L 3 AS 34/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 10 AS 3712/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 34/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 05. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Gewährung von Leistungen zur Eingliederung von Selbstständigen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Die am 04.10.1951 geborene Klägerin bezog ab dem 06.09.2005 von der Bundesagentur für Arbeit einen Existenzgründungszuschuss für eine selbstständige Tätigkeit als Grafikdesignerin, zuletzt bis zum 05.09.2008 i.H.v. 240,- EUR monatlich. Als Teil der Bedarfsgemeinschaft mit ihrem am 09.10.1949 geborenen Ehegatten, Hr. Franz Ringwald, bezieht sie vom Beklagten jedenfalls seit August 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Im Mai 2011 und im Februar 2012 schlossen sie und der Beklagte Eingliederungsvereinbarungen, in denen als Ziel die Unabhängigkeit der Klägerin von Arbeitslosengeld II durch die Herstellung der Tragfähigkeit der selbstständigen Tätigkeit formuliert war. Dabei wurde u.a. zweimal vereinbart, dass die Klägerin sich bei der Firma B. C. zwecks Erstellung einer fachkundigen Stellungnahme zur Tragfähigkeit der Selbstständigkeit beraten lässt. Die Klägerin beantragte am 26.05. und am 26.07.2011 beim Beklagten, ihr einen Zuschuss zur Selbständigkeit i.H.v. 5.000,- EUR für ein erforderliches Mac-System nebst Software, ein Darlehen i.H.v. 5.000,- EUR für die Akquise von Kunden, Fahrzeuge, Werbemittel und Marktauftritte sowie einen Zuschuss für die Einstellung eines Mitarbeiters im Umfang von 50 % der Lohnkosten für zwei Jahre i.H.v. monatlich 286,- EUR zu gewähren. Es böte sich, so die Klägerin, an, wenn das neue Computersystem lauffähig sei, ihren Ehegatten, einen erfahrenen Grafikdesigner, einzustellen. Dieser könne voraussichtlich alte Kundenstämme neu akquirieren.

Nachdem die Klägerin mit der Fa. B. C. Kontakt aufgenommen und Beratungsgespräche stattgefunden haben, gab Rechtsanwalt A. für die Fa. B. C. im Juni 2012 eine Stellungnahme zum Antrag nach § 16c SGB II ab, in der er ausführte, dass es nach den von der Klägerin vorgelegten Varianten der Umsatzentwicklung zwar möglich sei, dass Gewinne erzielt würden, die die SGB II- Leistungen verringerten, da die Kostenquote jedoch stets über dem Umsatz liege, sei die Tätigkeit nicht tragfähig, da einem Unternehmer nach Abzug von Beiträgen zur Kranken- und Rentenversicherung sowie der Einkommenssteuer mindestens ein Betrag i.H.v. 900,- EUR monatlich für die Lebenshaltung verbleiben müsse, was im Fall der Klägerin nicht zu erwarten stehe.

Mit Bescheid vom 25.06.2012 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Ausgehend von den eigenen Angaben der Klägerin zur Umsatzentwicklung stehe, so der Beklagte begründend, nicht zu erwarten, dass die selbstständige Tätigkeit wirtschaftlich tragfähig betrieben werden könne. Ein Eingliederungszuschuss könne nicht gewährt werden, da in der Person von Hr. Ringwald keine Minderleistung vorliege.

Nachdem die Klägerin im weiteren Fortgang mitgeteilt hatte, den Bescheid nicht erhalten zu haben, wurde ihr am 24.09.2012 eine Mehrfertigung des Bescheides ausgehändigt, woraufhin sie hiergegen Widerspruch erhob. Sie brachte vor, der Ablehnungsbescheid sei völlig überraschend, da die Besprechung mit der Fa. B. C. im Ergebnis positiv verlaufen sei. Die Vorgänge bei der Beklagten seien undurchsichtig, widersprüchlich und rechtswidrig. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.07.2013, der ausweislich eines handschriftlichen Vermerks am gleichen Tag abgesandt wurde, wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 15.08.2013 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Mit Beschluss vom 17.09.2013 hat das SG den Antrag abgelehnt (- S 10 AS 3711/13 -). Das SG hat hierzu, nachdem es die Klägerin zuvor ergebnislos um eine Stellungnahme zum Zugang des Widerspruchsbescheides aufgeforderte hatte, u.a. ausgeführt, dass der Begründetheit des Antrages bereits entgegen stehe, dass die Hauptsache wegen einer verspäteten Klageerhebung unzulässig sei. Eine hiergegen erhobene Beschwerde hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 07.01.2014 (- L 3 AS 4610/13 ER-B -) zurückgewiesen.

Ihre Klage hat die Klägerin, zuletzt unter Berufung darauf, dass ihr Drucker defekt sei, nicht begründet.

Der Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Auf die von der Klägerin begehrten Leistungen bestehe, so der Beklagte, kein Rechtsanspruch. Sie stünden vielmehr in seinem Ermessen. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass er selbiges bei seiner Entscheidung fehlerhaft ausgeübt habe. Es sei insb. zu berücksichtigen, dass ein Eingliederungszuschuss für nahestehende Personen nur unter strengen Voraussetzungen gewährt werden könne. Auch eine Förderung nach § 16 c SGB II komme nicht in Betracht, da die selbstständige Tätigkeit der Klägerin nicht tragfähig sei. Da er, der Beklagte, die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten habe, scheide eine Förderung aus, weil die Selbstständigkeit bisher nur zu Verlusten geführt habe und auch anrechenbares Einkommen in absehbarer Zeit nicht erzielt werden könne.

Mit Gerichtsbescheid vom 05.12.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Klage sei bereits unzulässig, weil sie nicht innerhalb der Klagefrist von einem Monat eingelegt worden sei. Der Widerspruchsbescheid sei am 11.07.2013 zur Post gegeben worden und gelte daher mit dem 14.07.2013 als bekannt gegeben. Die Klagefrist sei daher mit dem 14.08.2013 abgelaufen. Der Klägerin könne auch keine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gewährt werden, da sie trotz ausdrückliche Nachfrage zum Zugang des Widerspruchsbescheids weder vorgetragen noch einen Wiedereinsetzungsgrund glaubhaft gemacht habe.

Gegen den ihr nach eigenen Angaben am 07.12.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 06.01.2014 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung bringt sie vor, sie sei durch das SG und die dortige Verfahrensführung um die Durchsetzung ihrer Rechte gebracht worden. Sie hat ferner umfangreich zur Tragfähigkeit der selbstständigen Tätigkeit vorgetragen und die Abläufe chronologisch aufgelistet. Die Klägerin hat in diesem Rahmen auch ausgeführt, der Widerspruchsbescheid sei am 17.07.2013 im Briefkasten eingegangen, hierauf habe sie bereits mit der Klageerhebung durch die Übersendung einer Kopie des Widerspruchsbescheides, auf dem das Eingangsdatum vermerkt sei, hingewiesen. Kein vernünftig wirtschaftlich Denkender könne ernsthaft Zweifel daran haben, dass ihre Selbstständigkeit tragfähig sei. Es würden bereits ohne die begehrten Leistungen Einkünfte i.H.v. 2.000,- EUR monatlich erwirtschaftet, die sich bei Gewährung der Leistungen auf 3.000,- - 4.000,- EUR monatlich erhöhen würden.

Die Klägerin beantragt ,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 05. Dezember 2013 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 25. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juli 2013 zu verurteilen, ihr Eingliederungsleistungen für Selbständige in Höhe eines Zuschusses von 5.000,- EUR und eines Darlehens in Höhe von 5.000 EUR sowie eines Zuschusses für die Einstellung eines Mitarbeiters im Umfang von 50 Prozent der Arbeitgeberkosten in Höhe von 286,50 EUR monatlich für zwei Jahre zu gewähren,

hilfsweise, das Verfahren an das Sozialgericht Freiburg zurück zu verweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung seines Antrages verweist der Beklagte auf die aus seiner Sicht zutreffenden Ausführungen des erstinstanzlichen Gerichtsbescheides. Zuletzt hat der Beklagte mitgeteilt, dass in keinem der der Klägerin für die Zeit vom 01.08.2012 - 30.09.2015 erteilten Bewilligungsbescheide Einkommen aus der selbstständigen Tätigkeit angerechnet werden konnte.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insb. des Vorbringens der Klägerin wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die beim Beklagten geführten Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 15.04.2015 geworden sind, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 15.04.2015 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegte Berufung ist zulässig, führt jedoch für die Klägerin nicht zum Erfolg.

Der Bescheid vom 25.06.2012 (Widerspruchsbescheid vom 11.07.2013), mit dem der Antrag der Klägerin auf Gewährung von Eingliederungsleistungen für Selbständige und eines Einstellungszuschusses abgelehnt wurde, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

Allerdings war die Klage nicht, wie vom SG angenommen, bereits unzulässig. Die am 15.08.2013 erhobene Klage wurde insb. fristgerecht erhoben. Nach den §§ 87 Abs. 1, Abs. 2 SGG ist die Klage ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids zu erheben. Der Widerspruchsbescheid vom 11.07.2013 wurde, worauf das SG zutreffend hingewiesen hat, nach dem aktenkundigen Vermerk am gleichen Tag zur Post gegeben. Nach der Vermutungsregel des § 37 Abs. 2 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, als am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post, als bekannt gegeben. In Anwendung dieser Vermutung gölte der Widerspruchsbescheid daher am 14.07.2013 als bekannt gegeben, die Klagefrist begänne am 15.07.2013 zu laufen (vgl. § 64 Abs.1 SGG) und endete, wie vom SG angenommen, mit Ablauf des 14.08.2013 (vgl. § 64 Abs. 2 SGG). Jedoch gilt die Vermutungsregelung nach § 37 Abs. 2 Satz 3 SGB X nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. Vorliegend sind durch das klägerische Vorbringen (berechtigte [vgl. hierzu Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 23.04. 2004 - L 1 KG 3408/02 - veröffentlicht in juris]) Zweifel daran, dass der Widerspruchsbescheid der Klägerin gegenüber tatsächlich bis spätestens zum 14.07.2013 bekannt gegeben wurde, begründet. Der Verweis der Klägerin darauf, dass bereits mit der Klageerhebung zum SG eine Mehrfertigung des Widerspruchsbescheides vorgelegt wurde, auf dem dessen Eingangsdatum dokumentiert sei, ist jedenfalls insofern zutreffend, als dort tatsächlich ein Stempel "17.07.2013" ersichtlich ist. Da die Mehrfertigung des Widerspruchsbescheides bereits zu einen Zeitpunkt beim SG vorgelegt wurde, als seitens des SG eine evtl. Verfristung der Klage noch nicht thematisiert worden ist, bestehen für den Senat keine durchgreifenden Zweifel daran, dass der Vortrag, das gestempelte Datum entspreche dem Zeitpunkt der Bekanntgabe, zutreffend ist. Der Senat verkennt hierbei nicht, dass die Klägerin aus weiteren Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und der dortigen Fragen der Fristwahrung (bspw. im Verfahren - L 4 R 5414/08 PKH-B -) ein erhöhtes Verständnis dafür hat, ergebnisbezogen vorzutragen, da jedoch dem Vortrag der Klägerin in tatsächlicher Hinsicht kein Einwand entgegen gesetzt werden kann und der Beklagte den Zugang des Widerspruchsbescheides nicht bewiesen hat und in Folge der von ihm praktizierten Übersendung mit einfacher Post auch nicht beweisen kann, ist die Vermutungsregel des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X vorliegend nicht heranzuziehen. Die Klagefrist des § 87 SGG lief daher jedenfalls nicht vor dem - klägerseits als Zugangstag benannten - 17.07.2013 an; sie endete dem folgend und unter Berücksichtigung von § 64 Abs. 3 SGG - der 17.08.2013 war ein Sonnabend- , jedenfalls nicht vor dem 19.08.2013. Die Klageerhebung vom 15.08.2013 erfolgte hiernach fristgerecht. Da das SG hiernach die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache zu entscheiden, besteht nach § 159 Abs. 1 Nr.1 SGG zwar die Möglichkeit, das Verfahren, wie klägerseits beantragt, an das SG zurück zu verweisen, der Senat macht jedoch im Rahmen des ihm diesbezüglich eingeräumten Ermessens (vgl. u.a. Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 19.09.2013 - B 3 KR 3/13 B - veröffentlicht in juris, dort Rn. 15) hiervon keinen Gebrauch und entscheidet in Ansehung der bestehenden Entscheidungsreife und der Verfahrensdauer nach Abwägung mit den Folgen des für die Klägerin eintretenden Verlustes einer Tatsacheninstanz in der Sache.

Die Klägerin hat als erwerbsfähige Hilfebedürftige i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II dem Grunde nach Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Bei den streitgegenständlichen Ansprüchen auf Eingliederungsleistungen nach § 16 SGB II bzw. auf Leistungen zur Eingliederung von Selbstständigen handelt es sich um von dem Grundanspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß §§ 19 ff SGB II unabhängigen, abtrennbare Streitgegenstände, so dass die Begrenzung des Streitgegenstandes hierauf zulässig ist (vgl. BSG, Urteil vom 13.11.2008 - B 14 AS 66/07 R - veröffentlicht in juris).

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung eines Zuschusses i.H.v. 5.000,- EUR, eines Darlehens i.H.v. 5.000,- EUR oder eines Einstellungszuschusses.

Nach § 16c Abs. 1 Satz 1 SGB II können erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die eine selbstständige, hauptberufliche Tätigkeit aufnehmen oder ausüben, Darlehen und Zuschüsse für die Beschaffung von Sachgütern erhalten, die für die Ausübung der selbständigen Tätigkeit notwendig und angemessen sind. Leistungen können nach § 16c Abs. 3 SGB II jedoch nur dann gewährt werden, wenn zu erwarten steht, dass die selbstständige Tätigkeit wirtschaftlich tragfähig ist und die Hilfebedürftigkeit durch die selbständige Tätigkeit innerhalb eines angemessenen Zeitraums dauerhaft überwunden oder verringert wird. Die Leistungsgewährung nach § 16c Abs. 1 SGB II erfordert mithin die Prognose, dass die Erwartung gerechtfertigt ist, dass die selbstständige Tätigkeit wirtschaftlich tragfähig ist. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Richtigkeit der Prognose der Beklagten ist regelmäßig, auch im Rahmen einer Anfechtungs- und Leistungsklage, der Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides. Erweist sich die Prognoseentscheidung aufgrund der Sachlage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung jedoch als unrichtig, ist die ursprünglich getroffene Prognoseentscheidung als falsifiziert zu betrachten; an ihr ist nicht festzuhalten. Nachträgliche Entwicklungen sind insoweit entscheidungserheblich, als sie zu einer Widerlegung der Prognoseentscheidung führen (vgl. BSG, Urteil vom 11.05.2000 - B 7 AL 18/99 R - veröffentlicht in juris, dort Rn. 19; Urteil vom 24.09.1974 - 7 RAr 113/73 - veröffentlicht in juris, dort Rn. 17; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11 Aufl., 2014, § 54 Rn 34a).

Die Tragfähigkeit der selbstständigen Tätigkeit ist zu bejahen, wenn sie anhand einer Plausibilitätsprüfung und einer Prüfung des schlüssigen Konzepts der selbständigen Tätigkeit eine konkrete und realistische Möglichkeit auf wirtschaftlichen Erfolg von einiger Dauer bietet. Zwar ist nicht erforderlich, dass der Gewinn aus der Tätigkeit hierbei den gesamten (grundsicherungsrechtlichen) Bedarf deckt, es müssen jedoch jedenfalls Erträge erzielt werden, die wirtschaftlich zur Deckung des Lebensunterhalts herangezogen werden können. Zwar hat der Beklagte im Verwaltungsverfahren auf Basis der klägerseits ihm gegenüber kommunizierten Umsatzerwartung von 20.000,- EUR bzw. 33.000,- EUR p.a. angenommen, dass diese Einkünfte, nach Abzug der Ausgaben, ohne eine tatsächliche Tragfähigkeit zu belegen, jedenfalls zu einem anrechenbaren Einkommen i.S.d. SGB II führen, jedoch hat sich selbst diese - vorsichtig positive - Einschätzung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit der ausgeübten Tätigkeit durch die weitere Entwicklung der Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit überholt. Selbst im zeitlichen Anstand von mehr als drei Jahren seit der Beantragung der streitgegenständlichen Leistungen bezieht die Klägerin vom Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, ohne dass Einkünfte aus der selbständigen Tätigkeit nach § 11 SGB II auf den Hilfebedarf der Klägerin dauerhaft und nachhaltig angerechnet werden könnten. Weder aus den umfangreichen Berechnungen der Klägerin noch aus dem sonstigen Akteninhalt ergeben sich nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür, dass die selbständige Tätigkeit der Klägerin nachhaltig wirtschaftlich tragfähig war und ist. Auch die Ausführungen der Klägerin zu Einkommen, das im Falle der (frühzeitigen) Gewährung von Leistungen hätte erzielt werden können, laut dem Ehegatten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 15.04.2015 monatlich 3.000,- - 4.000,- EUR, führt zu keiner abweichenden Beurteilung, da diese hypothetischen Beträge die Validität der sich in der Leistungsbewilligung ohne Anrechnung von Einkommen zu Grunde liegende Annahme der fehlenden wirtschaftlichen Tragfähigkeit, nicht zu erschüttern vermag. Dies wird für den Senat auch dadurch bestätigt, dass auch nach einer früheren Förderung im Wege eines Existenzgründungszuschusses in den Jahren 2005 - 2008 die Selbstständigkeit der Klägerin nicht auf ein derart solides Fundament gestellt wurde, dass selbiges dauerhaft und nachhaltig Gewinne abgeworfen hat. Mithin ist ein Anspruch auf Gewährung eines Zuschuss i.H.v. 5.000,- EUR für die Anschaffung eines Mac-System nebst Software sowie eines Darlehens i.H.v. 5.000,- EUR für die Akquise von Kunden, Fahrzeuge, Werbemittel und Marktauftritt nach § 16c Abs.3 SGB II ausgeschlossen. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf die Gewährung ei¬nes Zuschusses für die Einstellung eines Mitarbeiters im Umfang von 50 Prozent der Arbeitgeberkosten in Höhe von 286,50 EUR monatlich für zwei Jahre. Nach § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB II können zur Eingliederung in Arbeit u.a. Leistungen zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Ersten Unterabschnitt des Fünften Abschnitts des Dritten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB III) und nach § 131 SGB III erbracht werden. Zur Eingliederung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, deren Vermittlung wegen in ihrer Person liegender Gründe erschwert ist, können Arbeitgeber nach §§ 88 ff SGB III einen Zuschuss zum Arbeitsentgelt zum Ausgleich einer Minderleistung erhalten (Eingliederungszuschuss). Hierbei sind jedoch die Zielvorgaben der §§ 1, 3 SGB II zu beachten. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 SGB II können Leistungen zur Eingliederung in Arbeit erbracht werden, soweit sie zur Vermeidung oder Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich sind. Erforderlichkeit in diesem Sinne kann nur bejaht werden, wenn ein Eingliederungserfolg mit hinreichender Sicherheit vorhergesagt werden kann. Hierzu ist gleichfalls eine Prognose anzustellen (BSG, Urteil vom 01.06.2010 - B 4 AS 63/09 R - veröffentlicht in juris, dort Rn. 13). Die oben angeführten Kriterien der wirtschaftlichen Tragfähigkeit können insofern gleichermaßen herangezogen werden und führen für den Senat dazu, dass eine dauerhafte Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit des Ehegatten der Klägerin in Ansehung des geschäftlichen Erfolgs, aus dem auch auf den faktischen quantitativen Umfang der Tätigkeit geschlossen werden kann, nicht möglich ist, so dass die Gewährung des begehrten Eingliederungszuschusses nicht erforderlich ist.

Der Bescheid vom 25.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.07.2013 mit dem der Antrag der Klägerin auf Gewährung von Eingliederungsleistungen für Selbstständige und eines Einstellungszuschusses abgelehnt wurde, ist hiernach rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten; die Berufung ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) wurden klägerseits nicht vorgetragen und sind dem Senat auch anderweitig nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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