L 2 R 898/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 21 R 1600/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 R 898/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 16. Februar 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer höheren Regelaltersrente.

Mit Bescheid vom 02. Mai 1994 bewilligte die Beklagte dem 1944 geborenen Kläger eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab dem 01. Dezember 1993. Sie berücksichtigte bei der Rentenberechnung 31,7912 Entgeltpunkte. In Bezug auf vom Kläger vom 14. September 2001 bis 12. Februar 2003 ausgeübte Pflegetätigkeiten zahlte seine Pflegekasse Pflichtbeiträge an die Rentenversicherung.

Mit Bescheid vom 30. Juni 2009 bewilligte die Beklagte dem Kläger Regelaltersrente ab 01. Oktober 2009 unter Berücksichtigung von 31,7912 Entgeltpunkten.

Dagegen erhob der Kläger am 26. August 2009 Widerspruch. Er begründete den Widerspruch damit, dass ihm weitere Zeiten und damit höhere Entgeltpunkte wegen seiner Pflegetätigkeit zuzuerkennen seien.

Mit Bescheid vom 17. November 2009 stellte die Beklagte die Altersrente des Klägers unter Berücksichtigung zusätzlicher Beitragszeiten im Jahre 1958 und unter Änderung der Beitragszeiten in den Jahren 1958 bis 1961 neu fest. Weiterhin berücksichtigte sie Entgeltpunkte in Höhe von 31,7912.

Den hiergegen vom Kläger eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 2010 zurück. U. a. führte sie aus, dass dem Kläger hinsichtlich der Entgeltpunkte wegen seines früheren Bezugs von Erwerbsunfähigkeitsrente trotz einer zwischenzeitlichen Gesetzesänderung ein Besitzschutz zustehe. Eine Kombination mit zusätzlichen Entgeltpunkten nach Eintritt des Leistungsfalles sei hingegen nicht möglich.

Hiergegen erhob der Kläger am 11. März 2010 Klage zum Sozialgericht (SG) Freiburg unter dem Aktenzeichen: S 12 R 1302/10. Mit Urteil vom 08. März 2012 wies das SG die Klage unter Bezugnahme auf die Gründe des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 2010 ab.

Hiergegen erhob der Kläger am 15. März 2012 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG); diese wurde unter dem Aktenzeichen: L 5 R 1119/12 geführt. Das LSG wies darauf hin, dass angesichts der späteren Berücksichtigung weiterer Beitragszeiten im Jahre 1958 der Bescheid vom 02. Mai 1994 über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit anfänglich rechtswidrig gewesen sei, da diese Zeiten nicht berücksichtigt worden seien. Vergleichsweise schlug das Gericht vor, dem Kläger ab 01. Oktober 2009 Regelaltersrente sowie ausgehend von einem im Jahre 2013 gestellten Überprüfungsantrag ab dem 01. Januar 2009 eine Erwerbsunfähigkeitsrente jeweils nach einer um die in der Zeit vom 01. April bis 15. Juni 1958 erworbenen Entgeltpunkte erhöhten Entgeltpunktegesamtzahl zu gewähren. Die Beteiligten stimmten diesem Vergleichsvorschlag des LSG zu.

Mit Bescheid vom 28. Februar 2013 stellte die Beklagte die Erwerbsunfähigkeitsrente des Klägers unter Berücksichtigung von 31,8342 - zusätzliche Beitragszeiten vom 1. April bis 15. Juni 1958 mit Berufsausbildung waren einbezogen - Entgeltpunkten neu fest. Einen entsprechenden Bescheid hinsichtlich der Regelaltersrente erließ sie am 01. März 2013, wobei die Berechnung der Entgeltpunkte nach dem zum 1. Oktober 2009 geltenden Recht einen Wert von 28,6643 ergeben hatte. Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers vom 27. März 2013 wies sie im Widerspruchsbescheid vom 04. März 2014 zurück. Die Bescheide seien nicht zu beanstanden.

Hiergegen hat der Kläger am 02. April 2014 beim SG Klage erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, seine Pflichtbeitragszeiten für Pflegetätigkeiten in der Zeit vom 14. September 2001 bis 31. Dezember 2002 müssten zu höheren Entgeltpunkten im Rahmen seiner Regelaltersrente führen.

Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Sie hat auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides sowie auf die gerichtlichen Verfahren S 12 R 1302/10 und L 5 R 1119/12 verwiesen.

Mit Gerichtsbescheid vom 16. Februar 2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen auf die zutreffenden Gründe des Widerspruchsbescheids vom 26. Februar 2010 Bezug genommen. Des Weiteren hat es sich den Gründen im Urteil des SG vom 08. März 2012 (Az: S 12 R 1302/10) angeschlossen. Ergänzend hat es ausgeführt, dem Kläger stünde kein Anspruch auf die Berücksichtigung weiterer Entgeltpunkte über die im angegriffenen Bescheid vom 01. März 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04. März 2014 festgestellten hinaus zu. Die Beklagte habe dem Kläger entsprechend § 88 Abs. 1 Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Entgeltpunkte in derselben Höhe zuerkannt, wie bereits im Bescheid vom 01. März 2013 bezüglich der Erwerbsunfähigkeitsrente. Daher habe sie zutreffend auch die in der Zeit vom 01. April bis 15. Juni 1958 erworbenen Entgeltpunkte zu Gunsten des Klägers berücksichtigt. Gemäß des in § 88 SGB VI normierten Besitzschutzes habe der Kläger daher Anspruch auf die Zuerkennung von Entgeltpunkten in der im Rahmen der Erwerbsunfähigkeitsrente zuerkannten Höhe; einen darüber hinausgehenden Anspruch habe er nicht.

Gegen den dem Bevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am 18. Februar 2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 10. März 2015 beim LSG Berufung eingelegt. Zur Begründung führt er aus, es gehe erneut und wiederholt um den Entgeltpunktebesitzschutz. Durch Gerichtsanwendungspraxis und die Gesetzgebungspraxis werde der Entgeltpunktebesitzschutz nivelliert und zu einem Maximalanspruch, und nicht zu einem Minimalanspruch, was zum Zeitpunkt der Verabschiedung des § 88 SGG VI eben nicht klar und bekannt gewesen sei. Der Kläger bekomme keine Entgeltpunkte für seine Pflegezeiten.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 16. Februar 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 01. März 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04. März 2014 zu verurteilen, ihm ab 01. Oktober 2009 höhere Regelaltersrente unter Hinzurechnung der Pflichtbeiträge für die Pflegetätigkeiten vom 14. September 2001 bis 12. Februar 2003 zu den der Erwerbsunfähigkeitsrente zugrunde liegenden Entgeltpunkten von 31,8342 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erachtet den angegriffenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird im Übrigen auf die Gerichts- und die Rentenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, nach dem sich die Beteiligten schriftlich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 01. März 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04. März 2014 ist rechtmäßig. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Gewährung einer höheren Regelaltersrente zu. Zutreffend hat die Beklagte der Rentenberechnung des Klägers 31,8342 Entgeltpunkte zugrunde gelegt. Die persönlichen Entgeltpunkte aus der dem Kläger bis 30. September 2009 gewährten vollen Erwerbsminderungsrente sind nicht mit der Folge isoliert besitzgeschützt, dass Entgeltpunkte aufgrund von nach dem früheren Leistungsfall entrichteter - hier für Pflegetätigkeiten vom 14. September 2001 bis 12. Februar 2003 - Beiträge zu diesen hinzu zu addieren sind.

Insoweit nimmt der Senat auf die Entscheidungsgründe des SG in seinem Gerichtsbescheid vom 16. Februar 2015 Bezug und verzichtet insoweit auf eine weitere Darstellung der Gründe gemäß § 153 Abs. 2 SGG.

Ergänzend ist im Hinblick auf die Frage, ob mit Blick auf die dem Kläger bis 30. September 2009 gewährte Vorrente in Ansehung der Besitzschutzregelung des § 88 Abs. 1 Satz 2 SGB VI bei der Rentenberechnung eine höhere Anzahl von Entgeltpunkten in Ansatz zu bringen ist noch Folgendes anzuführen:

Nach dieser Vorschrift werden dann, wenn ein Versicherter eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder eine Erziehungsrente bezogen hat und spätestens innerhalb von 24 Kalendermonaten nach Ende des Bezugs dieser Rente erneut eine Rente beginnt, für diese Rente mindestens die bisherigen persönlichen Entgeltpunkte zugrunde gelegt.

Nach der Absicht des Gesetzgebers soll dabei als Folgerente "mindestens die bisherige Rente dynamisch" geleistet werden (vgl. die amtliche Begründung BT-Drucks. 11/4124, S. 173, zu Artikel 1 § 87, der insoweit § 88 SGB VI entspricht). Besitzgeschützt sind demnach die bisherigen persönlichen Entgeltpunkte und nicht der Zahlbetrag der Rente (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 01. Dezember 1999 - B 5 RJ 20/98 R). Entsprechend dieser gesetzgeberischen Intention bezieht sich die Besitzschutzregelung des § 88 SGB VI auch nicht auf einzelne Entgeltpunkte oder auf die Bewertung einzelner Zeitabschnitte - worauf das Begehren des Klägers letztlich hinaus liefe -, sondern alleinig auf die Summe der persönlichen Entgeltpunkte in ihrer Gesamtwirkung für die Rentenhöhe (vgl. BSG, Urteil vom 11. Juni 2003 - B 5 RJ 24/02 R -).

Die Ansicht des Klägers, nach der die einer Vorrente zugrunde liegenden Entgeltpunkte in ihrer Summe besitzgeschützt und ggf. um bis zu einem neuen Leistungsfall hinzugetretene Entgelpunkte aus rentenrechtlichen Zeiten aufzustocken sind, findet im Gesetz keine Stütze. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll lediglich verhindert werden, dass eine Folgerente durch Veränderungen bei der Rentenberechnung in ihrer Gesamthöhe vom Zahlbetrag her niedriger ist als die zuvor geleistete. Dies entspricht dem Artikel 14 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) verbürgten Eigentumsschutz.

Im Übrigen sind bei der Festsetzung der Altersrente des Klägers im Bescheid vom 1. März 2013 die Pflichtbeitragszeiten für Pflegetätigkeit im Zeitraum 14. September 2001 bis 12. Februar 2003 berücksichtigt.

Die Berufung konnte daher insgesamt keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Das Gericht hat die Revision nicht zugelassen, da es an den Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG fehlt.
Rechtskraft
Aus
Saved