L 27 R 1003/12

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
27
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 15 R 4813/10 WA
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 27 R 1003/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Oktober 2012 geändert. Die Klage wird im vollen Umfang abgewiesen. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen. Kosten sind unter den Beteiligten für das gesamte Verfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der Technischen Intelligenz (AVI).

Die im Jahre 1950 geborene Klägerin absolvierte in der Zeit von September 1973 bis Juni 1975 einen Lehrgang für Teilkonstrukteure und schloss diesen erfolgreich ab. In der Zeit von Juni 1973 bis November 1975 war die Klägerin bei dem Ingenieurbüro für Rationalisierung der B beschäftigt. Nach zwischenzeitlichen Beschäftigungen an der H B und bei dem in B war die Klägerin vom 6. Januar 1986 bis zum 30. Juni 1990 bei dem B beschäftigt. Eine Versorgungszusage der AVI hat die Klägerin nicht erhalten. Sie war in der Sozialpflichtversicherung der DDR versichert und trat zum 1. Dezember 1975 der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) bei.

Den Antrag der Klägerin, die Zeiten vom 16. Juni 1975 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der AVI anzuerkennen, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 22. Januar 2008 und Widerspruchsbescheid vom 21. April 2008 mit der Begründung ab, die Klägerin erfülle nicht die persönlichen Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem.

Im anschließenden Rechtsstreit hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Berlin ihr Ziel weiter verfolgt. Mit Urteil vom 30. Oktober 2012 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Änderung der angefochtenen Bescheide verpflichtet, die Zugehörigkeit der Klägerin zu dem Zusatzversorgungssystem der AVI für die Zeit vom 1. Dezember 1987 bis zum 30. Juni 1990 sowie die dabei erzielten Arbeitsentgelte festzustellen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen: Die Klägerin erfülle als Teilkonstrukteur in der Zeit vom 1. Dezember 1987 bis zum 30. Juni 1990 auch die persönlichen Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zur AVI. In der Zeit von Januar 1986 bis zum 30. November 1987 seien die persönlichen Voraussetzungen nicht nachgewiesen, in der Zeit vom 16. Juni 1975 bis zum 15. November 1975 seien die betrieblichen Voraussetzungen nicht erfüllt.

Gegen dieses Urteil haben sowohl die Beklagte als auch Klägerin Berufung zum Landessozialgericht eingelegt. Die Beklagte macht geltend, das Sozialgericht habe zu Unrecht die persönlichen Voraussetzungen für den Zeitraum von Dezember 1987 bis Juni 1990 angenommen. Die Klägerin könne als Teilkonstrukteur nicht einem Konstrukteur oder einem Ingenieur gleichgestellt werden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Oktober 2012 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen sowie das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Oktober 2012 zu ändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 22. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2008 zu verurteilen, auch die Zeiten vom 16. Juni 1975 bis zum 15. November 1975 und vom 6. Januar 1986 bis zum 30. November 1987 als Zeiten der Zugehörigkeit der Klägerin zu der AVI sowie die dabei erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Die Klägerin meint, auch in der Zeit vom 6. Januar 1986 bis zum 30. November 1987 hätten die persönlichen Voraussetzungen vorgelegen und seien nachgewiesen. Die betrieblichen Voraussetzungen im Jahre 1975 seien gleichfalls zu bejahen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze mit Anlagen sowie auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen sowohl der Beklagten als auch der Klägerin sind zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG), indessen hat nur die Berufung der Beklagten Erfolg. Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Berlin war zu ändern, die Klage war insgesamt abzuweisen, denn der Klägerin steht für den gesamten streitbefangenen Zeitraum kein Anspruch auf Anerkennung von Zeiten der Zugehörigkeit zur AVI zu. Entsprechend war auch die Berufung der Klägerin im vollen Umfang zurückzuweisen.

Maßgeblich sind die abstrakt-generellen Voraussetzungen nach § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (Gesetzblatt der DDR Seite 844) und der dazu ergangenen Zweiten Durchführungsbestimmung vom 24. Mai 1951 (Gesetzblatt der DDR Seite 487).

Hiernach erfüllt die Klägerin im gesamten streitbefangenen Zeitraum nicht die persönlichen Voraussetzungen, denn sie ist nicht berechtigt, die Berufsbezeichnung Ingenieur oder Techniker zu führen. Darüber hinaus ist sie – trotz ihres Abschlusses als Teilkonstrukteur – nicht als Konstrukteur im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung anzusehen. Zum Zeitpunkt der Schließung der Zusatzversorgungssysteme am 30. Juni 1990 gab es in der DDR keinen förmlichen Berufsabschluss zum Konstrukteur, die Ausbildungsinhalte fanden sich aber in den Fachschulausbildungen, die zur Berufsbezeichnung Ingenieur und Techniker führten, wieder (hierzu im Einzelnen Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 19. Juni 2007, L 4 R 156/05, juris Randnummer 57). Da es somit in der DDR zum 30. Juni 1990 eine geschützte Berufsbezeichnung Konstrukteur nicht gab, der vom Bundessozialgericht vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG folgend jedoch auf bestehende abstrakt-generelle Regelungen abzustellen ist, läuft die Aufzählung "Konstrukteur" in § 1 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung vom 24. Mai 1951 ins Leere. Sie könnte allein dann zur Erfüllung der persönlichen Voraussetzungen für einen fiktiven Feststellungsanspruch auf Zugehörigkeitszeiten zur AVI eine Bedeutung erlangen, wenn der betreffende Versicherte arbeitsrechtliche Unterlagen vorlegt, aus denen sich zweifelsfrei ergibt, dass er von den Arbeitsvertragsparteien als Konstrukteur eingestellt worden ist und diese arbeitsvertragliche Abrede auch am 30. Juni 1990 noch bestand (Sächsisches Landessozialgericht a. a. O.).

Solche arbeitsrechtliche Unterlagen hat die Klägerin nicht vorgelegt. Vielmehr steht umgekehrt fest, dass sie gerade nicht als Konstrukteur eingestellt wurde, auch nicht in der zuletzt bestehenden einzelvertraglichen Abrede ab dem Dezember 1987, sondern dass sie auch arbeitsvertraglich allein als Teilkonstrukteur eingestellt wurde und hierbei dem Konstrukteur, der selbst ein Ingenieur war, jeweils zuzuarbeiten hatte. Dies schließt für den gesamten Zeitraum die persönlichen Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zur AVI aus.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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