S 11 KR 507/11

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Nürnberg (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 KR 507/11
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
III. Der Streitwert wird auf 300,25 Euro festgesetzt.
IV. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist noch die Aufhebung des Prüfbescheides der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 2) vom 07.10.2011 insoweit streitig, als darin bezüglich des Zeitraums vom 12.03. bis 31.03.2007 Beiträge und Säumniszuschläge für die Versicherte S.B. (S. B.) (Nr. 12 der Anlage des Prüfbescheides) und bezüglich des Zeitraums vom 26.03. bis 30.03.2008 für den Versicherten R.W. (R. W.) (Nr. 41 der Anlage des Prüfbescheides) festgesetzt wurden, sowie die Erstattung der aufgrund des Bescheides bereits entrichteten Beiträge und Säumniszuschläge.

Nach Anhörung mit Schreiben vom 16.06.2011 setzten die Beklagten aufgrund einer bezüglich des Zeitraums vom 01.01.2007 bis 31.12.2008 durchgeführten Beitragsprüfung bezüglich des Zeitraums vom 01.01.2007 bis 31.12.2008 mit Prüfbescheid vom 07.10.2011 Krankenversicherungsbeiträge (KV) und Pflegeversicherungsbeiträge (PV) (siehe Erklärung des Beklagtenvertreters in der nichtöffentlichen Sitzung vom 29.04.2014, dass der Prüfbescheid vom 07.10.2011 auch im Namen der Pflegekasse ergangen ist) in Höhe von insgesamt (20.444,57 KV + 2.322,25 PV =) 22.766,82 Euro sowie Säumniszuschläge in Höhe von 10.353,50 Euro gegenüber der Klägerin fest. Hiergegen hat die Klägerin am 04.11.2011 Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) insbesondere mit der Begründung erhoben (Schriftsatz vom 05.12.2011), dass die Festsetzung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 22.766,82 Euro sowie der Säumniszuschläge in Höhe von 10.353,50 Euro jeweils für mehrere Fälle einer Fallgruppe und teilweise zu Unrecht erfolgt sei. Die den Fallgruppen jeweils zugrunde liegenden Rechtsfragen seien einer grundsätzlichen Klärung zuzuführen, deshalb werde die Anfechtung des Bescheides auf jeweils nur einen Fall aus einer Fallgruppe beschränkt. Zum Problemkreis

1. Weiteres Krankenversicherungsverhältnis - aufgrund Beschäftigung

trägt die Klägerin insbesondere Folgendes vor (siehe Schriftsätze vom 05.12.2011, 07.10.2013, 25.03.2014, 23.04.2014, 19.05.2014 und 08.07.2014 sowie den Vortrag in der mündlichen Verhandlung vom 29.10.2014):

Im Fall der laufenden Nr. 12 (S. B.) habe die Klägerin die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) am 28.03.2007 rückwirkend ab 12.03.2007 aufgehoben, da ihr von der Leistungsempfängerin S.B. eine Arbeitsaufnahme zum 12.03.2007 mitgeteilt worden sei. Die für März 2007 von ihr bereits gezahlten KV/PV-Beiträge seien am 28.03.2007 für den Zeitraum vom 12.03. bis 31.03.2007 von ihr zurückgefordert und im Wege der Aufrechnung mit zu zahlenden Beiträgen eingezogen worden (Beitragsabsetzung). Alg sei seither nicht mehr bewilligt worden. Von der Beklagten zu 1) sei die Beitragsabsetzung mit der Begründung beanstandet worden, dass ihr eine versicherungspflichtige Beschäftigung durch den Arbeitgeber nicht gemeldet worden sei. Diese Beanstandung sei nicht begründet, da die Beklagte zu 1) einen die Beanstandung tragenden Sachverhalt nicht festgestellt habe. Den Anforderungen an die Sachverhaltsaufklärung entspreche es nicht, wenn die Beklagte zu 1) über die Beitragspflicht der Klägerin allein danach entscheide, ob eine Meldung durch den Arbeitgeber vorliege oder nicht. Das Unterlassen einer Meldung liege im Interesse des Arbeitgebers, da er dann keine Beiträge abzuführen habe. Hingegen widerspreche es gerade dem Interesse des Leistungsbeziehers, sich bei der Klägerin ohne kompensierende Beschäftigung aus dem Leistungsbezug abzumelden. Insbesondere genüge die Beklagte zu 1) ihrer Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung nicht dadurch, dass sie der Klägerin aufgebe, entsprechende Unterlagen vorzulegen (so jedoch im angefochtenen Bescheid auf Seite 1). Zudem sei die Beklagte zu 1) mit Schreiben vom 21.03.2007 über die vorgenommene Absetzung wegen der nach Kenntnis der Klägerin bestehenden Beschäftigung informiert worden. Von der Beklagten zu 1) seien Einwendungen auf diese Mitteilung hin jedoch nicht erhoben worden.

Hinsichtlich der Erstattung der KV-Beiträge bei rückwirkender Aufhebung der Bewilligung von Alg bestehe eine gesetzliche Ermächtigung zur Ausgestaltung durch die Spitzenverbände der Krankenkassen zusammen mit der Bundesagentur für Arbeit (BA) bzw. - seit 2009 - durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, dem Bundesversicherungsamt und der BA (§ 335 Abs. 1 Satz 4 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III)). Auf diese Ermächtigung werde im Gemeinsamen Rundschreiben vom 14.12.2004 unter Ziffer 7.1 Bezug genommen. Die auf dieser Grundlage geschlossene Vereinbarung mit den Spitzenverbänden gelte auch nach dem Übergang von deren Aufgaben auf den Spitzenverband Bund fort (§ 217 f Abs. 5 SGB V). In der Verfahrensabsprache vom 14.12.2009 sei die mit den Spitzenverbänden getroffene Absprache an die seit 2009 erfolgende Beitragszahlung an den Gesundheitsfond angepasst worden. Hier finde sich folgender Passus: "Auch bei den Beitragszahlungen an den Gesundheitsfond sind die Krankenkassen verpflichtet, aufgrund der vorgenannten Mitteilungen der Agentur für Arbeit das Versicherungsverhältnis und die Leistungsgewährung im Überzahlungszeitraum zu prüfen und Fälle, in denen gegenüber dem Gesundheitsfond Beitragsaufrechnungen zu Unrecht vorgenommen wurden, unverzüglich nach Kenntnis dieses Tatbestands der Agentur für Arbeit anzuzeigen, damit diese die Beitragsaufrechnungen gegenüber dem Gesundheitsfond korrigieren bzw. die aufgerechneten Beiträge nachzahlen kann". Aus dieser Darstellung des Verfahrens sei deutlich zu erkennen, dass es als eine Aufgabe für die Krankenkasse gesehen werde, bei irrtümlicher Annahme eines weiteren KV-Verhältnisses dies der Klägerin unverzüglich anzuzeigen. Zwangsläufig folge daraus, dass ohne eine solche Anzeige das Verfahren beendet sei. Übertragen auf den hier streitigen Fall habe dies zur Folge, dass die Klägerin die Beiträge zu Recht abgesetzt habe, wenn sie sich entsprechend dem Gemeinsamen Rundschreiben verhalten habe, also - ein weiteres Versicherungspflichtverhältnis festgestellt habe, - die Beklagte über die Absetzung informiert habe und - eine Rückmeldung durch die Beklagte nicht erfolgt sei. Im Rahmen des Leistungsverfahrens werden etwaige Einwendungen einer Krankenkasse, dass ein weiteres KV-Verhältnis im Aufhebungszeitraum nicht vorgelegen habe, berücksichtigt. Von den Aktivitäten im Leistungsverfahren seien die Aktivitäten im Prüfverfahren zu unterscheiden. Im Prüfverfahren reiche es nicht mehr aus, Einwendungen vorzubringen, die im Leistungsverfahren zu einer näheren Sachverhaltsaufklärung geführt hätten. Habe die Klägerin eine Beitragsabsetzung wegen einer ihr mitgeteilten versicherungspflichtigen Beschäftigung vorgenommen, müsse im Rahmen des Prüfverfahrens von der Krankenkasse definitiv festgestellt werden, dass diese Mitteilung von der Beschäftigungsaufnahme unzutreffend gewesen sei.

Insbesondere wären die regelmäßig bei der Prüfung festgesetzten Säumniszuschläge nicht zu rechtfertigen, wenn es bei einer ungerechtfertigten Beitragsabsetzung verblieben sei, weil die Krankenkasse im Absetzungsverfahren keine Einwendungen erhoben, sich also nicht an das vereinbarte Verfahren gehalten habe. Gerade solche unsubstantiierten Einwendungen seien jedoch von der Beklagten zu 1) im Rahmen des Prüfverfahrens erhoben worden. Eine andere Entscheidungsgrundlage als die Angaben des Leistungsempfängers stehe der Klägerin nicht zur Verfügung, so dass sie ihre Ermittlungspflicht erfüllt habe.

Auf die Rechtsfrage, ob ein weiteres KV-Verhältnis nur bei tatsächlicher Beitragszahlung vorliege, komme es nicht an. Ziel des § 335 Abs. 1 Satz 2 SGB III sei es nicht, die Krankenkassen finanziell davor zu schützen, einmal vereinnahmte Beiträge wieder zu verlieren. Ansonsten wäre auch eine rückwirkende Beitragsminderung (Verringerung der Höhe der Alg-Bemessungsgrundlage) ausgeschlossen. Ziel sei es vielmehr, den Leistungsempfänger vor einer Rückforderung zu bewahren, wenn ein anderweitiger Beitragsanspruch der Krankenkasse bestehe. Dieser Anspruch bestehe, wenn die Voraussetzungen für einen weiteren Versicherungspflichttatbestand erfüllt seien. Die tatsächliche Zahlung der Beiträge hänge von Umständen ab, die vom Leistungsbezieher nicht zu beeinflussen seien. Hierunter falle z. B. die bewusste Beitragshinterziehung durch den Arbeitgeber oder die - im Rahmen der Verjährungsfrist - erst sehr viel später erfolgende Beitragsentrichtung aufgrund einer Betriebsprüfung. Die Entlastung des Versicherten dürfe nicht von solchen Zufälligkeiten abhängen, zumal nicht anzunehmen sei, dass bei einer sehr viel später erfolgenden Zahlung dem Leistungsbezieher die zwischenzeitlich von ihm ersetzten Beiträge wieder erstattet würden. Das Prüfrecht nach § 251 Abs. 5 SGB V umfasse nicht das Recht der Beklagten, der Klägerin Vorgaben zu machen, wie ein Sachverhalt festzustellen sei.

Ob die Beklagte zu 1) in den hier streitigen Fällen mit einem Schreiben der Klägerin informiert worden sei, so wie es im Verfahren S 11 KR 512/11 als Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 22.04.2014 dem Gericht übersandt worden sei, könne für den hier streitgegenständlichen Zeitraum nicht mehr festgestellt werden (Schriftsatz vom 19.05.2014). Im Gegensatz zu den den Entscheidungen des BSG vom 02.09.2004 (B 7 AL 88/03 R) und des LSG Sachsen-Anhalt vom 12.02.2008 (L 2 AL 65/07) zugrunde liegenden Sachverhalten habe sich die Leistungsempfängerin S. B. selbst bei der Klägerin rückwirkend ab 12.03.2007 aus dem Leistungsbezug abgemeldet und damit angegeben, die aufgenommene Beschäftigung habe die die Arbeitslosigkeit ausschließende 15-Stunden-Grenze des § 119 Abs. 3 SGB III aF überschritten, ohne dass die Klägerin deshalb zu weiteren Ermittlungen verpflichtet sein könnte. Das BSG habe sich von der Sache hinsichtlich der auf das Alg gezahlten Beiträge, solange wegen des anderen KV-Verhältnisses überhaupt keine Beiträge gezahlt worden seien, sogar für diese Sachverhaltsgestaltung einer abschließenden Wertung zu § 335 Abs. 1 Satz 2 SGB III enthalten. Das LSG Sachsen-Anhalt habe im Urteil vom 12.02.2008 (a.a.O.) für denselben Fall lediglich seine eigene Interpretation des genannten Urteils des BSG vorgenommen. Das Urteil des Bayerischen LSG vom 15.12.2011 (L 4 KR 436/10) betreffe demgegenüber die Frage, ob über die Möglichkeit der Rückforderung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nach § 335 Abs. 2 SGB III hinaus zusätzlich noch die Möglichkeit bestehe, die Krankenkasse zur Rückzahlung der Beiträge nach § 335 Abs. 1 Satz 2 SGB III in Anspruch zu nehmen und sei auf die hier vorliegende Sachverhaltsgestaltung nicht anwendbar. Soweit dort das LSG ausgeführt habe (Rn. 30), vor allem könne der dortigen Klägerin (einer Leistungsempfängerin) nicht darin gefolgt werden, dass als weiteres Krankenversicherungsverhältnis im Sinne des § 335 Abs. 1 Satz 2 SGB III die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V gelte, ergebe sich aus den weiteren Ausführungen zum Tatbestand und aus den Entscheidungsgründen, dass dies nur für den Fall zu gelten habe, dass Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V aufgrund der Zubilligung einer Rente entstanden sei. Dies ergebe sich schon daraus, dass für diese Versicherten in Abs. 2 eine ausdrückliche Regelung getroffen worden sei, die nicht nötig gewesen wäre, würde man der Auffassung der dortigen Klägerin folgen. Damit sei die zugrunde liegende Rechtsfrage weiterhin offen.

Soweit die Beklagte zu 1) die wegen § 335 Abs. 1 Satz 2 SGB III unterbliebene Beitragszahlung durch die Klägerin damit beanstande, dass ihr eine anderweitige Beschäftigungsaufnahme und damit ein weiteres Krankenversicherungsverhältnis nicht mitgeteilt worden seien, sei dies keine ausreichende Begründung im Sinne von § 35 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), da die Begründung die gezogene Rechtsfolge nicht trage. Der angefochtene Prüfbescheid habe insoweit den Mangel, dass er überhaupt nicht begründet sei. Eine bloß unterlassene Meldung über das Nichtbestehen eines weiteren Versicherungsverhältnisses, auf die die Beklagte ihre Beanstandungen im angefochtenen Prüfbescheid stütze, sei nämlich nicht bereits mit der (erwiesenen) Tatsache des Nichtbestehens gleichzusetzen. Gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 SGB X könne zwar die erforderliche Begründung des Verwaltungsakts bis zur nächsten Tatsacheninstanz eines sozialgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden. Die Beklagte zu 1) habe im Rahmen des hiesigen Verfahrens immer noch nicht dargelegt, aufgrund welcher Tatsachenbeweise sie zu der oben aufgezeigten Schlussfolgerung gelangt sei, und mangels eigener Sachverhaltsermittlungen werde sie dies auch nicht mehr können. Nach § 42 Satz 1 SGB X könne die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 40 nichtig sei, nicht alleine deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften u. a. über das Verfahren oder die Form zustande gekommen sei, wenn offensichtlich sei, dass die Verletzungen die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hätten. Hier sei offensichtlich, dass der Begründungfehler die Entscheidung in der Sache beeinflusst habe. Dass ein formell-rechtlicher Fehler eines Verwaltungsakts die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusse, komme nur bei faktischer Alternativlosigkeit in Betracht (BSG, Urteil vom 06.05.2009 - B 6 KA 7/08 R = SozR 4-1300 § 63 Nr. 9 Rn 30). Hätten die Beklagten bei Fertigung des Entwurfs des Prüfbescheides - der Rechtslage entsprechend - formuliert "es lag kein anderes Beschäftigungsverhältnis vor", hätte es sich ihnen dabei aufgedrängt, zunächst doch zu überlegen, auf welche Beweismittel eine solche Behauptung ernsthaft zu stützen sein könnte. Dann hätte die Beklagte zu 1) erkannt, dass sie über das Nichtvorliegen eines anderweitigen Beschäftigungsverhältnisses erst noch hätte Beweis einholen müssen und die Beklagten hätten den angefochtenen Bescheid nicht erlassen. Das Vorliegen des genannten Beanstandungsgrundes sei bislang nicht bewiesen und dies werde im Laufe des Rechtsstreits auch nicht mehr bewiesen werden können.

Soweit die Beklagten auf ihr Schreiben vom 04.04.2007 verwiesen, stütze es deren Vortrag nicht. Streitig sei vorliegend die Beitragsabsetzung für den Zeitraum vom 12.03. bis 31.03.2007. Das Schreiben der Beklagten beziehe sich hingegen auf eine Beitragsabsetzung für die Zeit vom 01.02. bis 28.02.2007. Aus dem Umstand, dass die Beklagten lediglich ein Schreiben zu einem nicht streitigen Zeitraum vorgelegt haben, könne geschlossen werden, dass von den Beklagten ein vergleichbares Schreiben für den hier streitigen Zeitraum nicht erstellt worden sei. Die Beklagte zu 1) verkenne, dass sie nicht Aufsichtsbehörde der Klägerin sei und eine Vereinbarung im Gemeinsamen Rundschreiben bestehe.

Zum Problemkreis

2. Weiteres Krankenversicherungsverhältnis nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V

trägt die Klägerin insbesondere vor (siehe Schriftsätze vom 05.12.2011, 07.10.2013, 25.03.2014, 23.04.2014, 19.05.2014 und 08.07.2014), dass die Beklagte zu 1) im Fall einer Abmeldung eines Leistungsempfängers bei der Klägerin zur Feststellung verpflichtet sei, ob der Betroffene eventuell nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V versichert sei und damit ein weiteres KV-Verhältnis vorliege. Es sei nicht zulässig, dass die Beklagte zu 1) auf diese Feststellung verzichte und im Wege der Sachverhaltsunterstellung ein Versicherungspflichtverhältnis nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 ausschließe. Im Fall der laufenden Nr. 41 (R. W.) habe sich der Leistungsempfänger zum 26.03.2008 selbstständig gemacht. Die Klägerin habe die Bewilligung von Alg für die Zeit ab 26.03.2008 rückwirkend aufgehoben und die KV/PV-Beiträge für den Zeitraum vom 26.03. bis 30.03.2008 am 05.05.2008 abgesetzt. Von den Beklagten seien die abgesetzten Beiträge nachgefordert worden, da im Rückforderungszeitraum keine adäquate Mitgliedschaft bei ihnen bestanden habe. Die Beklagte zu 1) habe dabei jedoch keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Leistungsbezieher mangels anderweitiger Absicherung im Krankheitsfall nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V weiterhin pflichtversichert gewesen sei.

Die Konkurrenzregelung des § 5 Abs. 8 a SGB V setze voraus, dass zwei Versicherungstatbestände erfüllt seien. Der Versicherungstatbestand bei rückwirkender Aufhebung der Alg-Bewilligung (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 2. HS SGB V) liege jedoch in den hier fraglichen Fällen nicht vor. Die Fortwirkung der Versicherungspflicht trotz Aufhebung der Alg-Bewilligung gelte nicht, wenn ein weiterer Versicherungspflichttatbestand erfüllt sei (§ 335 Abs. 1 Satz 2 letzter HS SGB III). Mangels Vorliegens einer Versicherungskonkurrenz gehe der Nachrang der Auffangversicherung ins Leere.

Die Klägerin habe nach den ihr vorliegenden Informationen keinerlei Anhaltspunkte dafür, den Sachverhalt bereits im Rahmen der Beitragsabsetzung weiter aufzuklären. Gerade wegen dieser fehlenden Information sei deshalb mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen vereinbart worden, dass die Klägerin eine Beitragsabsetzung mitteile, damit die Krankenkasse eventuelle Einwände gegen die Beitragsabsetzung erhebe. In der Folge sei es im Rahmen der nachgehenden Beitragsprüfung nicht zulässig, dass die Beklagten Beiträge allein aufgrund unklarer Tatsachenlage festsetzten. Das vereinbarte Informationsverfahren würde dadurch völlig bedeutungslos werden. Erst recht sei es unzulässig, der Klägerin eine schuldhafte Säumnis vorzuwerfen und Säumniszuschläge festzusetzen, obwohl die Beklagte zu 1) im Rahmen des Absetzungsverfahrens entgegen der Vereinbarung der Klägerin keine Hinweise auf eine eventuell unzutreffende Sachverhaltsgrundlage gegeben habe. Die Anforderungen, die an die Feststellung einer Auffangversicherung gestellt würden, seien herabgesetzt. Denn die Beklagte zu 1) sei bei Beendigung eines anderen Versicherungspflichttatbestandes ohnehin zu näheren Ermittlungen verpflichtet, ob die Voraussetzungen für eine Auffangversicherung vorlägen. Für die Feststellung einer Auffangversicherung durch die Klägerin sei es deshalb ausreichend, dass keine offensichtlichen Hinderungsgründe erkennbar seien.

3. Im Fall der laufenden Nr. 94 - A.Z. (A. Z.) - seien am 14.04.2009 Beiträge für den Zeitraum vom 11.12. bis 27.12.2008 in Höhe von 109,42 (KV) und 14.04 (PV) entrichtet worden. Gleichwohl forderten die Beklagten für diesen Zeitraum Beiträge in dieser Höhe nach. Die Beanstandung sei deshalb rechtswidrig.

Zur Klageerwiderung tragen die Beklagten insbesondere Folgendes vor (siehe Schriftsätze vom 09.09.2013, 19.09.2013, 28.02.2014, 16.04.2014, Vortrag in der nichtöffentlichen Sitzung vom 29.04.2014, Schriftsatz vom 18.06.2014 sowie Vortrag in der mündlichen Verhandlung vom 29.10.2014):

1. Weiteres Krankenversicherungsverhältnis aufgrund Beschäftigung:

Für die Richtigkeit des Meldeverhaltens des Arbeitgebers spreche eine gesetzliche Vermutung, sodass die Klägerin hierauf in ihrer Entscheidung über das Bestehen eines Absetzungsgrundes, namentlich über das Bestehen eines weiteren Krankenversicherungsverhältnisses im Sinne des § 335 Abs. 1 Satz 2 SGB III, abzustellen habe. Soweit die Angaben eines Versicherten von dem Meldeverhalten des Arbeitgebers abwichen, sei es allein Aufgabe der Klägerin, weitere Sachaufklärung zu betreiben, da von ihr das Bestehen eines weiteren Krankenversicherungsverhältnisses als Voraussetzung (Absetzungsgrund) für einen Erstattungsanspruch nach § 335 Abs. 1 Satz 2 SGB III behauptet werde. Lasse sich der von der Klägerin angeführte Absetzungsgrund im Rahmen der dieser obliegenden Amtsermittlung von ihr nicht hinreichend aufklären, müsse dies nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zu ihren Lasten gehen. Die von der Klägerin angestellte Erwägung, dass das Unterlassen einer Meldung im Interesse des Arbeitgebers liege, da er in diesem Fall keine Beiträge abzuführen habe, entbehre in Ansehung der Meldepflichten des Arbeitgebers jeglicher Grundlage und stelle den Arbeitgeber in unzulässiger Weise unter den generellen Verdacht der Zulassung von Schwarzarbeit.

Es könne dahingestellt bleiben, ob und inwieweit den Beklagten aufgrund der von der Klägerin differenziert für das Leistungsverfahren und Prüfverfahren beschriebenen Verfahrensweise Einwendungen, die nicht im Leistungsverfahren geltend gemacht worden seien, im Prüfverfahren verwehrt seien bzw. zu einer Umkehr der Beweislast führen könnten. Wichtig sei, dass bei Feststellung eines weiteren Versicherungsverhältnisses die Krankenkasse von der Bundesagentur für Arbeit über die Beitragsabsetzung für den deckungsgleichen Zeitraum (vgl. Ziffer 7.1 des Gemeinsamen Rundschreibens der Spitzenverbände vom 14.12.2004 zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung der Leistungsbezieher nach dem SGB III ab 01.01.2005 sowie Ziffer 1.1.3 der Geschäftsanweisung der Bundesagentur für Arbeit gemäß Rundbrief 2 aus 2009 vom 31.08.2009) zu informieren sei. Selbstverständlich hätte die Beklagte zu 1) in den Beanstandungsfällen sodann auch regelmäßig die angeführten Absetzungsgründe geprüft und ggf. bereits in diesem Verfahrensstadium der Klägerin die Gründe für deren Ablehnung mitgeteilt. Demgemäß habe die Beklagte zu 1) der Klägerin im Fall der laufenden Nr. 12 (S. B.) nach dem vorstehend beschriebenen Ablaufgeschehen mit Schreiben vom 11.07.2008 Mitteilung über den Absetzungsgrund gemacht (vgl. Schreiben der Beklagten zu 1) vom 04.04.2007 an die Klägerin). Nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin wäre es deshalb deren Aufgabe gewesen, von Amts wegen weitere Sachaufklärung zu betreiben und von einer Absetzung abzusehen bzw. diese zu korrigieren, soweit sich etwaige Angaben der Versicherten im Abgleich zum Meldeverfahren des Arbeitgebers nicht verifizieren ließen. Soweit der Klägerin in Einzelfällen mitgeteilt werde, dass ein von ihr angeführtes Beschäftigungsverhältnis wegen fehlender Meldung durch den Arbeitgeber nicht bekannt sei, werde damit für die Klägerin erkennbar auch zum Ausdruck gebracht, dass es in diesen Fällen an einer Beitragsentrichtung fehle.

Im Fall, dass es wegen fehlender Meldung des Arbeitgebers bzw. wegen fehlender Durchführung einer freiwilligen Versicherung bei Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit an der Entstehung eines beitragsbegründenden Tatbestandes bzw. eines hierzu geführten Nachweises fehle, könnten der Beklagten zu 1) denknotwendig auch keine Beiträge aus einem anderweitigen Krankenversicherungsverhältnis im Sinne des § 335 Abs. 1 Satz 2 SGB III zugeflossen sein, die nach dieser Vorschrift ausgleichsfähig wären. Aus dem Gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenverbände in der Fassung vom 14.12.2004 lasse sich nichts Gegenteiliges herleiten. So sei es für die Rechtmäßigkeit der von der Klägerin im Datenverarbeitungsverfahren abgesetzten Beiträge nicht maßgebend, dass die Klägerin von der Feststellung eines "weiteren Versicherungspflichtverhältnisses" ausgehe und nach Information über die Absetzung von der Beklagten zu 1) keine Rückmeldung erhalten habe. Rechtlich entscheidend für die Rechtmäßigkeit der Beitragsabsetzung im Prüffalle sei allein, dass die Klägerin den Nachweis über die Begründung eines weiteren Versicherungspflichtverhältnisses im Einzelfall antreten könne. Hieran aber fehle es regelmäßig, wenn und soweit der Beklagten zu 1) keine Meldung des Arbeitgebers über die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zugegangen sei und deshalb auch keine Beiträge zugeflossen seien. Die vorliegend von der Klägerin vertretene gegenteilige Rechtsansicht hätte zur Folge, dass das den Krankenkassen nach Maßgabe des § 251 Abs. 5 SGB V eingeräumte Prüfrecht jedenfalls teilweise ins Leere ginge.

2. Weiteres Krankenversicherungsverhältnis nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V:

Die Klägerin führe zu diesem Problemfeld sinngemäß an, dass aufgrund der sogenannten "Bürgerversicherung" immer ein adäquater Versicherungsschutz bestehen würde. Dies sei rechtlich nicht haltbar, da nach § 5 Abs. 8 a SGB V die Vorrangigkeit der Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V zu berücksichtigen sei. Dies gelte auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt habe, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden sei. In dem von der Klägerin angeführten Fall der laufenden Nr. 41 (R. W.) sei die Leistung von der Klägerin nach deren eigenem Vorbringen zwar rückwirkend aufgehoben worden, die Versicherungspflicht des Betroffenen nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V sei hiervon jedoch nicht berührt worden. Bei der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V handele es sich nicht um ein "anderweitiges Krankenversicherungsverhältnis" im Sinne des § 335 Abs. 1 Satz 2 SGB III. Wegen des Nachrangs der Versicherung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V scheide für die Dauer des Leistungsbezugs von Alg daneben eine Beitragspflicht aus § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V aus. Im Übrigen würde es dem Sinn und Zweck des § 335 Abs. 1 Satz 2 SGB III widersprechen, eine Erstattungspflicht für die Krankenkasse in Fällen vorzusehen, in denen es gerade nicht zu einer doppelten Beitragsentrichtung komme, deren Ausgleich die Vorschrift gerade bezwecke (vgl. LSG Bayern, Urteil vom 15.12.2011, a. a. O.).

Soweit die Klägerin die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Prüfbescheides auf eine Verletzung des § 35 SGB X stütze, seien ihre diesbezüglichen Ausführungen rein rechtstheoretischer Natur. Bereits der schriftlichen Stellungnahme in dem der Bescheiderteilung vorausgehenden Anhörungsverfahren vom 11.08.2011 lasse sich entnehmen, dass der Klägerin die maßgebenden rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen der Beklagten bekannt gewesen seien, weshalb von diesen eine rechtliche Beanstandung in dem noch ausstehenden Prüfbescheid zu erwarten gewesen sei (vgl. die dortigen Ausführungen unter 1. (weiteres Krankenversicherungsverhältnis)). Allen Beteiligten sei bereits in diesem Verfahrensstadium klar gewesen, dass Gegenstand der rechtlichen Auseinandersetzung im Rahmen des § 335 Abs. 1 Satz 2 SGB III die Frage sei, ob ein die Absetzung rechtfertigendes "weiteres Krankenversicherungsverhältnis" im Sinne dieser Vorschrift bestanden habe. Ebenso ergebe sich aus dem Inhalt der Stellungnahme der Klägerin im außergerichtlichen Anhörungsverfahren, dass sie von Beginn des Prüfverfahrens an vollumfänglich Kenntnis von den Gründen und damit einhergehend von der Rechtsauffassung der Beklagten gehabt habe, weshalb von ihr in den einschlägigen Fällen das Bestehen eines weiteren Krankenversicherungsverhältnisses rechtlich in Abrede gestellt worden sei. Dessen ungeachtet erschließe sich die hinreichende Begründung des Prüfbescheides zudem aus den jeweiligen Anmerkungen zu den in der Anlage zum Prüfbescheid im Einzelnen aufgelisteten Beanstandungsfällen.

Auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vom 29.10.2014 hat die Klägerin mitgeteilt, dass die Akten zu dem Leistungsfall S. B. mittlerweile vernichtet worden seien. Es könne deshalb nicht mehr festgestellt werden, ob das Informationsschreiben an die Beklagte zu 1) versandt worden sei. Die Beklagte zu 1) hat erklärt, dass die Klägerin vor Aufrechnung und Geltendmachung des Erstattungsanspruchs der Beklagten zu 1) die entsprechenden Angaben und Unterlagen zur Verfügung zu stellen habe. Daraufhin hat die Klägerin eingeräumt, dass sie den Sachverhalt zum Erstattungsanspruch selber aufzuklären habe. Unterlagen habe sie der Beklagten zu 1) jedoch vor einer Beitragsabsetzung nicht zur Verfügung zu stellen.

Bezüglich der Nr. 94 der Anlage zum Prüfbescheid vom 07.10.2011 haben die Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 29.10.2014 erklärt, dass der Nachweis der Beitragszahlung durch die Klägerin erbracht worden sei. Daraufhin haben die Beteiligten folgende Teilvereinbarung geschlossen:

"1. Die Beklagte hebt den Bescheid vom 07.10.2011 insoweit auf, als darin Beiträge bezüglich der Nr. 94 (siehe Anlage) einschließlich Säumniszuschläge betreffend A.Z. zurückgefordert worden sind. 2. Die Klägerin nimmt das Angebot der Beklagten insoweit an. 3. Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem Urteil vorbehalten. 4. Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass der Rechtsstreit insoweit erledigt ist."

Die Klägerin beantragt noch,

1. den Bescheid der Beklagten zu 1) und zu 2) vom 07.10.2011 über die Prüfung der Beitragsentrichtung für Leistungsempfänger nach dem SGB III in der Gestalt der Teilvereinbarung vom heutigen Tag insoweit aufzuheben, als darin Beiträge und Säumniszuschläge festgesetzt wurden, die sich aus den im Bescheid aufgelisteten Fällen der lfd. Nr. 12 und 41 ergeben,

2. die Beklagte zu verurteilen, die aufgrund des Bescheids bereits nachentrichteten Beiträge und entrichteten Säumniszuschläge in den Fällen der Nr. 12 und 41 zu erstatten,

3. hilfsweise, die Berufung zuzulassen.

Die Beklagten zu 1) und 2) beantragen,

die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat im vorbereitenden Verfahren die Akten der Klägerin, der Beklagten und des SG mit den Az.: S 11 KR 512/11 , S 7 KR 379/13, S 7 KR 441/11, S 11 KR 39/11, S 7 KR 364/11 und S 3 KR 206/10 zum Verfahren beigezogen. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht durfte gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (s. Schriftsätze vom 07.01.2015 und 13.01.2015).

Es handelt sich hier um eine nach § 78 Abs. 1 Nr. 3 SGG ohne Vorverfahren zulässige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG), die gemäß § 87 Abs. 1 SGG fristgerecht erhoben wurde. Die Beklagten als zum Beitragseinzug berechtigte Versicherungsträger haben gegenüber der Klägerin die Befugnis zur Festsetzung der KV- und PV-Beiträge durch Verwaltungsakt (siehe BSG, Urteil vom 25.01.1995 - 12 PK 72/93).

Die Klage ist jedoch nicht begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 07.10.2011 in der Gestalt der Teilvereinbarung vom 29.10.2014 ist hinsichtlich der lfd. Nrn. 12 und 41 rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.

Die aufgrund des Bescheides vom 07.10.2011 von der Klägerin bereits entrichteten Beiträge zur Krankenversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V) und Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XI) sowie bereits entrichteten Säumniszuschläge (§ 24 SGB IV) haben die Beklagten zu 1) und 2) nicht zu erstatten.

Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin hatte diese gegen die Beklagte zu 1) bezüglich der Beiträge zur Krankenversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V keinen Erstattungsanspruch nach § 335 Abs. 1 Satz 2 SGB III (i.d.F. vom 24.12.2003, gültig vom 01.01.2005 bis 31.12.2008, BGBl. I S. 594), den sie im Wege der Aufrechnung durch Beitragsabsetzung gemäß § 387 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entsprechend gegenüber der Beklagten zu 1) hätte geltend machen können. Zum Zeitpunkt der Beitragsabsetzung durch die Klägerin war nämlich eine Aufrechnungslage im Sinne des § 387 BGB entsprechend mangels fälliger Forderungen der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) gemäß § 335 Abs. 1 Satz 2 SGB III (a.a.O.) nicht gegeben. Gleiches gilt für die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XI) gemäß § 335 Abs. 5 SGB III (a.a.O.), der auf die Absätze 1 bis 3 verweist.

Zu 1. Weiteres Krankenversicherungsverhältnis - aufgrund Beschäftigung.

Der angefochtene Bescheid ist nicht wegen Bestehens eines "weiteren Krankenversicherungsverhältnisses" i. S. des § 335 Abs. 1 Satz 2 SGB III (a.a.O.) aufgrund Beschäftigung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V im Fall der lfd. Nr. 12 (S. B.) im Zeitraum vom 12.03. bis 31.03.2007 rechtswidrig. Denn die Klägerin hatte insoweit gegen die Beklagte zu 1) keinen Erstattungsanspruch nach § 335 Abs. 1 Satz 2 SGB III (a. a. O.), den die Klägerin im Wege der Aufrechnung durch Beitragsabsetzung gegenüber der Beklagten zu 1) hätte geltend machen können. Zum Zeitpunkt der Aufrechnung durch die Klägerin war eine Aufrechnungslage mangels fälliger Forderung der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) gemäß § 335 Abs. 1 Satz 2 SGB III (a.a.O.) nicht gegeben. Gleiches gilt für die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XI) gemäß § 335 Abs. 5 SGB III (a.a.O.), der auf die Absätze 1 bis 3 verweist.

Wurden von der Bundesagentur für Arbeit für eine Bezieherin oder für einen Bezieher von Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung gezahlt, so hat die Bezieherin oder der Bezieher dieser Leistungen der Bundesagentur die Beiträge zu ersetzen, soweit die Entscheidung über die Leistung rückwirkend aufgehoben und die Leistung zurückgefordert worden ist, § 335 Abs. 1 Satz 1 SGB III (a. a. O.). Hat für den Zeitraum, für den die Leistung zurückgefordert worden ist, ein weiteres Krankenversicherungsverhältnis bestanden, so erstattet diejenige Stelle, an die die Beiträge aufgrund der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 des Fünften Buches gezahlt wurden, der Bundesagentur für diesen Zeitraum entrichteten Beiträge; die Bezieherin oder der Bezieher wird insoweit von der Ersatzpflicht nach Satz 1 befreit; § 5 Abs. 1 Nr. 2 2. HS des Fünften Buches gilt nicht, Satz 2.

Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass die Voraussetzungen des § 335 Abs. 1 Satz 2 SGB III (a. a. O.) im Fall der lfd. Nr. 12 (S. B.) im streitigen Zeitraum vom 12.03. bis 31.03.2007 nicht vorlagen. Denn eine Erstattungspflicht der Beklagten zu 1) scheidet aus, solange wegen des "weiteren Krankenversicherungsverhältnisses" überhaupt keine Beiträge gezahlt worden sind, was im vorliegenden Verfahren der Fall und im Übrigen zwischen den Beteiligten unstreitig ist.

In Übereinstimmung mit dem BSG (Urteil vom 02.09.2004 - B 7 AL 88/03 R, Rn. 26) geht die erkennende Kammer davon aus, dass eine (volle) Erstattungspflicht der Beklagten zu 1) ausscheidet, solange wegen des "anderen Krankenversicherungsverhältnisses" überhaupt keine Beiträge gezahlt worden sind (s. auch Bay. LSG, Urteil vom 15.12.2011 - L 4 KR 436/10; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 12.02.2008 - L 2 AL 65/07, JurisPK - SGB III, § 335, An. 44). Allerdings ist in diesem Zusammenhang - entgegen den Ausführungen des BSG (a.a.O.) in der Rn. 26, wonach " ... über den Gesetzeswortlaut hinaus eine Erstattungspflicht der Krankenkasse ausscheidet, solange wegen des anderen Krankenversicherungsverhältnisses überhaupt keine Beiträge gezahlt worden sind ..." - nicht eine erweiternde Auslegung der Vorschrift im Sinne einer Analogie vorzunehmen, sondern eine teleologische Reduktion.

Die teleologische Reduktion gehört zu den anerkannten, verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegungsgrundsätzen (BVerfG, Beschluss vom 15.10.2004 - 2 BvR 1316/04 = NJW 2005, 352, 353; BVerfG, Beschluss vom 07.04.1997 - 1 BvL 11/96 = NJW 1997, 2230, 2231; BVerfG, Beschluss vom 14.03.2011 - 1 BvL 13/07 = NZS 2011, 812; BSG, Urteil vom 19.12.2013 - B 2 U 17/12 R). Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass sie die auszulegende Vorschrift entgegen ihrem Wortlaut hinsichtlich eines Teils der von ihr erfassten Fälle für unanwendbar hält, weil deren Sinn und Zweck, die Entstehungsgeschichte und der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen gegen eine uneingeschränkte Anwendung sprechen (BVerfG, Beschluss vom 07.04.1997, 1 BvL 11/96 = NJW 1997, 2230, 2231; BSG, Urteil vom 18.08.2011, B 10 EG 7/10 R = BSGE 109, 42 = SozR 4-7837, § 2 Nr. 10). Bei einem nach wortlautgetreuer Auslegung drohenden Grundrechtsverstoß kann eine zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende Auslegung der Norm entgegen deren Wortlaut sogar geboten sein.

Entstehungsgeschichte, Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen und Sinn und Zweck des § 335 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB III (a. a. O.) sprechen für eine teleologische Reduktion und gegen eine uneingeschränkte Anwendung des Satz 2 in dem Sinne, dass ein Erstattungsanspruch nach dieser Vorschrift auch dann bestehen solle, wenn wegen des "weiteren Krankenversicherungsverhältnisses" überhaupt keine Beiträge gezahlt worden sind.

Für eine teleologische Reduktion der Vorschrift spricht schon die Entstehungsgeschichte des § 335 Abs. 1 SGB III (a. a. O.). Aus der Begründung des Regierungsentwurfs des Gesetzes zur Änderung von Förderungsvoraussetzungen im AFG und in anderen Gesetzen (BT-Drs. 12/3211, S. 28 zu Nr. 45), die ausdrücklich auf die Urteile des BSG vom 30.01.1990 (BSGE 66, 176 ff. = SozR 3-4100 § 155 Nr. 1) und 26.09.1990 (BSGE 67, 232 ff. = SozR 3-4100 § 155 Nr. 2) Bezug nimmt, geht einerseits hervor, dass der Gesetzgeber den in § 157 Abs. 3 a Satz 1 AFG (jetzt § 335 Abs. 1 Satz 1 SGB III) normierten Erstattungsanspruch gegen den Leistungsbezieher deshalb eingeführt hat, weil er die bis dahin geltende Rechtslage, nämlich das Fehlen einer Anspruchsgrundlage für die Rückforderung von Krankenversicherungsbeiträgen vom Leistungsbezieher, als unbefriedigend empfand. Andererseits zeigt die Begründung der Ausnahmeregelung in § 157 Abs. 3 a Satz 2 AFG (jetzt § 335 Abs. 1 Satz 2 SGB III), wonach der Leistungsempfänger dann von seiner Erstattungspflicht entlastet werden soll, wenn aufgrund eines weiteren Krankenversicherungsverhältnisses Beiträge doppelt entrichtet wurden, dass der Gesetzgeber sich auch die Überlegung des BSG zu Eigen gemacht hat, dass ein Rückgriff auf den Leistungsempfänger dann nicht sachgerecht scheint, wenn er wegen zweier zur Beitragspflicht führender Tatbestände aus der "Doppelversicherung" letztlich keinen Vorteil hatte (BSG, Urteil vom 10.08.2000 - B 11 AL 119/99 R - Rn. 20).

Für diese Auslegung spricht auch der systematische Zusammenhang mit Satz 3 des § 335 Abs. 1 SGB III (a. a. O.), denn es wäre nicht feststellbar, ob der Ausschluss der Regelung in § 335 Abs. 1 Satz 2 SGB III (a. a. O.) durch Satz 3 der Vorschrift eingreift, solange nicht doppelt Beiträge entrichtet worden sind (LSG Sachsen-Anhalt, a. a. O., Rn. 31; Düe in: Niesel, Kommentar zum SGB III, 4. Aufl. 2007, § 335 Rn. 13). Zudem würde den Beklagten das Risiko auferlegt, nach Rückerstattung der von den Beklagten getragenen Beiträge die vom Arbeitgeber geschuldeten Beiträge aus dem Beschäftigungsverhältnis nicht eintreiben zu können (so auch LSG Sachsen-Anhalt, a. a. O., Rn. 31). Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang vorträgt, § 335 Abs. 1 Satz 2 SGB III (a. a. O.) sei keine Schutzvorschrift für die Beklagte zu 1) in dem Sinne, dass diese vor mangelnder Realisierung des Beitragseinzugs geschützt werden solle, verkennt die Klägerin, dass Satz 2 des § 335 Abs. 1 SGB III (a. a. O.) die Ausnahmevorschrift zu Satz 1 des § 335 Abs. 1 SGB III darstellt, d. h. der Leistungsempfänger hat unter den Voraussetzungen des Abs. 1 Satz 1 regelmäßig die Beiträge zu ersetzen. Auch die weiteren Einwendungen der Klägerin, nämlich dass die tatsächliche Beitragszahlung von Umständen abhänge, die vom Leistungserbringer nicht zu beeinflussen seien und die Entlastung des Versicherten nicht von solchen Zufälligkeiten abhängen dürfe, sind unbegründet. Denn die Verpflichtung des Leistungsbeziehers zur Erstattung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung entfällt bei pflichtgemäßem Handeln, d. h. wenn er der Obliegenheit zur Angabe der leistungserheblichen Tatsachen nachkommt (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB I; siehe BSG, Urteil vom 21.11.2002 - B 11 AL 79/01 R). Nach dem Sinn und Zweck des Satz 2 scheidet eine Beitragserstattung durch die Beklagte zu 1) - solange eine doppelte Beitragsentrichtung nicht vorliegt - aus. Ein Rückgriff auf den Leistungsempfänger erscheint nur dann nicht sachgerecht, wenn er wegen zweier zur Beitragspflicht führender Tatbestände aus der Doppelversicherung letztlich keinen Vorteil hatte (BSG, Urteil vom 10.08.2000, a. a. O.).

Soweit die Klägerin einwendet, das Urteil des BayLSG vom 15.12.2011 (a. a. O.) sei auf die hier vorliegende Sachverhaltsgestaltung nicht anwendbar, weil es darin um die Frage gegangen sei, ob über die Möglichkeit der Rückforderung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nach § 335 Abs. 2 SGB III hinaus noch zusätzlich die Möglichkeit bestehe, die Krankenkasse zur Rückzahlung der Beiträge nach § 335 Abs. 1 Satz 2 SGB III in Anspruch zu nehmen, ist der Klägerin zwar zuzugeben, dass die streitentscheidenden Fragen nicht identisch sind. Das BayLSG hat in seiner Entscheidung vom 15.12.2011 (a. a. O.) jedoch ausdrücklich auf § 157 Abs. 3 a Satz 2 AFG verwiesen und insoweit ausgeführt (juris Rn. 30), dass "nach Satz 2 des neuen Absatzes 3 a die Krankenkasse, die die Krankenversicherung nach §§ 155 ff. AFG durchgeführt hat, die "doppelt" entrichteten Beiträge der Bundesanstalt erstatten" soll.

Die Schlussfolgerung der Klägerin, in Abs. 2 sei eine ausdrückliche Regelung getroffen worden, die nicht nötig gewesen wäre, würde man der Auffassung der dortigen Klägerin folgen, verkennt, dass Abs. 2 als lex specialis die Voraussetzungen des Erstattungsanspruchs der Bundesagentur gegen den Rentenversicherungsträger bzw. Rehabilitationsträger regelt und es dabei auf die Aufhebung der SGB III-Leistungsbewilligung im Gegensatz zu § 335 Abs. 1 Satz 1 SGB III nicht ankommt (Schaumberg in: jurisPK SGB III § 335 SGB III Rn. 67).

Ein Erstattungsanspruch der Klägerin nach § 335 Abs. 1 Satz 2 SGB III (a. a. O.) ergibt sich auch nicht aufgrund einer Verletzung einer Ermittlungspflicht der Beklagten zu 1) in dem Sinne, dass sie bereits im Leistungsverfahren entsprechend der Vereinbarung die Voraussetzung, ob ein weiteres Krankenversicherungsverhältnis besteht, zu ermitteln hat und bei Verletzung dieser Pflicht mit Einwendungen gegen die Beitragsabsetzung im Prüfverfahren ausgeschlossen ist. Denn die Klägerin trägt die objektive Beweislast für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Voraussetzungen des Erstattungsanspruchs gemäß § 335 Abs. 1 Satz 2 SGB III (a. a. O.). Es steht nämlich im Fall der Nr. 12 (S. B.) nicht fest, dass im streitigen Zeitraum ein "weiteres Krankenversicherungsverhältnis" bestanden hat.

Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin ergibt sich aus dem Gemeinsamen Rundschreiben vom 14.12.2004 auch keine Umkehr der Beweislast in dem Sinne, dass die Beklagte zu 1) die Voraussetzungen der Beitragsabsetzung zu ermitteln und festzustellen habe. Ebensowenig lässt sich aus dem zitierten Rundschreiben ein Einwendungsausschluss für den vorliegenden Fall in dem Sinne herleiten, dass die Beklagte zu 1) die von ihr erhobene Einwendung, es habe im streitigen Zeitraum kein weiteres Krankenversicherungsverhältnis bestanden, wegen Verspätung nicht mehr erheben dürfe.

Eine Umkehr der Beweislast lässt sich insbesondere nicht aus dem unter Ziffer 7.1 beschriebenen Verfahrensablauf im Gemeinsamen Rundschreiben vom 14.12.2004 ableiten. Darin wird u. a. folgender Verfahrensablauf festgehalten: "Nach § 335 Abs. 1 Satz 4 SGB III können die Bundesagentur für Arbeit und die Spitzenverbände der Krankenkassen das Nähere über die Erstattung der Beiträge durch Vereinbarungen regeln. Hierzu wird folgendes Verfahren abgesprochen: * Die von den Krankenkassen zu erstattenden Beiträge werden von der Bundesagentur für Arbeit gegen die an die Krankenkassen abzuführenden Beiträge aufgerechnet (Absetzung im Datenverarbeitungsverfahren). * Die Krankenkassen können die Aufrechnung der "Monatszusammenstellung der Beitragsabrechnung zur Kranken- und Pflegeversicherung" entnehmen und prüfen. * Die Agentur für Arbeit meldet der Krankenkasse unverzüglich den Überzahlungszeitraum, die aufgerechneten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung und ggf. die nunmehr zuständige Krankenkasse. Solange die Bundesagentur für Arbeit das System coLei einsetzt, wird die entsprechende Meldung durch Vordruck übermittelt. * Wird die Versicherung bei verschiedenen Krankenkassen durchgeführt, überwacht die Krankenkasse, bei der der Leistungsbezieher während des Leistungsbezugs versichert war, ob sie im Überzahlungszeitraum noch Leistungen erbracht hat. Ggf. unterrichtet sie die Agentur für Arbeit, die die aufgerechneten Beiträge nachzahlt und die Erstattung durch den Bezieher der Leistung in die Wege leitet". Der Rückschluss der Klägerin, aus dieser Verwaltungsvereinbarung ergebe sich, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet sei, zu ermitteln, ob ein Erstattungsanspruch der Klägerin gegen sie bestehe, ist unzutreffend. Vielmehr geht die Verwaltungsvereinbarung in dem zitierten Punkt bereits davon aus, dass Beiträge zu erstatten sind (" ... die von den Krankenkassen zu erstattenden Beiträge ...") und enthält keine Regelung dahingehend, dass die Beklagte zu 1) den Erstattungstatbestand gemäß § 20 SGB X zu ermitteln und die Voraussetzungen festzustellen habe. Insofern beruft sich die Klägerin für ihre Rechtsauffassung auf eine "Nicht-Regelung". Den zitierten Passagen der Verwaltungsvereinbarung vom 14.12.2004 lässt sich gerade nicht entnehmen, dass die Beklagte zu 1) den der Beitragsabsetzung zugrundeliegenden Sachverhalt gemäß § 20 SGB X zu ermitteln habe und von der allgemeinen Beweislastregel abgewichen werden solle. Auch aus dem Gesamtzusammenhang der Verwaltungsvereinbarung ergibt sich die von der Klägerin behauptete Ermittlungspflicht und Feststellungslast der Beklagten zu 1) nicht. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin ihre oftmals vertretene Rechtsauffassung, die Beklagte zu 1) habe bereits im Leistungsverfahren zu ermitteln, ob ein weiteres Krankenversicherungsverhältnis bestehe, in der mündlichen Verhandlung vom 29.10.2014 dahingehend eingeschränkt hat (siehe Sitzungsniederschrift), dass sie selbst den Sachverhalt zum Erstattungsanspruch aufzuklären habe, jedoch vor der Beitragsabsetzung der Beklagten zu 1) Unterlagen nicht zur Verfügung zu stellen habe.

Aber selbst unter Zugrundelegung der von der Klägerin zunächst vertretenen Rechtsauffassung scheitert eine Umkehr der Beweislast bezüglich der Voraussetzungen des geltend gemachten Erstattungsanspruchs schon daran, dass nicht feststeht und - wie die Klägerin selbst einräumt - nicht mehr feststellbar ist, ob die Klägerin die Beklagte zu 1) überhaupt von der beabsichtigten Beitragsabsetzung informiert und in die Lage versetzt hat, entsprechende Ermittlungen zu veranlassen und Einwendungen zu erheben. Während die Klägerin mit Schriftsatz vom 05.12.2011 noch vorgetragen hat, dass sie die Beklagte zu 1) mit Schreiben vom 21.03.2007 über die vorgenommene Beitragsabsetzung informiert hat (dieses Schreiben betrifft jedoch den hier nicht streitigen Zeitraum vom 01.02.2007 bis 28.02.2007), räumt sie mit Schriftsatz vom 19.05.2014 selbst ein, dass nicht mehr festgestellt werden könne, ob sie die Beklagte zu 1) in den hier streitigen Fällen über die Beitragsabsetzung informiert habe. In der mündlichen Verhandlung vom 29.10.2014 hat die Klägerin auf Nachfrage des Gerichts erklärt, dass die Akten zum Leistungsfall S. B. vernichtet worden seien und deshalb nicht mehr festgestellt werden könne, ob dieses Informationsschreiben an die Beklagte zu 1) versandt worden sei. Somit ist schon nach dem eigenen Vortrag der Klägerin ein Erstattungsanspruch gemäß § 335 Abs. 1 Satz 2 SGB III (a. a. O.) gegen die Beklagte zu 1) ausgeschlossen.

Zu 2. Weiteres Krankenversicherungsverhältnis nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V.

Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Prüfbescheids vom 07.10.2011 ergibt sich entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin auch nicht daraus, dass im Fall der lfd. Nr. 41 - (R. W.) - für den streitigen Zeitraum eine Auffangversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V anzunehmen und daher wegen Bestehens eines "weiteren Krankenversicherungsverhältnisses" ein Erstattungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagten gemäß § 335 Abs. 1 Satz 2 SGB III gegeben ist.

Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V (i.d.F. vom 23.11.2007, gültig vom 01.01.2008 bis 31.12.2008) sind Personen versicherungspflichtig, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und a) zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder b) bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, dass sie zu den in Abs. 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten.

Der Argumentation der Klägerin, eine Auffangversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V sei ein "weiteres Krankenversicherungsverhältnis" im Sinne des § 335 Abs. 1 Satz 2 SGB III (a. a. O.), eine Auffangversicherung sei hier festzustellen, da keine offensichtlichen Hinderungsgründe erkennbar seien und die Beklagte zu 1) bei Beendigung eines anderen Versicherungspflichttatbestandes ohnehin zu näheren Ermittlungen verpflichtet sei, vermochte die erkennende Kammer nicht zu folgen. Denn eine Auffangversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ist kein "weiteres Krankenversicherungsverhältnis" im Sinne des § 335 Abs. 1 Satz 2 SGB III (a. a. O.).

Zur Überzeugung der erkennenden Kammer steht vielmehr fest, dass die Ausnahmevorschrift des § 335 Abs. 1 Satz 2 SGB III (a. a. O.), wonach nicht der Leistungsempfänger, sondern die Krankenkasse erstattungsverpflichtet sein soll, wenn ein "weiteres Krankenversicherungsverhältnis" bestanden hat, teleologisch dahingehend zu reduzieren ist, dass - wie bereits dargelegt - ein "weiteres Krankenversicherungsverhältnis" im Sinne dieser Vorschrift nur dann anzunehmen ist, wenn ein Nebeneinander von Leistungsbezug und einem anderen zur Krankenversicherungspflicht führenden Sachverhalt, insbesondere einem Beschäftigungsverhältnis, vorliegt und aufgrund zweifacher Versicherung doppelt Beiträge entrichtet worden sind. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, denn die Versicherungspflicht aufgrund Alg-Bewilligung wirkt dann nicht fort, wenn ein weiterer Versicherungspflichttatbestand erfüllt ist (§ 335 Abs. 1 Satz 2 letzter HS SGB III (a.a.O.).

Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass es sich bei § 5 Abs. 8 a SGB V um eine Konkurrenzregelung handele und im vorliegenden Fall mangels Vorliegens einer Versicherungskonkurrenz der Nachrang der Auffangversicherung ins Leere gehe, weil die Versicherungspflicht bei Aufhebung der Alg-Bewilligung nicht fortwirke, wenn ein weiterer Versicherungspflichttatbestand erfüllt sei (§ 335 Abs. 1 Satz 2 letzter HS SGB III), zieht sie aus der zutreffenden Rechtsauffassung, dass im vorliegenden Fall eine Versicherungskonkurrenz nicht gegeben ist, die rechtlich unzutreffende Schlussfolgerung, dass deshalb ein "weiteres Krankenversicherungsverhältnis" im Sinne des § 335 Abs. 1 Satz 2 SGB III (a. a. O.) anzunehmen sei. Vielmehr liegt dieses Tatbestandsmerkmal im vorliegenden Fall gerade deshalb nicht vor, weil hier ein Nebeneinander zweier Sachverhalte, die jeweils Versicherungspflicht begründet und zudem zu einer doppelten Beitragsentrichtung geführt haben, nicht gegeben ist.

Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass der angefochtene Prüfbescheid vom 07.10.2011 wegen nicht ausreichender bzw. fehlender Begründung gemäß § 35 SGB X rechtswidrig ist.

Insoweit führt die Klägerin aus, dass die erforderliche Begründung des Verwaltungsakts gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 SGB X zwar bis zur nächsten Tatsacheninstanz eines sozialgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden könne. Die Beklagten hätten jedoch sogar im Rahmen des hiesigen Verfahrens bislang immer noch nicht dargelegt, aufgrund welcher Tatsachenbeweise sie zu der oben aufgezeigten Schlussfolgerung gelangt seien; mangels eigener Sachverhaltsermittlungen werden sie dies auch nicht mehr können. § 42 SGB X stehe der begehrten Aufhebung des Verwaltungsakts nicht entgegen, weil nicht offensichtlich sei, dass die Verletzung der Begründungspflicht die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst habe, § 42 Satz 1 SGB X.

Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben, Satz 2.

Gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB X ist eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 40 SGB X nichtig macht, unbeachtlich, wenn die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird. Handlungen nach Abs. 1 Nr. 2 bis 6 können bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden, Abs. 2.

In der Anlage des Prüfbescheides vom 07.10.2011 ist unter der Nr. 12 (S. B.) vermerkt: "Rückwirkende Aufhebung der Bewilligung für die Zeit vom 12. bis 31.03.2007 wegen Aufnahme einer Beschäftigung; es wurde bei der AOK keine versicherungspflichtige Beschäftigung gemeldet; keine adäquate Mitgliedschaft. Bitte Meldungen berichtigen". Unter der Nr. 41 (R. W.) ist vermerkt: "Rückwirkende Aufhebung der Bewilligung von Alg wegen Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit; keine adäquate Mitgliedschaft bei der AOK". Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin haben die Beklagten dafür die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe im Sinne des § 35 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB X mitgeteilt, die sie zu ihrer Entscheidung bewogen haben.

Soweit die Klägerin wegen der angeblich unterlassenen Ermittlungen, zu denen die Beklagte zu 1) verpflichtet gewesen sein solle, davon ausgeht, dass § 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB X nicht anwendbar sei, unterscheidet sie nicht zwischen der Frage der Ermittlungspflicht und der Frage, ob der Prüfbescheid vom 07.10.2011 begründet ist. Insoweit verkennt die Klägerin auch, dass zwar bei Klageerhebung eine den Anforderungen des § 35 SGB X entsprechende Begründung vorliegen soll, jedoch nicht eine erschöpfende, materiell-rechtlich richtige Begründung gegeben sein muss (Schütze in: v. Wulffen, SGB X, 6. Aufl., § 41 Rn. 12). Zudem ist eine nicht ausreichende bzw. unvollständige Begründung, auf die sich die Klägerin u. a. beruft, kein Fall des § 41 (Schütze, a. a. O.). Da die Beklagte somit nicht gegen ihre Begründungspflicht gemäß § 35 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB X verstoßen hat, kommt die Aufhebung des Verwaltungsakts gemäß § 42 SGB X von vorneherein nicht in Betracht. Die Ausführungen der Klägerin, der Begründungsfehler habe die Entscheidung in der Sache beeinflusst mit der Folge, dass dies einer Aufhebung des Prüfbescheids vom 07.10.2011 nicht entgegenstehe, hat daher keine rechtliche Grundlage.

Darüber hinaus haben die Beklagten zu Recht darauf hingewiesen, dass der Klägerin bereits vor Erlass des Prüfbescheids vom 07.10.2011 die maßgebenden rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen der Beklagten aufgrund des der Bescheiderteilung vorausgehenden Anhörungsschreibens vom 11.08.2011 bekannt waren. Aus diesem Schreiben war klar erkennbar, weshalb eine rechtliche Beanstandung in dem noch ausstehenden Prüfbescheid zu erwarten war (vgl. die dortigen Ausführungen unter lit. a. "weiteres Krankenversicherungsverhältnis" und lit. b. "weiteres Versicherungsverhältnis nach § 5 Abs. 1 Nr. 13"). Bereits in diesem Verfahrensstadium war für die Beteiligten offenkundig, dass Gegenstand der rechtlichen Auseinandersetzung im Rahmen des § 335 Abs. 1 Satz 2 SGB III (a. a. O.) die Frage ist, ob ein die Absetzung rechtfertigendes "weiteres Krankenversicherungsverhältnis" im Sinne dieser Vorschrift bestanden hat.

Eine Aufhebung des angefochtenen Prüfbescheids vom 07.10.2011 wegen fehlender bzw. nicht ausreichender Begründung kommt daher nicht in Betracht.

Lediglich ergänzend sei anzumerken, dass aus dem in § 251 Abs. 5 SGB V (i.d.F. vom 24.12.2003 (gültig vom 01.01.2005 bis 31.12.2008)) normierten Recht der Krankenkassen zur Prüfung der Beitragszahlung keine rechtlichen Argumente für die hier streitentscheidenden Fragen ableitbar sind.

Die Erhebung der Säumniszuschläge hinsichtlich der Nr. 12 (S. B.) und der Nr. 41 (R. W.) ist gemäß § 24 SGB IV rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i. V. m. § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Dabei war zu berücksichtigen, dass die Klägerin hinsichtlich der Nr. 94 der Anlage zum Prüfbescheid vom 07.10.2011 (A. Z.) den Nachweis der Beitragszahlung erbracht hat (siehe Teilvereinbarung vom 29.10.2014) und darauf anteilmäßig ein Betrag in Höhe von 123,51 Euro Hauptforderung und 49,00 Euro Säumniszuschläge entfiel.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197 a Abs. 1 SGG i. V. m. § 52 Abs. 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Der Streitwert ist auf den Betrag der mit der Klage bezifferten Geldleistung in Höhe von insgesamt 300,25 Euro (217,75 Euro Hauptforderung und 84,50 Euro Säumniszuschläge (siehe Schriftsatz der Beklagten vom 10.11.2014) festzusetzen, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Die Berufung war gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, denn die Rechtsfrage, ob ein Erstattungsanspruch gemäß § 335 Abs. 1 Satz 2 SGB III (a. a. O.) nur besteht, wenn eine doppelte Beitragszahlung aufgrund eines weiteren Krankenversicherungsverhältnisses geleistet worden ist, ist bisher höchstrichterlich nicht entschieden worden. Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 02.09.2004 (a. a. O.) zwar seine Rechtsauffassung dargelegt, jedoch diese Rechtsfrage mangels Entscheidungserheblichkeit ausdrücklich nicht entschieden.
Rechtskraft
Aus
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