsbeeinträchtigungen vor. Diese Einschätzung entspricht auch der des im Verwaltungsverfahren mit der Erstellung eines Gutachtens betrauten Dr. P. Die entgegenstehenden Ausführungen des behandelnden Arztes für Chirurgie Dr. B. (Arztbericht vom 04.11.2012) vermögen das Gericht demgegenüber nicht zu überzeugen. Auch er beschreibt eine normale Sensibilität an beiden Beinen sowie fehlende motorische Ausfälle, eine leichte Bewegungseinschränkung beider Hüftgelenke und eine leichte Einschränkung des Kniegelenks (Untersuchung vom 22.02.2011). Warum er trotzdem zu einer quantitativen Einschränkung des Leistungsvermögens kommt, ist für das Gericht nicht nachvollziehbar. Gleiches gilt für die Ausführungen der behandelnden Ärztin Dr. K., die in ihrem Bericht an das SG vom 20.12.2012 nur noch eine sitzende Tätigkeit im Umfang von drei bis sechs Stunden für möglich erachtet hat. Dr. K. hat in diesem Schreiben ausgeführt, der Schwerpunkt der Erkrankungen liege auf orthopädischem Fachgebiet (Dauerschmerzen LWS und Sprunggelenke). Warum diese Beschwerden eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens begründen, hat Dr. K. nicht näher dargelegt. Die von ihr angeführten sprachlichen Verständigungsschwierigkeiten stellen keinen Ausschlussgrund für eine berufliche Tätigkeit dar.
Von einer Leistungsminderung aufgrund psychischer Beschwerden konnte sich das Gericht ebenfalls nicht überzeugen: Nachdem die Klägerin im Berufungsverfahren ihre psychischen Erkrankungen besonders hervorgehoben hat, ist eine erneute Befragung der Frau Dr. K. erfolgt. Obwohl diese als Ärztin für Allgemeinmedizin/Psychotherapie zur Behandlung von psychischen Erkrankungen in der Lage gewesen wäre bzw. zumindest hätte feststellen können, ob diesbezüglich eine behandlungsbedürftige Erkrankung vorlag, hat sie eine solche im Arztbericht vom 11.11.2014 gegenüber dem Senat ebenso wie zuvor in ihrem Arztbericht vom 20.12.2012 gegenüber dem SG nicht erwähnt. Dies wäre indes zu erwarten gewesen, wenn sie, wie die Klägerin vorträgt, diese tatsächlich regelmäßig psychisch behandelt hätte. Der Einwand der Klägerin, Frau Dr. K. habe sich in Anbetracht der Fragestellung ausschließlich mit den allgemeinmedizinischen Aspekten der Sache befasst, überzeugt nicht. Wie sich dem gerichtlichen Anschreiben an Frau Dr. K. vom 01.09.2014 entnehmen lässt, waren die Beweisfragen allgemein gehalten (Über welche Beschwerden hat die Klägerin jeweils geklagt? Welche Befunde haben Sie erhoben? Welche Diagnosen haben Sie gestellt, welche Behandlungsmaßnahmen wurden durchgeführt/Welche weiteren Behandlungsmaßnahmen sind geplant?). Insofern bestand kein Grund, eine schwerwiegende psychische Erkrankung unerwähnt zu lassen, erst recht nicht, wenn diese nach dem Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren die im Vordergrund stehende und eine Erwerbsminderung begründende Erkrankung ist. Aus dem Nichterwähnen einer psychischen Krankheit kann somit nur der Schluss gezogen werden, dass diese - sofern sie überhaupt vorliegt - jedenfalls nicht so schwerwiegend ist, dass ein rentenrechtlich relevantes Ausmaß erreicht wird. Nach der Rechtsprechung vermögen zudem psychische Erkrankungen nur dann rentenrechtliche Relevanz zu entwickeln, wenn trotz adäquater Behandlung (medikamentös, therapeutisch, ambulant oder stationär) davon auszugehen ist, dass der Versicherte die psychischen Einschränkungen weder aus eigener Kraft noch mit ärztlicher oder therapeutischer Hilfe dauerhaft überwinden kann (BSG, Urteil vom 12.09.1990, 5 RU 88/89; BSG, Urteil vom 29.03.2006, B 13 RJ 31/05 R; Bayerisches LSG, Urteil vom 22.10.2014, L 19 R 1075/11 m.w.N., alle in Juris). Hier fehlt es indes bereits an einer adäquaten Behandlung: So ist dem Bericht von Frau Dr. K. vom 11.11.2014 zu entnehmen, dass zwischen den einzelnen Behandlungen oft Wochen, wenn nicht gar Monate liegen. Selbst wenn somit eine psychotherapeutische Behandlung bei Dr. K. stattfände, wie die Klägerin vorträgt, wäre diese angesichts der geringen Behandlungsfrequenz und fehlenden Regelmäßigkeit nicht annähernd ausgeschöpft. Rentenrechtliche Relevanz ist daher nach der Rechtsprechung zu verneinen.
Der Anregung der Klägerin, Dr. K. bezüglich des psychischen Befundes erneut zu befragen, war vor dem Hintergrund der bereits erfolgten zweimaligen Befragungen nicht zu folgen.
Auch aus dem Arztbrief des Z.-Klinikums vom 28.01.2015 ergibt sich kein Hinweis für eine dauerhafte Einschränkung des Leistungsvermögens. Die Klägerin wurde wegen zunehmender Dyspnoe mit Husten und gelblichem Auswurf sowie Fieber seit einer Woche aufgenommen. Als Diagnose wurde eine restriktive Ventilationsstörung bei Adipositas permagna mit Infekt der oberen Atemwege gestellt. Dieser Zustand war jedoch nur vorübergehend, und die Klägerin konnte am 30.01.2015 deutlich gebessert entlassen werden. Dementsprechend wird in dem erwähnten Bericht auch nur von einem akut reduzierten Allgemeinzustand gesprochen.
Da somit ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht besteht, das angefochtene Urteil des SG sowie die Bescheide der Beklagten nicht zu beanstanden sind, war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
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