Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
13
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 33 SB 2593/11 ZVW
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 SB 193/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Juli 2013 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten noch über die Zuerkennung der Merkzeichen "G" (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) und "H" (Hilflosigkeit).
Auf den am 1. August 2008 eingegangenen Antrag des 1978 geborenen Klägers, der an einem Gilles-de-la-Tourette-Syndrom leidet, stellte das Versorgungsamt Berlin bei ihm mit Bescheid vom 3. November 2008 für die Behinderung
Verhaltensstörungen, Persönlichkeitsstörung
einen GdB von 60 fest, lehnte aber die Zuerkennung von Merkzeichen ab. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Auf der Grundlage des Gutachtens der Fachärztin für Nervenheilkunde Dr. B vom 24. März 2009, die den GdB auf 70 einschätzte, stellte das Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2009 bei dem Kläger einen GdB von 70 fest und wies den Widerspruch im Übrigen zurück.
Mit der beim Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger einen GdB von 100 und die Zuerkennung der Merkzeichen "G" und "H" begehrt.
Das Sozialgericht hat zur Aufklärung der Hilflosigkeit des Klägers das Gutachten des Neurologen und Psychiaters A vom 19. Mai 2010 eingeholt.
Den Gerichtsbescheid vom 4. März 2011, mit dem das Sozialgericht die Klage abgewiesen hat, hat das Landessozialgericht mit Urteil vom 10. August 2011 aufgehoben und die Sache an das Sozialgericht zurückverwiesen.
Daraufhin hat das Sozialgericht den Neurologen Prof. Dr. M mit der Begutachtung des Klägers beauftragt. Der Sachverständige hat in dem Gutachten vom 16. August 2012 dargelegt, dass eine Beurteilung der Auswirkungen des Tourette-Syndroms bei dem Kläger ohne eine stationäre Verhaltensbeobachtung in einer qualifizierten neu-rologischen Klinik nicht möglich sei. Dem ist der Kläger entgegengetreten. Er betont, dass seine Tics hauptsächlich zu Hause aufträten. Bei einem stationären Aufenthalt würde er sie weitestgehend unterdrücken können.
Ferner hat das Sozialgericht den Befundbericht des den Kläger behandelnden Nervenarztes P vom 29. Januar 2013 eingeholt.
Während des Klageverfahrens ist der Kläger nach M verzogen, weshalb das Land B als Beklagter in den Prozess eingetreten ist.
Das Sozialgericht hat die Klage, mit welcher der Kläger lediglich noch die Merkzeichen "G" und "H" verfolgt hat, mit Urteil vom 30. Juli 2013 mit der Begründung abgewiesen, die Voraussetzungen für die gegehrten Merkzeichen ließen sich nicht nachweisen. Die Unmöglichkeit der Sachaufklärung ginge zu Lasten des Klägers.
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger Berufung bei dem Landessozialgericht eingelegt, mit der er sein Begehren weiter verfolgt.
Die Kläger beantragt seinem schriftlichen Vorbringen zufolge,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Juli 2013 aufzuheben sowie den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 3. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2009 zu verpflichten, bei ihm mit Wirkung ab dem 1. August 2008 das Vorliegen der Merkzeichen "G" und "H" festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Dem Senat haben die Verwaltungsvorgänge des Beklagten vorgelegen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze, das Protokoll und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte trotz Ausbleibens des Klägers im Termin verhandeln und entscheiden (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Bescheid vom 3. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2009 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Denn er hat keinen Anspruch auf die Feststellung der begehrten Merkzeichen "G" und "H".
Hinsichtlich des Merkzeichens "H" ergibt sich aus dem Gutachten des Neurologen und Psychiaters A vom 19. Mai 2010, dass der Kläger nicht hilflos ist. Nach Teil A Nr. 4b der Anlage zu § 2 VersMedV sind diejenigen hilflos, die infolge von Gesundheitsstörungen - nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB I X) und dem Einkom-mensteuergesetz "nicht nur vorübergehend" - für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedürfen. Häufig und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen zur Sicherung der persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages sind insbesondere An- und Auskleiden, Nahrungsaufnahme, Körperpflege, Verrichten der Notdurft (Teil A Nr. 4c der Anlage zu § 2 VersMedV). Im Gegensatz dazu führt der Sachverständige aus, dass der Kläger Unterstützung überwiegend in hauswirtschaftlicher Hinsicht benötigt. Im Bereich der Körperpflege ist zweimal wöchentlich Unterstützung und Beaufsichtigung beim Baden mit einem Umfang von einer Minute täglich sowie die komplette Übernahme des Rasierens einmal in der Woche erforderlich. Im Bereich der Ernährung fällt zweimal täglich die mundgerechte Zubereitung von Speisen und die Aufsicht bei der Nahrungsaufnahme mit jeweils zehn Minuten an. Diese Unterstützungen des Klägers begründen noch keine Hilflosigkeit. Denn nach Teil A Nr. 4d der Anlage zu § 2 VersMedV der Umfang der notwendigen Hilfe bei den häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen muss erheblich sein. Dies ist bei einem Hilfebedarf von einer knappen halben Stunde täglich nicht der Fall.
Die in Teil D Nr. 1 der Anlage zu § 2 VersMedV genannten Fallgruppen, bei denen die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" als erfüllt anzusehen sind, liegen bei dem Kläger nicht vor. Auch ist nicht erkennbar, dass der Kläger unter Behinderungen leidet, die nicht unter die genannten Regelbeispiele fallen, sich aber vergleichbar – auch in Kombination mit anderen Behinderungen – auf die Gehfähigkeit auswirken. Der Kläger betont durchgängig, dass seine Tics in der Öffentlichkeit kaum auftreten, sondern nur dann, wenn er sich in seiner häuslichen Umgebung aufhält.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten noch über die Zuerkennung der Merkzeichen "G" (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) und "H" (Hilflosigkeit).
Auf den am 1. August 2008 eingegangenen Antrag des 1978 geborenen Klägers, der an einem Gilles-de-la-Tourette-Syndrom leidet, stellte das Versorgungsamt Berlin bei ihm mit Bescheid vom 3. November 2008 für die Behinderung
Verhaltensstörungen, Persönlichkeitsstörung
einen GdB von 60 fest, lehnte aber die Zuerkennung von Merkzeichen ab. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Auf der Grundlage des Gutachtens der Fachärztin für Nervenheilkunde Dr. B vom 24. März 2009, die den GdB auf 70 einschätzte, stellte das Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2009 bei dem Kläger einen GdB von 70 fest und wies den Widerspruch im Übrigen zurück.
Mit der beim Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger einen GdB von 100 und die Zuerkennung der Merkzeichen "G" und "H" begehrt.
Das Sozialgericht hat zur Aufklärung der Hilflosigkeit des Klägers das Gutachten des Neurologen und Psychiaters A vom 19. Mai 2010 eingeholt.
Den Gerichtsbescheid vom 4. März 2011, mit dem das Sozialgericht die Klage abgewiesen hat, hat das Landessozialgericht mit Urteil vom 10. August 2011 aufgehoben und die Sache an das Sozialgericht zurückverwiesen.
Daraufhin hat das Sozialgericht den Neurologen Prof. Dr. M mit der Begutachtung des Klägers beauftragt. Der Sachverständige hat in dem Gutachten vom 16. August 2012 dargelegt, dass eine Beurteilung der Auswirkungen des Tourette-Syndroms bei dem Kläger ohne eine stationäre Verhaltensbeobachtung in einer qualifizierten neu-rologischen Klinik nicht möglich sei. Dem ist der Kläger entgegengetreten. Er betont, dass seine Tics hauptsächlich zu Hause aufträten. Bei einem stationären Aufenthalt würde er sie weitestgehend unterdrücken können.
Ferner hat das Sozialgericht den Befundbericht des den Kläger behandelnden Nervenarztes P vom 29. Januar 2013 eingeholt.
Während des Klageverfahrens ist der Kläger nach M verzogen, weshalb das Land B als Beklagter in den Prozess eingetreten ist.
Das Sozialgericht hat die Klage, mit welcher der Kläger lediglich noch die Merkzeichen "G" und "H" verfolgt hat, mit Urteil vom 30. Juli 2013 mit der Begründung abgewiesen, die Voraussetzungen für die gegehrten Merkzeichen ließen sich nicht nachweisen. Die Unmöglichkeit der Sachaufklärung ginge zu Lasten des Klägers.
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger Berufung bei dem Landessozialgericht eingelegt, mit der er sein Begehren weiter verfolgt.
Die Kläger beantragt seinem schriftlichen Vorbringen zufolge,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Juli 2013 aufzuheben sowie den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 3. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2009 zu verpflichten, bei ihm mit Wirkung ab dem 1. August 2008 das Vorliegen der Merkzeichen "G" und "H" festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Dem Senat haben die Verwaltungsvorgänge des Beklagten vorgelegen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze, das Protokoll und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte trotz Ausbleibens des Klägers im Termin verhandeln und entscheiden (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Bescheid vom 3. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2009 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Denn er hat keinen Anspruch auf die Feststellung der begehrten Merkzeichen "G" und "H".
Hinsichtlich des Merkzeichens "H" ergibt sich aus dem Gutachten des Neurologen und Psychiaters A vom 19. Mai 2010, dass der Kläger nicht hilflos ist. Nach Teil A Nr. 4b der Anlage zu § 2 VersMedV sind diejenigen hilflos, die infolge von Gesundheitsstörungen - nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB I X) und dem Einkom-mensteuergesetz "nicht nur vorübergehend" - für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedürfen. Häufig und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen zur Sicherung der persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages sind insbesondere An- und Auskleiden, Nahrungsaufnahme, Körperpflege, Verrichten der Notdurft (Teil A Nr. 4c der Anlage zu § 2 VersMedV). Im Gegensatz dazu führt der Sachverständige aus, dass der Kläger Unterstützung überwiegend in hauswirtschaftlicher Hinsicht benötigt. Im Bereich der Körperpflege ist zweimal wöchentlich Unterstützung und Beaufsichtigung beim Baden mit einem Umfang von einer Minute täglich sowie die komplette Übernahme des Rasierens einmal in der Woche erforderlich. Im Bereich der Ernährung fällt zweimal täglich die mundgerechte Zubereitung von Speisen und die Aufsicht bei der Nahrungsaufnahme mit jeweils zehn Minuten an. Diese Unterstützungen des Klägers begründen noch keine Hilflosigkeit. Denn nach Teil A Nr. 4d der Anlage zu § 2 VersMedV der Umfang der notwendigen Hilfe bei den häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen muss erheblich sein. Dies ist bei einem Hilfebedarf von einer knappen halben Stunde täglich nicht der Fall.
Die in Teil D Nr. 1 der Anlage zu § 2 VersMedV genannten Fallgruppen, bei denen die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" als erfüllt anzusehen sind, liegen bei dem Kläger nicht vor. Auch ist nicht erkennbar, dass der Kläger unter Behinderungen leidet, die nicht unter die genannten Regelbeispiele fallen, sich aber vergleichbar – auch in Kombination mit anderen Behinderungen – auf die Gehfähigkeit auswirken. Der Kläger betont durchgängig, dass seine Tics in der Öffentlichkeit kaum auftreten, sondern nur dann, wenn er sich in seiner häuslichen Umgebung aufhält.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
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