L 5 RS 245/14

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 19 RS 746/13
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RS 245/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz - betriebliche Voraussetzung - Kreisbaubetrieb - VEB (K) Zschopau
Bei dem VEB (K) Bau Zschopau handelte es sich weder um einen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie und des Bauwesens noch um einen gleichgestellten Betrieb. Sein Hauptzweck bestand weder in der industriellen Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern noch in der
Massenproduktion von Bauwerken. Er war mit der Projektierung und Errichtung von Gebäuden unterschiedlicher Art befasst, darunter Wohnprojekte unterschiedlicher Größe, Schulen, Sporthallen, Kindergärten, Kindergrippen, Pflegeheime, Heizhäuser, Maßnahmen der Gesundheitspflege, Heizwerke etc
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 18. Februar 2014 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten im Wege des Überprüfungsverfahrens darüber, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG verpflichtet ist, für den Kläger den Zeitraum 1. Juli 1974 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem anzuerkennen und entsprechende Arbeitsentgelte festzustellen.

Der 1947 geborene Kläger war am 30. Juni 1990 als Leiter Projektierung im VEB (K) Bau Z beschäftigt. Eine Versorgungszusage, Einzelfall- oder Rehabilitationsentscheidung wurde ihm nicht erteilt.

Seinen Antrag vom 3. Juni 2006 auf Anerkennung des Zeitraums 1. Juli 1974 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG und Feststellung entsprechender Arbeitsentgelte lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 4. Dezember 2006 mit der Begründung ab, sein Beschäftigungsbetrieb am 30. Juni 1990 sei kein volkseigener oder diesem gleichgestellter Produktionsbetrieb gewesen. Am 24. September 2012 wandte sich der Kläger an die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland und gab an, gegen den Bescheid am 14. Januar 2007 Widerspruch eingelegt, jedoch keinen Widerspruchsbescheid erhalten zu haben. Kopien von Antrag, Bescheid und Widerspruch leitete die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland an die Beklagte weiter, wo sie am 28. September 2012 eingingen. Diese wertete den (ihrer Auffassung nach verfristeten) Widerspruch als Überprüfungsantrag nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), den sie mit Bescheid vom 4. Oktober 2012 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 8. Mai 2013 ablehnte. Der Bescheid vom 4. Dezember 2006 sei rechtmäßig, weil der Kläger am Stichtag des 30. Juni 1990 keine Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb (Industrie oder Bau) im Sinne der Versorgungsordnung ausgeübt habe. Der VEB (K) Bau Z (nachfolgend: VEB) sei weder ein volkseigener Produktionsbetrieb im Sinne der Versorgungsordnung noch ein im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung vom 24. Mai 1951 (2. DB) einem volkseigenen Produktionsbetrieb gleichgestellter Betrieb gewesen. Dem Betrieb, der der Wirtschaftsgruppe 20270 (Betriebe für Rekonstruktionsbaumaßnahmen und Modernisierung, Baureparaturbetriebe) zugeordnet gewesen sei, habe weder die industrielle Fertigung von Sachgütern das Gepräge gegeben noch sei sein Hauptzweck die Massenproduktion von Bauwerken gewesen.

Mit der am 17. Mai 2013 vor dem Sozialgericht Chemnitz erhobenen Klage verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Bei dem VEB habe es sich um einen kreisgeführten, staatlich gelenkten und geleiteten Produktionsbetrieb des Bauwesens gehandelt. Das Sozialgericht hat vom Sächsischen Staatsarchiv die Abschrift des Beschlusses zur Gründung des VEB vom 26. Oktober 1961, ein Schreiben vom 5. Januar 1962 zur Eintragung des VEB in das Handelsregister und einen Auszug aus dem Register der volkseigenen Wirtschaft (Registernummer HRC 448), wonach der VEB gemäß Treuhandgesetz in die Baubetrieb Z GmbH umgewandelt wurde, sowie vom Bundesarchiv ein Musterstatut für Kreisbaubetriebe mit Strukturangaben (Entwurf des Ministeriums für Bauwesen vom 17. August 1983) beigezogen. Mit Gerichtsbescheid vom 18. Februar 2014 hat es die Klage abgewiesen. Bei dem VEB habe es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb oder gleichgestellten Betrieb gehandelt. Der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass es sich um einen Betrieb gehandelt habe, dessen Aufgabe es war, durch Anwendung komplexer Fließ- und Schnellbaufließfertigung den Bau kompletter Produktionsanlagen einschließlich der dazugehörigen Wohnkomplexe und Nebenanlagen durchzuführen. Dies ergebe sich nicht aus dem Schreiben vom 5. Januar 1962 und auch aus dem Entwurf des Ministeriums für Bauwesen vom 17. August 1983 sei ersichtlich, dass Aufgabe eines kreisgeführten Produktionsbetriebes des Bauwesens nicht die Fertigung von Industrie- und Wohnanlagen im Wege der Schnellbaufließfertigung gewesen sei.

Gegen den am 27. Februar 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 13. März 2014 Berufung eingelegt. Der VEB sei ausschließlich auf die Massenherstellung von Bauwerken in Bau- und Montagekombinaten unter Anwendung komplexer Fließfertigung und Schnellbaufließfertigung ausgerichtet gewesen. Im Betrieb seien ca. 500 Personen organisiert gewesen, die produziert hätten. Insbesondere sei der traditionelle Wohnungsbau betrieben worden. Es seien in Form der Massenherstellung und am Fließband Wohnungen gebaut und produziert worden, wobei das Tätigkeitsfeld (alles) von der Kranreparatur bis zur industriellen Produktion umfasst habe. Der VEB habe über eine eigene Werkstatt und eine eigene Stuckabteilung verfügt, darüber hinaus sei für den Wohnungsbau Parkett produziert worden. Dass es sich um einen Produktionsbetrieb des Bauwesens mit Massenherstellung von Bauwerken gehandelt habe, könne der ehemalige Leiter der Projektierung und Justiziar L H bezeugen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 18. Februar 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 4. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 2013 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 4. Dezember 2006 zu verpflichten, die Beschäftigungszeit des Klägers vom 1. Juli 1974 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG anzuerkennen und die in dem Zeitraum erzielten Entgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Das Gericht hat einen Registerauszug (Registernummer HR B 11685) zur Baubetrieb Z GmbH (Bl. 89 f. Gerichtsakte), die Umwandlungsvollzugserklärung des VEB in die Baugesellschaft Z GmbH vom 2. Oktober 1990 und weitere Unterlagen zur Umwandlung (Bl. 59 ff. Gerichtsakte) sowie aus dem Verfahren L 5 RS 198/12 schriftliche Angaben des Oberbürgermeisters der Großen Kreisstadt Z , Herrn K B (Bl. 77f. Gerichtsakte), und die Angaben des dortigen Klägers (Bl. 79 ff. Gerichtsakte) zur Tätigkeit des VEB zur Akte genommen. Weiter hat es den Zeugen H schriftlich zur Tätigkeit des VEB im Zeitraum seiner Betriebszugehörigkeit befragt (Bl. 67 ff. Gerichtsakte). Die Fa. RHENUS Logistics hat auf gerichtliche Anfrage u.a. Registerauszüge und den Gesellschaftsvertrag der Baugesellschaft Z GmbH übersandt. Die Iron Mountain Service GmbH hat mitgeteilt, dass keine Unterlagen zum VEB vorliegen. Das Kreisarchiv des Landratsamtes Erzgebirgskreis hat mitgeteilt, dass die Unterlagen noch nicht vollständig aufgearbeitet seien und eine so umfangreiche Recherche daher nicht durchgeführt werden könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die dem Gericht vorliegende Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakte beider Instanzen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht Chemnitz hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 18. Februar 2014 zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 4. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Abänderung des Bescheides vom 4. Dezember 2006 dahin, für ihn Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG sowie die während dieser Zeit erzielten Entgelte festzustellen.

Die Beklagte hat den Überprüfungsantrag des Klägers nach § 44 SGB X zu Recht abgelehnt, weil dessen Voraussetzungen nicht vorliegen. Nach § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Der Ablehnungsbescheid vom 4. Dezember 2006 ist jedoch zu Recht ergangen, weil dem Kläger kein Anspruch auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG zusteht. Denn der Anwendungsbereich von § 1 Abs. 1 AAÜG ist nicht eröffnet.

1. In dem Verfahren nach § 8 AAÜG, das einem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) ähnlich und außerhalb des Rentenverfahrens durchzuführen ist (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 18. Juli 1996 - 4 RA 7/95 - SozR 3-8570 § 8 Nr. 2), ist die Beklagte nur dann zu den vom Kläger begehrten Feststellungen verpflichtet, wenn er dem persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG nach § 1 Abs. 1 AAÜG unterfällt. Erst wenn dies zu bejahen ist, ist in einem weiteren Schritt festzustellen, ob er Beschäftigungszeiten zurückgelegt hat, die einem Zusatzversorgungssystem, hier der Zusatzversorgung der technischen Intelligenz, zuzuordnen sind (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 12/04 R, Juris Rn. 19).

Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften (= Versorgungsberechtigungen), die auf Grund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaft bei Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind nicht erfüllt. Der Kläger hatte am 30. Juni 1990 weder auf Grund eines Verwaltungsaktes noch auf Grund eines Gesetzes eine Versorgungsanwartschaft aus der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem. Ein Verwaltungsakt, der dies zu Gunsten des Klägers festgestellt und ihn dadurch der Geltung des AAÜG unterstellt hätte, liegt nicht vor. Der Kläger war bei In-Kraft-Treten des AAÜG am 1. August 1991 nicht Inhaber einer erworbenen Versorgungsberechtigung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Er war zu diesem Zeitpunkt auch nicht Inhaber einer bestehenden Versorgungsanwartschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Dies hätte vorausgesetzt, dass er in das Versorgungssystem einbezogen gewesen wäre. Eine solche Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz konnte durch eine Versorgungszusage in Form eines nach Art. 19 Satz 1 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland (BRD) und der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) über die Herstellung der Einheit Deutschlands - Einigungsvertrag - vom 31. August 1990 (BGBl. II S. 889, ber. S. 1239) bindend gebliebenen Verwaltungsaktes, durch eine Rehabilitierungsentscheidung auf der Grundlage von Art. 17 des Einigungsvertrages oder durch eine Einzelentscheidung, zum Beispiel auf Grund eines Einzelvertrages (vgl. § 1 Abs. 3 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben [im Folgenden: 2. DB] vom 24. Mai 1951 [GBl. I Nr. 62 S. 487]), erfolgen. Keine dieser Voraussetzungen ist vorliegend erfüllt, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Auch der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG ist nicht erfüllt. Der Kläger war zu keinem Zeitpunkt vor dem 30. Juni 1990 in ein Versorgungssystem einbezogen und vor Eintritt des Leistungsfalls ausgeschieden (Fall einer gesetzlich fingierten Versorgungsanwartschaft).

Schließlich war er am 1. August 1991 auch nicht Inhaber einer fingierten Versorgungsanwartschaft im Sinne der vom Bundessozialgericht vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG (st. Rspr., vgl. Urteile vom 9. April 2002 - B 4 RA 31/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2 S. 14, - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 6 S. 40 und B 4 RA 3/02 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 7 S. 60; Urteile vom 10. April 2002 - B 4 RA 34/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 3 S. 20, - B 4 RA 10/02 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 5 S. 33 sowie B 4 RA 18/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 8 S. 74). Danach ist bei Personen, die am 30. Juni 1990 in ein Versorgungssystem nicht einbezogen waren und die nachfolgend auch nicht auf Grund originären Bundesrechts einbezogen wurden, zu prüfen, ob sie aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts nach den am 30. Juni 1990 gegebenen Umständen an diesem Tag einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten. Ein solcher fiktiver Anspruch hängt im Bereich der Zusatzversorgung der technischen Intelligenz gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (nachfolgend: VO-AVItech) vom 17. August 1950 (GBl. I Nr. 93 S. 844) und der Zweiten Durchführungsbestimmung (2. DB) vom 24. Mai 1951 (GBl. I Nr. 62 S. 487) von drei Voraussetzungen ab, nämlich von

1. der Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung),

2. der Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung), und zwar

3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens im Sinne von § 1 Abs. 1 der 2. DB oder in einem durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).

Alle drei Voraussetzungen müssen nach o.a. Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kumulativ am 30. Juni 1990 vorgelegen haben. Maßgeblich ist hierbei das Sprachverständnis der DDR am 2. Oktober 1990 (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 31/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2, S. 13).

2. Vorliegend fehlt es an der betrieblichen Voraussetzung zum maßgeblichen Stichtag des 30. Juni 1990. Denn der Beschäftigungsbetrieb des Klägers und damit der allein maßgebliche Arbeitgeber im rechtlichen Sinne (st. Rspr., vgl. BSG, Urteile vom 18. Dezember 2003 – B 4 RA 20/03 R – juris Rn. 36 und vom 6. Mai 2004 – B 4 RA 49/03 R – juris Rn. 21) – hier der VEB (K) Bau Z – war weder ein volkseigener Betrieb der Industrie oder des Bauwesens noch ein nach § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellter Betrieb.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist unter "volkseigener Produktionsbetrieb" nur ein VEB im Bereich der Industrie und des Bauwesens zu verstehen (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/04 R - juris). Danach ist der versorgungsrechtlich maßgebliche Betriebstyp durch die drei Merkmale "Betrieb", "volkseigenen" und "Produktion (Industrie, Bauwesen)" gekennzeichnet. Er umfasst nach dem letzten maßgeblichen Sprachgebrauch der DDR nur volkseigene Produktionsbetriebe der Industrie und des Bauwesens, war also nicht nur auf den Ausschluss privater Betriebe gerichtet (BSG, Urteil vom 9. April 2002, a.a.O.). Zwar sprechen die Überschrift der VO-AVItech, ihr Vorspann (Präambel), ihr § 1 und ebenso § 1 Abs. 2 der 2. DB nur vom "volkseigenen Betrieb". Nach diesem Teil des Wortlautes wären alle Betriebe, die auf der Basis von Volkseigentum arbeiten, erfasst worden. Der in § 1 Abs. 2 der 2. DB verwendete Ausdruck "Produktionsbetrieb" macht jedoch deutlich, dass die VO-AVItech nicht in jedem VEB galt. Weil dort Betriebe und Einrichtungen aufgelistet wurden, die einem Produktionsbetrieb gleichgestellt wurden, wird klar, dass die VO-AVItech und auch § 1 Abs. 1 der 2. DB nur (volkseigene) Produktionsbetriebe erfassten. Dies wird durch § 1 der 1. DB vom 26. September 1950 (GBl. DDR Nr. 111 Seite 1043) bestätigt, nach dem nur bestimmte Berufsgruppen der technischen Intelligenz, die gerade in einem Produktionsbetrieb verantwortlich tätig waren, generell in den Kreis der Versorgungsberechtigten einbezogen werden sollten (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - juris). Das Merkmal "Produktionsbetrieb" erfordert, dass der Betrieb organisatorisch dem industriellen Produktionssektor der DDR-Planwirtschaft zugeordnet war und sein Hauptzweck auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern ausgerichtet war (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - juris). Im Hinblick auf die in der Präambel zur VO- AVItech zum Ausdruck kommende Zielsetzung des Versorgungssystems war allein die Beschäftigung in einem Betrieb, der die Massenproduktion von Gütern zum Gegenstand hatte, von Bedeutung für die Einbeziehung in die Versorgung. Dem lag das sogenannte "fordistische Produktionsmodell" zugrunde, das auf stark standardisierte Massenproduktion und Konstruktion von Gütern mit Hilfe spezialisierter, monofunktionaler Maschinen beruhte. Der Massenausstoß standardisierter Produkte sollte hohe Produktionsgewinne nach den Bedingungen der Planwirtschaft ermöglichen (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - juris).

Ein volkseigener Produktionsbetrieb des Bauwesens musste nicht nur organisatorisch dem Wirtschaftsbereich des Bauwesens zugeordnet gewesen sein, sondern darüber hinaus musste ihm die Bauproduktion, d.h. die unmittelbare Ausführung von Bautätigkeiten das Gepräge gegeben haben (BSG, Urteil vom 8. Juni 2004 – B 4 RA 57/03 R – SozR 4-8570 § 1 AAÜG Nr. 6 S. 40). Auch hierbei muss es sich um Massenproduktion im Sinne eines (massenhaften) Ausstoßes standardisierter Produkte, die hohe Produktionsgewinne nach den Bedingungen der sozialistischen Planwirtschaft ermöglichen sollten, gehandelt haben (BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 41/01 R – SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 6 S. 35, 46). Denn nach der AVItech sollte nur die technische Intelligenz in solchen Betrieben privilegiert werden, die durch wissenschaftliche Forschungsarbeit und die Erfüllung technischer Aufgaben in den produzierenden Betrieben einen "schnelleren, planmäßigen Aufbau" der DDR ermöglichen sollten (vgl. Präambel zur VO-AVItech). Im Hinblick hierauf war auch im Bereich der Bauproduktion allein die Beschäftigung in einem Betrieb, der die Massenproduktion im Bereich des Bauwesens zum Gegenstand hatte, von besonderer Bedeutung (BSG, Urteil vom 8. Juni 2004 – B 4 RA 57/03 R –, SozR 4-8570 § 1 Nr. 3 – juris Rn. 23). Dass nur eine Massenproduktion im Bereich des Bauwesens und nicht das Erbringen von Bauleistungen jeglicher Art in der DDR von maßgeblicher Bedeutung war, spiegelt sich auch in dem Beschluss über die Anwendung der Grundsätze des neuen ökonomischen Systems der Planung und Leitung der Volkswirtschaft im Bauwesen vom 14. Juni 1963 (GBl. DDR II Nr. 63 S. 437) wider. Dort wurde auf die besondere Bedeutung des Bauwesens nach dem Produktionsprinzip u. a. unter der Zuständigkeit des Ministeriums für Bauwesen hingewiesen. Mit der Konzentration der Baukapazitäten in großen Bau- und Montagekombinaten sollte ein neuer selbstständiger Zweig der Volkswirtschaft geschaffen werden, der die Organisation und Durchführung der kompletten Serienfertigung von gleichartigen Bauwerken zum Gegenstand hatte. Die Bau- und Montagekombinate sollten danach u. a. den Bau komplexer Produktionsanlagen einschließlich der dazugehörigen Wohnkomplexe und Nebenanlagen durchführen und jeweils die betriebsfertigen Anlagen und schlüsselfertigen Bauwerke bei Anwendung der komplexen Fließfertigung und des kombinierten und kompakten Bauens übergeben. Von wesentlicher Bedeutung war somit das (Massen-)"Produktionsprinzip" in der Bauwirtschaft (BSG, Urteil vom 23. August 2007 – B 4 RS 3/06 R). Demgemäß wurde in dem oben genannten Beschluss u. a. unterschieden zwischen der von den Bau- und Montagekombinaten durchzuführenden Erstellung von Bauwerken in Massenproduktion einerseits und in Baureparaturbetrieben andererseits, die im Wesentlichen zuständig waren für die Erhaltung der Bausubstanz, die Durchführung von Um- und Ausbauten sowie von kleineren Neubauten (BSG, Urteil vom 8. Juni 2004 - B 4 RA 57/03 R – juris Rn. 24). Aus dieser Unterscheidung wird deutlich, dass die massenhafte Herstellung kompletter Produktionsanlagen bzw. Wohnungskomplexe das entscheidende Kriterium war.

b) Ausgehend von diesen Maßstäben war der VEB, der ausweislich dem Auszug aus dem Register der volkseigenen Wirtschaft als Kreisbaubetrieb dem Rat des Kreises Z – Kreisbaumt – unterstellt war, kein Produktionsbetrieb in diesem Sinne. Denn sein Hauptzweck bestand weder in der industriellen Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern noch in der Massenproduktion von Bauwerken.

Zwar hat der VEB nach Angaben des Klägers im (Parallel-)Verfahren L 5 RS 198/12, der ausweislich des Auszuges aus dem Register der volkseigenen Wirtschaft Stellvertreter des Betriebsdirektors war (Bl. 58 Gerichtsakte), zwischen 1964 und 1990 ca. 4.462 Wohneinheiten errichtet. Eine Massenproduktion im Sinne o.a. Rechtsprechung folgt hieraus dennoch nicht. Denn es kommt nicht auf das konkrete Erreichen einer bestimmten Anzahl von Gütern an, die der Betrieb produziert oder an einzelne Kunden abgeben hat (BSG, Urteile vom 9. Oktober 2012 - B 5 RS 5/12 R - juris Rn. 26 – und vom 9. Mai 2012 - B 5 RS 8/11 R – juris Rn. 23). Der versorgungsrechtliche Begriff der Massenproduktion im Sinne der AVItech ist vielmehr auf die standardisierte Herstellung einer unbestimmten Vielzahl von Sachgütern gerichtet. Er ist damit in quantitativer Hinsicht allein durch die potentielle Unbegrenztheit der betrieblichen Produktion gekennzeichnet. In ihrem wesentlichen qualitativen Aspekt unterscheidet sich die Massenproduktion von der auftragsbezogenen Einzelfertigung mit Bezug zu individuellen Kundenwünschen als ihrem Gegenstück dadurch, dass der Hauptzweck des Betriebs auf eine industrielle Fertigung standardisierter Produkte in einem standardisierten und automatisierten Verfahren gerichtet ist (vgl. BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 44/03 R - Juris Rn. 17). Es ist in erster Linie diese Produktionsweise, die den Begriff der Massenproduktion im vorliegenden Zusammenhang kennzeichnet, und die inhaltliche Gesamtbetrachtung des Betriebes, die ihn zu einem Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens macht. "Standardisiert und automatisiert" in diesem Sinne ist alles hergestellt, was mit einem vom Hersteller vorgegebenen Produkt nach Art, Aussehen und Bauweise identisch ist (BSG, Urteil vom 09. Oktober 2012 – B 5 RS 5/12 R –, juris Rn. 26).

Eine standardisierte und automatisierte Herstellung von Gebäuden in diesem Sinne war jedoch nicht Hauptzweck des VEB. Nach Angaben des Klägers im Verfahren L 5 RS 198/12 hat der VEB im Zeitraum 1964 bis 1989/90 seiner Erinnerung nach an ca. 20 verschiedenen Standorten an Wohnbauprojekte unterschiedlichster Größe – pro Projekt zwischen zwölf und 480 Wohneinheiten – gearbeitet, die jeweils über einen Zeitraum von mehreren Jahren, beispielsweise ein Teil des A -B -Wohngebietes über den Zeitraum von 1981 bis 1989/90, realisiert wurden. Im selben Zeitraum arbeitete der VEB an 480 Wohneinheiten in G (1975 bis 1989), an ca. 340 Wohneinheiten in E (1967 bis 1988), an 70 Wohneinheiten in G (1984 bis 1986), an ca. 40 Wohneinheiten in G (1988), an ca. 80 Wohneinheiten in der Z Str. in M (1986-1988), an ca. 240 Wohneinheiten in einem Neubaugebiet in M (1980-1982), an ca. 40 Wohneinheiten in K (1986-1988), an ca. 32 Wohneinheiten in W (1985-1987), an ca. 60 Wohneinheiten in S (1985-1986), an 80 Wohneinheiten in B (1986-1988), an 110 Wohneinheiten in T (ab 1982) sowie an 48 Wohneinheiten in K -M -S (ab 1981), vgl. Blatt 81 der Gerichtsakte. Bereits die unterschiedliche Zeitdauer, über die die einzelnen Projekte jeweils realisiert wurden, zeigt, dass es sich um individuelle Bauvorhaben, die an die jeweils individuellen Standortvorgaben angepasst werden mussten und wurden, gehandelt hat. Auch differierte ihre Größe – insgesamt zwischen zwölf und 1.640 Wohneinheiten pro Projekt – maßgeblich. Nichts anderes ergibt sich aus der überwiegend angewandten Großblock-Bauweise. Denn dies entsprach der damals üblichen Bauweise, weist aber nicht – für sich allein – auf eine Erstellung von Bauwerken in Massenproduktion hin. Zudem wurde nach Angaben des Zeugen B im Verfahren L 5 RS 198/12 (Bl. 77 f. Gerichtsakte) – neben Plattenbau- und Großblockbauweise – an Lehrobjekten auch monolithisch, teilweise im drei-Schicht-System, gearbeitet. Aber selbst wenn alle aufgeführten Wohneinheiten unter Verwendung standardisierter Bauteile derselben Art errichtet worden wären, folgte hieraus keine Massenproduktion. Dies würde voraussetzen, dass nicht einzelne Projekte an unterschiedlichen Standorten unter unterschiedlichen Bedingungen verwirklicht, sondern standardisierte und damit identische Bauwerke errichtet wurden. Dies war indes nicht der Fall. Der VEB war vielmehr mit verschiedenen – zum Teil auch größeren – Projekten befasst, die für den jeweiligen Standort projektiert und über mehrere Jahre verwirklicht wurden. Daneben hat er sowohl nach Angaben des Klägers im Verfahren L 5 RS 198/12 als auch nach Angaben des dortigen Zeugen B in nicht unwesentlichem Umfang infrastrukturelle Baumaßnahmen wie Schulen, Sporthallen, Kindergärten, Kindergrippen, Kinderkombinationen, Feierabend- und Pflegeheimkomplexe, Heizhäuser, Maßnahmen der Gesundheitspflege und des Handels, Kaufhallen, Wohngebietsbäckereien und Jugendclubs verwirklicht. So hat er beispielsweise nach Angaben des Klägers im Verfahren L 5 RS 198/12 für das in den Achtziger Jahren errichtete A -B -Wohngebiet eine Turnhalle, eine Kaufhalle, das dazugehörige Heizwerk sowie Dienstleistungsgebäude gebaut (Bl. 80 Gerichtsakte). Dies wird vollumfänglich durch den im hiesigen Verfahren schriftlich vernommenen Zeugen H , 1981 bis 1990 Leiter der Rechtsabteilung bzw. Justiziar des VEB, bestätigt, der im Schreiben vom 28. Januar 2015 angab, der VEB sei durch seine Struktur in der Lage gewesen, besondere Baustellen mit höchsten Ansprüchen zu bedienen, so u.a. das Grandhotel in B. Auch habe er schlüsselfertig in B Kindergrippen und Kindergärten sowie eine Ingenieurschule in Stahlbauweise als Muster für den Export, am S gebäude gebaut sowie Wohnungsbau in denkmalgeschütztem Gebiet betrieben. Die planerischen und technischen Voraussetzungen seien alle vom VEB selbst zu erbringen gewesen, was ein Alleinstellungsmerkmal und für DDR-Verhältnisse einmalig gewesen sei. Als "einige weitere Bauprojekte des VEB (K) Bau Z " des "industriellen Wohnungsbau(s)", einschließlich Erschließung, Anpassung, Montage und Ausbau, führt der Zeuge – neben vier Projekten des Wohnungsneubaus (232, 244, 96 bzw. 130 Wohneinheiten) in G , drei (zwei davon im Umfang von 420 bzw. 764 Wohneinheiten) in Z sowie Wohnungsneubau an Einzelstandorten in G (72 Wohneinheiten), W (96 Wohneinheiten), E , T (72 Wohneinheiten), D (144 Wohneinheiten), G (48 Wohneinheiten), (60 bzw. 72 Wohneinheiten) und B (48 Wohneinheiten) – eine Reihe von Bauobjekten des industriellen Gesellschaftsbaus in Block- und Plattenbauweise auf, darunter mehrere Kindergärten, Kinderwochen- und Tageskrippen, vier Polytechnische Oberschulen, davon eine mit Turnhalle, eine Wohngebietskaufhalle, zwei Jugendclubs, ein Ärztehaus, den Anbau einer Poliklinik, ein Alters- und Pflegeheim, eine Sternwarte und Planetarium, eine Lagerhalle und Produktionserweiterungen für den VEB G G , eine Produktionsstättenerweiterung für den VEB Feingerätebau F D , eine Mosterei und Lagerhalle für den VEB Früchteverwertung W sowie Bauten für Heizungssubstitutionen für zwei Volkseigene Betriebe, ein Behindertenheim und ein Stadtbad an. Bauobjekte der Wohngebäudesanierung seien die Stadtgebietssanierung Z , die komplexe Rekonstruktion G (Gesamtort), die Wohngebietssanierung T und verschiedene Wohngebäudesanierungen im Kreisgebiet Z gewesen (Bl. 67 ff. Gerichtsakte). Dies unterstreicht zum einen, dass der VEB an verschiedenen Standorten Wohnungsneubauten unterschiedlichster Größe über jeweils verschiedene Zeiträume hinweg – und damit nicht standardisiert – errichtet hat und bestätigt darüber hinaus, dass er daneben in erheblichem Umfang an individuellen Projekten, denen ganz unterschiedliche Voraussetzungen zugrunde lagen, gearbeitet hat. Beispielsweise die Errichtung des Grandhotels in B oder von Mustergebäuden für den Export, die Arbeit in denkmalgeschützten Gebieten oder die umfangreiche Errichtung verschiedenster Gesellschafts- und Industriebauten macht deutlich, dass gerade nicht die standardisierte Massenproduktion von Bauwerken Hauptzweck des Betriebes war. Wie der Zeuge H nachdrücklich versichert, erforderte diese Arbeit an speziellen - und damit unterschiedlichsten Anforderungen unterliegenden - Projekten höchste technische Ingenieurleistung und eine individuelle Aufstellung des VEB, die ein Alleinstellungsmerkmal war. Daneben war der VEB mit der Sanierung ganzer Stadtgebiete (Z und G ) befasst. Dem entsprechend verfügte er – wie der Kläger selbst angab – über eine eigene Stuckabteilung und Parkettherstellung.

Dass der VEB mit der Projektierung und Errichtung von Gebäuden unterschiedlicher Art befasst war, ergibt sich auch aus dem Gegenstand der Baubetrieb Z GmbH, die durch Umwandlung des VEB im Jahr 1990 entstanden ist. Gemäß § 2 des Gesellschaftsvertrages sowie laut Auszug aus dem Handelsregister bestand dieser in der "Erstellung von Gebäuden aller Art sowie die Bereich Hoch-, Tief- und Straßenbau und die schlüsselfertige Erstellung von Gebäuden aller Art, insbesondere deren Innenausbau sowie Planungen im Baubereich und damit verbundenen Dienstleistungen". Dieser Unternehmensgegenstand spricht gegen eine standardisierte Massenproduktion ein- und desselben Gebäudetyps des VEB im Zeitpunkt seiner Umwandlung.

Dass der Hauptzweck des VEB als Kreisbaubetrieb nicht in der standardisierten Massenproduktion von Bauwerken bestand, ergibt sich darüber hinaus aus der "Verfügung über Aufgaben sowie die Leitungs- und Organisationsstruktur volkseigener Kreisbaubetriebe" vom 29. Juni 1987 (Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums für Bauwesen 1987 Nr. 3 S. 32). Sie galt für die den örtlichen Räten unterstehenden volkseigenen Kreis- und Stadtbaubetriebe und somit auch für den hier in Rede stehenden VEB, der dem Kreisbauamt Z unterstand, und erklärte die "Rahmenrichtlinie über Aufgaben sowie die Leitungs- und Organisationsstruktur volkseigener Kreisbaubetriebe" (nachfolgend: Rahmenrichtlinie) mit Wirkung vom 1. Juli 1987 für verbindlich. Nach Abschnitt I Nr. 1 Satz 2 Rahmenrichtlinie sind Kreisbaubetriebe so auszugestalten, dass sie die Aufgaben als wissenschaftlich-technisches Zentrum des Bauwesens im Kreis voll erfüllen und mit ihren eigenen Kapazitäten Aufgaben des Hoch- und Tiefbaus für die Instandsetzung, Modernisierung, Rekonstruktion und des Ersatzneubaus der Bausubstanz effektiv durchführen können. Nach Abschnitt I Nr. 3 Satz 1 und 2 sind Kreisbaubetriebe Leitbetriebe der Erzeugnisgruppe Baureparaturen und Modernisierung der Wohn- und Gesellschaftsbauten sowie das wissenschaftlich-technische Zentrum des Bauwesens im Kreis und haben in diesen Funktionen vor allem die Schwerpunktaufgaben - Organisation der Gemeinschaftsarbeit zwischen den Baukapazitäten aller Eigentumsformen im Kreis, - Durchführung von Erfahrungsaustauschen und Leistungsvergleichen, - Beratung und Unterstützung der Baubetriebe aller Eigentumsformen des Kreises bei der Neuerer- und Rationalisierungstätigkeit und der Verallgemeinerung bester Arbeits- und Leistungsmethoden, der höchstmöglichen Auslastung von Maschinen, Geräten und Anlagen etc., - Gewährleistung einer ständigen aktuellen Information über Anwendungsbeispiele neuer wissenschaftlich-technischer Erkenntnisse und Bereitstellung von Mustertechnologien, - Organisation von Aktivitäten zur gemeinsamen Erarbeitung neuer wissenschaftlich-technischer Lösungen, - Organisation und Leitung von Maßnahmen der territorialen Rationalisierung sowie - Aufbau von arbeitsfähigen wissenschaftlich-technischen Kabinetten zur besseren Wahrnehmung der Verantwortung für die Erzeugnis- und Erfahrungsentwicklung

wahrzunehmen. Nach Abschnitt I Nr. 5 Satz 1 Rahmenrichtlinie können die Kreisbaubetriebe für Leistungen der Instandsetzung, Modernisierung und Rekonstruktion sowie des Neubaus, die in Kooperation mit anderen volkseigenen Baubetrieben sowie Baubetrieben anderer Eigentumsformen und Unterstellungen durchgeführt werden, mit der Wahrnehmung der Hauptauftragnehmerschaft Bau beauftragt werden. Danach waren Kreisbaubetriebe hauptsächlich für die Instandsetzung, Modernisierung, Rekonstruktion und den Ersatzneubau der im Kreisgebiet befindlichen Wohnungen und Gesellschaftsbauten – sei es auch zum Teil unter Verwendung vorgefertigter und damit standardisierter Bauteile (vgl. Abschnitt I Nr. 2 Satz 4 Spiegelstrich 3 Rahmenrichtlinie, wonach die vorhandenen Kapazitäten für die Vorfertigung und den Einsatz vorgefertigter Bauteile zu verstärken sind) – zuständig, nicht jedoch für die Massenproduktion im Bereich des Bauwesens.

Auch die Zuordnung des VEB zur Wirtschaftsgruppe 20270, also zur Gruppe der "Betriebe für Rekonstruktionsbaumaßnahmen und Modernisierung, Reparaturbetrieb", spricht gegen die Annahme, dass der massenhafte Ausstoß standardisierter Bauwerke dem Betrieb sein Gepräge gegeben hat. Bei der – allein maßgeblichen – Feststellung, welche Tätigkeit dem Betrieb sein Gepräge gegeben hat, kann der Zuordnung in die Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR Bedeutung als Hilfstatsache zukommen (BSG, Beschluss vom 13. Februar 2008 – B 4 RS 133/07 B –, juris). Diese Zuordnung ist auch ein geeignetes Kriterium für die Beurteilung des Betriebsgepräges, weil es sich um ein objektives und aus dem Wirtschaftssystem der DDR selbst stammendes Kriterium handelt. Dies ergibt sich vor allem aus dem Vorwort zur Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR für das Jahr 1985, die im Bundesarchiv zugänglich ist und belegt, dass bereits die DDR im Rahmen ihrer ökonomischen Planung und statistischen Abrechnung eine Einteilung der Betriebe nach ihren Hauptaufgaben (ihrer Haupttätigkeit) im System der erweiterten Reproduktion (und damit nach ökonomischen Gesichtspunkten) vorgenommen hat. Danach erfolgte die Zuordnung der selbstständigen wirtschaftlichen Einheiten – Betriebe, Einrichtungen, Organisationen u.a. – unabhängig von der Unterstellung unter ein Staats- oder wirtschaftsleitendes Organ und der sozialökonomischen Struktur. Die Systematik der Volkswirtschaftszweige war damit frei von möglichen Veränderungen, die durch verwaltungsmäßige Unterstellungen der Betriebe und Einrichtungen hervorgerufen werden konnten. Nach dieser Systematik wurde die Volkswirtschaft der DDR gemäß dem Schwerpunkt der Produktion bzw. Leistung oder dem Hauptzweck in neun Wirtschaftsbereiche gegliedert: 1. Industrie, 2. Bauwirtschaft, 3. Land- und Forstwirtschaft, 4. Verkehr, Post und Fernmeldewesen, 5. Handel, 6. sonstige Zweige des produzierenden Bereichs, 7. Wohnungs- und Kommunalwirtschaft, Vermittlungs-, Werbe-, Beratungs-, u.a. Büros, Geld- und Kreditwesen, 8. Wissenschaft, Bildung, Kultur, Gesundheits- und Sozialwesen und 9. staatliche Verwaltung, gesellschaftliche Organisationen. Die Zuordnung wurde von den Dienststellen der Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik in Zusammenarbeit mit den Fachorganen festgelegt und ihre Änderung bedurfte der Zustimmung der für den Wirtschaftszweig verantwortlichen Fachabteilung der Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik und sollte nur dann erfolgen, wenn die Hauptproduktion des Betriebs grundsätzlich umgestellt worden war. Soweit der Kreisbaubetrieb der Wirtschaftsgruppe 20270 des Wirtschaftsbereiches 2 zugeordnet war, bestanden seine Hauptaufgaben in Rekonstruktionsbaumaßnahmen und Modernisierungen. Aus einem Vergleich mit der Wirtschaftsgruppe 20250 (Betriebe für den Bau von Gebäuden und baulichen Anlagen für Wohnzwecke) ergibt sich, dass die der Wirtschaftsgruppe 20270 zugeordneten Betriebe – im Gegensatz zu denen der Gruppe 20250 – gerade nicht dem produzierenden Bereich des Bauwesens zugeordnet waren.

c) Bei dem Beschäftigungsbetrieb des Klägers am 30. Juni 1990 handelte es sich auch nicht um einen gleichgestellten Betrieb im Sinne von § 1 VO-AVItech. Die Festlegung, welche Betriebe gleichgestellt waren, wurde nicht in dieser Regierungsverordnung getroffen, sondern einer Durchführungsbestimmung überantwortet (vgl. § 5 der Verordnung). Nach § 1 Abs. 2 der 2. DB waren den volkseigenen Betrieben gleichgestellt:

wissenschaftliche Institute; Forschungsinstitute; Versuchsstationen; Laboratorien; Konstruktionsbüros; technische Hochschulen; technische Schulen; Bauakademie und Bauschulen; Bergakademie und Bergbauschulen; Schulen, Institute und Betriebe der Eisenbahn, Schifffahrt sowie des Post- und Fernmeldewesens; Maschinen-Ausleih-Stationen und volkseigene Güter, Versorgungsbetriebe (Gas, Wasser, Energie); Vereinigungen volkseigener Betriebe, Hauptverwaltungen und Ministerien.

Der VEB (K) Bau Z kann unter keine dieser Betriebsgruppen gefasst werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

Jacobi Lübke Dr. Lau
Rechtskraft
Aus
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