L 3 AS 10/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AS 1940/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 10/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 7. November 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) streitig.

Der am 18.11.1963 geborene Kläger beantragte am 01.01.2013 die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 25.03.2013 Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.12.2012 bis zum 31.05.2013 in Höhe des monatlichen Regelbedarfs von 374,00 EUR ab 01.01.2012 und 382,00 EUR ab 01.01.2013 sowie monatliche Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung bei der Kaufmännischen Krankenkasse in Höhe von 158,54 EUR.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er führte aus, dem Bescheid sei eine Begründung nicht zu entnehmen. Auch lägen weder eine Begründung von Ermessensentscheidungen noch Hinweise auf Beurteilungsspielräume vor. Er trug ferner vor, er habe die Behörde wegen der gesetzlichen Pflicht zur freiwilligen Krankenversicherung und der damit verbundenen Kosten aufgesucht. "Jegliche Leistungen auch Annexe" beschwerten ihn. Die Rückwirkung der Leistungserbringung zum 01.01.2012 beschwere "wechselwirkend zu der Beschwer die mit Bewilligung zum 01.01.2013 entstehen würde". Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13.06.2013 zurück. Anhaltspunkte für eine falsche Entscheidung seien weder genannt noch aus den Unterlagen ersichtlich.

Hiergegen hat der Kläger am 26.06.2013 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Er hat zur Begründung ausgeführt, die Leistungsbewilligung und die Beitragszahlung zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung verletzten ihn in seinen Rechten. Er vertrete die Ansicht, "dass die Leistungsgewährung im Kontext der Erbenhaftung gegen Verfassungsrecht" verstoße. Insbesondere werde er, was die Leistung zur Kranken- und Pflegeversicherung betreffe, dadurch, dass vom Gesetzgeber eine Versicherungspflicht beschlossen worden sei, in seinen Vermögens-, Selbstbestimmungs- und Freiheitsrechten verletzt, auch wenn es sich hier um eine begleitende Leistung handele. Dies gelte gleichfalls für den vorliegenden Leistungsantrag, denn er habe wegen der Beitragsforderung zur Kranken- und Pflegeversicherung Leistungen beantragt, "und dies obgleich grundsätzlich Leistungsberechtigung vorliegen würde". Der Kläger hat ferner ausgeführt, er sehe sich "im Hinblick auf die Erbenhaftung wegen KV-PV" auch dadurch in seinen Rechten verletzt, dass ab Dezember 2012 bzw. Januar 2013 bewilligt worden sei.

Der Beklagte hatte wegen des fehlenden Nachweises von Hilfebedürftigkeit bereits mit Bescheid vom 17.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.07.2013 die Weiterbewilligung von Leistungen nach dem SGB II abgelehnt sowie mit weiterem Bescheid vom 17.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.07.2013 den Bescheid vom 25.03.2013 aufgehoben. Die gegen die Ablehnung der Weiterbewilligung gerichtete Klage hat der Kläger in dem unter dem Aktenzeichen S 5 AS 2756/13 geführten Verfahren zurückgenommen. Die gegen die Aufhebung der Bewilligung gerichtete Klage hat das SG mit dem unter dem Aktenzeichen S 5 AS 2592/13 ergangenen Urteil vom 07.11.2014 als unzulässig abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, der Bescheid vom 17.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom "13.06.2013" (gemeint: 02.07.2013) sei gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des gegen den Bescheid vom 25.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.06.2013 gerichteten Klageverfahrens geworden.

Das SG hat mit weiterem Urteil vom 07.11.2014 den Bescheid vom 17.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.07.2013 aufgehoben und im Übrigen die Klage abgewiesen. In Bezug auf die Abweisung der Klage hat es zur Begründung ausgeführt, die gegen den Bescheid vom 25.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.06.2013 erhobene Anfechtungsklage sei unzulässig. Die streitige Bewilligungsentscheidung beschwere den Kläger nicht in seinen Rechten, da er die Leistungen seinem Antrag entsprechend erhalten habe. Soweit der Kläger geltend mache, die Leistungsgewährung verstoße im Kontext der Erbenhaftung gegen Verfassungsrecht, werde darauf hingewiesen, dass schutzbedürftige Belange des Klägers hierdurch nicht betroffen seien. Zunächst sei er als Leistungsempfänger betreffend der tatsächlich zur Auszahlung gekommenen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nicht Adressat des § 35 SGB II. Der Ersatzanspruch entstehe kraft Gesetzes erst mit seinem Ableben. Daher sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht ansatzweise vorhersehbar, ob ein Erbe unter den Voraussetzungen des § 35 SGB II überhaupt ersatzpflichtig würde. Der Kläger selbst sei jedenfalls hierdurch nicht beschwert.

Gegen das ihm am 02.12.2014 zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 23.12.2014 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Er hat ausgeführt, das Urteil des SG verletzte ihn "im Hinblick auf die Erbenhaftung". "Im Kontext der Krankenversicherungspflicht" verletze ihn der zu niedrige Freibetrag und die zu lange Rückforderungsfrist der "(Anexen-) Leistungen" in seinen Rechten. Im Übrigen lasse die Entscheidung des SG vermissen, welche Maßnahmen der Gesetzgeber beschlossen habe, dass "die sich in Deutschland aufhaltenden ca. 140.0000 Personen gleichfalls zur Krankenversicherungspflicht herangezogen" würden. Weder Krankenkassen noch Behörden hätten hier offensichtlich Möglichkeiten, eine Gleichbehandlung durchzuführen. Die behördlichen und gerichtlichen Vorstellungen widersprächen der tatsächlich anzutreffenden Realität. Würde die Krankenversicherungspflicht greifen, bedürfte es "ehrenamtlicher Behandlung durch Ärzte in Wohnmobilen u.ä." nicht. Danach verletze "die Leistungsnahme im Kontext der Krankenversicherungspflicht "ihn in seinen Vermögens-, Selbstbestimmungs-, Freiheits- und Gleichbehandlungsrechten" und in den Rechten aus Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG).

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 7. November 2014 abzuändern und den Bescheid des Beklagten vom 25. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2013 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Berufungsbegründung enthalte keine Ausführungen, die nicht schon in der Entscheidung des SG Berücksichtigung gefunden habe.

Der Berichterstatter hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass das LSG gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG die gegen ein Urteil eingelegte Berufung durch Beschluss zurückweisen könne, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Es sei daher beabsichtigt, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen. Die Beteiligten haben Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 15.03.2015 erhalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerechte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entschieden, da das SG nicht durch Gerichtsbescheid entschieden hat und der Senat die hiergegen eingelegte Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Er hat die Beteiligten hierzu vorher gehört.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Abänderung des Urteils des SG vom 07.11.2014, soweit mit ihm die auf die Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 25.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.06.2013 gerichtete isolierte Anfechtungsklage im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGG abgewiesen worden ist. Zutreffend hat das SG die insoweit erhobene Klage des Klägers abgewiesen, indem es dargelegt hat, dass und warum diese Klage unzulässig ist. Völlig zu Recht hat das SG ausgeführt, dass die streitige Bewilligungsentscheidung den Kläger, da er die Leistungen seinem Antrag entsprechend erhalten hat, nicht in seinen Rechten beschwert. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen nach eigener Prüfung gemäß § 153 Abs. 2 SGG unter Verweis auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zur Vermeidung von Wiederholungen an und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Die im Berufungsverfahren vorgebrachte Begründung des Klägers, "die Leistungsnahme im Kontext der Krankenversicherungspflicht" verletze "ihn in seinen Vermögens-, Selbstbestimmungs-, Freiheits- und Gleichbehandlungsrechten" und in den Rechten aus Art. 14 Abs. 1 GG überzeugt nicht. Insoweit hat das SG zutreffend dargelegt, dass der nach § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB II auch die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung umfassende Ersatzanspruch erst mit dem Ableben des Klägers entsteht und daher den Kläger nicht beschwert.

Mithin war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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