L 18 AS 572/15

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 205 AS 32592/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 572/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die 1949 geborene Klägerin begehrt noch die Bescheidung eines Überprüfungsantrags.

Der Beklagte gewährte ihr seit Dezember 2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe des jeweiligen Regelsatzes sowie von 378 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung. Seit dem 1. April 2012 bezieht die Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung; am 31. März 2015 erreicht sie die Regelaltersgrenze.

Mit einem Schreiben vom 15. Juni 2012 beantragte die Klägerin die Überprüfung der bewilligten Kosten für Unterkunft und Heizung unter Bezugnahme auf die neue Berechnungsgrundlage "(WAV)" zum 1. Mai 2012.

Am 17. Dezember 2012 hat die Klägerin Untätigkeitsklage erhoben mit dem Begehren, ihren Überprüfungsantrag vom 15. Juni 2012 zu bescheiden. Mit Bescheid vom 8. Februar 2013 hat der Beklagte dem Antrag auf Überprüfung des "Bescheides vom 09.07.2012" "in voller Höhe entsprochen". Hiergegen hat die Klägerin eingewandt, ihr Überprüfungsantrag sei zeitlich nicht beschränkt gewesen; im Übrigen hätte sie mit ihrem Schreiben vom 16. November 2012 (Fax-Sendebericht vom selben Tag) klargestellt, dass sie eine Leistungsüberprüfung im Hinblick auf die Unterkunftskosten seit dem 1. Januar 2011 begehrte. Mit Schreiben vom 16. Mai 2013 hat der Beklagte der Klägerin mitgeteilt, dass eine Überprüfung für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2011 wegen abgelaufener Frist nicht mehr stattfinden könne, nachdem er erst im Klageverfahren von diesem Antrag Kenntnis erlangt habe. Mit Bescheid vom 4. August 2014 hat der Beklagte auf den Antrag der Klägerin vom 16. November 2012 auf "Überprüfung der Bescheide vom 18.10.2011, 08.11.2011 und 26.11.2011" teilweise entsprochen und den Überprüfungsantrag im Übrigen abgelehnt.

Mit Gerichtsbescheid vom 19. Januar 2015 hat das Sozialgericht Berlin (SG) die Klage mit dem Antrag, den Beklagten zu verpflichten, den Überprüfungsantrag der Klägerin vom 15. Juni 2012 zu bescheiden, hilfsweise, den Überprüfungsantrag vom 16. November 2012 für die Leistungszeiträume 1. Februar 2011 bis 30. April 2012 zu bescheiden, abgewiesen. Die – sowohl mit dem Haupt- als auch dem Hilfsantrag verfolgten – Untätigkeitsklage sei unzulässig. Soweit die Klägerin meine, ihrem Begehren sei nicht in voller Höhe entsprochen worden, wäre mangels Untätigkeit Widerspruch zu erheben gewesen. Mit Bescheid vom 8. Februar 2013 habe der Beklagte den Überprüfungsantrag vom 15. Juni 2012 beschieden. Im Übrigen hätte sich der Überprüfungsantrag vom 15. Juni 2012 auf den Zeitraum ab 1. Mai 2012 bezogen. Auf die mit dem Hilfsantrag verfolgte Untätigkeitsklage habe sich der Beklagte zwar hinsichtlich der darin liegenden Klageänderung rügelos eingelassen. Der Antrag vom 16. November 2012 sei jedoch mit Bescheid vom 4. August 2014 abschließend beschieden worden.

Ihre Berufung beschränkt die Klägerin auf den Überprüfungsantrag vom 16. November 2012 hinsichtlich des Leistungszeitraums vom 1. Februar 2011 bis 31. Dezember 2011, über den der Bescheid vom 4. August 2014 keine Regelung treffe. Zu dessen Begründung heiße es zwar, über die Leistungszeit vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2011 sei bereits mit Bescheid vom 16. Mai 2013 entschieden worden, was unzutreffend sei. Dies stelle jedenfalls keine erneute Regelung dar.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Änderung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Berlin vom 19. Januar 2014 zu verpflichten, ihren Überprüfungsantrag vom 16. November 2012 hinsichtlich der Leistungszeiten vom 1. Februar bis 31. Dezember 2011 zu bescheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auf den Zeitraum von Januar bis Dezember 2011 werde im Überprüfungsbescheid vom 4. August 2014 zumindest Bezug genommen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Gerichtsakten und die Leistungsakten des Beklagten haben vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg. Sie dürfte bereits wegen Nichterreichens des Mindestbeschwerdewertes von 750,01 EUR (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG) unzulässig sein, nachdem die Klägerin ihre Berufung auf den Zeitraum vom 1. Februar bis 31. Dezember 2011 beschränkt hat. Soweit die Klägerin mit der Berufung ihre Klage weiterverfolgt, ist sie jedenfalls aus den zutreffenden Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids nicht begründet. Im Übrigen ist der Gerichtsbescheid nach Ablauf der Rechtsmittelfrist rechtskräftig (§ 105 Abs. 2 Satz 1 SGG).

Dem Berufungsvortrag der Klägerin, wonach sie gegen den Beklagten noch einen Anspruch auf Bescheidung ihres Antrags vom 16. November 2002 hinsichtlich des Zeitraums vom 1. Februar bis 31. Dezember 2011 habe, folgt der Senat nicht. Zulässigkeitsvoraussetzung der Untätigkeitsklage nach § 88 Abs. 1 SGG ist u.a., dass der Kläger sachlich nicht beschieden ist, d.h. die Behörde bisher keine (abschließende) Entscheidung getroffen hat. Dahinstehen kann, ob die vom SG zitierte Rechtsprechung zur statthaften Untätigkeitsklage nach § 88 Abs. 2 SGG im Falle einer Teilabhilfe im Widerspruchsverfahren (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14. Juli 2010 – L 7 AS 51/10 B – juris Rn 5) auf den Sachverhalt der teilweisen Bescheidung eines Erstantrags übertragbar ist. Denn ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Zwar hatte der Beklagte mit dem Bescheid vom 4. August 2014 die Überprüfung auf die Leistungsbescheide vom 18. Oktober 2011, 8. November 2011 und 26. November 2011 beschränkt. Lehnt die Behörde aber im Übrigen, wie hier, eine Entscheidung in der Sache unter Bezugnahme auf eine bereits getroffene Regelung – vorliegend mit Bescheid vom 16. Mai 2013 – ab, so fehlt es insgesamt an dem Zulässigkeitserfordernis der Untätigkeit (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. November 1973 – VI C 42.72 – juris [Kurztext] zu § 75 VwGO; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 7. August 2013 – L 3 SB 3340/12 – juris Rn 25). Da die Untätigkeitsklage nur auf Bescheidung schlechthin, nicht jedoch auf die Stattgabe des Antrages gerichtet ist (vgl. BSG, Urteil vom 8. Dezember 1993 – 14a RKa 1/93 – juris Rn 18), ist eine sachliche Bescheidung bereits dann anzunehmen, wenn davon auszugehen ist, dass die Behörde nach ihrem Dafürhalten über den Überprüfungsantrag mittels Verwaltungsakts abschließend entschieden hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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