L 4 AS 411/13

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 61 AS 2279/12
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 4 AS 411/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Bemerkung
S 61 AS 2279/12
S 61 AS 711/13
S 61 AS 773/13
S 61 AS 2469/13
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Bewilligung höherer monatlicher Regelbedarfsleistungen und Mehrbedarfe für Krankenkost und für weitere laufende Aufwendungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Bewilligungszeitraum vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2013.

Der 1961 geborene alleinstehende Kläger ist seit längerem hilfebedürftig und bezieht laufend Leistungen nach dem SGB II von dem Beklagten. In dem betreffenden Zeitraum war er erwerbsfähig und schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 50.

Mit Bescheid vom 24. Mai 2012 bewilligte der Beklagte dem Kläger neben Unterkunftskosten in Höhe von monatlich 431,23 EUR für die Monate von Januar 2013 bis Juni 2013 Regelbedarfsleistungen in Höhe von monatlich 374 EUR. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 7. Juni 2012 Widerspruch ein und forderte höhere Regelbedarfsleistungen. Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juli 2012 zurück. Zur Begründung gab er an, dass die bewilligten Regelleistungen der derzeitigen Gesetzeslage entsprächen.

Hiergegen hat der Kläger am 19. Juli 2012 Klage vor dem Sozialgericht Hamburg erhoben. Diese hat er damit begründet, dass seiner Auffassung nach die Regelsatzhöhe insbesondere für dauerhafte Transferleistungsbezieher zu gering sei. Sie müsse mindestens 511 EUR monatlich betragen. Die bisherigen Regelsatzleistungen liefen den Grundsätzen der Völkerrechtskonventionen - insbesondere den Menschenrechten und den Rechten für Behinderte - zuwider.

Mit Gerichtsbescheid vom 12. Oktober 2012 (S 61 AS 2279/12) hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Beklagte den Regelsatz zu Recht auf monatlich 374 EUR festgesetzt habe. Die neuen Regelbedarfe seien durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (BGBl. I, S. 453) festgelegt worden. An dieses Gesetz sei das Gericht gebunden. Es könne das Gesetz nur dem Bundesverfassungsgericht vorlegen. Dafür müsse es von der Verfassungswidrigkeit des einfachen Gesetzes überzeugt sein. Für eine Verfassungswidrigkeit des neuen Regelbedarfsgesetzes gebe es aber keine Anhaltspunkte. Die Höhe des Regelbedarfs für Alleinstehende sei vom Gesetzgeber für die Zeit ab 1. Juli 2011 nicht in verfassungswidriger Weise zu niedrig angesetzt worden. Die einschlägigen Bestimmungen in §§ 19 Abs. 1 Satz 1, 20 Abs. 1 und 2 Satz 1 SGB II seien mit Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 des Grundgesetzes vereinbar. Die im Vorlagebeschluss des Sozialgerichts Berlin vom 25. April 2012 (S 5 AS 9238/12) vorgebrachten Argumente überzeugten nicht. Das Gericht schließe sich vielmehr in vollem Umfang den Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 12. Juli 2012 (B 14 AS 153/11 R und B 14 AS 189/11 R) an. Auch bestünden keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass dauerhafte Transferleistungsbezieher einen höheren Bedarf hätten, als nur vorübergehend im Leistungsbezug stehende Personen.

Gegen den ihm am 22. Oktober 2012 zugestellten Gerichtsbescheid (Az. S 61 AS 2279/12) hat der Kläger am 1. November 2012 Berufung eingelegt. Er verfolgt seine Leistungsbegehren weiter und wiederholt und vertieft sein bisheriges Vorbringen. Ergänzend trägt er im Wesentlichen vor, dass bei ihm ein höherer Regelbedarf bestehe, weil er sonst nicht alle seine laufenden Kosten wie Vereins- und Versicherungsbeiträge und Aufwendungen für Heil- und Hilfsmittel bestreiten könne, ohne täglich die unentgeltlichen Suppenküchen in Anspruch zu nehmen. Ein höherer Regelsatz von mindestens 511 EUR monatlich ergebe sich aus den Empfehlungen der "Arbeitsgruppe Regelsatz und Unterkunftskosten" der "Hartz IV-Kommission". Zudem sei schon mehreren Autoren, die sich kritisch mit dem Regelbedarf auseinander gesetzt hätten, aufgefallen, dass zur Bedarfsdeckung bei Personen, die schon lange Zeit Transferleistungen bezögen, höhere monatliche Leistungen notwendig seien. Außer Acht gelassen habe das Sozialgericht, dass in Armut lebende Menschen mit Behinderung nach dem Gesetz zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderung höhere Leistungen gewährt werden müssten, um ihrer besonderen Lebenssituation gerecht zu werden. Dies könne nicht nur mit Regelungen zu Mehrbedarfen aufgefangen werden, da die Anspruchsvoraussetzungen für diese Leistungen zu streng seien. Dauerhafte Armutsverhältnisse und Armutsabhängigkeiten seien die Folge der zu niedrigen Regelbedarfsleistungen. Gerade dies sei aufgrund des Übereinkommens zu verhindern. Schließlich seien die monatlichen Leistungen für Hilfebedürftige in Deutschland deutlich niedriger als in den Niederlanden und in Luxemburg.

Mit Änderungsbescheid vom 24. November 2012 erhöhte der Beklagte für den Bewilligungszeitraum Januar 2013 bis Juni 2013 den monatlichen Regelbedarf zugunsten des Klägers auf 382 EUR. Gegen diesen Änderungsbescheid legte der Kläger am 17. Dezember 2012 wiederum Widerspruch ein und forderte abermals einen höheren Betrag. Seinen Widerspruch begründete er damit, dass der bewilligte Regelbedarf dem Verbot von dauerhaften Armutsverhältnissen wie sowie dem Verbot von Armutsabhängigkeiten bei Menschen mit Behinderungen widerspreche. Den Widerspruch verwarf der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Februar 2013 als unzulässig. Der Änderungsbescheid vom 24. November 2012 sei gem. §§ 153 Abs. 1, 96 SGG Gegenstand des seit dem 1. November 2012 anhängigen Berufungsverfahrens geworden, das sich auf die Regelbedarfsleistungen in dem betreffenden Zeitraum beziehe, und sei daher nicht mehr mit dem Widerspruch anfechtbar.

Am 28. November 2012 beantragte der Kläger besondere monatliche Leistungen für Krankenkost wegen Diabetes mellitus und Bluthochdrucks, für Mittel bei Zahnfleischentzündungen und sensiblen Zähnen sowie für Mittel gegen Nasen- und Ohrenentzündungen. Für den Krankenkostbedarf legte der Kläger eine ärztliche Bescheinigung der Fachärztin für Allgemeinmedizin vom 18. November 2011 vor, wonach er unter Hypertonie leide und eine kochsalz- und kalorienreduzierte reduzierte Ernährung zur Gewichtsreduktion sowie der Besuch eines Fitnessstudios notwendig sei. Ferner reichte der Kläger ein Schreiben seiner Krankenkasse vom 16. Mai 2012 zur Bestätigung seiner Teilnahme an einem Behandlungsprogramm seiner Krankenkasse für chronisch Kranke bei Diabetes mellitus Typ 2. Das bereits ein Jahr zuvor von dem Beklagten befragte Gesundheitsamt des Bezirksamtes Nord hatte unter dem 16. Dezember 2011 erklärt, dass die vorliegenden Erkrankungen keinen erhöhten Mehrbedarf auslösten. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 27. Dezember 2012 unter Hinweis auf unzureichende Nachweise für einen erhöhten Ernährungsbedarf ab. Hiergegen legte der Kläger am 25. Januar 2013 Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2013 zurückwies.

Der Kläger hat am 5. März 2013 bei dem Sozialgericht Hamburg sowohl bezogen auf den Widerspruchsbescheid vom 13. Februar 2013, der zu dem angefochtenen Bescheid zur Änderung der Regelbedarfsleistungen erging, als auch bezogen auf den Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2013, der zu den versagten Mehrbedarfen für Krankenkost sowie für Heil- und Pflegemittel erging, Klage erhoben.

Der Klage ist das Aktenzeichen S 61 AS 711/13 zugewiesen worden. Sodann ist von dieser Klage der Klagegegenstand der Mehrbedarfe zur gesonderten Verhandlung und Entscheidung abgetrennt worden. Das abgetrennte Klageverfahren hat das Aktenzeichen S 61 AS 733/13 erhalten.

Zur Begründung seiner Klage bezogen auf den angehobenen Regelbedarf hat sich der Kläger auf sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren bezogen und ergänzend vorgetragen, dass ihm ein Betrag von mindestens 511 EUR monatlich bewilligt werden müsse.

Mit Gerichtsbescheid vom 26. April 2013 (S 61 AS 711/13) hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Sie sei zulässig, aber unbegründet. Die dem Kläger mit Änderungsbescheid vom 24. November 2012 bewilligten Regelleistungen seien zutreffend nach § 20 SGB II festgesetzt worden. Es bestünden auch keine Zweifel daran, dass diese gesetzliche Regelung mit höherrangigem Recht vereinbar sei. Im Übrigen hat das Sozialgericht die Entscheidungsgründe des oben genannten Gerichtsbescheides vom 12. Oktober 2012 zum Aktenzeichen S 61 AS 2279/12 wiederholt.

Gegen den dem Kläger am 2. Mai 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat er am 30. Mai 2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er sich auf sein Vorbringen in den vorangegangenen Berufungsverfahren zur Höhe des Regelbedarfs bezogen. Der Regelbedarf sei auf mindestens 511 EUR zu erhöhen, weil der gesetzlich vorgesehene Betrag nicht auskömmlich sei. Eine Anhebung auf 1.300 EUR würde den Transferleistungen z.B. in Schweden und Holland entsprechen, in denen auch alle anderen Leistungen wie die Kosten der Unterkunft, mit Ausnahme der Beiträge zur Krankenversicherung, enthalten seien. Dies sei ein berechtigtes Anliegen im Sinne einer EU-weiten Anpassung. Dabei sei auch das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderung zu berücksichtigen und umzusetzen. Die Transferleistungen müssten zudem für dauerhafte Leistungsbezieher höher sein, als nur für vorübergehend Hilfebedürftige. Ihm sei wegen seiner anerkannten Behinderung ferner ein Nachteilsausgleich von mindestens 150 EUR zu gewähren.

Mit weiterem Gerichtsbescheid vom 26. April 2013 (S 61 AS 773/13) hat das Sozialgericht auch die Klage zum Mehrbedarf für Krankenkost und andere laufende Bedarfe abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf die Bewilligung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung habe. Zwar sei bei dem Kläger durch Vorlage einer entsprechenden ärztlichen Bescheinigung der Ärztin Dr. S. vom 18. November 2011 das Vorliegen einer Hypertonie bestätigt worden. In einer von dem Beklagten eingeholten Stellungnahme des Gesundheitsamtes des Bezirksamtes H.-N. vom 16. Dezember 2012 werde eine Krankenkostzulage aber nicht befürwortet. Das Gericht habe bei der Entscheidung auf die "Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe" vom 1. Oktober 2008 zurückgegriffen. Nach Ziffer. 4.1. Buchst. d) dieser Empfehlungen sei eine Hypertonie diätisch mit einer Vollkost zu behandeln, die vom Regelsatz abgedeckt werde. Zwar seien die genannten "Empfehlungen" weder als Rechtsnormen noch als antizipierte Sachverständigengutachten anzusehen (BSG, Urteil vom 22.11.2011 – B 4 AS 138/10 R), sie könnten jedoch im Regelfall – und ein solcher liege bei dem Kläger vor – zur Konkretisierung des angemessenen Mehrbedarfs herangezogen werden (BSG, Urteil vom 27.2.2008 – B 14/7b AS). Dies sei jedenfalls dann möglich, wenn - wie hier - eine entsprechende gutachterliche Äußerung des zuständigen Gesundheitsamtes vorliege.

Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf zusätzliche Leistungen zum Kauf der von ihm angeführten Medikamente bzw. Hygieneartikel. Die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts beinhalte unter anderem auch einen Anteil für Produkte zur Körperpflege. Ausweislich der der Berechnung des Regelsatzes zu Grunde liegenden EVS-Tabelle, die insoweit bei Erwachsenen nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 Anwendung finde, sei unter der Position 06 monatlich ein Betrag von 14,51 EUR (3,8 % u.a. für Medikamente) vorgesehen. Hieraus werde der Kläger seinen Bedarf an nichtverschreibungspflichtigen Medikamenten bestreiten müssen.

Auch gegen diesen - ihm ebenfalls am 2. Mai 2013 zugestellten - Gerichtsbescheid (S 61 AS 773/13) hat der Kläger am 25. November 2013 Berufung eingelegt, nachdem der Senat die Nichtzulassungsbeschwerde mit der Begründung als unzulässig verworfen hatte, dass die Berufung ohne Zulassung zulässig sei, da der Wert des Streitgegenstandes die Berufungssumme übersteige. Zur Begründung seiner Beschwerde bezieht der Kläger sich auf den Inhalt seiner Klageschrift.

Am 30. Januar 2013 beantragte der Kläger abermals einen Mehrbedarf zur kostenaufwändigen Ernährung wegen Diabetes mellitus und Bluthochdrucks. Dazu legte er eine ärztliche Bescheinigung der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. S. vom 31. Januar 2013 vor. Darin heißt es, dass der Kläger unter Diabetes mellitus und unter einem metabolischen Syndrom leide und eine zucker- und fettarme Reduktionskost notwendig sei. Ferner legte er wiederum die Bescheinigung seiner Krankenkasse vom 16. Mai 2012 zur Teilnahme an einem Behandlungsprogramm wegen Diabetes mellitus 2 für chronisch Kranke vor. Mit Stellungnahme vom 27. Februar 2013 äußerte das Gesundheitsamt des Bezirksamtes Nord auf Anfrage des Beklagten, dass die vorliegenden Erkrankungen des Klägers keinen erhöhten Mehrbedarf auslösten. Der Beklagte lehnte daraufhin den Antrag mit Bescheid vom 5. März 2013 unter Hinweis auf die Nichtbefürwortung durch das Gesundheitsamt und den Empfehlungen des D. Vereins für die öffentliche und private Fürsorge ab. Hiergegen legte der Kläger unter dem 14. März 2013 Widerspruch ein. Diesen begründete er damit, dass die Empfehlungen des D. Vereins für die öffentliche und private Fürsorge nur Empfehlungen darstellten und keinen verbindlichen Rechtscharakter hätten. Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 4. Juli 2013 zurück, der dem Kläger am 10. Juli 2013 zuging.

Am 8. August 2013 hat der Kläger wegen dieser erneuten Versagung von Mehrbedarfen für Krankenkost Klage bei dem Sozialgericht Hamburg erhoben. Zur Begründung hat er sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft.

Mit Gerichtsbescheid vom 26. September 2013 (S 61 AS 2469/13) hat das Sozialgericht auch diese Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf die Bewilligung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung habe. Zwar sei bei dem Kläger durch Vorlage einer entsprechenden ärztlichen Bescheinigung vom 31. Januar 2013 das Vorliegen von Diabetes mellitus und eines metabolischen Syndroms (Bluthochdruck, Hypertonie) bestätigt worden. In einer von dem Beklagten eingeholten Stellungnahme des Gesundheitsamtes des Bezirksamtes H.-N. vom 27. Februar 2013 werde eine Krankenkostzulage aber nicht befürwortet. Im Übrigen hat das Sozialgericht die Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheides vom 26. April 2013 zum Aktenzeichen S 61 AS 773/13 wiederholt.

Gegen den ihm am 7. Oktober 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 29. Oktober 2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung verweist er auf seinen Vortrag im Widerspruchsverfahren und sein erstinstanzliches Vorbringen.

Mit Beschluss vom 4. Dezember 2013 hat der Senat den Streitgegenstand zur Höhe der Regelleistungen für den Bewilligungszeitraum erstes Halbjahr des Jahres 2013 von dem Berufungsverfahren zum Aktenzeichen L 4 AS 333/12 abgetrennt und dem Berufungsverfahren L 4 AS 411/13 zugewiesen. Zugleich hat er das Berufungsverfahren zum Aktenzeichen L 4 AS 411/13 (SG-Aktenzeichen: S 61 AS 2279/12) mit folgenden Berufungsverfahren unter diesem Aktenzeichen zur gemeinsamen Entscheidung verbunden: L 4 AS 180/13 (SG-Aktenzeichen S 61 AS 711/13), L 4 AS 390/13 (SG-Aktenzeichen S 61 AS 773/13) und L 4 AS 339/13 (SG-Aktenzeichen S 61 AS 2469/13).

In den verbundenen Berufungsverfahren beantragt der Kläger, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 12. Oktober 2012, die Gerichtsbescheide vom 26. April 2013 und den Gerichtsbescheid vom 26. September 2013 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zu verpflichten, dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2013 höhere Regelbedarfsleistungen von mindestens 511 EUR monatlich nebst Zinsen zu gewähren sowie einen Mehrbedarf 1. wegen kostenaufwendiger Ernährung in Höhe von mindestens 51,00 EUR monatlich 2. für besondere Zahncreme und Zahnspülungen in Höhe von 2,58 EUR monatlich 3. für besondere Öle wegen Nasen- und Ohrenentzündungen in Höhe von 2,99 EUR monatlich nebst Zinsen zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufungen zurückzuweisen

und verweist auf sein bisheriges Vorbringen und die Gründe der angefochtenen Entscheidungen erster Instanz.

Der Senat hat bei den behandelnden Ärzten Auskünfte über besondere gesundheitliche Umstände, eine etwaig erforderliche besondere Ernährung und etwaig erforderliche - auch nichtverschreibungspflichtige - Heilmittel sowie Pflege- und Hygieneartikel eingeholt. Auf die Antworten nebst übersandten Befundberichten und Stellungnahmen, die zur Prozessakte zum Aktenzeichen L 4 AS 124/13 genommen worden sind, wird ergänzend Bezug genommen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und zum weiteren Vorbringen der Beteiligten wird auf den Inhalt der Prozessakten sowie der beigezogenen Akten der Beklagten verwiesen, die bei der Entscheidung vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe:

Die zu gemeinsamer Entscheidung verbundenen Berufungen sind statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere sind sie form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben worden. In der Sache haben sie jedoch keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat die Klagen im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

1. Die Beklagte hat den dem Kläger zustehenden Regelbedarf für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 30. Juli 2013 mit Änderungsbescheid vom 24. November 2012 zutreffend in Höhe von 382 EUR pro Monat festgesetzt. Dieser Betrag entspricht dem in § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II vorgesehenen monatlichen Regelbedarf für alleinstehende hilfebedürftige Personen, der zum 1. Januar 2013 gemäß der Bekanntmachung über die Höhe der Regelbedarfe nach § 20 Absatz 5 SGB II vom 28. Oktober 2012 (BGBl. I S. 2175) auf 382 EUR angehoben worden ist.

Einer Verpflichtung des Beklagten zur Bewilligung eines Regelbedarfs von 511 EUR monatlich, wie es der Kläger anstrebt, steht entgegen, dass der Gesetzgeber den Pauschalbetrag in § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II festgelegt hat und das Gericht gem. Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes – wie auch der Beklagte – an dieses Gesetz gebunden ist. Da der Gesetzgeber den Regelbedarf als Pauschalbetrag in das Gesetz aufgenommen hat, ist diese Bestimmung auch keiner Auslegung durch das Gericht zugänglich. Das Gericht kann einen höheren Regelbedarf bzw. pauschale Zuschläge auch nicht wegen der Behinderung des Klägers und seines schon länger dauernden Leistungsbezugs zusprechen. Denn die entsprechenden Regelungen, die den Regelbedarf typisierend für sämtliche Leistungsempfänger nach dem SGB II festlegen, sehen dies nicht vor.

Zur Änderung des gesetzlichen Regelbedarfs kann nur das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber veranlassen. Der Senat ist allerdings nicht davon überzeugt, dass die Bestimmung des Regelbedarfs verfassungswidrig ist, was erforderlich wäre, um sie dem Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 des Grundgesetzes (GG) zur Entscheidung über die Vereinbarkeit mit Verfassungsrecht vorzulegen (ständige Rspr. BVerfG, Urteil vom 20.3.1952 – 1 BvL 12, 15, 15, 24, 28/51). Im Gegenteil erachtet er diese Bestimmung für verfassungsgemäß. Bereits mit Urteil vom 24. April 2014 (L 4 AS 372/13), seinerzeit noch auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteile vom 28.3.2013 – B 4 AS 12/12 R und B 4 AS 47/12 R sowie vom 12.7.2012 – B 14 AS 153/11 R und B 13 AS 189/11 R) hat der Senat zu dieser Frage befunden, dass die Regelbedarfe für Alleinstehende nicht in verfassungswidriger Weise zu niedrig festgesetzt worden seien. Nachdem das Bundesverfassungsgericht erneut mit Urteil vom 23. Juli 2014 (1 BvL 10/12, 10/12, 1 BvR 1691/13) entschieden hat, dass die betreffende Bestimmung mit Verfassungsrecht in Einklang steht, ist diese Auseinandersetzung inzwischen endgültig obsolet geworden. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich der von dem Kläger an der Höhe des Regelbedarfs angebrachten Kritik auf die Entscheidungsgründe des zwischen den Beteiligten ergangenen Urteils vom heutigen Tag zum Aktenzeichen L 4 AS 275/11 verwiesen.

2. Der Beklagte hat den Widerspruch gegen den Änderungsbescheid vom 24. November 2012 zu Recht als unzulässig verworfen. Dieser Änderungsbescheid zur Höhe des zuvor festgesetzten Regelbedarfs ist nämlich bereits gem. §§ 153 Abs. 1, 96 SGG Gegenstand des seit dem 1. November 2012 in dieser Sache anhängigen Berufungsverfahrens geworden, ohne dass es - wegen der bereits automatisch eingetretenen Rechtshängigkeit - zuvor eines weiteren Widerspruchs und einer weiteren Klage gegen den Änderungsbescheid bedurfte (Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 11. Auflage 2014, § 96 Rn. 11c). Hierauf hätte der Beklagte in der Rechtsbehelfsbelehrung zum Änderungsbescheid allerdings auch hinweisen können - und nicht stattdessen auf die Möglichkeit des Widerspruchs, um den Kläger nicht zu unnötigen Prozesshandlungen anzuregen.

3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Anerkennung von Mehrbedarfen. Mit der Härtefallregelung in § 21 Abs. 6 SGB II steht für das Begehren des Klägers auf bestimmte Mehrleistungen gegenüber dem Regelbedarf zwar eine gesetzliche Anspruchsgrundlage zur Verfügung. Die Voraussetzungen dieser Anspruchsgrundlage sind aber in Bezug auf die hier geltend gemachten Mehrbedarfe nicht erfüllt.

a) Dies hat der Senat bezogen auf die geltend gemachten Aufwendungen für besondere Zahncreme und Zahnspülungen in Höhe von 2,58 EUR monatlich im Urteil vom heutigen Tag zum Aktenzeichen L 4 AS 333/12 dargelegt. Auf die dort gegebenen Gründe wird verwiesen.

b) Auf die außerdem geforderte Übernahme von Aufwendungen für besondere Öle wegen Nasen- und Ohrenentzündungen in Höhe von 2,99 EUR monatlich besteht ebenfalls kein Anspruch aus § 21 Abs. 6 SGB II. Der geltend gemachte monatliche Betrag ist – wie auch der angeführte Betrag für Zahncreme und Mundspülungen - derart gering, dass schon aus quantitativen Gründen ein besonderer Bedarf ausscheidet, der von der Härtefallregelung erfasst sein könnte (vgl. von Boetticher/Münder, LPK-SGB II, 5. Auflage 2013, § 21 Rn. 35). Abgesehen davon, dass in quantitativer Hinsicht die Schwelle für einen Anspruch aus § 21 Abs. 6 SGB II nicht gegeben ist, fehlte es auch an einer ärztlichen Indikation der von ihm angewendeten Öle, die der Kläger im Wege der Selbstmedikation eingesetzt hat.

4. Ein Anspruch auf zusätzliche Leistungen für eine besondere kostenaufwändige Ernährung steht dem Kläger ebenfalls nicht zu. Die Voraussetzungen für die Anerkennung eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 5 SGB II liegen nicht vor. Der Kläger dürfte zwar in dem hier betroffenen Bewilligungszeitraum - wie auch schon zuvor - unter Diabetes mellitus Typ 2 sowie einem arteriellen Hypertonus und unter anderen gesundheitlichen Beeinträchtigungen gelitten haben. Diese machen aber keine kostenaufwändige Ernährung erforderlich. Dies hat der Senat bezogen auf die in Rede stehenden Erkrankungen eingehend im Urteil vom heutigen Tage zum Aktenzeichen L 4 AS 149/13 dargelegt. Auf die dortigen Ausführungen wird verwiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang in der Hauptsache.

Die Revision ist nicht nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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