Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 4 KR 1009/05
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 KR 716/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 16. Juli 2009 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Aufnahme des Vorlesesystems " " als Hilfsmittel unter der Produktgruppe 07 "Blindenhilfsmittel" in das Hilfsmittelverzeichnis.
Die Klägerin produziert und vertreibt das Vorlesesystem " ", bei dem es sich um ein System handelt, das Sehbehinderten ermöglichen soll, Texte zu erfassen. Es besteht laut der Darstellung der Klägerin aus einem Computer, einem Flachbettscanner, einer nummerischen Tastatur und Lautsprechern sowie dem Betriebssystem, einer Texterkennungssoftware und einer Sprachausgabesoftware. Der Sehbehinderte legt dabei einen Text auf den Flachbettscanner, der Text wird eingescannt, mittels einer Texterkennungssoftware erkannt und dann durch die Sprachausgabesoftware als gesprochener Text über die Lautsprecher ausgegeben.
Den Antrag der Klägerin auf Aufnahme des Vorlesesystems " " in das Hilfsmittelverzeichnis lehnten die Spitzenverbände der Krankenkassen als Funktionsvorgänger des Beklagten mit Bescheid vom 18. März 2004 ab, da es sich nicht um ein Hilfsmittel im Sinne von § 33 Abs. l des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) handele und daher eine Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis nicht erfolgen könne. Den hiergegen am 2. April 2004 eingelegten Widerspruch wiesen die Spitzenverbände der Krankenkassen mit Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 2005 zurück.
Die Klägerin hat am 2. März 2005 beim Sozialgericht Köln Klage erhoben (Az.: S 19 KR 35/05). Dieses hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 12. April 2005 an das Sozialgericht Altenburg (SG) verwiesen. Die Klägerin hat zur Begründung ihrer Klage die Ansicht vertreten, dass das Vorlesesystem " " ein Hilfsmittel im Sinne von § 33 Abs. l SGB V darstelle, welches es Sehbehinderten ermögliche, Texte selbständig zu erfassen und zu verstehen. Somit gleiche das von ihr hergestellte Vorlesesystem " " eine Behinderung aus und sei als Hilfsmittel in das Hilfsmittelverzeichnis aufzunehmen. Die beklagten Spitzenverbände der Krankenkassen haben demgegenüber die Auffassung vertreten, dass die Aufnahme des Vorlesesystems " " in das Hilfsmittelverzeichnis nicht möglich sei, da es sich dabei nicht um ein Hilfsmittel im Sinne von § 33 Abs. l SGB V handele. Außerdem sei die Klage schon unzulässig, da das Vorlesesystem am Markt nicht verfügbar sei. Zum 1. Juli 2008 ist die Führung des Hilfsmittelverzeichnisses im Wege der Funktionsnachfolge auf den Beklagten übergegangen. Dieser hat den Rechtsstreit fortgeführt.
Das SG hat die Klage sodann mit Urteil vom 16. Juli 2009 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch gegen die Beklagte auf die Aufnahme des Vorlesesystems " " als Hilfsmittel im Sinne von § 33 Abs. l SGB V in das Hilfsmittelverzeichnis, da es aus Bestandteilen bestehe, bei denen es sich um allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens handele, sodass auch das Vorlesesystem insgesamt als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens gemäß § 33 Abs. l Satz l SGB V und damit nicht als Hilfsmittel anzusehen sei. Zwar könnten auch Computer bzw. spezielle Umbauten oder Zubehörteile grundsätzlich unter den Hilfsmittelbegriff des § 33 Abs. l Satz l SGB V fallen, aber nur dann, wenn es sich um speziell für eine spezifische Behinderung ausgelegte oder umgebaute Geräte handele, die mit dem "normalen" Computer nichts mehr gemein hätten. Nach den von der Klägerin selbst vorgelegten Unterlagen handele es sich bei den Geräten, aus denen das Vorlesesystem " " bestehe, um handelsübliche Geräte, die auch von Gesunden eingesetzt würden. Es seien keine Unterlagen vorgelegt worden, die belegten, dass es sich um speziell für eine spezifische Erkrankung bzw. Behinderung ausgelegte oder umgebaute Geräte handele. Auch die zum Vorlesesystem " " gehörende Software stelle keine Software dar, welche speziell für die Nutzung von Behinderten entwickelt worden sei. Sowohl die Texterkennungs- als auch die Sprachausgabesoftware würden ebenso von Gesunden genutzt und stellten keine besondere Software für Behinderte dar. Texterkennungssoftware werde z.B. auch bei Gerichten genutzt. Für die Sprachausgabesoftware ergebe sich der Charakter als allgemeiner Gebrauchsgegenstand z.B. aus der Website der Firma , auf der Sprachausgabesoftware für eine Vielzahl von Anwendungen dargestellt werde, wobei die Nutzung dieser Sprachausgabesoftware nicht ausschließlich für Behinderte vorgesehen sei. Selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin unterstellen wollte, dass die zum Vorlesesystem gehörende Software speziell für Behinderte konfiguriert worden sei, wäre nur diese besonders konfigurierte Software nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, z.B. Urteil vom 22. Juli 2004 - Az.: B 3 KR 13/03 R, zitiert nach juris) als Hilfsmittel gemäß § 33 Abs. l SGB V anzusehen, aber nicht das Vorlesesystem " " insgesamt. Damit handele es sich bei dem Vorlesesystem " " nur um eine besondere Zusammenstellung von handelsüblichen Geräten und größtenteils handelsüblicher Software, die in dieser Form auch von Gesunden angeschafft und benutzt werden könne, und stelle damit insgesamt einen allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens dar, welcher nicht als Hilfsmittel im Sinne von § 33 Abs. l SGB V anzusehen sei. Auf die Frage, ob das Vorlesesystem " " überhaupt auf dem Markt verfügbar sei, komme es damit nicht mehr an.
Gegen das ihren Bevollmächtigten am 24. Juli 2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 17. August 2009 Berufung eingelegt. Zur Begründung vertritt sie die Ansicht, dass das streitgegenständliche Vorlesesystem kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens darstellt, da nur die Zusammenstellung der einzelnen Komponenten in der Summe das Vorlesesystem ergibt. Überdies sei auch die notwendige Systemtastatur kein solcher Gebrauchsgegenstand, da diese über eine eigens aufgebrachte Blindentastatur verfüge. Zudem sei das von ihr hergestellte und vertriebene Vorlesesystem " " bereits in das Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen worden. Das Vorlesesystem " " unterscheide sich davon nur durch die einfacheren und damit günstigeren Systemkomponenten. Die Bezeichnung " " habe die Vorläuferbezeichnungen " " und " " ohne technische Änderungen abgelöst. Die Klägerin hat u.a. eine CE-Konformitätserklärung vom 4. Februar 2007 und das Handbuch für das Vorlesesystem " " (Stand Dezember 2009) vorgelegt und Kopien von Lieferscheinen, ein Preisverhandlungsprotokoll mit der Thüringen, Herstel-lererklärungen für die indikations-/einsatzbezogenen Qualitätsanforderungen sowie für die Qualitätsanforderungen hinsichtlich des Wiedereinsatzes und ein Typenschildbeispiel übersandt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 16. Juli 2009 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 18. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Februar 2005 zu verpflichten, das von ihr produzierte Vorlesesystem " " in das Hilfsmittelverzeichnis, Produktgruppe "Blindenhilfsmittel", aufzunehmen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass es ungeachtet der Frage, inwieweit es sich bei den einzelnen Bestandteilen des streitgegenständlichen Vorlesesystems " " um allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens handele, an dem Nachweis fehlt, dass die Klägerin das "Produkt überhaupt (noch) herstellt und dass die Anforderungen des § 139 Abs. 4 SGB V erfüllt" seien. Im Gegensatz dazu werde das Produkt " " tatsächlich hergestellt und vertrieben. Die Klägerin habe keine Belege für die tatsächliche Herstellung und den Vertrieb erbracht. So sei das streitgegenständliche Produkt nicht in der im Internet ersichtlichen Produktpalette der Klägerin enthalten. Zudem fehle es an der Vorlage von Unterlagen zum Nachweis der Funktionstauglichkeit, etwa in Form von Stellungnahmen von Blindeneinrichtungen. Außerdem sei ihm, dem Beklagten, zur Prüfung der Funktionstauglichkeit ein Produktmuster zur Verfügung zu stellen. Dies sei bislang nicht geschehen. Dass ein ergänzender Nachweis der Funktionstauglichkeit jedenfalls bei "Nicht-Medizinprodukten" zu den Voraussetzungen für die begehrte Aufnahme des Produkts in das Hilfsmittelverzeichnis gehöre, ergebe sich unmittelbar aus § 139 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 SGB V.
Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 11. Dezember 2013 (Klägerin) sowie 9. Januar 2014 (Beklagter) ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakten, die Gegenstand der geheimen Beratung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch Urteil entscheidet, ist nicht begründet, denn ihre Klage ist unbegründet. Sie hat (derzeit) keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Aufnahme des streitgegenständlichen Vorlesesystem in das Hilfsmittelverzeichnis.
Rechtsgrundlage des Anspruchs auf Aufnahme von Hilfsmitteln in das Hilfsmittelverzeichnis war bis zum 31. März 2007 § 128 Satz 2 SGB V und ist seit dem 1. April 2007 die in der Sache im Wesentlichen inhaltsgleiche Bestimmung des § 139 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 4 SGB V. Danach erstellt der beklagte Spitzenverband Bund der Krankenkassen ("GKV-Spitzenverband") ein systematisch strukturiertes Hilfsmittelverzeichnis, in dem "von der Leistungspflicht umfasste Hilfsmittel aufzuführen" sind (§ 139 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Gestützt hierauf hatte der Hersteller eines Hilfsmittels nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteil vom 15. März 2012 - Az.: B 3 KR 6/11 R, zitiert nach juris) allerdings schon zur alten Rechtslage Anspruch auf dessen Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis, soweit es den gesetzlichen Anforderungen entsprach. Das ist nunmehr in § 139 SGB V auch ausdrücklich festgeschrieben. Danach "ist" ein Hilfsmittel in das Hilfsmittelverzeichnis aufzunehmen, "wenn der Hersteller die Funktionstauglichkeit und Sicherheit, die Erfüllung der Qualitätsanforderungen nach Absatz 2 und, soweit erforderlich, den medizinischen Nutzen nachgewiesen hat und es mit den für eine ordnungsgemäße und sichere Handhabung erforderlichen Informationen in deutscher Sprache versehen ist" (§ 139 Abs. 4 SGB V). An diesen Anspruchsvoraussetzungen fehlt es hier.
Zwar fehlt dem streitgegenständlichen Vorlesesystem " " nicht bereits, wie vom Beklagten bezweifelt, die Hilfsmitteleigenschaft nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V, weil es nur als Ge-brauchsgegenstand des täglichen Lebens anzusehen wäre. Hierfür kommt es nach der Recht-sprechung des BSG (z.B. Urteil vom 24. Januar 2013 - Az.: B 3 KR 22/11 R, zitiert nach juris) ausschließlich darauf an, ob der Gegenstand bereits seiner Konzeption nach den Zwecken des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V dienen soll oder - falls dies nicht so ist - den Bedürfnissen erkrankter oder behinderter Menschen jedenfalls besonders entgegenkommt und von körperlich nicht beeinträchtigten Menschen praktisch nicht genutzt wird. Das Vorlesesystem " " wird aber nach Überzeugung des Senats ganz offenkundig von körperlich nicht beeinträchtigten Menschen praktisch nicht genutzt. Gegenteiliges hat auch der Beklagte nicht dargelegt.
Ob der Aufnahme des streitgegenständlichen Vorlesesystems " " die vom Beklagten darüber hinaus geäußerten Zweifel an der tatsächlichen Herstellung und am Vertrieb des Produkts entgegenstehen, kann der Senat dahinstehen lassen, denn die Klägerin hat jedenfalls den Nachweis der Funktionstauglichkeit (zumindest derzeit) nicht erbracht. Entsprechende Unter-lagen, z.B. wie die vom Beklagten vorgeschlagenen Stellungnahmen von Blindeneinrichtungen, hat die Klägerin dem Beklagten ebenso wenig zur Prüfung übersandt, wie ihm ein Produktmusters zur Verfügung gestellt. Entsprechenden Anforderungen hat die Klägerin vielmehr mit dem Hinweis entgegnet, dass ihr Vorlesesystem " " inzwischen in das Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen wurde. Dies ersetzt jedoch nach Überzeugung des Senats nicht den Nachweis der Funktionstauglichkeit des im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Vorlesesystems " ", denn nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 15. März 2012 a.a.O.) können die erforderlichen Feststellungen nur produktbezogen getroffen werden. Nach eigener Einlassung der Klägerin besteht das streitgegenständliche Vorlesesystem aber aus "einfacheren" Komponenten, so dass allein von der Funktionstauglichkeit des Vorlesesystem " " nicht auf die des streitgegenständlichen Vorlesesystems " " geschlossen werden kann. Insbesondere die Zurverfügungstellung eines Produktmusters wäre aber nach Auffassung des Senats erforderlich, damit der Beklagte die Funktionstauglichkeit überprüfen kann.
Nach alledem hat die Klägerin damit (noch) nicht alle Aufnahmevoraussetzungen erfüllt, so dass es der Beklagte zu Recht abgelehnt hat, das Vorlesesystem " " derzeit in das Hilfsmit-telverzeichnis aufzunehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 der Verwaltungsge-richtsordnung (VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs.2 Nr.1, 2 SGG).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Aufnahme des Vorlesesystems " " als Hilfsmittel unter der Produktgruppe 07 "Blindenhilfsmittel" in das Hilfsmittelverzeichnis.
Die Klägerin produziert und vertreibt das Vorlesesystem " ", bei dem es sich um ein System handelt, das Sehbehinderten ermöglichen soll, Texte zu erfassen. Es besteht laut der Darstellung der Klägerin aus einem Computer, einem Flachbettscanner, einer nummerischen Tastatur und Lautsprechern sowie dem Betriebssystem, einer Texterkennungssoftware und einer Sprachausgabesoftware. Der Sehbehinderte legt dabei einen Text auf den Flachbettscanner, der Text wird eingescannt, mittels einer Texterkennungssoftware erkannt und dann durch die Sprachausgabesoftware als gesprochener Text über die Lautsprecher ausgegeben.
Den Antrag der Klägerin auf Aufnahme des Vorlesesystems " " in das Hilfsmittelverzeichnis lehnten die Spitzenverbände der Krankenkassen als Funktionsvorgänger des Beklagten mit Bescheid vom 18. März 2004 ab, da es sich nicht um ein Hilfsmittel im Sinne von § 33 Abs. l des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) handele und daher eine Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis nicht erfolgen könne. Den hiergegen am 2. April 2004 eingelegten Widerspruch wiesen die Spitzenverbände der Krankenkassen mit Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 2005 zurück.
Die Klägerin hat am 2. März 2005 beim Sozialgericht Köln Klage erhoben (Az.: S 19 KR 35/05). Dieses hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 12. April 2005 an das Sozialgericht Altenburg (SG) verwiesen. Die Klägerin hat zur Begründung ihrer Klage die Ansicht vertreten, dass das Vorlesesystem " " ein Hilfsmittel im Sinne von § 33 Abs. l SGB V darstelle, welches es Sehbehinderten ermögliche, Texte selbständig zu erfassen und zu verstehen. Somit gleiche das von ihr hergestellte Vorlesesystem " " eine Behinderung aus und sei als Hilfsmittel in das Hilfsmittelverzeichnis aufzunehmen. Die beklagten Spitzenverbände der Krankenkassen haben demgegenüber die Auffassung vertreten, dass die Aufnahme des Vorlesesystems " " in das Hilfsmittelverzeichnis nicht möglich sei, da es sich dabei nicht um ein Hilfsmittel im Sinne von § 33 Abs. l SGB V handele. Außerdem sei die Klage schon unzulässig, da das Vorlesesystem am Markt nicht verfügbar sei. Zum 1. Juli 2008 ist die Führung des Hilfsmittelverzeichnisses im Wege der Funktionsnachfolge auf den Beklagten übergegangen. Dieser hat den Rechtsstreit fortgeführt.
Das SG hat die Klage sodann mit Urteil vom 16. Juli 2009 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch gegen die Beklagte auf die Aufnahme des Vorlesesystems " " als Hilfsmittel im Sinne von § 33 Abs. l SGB V in das Hilfsmittelverzeichnis, da es aus Bestandteilen bestehe, bei denen es sich um allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens handele, sodass auch das Vorlesesystem insgesamt als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens gemäß § 33 Abs. l Satz l SGB V und damit nicht als Hilfsmittel anzusehen sei. Zwar könnten auch Computer bzw. spezielle Umbauten oder Zubehörteile grundsätzlich unter den Hilfsmittelbegriff des § 33 Abs. l Satz l SGB V fallen, aber nur dann, wenn es sich um speziell für eine spezifische Behinderung ausgelegte oder umgebaute Geräte handele, die mit dem "normalen" Computer nichts mehr gemein hätten. Nach den von der Klägerin selbst vorgelegten Unterlagen handele es sich bei den Geräten, aus denen das Vorlesesystem " " bestehe, um handelsübliche Geräte, die auch von Gesunden eingesetzt würden. Es seien keine Unterlagen vorgelegt worden, die belegten, dass es sich um speziell für eine spezifische Erkrankung bzw. Behinderung ausgelegte oder umgebaute Geräte handele. Auch die zum Vorlesesystem " " gehörende Software stelle keine Software dar, welche speziell für die Nutzung von Behinderten entwickelt worden sei. Sowohl die Texterkennungs- als auch die Sprachausgabesoftware würden ebenso von Gesunden genutzt und stellten keine besondere Software für Behinderte dar. Texterkennungssoftware werde z.B. auch bei Gerichten genutzt. Für die Sprachausgabesoftware ergebe sich der Charakter als allgemeiner Gebrauchsgegenstand z.B. aus der Website der Firma , auf der Sprachausgabesoftware für eine Vielzahl von Anwendungen dargestellt werde, wobei die Nutzung dieser Sprachausgabesoftware nicht ausschließlich für Behinderte vorgesehen sei. Selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin unterstellen wollte, dass die zum Vorlesesystem gehörende Software speziell für Behinderte konfiguriert worden sei, wäre nur diese besonders konfigurierte Software nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, z.B. Urteil vom 22. Juli 2004 - Az.: B 3 KR 13/03 R, zitiert nach juris) als Hilfsmittel gemäß § 33 Abs. l SGB V anzusehen, aber nicht das Vorlesesystem " " insgesamt. Damit handele es sich bei dem Vorlesesystem " " nur um eine besondere Zusammenstellung von handelsüblichen Geräten und größtenteils handelsüblicher Software, die in dieser Form auch von Gesunden angeschafft und benutzt werden könne, und stelle damit insgesamt einen allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens dar, welcher nicht als Hilfsmittel im Sinne von § 33 Abs. l SGB V anzusehen sei. Auf die Frage, ob das Vorlesesystem " " überhaupt auf dem Markt verfügbar sei, komme es damit nicht mehr an.
Gegen das ihren Bevollmächtigten am 24. Juli 2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 17. August 2009 Berufung eingelegt. Zur Begründung vertritt sie die Ansicht, dass das streitgegenständliche Vorlesesystem kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens darstellt, da nur die Zusammenstellung der einzelnen Komponenten in der Summe das Vorlesesystem ergibt. Überdies sei auch die notwendige Systemtastatur kein solcher Gebrauchsgegenstand, da diese über eine eigens aufgebrachte Blindentastatur verfüge. Zudem sei das von ihr hergestellte und vertriebene Vorlesesystem " " bereits in das Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen worden. Das Vorlesesystem " " unterscheide sich davon nur durch die einfacheren und damit günstigeren Systemkomponenten. Die Bezeichnung " " habe die Vorläuferbezeichnungen " " und " " ohne technische Änderungen abgelöst. Die Klägerin hat u.a. eine CE-Konformitätserklärung vom 4. Februar 2007 und das Handbuch für das Vorlesesystem " " (Stand Dezember 2009) vorgelegt und Kopien von Lieferscheinen, ein Preisverhandlungsprotokoll mit der Thüringen, Herstel-lererklärungen für die indikations-/einsatzbezogenen Qualitätsanforderungen sowie für die Qualitätsanforderungen hinsichtlich des Wiedereinsatzes und ein Typenschildbeispiel übersandt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 16. Juli 2009 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 18. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Februar 2005 zu verpflichten, das von ihr produzierte Vorlesesystem " " in das Hilfsmittelverzeichnis, Produktgruppe "Blindenhilfsmittel", aufzunehmen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass es ungeachtet der Frage, inwieweit es sich bei den einzelnen Bestandteilen des streitgegenständlichen Vorlesesystems " " um allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens handele, an dem Nachweis fehlt, dass die Klägerin das "Produkt überhaupt (noch) herstellt und dass die Anforderungen des § 139 Abs. 4 SGB V erfüllt" seien. Im Gegensatz dazu werde das Produkt " " tatsächlich hergestellt und vertrieben. Die Klägerin habe keine Belege für die tatsächliche Herstellung und den Vertrieb erbracht. So sei das streitgegenständliche Produkt nicht in der im Internet ersichtlichen Produktpalette der Klägerin enthalten. Zudem fehle es an der Vorlage von Unterlagen zum Nachweis der Funktionstauglichkeit, etwa in Form von Stellungnahmen von Blindeneinrichtungen. Außerdem sei ihm, dem Beklagten, zur Prüfung der Funktionstauglichkeit ein Produktmuster zur Verfügung zu stellen. Dies sei bislang nicht geschehen. Dass ein ergänzender Nachweis der Funktionstauglichkeit jedenfalls bei "Nicht-Medizinprodukten" zu den Voraussetzungen für die begehrte Aufnahme des Produkts in das Hilfsmittelverzeichnis gehöre, ergebe sich unmittelbar aus § 139 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 SGB V.
Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 11. Dezember 2013 (Klägerin) sowie 9. Januar 2014 (Beklagter) ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakten, die Gegenstand der geheimen Beratung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch Urteil entscheidet, ist nicht begründet, denn ihre Klage ist unbegründet. Sie hat (derzeit) keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Aufnahme des streitgegenständlichen Vorlesesystem in das Hilfsmittelverzeichnis.
Rechtsgrundlage des Anspruchs auf Aufnahme von Hilfsmitteln in das Hilfsmittelverzeichnis war bis zum 31. März 2007 § 128 Satz 2 SGB V und ist seit dem 1. April 2007 die in der Sache im Wesentlichen inhaltsgleiche Bestimmung des § 139 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 4 SGB V. Danach erstellt der beklagte Spitzenverband Bund der Krankenkassen ("GKV-Spitzenverband") ein systematisch strukturiertes Hilfsmittelverzeichnis, in dem "von der Leistungspflicht umfasste Hilfsmittel aufzuführen" sind (§ 139 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Gestützt hierauf hatte der Hersteller eines Hilfsmittels nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteil vom 15. März 2012 - Az.: B 3 KR 6/11 R, zitiert nach juris) allerdings schon zur alten Rechtslage Anspruch auf dessen Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis, soweit es den gesetzlichen Anforderungen entsprach. Das ist nunmehr in § 139 SGB V auch ausdrücklich festgeschrieben. Danach "ist" ein Hilfsmittel in das Hilfsmittelverzeichnis aufzunehmen, "wenn der Hersteller die Funktionstauglichkeit und Sicherheit, die Erfüllung der Qualitätsanforderungen nach Absatz 2 und, soweit erforderlich, den medizinischen Nutzen nachgewiesen hat und es mit den für eine ordnungsgemäße und sichere Handhabung erforderlichen Informationen in deutscher Sprache versehen ist" (§ 139 Abs. 4 SGB V). An diesen Anspruchsvoraussetzungen fehlt es hier.
Zwar fehlt dem streitgegenständlichen Vorlesesystem " " nicht bereits, wie vom Beklagten bezweifelt, die Hilfsmitteleigenschaft nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V, weil es nur als Ge-brauchsgegenstand des täglichen Lebens anzusehen wäre. Hierfür kommt es nach der Recht-sprechung des BSG (z.B. Urteil vom 24. Januar 2013 - Az.: B 3 KR 22/11 R, zitiert nach juris) ausschließlich darauf an, ob der Gegenstand bereits seiner Konzeption nach den Zwecken des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V dienen soll oder - falls dies nicht so ist - den Bedürfnissen erkrankter oder behinderter Menschen jedenfalls besonders entgegenkommt und von körperlich nicht beeinträchtigten Menschen praktisch nicht genutzt wird. Das Vorlesesystem " " wird aber nach Überzeugung des Senats ganz offenkundig von körperlich nicht beeinträchtigten Menschen praktisch nicht genutzt. Gegenteiliges hat auch der Beklagte nicht dargelegt.
Ob der Aufnahme des streitgegenständlichen Vorlesesystems " " die vom Beklagten darüber hinaus geäußerten Zweifel an der tatsächlichen Herstellung und am Vertrieb des Produkts entgegenstehen, kann der Senat dahinstehen lassen, denn die Klägerin hat jedenfalls den Nachweis der Funktionstauglichkeit (zumindest derzeit) nicht erbracht. Entsprechende Unter-lagen, z.B. wie die vom Beklagten vorgeschlagenen Stellungnahmen von Blindeneinrichtungen, hat die Klägerin dem Beklagten ebenso wenig zur Prüfung übersandt, wie ihm ein Produktmusters zur Verfügung gestellt. Entsprechenden Anforderungen hat die Klägerin vielmehr mit dem Hinweis entgegnet, dass ihr Vorlesesystem " " inzwischen in das Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen wurde. Dies ersetzt jedoch nach Überzeugung des Senats nicht den Nachweis der Funktionstauglichkeit des im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Vorlesesystems " ", denn nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 15. März 2012 a.a.O.) können die erforderlichen Feststellungen nur produktbezogen getroffen werden. Nach eigener Einlassung der Klägerin besteht das streitgegenständliche Vorlesesystem aber aus "einfacheren" Komponenten, so dass allein von der Funktionstauglichkeit des Vorlesesystem " " nicht auf die des streitgegenständlichen Vorlesesystems " " geschlossen werden kann. Insbesondere die Zurverfügungstellung eines Produktmusters wäre aber nach Auffassung des Senats erforderlich, damit der Beklagte die Funktionstauglichkeit überprüfen kann.
Nach alledem hat die Klägerin damit (noch) nicht alle Aufnahmevoraussetzungen erfüllt, so dass es der Beklagte zu Recht abgelehnt hat, das Vorlesesystem " " derzeit in das Hilfsmit-telverzeichnis aufzunehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 der Verwaltungsge-richtsordnung (VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs.2 Nr.1, 2 SGG).
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