Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
2
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 2 KA 286/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 82/14 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
I.
Streitig ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers in dem Rechtsstreit S 2 KA 256/14.
Der Antragsteller ist als Facharzt für Chirurgie in C-H niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Mit Bescheid vom 29.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2014 hob die Antragsgegnerin die dem Antragsteller für die Quartale III/2008 bis II/2012 erteilten Honorarbescheide teilweise in Höhe von insgesamt 224.770,51 EUR auf und forderte diesen Betrag zurück. Das mit ihm am 30.04.2013 geführte Gespräch (über eine Plausibilitätsprüfung) habe ergeben, dass seine Abrechnungen in der eingereichten Form teilweise zu berichtigen seien. Dies zeige sich in den (sechs) nachstehend aufgeführten Beispielsfällen. Zu diesen wird abschließend ausgeführt, der Ansatz der Nrn. 31102 und 31103 EBM sei jeweils nicht plausibel. Die Beispiele erlaubten den Schluss, dass die Abrechnung unter fehlerhafter Anwendung der maßgeblichen Bestimmungen, insbesondere der Leistungslegenden des EBM, erstellt worden sei. Bei dem sachlich fehlerhaften Ansatz der erörterten Gebührenordnungspositionen handele es sich nicht um ein lediglich leichtes Versehen. Vielmehr seien Abrechnungsbestimmungen außer Acht gelassen worden, die dem Antragsteller bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt zumindest hätten bekannt sein müssen. Im Wege des Schätzungsermessens seien für den o.g. Zeitraum die Nr. 31102 EBM in 90 % der Fälle um die Differenz zur Nr. 02301 EBM gekürzt und die Nr. 31103 EBM in 90 % der Fälle um die Differenz zur Nr. 02302 EBM gekürzt worden.
Mit Schreiben vom 25.09.2013 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, zur Rückführung des Honorars werde eine ratenweise Verrechnung mit den Quartalsabrechnungen von III/2013 bis II/2023 vorgenommen. Dabei würden im Quartal III/2013 2.070,51 EUR einbehalten. In den Quartalen IV/2013 und I/2014 würden jeweils 5.900,- EUR in Abzug gebracht. Die Quartale II/2014 bis II/2023 würden mit jeweils 5.700,- EUR belastet. Demgemäß würden die Ratenzahlungen Oktober 2013 bis Februar 2014 vorab um jeweils 2.000,- EUR gemindert. Die Raten März 2014 bis Juni 2023 sowie September 2023 würden um 1.900,- EUR gekürzt. Dieser Entscheid gelte vorbehaltlich weiterer Regress- bzw. Plausibilitätsverfahren.
Mit weiterem Bescheid vom 13.05.2014 hob die Antragsgegnerin die Honorarbescheide für die Quartale III/2012 bis III/2013 teilweise in Höhe von 74.209,45 EUR auf und forderte das insoweit zu Unrecht gezahlte Honorar zurück. Die Sichtung der Folgequartale der Abrechnung des Antragstellers habe ergeben, dass sich das Abrechnungsverhalten nach der durchgeführten Plausibilitätsprüfung nicht geändert habe. Teilweise sei sogar ein Anstieg der dermatochirurgischen Eingriffe nach der GOP 31103 in den genannten Quartalen zu verzeichnen. Der Anlage zu diesem Bescheid ist zu entnehmen, dass die GOP 31103 in 90 % der Fälle um die Differenz zur GOP 02302 gekürzt wurde (auch mit G). Mit Schreiben vom 03.06.2014 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, vor dem Hintergrund des Aufhebungs- und Rückforderungsbescheides vom 13.05.2014 über 74.209,45 EUR sehe sie sich leider gehalten, die monatliche Rückzahlung ab Juni 2014 auf 2.600,- EUR zu erhöhen. Hiermit werde gewährleistet, dass die Laufzeit der Rückforderung nicht den geplanten Zeitrahmen bis Mitte 2023 verlängere.
Gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 29.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2014 hat der Antragsteller am Montag, den 16.06.2014, Klage in der Hauptsache zum Aktenzeichen S 2 KA 256/14 erhoben. Gegen den weiteren Bescheid vom 13.05.2014 hat er Widerspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden ist. Am 04.07.2014 hat er das Gericht zudem um Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes angerufen.
Der Antragsteller hat bei summarischer Prüfung ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide. Zwar sei eine Abrechnungs-Sammelerklärung als Ganzes bereits dann unrichtig, wenn nur eine mit ihr abgegebene Abrechnungsposition eine unrichtige Angabe über erbrachte Leistungen enthalte. Voraussetzung für die Rechtswidrigkeit eines Honorarbescheides, der auf einer unrichtigen Honorarabrechnung beruhe, sei aber jedenfalls der Nachweis der Unrichtigkeit einer Abrechnungsposition für jedes einzelne Quartal. Die im Bescheid benannten Beispielsfälle beträfen die Quartale IV/2010, I/2011 und IV/2011. Bezüglich der übrigen 13 Quartale benenne der Bescheid dagegen keine konkreten Abrechnungsfehler. Eine Übertragung auf andere Quartale sei nicht zulässig.
Zudem werfe die Antragsgegnerin dem Antragsteller keine grobe Fahrlässigkeit vor. Sie habe im Bescheid lediglich dargelegt, er habe Abrechnungsbestimmungen außer Acht gelassen, die ihm bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätten zumindest bekannt sein müssen. Diese Formulierung weise auf den Vorwurf lediglich leichter Fahrlässigkeit hin. Die Antragsgegnerin habe auch ein Schätzungsermessen nicht ausgeübt. Es fehlten konkret nachvollziehbare Erwägungen, aus welchen Gründen die Kürzungen wie ausgeführt vorgenommen worden seien. Die Kürzungen erschienen in der Höhe bzw. dem Umfang völlig willkürlich.
Vor dem Hintergrund, dass eine pauschale Unrichtigkeit der 16 Honorarbescheide nicht gegeben sei und bereits nicht schlüssig vorgetragen worden sei, käme allenfalls eine sachlich-rechnerische Richtigstellung in Betracht. In diesem Rahmen müssten jedoch sämtliche Abrechnungsfehler im Einzelnen konkret von der Antragsgegnerin dargelegt werden. Die Darlegung von sechs Beispielsfällen genüge insofern nicht.
Im Übrigen könne über das Instrument der sachlich-rechnerischen Richtigstellung nur ein kleinerer Anteil des Gesamthonorars (etwa in der Größenordnung von 15 %) zurückgefordert werden. Vorliegend mache der Rückforderungsbetrag jedoch einen deutlich übersteigenden Anteil von 26 % aus.
Ferner sei die Rückforderung nur bis zur Dauer von vier Jahren nach Zugang des Honorarbescheides zulässig. Diese Frist sei bezüglich der Quartale III/2008 und IV/2008 verstrichen.
Schließlich werde bestritten, dass im Hinblick auf die im Bescheid benannten sechs konkreten Beispielsfälle tatsächlich eine fehlerhafte Abrechnung erfolgt sei. Die behauptete Implausibilität allein stelle keine Rechtfertigung für eine sachlich-rechnerische Richtigstellung dar.
Die Vollziehung des Bescheides führe zu einer unbilligen Härte für den Antragsteller. Seine Betriebsausgaben für die Praxis beliefen sich auf durchschnittlich 10.700,- EUR monatlich. Hinzu kämen monatliche Darlehnsrückzahlungen von 1.423,32 EUR für eine Hausrenovierung, zwei Darlehnszahlungen von 266,- EUR und 165,54 EUR für zwei Pkw, Schulgeld für den Sohn N von 550,- EUR, Kosten für private Krankenversicherung von 1.030,- EUR und Kosten der Ärzteversorgung von 1.470,- EUR. Für die Quartale I-IV/2013 ergebe sich ein durchschnittliches Honorar von 17.627,24 EUR monatlich. Seit Februar 2014 rechne er gegenüber der Antragsgegnerin in reduzierter Form ab mit der Folge, dass sich seine Einkünfte um rund 6.000,- EUR je Quartal verringerten. Bereits eine Kürzung seiner Einkünfte um 1.900,- EUR monatlich sei schwer aufzufangen. Die nunmehr geforderte Kürzung sei nicht mehr zumutbar und könne dauerhaft bis zum Jahr 2023 nicht mehr aufgefangen werden.
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom 16.06.2014, Aktenzeichen S 2 KA 256/14, gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 29.07.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2014 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.
Sie sieht weder Anordnungsgrund noch -anspruch.
Schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile, die nachträglich nicht mehr beseitigt werden könnten, seien von dem Antragsteller nicht nachvollziehbar vorgetragen worden. Inwiefern die Erhöhung des Rückforderungsbetrages ab Juni 2014 auf 2.600,- EUR monatlich für ihn existenzvernichtend und die wirtschaftliche Existenzgrundlage seiner Praxis gefährdet sein sollten, werde nicht weiter konkretisiert und nicht schlüssig dargelegt.
Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass in einem zwischen den Beteiligten stattgefundenen Gespräch vom 29.01.2014 dem Antragsteller und dessen Verfahrensbevollmächtigten dargelegt worden sei, bei Beibehaltung der gegenwärtigen Rückforderungsmodalitäten sei die betreffende Rückforderungssumme erst im Jahre 2023 vollständig getilgt und dies sei keine Perspektive für die Antragsgegnerin. Darüber hinaus sei Hintergrund der Erhöhung ein - weiterer - Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 13.05.2014 über 74.209,45 EUR.
Der angefochtene Bescheid sei auch rechtmäßig. Die nicht ordnungsgemäße Abrechnungslegung des Antragstellers bestehe darin, dass er die Nrn. 31102 und 31103 EBM ohne Durchführung eines operativen Eingriffs angesetzt habe. Nach Nr. 1 der Präambel 31.2.1 des EBM gälten als ambulante Operation ärztliche Leistungen mit chirurgisch-instrumenteller Eröffnung der Haut und/oder Schleimhaut oder der Wundverschluss von eröffneten Strukturen der Haut und/oder Schleimhaut mindestens in Oberflächenanästhesie sowie Leistungen entsprechend den OPS-301-Prozeduren des Anhangs 2 ggf. einschl. eingriffsbezogener Verbandsleistungen. Punktionen mit Nadeln, Kanülen und Biopsienadeln sowie Kürettagen der Haut und Shave-Biopsien der Haut fielen nicht unter die Definition eines operativen Eingriffs. Gemäß 31.2.2 des EBM setze die Berechnung dermato-chirurgischer Eingriffe die obligate histologische Untersuchung entnommenen Materials und/oder eine Bilddokumentation des prä- und postoperativen Befundes voraus. Ein solcher entsprechend der Leistungslegende des EBM geforderter dermato-chirurgischer Eingriff sei in keinem der in dem Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid genannten Fälle vorgenommen worden.
Vielmehr habe der Antragsteller die Nrn. 31102 und 31103 EBM unzulässigerweise "analog" angesetzt. Sein Fehlverhalten sei auch grob fahrlässig erfolgt.
Bereits wegen der fehlenden Voraussetzung des operativen Eingriffs sei im Übrigen nicht mehr darauf eingegangen worden, dass zur Abrechenbarkeit dieser Abrechnungsziffern ein maligner Befund vorliegen müsse.
Soweit der Antragsteller rüge, dass in dem Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 29.07.2013 nur sechs Beispielsfälle genannt würden und diese nicht alle Quartale beträfen, sei in dem Plausibilitätsgespräch am 30.04.2013 im gegenseitigen Einvernehmen auf eine weitere Beispielbesprechung vor dem Hintergrund verzichtet worden, dass die Problematik in allen Fällen gleichgelagert gewesen sei. Von den neun besprochenen Fällen sei nur in einem Fall die Abrechnung als plausibel angesehen worden, da die Patientin einen Wangentumor gehabt habe, der histologisch abgeklärt und von dem Antragsteller chirurgisch entfernt worden sei. Hieraus ergebe sich auch die prozentuale - 90 % - und nicht die komplette Korrektur der Nrn. 31102 und 31103 EBM. Die Ziffern seien auch nicht gestrichen worden, sondern die Nr. 31102 EBM sei in die Nr. 02301 EBM und die Nr. 31103 EBM sei in die Nr. 02203 EBM umgewandelt worden. Demnach habe auch eine Ermessensausübung stattgefunden.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die Streitakte S 2 KA 256/14 sowie die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin.
II.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes war zurückzuweisen.
Zwar hat der Antragsteller ein Rechtsschutzbedürfnis für die Anrufung des Gerichts (vgl. dazu LSG NRW, Beschluss vom 16.06.2014 - L 11 KA 76/13 B ER -). Er hat mit seinem Widerspruchsschreiben vom 14.08.2013 gleichzeitig bei der Antragsgegnerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs beantragt (§ 86a Abs. 3 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)); dieser Antrag ist jedoch erkennbar aussichtslos gewesen.
Der bei Gericht gestellte Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.
Gemäß § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG hat die Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Nach § 86a Abs. 2 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung jedoch u.a. nach Nr. 4 in durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Eine derartige bundesgesetzliche Regelung ergibt sich aus § 85 Abs. 4 Satz 9 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V). Danach hat die Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung keine aufschiebende Wirkung. Honorarrückforderungsbescheide sind dem zuzurechnen (LSG NRW, Beschluss vom 27.05.2013 - L 11 KA 16/13 B ER - m.w.N.).
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann jedoch das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen die Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung hat, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen bzw. wiederherstellen (LSG NRW, Beschluss vom 13.04.2011 - L 11 KA 133/10 B ER/L 11 KA 17/11 B ER -), um Rechtsbeeinträchtigungen abwehren zu können, die durch den Vollzug eines noch nicht bestandskräftigen Verwaltungsaktes drohen.
In Verfahren nach § 86b Abs. 1 SGG ist eine Differenzierung in Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch nicht vorzunehmen. Insofern wird für die Prüfung, ob und inwieweit die streitige Regelung wesentliche Nachteile zur Folge hat oder eine Rechtsverwirklichung vereitelt bzw. wesentlich erschwert, grundsätzlich auf die wirtschaftlichen Folgen der in geschützte Rechtsgüter (z.B. Art. 12, 14 GG) eingreifenden Regelung abgestellt. Abzuwägen sind die öffentlichen und privaten Interessen. Dabei steht eine Prüfung der Erfolgsaussichten im Vordergrund. Auch wenn das Gesetz keine materiellen Kriterien für die Entscheidung nennt, kann als Richtschnur für die Entscheidung davon ausgegangen werden, dass das Gericht dann die aufschiebende Wirkung wiederherstellt, wenn der angefochtene Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig ist und der Betroffene durch ihn in subjektiven Rechten verletzt wird. Am Vollzug eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes besteht kein öffentliches Interesse. Andererseits liegt ein überwiegendes öffentliches Interesse dann vor, wenn der angefochtene Verwaltungsakt ersichtlich rechtmäßig ist. Sind die Erfolgsaussichten nicht offensichtlich, müssen die für und gegen eine sofortige Vollziehung sprechenden Gesichtspunkte gegeneinander abgewogen werden. Dabei ist die Regelung des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG zu beachten, wonach in den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG die Vollziehung nur ausgesetzt werden soll, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Vergleichbares gilt, wenn der Gesetzgeber die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ausdrücklich ausgeschlossen hat (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 27.05.2013 - L 11 KA 16/13 B ER - zu § 106 Abs. 5a Satz 11 SGB V). Im Rahmen der Interessenabwägung kommt es ggf. auch auf wirtschaftliche Beeinträchtigungen an. Diese haben indessen keine solche Bedeutung wie im Anwendungsbereich des § 86b Abs. 2 SGG, da sie dort in der Form des Anordnungsgrundes gleichrangig neben dem Anordnungsanspruch stehen. Für § 86b Abs. 1 SGG sind wirtschaftliche Interessen ein Kriterium neben einer Vielzahl anderer in die Abwägung unter Umständen einzubeziehender Umstände und können - je nach Sachlage - auch von untergeordneter Bedeutung sein (LSG NRW, Beschluss vom 11.10.2013 - L 11 KA 23/13 B ER - m.w.N.).
Nach Maßgabe vorgenannter Grundsätze war der Antrag zurückzuweisen.
Der angefochtene Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid erweist sich bei summarischer Prüfung - mit Ausnahme der Quartale III/2008 und IV/2008 - als rechtmäßig. Sachlich-rechnerische Richtigstellungen sind grundsätzlich innerhalb einer Frist von vier Jahren seit Erlass des Quartalshonorarbescheides zulässig (BSG, Urteil vom 30.10.2013 - B 6 KA 3/13 R - m.w.N.). Der Abrechnungsbescheid III/2008 wurde um den 25.01.2009 und der Abrechnungsbescheid IV/2009 um den 25.04.2009 erteilt. Der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 29.07.2013 liegt insofern jeweils außerhalb der Vier-Jahres-Frist und stellt sich für diese beiden Quartale als rechtswidrig dar.
Im Übrigen ist der Bescheid nicht zu beanstanden. Rechtsfehlerfrei hat die Antragsgegnerin die aufgrund einer Plausibilitätsprüfung beanstandeten Leistungen nach den GOP 31102 und 31103 EBM sachlich-rechnerisch berichtigt.
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 08.03.2000 - B 6 KA 16/99 R -) stellen Plausibilitätsprüfungen auf der Grundlage des § 83 Abs. 2 SGB V ein Verfahren dar, aufgrund bestimmter Anhaltspunkte und vergleichender Betrachtungen im Ergebnis die Fehlerhaftigkeit ärztlicher Abrechnungen aufzudecken. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind dabei nicht schon wegen fehlender Plausibilität, sondern nur dann zur sachlich-rechnerischen Berichtigung von Abrechnungen berechtigt, wenn diese unrichtig sind, weil Leistungen nicht so erbracht worden sind, wie der Arzt sie abgerechnet hat, oder die Leistungslegenden der einzelnen Positionen nicht erfüllt worden sind.
Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung und Rückforderung ist § 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V. Danach stellt die Kassenärztliche Vereinigung die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten. Gleiches ergibt sich aus § 45 Abs. 2 Satz 1 des Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) und § 34 Abs. 4 des Bundesmantelvertrages-Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä) i.d.F. bis 30.09.2013.
Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots -, erbracht und abgerechnet worden sind (BSG, Urteil vom 02.04.2014 - B 6 KA 20/13 R - m.w.N.).
Die Befugnis zu Richtigstellungen besteht auch für bereits erlassene Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung). Sie bedeutet dann im Umfang der vorgenommenen Korrekturen eine teilweise Rücknahme des Honorarbescheides. Die genannten Bestimmungen stellen Sonderregelungen dar, die gemäß § 37 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (SGB I) in ihrem Anwendungsbereich die Regelung des § 45 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) verdrängen. Eine nach den Bestimmungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung rechtmäßige (Teil-)Rücknahme des Honorarbescheides mit Wirkung für die Vergangenheit löst nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung des Empfängers der Leistung aus (BSG, Urteil vom 28.08.2013 - B 6 KA 50/12 R -).
Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine nachträgliche sachlich-rechnerische Richtigstellung der GOP 31102 und 31103 EBM sind erfüllt.
Für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich. Die primäre Bindung an den Wortlaut folgt auch aus dem Gesamtkonzept des EBM als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw. Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt. Leistungsbeschreibungen dürfen weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewendet werden (zuletzt BSG, Urteil vom 15.08.2012 - B 6 KA 34/11 R - m.w.N.).
Die GOP 31102 EBM honoriert einen dermatochirurgischen Eingriff der Kategorie A2 mit dem obligaten Leistungsinhalt eines chirurgischen Eingriffs an der Körperoberfläche der Kategorie A2 entsprechend Anhang 2. Nach der GOP 31103 EBM werden solche Eingriffe der Kategorie A3 vergütet. Diese Leistungsinhalte hat der Antragsteller nicht erbracht.
Dabei folgt die Kammer im Rahmen summarischer Prüfung den Begründungen zu den sechs Beispielsfällen vollinhaltlich, sieht entsprechend § 136 Abs. 3 SGG insofern von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist lediglich ergänzend auf folgendes hin:
Nach den Allgemeinen Bestimmungen des EBM, 4.3.7, Punkt 2 setzen operative Eingriffe die Eröffnung von Haut und/oder Schleimhaut ( ...) voraus. Die von dem Antragsteller mittels Laser durchgeführten Behandlungen mit schrittweiser Abtragung der Haut stellen keine Eröffnung dar (vgl. z.B. die Darstellung der Deutschen Dermatologischen Lasergesellschaft e.V. zu Lasertherapien bei verschiedenen Behandlungsindikation http://www.ddl.de/fuer-patienten/haeufige-fragen)).
Soweit in den Codierungen 5-916-74 und 5-916-79 alloplastisches Material gefordert wird, werden damit alle körperfremden anorganischen synthetischen oder inerten Materialien bezeichnet, die zum Substanzaufbau verwendet werden, z.B. Kunststoffe. Nicht eingenähte Gaze (Mull) zur Wundbehandlung stellt kein alloplastisches Material dar.
Der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides steht nicht entgegen, dass die Fallbeispiele lediglich den Quartalen IV/2010, I/2011 und IV/2011 entnommen, aber Kürzungen für insgesamt 16 Quartale verfügt worden sind. Ausweislich des Protokolls über die Plausibilitätsprüfung vom 30.04.2013 wurde auf eine weitere Beispielfallbesprechung einvernehmlich verzichtet, da alle Fälle gleichgelagert gewesen seien. Zwar gibt es grundsätzlich keinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass eine in bestimmten Fällen implausibel oder fehlerhaft abgerechnete Leistung damit automatisch auch in allen anderen Fällen implausibel oder fehlerhaft ist (LSG NRW, Urteil vom 22.06.2005 - L 11 KA 83/04 -). Wenn jedoch - wie hier - der Antragsteller ein grundsätzliches Verständnis von der Abrechnungsfähigkeit der betroffenen Leistungen deutlich macht, alle Fälle gleichgelagert sind und deshalb einvernehmlich auf die Besprechung weiterer Fälle verzichtet wird, durfte die Antragsgegnerin davon ausgehen, dass die aufgedeckten Abrechnungsfehler in sämtlichen streitbefangenen Quartalen vorhanden waren, und durfte deshalb rechtsfehlerfrei das aus der Besprechung von Fällen aus drei Quartalen gewonnene Ergebnis auf die übrigen Quartale hochrechnen (vgl. LSG NRW, Urteil vom 11.03.2009 - L 11 (10) KA 3/07 -).
Es liegt auch ein Verschulden des Antragstellers vor. Grundsätzlich setzt die Richtigstellung von fehlerhaften vertragsärztlichen Abrechnungen kein Verschulden voraus (z.B. BSG, Urteil vom 23.06.2010 - B 6 KA 7/09 R - m.w.N.) Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Kassenärztliche Vereinigung den gesamten Honorarbescheid für ein Quartal allein wegen der Unrichtigkeit der Abrechnungs-Sammelerklärung aufhebt. Diese Rechtsfolge setzt voraus, dass unrichtige Angaben zumindest grob fahrlässig erfolgt sind (BSG, Urteil vom 22.03.2006 - B 6 KA 76/04 R -). Selbst wenn dies angesichts der Größenordnung der von dem Antragsteller zurückgeforderten Honorare - nach seinem Vortrag ca. 26 % - zu fordern sein sollte (vgl. BSG, Beschluss vom 03.02.2010 - B 6 KA 22/09 B -), ist diese Voraussetzung erfüllt. Grobe Fahrlässigkeit bedeutet die Verletzung der erforderlichen Sorgfalt in besonders schwerem Maße (vgl. die Legaldefinition in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 Halbsatz 2 SGB X). Das bedingt keine vorsätzlich falsche Abrechnung, andererseits reichen unrichtige Angaben in der Honorarabrechnung, die auf einem schlichten Versehen beruhen, nicht aus (BSG, Urteil vom 17.09.1997 - 6 RKa 86/95 -).
Dem Antragsteller war sehr bewusst, dass er mit den von ihm erbrachten Leistungen die Gebührentatbestände (Leistungslegenden) der zur Abrechnung gebrachten GOP 31102 und 31103 EBM nicht erfüllte. So hat er z.B. im Fall F, M, geb. 0.00.1939, ausdrücklich erklärt, angesichts der sehr langwierigen Behandlung mit einem Laser habe er die GOP 31103 EBM gewählt und analog abgerechnet. In seinem Schreiben vom 16.07.2013 an die Antragsgegnerin fordert er Kostenneutralität ein, weil die Ziffern 02301 und 02302 EBM bei Weitem nicht den medizinischen und technischen Aufwand erfüllten, den er bei seinen Operationen betrieben habe. Alternativ sehe er z.B. die OPS-Ziffern 5-903.6a-69 als geeignet an. Hiermit verkennt der Antragsteller, dass allein der Bewertungsausschuss auf der Grundlage des § 87 SGB V die Kompetenz hat, eine Gebührenordnung zu schaffen. Durch die personelle Zusammensetzung des - paritätisch mit Vertretern der Ärzte und Krankenkassen besetzten - Bewertungsausschusses und den vertraglichen Charakter des EBM soll gewährleistet werden, dass die unterschiedlichen Interessen der an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Gruppen zum Ausgleich kommen und auf diese Weise eine sachgerechte inhaltliche Umschreibung und Bewertung der ärztlichen Leistungen erreicht wird (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 3/12 R -). Wenn der Antragsteller die von ihm durchgeführten Leistungen im EBM nicht hinreichend abgebildet sieht, bleibt es ihm unbenommen, über seinen Berufsverband auf eine Weiterentwicklung des EBM hinzuwirken; eigenmächtige Analogien verbieten sich indes.
Rechtmäßig ist schließlich auch der Umfang der im Wege der Schätzung ermittelten Honorarrückforderung. Der angefochtene Bescheid enthält zwar sehr knappe, aber noch hinreichend überzeugende Ausführungen zur Schätzung, welche sich die Kammer zu eigen macht und nachvollzieht. Die Antragsgegnerin hat nicht die Gebührenansätze der GOP 31102 und 31103 EBM in toto gestrichen, sondern in kleinchirurgische Eingriffe II (GOP 02301 EBM) bzw. III (GOP 02302 EBM) umgewandelt und damit die Leistungen des Antragstellers in dem Maße anerkannt, wie es der EBM hergibt. Soweit dies in 90 % der Fälle geschehen ist, wahrt dies einen genügenden Sicherheitsabstand zu den Behandlungsfällen, in denen der Antragsteller die berichtigten GOP zu Recht in Ansatz gebracht hatte (wie z.B. im Fall T, I, geb. 00.00.1937). Eine weitergehende Reduzierung der Rückforderung ist angesichts der Gleichgelagertheit der Fälle nicht zu fordern.
Stellt sich der Bescheid bei summarischer Prüfung somit insgesamt als rechtmäßig dar, sind schließlich besondere zu einer unbilligen Härte führende Gründe, die ggf. die Anordnung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigen könnten, weder ersichtlich noch von dem Antragsteller dargetan. Die Ratenzahlung beträgt ab Juni 2014 monatlich 2.600,- EUR entsprechend 7.800,- EUR pro Quartal. Für die Quartale I/2013 bis IV/2013 wurden dem Antragsteller Gesamthonorar-Gutschriften in Höhe von durchschnittlich 56.427,10 EUR je Quartal erteilt. Die Ratenzahlungen belaufen sich daher auf ca. 13,8 % der Honorareinkünfte. Selbst wenn der Antragsteller seit Februar 2014 in reduzierter Form abrechnet und sich seine Einkünfte um ca. 6.000,- EUR je Quartal verringern, verbleibt ein Quartalshonorar von ca. 50.400,- EUR. Die Ratenzahlungen beliefen sich dann auf ca. 15,5 % der Honorareinkünfte. Bereits diese Größenordnungen lassen eine unbillige Härte nicht erkennen. Hinzu kommt, dass bei der Beurteilung einer unbilligen Härte neben den Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit auch die Einnahmen aus privatärztlicher sowie sonstiger Tätigkeit zu berücksichtigen sind (vgl. Hess. LSG, Beschluss vom 21.12.2009 - L 4 KA 77/09 B ER -; vgl. auch BSG, Urteil vom 08.12.2010 - B 6 KA 42/09 R - im Zusammenhang mit der Angemessenheit der ärztlichen Vergütung). Hierzu hat der Antragsteller keine Angaben gemacht.
Im Übrigen muss eine Existenzgefährdung kausal auf die angegriffene Maßnahme zurückzuführen sein. Nicht zu folgen ist einer Erwägung, die darauf hinausläuft, das "Prioritätsprinzip" anzuwenden, also diejenige Forderung, mittels deren Geltendmachung erstmals die Grenze zur realen Existenzgefährdung überschritten wird, durch einstweiligen Rechtsschutz zeitweise abwehren zu können, sofern nur genügend - privatautonom - veranlasste anderweitige Forderungen bestehen und befriedigt werden müssen. Denn danach wäre es jederzeit möglich, durch privat bewirkte Investitionen existenzgefährdende Liquiditätsengpässe zu produzieren, die dazu führten, dass öffentlich-rechtlichen Ansprüchen im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nur nachrangige Bedeutung zukäme (LSG NRW, Beschluss vom 19.03.2007 - L 10 B 3/07 KA ER - m.w.N.). Der Antragsteller wird daher seine privatrechtlichen Verpflichtungen auf geeignete Weise zu verringern haben. Angesichts der langen Laufzeit der Ratenzahlungsverpflichtung bis ins Jahr 2023 fallen ohnehin einige Belastungen aus der Natur der Sache heraus weg, wie etwa das Schulgeld für seinen Sohn N nach Beendigung von dessen Ausbildung.
Soweit sich die Honorarrückforderung für die Quartale III/2008 und IV/2008 als rechtswidrig erweist, wird die Antragsgegnerin die Laufzeit der ratierlichen Honorareinbehalte entsprechend zu verkürzen haben. Die Einbehalte belaufen sich auf 4.419,32 EUR (III/2008) und 4.916,81 EUR (IV/2008), insgesamt auf 9.336,13 EUR. Angesichts dieser im Verhältnis zum Gesamtumfang der Rückforderungen geringen Größenordnung kommt eine Reduzierung der laufenden Ratenzahlungen nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 197a SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gründe:
I.
Streitig ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers in dem Rechtsstreit S 2 KA 256/14.
Der Antragsteller ist als Facharzt für Chirurgie in C-H niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Mit Bescheid vom 29.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2014 hob die Antragsgegnerin die dem Antragsteller für die Quartale III/2008 bis II/2012 erteilten Honorarbescheide teilweise in Höhe von insgesamt 224.770,51 EUR auf und forderte diesen Betrag zurück. Das mit ihm am 30.04.2013 geführte Gespräch (über eine Plausibilitätsprüfung) habe ergeben, dass seine Abrechnungen in der eingereichten Form teilweise zu berichtigen seien. Dies zeige sich in den (sechs) nachstehend aufgeführten Beispielsfällen. Zu diesen wird abschließend ausgeführt, der Ansatz der Nrn. 31102 und 31103 EBM sei jeweils nicht plausibel. Die Beispiele erlaubten den Schluss, dass die Abrechnung unter fehlerhafter Anwendung der maßgeblichen Bestimmungen, insbesondere der Leistungslegenden des EBM, erstellt worden sei. Bei dem sachlich fehlerhaften Ansatz der erörterten Gebührenordnungspositionen handele es sich nicht um ein lediglich leichtes Versehen. Vielmehr seien Abrechnungsbestimmungen außer Acht gelassen worden, die dem Antragsteller bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt zumindest hätten bekannt sein müssen. Im Wege des Schätzungsermessens seien für den o.g. Zeitraum die Nr. 31102 EBM in 90 % der Fälle um die Differenz zur Nr. 02301 EBM gekürzt und die Nr. 31103 EBM in 90 % der Fälle um die Differenz zur Nr. 02302 EBM gekürzt worden.
Mit Schreiben vom 25.09.2013 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, zur Rückführung des Honorars werde eine ratenweise Verrechnung mit den Quartalsabrechnungen von III/2013 bis II/2023 vorgenommen. Dabei würden im Quartal III/2013 2.070,51 EUR einbehalten. In den Quartalen IV/2013 und I/2014 würden jeweils 5.900,- EUR in Abzug gebracht. Die Quartale II/2014 bis II/2023 würden mit jeweils 5.700,- EUR belastet. Demgemäß würden die Ratenzahlungen Oktober 2013 bis Februar 2014 vorab um jeweils 2.000,- EUR gemindert. Die Raten März 2014 bis Juni 2023 sowie September 2023 würden um 1.900,- EUR gekürzt. Dieser Entscheid gelte vorbehaltlich weiterer Regress- bzw. Plausibilitätsverfahren.
Mit weiterem Bescheid vom 13.05.2014 hob die Antragsgegnerin die Honorarbescheide für die Quartale III/2012 bis III/2013 teilweise in Höhe von 74.209,45 EUR auf und forderte das insoweit zu Unrecht gezahlte Honorar zurück. Die Sichtung der Folgequartale der Abrechnung des Antragstellers habe ergeben, dass sich das Abrechnungsverhalten nach der durchgeführten Plausibilitätsprüfung nicht geändert habe. Teilweise sei sogar ein Anstieg der dermatochirurgischen Eingriffe nach der GOP 31103 in den genannten Quartalen zu verzeichnen. Der Anlage zu diesem Bescheid ist zu entnehmen, dass die GOP 31103 in 90 % der Fälle um die Differenz zur GOP 02302 gekürzt wurde (auch mit G). Mit Schreiben vom 03.06.2014 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, vor dem Hintergrund des Aufhebungs- und Rückforderungsbescheides vom 13.05.2014 über 74.209,45 EUR sehe sie sich leider gehalten, die monatliche Rückzahlung ab Juni 2014 auf 2.600,- EUR zu erhöhen. Hiermit werde gewährleistet, dass die Laufzeit der Rückforderung nicht den geplanten Zeitrahmen bis Mitte 2023 verlängere.
Gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 29.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2014 hat der Antragsteller am Montag, den 16.06.2014, Klage in der Hauptsache zum Aktenzeichen S 2 KA 256/14 erhoben. Gegen den weiteren Bescheid vom 13.05.2014 hat er Widerspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden ist. Am 04.07.2014 hat er das Gericht zudem um Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes angerufen.
Der Antragsteller hat bei summarischer Prüfung ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide. Zwar sei eine Abrechnungs-Sammelerklärung als Ganzes bereits dann unrichtig, wenn nur eine mit ihr abgegebene Abrechnungsposition eine unrichtige Angabe über erbrachte Leistungen enthalte. Voraussetzung für die Rechtswidrigkeit eines Honorarbescheides, der auf einer unrichtigen Honorarabrechnung beruhe, sei aber jedenfalls der Nachweis der Unrichtigkeit einer Abrechnungsposition für jedes einzelne Quartal. Die im Bescheid benannten Beispielsfälle beträfen die Quartale IV/2010, I/2011 und IV/2011. Bezüglich der übrigen 13 Quartale benenne der Bescheid dagegen keine konkreten Abrechnungsfehler. Eine Übertragung auf andere Quartale sei nicht zulässig.
Zudem werfe die Antragsgegnerin dem Antragsteller keine grobe Fahrlässigkeit vor. Sie habe im Bescheid lediglich dargelegt, er habe Abrechnungsbestimmungen außer Acht gelassen, die ihm bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätten zumindest bekannt sein müssen. Diese Formulierung weise auf den Vorwurf lediglich leichter Fahrlässigkeit hin. Die Antragsgegnerin habe auch ein Schätzungsermessen nicht ausgeübt. Es fehlten konkret nachvollziehbare Erwägungen, aus welchen Gründen die Kürzungen wie ausgeführt vorgenommen worden seien. Die Kürzungen erschienen in der Höhe bzw. dem Umfang völlig willkürlich.
Vor dem Hintergrund, dass eine pauschale Unrichtigkeit der 16 Honorarbescheide nicht gegeben sei und bereits nicht schlüssig vorgetragen worden sei, käme allenfalls eine sachlich-rechnerische Richtigstellung in Betracht. In diesem Rahmen müssten jedoch sämtliche Abrechnungsfehler im Einzelnen konkret von der Antragsgegnerin dargelegt werden. Die Darlegung von sechs Beispielsfällen genüge insofern nicht.
Im Übrigen könne über das Instrument der sachlich-rechnerischen Richtigstellung nur ein kleinerer Anteil des Gesamthonorars (etwa in der Größenordnung von 15 %) zurückgefordert werden. Vorliegend mache der Rückforderungsbetrag jedoch einen deutlich übersteigenden Anteil von 26 % aus.
Ferner sei die Rückforderung nur bis zur Dauer von vier Jahren nach Zugang des Honorarbescheides zulässig. Diese Frist sei bezüglich der Quartale III/2008 und IV/2008 verstrichen.
Schließlich werde bestritten, dass im Hinblick auf die im Bescheid benannten sechs konkreten Beispielsfälle tatsächlich eine fehlerhafte Abrechnung erfolgt sei. Die behauptete Implausibilität allein stelle keine Rechtfertigung für eine sachlich-rechnerische Richtigstellung dar.
Die Vollziehung des Bescheides führe zu einer unbilligen Härte für den Antragsteller. Seine Betriebsausgaben für die Praxis beliefen sich auf durchschnittlich 10.700,- EUR monatlich. Hinzu kämen monatliche Darlehnsrückzahlungen von 1.423,32 EUR für eine Hausrenovierung, zwei Darlehnszahlungen von 266,- EUR und 165,54 EUR für zwei Pkw, Schulgeld für den Sohn N von 550,- EUR, Kosten für private Krankenversicherung von 1.030,- EUR und Kosten der Ärzteversorgung von 1.470,- EUR. Für die Quartale I-IV/2013 ergebe sich ein durchschnittliches Honorar von 17.627,24 EUR monatlich. Seit Februar 2014 rechne er gegenüber der Antragsgegnerin in reduzierter Form ab mit der Folge, dass sich seine Einkünfte um rund 6.000,- EUR je Quartal verringerten. Bereits eine Kürzung seiner Einkünfte um 1.900,- EUR monatlich sei schwer aufzufangen. Die nunmehr geforderte Kürzung sei nicht mehr zumutbar und könne dauerhaft bis zum Jahr 2023 nicht mehr aufgefangen werden.
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom 16.06.2014, Aktenzeichen S 2 KA 256/14, gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 29.07.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2014 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.
Sie sieht weder Anordnungsgrund noch -anspruch.
Schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile, die nachträglich nicht mehr beseitigt werden könnten, seien von dem Antragsteller nicht nachvollziehbar vorgetragen worden. Inwiefern die Erhöhung des Rückforderungsbetrages ab Juni 2014 auf 2.600,- EUR monatlich für ihn existenzvernichtend und die wirtschaftliche Existenzgrundlage seiner Praxis gefährdet sein sollten, werde nicht weiter konkretisiert und nicht schlüssig dargelegt.
Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass in einem zwischen den Beteiligten stattgefundenen Gespräch vom 29.01.2014 dem Antragsteller und dessen Verfahrensbevollmächtigten dargelegt worden sei, bei Beibehaltung der gegenwärtigen Rückforderungsmodalitäten sei die betreffende Rückforderungssumme erst im Jahre 2023 vollständig getilgt und dies sei keine Perspektive für die Antragsgegnerin. Darüber hinaus sei Hintergrund der Erhöhung ein - weiterer - Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 13.05.2014 über 74.209,45 EUR.
Der angefochtene Bescheid sei auch rechtmäßig. Die nicht ordnungsgemäße Abrechnungslegung des Antragstellers bestehe darin, dass er die Nrn. 31102 und 31103 EBM ohne Durchführung eines operativen Eingriffs angesetzt habe. Nach Nr. 1 der Präambel 31.2.1 des EBM gälten als ambulante Operation ärztliche Leistungen mit chirurgisch-instrumenteller Eröffnung der Haut und/oder Schleimhaut oder der Wundverschluss von eröffneten Strukturen der Haut und/oder Schleimhaut mindestens in Oberflächenanästhesie sowie Leistungen entsprechend den OPS-301-Prozeduren des Anhangs 2 ggf. einschl. eingriffsbezogener Verbandsleistungen. Punktionen mit Nadeln, Kanülen und Biopsienadeln sowie Kürettagen der Haut und Shave-Biopsien der Haut fielen nicht unter die Definition eines operativen Eingriffs. Gemäß 31.2.2 des EBM setze die Berechnung dermato-chirurgischer Eingriffe die obligate histologische Untersuchung entnommenen Materials und/oder eine Bilddokumentation des prä- und postoperativen Befundes voraus. Ein solcher entsprechend der Leistungslegende des EBM geforderter dermato-chirurgischer Eingriff sei in keinem der in dem Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid genannten Fälle vorgenommen worden.
Vielmehr habe der Antragsteller die Nrn. 31102 und 31103 EBM unzulässigerweise "analog" angesetzt. Sein Fehlverhalten sei auch grob fahrlässig erfolgt.
Bereits wegen der fehlenden Voraussetzung des operativen Eingriffs sei im Übrigen nicht mehr darauf eingegangen worden, dass zur Abrechenbarkeit dieser Abrechnungsziffern ein maligner Befund vorliegen müsse.
Soweit der Antragsteller rüge, dass in dem Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 29.07.2013 nur sechs Beispielsfälle genannt würden und diese nicht alle Quartale beträfen, sei in dem Plausibilitätsgespräch am 30.04.2013 im gegenseitigen Einvernehmen auf eine weitere Beispielbesprechung vor dem Hintergrund verzichtet worden, dass die Problematik in allen Fällen gleichgelagert gewesen sei. Von den neun besprochenen Fällen sei nur in einem Fall die Abrechnung als plausibel angesehen worden, da die Patientin einen Wangentumor gehabt habe, der histologisch abgeklärt und von dem Antragsteller chirurgisch entfernt worden sei. Hieraus ergebe sich auch die prozentuale - 90 % - und nicht die komplette Korrektur der Nrn. 31102 und 31103 EBM. Die Ziffern seien auch nicht gestrichen worden, sondern die Nr. 31102 EBM sei in die Nr. 02301 EBM und die Nr. 31103 EBM sei in die Nr. 02203 EBM umgewandelt worden. Demnach habe auch eine Ermessensausübung stattgefunden.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die Streitakte S 2 KA 256/14 sowie die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin.
II.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes war zurückzuweisen.
Zwar hat der Antragsteller ein Rechtsschutzbedürfnis für die Anrufung des Gerichts (vgl. dazu LSG NRW, Beschluss vom 16.06.2014 - L 11 KA 76/13 B ER -). Er hat mit seinem Widerspruchsschreiben vom 14.08.2013 gleichzeitig bei der Antragsgegnerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs beantragt (§ 86a Abs. 3 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)); dieser Antrag ist jedoch erkennbar aussichtslos gewesen.
Der bei Gericht gestellte Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.
Gemäß § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG hat die Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Nach § 86a Abs. 2 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung jedoch u.a. nach Nr. 4 in durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Eine derartige bundesgesetzliche Regelung ergibt sich aus § 85 Abs. 4 Satz 9 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V). Danach hat die Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung keine aufschiebende Wirkung. Honorarrückforderungsbescheide sind dem zuzurechnen (LSG NRW, Beschluss vom 27.05.2013 - L 11 KA 16/13 B ER - m.w.N.).
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann jedoch das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen die Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung hat, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen bzw. wiederherstellen (LSG NRW, Beschluss vom 13.04.2011 - L 11 KA 133/10 B ER/L 11 KA 17/11 B ER -), um Rechtsbeeinträchtigungen abwehren zu können, die durch den Vollzug eines noch nicht bestandskräftigen Verwaltungsaktes drohen.
In Verfahren nach § 86b Abs. 1 SGG ist eine Differenzierung in Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch nicht vorzunehmen. Insofern wird für die Prüfung, ob und inwieweit die streitige Regelung wesentliche Nachteile zur Folge hat oder eine Rechtsverwirklichung vereitelt bzw. wesentlich erschwert, grundsätzlich auf die wirtschaftlichen Folgen der in geschützte Rechtsgüter (z.B. Art. 12, 14 GG) eingreifenden Regelung abgestellt. Abzuwägen sind die öffentlichen und privaten Interessen. Dabei steht eine Prüfung der Erfolgsaussichten im Vordergrund. Auch wenn das Gesetz keine materiellen Kriterien für die Entscheidung nennt, kann als Richtschnur für die Entscheidung davon ausgegangen werden, dass das Gericht dann die aufschiebende Wirkung wiederherstellt, wenn der angefochtene Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig ist und der Betroffene durch ihn in subjektiven Rechten verletzt wird. Am Vollzug eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes besteht kein öffentliches Interesse. Andererseits liegt ein überwiegendes öffentliches Interesse dann vor, wenn der angefochtene Verwaltungsakt ersichtlich rechtmäßig ist. Sind die Erfolgsaussichten nicht offensichtlich, müssen die für und gegen eine sofortige Vollziehung sprechenden Gesichtspunkte gegeneinander abgewogen werden. Dabei ist die Regelung des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG zu beachten, wonach in den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG die Vollziehung nur ausgesetzt werden soll, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Vergleichbares gilt, wenn der Gesetzgeber die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ausdrücklich ausgeschlossen hat (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 27.05.2013 - L 11 KA 16/13 B ER - zu § 106 Abs. 5a Satz 11 SGB V). Im Rahmen der Interessenabwägung kommt es ggf. auch auf wirtschaftliche Beeinträchtigungen an. Diese haben indessen keine solche Bedeutung wie im Anwendungsbereich des § 86b Abs. 2 SGG, da sie dort in der Form des Anordnungsgrundes gleichrangig neben dem Anordnungsanspruch stehen. Für § 86b Abs. 1 SGG sind wirtschaftliche Interessen ein Kriterium neben einer Vielzahl anderer in die Abwägung unter Umständen einzubeziehender Umstände und können - je nach Sachlage - auch von untergeordneter Bedeutung sein (LSG NRW, Beschluss vom 11.10.2013 - L 11 KA 23/13 B ER - m.w.N.).
Nach Maßgabe vorgenannter Grundsätze war der Antrag zurückzuweisen.
Der angefochtene Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid erweist sich bei summarischer Prüfung - mit Ausnahme der Quartale III/2008 und IV/2008 - als rechtmäßig. Sachlich-rechnerische Richtigstellungen sind grundsätzlich innerhalb einer Frist von vier Jahren seit Erlass des Quartalshonorarbescheides zulässig (BSG, Urteil vom 30.10.2013 - B 6 KA 3/13 R - m.w.N.). Der Abrechnungsbescheid III/2008 wurde um den 25.01.2009 und der Abrechnungsbescheid IV/2009 um den 25.04.2009 erteilt. Der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 29.07.2013 liegt insofern jeweils außerhalb der Vier-Jahres-Frist und stellt sich für diese beiden Quartale als rechtswidrig dar.
Im Übrigen ist der Bescheid nicht zu beanstanden. Rechtsfehlerfrei hat die Antragsgegnerin die aufgrund einer Plausibilitätsprüfung beanstandeten Leistungen nach den GOP 31102 und 31103 EBM sachlich-rechnerisch berichtigt.
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 08.03.2000 - B 6 KA 16/99 R -) stellen Plausibilitätsprüfungen auf der Grundlage des § 83 Abs. 2 SGB V ein Verfahren dar, aufgrund bestimmter Anhaltspunkte und vergleichender Betrachtungen im Ergebnis die Fehlerhaftigkeit ärztlicher Abrechnungen aufzudecken. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind dabei nicht schon wegen fehlender Plausibilität, sondern nur dann zur sachlich-rechnerischen Berichtigung von Abrechnungen berechtigt, wenn diese unrichtig sind, weil Leistungen nicht so erbracht worden sind, wie der Arzt sie abgerechnet hat, oder die Leistungslegenden der einzelnen Positionen nicht erfüllt worden sind.
Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung und Rückforderung ist § 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V. Danach stellt die Kassenärztliche Vereinigung die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten. Gleiches ergibt sich aus § 45 Abs. 2 Satz 1 des Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) und § 34 Abs. 4 des Bundesmantelvertrages-Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä) i.d.F. bis 30.09.2013.
Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots -, erbracht und abgerechnet worden sind (BSG, Urteil vom 02.04.2014 - B 6 KA 20/13 R - m.w.N.).
Die Befugnis zu Richtigstellungen besteht auch für bereits erlassene Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung). Sie bedeutet dann im Umfang der vorgenommenen Korrekturen eine teilweise Rücknahme des Honorarbescheides. Die genannten Bestimmungen stellen Sonderregelungen dar, die gemäß § 37 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (SGB I) in ihrem Anwendungsbereich die Regelung des § 45 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) verdrängen. Eine nach den Bestimmungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung rechtmäßige (Teil-)Rücknahme des Honorarbescheides mit Wirkung für die Vergangenheit löst nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung des Empfängers der Leistung aus (BSG, Urteil vom 28.08.2013 - B 6 KA 50/12 R -).
Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine nachträgliche sachlich-rechnerische Richtigstellung der GOP 31102 und 31103 EBM sind erfüllt.
Für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich. Die primäre Bindung an den Wortlaut folgt auch aus dem Gesamtkonzept des EBM als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw. Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt. Leistungsbeschreibungen dürfen weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewendet werden (zuletzt BSG, Urteil vom 15.08.2012 - B 6 KA 34/11 R - m.w.N.).
Die GOP 31102 EBM honoriert einen dermatochirurgischen Eingriff der Kategorie A2 mit dem obligaten Leistungsinhalt eines chirurgischen Eingriffs an der Körperoberfläche der Kategorie A2 entsprechend Anhang 2. Nach der GOP 31103 EBM werden solche Eingriffe der Kategorie A3 vergütet. Diese Leistungsinhalte hat der Antragsteller nicht erbracht.
Dabei folgt die Kammer im Rahmen summarischer Prüfung den Begründungen zu den sechs Beispielsfällen vollinhaltlich, sieht entsprechend § 136 Abs. 3 SGG insofern von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist lediglich ergänzend auf folgendes hin:
Nach den Allgemeinen Bestimmungen des EBM, 4.3.7, Punkt 2 setzen operative Eingriffe die Eröffnung von Haut und/oder Schleimhaut ( ...) voraus. Die von dem Antragsteller mittels Laser durchgeführten Behandlungen mit schrittweiser Abtragung der Haut stellen keine Eröffnung dar (vgl. z.B. die Darstellung der Deutschen Dermatologischen Lasergesellschaft e.V. zu Lasertherapien bei verschiedenen Behandlungsindikation http://www.ddl.de/fuer-patienten/haeufige-fragen)).
Soweit in den Codierungen 5-916-74 und 5-916-79 alloplastisches Material gefordert wird, werden damit alle körperfremden anorganischen synthetischen oder inerten Materialien bezeichnet, die zum Substanzaufbau verwendet werden, z.B. Kunststoffe. Nicht eingenähte Gaze (Mull) zur Wundbehandlung stellt kein alloplastisches Material dar.
Der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides steht nicht entgegen, dass die Fallbeispiele lediglich den Quartalen IV/2010, I/2011 und IV/2011 entnommen, aber Kürzungen für insgesamt 16 Quartale verfügt worden sind. Ausweislich des Protokolls über die Plausibilitätsprüfung vom 30.04.2013 wurde auf eine weitere Beispielfallbesprechung einvernehmlich verzichtet, da alle Fälle gleichgelagert gewesen seien. Zwar gibt es grundsätzlich keinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass eine in bestimmten Fällen implausibel oder fehlerhaft abgerechnete Leistung damit automatisch auch in allen anderen Fällen implausibel oder fehlerhaft ist (LSG NRW, Urteil vom 22.06.2005 - L 11 KA 83/04 -). Wenn jedoch - wie hier - der Antragsteller ein grundsätzliches Verständnis von der Abrechnungsfähigkeit der betroffenen Leistungen deutlich macht, alle Fälle gleichgelagert sind und deshalb einvernehmlich auf die Besprechung weiterer Fälle verzichtet wird, durfte die Antragsgegnerin davon ausgehen, dass die aufgedeckten Abrechnungsfehler in sämtlichen streitbefangenen Quartalen vorhanden waren, und durfte deshalb rechtsfehlerfrei das aus der Besprechung von Fällen aus drei Quartalen gewonnene Ergebnis auf die übrigen Quartale hochrechnen (vgl. LSG NRW, Urteil vom 11.03.2009 - L 11 (10) KA 3/07 -).
Es liegt auch ein Verschulden des Antragstellers vor. Grundsätzlich setzt die Richtigstellung von fehlerhaften vertragsärztlichen Abrechnungen kein Verschulden voraus (z.B. BSG, Urteil vom 23.06.2010 - B 6 KA 7/09 R - m.w.N.) Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Kassenärztliche Vereinigung den gesamten Honorarbescheid für ein Quartal allein wegen der Unrichtigkeit der Abrechnungs-Sammelerklärung aufhebt. Diese Rechtsfolge setzt voraus, dass unrichtige Angaben zumindest grob fahrlässig erfolgt sind (BSG, Urteil vom 22.03.2006 - B 6 KA 76/04 R -). Selbst wenn dies angesichts der Größenordnung der von dem Antragsteller zurückgeforderten Honorare - nach seinem Vortrag ca. 26 % - zu fordern sein sollte (vgl. BSG, Beschluss vom 03.02.2010 - B 6 KA 22/09 B -), ist diese Voraussetzung erfüllt. Grobe Fahrlässigkeit bedeutet die Verletzung der erforderlichen Sorgfalt in besonders schwerem Maße (vgl. die Legaldefinition in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 Halbsatz 2 SGB X). Das bedingt keine vorsätzlich falsche Abrechnung, andererseits reichen unrichtige Angaben in der Honorarabrechnung, die auf einem schlichten Versehen beruhen, nicht aus (BSG, Urteil vom 17.09.1997 - 6 RKa 86/95 -).
Dem Antragsteller war sehr bewusst, dass er mit den von ihm erbrachten Leistungen die Gebührentatbestände (Leistungslegenden) der zur Abrechnung gebrachten GOP 31102 und 31103 EBM nicht erfüllte. So hat er z.B. im Fall F, M, geb. 0.00.1939, ausdrücklich erklärt, angesichts der sehr langwierigen Behandlung mit einem Laser habe er die GOP 31103 EBM gewählt und analog abgerechnet. In seinem Schreiben vom 16.07.2013 an die Antragsgegnerin fordert er Kostenneutralität ein, weil die Ziffern 02301 und 02302 EBM bei Weitem nicht den medizinischen und technischen Aufwand erfüllten, den er bei seinen Operationen betrieben habe. Alternativ sehe er z.B. die OPS-Ziffern 5-903.6a-69 als geeignet an. Hiermit verkennt der Antragsteller, dass allein der Bewertungsausschuss auf der Grundlage des § 87 SGB V die Kompetenz hat, eine Gebührenordnung zu schaffen. Durch die personelle Zusammensetzung des - paritätisch mit Vertretern der Ärzte und Krankenkassen besetzten - Bewertungsausschusses und den vertraglichen Charakter des EBM soll gewährleistet werden, dass die unterschiedlichen Interessen der an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Gruppen zum Ausgleich kommen und auf diese Weise eine sachgerechte inhaltliche Umschreibung und Bewertung der ärztlichen Leistungen erreicht wird (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 3/12 R -). Wenn der Antragsteller die von ihm durchgeführten Leistungen im EBM nicht hinreichend abgebildet sieht, bleibt es ihm unbenommen, über seinen Berufsverband auf eine Weiterentwicklung des EBM hinzuwirken; eigenmächtige Analogien verbieten sich indes.
Rechtmäßig ist schließlich auch der Umfang der im Wege der Schätzung ermittelten Honorarrückforderung. Der angefochtene Bescheid enthält zwar sehr knappe, aber noch hinreichend überzeugende Ausführungen zur Schätzung, welche sich die Kammer zu eigen macht und nachvollzieht. Die Antragsgegnerin hat nicht die Gebührenansätze der GOP 31102 und 31103 EBM in toto gestrichen, sondern in kleinchirurgische Eingriffe II (GOP 02301 EBM) bzw. III (GOP 02302 EBM) umgewandelt und damit die Leistungen des Antragstellers in dem Maße anerkannt, wie es der EBM hergibt. Soweit dies in 90 % der Fälle geschehen ist, wahrt dies einen genügenden Sicherheitsabstand zu den Behandlungsfällen, in denen der Antragsteller die berichtigten GOP zu Recht in Ansatz gebracht hatte (wie z.B. im Fall T, I, geb. 00.00.1937). Eine weitergehende Reduzierung der Rückforderung ist angesichts der Gleichgelagertheit der Fälle nicht zu fordern.
Stellt sich der Bescheid bei summarischer Prüfung somit insgesamt als rechtmäßig dar, sind schließlich besondere zu einer unbilligen Härte führende Gründe, die ggf. die Anordnung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigen könnten, weder ersichtlich noch von dem Antragsteller dargetan. Die Ratenzahlung beträgt ab Juni 2014 monatlich 2.600,- EUR entsprechend 7.800,- EUR pro Quartal. Für die Quartale I/2013 bis IV/2013 wurden dem Antragsteller Gesamthonorar-Gutschriften in Höhe von durchschnittlich 56.427,10 EUR je Quartal erteilt. Die Ratenzahlungen belaufen sich daher auf ca. 13,8 % der Honorareinkünfte. Selbst wenn der Antragsteller seit Februar 2014 in reduzierter Form abrechnet und sich seine Einkünfte um ca. 6.000,- EUR je Quartal verringern, verbleibt ein Quartalshonorar von ca. 50.400,- EUR. Die Ratenzahlungen beliefen sich dann auf ca. 15,5 % der Honorareinkünfte. Bereits diese Größenordnungen lassen eine unbillige Härte nicht erkennen. Hinzu kommt, dass bei der Beurteilung einer unbilligen Härte neben den Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit auch die Einnahmen aus privatärztlicher sowie sonstiger Tätigkeit zu berücksichtigen sind (vgl. Hess. LSG, Beschluss vom 21.12.2009 - L 4 KA 77/09 B ER -; vgl. auch BSG, Urteil vom 08.12.2010 - B 6 KA 42/09 R - im Zusammenhang mit der Angemessenheit der ärztlichen Vergütung). Hierzu hat der Antragsteller keine Angaben gemacht.
Im Übrigen muss eine Existenzgefährdung kausal auf die angegriffene Maßnahme zurückzuführen sein. Nicht zu folgen ist einer Erwägung, die darauf hinausläuft, das "Prioritätsprinzip" anzuwenden, also diejenige Forderung, mittels deren Geltendmachung erstmals die Grenze zur realen Existenzgefährdung überschritten wird, durch einstweiligen Rechtsschutz zeitweise abwehren zu können, sofern nur genügend - privatautonom - veranlasste anderweitige Forderungen bestehen und befriedigt werden müssen. Denn danach wäre es jederzeit möglich, durch privat bewirkte Investitionen existenzgefährdende Liquiditätsengpässe zu produzieren, die dazu führten, dass öffentlich-rechtlichen Ansprüchen im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nur nachrangige Bedeutung zukäme (LSG NRW, Beschluss vom 19.03.2007 - L 10 B 3/07 KA ER - m.w.N.). Der Antragsteller wird daher seine privatrechtlichen Verpflichtungen auf geeignete Weise zu verringern haben. Angesichts der langen Laufzeit der Ratenzahlungsverpflichtung bis ins Jahr 2023 fallen ohnehin einige Belastungen aus der Natur der Sache heraus weg, wie etwa das Schulgeld für seinen Sohn N nach Beendigung von dessen Ausbildung.
Soweit sich die Honorarrückforderung für die Quartale III/2008 und IV/2008 als rechtswidrig erweist, wird die Antragsgegnerin die Laufzeit der ratierlichen Honorareinbehalte entsprechend zu verkürzen haben. Die Einbehalte belaufen sich auf 4.419,32 EUR (III/2008) und 4.916,81 EUR (IV/2008), insgesamt auf 9.336,13 EUR. Angesichts dieser im Verhältnis zum Gesamtumfang der Rückforderungen geringen Größenordnung kommt eine Reduzierung der laufenden Ratenzahlungen nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 197a SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
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