L 8 SO 206/15 B

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 21 SO 1133/14
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 8 SO 206/15 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1.
Das Landessozialgericht entscheidet im Rahmen der Beschwerde gegen eine ablehnende PKH-Entscheidung nur über den zulässigen Klagegegenstand, der dem Sozialgericht vorliegt. Bei einer Klageänderung i. S. d. § 99 Abs. 1 SGG setzt dies voraus, dass entweder die übrigen Beteiligten eingewilligt haben oder das Sozialgericht diese für sachdienlich erachtet hat.

2.
Bei der Geltendmachung der Untätigkeit im Hinblick auf die Verbescheidung eines Widerspruchs handelt es sich im Vergleich zur ursprünglich begehrten Verbescheidung eines Antrages um eine Klageänderung i. S. d. § 99 Abs. 1 SGG.
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 15. Januar 2015 über die Ablehnung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.

Gründe:

Nach § 73a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit den §§ 114 ff. der Zivilpro-zessordnung (ZPO) wird Prozesskostenhilfe (PKH) gewährt, wenn ein Beteiligter nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint.

Vorliegend hat das Sozialgericht die Erfolgsaussichten des Klageverfahrens S 21 SO 1133/14 zu Recht verneint und folgerichtig den Antrag auf Bewilligung von PKH abgelehnt.

Der Kläger begehrt mit der Untätigkeitsklage die Verbescheidung des Überprüfungsantrages vom 1. Februar 2012 für den Zeitraum 1. November 2008 bis 31. Dezember 2009.

Von der weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG abgesehen, weil die Beschwerde aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses als unbe-gründet zurückgewiesen wird. Im Hinblick auf den Vortrag im Beschwerdeverfahren wird noch auf Folgendes hingewiesen:

Soweit der Kläger nunmehr angibt, dass der Beklagte über den Widerspruch vom 4. Dezember 2012 bislang nicht entschieden habe, die Klage insoweit ergänzt werde und der Antrag auf PKH-Bewilligung sich auch hierauf beziehe, folgt hieraus keine andere Beurteilung der Erfolgsaussichten der Klage. Das Landessozialgericht entscheidet im Rechtsmittelzug hier nur über den zulässigen Klagegegenstand, der dem Sozialgericht vorliegt (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26. April 2011 – L 8 B 38/08 SO, Rn. 18, juris).

Bei der Geltendmachung der Untätigkeit im Hinblick auf die Verbescheidung des Widerspruchs vom 4. Dezember 2012 handelt es sich um eine Klageerweiterung im Rahmen der Klageänderung nach § 99 SGG. Nach § 99 Abs. 1 SGG ist eine Änderung der Klage nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

Grundsätzlich ist bei der Klageänderung zwischen der Änderung des Klageantrages und des Klagegrundes zu unterscheiden.

Zunächst liegt eine Änderung des Klageantrages in der Hauptsache vor. Der Kläger begehrt neben der Verbescheidung des Überprüfungsantrages vom 1. Februar 2012 nunmehr auch die Verbescheidung des Widerspruchs vom 4. Dezember 2012. Die Änderung des Klageantrags bedeutet grundsätzlich, dass der klagende Beteiligte einen anderen Ausspruch des Gerichts herbeiführen möchte. Wird hingegen lediglich eine Klarstellung oder Berichtigung des Kla-geantrags begehrt, liegt keine Klageänderung vor. Von einer Klageänderung ist bei Ersetzung des bisherigen Begehrens durch ein inhaltlich anderes oder Einbeziehung weiterer Klagebegehren auszugehen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 11. Auflage 2014, § 99 Rn 2a).

In der Änderung des Klageantrages von der Verbescheidung des Überprüfungsantrages vom 1. Februar 2012 auf zusätzliche Verbescheidung des Widerspruchs vom 4. Dezember 2012 ist keine Klarstellung oder Berichtigung des ursprünglich gestellten Klageantrages zu sehen. Der Kläger begehrt, nachdem er auf die Verbescheidung des Überprüfungsantrags vom 1. Februar 2012 hingewiesen wurde, nunmehr auch die Verbescheidung des Widerspruchs vom 4. Dezember 2012. Es handelt sich folglich um eine Verbescheidung eines weiteren Antrags (Widerspruchs), sodass von einer konkreten Änderung des Klageantrages auszugehen ist. Der Ausspruch des Gerichts müsste durch die Änderung des Klageantrages modifiziert werden.

Es liegt jedoch nicht nur eine Änderung des Klageantrages, sondern auch des Klagegrundes vor. Denn von einer Änderung des Klagegrundes ist auszugehen, wenn in dem gestellten Klageantrag zum Ausdruck kommt, dass nicht nur das Rechtsschutzziel, sondern zusätzlich auch die zur Begründung des Rechtsschutzbegehrens vorgetragenen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte (Klagegrund) ausgetauscht bzw. erweitert werden (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 11. Januar 2011 - L 4 KR 288/07, Rn. 31 m. w. N., juris). Die nunmehr begehrte Verbescheidung des Widerspruchs vom 4. Dezember 2012 muss, um einen Anspruch des Klägers begründen zu können, die Voraussetzungen des § 88 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 SGG erfüllen. Danach gilt: Ist ein Widerspruch ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von drei Monaten seit dem Widerspruch zulässig. Hiernach muss das Sozialgericht prüfen, ob sämtliche Voraussetzungen des § 88 Abs. 2 SGG – ausgehend von einem Widerspruch vom 4. Dezember 2012 – erfüllt sind. Dabei sind u. a. eine andere Frist als bei der Verbescheidung eines Überprüfungsantrages sowie ggf. abweichende zureichende Gründe für eine fehlende Verbescheidung zu beachten. Aus diesem Grund ist von einem anderen prozessualen Anspruch auszugehen, der eine Änderung des Klagegrundes in tatsächlicher und rechtlicher darstellt (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 11. Januar 2011 - L 4 KR 288/07, Rn. 31 m. w. N., juris).

Für diese Änderung der Klage liegen die Voraussetzungen des § 99 Abs. 1 SGG nicht vor. Der Beklagte hat in die Änderung der Klage nicht nach § 99 Abs. 1 SGG eingewilligt. Zudem fehlt es bislang an einer Entscheidung des Sozialgerichts über die Sachdienlichkeit der Klageänderung (vgl. auch LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26. April 2011 – L 8 B 38/08 SO, Rn. 18. Juris).

Es liegt auch keiner der Ausnahmefälle des § 99 Abs. 3 SGG vor. § 99 Abs. 3 SGG lautet wie folgt:

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes 1. die tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt werden, 2. der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird, 3. statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird. Wie bereits zuvor ausgeführt liegt eine Änderung des Klagegrundes vor, sodass die Voraussetzungen des § 99 Abs. 3 SGG nicht erfüllt sind.

Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved