L 8 U 395/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 13 U 4923/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 395/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 15. Dezember 2011 sowie der Bescheid vom 3. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Dezember 2007 abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, eine spezifische Phobie vom situativen Typus (Autofahrphobie) als weitere Folge des Arbeitsunfalls vom 24. März 2007 anzuerkennen.

Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger ein Sechstel seiner außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten sind unter Anerkennung weiterer Unfallfolgen die Weitergewährung von Verletztengeld und (im Anschluss) die Gewährung von Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung streitig.

Der 1961 geborene Kläger erlitt am 24.03.2007 einen Arbeitsunfall (Wegeunfall). Durch einen Aufprall einer anderen PKW-Fahrerin auf das Heck des PKW des Klägers wurde der PKW des Klägers unter den Unterfahrschutz eines parkenden LKW geschoben (Unfallanzeige vom 18.06.2007 und Bericht des Polizeireviers S. vom 29.04.2007). Der Durchgangsarzt Dr. S., Krankenhaus A., diagnostizierte eine Wirbelsäulen-Distorsion mit Sternumprellung. Radiologische Untersuchungen der Wirbelsäule und des Sternums erbrachten keine knöchernen Verletzungen und keine Luxationen. Neurologische Auffälligkeiten oder Commotiozeichen bestanden keine. Der Kreislauf war stabil. Eine empfohlene stationäre Beobachtung lehnte der Kläger auf eigene Verantwortung ab. Es erfolgte eine ambulante Weiterbehandlung. Vorbestehende degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule seien nicht traumatisch bedingt (Berichte Dr. S. vom 24.03.2007 und 03.04.2007; CT-Berichte der HWS Professor Dr. B., Z., vom 04.04.2007, Dr. H. vom 27.04.2007 und Dr. H. vom 06.07.2007; CT-Berichte linkes sowie rechtes Schultergelenk und des Sternums Dr. H. vom 28.08.2007).

Die Beklagte holte von der AOK Z. Auszüge aus dem Leistungsverzeichnis des Klägers ein und zog bei fortbestehenden Beschwerden weitere medizinische Befundunterlagen bei (insbesondere Berichte Dr. M. vom 14.05.2007 und 11.06.2007; BG Unfallklinik T. vom 23.05.2007, 29.05.2007 und 04.07.2007 Diagnosen: Schmerzhafte persistierender Bewegungseinschränkung der HWS nach Distorsion, posttraumatische Fahrphobie, unfallunabhängig: Stenose des Neuroforamens C5/6 rechts, Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit von unfallchirurgischer Seite ab dem 09.07.2007; neurologische Befundberichte Dr. Z. im Zeitraum vom 22.06.2007 bis 03.12.2007 - u.a. Berichte vom 28.06.2007, 02.07.2007, 03.07.2007, 10.07.2007, 24.07.2007, 17.08.2007, 24.09.2007, 08.10.2007 - mit Diagnosen: Zustand nach schwerer HWS-Distorsion mit Cervikocephalgien und -brachialgien, posttraumatische Belastungsstörung mit isolierter Fahrphobie; MDK vom 31.08.2007, Diagnosen: HWS-Distorsion mit Cervikocephalgien und -brachialgien nach Autounfall am 24.03.2007, reaktive Depression mit phobischer Störung). Weiter nahm die Beklagte medizinische Befundunterlagen aus der beigezogenen Schwerbehindertenakte des Klägers beim Landratsamt Z. zu den Akten (Bl. 280-361 BG-Akte).

Auf Anraten der BG Unfallklinik T. befand sich der Kläger zur komplexen Rehabilitation vom 24.05.2007 bis 14.06.2007 in der BG Unfallklinik T. in stationärer Behandlung (Bericht vom 06.07.2007).

Eine am 03.08.2007 vom Kläger absolvierte Fahrprobe sowie ein anschließendes verhaltenstherapeutisches Fahrtraining (13.08.2007 bis 16.08.2007) zeigte eine singuläre Phonophobie (psychische Befundberichte der BG Unfallklinik L., Dipl.-Psych. W., vom 07.08.2007 und 16.08.2007). Vom 30.10.2007 bis 27.11.2007 erfolgte in der M.-B. Klinik eine stationäre Reha-Behandlung des Klägers (Berichte vom 09.11.2007 und 13.12.2007, Diagnosen: Posttraumatische Belastungsstörung, Fahrphobie, mittelgradige depressive Episode, chronische Polymyositis und Polyarthritis, Verstauchung und Zerrung der Halswirbelsäule, persistierende Cervicobrachialgie links).

Die Beklagte holte das unfallchirurgische-orthopädische Gutachten des Dr. S. vom 21.10.2007 ein. Dr. S. gelangte zu der Bewertung, eine Zerrung der Halswirbelsäule Schweregrad II nach Erdmann, eine leichte Zerrung der Brustwirbelsäule und der Lendenwirbelsäule sowie eine Brustbeinprellung seien mit Wahrscheinlichkeit ursächlich auf das Unfallereignis zurückzuführen. An unfallunabhängigen Erkrankungen lägen insbesondere eine Erkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis sowie degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule vor. Unter dem Aspekt der Unfallfolgen auf unfallchirurgisch-orthopädischem Gebiet könne der Kläger seine Tätigkeit weiter auszuüben. Dr. S. empfahl eine neurologisch-psychiatrische Zusatzbegutachtung.

In der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 14.11.2007 teilte der Unfallchirurg Dr. B. die Ansicht, dass die Unfallfolgen folgenlos ausgeheilt seien und nahm eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit (unfallchirurgisch) von acht Wochen an.

Mit Bescheid vom 03.12.2007 lehnte die Beklagte Anspruch auf Verletztengeld und Übernahme der Heilbehandlungskosten über den 18.05.2007 hinaus ab. Aufgrund einer bei dem Unfall vom 24.03.2007 erlittenen Zerrung/Verstauchung der Halswirbelsäule, einer leichten Zerrung der Brustwirbelsäule sowie einer Brustbeinprellung habe Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit bis einschließlich 18.05.2007 bestanden. Unfallunabhängig bestünden u.a. degenerative Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule sowie eine depressive Grunderkrankung mit psychischen Angststörungen. Aufgrund dieser Gesundheitsschäden bestehe kein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung.

Hiergegen legte der Kläger am 10.12.2007 Widerspruch ein.

Die Beklagte holte die beratungsärztliche Stellungnahme des Professor Dr. S. vom 29.11.2007 ein, in der er beim Kläger unfallbedingte Gesundheitsstörungen und Arbeitsunfähigkeit wegen Unfallfolgen auf neurologischem oder psychiatrischem Gebiet verneinte.

Mit Bescheid vom 13.12.2007 lehnte die Beklagte außerdem einen Anspruch auf Rente wegen des Arbeitsunfalls vom 24.03.2007 ab. Hiergegen legte der Kläger am 19.12.2007 Widerspruch ein.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18.12.2007 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 03.12.2007 und mit Widerspruchsbescheid vom 13.06.2008 den Widerspruch gegen den Bescheid vom 13.12.2007 jeweils zurück.

Am 24.12.2007 erhob der Kläger beim Sozialgericht Reutlingen (SG) gegen den Bescheid vom 03.12.2007 (S 13 U 4.) und am 26.06.2008 gegen den Bescheid vom 13.12.2007 (S 13 U 2.) Klagen, die das SG mit Beschluss vom 15.08.2008 unter dem Aktenzeichen S 13 U 4. zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verband.

Der Kläger machte - zuletzt - die Weitergewährung von Verletztengeld über den 18.05.2007 hinaus, eine posttraumatische Belastungsstörung, eine Depression und eine Fraktur des 8. Brustwirbelkörpers als weiter anzuerkennende Unfallfolgen sowie Verletztenrente nach einer MdE um 60 v.H. geltend. Er führte zur Begründung aus, durch den Unfall liege eine "Peitschenverletzung der Halswirbelsäule" vor. Der Unfallhergang sei geeignet, eine psychische Angststörung hervorzurufen. Er leide unter Angst- und Fahrphobien. Der Kläger legte im Verlauf des Klageverfahrens insbesondere die Berichte der M.-B.-Klinik vom 16.06.2008 über eine stationäre Behandlung vom 03.04.2008 bis 15.05.2008 sowie des Dr. B. vom 12.12.2010 (Diagnosen: Thoraxstauchung, BWK 8-Fraktur, Bandscheibenprotrusionen C5 rechts, TH 7 und 8, HWS-Distorsion Stadium I, unklare Muskelschwäche an beiden Schultern, posttraumatische Belastungsstörung und Fahrphobie) vor.

Die Beklagte trat der Klage entgegen.

Das SG holte von Amts wegen das neurologisch-psychiatrische Gutachten des Professor Dr. W. vom 27.03.2009 ein. Der Sachverständige gelangte zu den Bewertungen, dass auf neurologischem Fachgebiet keine Gesundheitsstörungen von Belang zu diagnostizieren seien. Auf psychiatrischem Fachgebiet bestehe derzeit vordergründig eine wenigstens mittelgradig ausgeprägte depressive Episode, eine Angsterkrankung sowie eine somatoforme Schmerzstörung. Es sei nicht zu erkennen, dass eine der genannten Gesundheitsstörungen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit noch auf das Unfallereignis des Jahres 2007 zurückzuführen wären. Eine posttraumatische Belastungsstörung sei nicht zu sichern. Die nach dem Unfallereignis entwickelte Autofahrphobie sei als Bestandteil der langjährigen ängstlich-depressiven Erkrankung des Klägers zu sehen, ohne dass dem Unfallereignis eine derart dominante Bedeutung zukäme, dass nicht auch ein anderes alltägliches, Angst verursachendes Ereignis zu dieser oder einer anderen Symptomatik hätte führen können. Es sei nicht zu erkennen, dass eine mehr als ein bis zwei Wochen dauernde unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit gerechtfertigt wäre.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG holte das SG außerdem das psychiatrisch-schmerzpsychologische Gutachten des Dr. B. vom 09.10.2009 ein. Der Sachverständige gelangte zu den Bewertungen, dass eine im Vordergrund stehende posttraumatische Belastungsstörung und eine sich sukzessiv entwickelte Depression auf das Unfallereignis vom 24.03.2007 zurückzuführen seien. Hinsichtlich eines Schmerzsyndroms bestehe keine eindeutige Unfallabhängigkeit. Eine Anlage, die so leicht ansprechbar gewesen sei, dass auch ein alltägliches Ereignis den Gesundheitsschaden zu etwa derselben Zeit ausgelöst hätte, habe nicht vorgelegen. Auf neurologischem Fachgebiet liege eine unfallassoziierte Gesundheitsstörung nicht vor. Eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe seit dem 24.03.2007 bestanden. Es bestehe eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 holte das SG außerdem das orthopädische Gutachten des Dr. B. vom 13.09.2011 ein. Der Sachverständige gelangte zu den Bewertungen, die angegebenen Beschwerden, der Beschwerdeverlauf, der Charakter der Beschwerdesymptomatik und die radiologischen Befunde ließen maximal den fraglichen Schluss auf eine unfallbedingte leichte HWS-Beschleunigungsverletzung Grad II nach der Quebec Klassifikation zu. Unfallabhängig bestünden weiter ein Thorax mit Sternumprellung und eine leichte Prellung/Stauchung der Brust- und Lendenwirbelsäule. Die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe maximal sechs Wochen betragen. Die MdE betrage 10 v.H. für die Dauer eines Jahres, danach 0 v.H ... Von einer Verschlimmerung eines vorbestehenden Leidens sei nicht auszugehen. Die psychiatrischen Unfallfolgen seien gesondert zu beurteilen.

Die Beteiligten trugen weiter streitig vor. Die Beklagte legte die beratungsärztlichen Stellungnahmen des Dr. S. vom 16.11.2009, 26.05.2010 und 06.04.2011 vor. Das SG holte hierzu die ergänzenden Stellungnahmen des Dr. B. vom 01.04.2010 und 08.02.2011 ein, in der er den Bewertungen des Professor Dr. W. widersprach und an seinen Bewertungen im Gutachten festhielt. Außerdem holte das SG die ergänzende Stellungnahme des Professor Dr. W. vom 26.10.2010 zum Gutachten vom 27.03.2009 ein, in der sich Professor Dr. W. mit dem Gutachten des Dr. B. auseinandersetzte und an seinen Bewertungen im Wesentlichen festhielt. Allenfalls könne diskutiert werden, in wieweit es sich bei der geklagten Autofahrphobie um eine isolierte Phobie handele, die sich auf das Unfallereignis hin entwickelt habe. Eine rentenberechtigende MdE wäre hieraus nicht abzuleiten.

Mit Urteil vom 15.12.2011 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung seiner Entscheidung aus, dem Gutachten des Professor Dr. W. folgend könne die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht gestellt werden. Die vorliegenden Befunde erfüllten nicht mit der erforderlichen Sicherheit die Kriterien für die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung. Aus dem Gutachten von Dr. B. ergebe sich für das Gericht keine andere Beurteilung. Die vorliegenden psychischen Erkrankungen des Klägers könnten nicht als Unfallfolgen angesehen werden. Auf unfallchirurgischem Fachgebiet bestünden ebenfalls keine Unfallfolgen. Insbesondere bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass bei dem Unfall eine Fraktur des 8. Brustwirbelkörpers eingetreten sein könnte. Die allenfalls vorliegende leichte HWS-Distorsion sei für das Fortbestehen der Beschwerden nicht verantwortlich zu machen. Eine bestehende Schmerzerkrankung sei nicht im Zusammenhang mit dem Unfall zu sehen. Da das vorliegende Krankheitsbild im Wesentlichen unfallunabhängig sei, bestehe kein Anspruch auf Gewährung einer Rente. Die Beklagte habe zu Recht die Gewährung von Verletztengeld über den 18.05.2007 hinaus abgelehnt. Die darüber hinaus bestehende Arbeitsunfähigkeit beruhe auf den unfallunabhängigen psychischen Erkrankungen.

Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 19.01.2012 zugestellte Urteil richtet sich die vom Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 25.01.2012 eingelegte Berufung. Der Kläger hat zur Begründung ausgeführt, bei dem Unfall sei eine tödliche Verletzung nur dadurch verhindert worden, dass der LKW einen Rammschutz gehabt habe. Er habe Todesangst erlitten. Durch den Aufprall habe er eine BWK 8-Fraktur davongetragen. Weiter sei eine Bandscheibenprotrusion TH 7 und 8 und eine HWS-Distorsion Stadium I festgestellt worden. Der Kläger hat sich auf den Nachuntersuchungsbericht des Dr. B. vom 14.12.2010 berufen. Der Unfallmechanismus sei geeignet gewesen, zu einer wesentlichen richtungsweisenden Verschlimmerung eines vorbestehenden Leidens zu führen. Auf die zeitnah erhobenen Befunde sei zu verweisen. Daneben habe sich eine deutlich reaktive Depression mit Ängsten (Fahrphobie) entwickelt. Der Argumentation von Professor Dr. W. könne nicht gefolgt werden. Richtig sei zwar, dass bei ihm Vorerkrankungen vor dem Unfall vorgelegen hätten. Eine depressive Erkrankung mit Leistungseinschränkungen habe er jedoch nicht gehabt. Soweit auf depressive Störungen abgestellt werde, handele es sich um einen stummen Vorschaden. Professor Dr. W. erkenne eine Fahrphobie als Erkrankung an, ohne hieraus rechtliche Konsequenzen zu ziehen. Überzeugender als das Gutachten des Professor Dr. W. sei die ausführliche Begutachtung durch Dr. B ... Das SG habe sich nicht zutreffend mit den Gutachten und den Einwendungen von Dr. B. gegen das Gutachten des Professor Dr. W. auseinandergesetzt. Das SG gehe auch nicht darauf ein, dass außer Professor Dr. W. die anderen Ärzte eine posttraumatische Belastungsstörung festgestellt hätten und übernehme kritiklos die Ausführungen von Professor Dr. W ... Die Tatsache, dass er 10 Jahre keine Probleme gehabt habe und durch den Unfall eine Fahrphobie mit posttraumatischer Belastungsstörung und Depression ausgelöst worden sei und das Unfallereignis kein Gelegenheitsereignis gewesen sei, spreche dafür, dass das Unfallereignis zumindest gleichwertige Ursache gewesen sei. Das SG habe nicht dargelegt, woraus es schließe, dass im weiteren Verlauf anlagebedingte Ursachen in den Vordergrund getreten seien. Als Mangel der Beweiswürdigung sei zu rügen, dass das SG sich mit dem Bericht der M.-B.-Klinik vom 13.12.2007 nicht auseinandergesetzt habe, der beweise, dass bei ihm eine unfallbedingte Reaktion vorgelegen habe. Das SG verkenne, dass die Angst vor dem Autofahren ein typisches Vermeidenssyndrom im Rahmen der posttraumatischen Belastungsstörung darstelle.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 15. Dezember 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, a) den Bescheid vom 3. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Dezember 2007 abzuändern, und eine posttraumatische Belastungsstörung, eine Depression, eine Autofahrphobie und eine Fraktur des 8. Brustwirbelkörpers als weitere Unfallfolgen des Arbeitsunfalls (Wegeunfalls) vom 24. März 2007 festzustellen und dem Kläger über den 18. Mai 2007 hinaus Verletztengeld zu gewähren sowie b) den Bescheid vom 13. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Juni 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger nach Ausschöpfung des Anspruches auf Verletztengeld Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 60 v.H. zu gewähren, hilfsweise Dr. S. ergänzend gemäß Schriftsatz vom 05.12.2014 dazu zu hören, aus welchen Tatsachen er schließt, dass beim Kläger konkret in dem Zeitraum bis 23.03.2007 eine akute depressive Erkrankung vorlag.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist zur Begründung dem Vorbringen des Klägers entgegengetreten und hat auf ihr bisheriges Vorbringen und die Stellungnahmen von Dr. S. verwiesen.

Der Senat hat von Amts wegen das nervenärztliche Gutachten des Dr. S. vom 06.09.2013 eingeholt. Der Sachverständige gelangte zu den Bewertungen, auf seinem Fachgebiet lägen an Gesundheitsstörungen eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichtgradige depressive Episode, eine spezifische Phobie vom situativen Typus (Autofahrphobie) und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung vor. Mit Wahrscheinlichkeit sei das Schädigungsereignis vom 24.03.2007 im naturwissenschaftlichen wie im rechtlichen Sinne eine wesentliche Mitursache für die aktuell noch bestehende phobische Störung vom situativen Typus. Eine posttraumatische Belastungsstörung liege nicht vor. Für die rezidivierende depressive Störung sei das in Rede stehende Schädigungsereignis weder im naturwissenschaftlichem noch im rechtlichen Sinne kausal relevant. Die Schmerzsymptomatik sei zweifellos nicht unfallbedingt. Aufgrund der unfallbedingten Phobie schätzte Dr. S. die MdE auf 10 v.H. ab dem 18.05.2007 ein. Arbeitsunfähigkeit habe über den 18.05.2007 aus psychiatrisch-psycho-therapeutischer Perspektive nicht bestanden.

Der Kläger (Schriftsatz vom 04.11.2013) sowie die Beklagte (Schriftsatz vom 08.11.2013 und beratungsärztliche Stellungnahmen von Professor Dr. S. vom 28.10.2013 und 22.11.2013) haben gegen das Gutachten des Dr. S. Einwendungen erhoben. Hierzu hat der Senat die ergänzende Stellungnahme des Dr. S. vom 25.09.2013 eingeholt.

Die Beteiligten haben sich im Anschluss daran weiter streitig geäußert (Schriftsatz der Beklagten vom 05.11.2014 mit beratungsärztlicher Stellungnahme von Dr. S. vom 20.10.2014 und Schriftsatz Klägerbevollmächtigte vom 05.12.2014).

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf vier Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, jedoch nur teilweise begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Feststellung einer spezifischen Phobie vom situativen Typus (Autofahrphobie) als zusätzliche Folge des Arbeitsunfalls (Wegeunfalls) vom 24.03.2007 zu. Im Übrigen sind die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten vom 03.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.12.2007 sowie vom 13.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.06.2008 jedoch nicht zu beanstanden. Dem Kläger steht neben dem Feststellungsanspruch auf die Autofahrphobie als Unfallfolge (1.b) kein Anspruch auf Feststellung einer posttraumatischen Belastungsstörung, einer Depression und einer Fraktur des 8. Brustwirbelkörpers als weitere Unfallfolgen (1.a) und auf Gewährung von Verletztengeld über den 18.05.2007 hinaus (2.) sowie auf Gewährung von Verletztenrente (3.) zu. Insoweit sind die streitgegenständlichen Bescheide und das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden.

Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 SGB VII), wobei auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII) versicherte Tätigkeit in diesem Sinne ist.

Der Wegeunfall, den ein Versicherter danach bei der versicherten Tätigkeiten erleidet, setzt voraus, dass das Verhalten am Ort der Tätigkeit der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr. 84; BSG, Urteil vom 18. April 2000 - B 2 U 7. R - USK 2.-9.). Zunächst muss also eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der so genannte innere Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (ständige Rechtsprechung, vgl. BSGE 63, 273, 274 = SozR 2200 § 548 Nr. 92; BSG SozR 2200 § 548 Nrn. 82, 95, 97; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 27; BSG SozR 3-2200 § 539 Nr. 38; BSG, Urteil vom 18. April 2000, a.a.O.). Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher nach den gesetzlichen Vorgaben der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSGE 58, 76, 77 = SozR 2200 § 548 Nr. 70; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr. 84; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 32; BSG, Urteil vom 18. April 2000, a.a.O.). Die zum Unfall führende Verrichtung als solche muss im Rahmen der unternehmerischen Tätigkeit liegen (vgl. zum Ganzen BSG Urteil vom 28. April 2004, - B 2 U 2. R - m. w. H.).

Einen solchen Wegeunfall hat der Kläger am 24.03.2007 erlitten. Dies ist von der Beklagten durch die streitgegenständlichen Bescheide (konkludent) auch anerkennt worden und wird von der Beklagten auch nicht in Zweifel gezogen.

1. Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Unfallursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr. vgl. zuletzt BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 2. R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, jeweils RdNr 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).

Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl. 2006, Vorb. v § 249 RdNr. 57 ff m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.

Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006, a.a.O.).

Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.H.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).

1.a) Nach diesen Grundsätzen liegt zur Überzeugung des Senats eine Fraktur des 8. Brustwirbelkörpers als weitere Unfallfolge beim Kläger nicht vor. Dies hat das SG im angefochtenen Urteil, gestützt auf das auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG eingeholte Gutachten des Dr. B., zutreffend begründet. Hierauf nimmt der Senat nach eigener Prüfung zur Begründung seiner eigenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug. Dafür, dass eine von Dr. B. in dem vom Kläger im Klageverfahren vorgelegten Bericht vom 12.12.2010 diagnostizierte BWK 8-Fraktur auf den Unfall vom 24.03.2007 zurückzuführen sein könnte, gibt es keinen Anhaltspunkt, wie Dr. B. in seinem Gutachten zutreffend und überzeugend dargelegt hat. Insbesondere sind keine umschriebenen Schmerzen für eine solche Fraktur dokumentiert. Auch erbrachten die in nahem zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis durchgeführten radiologischen Untersuchungen keinen auch nur diskreten Hinweis für eine knöcherne oder eine ligamentäre Verletzung, worauf auch Dr. S. in seinem Gutachten vom 21.10.2010 hingewiesen hat. Dafür, dass sich der Kläger durch das Ereignis vom 24.03.2007 eine Fraktur des 8. Brustwirbelkörpers zugezogen hat, fehlt damit jeder Anhaltspunkt. Hierzu hat der Kläger im Berufungsverfahren im Übrigen auch keine substantiierten Ausführungen gemacht.

Eine posttraumatische Belastungsstörung liegt beim Kläger zur Überzeugung des Senats nicht vor. Dr. S. hat in seinem im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten für den Senat nachvollziehbar und plausibel dargelegt, dass die erforderlichen Kriterien für die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung beim Kläger allenfalls mit Ausnahme des Vermeidungskriteriums nach dem ICD-10 Diagnoseschlüssel nicht vorliegen. Dr. S. hat in seinem Gutachten nachvollziehbar beschrieben, dass die Darstellungen des Klägers zum Unfallhergang unter Berücksichtigung der polizeilich dokumentierten Zeugenberichte sowie der dazugehörigen Lichtbildermappe in Teilbereichen nicht nachvollziehbar waren, und dass sicher kein Unfallgeschehen vorgelegen hat, das nach allgemeiner medizinischer Erfahrung das A- oder Traumakriterium für die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung erfüllt. Weiter hat Dr. S. nachvollziehbar beschrieben, dass die vom Kläger angegebenen Bilder der Wiedererinnerungen an das Unfallgeschehen keine Erinnerungen darstellen können, die ein Wiedererinnern plausibel machen. Auch die vom Kläger als Wiedererinnerung geschilderten Umstände (wie das Spritzen von Blut oder des Abfallen des Kopfes) kann nicht als Erinnerung an das tatsächliche Geschehen anerkannt werden. Die Schilderungen des Klägers, dass Wiedererinnerungssituationen sehr leicht auszulösen seien und ihn ganz einnehmen würden, war angesichts des Verhaltens des Klägers in der zufällig ausgelösten und beobachtbaren Expositionssituation (Hören eines Martinshorns) nicht nachzuvollziehen, weshalb Dr. S. für den Senat überzeugend davon ausgeht, dass das B- oder Wiedererkennungskriterium für die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung als nicht erfüllt anzusehen ist. Weiter waren nach den Beschreibungen von Dr. S. eine vom Kläger berichtete Reizbarkeit auf der Befundebene nicht zu verifizieren sowie angegebene Konzentrationsschwierigkeiten nicht zu objektivieren. Zeichen von Hypervigilanz waren nicht festzustellen. Entsprechendes gilt für eine vom Kläger angegebene erhöhte Schreckhaftigkeit, wie Dr. S. in seinem Gutachten für den Senat nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt hat. Dr. S. kommt deshalb zu der überzeugenden Schlussfolgerung, dass auch das D- oder Hypersensitivitäts-Kriterium für die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung beim Kläger nicht als erfüllt angesehen werden kann. Sie stimmt insoweit mit der Beurteilung von Prof. Dr. W. überein. Die Bewertung von Dr. S. in seinem Gutachten, dass beim Kläger deshalb eine posttraumatische Belastungsstörung nicht zu diagnostizieren ist, ist für den Senat danach überzeugend. Dieser Bewertung schließt sich der Senat an.

Dies wird für den Senat auch dadurch untermauert, dass beim Kläger bei der Untersuchung durch Dr. S. sich ein ganzes Spektrum von Auffälligkeiten gezeigt hat, die es rechtfertigen, die Authentizität der vom Kläger angegebenen Beschwerden und geltend gemachten Funktionsbeeinträchtigungen in Zweifel zu ziehen. So standen Angaben des Klägers einer kategorischen Verneinung jeglicher psychischer Erkrankung vor dem Unfallereignis vom 24.03.2007 in klarem Widerspruch zur aktenkundigen Faktenlage, wie Dr. S. in seinem Gutachten zutreffend und für den Senat nachvollziehbar dargelegt hat. Dies gilt auch für die vom Kläger verneinte gezielte Nachfrage, ob er gegen Rheuma behandelt worden war bzw. ob er vor dem Schädigungsereignis Schmerzen oder Bewegungsdefizite gehabt hat. Auch Angaben des Klägers zum Ablauf und den Folgen des Unfallereignisses vom 24.03.2007 sind mit den aktenkundigen Dokumenten nicht in Einklang zu bringen, insbesondere was die Schilderungen des Klägers zum Ablauf des Unfallgeschehens betrifft, wie Dr. S. in seinem Gutachten weiter zutreffend und nachvollziehbar ausgeführt hat. Ähnliche Diskrepanzen ergaben sich auch zwischen den Beschwerdeangaben des Klägers und den beobachtbaren Verhaltensabläufen. Vom Kläger geltend gemachte Beschwerden standen im Widerspruch zu Bewegungsabläufen im Rahmen der körperlichen Untersuchung. So waren geltend gemachte Bewegungseinschränkungen nicht zu objektivieren und Konzentrationsdefizite nicht vorhanden, wie Dr. S. in seinem Gutachten nachvollziehbar ausgeführt hat. Vom Kläger geltend gemachte akustische Reize, wie das Hören eines "Martinshorns" als Auslöser von "Unfallbildern" wurden in der Untersuchungssituation nicht bestätigt. Weitere Auffälligkeiten ergaben sich hinsichtlich der Diskrepanz zwischen Angaben von Beschwerden im psychometrischen Befragungsverfahren und den objektivierbaren Befunden. Insbesondere sprachen nach den nachvollziehbaren Ausführungen im Gutachten von Dr. S. die Angaben des Klägers für das Vorliegen massiver Verdeutlichungstendenzen in Bezug auf affektive, neurologische und anamnestische Symptome.

Auch die beim Kläger bestehende depressive Störung kann jedenfalls nicht rechtlich wesentlich auf das Ereignis vom 24.03.2007 zurückgeführt werden. Nach den zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen besteht beim Kläger bereits langjährig vor dem Ereignis am 24.03.2007 eine depressive Erkrankung, die der Kläger aber kategorisch verneint, wie Dr. S. in seinem Gutachten dargelegt hat. Der Nervenarzt Dr. B. hat bereits in seinem Bericht vom 07.04.1981 (Bl. 302 SG-Akte) beim Kläger das Vorliegen einer neurotischen Depression diagnostiziert. Auch in den Folgejahren sind beim Kläger immer wieder depressive Verstimmungen belegt (Berichte des Rheuma-Zentrums B. vom 10.04.1997 und 28.06.2002 - Bl. 284 u. 327 BG-Akte -, Bericht des V. Hospitals R. vom 27.05.2004 - Bl. 76/78 SG-Akte -, Bescheid des Landratsamts Z. - Versorgungsamt - vom 09.08.2005; Vorerkrankungsverzeichnisses der AOK N. Bl. 185/190 BG-Akte), wie Dr. S. in seinem Gutachten zutreffend ausgeführt hat. Nach dem Schädigungsereignis vom 24.03.2007 ist eine depressive Verstimmung erstmals im Bericht des Dr. Z. vom 22.06.2007 dokumentiert. Dr. S. weist in seinem Gutachten zutreffend darauf hin, dass die Beschwerden des Klägers im Zusammenhang mit dem Unfallereignis zunächst schwerpunktmäßig somatischer Natur waren. Eine richtunggebende Beeinflussung des Verlaufs der Depressivität nach dem Schädigungsereignis hatte Dr. S. beim Kläger nicht feststellen können. Vielmehr bestanden beim Kläger bereits vor dem Unfall psychosoziale Belastungsmomente, wie die seit Jahren zunehmenden generalisierten Schmerzen in sämtlichen Extremitäten, die eine subdepressive Herabgestimmtheit bewirkten (Bericht V. Hospital vom 27.05.2004), und die damit im Zusammenhang stehende chronische Polyarthritis mit depressivem Syndrom (Bericht Rheumazentrum B. vom 28.06.2002), weshalb bereits 2001 von Dr. S. auf mittlere Sicht die Berufsaufgabe erwartet wurde (Attest von Dr. S. vom 15.01.2001, Bl. 318 BG-Akte). Nach der überzeugenden Bewertung von Dr. S. gibt die Zusammenschau der vorliegenden Befunde und Analysen für den mehr als 30-jährigen Verlauf der depressiven Erkrankung des Klägers keinen Hinweis darauf, dass es im zeitlichen Zusammenhang mit dem Schädigungsereignis zu einer richtunggebenden Verschlimmerung der depressiven Störung gekommen wäre. Eine subjektive Verlagerung der Anknüpfung der depressiven Verstimmung im Rahmen der Erkrankung an rezidivierenden depressiven Episoden – bei fortdauernden unfallvorbestehenden Schmerzen aufgrund der diagnostizierten chronischen Polyarthritis – ist keine richtunggebende Verschlimmerung. Die von Dr. S. aktuell diagnostizierte leichtgradige depressive Episode im Rahmen der rezidivierenden depressiven Störung ist von ihm daher für den Senat überzeugend weder nach Art noch Ausprägung als Verschlimmerung der seelischen Grunderkrankung beurteilt worden. Es kann deshalb dahinstehen, ob auch andere von Dr. S. benannte und als unfallunabhängig beurteilte psychosoziale Belastungsfaktoren als Mitursache ausgeprägt sind. Selbst wenn entgegen Dr. S. diese von ihm angeführten Belastungsfaktoren rechtlich als mittelbare Unfallfolgen zu werten wären, läge keine abgrenzbare unfallbedingte Verschlimmerung einer Vorerkrankung vor. Ein rechtlich wesentlicher Zusammenhang der depressiven Störung mit dem Ereignis vom 24.03.2007 kann damit nicht festgestellt werden.

Entsprechendes gilt nach dem Gutachten von Dr. S. auch für eine vom Kläger angegebene Schmerzsymptomatik. Die Schmerzsymptomatik ist zweifellos nicht unfallbedingt, wie Dr. S. in seinem Gutachten nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt hat. Dem schließt sich der Senat an. Eine Schmerzsymptomatik hat der Kläger im Übrigen nach seinen gestellten Anträgen im ersten- und zweitinstanzlichen Verfahren nicht ausdrücklich als Folge des Wegeunfalls vom 24.03.2007 geltend gemacht.

Den vom Kläger gegen das Gutachten des Dr. S. erhobenen Einwendungen vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Hierzu hat Dr. S. in der vom Senat eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 25.09.2014 ausführlich, die Einwendungen des Klägers überzeugend ausräumend, Stellung genommen und an seinen Bewertungen im Gutachten festgehalten. Hierauf nimmt der Senat Bezug. Entgegen der Ansicht des Klägers finden sich in den zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen deutliche Hinweise auf eine fortbestehende depressive Erkrankung. Solche Hinweise finden sich auch in dem von der Beklagten beigezogenen Vorerkrankungsverzeichnis des Klägers. Dass die depressive Erkrankung voll kompensiert war, ist nicht belegt. Entgegen der Ansicht des Klägers erscheint damit das Fortbestehen einer relevanten depressiven Erkrankung nicht unrealistisch oder gar vom Gutachter "unrichtig und an den Haaren herbei gezogen" angegeben worden zu sein. Dass der Kläger unter einer depressiven Erkrankung gelitten hat, wurde vom Kläger vielmehr nach der Aktenlage unzutreffend in Abrede gestellt, wie Dr. S. in seinem Gutachten ausgeführt hat. Soweit der Hausarzt Dr. S. angibt, beim Kläger nach dem Unfall eine wesentliche Veränderung erlebt zu haben, mag dies zutreffen. Allein hieraus lässt sich jedoch nicht ein rechtlich wesentlicher Zusammenhang einer depressiven Erkrankung mit dem Unfallereignis vom 24.03.2007 herleiten. Dr. S. hat vielmehr in seinem Gutachten für den Senat nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass beim Kläger hinsichtlich der depressiven Erkrankung eine richtunggebende Verschlimmerung des vorbestehenden Krankheitsbildes durch das Ereignis vom 24.03.2007 nicht eingetreten ist, aber vorbestehende rezidivierende diffuse Angstzustände sich in einer Autofahrphobie kristallisierten, was insoweit eine Änderung war, aber nicht von einer richtungsgebenden Verschlimmerung der Depression ausgegangen werden kann. Der Einwand des Klägers, Dr. S. habe nicht dazu Stellung genommen, inwieweit das Unfallereignis und der nachfolgende Verlauf des Verfahrens wesentliche Teilursachen dafür seien, dass eine depressive Verstimmung entstanden und aufrechterhalten werde, trifft damit nicht zu. Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass die M.-Klinik das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung bestätigt hat, lässt sich den hierzu zu den Akten gelangten Berichten der Michael-Balint-Klinik das Vorliegen der von Dr. S. in seinem Gutachten ausführlich dargestellten - und befundeten - Diagnosekriterien nicht entnehmen. Vielmehr hat Dr. S. in seinem Gutachten ausführlich und nachvollziehbar dargelegt, weshalb beim Kläger vom Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht ausgegangen werden kann. Zum Nachweis einer posttraumatischen Belastungsstörung genügen Ergebnisse einer psychometrischen Befundung (PTSS-10, Schmerz-Evaluationsbogen) nicht. Soweit der Kläger von Dr. S. herausgearbeitete Widersprüchlichkeiten bezüglich des Unfallereignisses bemängelt (Seite 53 des Gutachtens), ist darauf hinzuweisen, dass die beschriebenen Angaben des Klägers zum Unfallgeschehen tatsächlich unstimmig und widersprüchlich sind, und auch nicht zwanglos damit erklärt werden können, "dass nach sechs Jahren möglicherweise das eine oder andere Detail nicht mehr genau klar war". Unerheblich ist, ob seit dem Unfall am 24.03.2007 bis dato von einer leichtgradigen depressiven Episode, wie von Dr. S. diagnostiziert, beim Kläger auszugehen ist, wofür spricht, dass auch Dr. Z. in seinem Behandlungsverlauf von schwankenden Stimmungslagen von leichter Aufhellung (vergleiche Berichte von Dr. Z. vom 10.07.2007, 24.07.2007 und 04.09.2007) bis zur erneuten Zunahme der Anspannung und inneren Unruhe mit ängstlich-depressiver Verstimmung bei Zunahme der geltend gemachten Beschwerden (Bericht vom 08.10.2007) berichtet. Denn hierauf kommt es, weil es an einer unfallabhängigen abgrenzbaren Verschlechterung fehlt, nicht relevant an. Dies gilt deshalb auch für die Frage des Vorliegens einer Gelegenheitsursache.

1.b) In Übereinstimmung mit den BG Unfallkliniken T. (Bericht vom 06.07.2007 Bl. 124 BG-Akte) und Ludwigshafen (Berichte vom 07.08.2007 und 16.08.2007 Blätter 208/211 und 222/223-BG Akte) gelangt Dr. S. in seinem Gutachten zu der Bewertung, dass beim Kläger unfallbedingt eine spezifische Phobie vom situativen Typus (Autofahren) zu diagnostizieren ist. Das phobische Vermeidensverhalten des Klägers in Bezug auf das Fahren eines PKW wird konsistent in vielen Befundberichten erstmals aufgetreten nach dem Schädigungsereignis vom 24.03.2007 beschrieben. Nach den Darlegungen von Dr. S. in seinem Gutachten ist nach dem gegenwärtigen fachwissenschaftlichem Kenntnisstand die Ätiopathogenese phobischer Störungen relativ komplex. Ausgegangen wird heute von einer multifaktoriellen Ätiopathogenese, wobei neben gewichtigen genetischen Faktoren auch weitere psychosoziale Belastungsmomente, Persönlichkeitseigentümlichkeiten und auch bedeutsame Lebensereignisse, auch Unfälle, als auslösende Stressmomente angenommen werden. Unter Berücksichtigung der erheblichen psychischen Vorschädigung des Klägers durch die vieljährig bestehende depressive Störung sowie krankheitswerte Angstsymptomatiken ist nach den Ausführungen von Dr. S. beim Kläger in der Zusammenschau der vorliegenden Befunde davon auszugehen, dass es durch das Schädigungsereignis zu einer Verschlimmerung einer bereits früher zumindest episodisch aufgetretenen Angstsymptomatik gekommen ist, wobei das phobische Vermeidensverhalten des Klägers in Bezug auf das Autofahren sich als eine neue Symptomatik darstellt. Dabei spielen zwar unfallunabhängige Belastungsmomente eine nicht unerhebliche Rolle für die Entstehung und das Fortbestehen der phobischen Störungen. Das Unfallereignis führt jedoch zu einer spezifischen, so nicht vorbeschriebenen phobischen Angstsymptomatik mit konsekutivem Vermeidensverhalten und ist nach der überzeugenden Schlussfolgerung von Dr. S. als eine - spezifische - Verschlimmerung einer vorbestehenden ängstlich-depressiven Symptomatik durch das Ereignis vom 24.03.2007 zu werten, wobei dem Ereignis vom 24.03.2007 nicht die Rolle eines durch ein beliebiges Alltagsereignis austauschbares Geschehen im Sinne eines Bagatellschadens zukommt. Nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. S. lässt sich auch nicht hinreichend belegen, dass die schädigende Wirkung der Unfallfolgen gegenüber unfallunabhängigen Umständen im Sinne einer Änderung der Wesensgrundlage ganz zurückgetreten ist. Nach Dr. S. steht das Unfallereignis in seiner spezifischen und nicht weiter austauschbaren Beziehung zu der ausgelösten Angstsymptomatik, weshalb es nach seiner gutachtlichen Einschätzung auch bis heute für die Persistenz der phobischen Symptomatik maßgeblich ist. Diesen überzeugenden medizinischen Bewertungen des Dr. S. folgt der Senat. Damit ist der Unfall auch nach rechtlicher Würdigung unter den Mitursachen für die Fortdauer der Angststörung noch wesentlich kausal, denn ihm kommt noch immer eine nicht zu vernachlässigende Bedeutung zu, wenn auch der Unfall möglicherweise nicht völlig gleichwertig zu den anderen Mitursachen ist. Der streitgegenständliche Bescheid vom 03.12.2007 sowie das angefochtene Urteil des SG waren insoweit abzuändern.

Den von der Beklagten unter Vorlage der beratungsärztlichen Stellungnahmen des Professor Dr. S. vom 28.10.2013 und Dr. S. vom 20.10.2014 gegen das Gutachten des Dr. S. gerichteten Einwendungen vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Auch hierzu hat Dr. S. in der vom Senat eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 25.09.2014 ausführlich, die Einwendungen der Beklagten überzeugend ausräumend, Stellung genommen und an seinen Bewertungen im Gutachten festgehalten. Die Ansicht von Professor Dr. S., es läge bereits kein Nachweis eines Unfallereignisses im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung vor, ist nicht plausibel. Immerhin hat auch die Beklagte das Unfallereignis vom 24.03.2007 (konkludent) als Arbeitsunfall anerkannt und zudem Unfallfolgen festgestellt (Bescheid vom 03.12.2007). Soweit Professor Dr. S. bemängelt, Dr. S. habe nicht eruiert, worauf sich Ängste des Klägers vor dem Autofahren beziehen, und das Vorliegen einer nicht krankhaften sogenannten Realangst diskutiert, wird nicht hinreichend berücksichtigt, dass insbesondere nach dem psychischen Befundbericht der BG Unfallklinik L. - Psychologischer Dienst -, Dipl.-Psych. W., vom 07.08.2007 eine Evaluation der Fahrphobie mittels eines Fahrschulwagens eine deutliche Furcht des Klägers vor einem bestimmten Objekt (Auto) respektive einer bestimmten Situation (ein Auto zu bedienen) bei deutlichem Vermeidensverhalten bezüglich Autos oder Fahren im Straßenverkehr erbrachte. Damit liegen neben der Befunderhebung durch Dr. S. weitere medizinische Unterlagen vor, die das Vorliegen einer Autofahrphobie des Klägers hinreichend dokumentieren und belegen. Die Phobie des Klägers ist danach nicht darauf beschränkt, erneut einen Verkehrsunfall zu erleben (sogenannte Realangst), wie Professor Dr. S. diskutiert. Soweit Professor Dr. S. die Befragung der Ehefrau des Klägers durch Dr. S. als unbefugte Zeugenvernehmung bewertet, trifft die Ansicht von Professor Dr. S. nicht zu. Insbesondere im Rahmen einer Begutachtung auf psychiatrischem Fachgebiet ist die Anhörung eines nahen Familienangehörigen im Rahmen der Exploration sachgerecht, jedenfalls aber nicht zu beanstanden. Abgesehen davon ist das Gutachten von Dr. S. nicht entscheidend hierauf gestützt. Soweit Professor Dr. S. und ihm folgend Dr. S. in ihren beratungsärztlichen Stellungnahmen davon ausgehen, dass nach medizinischem Kenntnisstand nicht bekannt sei, dass Verkehrsunfälle oder Lebensereignisse überhaupt Angststörungen verursachten, ist dies für den Senat nicht überzeugend. Beim Kläger ist, wie bereits ausgeführt, das Vorliegen einer krankhaften spezifischen Phobie (Autofahrphobie) belegt. Spezifische Phobien sind auch in der unfallmedizinischen Literatur anerkannt (vergleiche Schönberger - Mehrtens - Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, 5.1.1 und Seite 158). Die Phobie ist auch rechtlich wesentlich durch das Ereignis vom 24.03.2007 verursacht. Soweit die Beklagte weiter bemängelt, die Ausführungen von Dr. S. in seinem Gutachten Seite 67 sprächen gegen den ausreichenden Nachweis des Unfalls als rechtlich wesentliche Ursache, wird übersehen, dass diese Ausführungen durch Dr. S. im Zusammenhang mit der Frage stehen, ob auf den Unfall zurückzuführende Gesundheitsstörungen unfallunabhängig unterhalten werden (Änderung der Wesensgrundlage), was im Übrigen als Einwendung eher in der Beweislast der Beklagten und nicht des Klägers liegt.

Auch den Bewertungen von Dr. B. in seinem Gutachten vom 09.10.2009 mit ergänzender Stellungnahme vom 01.04.2010 vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Die von ihm diagnostizierte posttraumatische Belastungsstörung ist zur Überzeugung des Senates durch die nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen von Dr. S. in seinem Gutachten vom 06.09.2013 widerlegt. Weiter fehlt eine kritische Auseinandersetzung mit der Validität der von Dr. B. erhobenen Befunde. Testpsychologische Beschwerdevalidierungsverfahren hat Dr. B. nicht angewendet. Der diagnostischen Einschätzung einer Panikstörung steht entgegen, dass Dr. S. beim Kläger eine Paniksymptomatik nicht hat eruieren können. Weiter hat Dr. B. nach Aktenlage dokumentierte körperliche wie psychische Vorerkrankungen nicht hinreichend ausgewertet. Seine Feststellung, dass der Kläger aus "völliger Gesundheit heraus" in den Unfall verwickelt worden sei, ist, wie bereits oben ausgeführt, nicht belegt, weshalb auch seine Ansicht, eine depressive Verstimmung des Klägers lediglich im Zusammenhang mit einer Augenoperation im Jahr 1999/2000 zu sehen, und als reaktiv und normal psychologisch einzuordnen, nicht überzeugend. Entsprechendes gilt für seine Bewertung der MdE auf 100 v.H., der eine nachvollziehbare Begründung fehlt. Hierauf hat auch Dr. S. in seinem Gutachten vom 06.09.2013 den Senat überzeugend hingewiesen. Entsprechendes gilt für die diagnostische Bewertung einer posttraumatischen Belastungsstörung durch die M.-B.-Klinik.

2. Verletztengeld wird erbracht, wenn der Versicherte infolge eines Versicherungsfalls arbeitsunfähig ist und unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen hatte (§ 45 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch Gesetzliche Unfallversicherung - SGB VII -). Es wird von dem Tag an gezahlt, ab dem die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt ist und endet u.a. mit dem letzten Tag der - unfallbedingten - Arbeitsunfähigkeit (§ 46 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 SGB VII).

Die von der Beklagten mit Bescheid vom 03.12.2007 anerkannten Unfallfolgen (Zerrung/Verstauchungen der Halswirbelsäule, leichte Zerrung der Brustwirbelsäule sowie Brustbeinprellung) sowie die außerdem als Unfallfolge anzuerkennende spezifische Phobie des Klägers (Autofahrphobie) rechtfertigen nicht die Annahme einer bestehenden unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit über den 18.05.2007 hinaus, weshalb dem Kläger über den 18.05.2007 hinaus kein Anspruch auf Verletztengeld gegen die Beklagte zusteht. Zwar hat der Kläger nach dem Ereignis am 24.03.2007 seine Tätigkeit nicht mehr aufgenommen. Dr. B. geht in dem vom Kläger auf Antrag nach § 109 SGG eingeholten Gutachten vom 13.09.2011 jedoch davon aus, dass die anerkannte Zerrung/Verstauchung der Halswirbelsäule (HWS-Beschleunigungsverletzung Grad II in der Quebec-Klassifikation) nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft (Fachliteratur) die Annahme einer Arbeitsunfähigkeit für die Dauer von maximal sechs Wochen rechtfertigt, wobei Dr. B. nach dem dokumentierten Beschwerdeverlauf in seinem Gutachten erhebliche Zweifel daran geäußert hat, dass beim Kläger überhaupt unfallbedingte HWS-Beschwerden / Verletzungsfolgen vorliegen. Die weiteren von der Beklagten anerkannten Unfallfolgen rechtfertigen nach dem Gutachten von Dr. B. eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit von jeweils unter sechs Wochen. Fortbestehende HWS-Beschwerden lassen sich nach dem Gutachten von Dr. B. unfallunabhängig durch eine belegte vorbestehende chronische Polyarthritis auch mit HWS-Beschwerden sowie eine Polymyositis mit Betroffensein der Nacken- und oberen Schultergürtelmuskulatur erklären, die gleichartige Beschwerden verursacht hat und auch wieder verursachen kann und unfallunabhängig für die persistierenden Beschwerden des Klägers im Bereich der gesamten Wirbelsäule und den Schultern verantwortlich sind. Nach der Bewertung von Dr. B. ist eine fortbestehende Arbeitsunfähigkeit aus orthopädisch/rheumatologischer Sicht nicht auf die mechanischen Unfallfolgen zurückführbar, sondern auf die unfallunabhängig vorbestehende chronische Polyarthritis und die Polymyalgien. Auf unfallchirurgischem Fachgebiet kann damit eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit des Klägers über den 18.05.2007 hinaus nicht festgestellt werden. Dass beim Kläger Arbeitsfähigkeit erst am 09.07.2007 eingetreten ist, wie die BG Unfallklinik T. im Bericht vom 04.07.2007 mitgeteilt hat, ist für den Senat nicht belegt und lässt sich auch dem Bericht vom 04.07.2007 nicht nachvollziehbar entnehmen. Die zusätzlich als Unfallfolge anzuerkennende spezifische Phobie des Klägers rechtfertigt keine andere Bewertung. Die Phobie rechtfertigt nach der überzeugenden Bewertung von Dr. S. aus psychiatrisch-psychotherapeutischer Perspektive keine Arbeitsunfähigkeit des Klägers im damals ausgeübten Beruf als Maschinenführer und Stapler-Fahrer über den 18.05.2007 hinaus.

3. Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern (§ 56 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch Gesetzliche Unfallversicherung SGB VII ). Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird die Vollrente geleistet, bei einer MdE wird eine Teilrente geleistet, die in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt wird, der der MdE entspricht (§ 56 Abs. 3 SGB VII).

Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 SGB VII). Die Bemessung der MdE ist die Feststellung von Tatsachen, die das Gericht gemäß § 128 Abs 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft. Dies gilt für die Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ebenso wie für die auf der Grundlage medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen zu treffende Feststellung der ihm verbliebenen Erwerbsmöglichkeiten (BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S 36 m.w.N.). Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22, 23; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr. 5). Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE geschätzt werden (BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind deshalb bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der tägliche Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (BSG a.a.O.; zuletzt BSG Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 1. R - SozR 4-2700 § 56 Nr. 1).

Neben diesen auf tatsächlichem Gebiet liegenden Umständen für die Bemessung der MdE sind aus der gesetzlichen Definition der MdE sowie den Grundsätzen der gesetzlichen Unfallversicherung fließende rechtliche Vorgaben zu beachten (SozR 4-2700 § 56 Nr. 2). Bestanden bei dem Versicherten vor dem Versicherungsfall bereits gesundheitliche, auch altersbedingte Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit (sog. Vorschäden), werden diese nach der ständigen Rechtsprechung des BSG und der einhelligen Auffassung in der Literatur für die Bemessung der MdE berücksichtigt, wenn die Folgen des Versicherungsfalles durch die Vorschäden beeinflusst werden. Denn Versicherte unterliegen mit ihrem individuellen Gesundheitszustand vor Eintritt des Versicherungsfalls dem Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung (BSG, a.a.O. m.H.a.: BSGE 63, 207, 211, 212 = SozR 2200 § 581 Nr. 28; Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, Stand: 2006, § 56 RdNr 10.5; Kranig in Hauck/Noftz, SGB VII, Stand: 2006, K § 56 RdNr 42 m.w.N.). Dies verlangt § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 SGB VII, wonach die "infolge" des Versicherungsfalls eingetretene Beeinträchtigung des Leistungsvermögens und die dadurch verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens maßgeblich sind.

Hiervon ausgehend wird durch die Unfallfolgen eine MdE von wenigstens 10 v.H. nicht erreicht. Soweit Dr. B. in seinem Gutachten von einer MdE von 10 v.H. ab Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit für die Dauer von einem Jahr ausgeht, vermag sich der Senat dieser Bewertung nicht anzuschließen. Dr. B. lässt dabei unberücksichtigt, dass die beim Kläger unfallunabhängig vorbestehende chronische Polyarthritis mit den damit einhergehenden Polymyalgien unabhängig von Unfallereignis für die persistierenden Beschwerden im Bereich der gesamten Wirbelsäule und der Schulter verantwortlich sind. Dass die von ihm (in dubio pro reo) diagnostizierte Beschleunigungsverletzung der Halswirbelsäule Grad II über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus von der Vorschädigung abgrenzbare Beschwerden verursacht (hat), lässt sich dem Gutachten von Dr. B. nicht entnehmen und ist auch sonst nicht belegt. Entsprechendes gilt für die von der Beklagten als Unfallfolgen anerkannte leichte Zerrung der Brustwirbelsäule sowie die Brustbeinprellung.

Soweit Dr. S. in seinem Gutachten für die unfallbedingte phobische Störung vom situativen Typus nach ICD-10 F40.2 (Autofahrphobie) die MdE auf 10 v.H. einschätzt, vermag sich der Senat dieser Einschätzung ebenfalls nicht anzuschließen. Dr. S. geht bei seiner Einschätzung der MdE von einem Einschätzungsspielraum von bis zu 10 v.H. aus, was den unfallversicherungsrechtlichen Grundsätzen der MdE-Bewertungsliteratur entspricht (vgl. Schönberger u.a., a.a.O., S. 157 f.). Diesen Spielraum auszuschöpfen erachtet der Senat für nicht gerechtfertigt. Nach dem von Dr. S. in seinem Gutachten beschriebenen Angaben des Klägers beschränkt sich das phobische Vermeidensverhalten des Klägers auf das Führen eines Kraftfahrzeuges. Das Fahren in einem Kraftfahrzeug als Mitfahrer ist dem Kläger möglich und wird von ihm auch praktiziert. So ist der Kläger zur Begutachtung durch Dr. S. nach den Beschreibungen im Gutachten von seiner Ehefrau mit dem PKW gebracht worden (Fahrstrecke ca. 200 km). Auch längere Fahrstrecken, wie die vom Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung bestätigte Urlaubsfahrt mit dem Pkw in die Türkei sind ihm als Beifahrer möglich. Entsprechendes gilt nach den beschriebenen Angaben im Gutachten von Dr. B. für die Anreise zur Begutachtung durch Dr. B ... Auch die in den Gutachten von Dr. B. und Professor Dr. W. beschriebenen Angaben des Klägers zeigen, dass die Autofahrphobie des Klägers partiell auf das aktive Führen eines Kraftfahrzeuges beschränkt und damit nur teilweise ausgeprägt ist. Der Senat erachtet es deswegen nicht für gerechtfertigt, den MdE-Einschätzungsspielraum von bis zu 10 v.H. nach oben auszuschöpfen. Entgegen der Auffassung des Kläger-Bevollmächtigten betrifft die MdE-Tabelle für die Agoraphobie und soziale phobische Störungen (ICD-10 F 40.0 u. F 40.1) keine vergleichbaren Krankheitsbilder, denn das dortige Vermeidungsverhalten beruht auf erheblichen sozialen kommunikativen Auswirkungen.

Die verbliebenen Unfallfolgen erreichen damit kein Ausmaß einer MdE von wenigstens 10 v.H. Ein Stützrententatbestand liegt damit nicht vor.

Anlass für weitere Ermittlungen besteht nicht. Für den Senat drängen sich im Hinblick auf die zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen und die vom SG und vom Senat durchgeführten Ermittlungen weitere Ermittlungen nicht auf. Einer erneuten Anhörung des Gutachters dazu, woraus Dr. S. eine durch die Depression bedingte Arbeitsunfähigkeit herleitet, wenn nachweislich zwischen März 1994 und dem Unfall wegen einer Depression keine Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe, wie der Kläger beantragt hat, bedarf es nicht. Dass Dr. S. von einer depressionsbedingten Arbeitsunfähigkeit des Klägers zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens, worauf der Antrag des Klägers zielt, ausgegangen ist, lässt sich seinem Gutachten nicht entnehmen und bedarf deshalb auch keiner weiteren Aufklärung. Auch die zuletzt in der mündlichen Verhandlung hilfsweise beantragte Anhörung des Sachverständigen war nicht zu veranlassen, denn eine akute depressive Erkrankung bis 23.03.2007, also bis einschließlich des Tages vor dem Unfall, wie in der Beweisfrage unterstellt, hat Dr. S. nicht angenommen. Er hat eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mit leichtgradiger depressiver Episode diagnostiziert (vgl. Gutachten vom 06.09.2013, Seite 57), was nach dem oben Dargelegten auch eine nicht depressive Stimmungslage zwischen den akuten Episoden beinhaltet. Der Sachverständige war daher auch nicht zu Tatsachen zu befragen, auf die er eine von ihm nicht aufgestellte Behauptung gestützt haben könnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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