L 13 AS 1774/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AS 3333/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 1774/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 6. März 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt für den Bewilligungszeitraum vom 1. August 2013 bis 31. Januar 2014 Arbeitslosengeld II (Leistungen für Unterkunft und Heizung).

Der 1982 geborene Kläger steht im laufenden SGB II-Leistungsbezug des Beklagten. Seine mit ihm in Haushaltsgemeinschaft lebenden Eltern erhalten keine SGB II-Leistungen. Sie beziehen vielmehr beide Renten wegen Berufsunfähigkeit. Der Kläger und seine Eltern leben seit Jahren im eigenen Haus der Eltern des Klägers (Baujahr 1987) mit einer Wohnfläche von 87 qm (vier Zimmer, Küche, Bad), welches mittels Ölheizung beheizt wird ( vgl. im Einzelnen Beschluss des Bundessozialgerichts [BSG] vom 3. April 2007, Az. B 11 b AS 7/06 B).

Nachdem der Kläger in seinem Erstantrag auf SGB II-Leistungen angegeben hatte, er wohne in einem Zimmer im Haus seiner Eltern mit einer Größe von ca. 20 qm und bezifferte Heizkosten, Nebenkosten und sonstige Wohnkosten ohne nähere Aufschlüsselung oder Vorlage von Belegen mit 150,00 Euro monatlich, gewährte ihm der Beklagte zunächst in der Folgezeit Leistungen nach dem SGB II ausgehend von einer Monatsmiete von 150,00 Euro.

Mit Schreiben vom 22. Februar 2012 teilte der Kläger dem Beklagten mit, er leiste an seine Eltern keinerlei Mietzahlungen; er habe dies auch nie getan.

Mit Bescheid vom 23. Januar 2013 und Änderungsbescheid vom 21. Februar 2013 bewilligte der Beklagte für den Zeitraum 1. Februar 2013 bis 31. Juli 2013 monatliche Leistungen in Höhe von 525,39 EUR (382 EUR Regelleistung und 144,06 EUR für Unterkunft und Heizung). Die Unterkunftskosten habe er aus den vorgelegten Unterlagen über die Kosten der Eltern des Klägers für das Eigenheim berechnet. Danach betrügen die monatlichen Gesamtkosten 432,18 EUR. Hierauf entfiele 1/3 (144,06 EUR) auf den Kläger. Weitere Ansprüche an Heiz- und Nebenkosten habe der Kläger nicht nachgewiesen. Die hiergegen gerichtete Klage wies das Sozialgericht Karlsruhe (SG) mit Gerichtsbescheid vom 30. April 2013 (S 15 AS 574/13) ab. Die hiergegen gerichtete Berufung wies das Landessozialgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 14. Juni 2013 (L 12 AS 2302/13) zurück. Der Kläger habe jedenfalls keine über die bewilligten Unterkunftskosten hinausgehenden Kosten nachgewiesen.

Mit Schreiben vom 30. Juni 2013 beantragte der Kläger die -hier streitgegenständliche-Weiterbewilligung der SGB II-Leistungen. Daraufhin forderte der Beklagte ihn mit Schreiben vom 11. Juli 2013 auf, Nachweise darüber vorzulegen, dass er die zuletzt gewährten Unterkunftskosten von monatlich 144,06 EUR an seine Eltern weiterleite. Der Kläger reagierte hierauf mit Schreiben vom 20. Juli 2013. Darin erklärte er, er habe seit Rechtskraft des Haftungsurteils xxx die ihm gesetzlich zustehende eigene Wohnung beantragt und eingeklagt. Zur Höhe von Mietzahlungen an seine Eltern äußerte er sich nicht und legte auch keine Nachweise vor.

Mit Bescheid vom 22. Juli 2013 bewilligte der Beklagte Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 382 EUR (Regelleistung) für den Zeitraum 1. August 2013 bis 31. Januar 2014. Der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass ihm tatsächlich Kosten für Unterkunft und Heizung entstanden seien.

Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. August 2013 bei gleicher Begründung zurück.

Der Kläger hat daraufhin am 26. September 2013 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Er hat höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung von Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) begehrt. Mit Änderungsbescheid vom 23. November 2013 hat der Beklagte ab dem 1. Januar 2014 eine höhere Regelleistung in Höhe von 391 EUR bewilligt. Für anderweitige Zahlungen hat er keine Veranlassung gesehen.

Mit Gerichtsbescheid vom 6. März 2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat - unter näherer Darlegung der gesetzlichen Voraussetzungen im Einzelnen - ausgeführt, der Bescheid des Beklagten vom 22. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. August 2013 und des Änderungsbescheid vom 23. November 2013 sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Ihm stehe kein Anspruch auf höhere Leistungen nach dem SGB II zu als von dem Beklagten bewilligt.

Nach § 22 Abs. 1 SGB II würden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen seien. Schon nach dem Gesetzeswortlaut würden damit nur tatsächlich anfallende Kosten der Unterkunft übernommen.

Die Eltern des Klägers würden dem Kläger kostenlos Unterkunft gewähren. Der Kläger habe mit Schreiben vom 22. Februar 2012 ausdrücklich bestätigt, dass von ihm keine Mietzahlungen erbracht worden seien. Auch auf erneute Anfrage des Beklagten vom 11. Juli 2013 habe er keine Nachweise für entsprechende Zahlungsverpflichtungen gegenüber seinen Eltern oder gegenüber Dritten (Energieversorger, Gemeinde, Versicherung) vorgelegt. Auch im gerichtlichen Verfahren habe der Kläger weder behauptet noch dargelegt, dass und in welcher Höhe ihm von dem Beklagten nicht berücksichtigte Kosten für das Wohnen entstanden seien. Seien ihm jedoch keine Kosten für Unterkunft und Heizung entstanden, habe er auch keinen Anspruch auf diesbezügliche Leistungen, was bereits bei LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 14. Juni 2013, L 12 AS 2302/13 ausgeurteilt worden sei.

Gegen den dem Kläger am 13. März 2014 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die mit Beschwerdeschrift vom 13. April 2014 am 14. April 2014 (Eingangsstempel SG) eingelegte Berufung des Klägers. Zur inhaltlichen Begründung der Berufung ist das bisherige Vorbringen wiederholt und vertieft worden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid vom 6. März 2014 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 22. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 28. August 2013 abzuändern und ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum 1. August 2013 bis 31. Januar 2014 unter Berücksichtigung von Kosten für Unterkunft und Heizung zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hält den angefochtenen Gerichtbescheid für zutreffend sowie die Bescheide für rechtmäßig.

Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten des Beklagten sowie auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG eingelegte Berufung des Klägers ist zwar zulässig.

Der Gerichtsbescheid vom 6. März 2014 ist ausweislich der Postzustellungsurkunde am 13. März 2014 in den Briefkasten des Klägers eingelegt worden. Anhaltspunkte für eine gegenteilige Annahme ergeben sich nicht. Die Monatsfrist zur Einlegung der Berufung hat am 14. März 2014 begonnen und endete an sich am So., 13. April 2014 um 24.00 Uhr. Wegen des Fristendes an einem Sonntag verlängerte sich die Frist bis Mo., 14. April 2014, § § 64 Abs. 3 SGG. Ausweislich des Posteingangsstempels ist die Einlegung der Berufung im Laufe des 14. April 2014 beim SG und damit fristwahrend erfolgt.

Über die Berufung konnte nach mündlicher Verhandlung auch in Abwesenheit des Klägers entschieden werden. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gebietet zwar, den an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern. Wird aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden, muss den Beteiligten unabhängig davon, ob sie die Möglichkeit zur schriftlichen Vorbereitung des Verfahrens genutzt haben, Gelegenheit gegeben werden, ihren Standpunkt in der Verhandlung darzulegen. Dabei ist dem Anspruch auf rechtliches Gehör in der Regel dadurch genügt, dass das Gericht die mündliche Verhandlung anberaumt (§ 110 Abs. 1 Satz 1 SGG), der Beteiligte ordnungsgemäß geladen und die mündlicher Verhandlung zu dem festgesetzten Zeitpunkt eröffnet wird. Eine Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung in Abwesenheit eines Beteiligten ist dann ohne Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs möglich, wenn dieser in der Ladung darauf hingewiesen worden ist, dass auch im Falle seines Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 110 RdNr 11; BVerwG NVwZ-RR 1995, 549). Dies ist vorliegend der Fall gewesen.

Der Senat konnte daher auch nach mündlicher Verhandlung am 12. Mai 2015 entscheiden. Denn die Ladung enthielt eine entsprechende Belehrung. Zwar ist auch dann, wenn wie vorliegend, das persönliche Erscheinen zum Termin zur mündlichen Verhandlung nicht angeordnet ist, Klägern auf Wunsch die persönliche Teilnahme zu ermöglichen, etwa durch umgehende Bereitstellung eines Tickets.

Angesichts des erst am Werktag vor der mündlichen Verhandlung übermittelt vorgefundenen Begehrens auf Teilnahme des Klägers ließ sich diese vorliegend nicht mehr praktisch realisieren. Denn der Kläger hat weder eine Telefon- noch eine Faxnummer für eine kurzfristige Kontaktmöglichkeit hinterlegt. Solche waren durch die Geschäftsstelle auch nicht kurzfristig zu ermitteln. Der Kläger hat es auch unterlassen, zur Vergewisserung vor der mündlichen Verhandlung noch auf der Geschäftsstelle des Senats anzurufen. Das Verhalten des Klägers ist daher widersprüchlich und offenkundig nur darauf gerichtet, einen Verfahrensfehler zu konstruieren. Die Überlassung eines Tickets für den Personenverkehr oder einer Zahlenkombination für ein elektronisches hinterlegtes Ticket (e-tix) kam daher nicht mehr in Betracht. Im Übrigen ist auch die Bedürftigkeit im Hinblick auf Fahrtkosten nicht nachgewiesen.

Die Terminsladungen waren auch mit genügend zeitlichem Vorlauf übermittelt und ausweislich der Postzustellungsurkunde am 10. April 2015 in den Briefkasten eingelegt worden. Der klägerischen Vortrag, diese erst am 10. Mai 2015, einem Sonntag, vorgefunden zu haben, ist nicht glaubhaft und zudem unerheblich, da es auf das Einlegen und nicht auf das Vorfinden ankommt. Die verspätete Mitteilung des Klägers mit der Bitte um Teilnahme an der mündlichen Verhandlung ist daher auch von diesen selbst zu verantworten.

Die Berufung des Klägers hat jedoch keinen Erfolg Der angefochtene Gerichtsbescheid ist nicht zu beanstanden. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der den Antrag der Klägers ablehnende Bescheid des Beklagten vom 22. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 28. August 2013. Der Änderungsbescheid vom 23. November 2013, der lediglich eine Anpassung des Regelsatzes vornimmt, ist nicht streitgegenständlich. Ersterer erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf SGB II-Leistungen für KdU, weil solche nicht nachgewiesen sind.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die vom Kläger beanspruchten Zahlungen dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger mangels Nachweisen keinen Anspruch auf Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II hat und im Übrigen auch kein die Sachentscheidung in Frage stellender Verfahrensmangel vorliegt. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens des Klägers uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück. Das SG hat die Sach- und Rechtslage zutreffend festgestellt und gewürdigt und ist zum überzeugenden Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen für Leistungen nach dem SGB II für Kosten der Unterkunft an diesen Kläger nicht vorliegen. Dies ergibt sich schlüssig und nachvollziehbar aus den vom SG getroffenen Erwägungen.

Ergänzend ist lediglich festzustellen, dass weitere substantielle Einwendungen den Ausführungen der Berufungsbegründung nicht zu entnehmen gewesen sind. Ein Anspruch auf die begehrten Leistungen besteht somit nicht.

Da das angefochtene Gerichtsbescheid sonach nicht zu beanstanden ist, weist Senat die Berufung zurück.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 197a SGG Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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