L 5 AS 634/12

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 18 AS 1879/08
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 634/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 20. Juni 2012 und der Bescheid des Beklagten vom 26. November 2007 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 19. und 20. Dezember 2007, 24. und 30. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juni 2008 werden abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an jeden der Kläger weitere Leistungen für die Unterkunft und Heizung in Höhe von 38,30 EUR für Dezember 2007, 36,51 EUR für Januar, 82,51 EUR für Februar, 20,90 EUR für März, 35,56 EUR für April und 49,61 EUR für Mai 2008 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Beklagte hat den Klägern 41% ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten für Klage- und Berufungsverfahren zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger begehren die Bewilligung weiterer Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 1. Dezember 2007 bis zum 31. Mai 2008.

Die im Jahr 1951 geborene Klägerin zu 1 und der im Jahr 1956 geborene Kläger zu 2 sind verheiratet und beziehen als Bedarfsgemeinschaft vom Beklagten seit Januar 2005 SGB II-Leistungen.

Die Kläger sind je zur Hälfte Miteigentümer eines Mehrfamilienhauses mit einer Gesamtwohnfläche von 180 m² (drei Wohnungen zu je 60 m²) auf einem 140 m² großen Grundstück. Sie bewohnen die Erdgeschosswohnung, die elektrisch beheizt wird. Seit etwa 1995 sind die beiden anderen Wohnungen des Hauses nicht bewohnt. Deren Sanierung wurde begonnen: In der mittleren Wohnung sind die Fenster saniert und Heizkörper angebracht worden. Ein Heizkessel für eine Zentralheizung des früher mit Kohleöfen beheizten Hauses kann nicht betrieben werden. Die Kläger erwarben das Haus im Jahr 1992 zu einem Kaufpreis von 108.000 DM. Zur Finanzierung nahmen sie Fremdmittel iHv insgesamt 131.000 DM auf. 81.000 DM (41.414 EUR) wurden mit einem Darlehen der Bausparkasse Schwäbisch Hall AG (im Weiteren: BS) finanziert. Über weitere 30.000 DM (15.338 EUR) erhielten sie ein Darlehen von der Kreissparkasse B. (Konto Nr ...), das bis zum Jahr 2005 tilgungsfrei lief und für das monatliche Raten iHv 94,33 EUR zu zahlen waren. Ein Sanierungsdarlehen über 20.000 DM der Kreissparkasse B. ist seit August 2005 getilgt. Zur Ablösung des ursprünglichen Bauspardarlehens wurde im August 2001 ein Darlehen über 20.820,49 EUR zugeteilt, für das monatliche Raten von 248,49 EUR vereinbart waren. Dazu wurde am 17. März 2003 ein "Tilgungszuschussdarlehen" abgeschlossen, das die monatlichen Tilgungsleistungen reduzierte. Dadurch verringerten sich die Monatsraten auf zunächst 162,49 EUR bzw. 170 EUR. Das Darlehen ist nach Tilgung des ersten Bauspardarlehens zurückzuführen. Nachdem die Kläger auch die reduzierten Raten nicht bedienen konnten, kündigte die BS die Darlehen. Ein zugunsten der BS im November 2005 im Grundbuch eingetragener Zwangsvollstreckungsvermerk wurde wieder gelöscht und im Februar 2007 das Zwangsversteigerungsverfahren aufgehoben, weil sich die Kläger mit der BS auf eine Fortführung des Darlehens geeinigt hatten. Mit Schreiben vom 5. März 2007 erklärte die BS, das Bauspardarlehen werde den Klägern "aufgrund der mit Ihnen getroffenen Vereinbarungen und geleisteten Zahlungen (weiter)belassen". Zum 1. März 2007 valutierten das BS-Darlehen mit 21.692,64 EUR und das Tilgungszuschussdarlehen mit 2.225,38 EUR. Unter dem 3. September 2014 hat die BS bestätigt, die Kläger hätten im Zeitraum von Dezember 2007 bis einschließlich Mai 2008 Ratenzahlungen von insgesamt 1.020 EUR erbracht, die sich in 589,61 EUR Zinsen (durchschnittlich monatlich 98,27 EUR) und 430,39 EUR Tilgung aufteilten. Die Kläger hatten folgende weitere Aufwendungen:

( nachfolgender Absatz im Original als Tabelle dargestellt )

Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 19. Oktober 2007 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 26. November 2007 und Änderungsbescheiden vom 19. und 20. Dezember 2007, 24. und 30. April 2008 für den Bewilligungszeitraum von Dezember 2007 bis Mai 2008 im Ergebnis monatliche Gesamtleistungen iHv 862,30 EUR. Neben der Regelleistung (312 EUR) waren Leistungen für die KdU iHv 119,15 EUR pro Person enthalten. Der Beklagte legte den Monatsanteil der Jahresaufwendungen für das Eigenheim zugrunde, wobei er die verbrauchsunabhängigen Kosten auf ein Drittel für die von den Klägern bewohnte Wohnung reduzierte. Den Widerspruch der Kläger gegen die Bescheide vom 26. November sowie 19. und 20. Dezember 2007 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 2008 unter Hinweis auf die Änderungsbescheide vom 24. und 30. April 2008 als unbegründet zurück.

Am 9. Juli 2008 haben die Kläger beim Sozialgericht Magdeburg (SG) Klage erhoben und weitere Leistungen für die KdU geltend gemacht. Sie haben vorgetragen, die Berechnungen des Beklagten seien nicht nachvollziehbar. Da die anderen Wohnungen im Haus nicht vermietbar seien, seien die tatsächlichen Aufwendungen für das Haus vollständig vom Beklagten zu erbringen. Die Reduzierung der verbrauchsunabhängigen Kosten auf ein Drittel sei rechtswidrig. Bei vollständiger Berücksichtigung der Kosten, auf die sie zum Erhalt des Hauses angewiesen seien, entstünden keine höheren KdU als für eine Mietwohnung.

Im Erörterungstermin am 27. Juli 2011 hat der Kläger zu 2 ausgeführt, aus finanziellen Gründen habe er die Sanierung nicht fortführen können. Inzwischen sei auch die Fassade sanierungsbedürftig. Ohne Heizungsinstallation seien die Wohnungen nicht vermietbar. Ergänzend haben die Kläger ausgeführt, es seien auch die Tilgungsleistungen zu übernehmen, weil diese unvermeidlich und angemessen seien. Sie haben auf ein Urteil des Sächsischen LSG vom 5. Mai 2011 (Az.: L 2 AS 803/09) Bezug genommen. Wenn sich die Angemessenheit der KdU für Mieter und Wohnungseigentümer nach einheitlichen Kriterien richte, gebe es keinen sachlichen Grund, Tilgungsbeiträge nicht zu übernehmen, da diese nicht mit zusätzlichen Kosten zu Lasten der Allgemeinheit verbunden seien. Alleiniges Kriterium für die KdU sei deren Angemessenheit.

Einen im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 20. Juni 2012 geschlossenen Widerrufsvergleich hat der Beklagte widerrufen. Daraufhin hat die Vorsitzende im Termin vom 1. August 2012 das am 20. Juni 2012 von der Kammer gefällte und in einem verschlossenen Umschlag aufbewahrte Urteil, mit dem der Beklagte zur Zahlung weiterer KdU iHv insgesamt 211,48 EUR für den streitbefangenen Zeitraum verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen worden ist, verkündet. Es seien weitere Leistungen iHv 21,11 EUR für Dezember 2007, 40,69 EUR für Januar, 0,69 EUR für Februar, 71,91 EUR für März, 22,59 EUR für April und 54,49 EUR für Mai 2008 zu erbringen. Obwohl das Eigenheim nicht zum Schonvermögen iSv § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II gehöre, fordere der Beklagte nicht dessen Verwertung. Mithin könnten die Kläger diejenigen KdU beanspruchen, die zur Aufrechterhaltung der vorhandenen Wohnverhältnisse erforderlich seien. Da es sich um Mehrfamilienhaus handele, könnten jedoch nur die auf die Wohnung der Kläger entfallenden Aufwendungen, die nicht Verbrauchskosten seien, mithin 1/3 der Aufwendungen berücksichtigt werden. In diesem Umfang seien auch die Tilgungsleistungen einzubeziehen, da ansonsten das zu Wohnzwecken dienende Grundeigentum nicht gesichert werden könne. Die Kläger hätten belegt, dass zur Verhinderung von erneuten Vollstreckungsmaßnahmen die mit der BS vereinbarten Raten unbedingt zu erbringen seien. Entsprechendes gelte auch für die Tilgung des Sparkassenkredits.

Gegen das ihnen am 7. August 2012 zugestellte Urteil haben die Kläger am 6. September 2012 Berufung eingelegt und vorgetragen: Da sie vom Beklagten nicht zur Verwertung des Anwesens aufgefordert worden seien, handele es sich bei dem Eigenheim um geschütztes Vermögen. Der Beklagte habe die unterkunftsbezogenen Aufwendungen vollständig zu übernehmen habe, da sonst das Wohneigentum nicht gehalten werden könne. Ohne Berücksichtigung der Tilgungsraten sei erneut ein Zwangsversteigerungsverfahren zu befürchten. Das Haus hätten sie vor dem Bezug von Sozialleistungen erworben.

Der Beklagte hat über den Gutachterausschuss für Grundstückswerte für den Regionalbereich Anhalt bei dem Landesamt für Vermessung und Geoinformation ein Verkehrswertgutachten eingeholt. Zum Stichtag 13. Dezember 2012 hat der Gutachterausschuss den Verkehrswert (Marktwert) auf 18.000 EUR festgestellt. Er hat auf eine mögliche Ungenauigkeit hingewiesen, weil kein Zugang zum Objekt möglich gewesen und die Wertermittlung nach äußerem Anschein erfolgt sei.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 20. Juni 2012 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung seiner Bescheide vom 26. November, 19. und 20. Dezember 2007 sowie 24. und 30. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juni 2008 zu verurteilen, den Klägern für die Zeit vom 1. Dezember 2007 bis zum 31. Mai 2008 weitere Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung abzüglich der im erstinstanzlichen Urteil zugesprochenen Leistungen zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er meint, es bestehe kein weiterer KdU-Leistungsanspruch der Kläger.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung ergänzend Bezug genommen. Die genannten Unterlagen sind Gegenstand der Beratung des Senats gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Kläger ist form- und fristgerecht eingelegt worden gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Sie auch statthaft gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG. Der Berufungswert von 750 EUR ist überschritten. Erstinstanzlich hatten die Kläger zuletzt weitere monatliche KdU-Leistungen von rund 300 EUR monatlich für einen sechsmonatigen Bewilligungszeitraum, mithin insgesamt 1.800 EUR geltend gemacht. Mit dem erstinstanzlichen Urteil wurden weitere Leistungen iHv 211,48 EUR für den gesamten Bewilligungszeitraum gewährt. Die streitige Differenz bildet den Wert der Beschwer.

Die Kläger haben in zulässiger Weise den Streitgegenstand auf die Höhe der KdU beschränkt. Nachdem sie bereits erstinstanzlich allein Leistungen für die KdU eingeklagt hatten, haben sie in der mündlichen Verhandlung des Senats ausdrücklich erklärt, dass allein die Unterkunftskosten streitig sind.

Die Berufung ist teilweise erfolgreich. Die Kläger haben Anspruch auf weitere Leistungen für die KdU. Denn die verbrauchsunabhängigen Kosten (Grundsteuer, Gebäudeversicherung, Zinsen) sind in Höhe der tatsächlich zu erbringenden Aufwendungen für das Mehrfamilienhaus – und nicht nur zu einem Drittel entsprechend der Wohnfläche der von ihnen bewohnten Wohnung an der Gesamtwohnfläche – zu erbringen. Die Berufung hat keinen Erfolg, soweit die Kläger die Berücksichtigung der Tilgungsleistungen für die auf dem Eigenheim lastenden Darlehensverbindlichkeiten begehren.

Die Kläger sind zur Überzeugung des Senats dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II gewesen. Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen KdU. Leistungsberechtigt sind nach § 7 Abs. 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr (in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung) bzw. die Altersgrenze nach § 7a (in der ab dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung) noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig und hilfedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Dies trifft für die Kläger zu 1 und 2 zu. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

Eine Bedarfsdeckung aus Einkommen war den Klägern nicht möglich, da sie keine Einnahmen erzielt haben. Sie verfügten auch nicht über einsetzbares Vermögen. Nach § 12 Abs. 1 SGB II sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände – mit ihrem Verkehrswert (§ 12 Abs. 4 Satz 1 SGB II) – zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der SGB II-Leistungen gestellt wird (§ 12 Abs. 4 Satz 2 SGB II). Ob und in welchem Umfang dem Leistungsberechtigten die Verwertung von Vermögen zuzumuten ist, regeln § 12 Abs. 2 und 3 SGB II. Als Vermögen nicht zu berücksichtigen ist ein selbstgenutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II). Nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II sind als Vermögen weiter nicht zu berücksichtigen Sachen oder Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde.

Das von den Klägern bewohnte Hausgrundstück ist kein solches von angemessener Größe iSv § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II. Bei der Beurteilung der Angemessenheit des Grundstücks ist die gesamte Wohnfläche des Hauses von 180 m² und nicht nur der von den Klägern selbst bewohne Anteil (60 m²) zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 2012, Az.: B 4 AS 99/11 R, juris, RN 16). Es ist nur dann auf den vom Leistungsempfänger als Wohnung genutzten Teil eines Gesamtgrundstückes abzustellen, wenn Wohneigentum von Miteigentümern auf einen dem ideellen Miteigentumsanteil entsprechenden realen Grundstücks- und Gebäudeteil beschränkt ist. Da eine solche Teilung nicht vorliegt, ist das Hausgrundstück in seiner Gesamtheit zu beurteilen. Die Gesamtwohnfläche überschreitet die angemessene Größe eines selbst genutzten Hausgrundstücks. Das BSG geht in ständiger Rechtsprechung (BSG, a.a.O., RN 19 m. weit. Nachw.) von einem Grenzwert von 130 m² für einen Vierpersonenhaushalt aus. Dieser wird durch den Zweipersonenhaushalt der Kläger beträchtlich überschritten. Besondere Umstände, die zu einer Anpassung des Grenzwerts nach oben führen könnten, sind weder vorgetragen noch nach den Umständen Einzelfalls ersichtlich. Damit handelt es sich dem Grunde nach nicht um vermögensgeschütztes Vermögen im Sinne von § 12 Abs. 1 SGB II.

Obwohl kein Vermögensschutz bestand, stand das Mehrfamilienhaus aufgrund seiner wirtschaftlichen Unverwertbarkeit dem Leistungsanspruch der Kläger nicht entgegen. Vermögen ist verwertbar, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen und belastet werden können. Der Begriff der Verwertbarkeit ist ein rein wirtschaftlicher und beurteilt sich sowohl nach den tatsächlichen als auch nach den rechtlichen Verhältnissen. Tatsächlich nicht verwertbar sind Vermögensgegenstände, für die in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird, etwa weil Gegenstände dieser Art nicht (mehr) markgängig sind, oder weil sie – wie beispielsweise in Folge sinkender Immobilienpreise – über den Marktwert hinaus belastet sind (vgl. BSG, a.a.O. RN 21). Von einem Fall der faktischen Überschuldung ist vorliegend auszugehen. Denn das im Jahr 1992 mit einem Gesamtaufwand von 131.000 DM (entspricht 67.000 EUR) erworbene Anwesen hat nach dem vom Gutachterausschuss für Grundstückswerte des Landesamtes für Vermessung und Geoinformation Sachsen-Anhalt zum Stichtag 13. Dezember 2012 erstellten Verkehrswertgutachten einen Marktwert von 18.000 EUR. Vorliegend ist zwar der Verkehrswert zum maßgeblichen Antragszeitpunkt (Dezember 2007) nicht gesondert festgestellt worden. Jedoch gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass das Mehrfamilienhaus zum damaligen Zeitpunkt einen deutlich höheren Marktwert repräsentiert haben könnte. Selbst wenn der Verkehrswert damals 30.000 EUR betragen hätte, läge noch eine Überschuldung vor, weil grundbuchlich gesicherte Belastungen in einem Gesamtwert von über 36.000 EUR zum Jahresende 2007 valutierten. Vom Bauspardarlehen war noch ein Betrag iHv 20.973 EUR zu tilgen. Darüber hinaus war das Tilgungszuschussdarlehen von 2.521 EUR zurückzuführen. Das Sparkassendarlehen (880) valutierte noch mit einem Betrag von 12.750 EUR. Mithin schied schon zum Antragszeitpunkt eine Verwertung des Grundstücks aus.

Die Kläger waren daher im streitbefangenen Zeitpunkt nicht in der Lage, ihren Lebensunterhalt aus eigenen Kräften und Mitteln sicherzustellen. Gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen KdU. Die den Klägern zustehenden Regelleistungen nach § 20 Abs. 3 und 2 SGB II iHv 312 EUR monatlich hat der Beklagte in den angegriffenen Bescheiden zutreffend berücksichtigt. Die vorliegend allein umstrittenen Leistungen für die KdU werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Zur Ermittlung dieser Bedarfe sind zunächst die tatsächlichen Aufwendungen der Kläger zu bestimmen, anschließend die Angemessenheit dieser Aufwendungen zu bewerten und dann die Verteilung dieser Kosten auf die in der Unterkunft wohnenden Personen sowie die Prüfung weiterer möglicher Einwände vorzunehmen.

Die Angemessenheit von mit der Nutzung von Eigentum verbundenen Kosten ist nach der Rechtsprechung des BSG an denjenigen Kosten zu messen, die für Mietwohnungen angemessen sind, d.h. die Frage nach der Angemessenheit der KdU ist für Mieter und Hauseigentümer nach einheitlichen Kriterien zu beantworten (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteil vom 7. Juli 2011, Az.: B 14 AS 79/10 R, juris RN 17; grundlegend: Urteil vom 15. April 2008, Az.: B 14/7b AS 34/06 R, juris). Die Ermittlung der KdU hat monatsweise zu erfolgen, obwohl zur Prüfung der Angemessenheit bei der Nutzung von Eigenheimen und Eigentumswohnungen auf die im Kalenderjahr anfallenden Kosten abzustellen ist. Denn vor allem die Betriebskosten für Eigenheim (etwa Grundsteuern, Beiträge zu Versicherungen) fallen nicht monatlich, sondern oft in anderen Intervallen an. Eine Rechtsgrundlage für die Berechnung eines Durchschnittsbetrags, der dann der Leistungsberechnung in den einzelnen Monaten zu Grunde gelegt wird, besteht nach der Rechtsprechung des BSG nicht (vgl. Urteil vom 29. November 2012, Az.: B 14 AS 36/12 R, juris RN 14).

Diesen Vorgaben der Rechtsprechung genügt die Berechnung der Hauslasten und der KdU durch den Beklagten nicht. Auch im angegriffenen Urteil des SG ist das Monatsprinzip nicht durchgängig durchgehalten, sodass sich im Einzelnen andere Leistungsbeträge ergeben, als sie bislang Gegenstand des Verfahrens waren: Für Trinkwasser waren in den Monaten Januar, März und Mai Abschlagszahlungen iHv 40 EUR zu berücksichtigen. Für die Abwasserentsorgung war im Dezember 2007 ein Vorauszahlungsbetrag von 31 EUR zu berücksichtigen sowie für die Monate des Jahres 2008 der monatliche Abschlag von 28 EUR. Die Abfallgebühren sind in Höhe des Abschlagsbetrags von 21,90 EUR im jeweiligen Fälligkeitsmonat, d.h. Dezember 2007 und April 2008, zu berücksichtigen, obwohl die Kläger im Jahr 2007 keine Zahlungen an den Abfallbetrieb erbrachten und mit diesem eine Stundung ausstehender Beiträge bis zum 31. Dezember 2007 vereinbart hatten. Die Stundungsvereinbarung setzte die Fälligkeit der Forderung nicht außer Kraft und war zudem mit der Zahlung von Stundungszinsen verbunden, die nicht zu berücksichtigen sind. Die Vorauszahlung für die Stromversorgung der Kläger betrug im streitigen Zeitraum monatlich 170 EUR. Insoweit besteht die Besonderheit, dass die Kläger über einen Zähler sowohl Haushaltsstrom als auch die Energie für die Elektroheizung abnahmen und keine gesonderte Verbrauchserfassung erfolgte. Daher sind die monatlichen Abschlagszahlungen um den Anteil für Haushaltsstrom zu bereinigen. Der Beklagte hat insoweit einen "reinen Abschlag für Lichtstrom" von 49 EUR gemacht und den verbleibenden Betrag von 121 EUR als Heizkosten gewertet. Zwar haben sich die Kläger im Verfahren dagegen nicht ausdrücklich gewandt. Soweit der Beklagte lediglich die Kostenschätzung des Stromversorgers übernommen hat, hält dies der berufungsgerichtlichen Überprüfung nicht stand: Mangels gesonderter Erfassung des tatsächlichen Verbrauchs an Haushaltsenergie können nur die Regelsatzanteile für Haushaltsstrom vom Vorauszahlungsbetrag abgezogen werden, um einerseits eine Doppelleistung und andererseits eine Bedarfslücke auszuschließen.

Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 27. Februar 2008, Az.: B 14/11b AS 15/07 R, juris, RN 21-26, zur Warmwasserbereitung) betrug der Regelsatzanteil der Position Haushaltsenergie, die neben Stromverbrauch, Kochenergie, Beleuchtung auch die Warmwasserbereitung umfasste (RN 21), 24,18 EUR. Darin enthalten waren die Kosten für Reparatur und Instandhaltung der Wohnung iHv 4,84 EUR, die abzuziehen waren. Regelsatzrelevant war für Strom und Haushaltsenergie ein Betrag von 19,34 EUR (RN 26). Nach Dynamisierung dieses Betrags um 7,1% zum 1. Januar 2005 war von einem Monatsbetrag iHv 20,74 EUR im Eckregelsatz (von 345 EUR) auszugehen. Da im streitbefangenen Zeitraum der Eckregelsatz 347 EUR betrug, ergibt sich im Vergleich zum Januar 2005 eine Anpassung des Eckregelsatzes um 0,58%. Die Regelleistung für Verheiratete iHv 90% des Eckregelsatzes 2005 enthielt 18,67 EUR für Haushaltsstrom. Dynamisiert um die Regelsatzerhöhung zum 1. Juli 2007 (+ 0,58%) ergeben sich 18,78 EUR. Für zwei Personen ist mithin ein Gesamtbetrag von 37,56 EUR als Anteil für den Haushaltsstrom von den Stromabschlägen iHv 170 EUR abzuziehen. Es verbleibt ein auf die Heizkosten entfallender Anteil von 132,44 EUR.

Weiterhin war im Hinblick auf die verbrauchsunabhängigen Aufwendungen der Kläger für Grundsteuer, Gebäudeversicherung und Schuldzinsen festzustellen, dass als Unterkunft iSv § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II nicht allein die Wohnung im Erdgeschoss, sondern das als Eigenheim bewohnte Mehrfamilienhaus anzusehen ist.

Nach der Rechtsprechung des BSG gehören zu den KdU für selbstgenutzte Eigenheime grundsätzlich alle notwendigen Ausgaben, die bei der Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen sind. Zu den notwendigen Ausgaben zählen u.a. die Schuldzinsen ebenso wie die Grundsteuer und dauernde Lasten, Steuern auf den Grundbesitz und sonstige öffentliche Abgaben (vgl.: BSG, Urteil vom 3. März 2009, Az.: B 4 AS 38/08 R, juris RN 16; Urteil vom 24. Februar 2011, Az.: B 14 AS 61/10 R, juris RN 14; Urteil vom 29. November 2012, Az.: B 14 AS 36/12 R, juris). In seinen Entscheidungen zu Eigenheimen differenziert das BSG nicht danach, ob es sich um Ein- oder Mehrfamilienhäuser handelt. Auch eine Unterscheidung nach Größe oder Vermietungsstand erfolgt nicht. Es stellt vielmehr – unabhängig von der Anzahl der Bewohner – die anfallenden Aufwendungen für die Unterkunft im Eigenheim fest. Werde ein Eigenheim bewohnt, zählten zu den KdU die Aufwendungen, die der Leistungsberechtigte als mit dem Eigentum unmittelbar verbundene Lasten zu tragen habe. Auch in der Entscheidung zum unentgeltlichen Wohnrecht (Urteil vom 29. November 2012, Az.: B 14 AS 36/12 R, juris RN 17 ff.), in der Mutter und Sohn keine Bedarfsgemeinschaft bildeten und gemeinsam ein Einfamilienhaus (keine gesonderten Wohnungen) bewohnten, sind (kommentarlos) die vollständigen Aufwendungen für das Eigenheim als Bedarf des Klägers und Eigentümers (Sohn) angesehen (RN 19) worden. Erst nachfolgend wurden Ausführungen zur Abweichung vom Kopfteilprinzip bei der Verteilung der Kosten zwischen Kläger und Mutter gemacht. Das BSG sieht auch dann die vollständigen Schuldzinsen als KdU an, wenn der ebenfalls darlehensverpflichtete Miteigentümer nicht im Eigenheim wohnt (Urteil vom 22. August 2012, Az.: B 14 AS 1/12 R, juris RN 18 – zur Nutzungsentschädigung).

Daher sind bei dem Mehrfamilienhaus, das die Kläger allein bewohnen, die anfallenden verbrauchsunabhängigen Aufwendungen insgesamt berücksichtigungsfähige Unterkunftskosten sind Auch in dem Fall, dass leistungsberechtigte Eigentümer eines Mehrfamilienhauses selbst nur eine der Wohnungen im ansonsten fremdvermieteten Haus bewohnen, dürfte nach der erkennbaren dogmatischen Grundstruktur davon auszugehen sein, dass die anfallenden verbrauchsunabhängigen Kosten, denen sich der Eigentümer nicht entziehen kann, insgesamt als KdU-Aufwand zu berücksichtigen sind. Dieser reduziert sich ggf. durch Zahlungen der Mieter. Nur dann lassen sich "kranke Mietverhältnisse" oder ein faktischer Mietausfall überzeugend lösen. Dies kann vorliegend jedoch dahinstehen.

An verbrauchsunabhängigen Kosten sind in den Monaten Februar und Mai 2008 die fälligen Teilzahlungen auf die Grundsteuer iHv 41,41 EUR und im Februar 2008 zudem die Quartalsrechnung für die Gebäudeversicherung iHv 52,26 EUR einzustellen. Weiterhin sind die monatlich zu erbringenden Darlehenszinsen zu berücksichtigen. Im Hinblick auf das Darlehen der Sparkasse ergeben sich die monatlichen Zinsanteile der Raten aus den Aufstellungen in den Verwaltungsakten. Für die Zinsen für das Bauspardarlehen gibt es eine solche Aufstellung nicht. Es ist der von der BS mitgeteilte Gesamtbetrag der im streitigen Sechsmonatszeitraum gezahlten Zinsen auf die einzelnen Monate aufzuteilen.

Die Kläger haben jedoch keinen Anspruch auf Übernahme der Tilgungsleistungen für die Immobiliendarlehen. Diese gehören grundsätzlich nicht zu den KdU iSv § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II (grundlegend, BSG, Urteil v. 7. November 2006, Az.: B 7b AS 2/05 R, juris RN 24). Denn die Leistungen nach dem SGB II sind auf die aktuelle Existenzsicherung beschränkt und sollen nicht der Vermögensbildung dienen. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind im Hinblick auf den im SGB II ausgeprägten Schutz des Grundbedürfnisses "Wohnen" nur in besonderen Ausnahmefällen angezeigt, wenn es um die Erhaltung von Wohneigentum geht, dessen Finanzierung im Zeitpunkt des Bezugs von Grundsicherungsleistungen bereits weitgehend abgeschlossen ist. Im Übrigen sind Eigentümer grundsätzlich ebenso wenig wie Mieter davor geschützt, dass sich die Notwendigkeit eines Wohnungswechsels ergeben kann (vgl. BSG, Urteil vom 7. Juli 2011, Az.: B 14 AS 79/10 R, juris RN 18; Urteil vom 16. Februar 2012, Az.: B 4 AS 14/11 R, juris RN 23-25; Urteil vom 22. August 2012, Az.: B 14 AS 1/12 R, juris RN 20 f.: zuletzt: Urteil vom 4. Juni 2014, Az.: B 14 AS 42/13 R, juris RN 17). Lediglich in einem Fall (Urteil vom 18. Juni 2008, Az.: B 14/11 B AS 67/06 R, juris) hat das BSG einen Ausnahmefall bei einer mit einem Annuitätendarlehen finanzierten Eigentumswohnung angenommen, im dem die monatliche Rate vorrangig aus einem Tilgungsanteil von etwa 80% bestand.

Ein derartiger Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Von dem Gesamtfinanzierungsvolumen des Eigenheims der Kläger im Jahr 1992 iHv 131.000 DM (entspricht 67.000 EUR) war 2007 nach 25-jähriger Ratenzahlung noch nicht einmal die Hälfte getilgt: Im Dezember 2007 belief sich die Verbindlichkeiten noch auf einen Gesamtbetrag von rund 36.000 EUR, bestehend aus einem Restdarlehen bei der Sparkasse (880) iHv 12.750 EUR, dem Bauspardarlehen iHv 20.973 EUR sowie dem Tilgungszuschussdarlehen iHv 2.521 EUR. Bei den Monatsraten überwog der Zinsanteil bei weitem. Daher kann nicht festgestellt werden, dass es "nur noch um die Tilgung einer Restschuld" ging oder "die Vermögensbildung bereits weitgehend abgeschlossen" war (vgl. BSG, Urteil vom 7. Juli 2011, Az.: B 14 AS 79/10 R, juris RN 19). Bei einer Übernahme von Tilgungsleistungen würde vorliegend der Aspekt des Vermögensaufbaus aus Mitteln der Existenzsicherung deutlich im Vordergrund stehen, was gerade nicht gewollt ist. Soweit sich die Kläger zur Begründung ihrer Rechtsauffassung auf das Urteil des Sächsischen LSG (vom 5. Mai 2011, Az.: L 2 AS 803/09, juris) beziehen, ist der zu Grunde liegende Sachverhalt nicht vergleichbar. Dort ging es um den Mietkauf eines 100 m² großen Hauses für eine sechsköpfige Bedarfsgemeinschaft. Zudem ist dieses Urteil ergangen, bevor es die oben zitierte Rechtsprechung des BSG in ihrer jetzigen Form gab.

Dem entsprechend ergibt sich folgende Berechnung der KdU:

( nachfolgender Absatz im Original als Tabelle dargestellt )

Unter Berücksichtigung der vom Beklagten bewilligten KdU iHv 119,15 EUR pro Person sowie der vom SG rechtskräftig zuerkannten weiteren Leistungen für die streitbefangenen Monate ergibt sich ein weiterer Leistungsanspruch pro Person von 38,30 EUR für Dezember 2007, 36,51 EUR für Januar 2008, 82,51 EUR für Februar 2008, 20,90 EUR für März 2008, 35,56 EUR für April 2008 und 49,61 EUR für Mai 2008. In diesem Umfang waren das Urteil des SG und die angegriffenen Bescheide des Beklagten zu ändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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