L 29 AL 178/13

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
29
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 54 AL 2273/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 29 AL 178/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Juni 2013 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Arbeitslosengeld für die Zeit vom 25. Februar 2010 bis zum 8. Mai 2011.

Der 1980 geborene Kläger besuchte vom 9. August 2004 bis zum 14. Juni 2006 die P-A.-S-S (A) in B und legte dort am 14. Juni 2006 die Abiturprüfung ab. Ausweislich einer Bescheinigung des Oberstufenzentrums I und DB-W vom 27. Januar 2004 nahm der Kläger zum 29. September 2003 eine bis voraussichtlich Juli 2006 dauernde dreijährige kaufmännische Berufsfachschule IT-Systemkaufmann/-frau auf, welche er nach eigenen Angaben nach zwei Jahren abbrach. In der Folgezeit beantragte er mehrfach bei der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) die Zulassung zum Medizinstudium; die Anträge wurden - nach den Angaben des Klägers fortlaufend für sämtliche nach 2006 liegende Semester (bis auf das unmittelbar nach dem Ablegen der Abiturprüfung beginnende Semester) - gestellt und sämtlich von der ZVS abgelehnt (Ablehnungsbescheid zum Wintersemester 2006/2007 vom 14. August 2006, Ablehnungsbescheid zum Sommersemester 2008 vom 15. Februar 2008 Ablehnungsbescheid zum Sommersemester 2009 vom 13. Februar 2009, Ablehnungsbescheid zum Wintersemester 2009/10 vom 14. August 2009, Ablehnungsbescheid zum Sommersemester 2010 vom 12. Februar 2010).

Der Kläger war ausweislich weiterer Bescheinigungen in der Zeit vom 19. Juli 1999 bis zum 27. August 1999 als Reinigungskraft bei der GS B GmbH zu einem Bruttoverdienst von 1.959,75 DM (netto 1.505,01 DM), von Februar 2001 bis Juni 2001 als freiberuflicher Interviewer in dem Telefonstudio der E GmbH B und von März 2004 bis zum 31. Juli 2004 als geringfügig Beschäftigter auf Stundenbasis bei Eis H NH B tätig.

Ausweislich der Bescheinigung E 301 war der Kläger in der Zeit vom 28. August 2006 bis zum 24. Februar 2010 als Gamemaster bei der F BE in F zu einem durchschnittlichen monatlichen Entgelt von 2.807,74 EUR beschäftigt.

Am 11. Februar 2010 meldete der Kläger sich mit Wirkung zum 25. Februar 2010 bei der Agentur für Arbeit Berlin Nord arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld.

Mit Bescheid vom 25. Februar 2010 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, er sei in den zwei Jahren vor dem 25. Februar 2010 weniger als zwölf Monate versicherungspflichtig gewesen und habe die Anwartschaftszeit nicht erfüllt. Die nachgewiesenen Versicherungszeiten im Ausland könnten einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erst dann begründen, wenn er danach in Deutschland versicherungspflichtig gewesen sei.

Mit seinem hiergegen am 24. März 2010 eingelegten Widerspruch vertrat der Kläger die Auffassung, er habe Anspruch auf Arbeitslosengeld, obwohl er selbst nach seiner Rückkehr in Deutschland noch nicht versicherungspflichtig gewesen sei. Gemäß Art. 67 Abs. 3 EWG VO 1408/71 seien Personen im Sinne des Art. 71 Abs. 1 Buchst. B Ziff. ii EWG VO 1408/71 nach der Rechtsprechung des EuGH mit Urteil vom 22. September 1988 (Rechtssache 236/87) von dem Erfordernis der letztlichen Versicherungspflicht in Deutschland ausgenommen. Er habe Anfang Februar 2010 seinen Wohnort nach Deutschland verlegt und sei nach der Verlegung nicht mehr nach Frankreich zurückgekehrt. Er habe enge persönliche und berufliche Bindungen in Deutschland und sei aufgrund dieser Beziehungen aus Frankreich nach Deutschland zurückgekehrt. Er lebe seit seiner Kindheit in B, er sei hier zur Schule gegangen und aufgewachsen. Seine Eltern sowie ein Großteil seiner Verwandten, seine langjährige Freundin und Verlobte sowie sein gesamtes über zwei Jahrzehnte gewachsenes soziales Umfeld lebten in B. Er habe sich im Sommer 2006 über die ZVS für einen Studienplatz der Allgemein-Medizin für das Wintersemester 2006/2007 beworben. Aufgrund einer voraussichtlichen Wartesemesterzeit habe er zunächst beschlossen, die Möglichkeit wahrzunehmen, um in Frankreich in der Zeit bis zum Studiumsbeginn für das Unternehmen BE in der Kundenbetreuung zu arbeiten. Während seines Aufenthalts in Frankreich habe er sich fortlaufend für den vorbezeichneten Studienplatz in Berlin beworben. Aufgrund einer unvorhergesehenen Änderung des Vergabesystems der Studienplätze, sei die Zahl der Wartesemester bezogenen Studienplätze halbiert worden. Daher habe sich sein Aufenthalt in Frankreich auf annähernd vier Jahre erhöht.

In einem von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers unter dem 8. April 2010 ausgefüllten "Prüfbogen Grenzgänger" wurde ausgeführt, der Kläger sei mindestens einmal im Monat nach Deutschland zurückgekehrt, der Lebensmittelpunkt sei auch während der Auslandsbeschäftigung Berlin gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des "Prüfbogens Grenzgänger" wird auf Bl. 29-30 der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Der Kläger übersandte der Beklagten außerdem ein Schreiben seiner Eltern vom 13. April 2010, in dem diese ausführten:

"Bestätigung der Unterstellung von Möbeln

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit bestätigen wir, dass wir ab dem 1.8.2006 den Hausstand unseres Sohnes K G in unseren Kellerräumlichkeiten in Erwartung seiner baldigen Rückkehr untergestellt haben "

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Mai 2010 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld auf der Grundlage der EWG VO 1408/71 lägen nicht vor, weil nach der Beschäftigung in Frankreich keine versicherungspflichtige Beschäftigung in Deutschland erfolgt sei. Bei dem Kläger lägen auch nicht die Ausnahmeregelungen für "unechte Grenzgänger" vor. Hierzu hätte die Beschäftigung in Frankreich von Anfang an - unter Beibehaltung des Lebensmittelpunktes in Deutschland - nur auf ein vorübergehendes Verbleiben angelegt sein müssen. Dies liege nach Aktenlage und nach Abwägung aller Umstände nicht vor. Der Kläger habe seinen Hauptwohnsitz in Deutschland nicht beibehalten, vielmehr habe er einen Wohnsitz in Frankreich begründet. Der Kläger sei unverheiratet, habe keine Kinder und seit 2006 in Frankreich gearbeitet. Sein Arbeitsvertrag sei unbefristet gewesen. Bemühungen, eine Beschäftigung in Deutschland einzugehen, seien nicht nachgewiesen. Dass der Kläger durch Rückflüge nach Deutschland (nachgewiesen erst seit Juni 2009) Kontakte zu seinen Freunden und Verwandten gehalten habe, führe nicht zwingend zu dem Schluss, dass sich der Lebensmittelpunkt weiter in Deutschland befunden habe. Die Rückkehr nach Deutschland sei auch nicht zur Aufnahme des Studiums erfolgt, sondern aus persönlichen Gründen.

Vom 22. März 2010 bis zum 2. April 2010 nahm der Kläger an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung gemäß § 16 Abs. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) in Verbindung mit § 46 Abs. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) bei der S GmbH (Zuweisung durch das Jobcenter Charlottenburg-Wilmersdorf mit Schreiben vom 5. März 2010. Vom 3. Mai 2010 bis zum 21. April 2011 absolvierte der Kläger an der m Beine Ausbildung im Wege eines Vollzeitlehrgangs zum Rettungsassistenten, die vom Jobcenter Charlottenburg-Wilmersdorf mit Bescheid vom 1. Juni 2010 durch Übernahme von Fahr- und Lehrgangskosten gemäß §§ 77, 80 und 81 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) gefördert wurde.

Der Kläger erhielt vom Jobcenter Charlottenburg-Wilmersdorf für die Zeit vom 1. März 2010 bis 31. August 2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 359 EUR monatlich sowie für die Zeit vom 1. September 2010 bis zum 31. August 2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zuzüglich der Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II in Höhe von 737 EUR monatlich - Bescheide des Jobcenters Charlottenburg-Wilmersdorf vom 8. März 2010, 27. August 2010 und 18. Februar 2011).

Seit dem 1. Februar 2013 war der Kläger mit einem befristeten Arbeitsvertrag als Rettungsassistent bei der UR mbH P beschäftigt. Seit April 2014 ist der Kläger an der C B zum Studium der Allgemein-Medizin zugelassen; daneben ist er nach eigenen Angaben weiterhin als Rettungsassistent bei der U R mbH P in Teilzeit beschäftigt.

Bereits am 14. Juni 2010 hat der Kläger bei dem Sozialgericht Berlin Klage erhoben, mit der er sein Begehren auf Gewährung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 25. Februar 2010 bis 8. Mai 2011 unter Wiederholung seiner Ausführungen im Widerspruchsverfahren weiterverfolgt hat. Ergänzend hat er ausgeführt, er habe die Arbeit in Frankreich über einen Kumpel gefunden. Es habe sich dort um einen Spielekonzern gehandelt, der Spiele für Deutschland hergestellt habe. Im Grunde genommen sei es ein deutscher Kundensupport gewesen. Anfangs habe ihn der Arbeitgeber für ca. einen Monat in einem Hotel untergebracht; danach habe er eine eigene Wohnung mit ca. 37 m² und zwei Zimmern gehabt. Am Wochenende habe er sich mit einem befreundeten Arbeitskollegen getroffen, ungefähr einmal im Monat sei er nach Deutschland gefahren. Er habe Mitfahrgelegenheiten genutzt oder sei mit E nach Deutschland gekommen. Er habe die Schichten dann so gelegt, dass er ein langes Wochenende in Deutschland gehabt habe. In Deutschland sei er bei Freunden oder seiner Familie und auch bei seiner Freundin gewesen. Er habe sich mit seiner Freundin im Dezember 2006 verlobt, im März 2012 habe sich seine Freundin von ihm getrennt. Der Aufbau eines sozialen Umfeldes in Frankreich außerhalb der Arbeit habe sich für ihn als schwierig erwiesen, da er aufgrund seiner Arbeitstätigkeit, die hauptsächlich vor dem Computer und auf Deutsch bzw. Englisch stattgefunden habe, nur wenig Möglichkeiten gehabt habe, die französische Sprache zu erlernen. Auf der Arbeit habe er es vornehmlich mit deutschen Kollegen zu tun gehabt, mit denen er ebenfalls keine festen dauernden Kontakte habe aufbauen können, zumal viele seiner deutschen Kollegen ebenfalls nach einiger Zeit wieder nach Deutschland zurückgekehrt seien. Seine Sprachkenntnisse seien daher keinesfalls ausreichend gewesen, um auf dem französischen Arbeitsmarkt erfolgreich bestehen zu können.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25. Februar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2010 zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld vom 24. Februar 2010 bis 8. Mai 2011 dem Grunde nach zu bewilligen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat auf ihren Widerspruchsbescheid verwiesen und ergänzend ausgeführt, das zitierte Urteil des EuGH vom 22. September 1988 könne vorliegend keine Anwendung finden. Die persönlichen Voraussetzungen der dort Genannten seien nicht identisch mit denen des Klägers. Ferner werde bezweifelt, dass der Kläger in Deutschland die besten Chancen für eine berufliche Wiedereingliederung habe, da er in Deutschland noch gar nicht gearbeitet habe und der Umzug nach Berlin auch nicht zur Aufnahme eines Studiums, sondern aus persönlichen Gründen erfolgt sei. Die bisher einzige Erwerbstätigkeit des Klägers sei in Frankreich ausgeübt worden, wo er auch seinen Hauptwohnsitz begründet gehabt habe. Der Kläger sei daher nicht als "unechter Grenzgänger" anzuerkennen.

Mit Urteil vom 27. Juni 2013 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen. Der Kläger sei unstreitig ab 25. Februar 2010 arbeitslos gewesen und habe sich zu diesem Zeitpunkt auch bei der Beklagten arbeitslos gemeldet. Er habe jedoch nicht die Anwartschaftszeit erfüllt. Die Rahmenfrist umfasse die Zeit vom 25. Februar 2008 bis 24. Februar 2010. In dieser Zeit sei der Kläger zwar bei der Firma BE beschäftigt gewesen, es habe sich jedoch um eine Beschäftigung in Frankreich und damit um Arbeit im Ausland gehandelt. Die Voraussetzungen des Art. 67 EWG VO 1408/71 habe der Kläger nicht erfüllt, da er nach eigenen Angaben ca. einmal monatlich nach Deutschland zurückgekehrt sei. Er sei damit kein echter Grenzgänger. Auch die Voraussetzungen des Art. 71 Abs. 1 Buchst. b) Ziffer ii) EWG VO 1408/71 seien nicht erfüllt. Hierbei handele es sich um einen Personenkreis, der gerade nicht - wie bei echten Grenzgängern - in kurzen Abständen an seinem bisherigen Wohnort zurückkehre, sondern sich für die Dauer der Beschäftigungszeit (wenn auch mit Unterbrechungen) im Beschäftigungsland aufhalte und dort lebe. Nach der grundlegenden Entscheidung des EuGH vom 17. Februar 1977 (C-76/76) sei der Übergang der Kosten für die Leistungen bei Arbeitslosigkeit vom Mitgliedstaat der letzten Beschäftigung auf den Mitgliedstaat des Wohnorts bei einzelnen Gruppen von Arbeitnehmern, die enge Bindungen zu dem Land beibehielten, in dem sie sich niedergelassen hätten und gewöhnlich aufhielten, gerechtfertigt. Er würde es aber nicht mehr sein, wenn man durch eine allzu großzügige Auslegung des Wohnortbegriffs im Ergebnis die Ausnahme des Art. 71 EWG VO 1408/71 allen Wanderarbeitnehmern zugute kommen ließe, die in einem Mitgliedstaat beschäftigt seien, während sich ihre Familien weiterhin gewöhnlich in einem anderen Mitgliedstaat aufhielten. Daraus folge, dass Art. 71 Abs. 1 Buchst. b) Ziffer ii) EWG VO 1408/71 eng auszulegen sei. Der Begriff "Mitgliedsstaates , in dessen Gebiet sie wohnen", sei danach auf den Staat zu beschränken, in dem der Arbeitnehmer, obgleich in einem anderen Mitgliedstaat beschäftigt, weiterhin gewöhnlich wohne und in dem sich auch der gewöhnliche Mittelpunkt seiner Interessen befinde. Der Umstand, dass der Arbeitnehmer seine Familie in dem genannten Staat zurückgelassen habe, sei ein Indiz dafür, dass er dort seinen Wohnort beibehalten habe. Allerdings könne dies für sich allein nicht genügen, um ihm die Ausnahme des Art. 71 Abs. 1 Buchst. b) Ziffer ii) EWG VO 1408/71 zugute kommen zu lassen. Verfüge nämlich ein Arbeitnehmer in einem Mitgliedstaat über einen festen Arbeitsplatz, so werde vermutet, dass er dort wohne, auch wenn er seine Familie in einem anderen Staat zurückgelassen habe. Daher seien nicht nur die familiären Verhältnisse des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, sondern auch die Gründe, der Abwanderung bewogen hätten. Für die Anwendung des Art. 71 Abs. 1 Buchst. b) Ziffer ii) EWG VO 1408/71 seien daher die Dauer und Kontinuität des Wohnorts bis zur Abwanderung des Arbeitnehmers, die Dauer und der Zweck seiner Abwesenheit, die Art der in dem anderen Mitgliedstaat aufgenommenen Beschäftigung sowie die Absicht des Arbeitnehmers, sich aus den gesamten Umständen ergebe, zu berücksichtigen. Die somit gebotene eigenständige Auslegung des Begriffs "Wohnen" in Art. 71 EWG VO 1408/71 führe dazu, dass einerseits die Beziehung zum Arbeitsmarkt des Staates, der als Wohnstaat für Leistungen bei Arbeitslosigkeit in Anspruch genommen werde, und andererseits der Zweck der Auslandstätigkeit die in erster Linie bedeutsamen Kriterien darstellten. Der EuGH habe bereits mehrfach entschieden, Art. 71 EWG VO 1408/71 wolle sicherstellen, dass dem Arbeitnehmer die Leistungen bei Arbeitslosigkeit unter den für die Arbeitssuche günstigsten Voraussetzungen gewährt werden sollten. Zur Überzeugung der Kammer sei der Kläger - unabhängig davon, dass er die von ihm vorgetragenen Umstände nicht nachgewiesen habe, auch bei Unterstellung als wahr - unter Wortsinn dieser Grundsätze nicht als unechter Grenzgänger anzusehen. Der Kläger habe das Abitur mit der Note 2,7 abgeschlossen. Bereits aufgrund dieser Note, aber auch nach der ersten Mitteilung der ZVS vom 14. August 2006 für das Wintersemester 2006/2007 habe er erkennen müssen, dass trotz Berücksichtigung von zwei Wartesemestern mit einer weiteren Wartezeit von sechs Semestern bzw. drei Jahren zu rechnen gewesen sei. In Kenntnis dessen habe sich der Kläger entschieden, die Möglichkeit der Beschäftigung bei der Firma B Entertainment in F anzunehmen. Er habe dazu seine Wohnung in der Mansfelder Straße gekündigt. Mit der Firma B E habe er einen unbefristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen. Für die Kammer spreche viel dafür, dass der zu diesem Zeitpunkt bereits fast 26-jährige Kläger, der bereits vor fünfeinhalb Jahren bei seiner Mutter ausgezogen gewesen sei und seitdem eine eigene Wohnung gehabt habe, quasi die Zelte hinter sich abgebrochen habe und sich für längere, wenn in Anbetracht der Ungewissheit die notwendigen Wartesemester nicht gar unbestimmte Zeit nach Frankreich begeben und dem dortigen Arbeitsmarkt zugewandt habe. Auch als er nach eineinhalb Jahren die Ablehnung für das Sommersemester 2008 erhalten habe, aus der sich ergeben habe, dass sich die voraussichtliche Wartezeit nicht adäquat verringert gehabt habe, sondern noch bei fünf Semestern bzw. zweieinhalb Jahren gelegen habe, habe sich der Kläger weiter entschieden - trotz der schweren Herzerkrankung des Vaters im Jahr 2007 - in Frankreich zu bleiben. Bei einem Arbeitnehmer, der eine Beschäftigung im Ausland zwar zur Überbrückung einer Wartezeit auf den Studienplatz, jedoch bereits von Anfang an für voraussichtlich drei Jahre - und damit von erheblicher Dauer - aufnehme und auch selbst bei absehbarer Verlängerung der zunächst erwarteten Wartezeit weiter verbleibe, könne unter den geschilderten Umständen nicht mehr davon ausgegangen werden, dass der Zweck der Auslandstätigkeit von vornherein fest begrenzt gewesen sei und sich in einem für diesen Zweck üblichen Rahmen gehalten habe. Der Umstand, dass der Kläger seine Sachen bei seinen Eltern untergestellt habe, habe die Kammer nicht zu überzeugen vermögen, dass er hierdurch und durch die behaupteten regelmäßigen Besuche derart enge Bindungen nach Deutschland beibehalten habe, die es rechtfertigten, ihn als unechten Grenzgänger einzustufen. Zudem sei nach Auffassung der Kammer der Fall des Klägers mit dem der Entscheidung "A B" des EuGH nicht vergleichbar. Dort habe die Klägerin ihren Wohnsitz unmittelbar nach der Eheschließung nach Deutschland verlegt, um hier mit ihrem Ehemann zu leben. In einem solchen Fall sei aufgrund der starken familiären Bindungen davon auszugehen, dass bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland bestünden. Soweit der Kläger vortrage, auch nach Deutschland zurückgekehrt zu sein, um die Beziehung zu seiner Freundin/Verlobten zu verbessern, habe dies das Gericht nicht überzeugen können. Die Kammer habe vielmehr den Eindruck gewonnen, dass der Kläger diesen Grund vorgeschoben habe. Wenn auch nicht zwingende Gründe, so aber doch Indizien seien hierfür gewesen zum einen der Umstand, dass der Kläger nach Rückkehr nicht zu seiner Verlobten, sondern zu seiner Mutter und seinem Stiefvater gezogen sei und danach eine Wohnung in der K-E-Straße allein bewohnt habe. Zum anderen sprächen auch die baldige Trennung und die Schilderung des Klägers über seine Besuche in Deutschland hiergegen.

Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 15. Juli 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. August 2013 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt, mit der er sein Begehren im Wesentlichen unter Bezugnahme auf seine Ausführungen im Widerspruchs- und Klageverfahren weiterverfolgt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Juni 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld für die Zeit vom 24. Februar 2010 bis 8. Mai 2011 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (Kundennummer), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist ohne weitere Zulassung nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 Euro übersteigt.

Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht Berlin hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 9. August 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2010 ist zulässig, jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld ab dem 25. Februar 2010.

Nach § 117 Abs. 1 SGB III in der hier anzuwendenden vom 1. Januar 2005 bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848 - a.F.) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld

1. bei Arbeitslosigkeit oder 2. bei beruflicher Weiterbildung.

Nach § 118 Abs. 1 SGB III in der hier anzuwendenden vom 1. Januar 2005 bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (a.F.) haben Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit Arbeitnehmer, die

1. arbeitslos sind, 2. sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und 3. die Anwartschaftszeit erfüllt haben.

Nach § 119 Abs. 1 SGB III in der hier anzuwendenden vom 1. Januar 2005 bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (a.F.) ist arbeitslos ist ein Arbeitnehmer, der

1. nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), 2. sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen) und 3. den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit).

Eine ehrenamtliche Betätigung schließt Arbeitslosigkeit nicht aus, wenn dadurch die berufliche Eingliederung des Arbeitslosen nicht beeinträchtigt wird (§ 119 Abs. 2 SGB III a.F.).

Die Ausübung einer Beschäftigung, selbständigen Tätigkeit oder Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger (Erwerbstätigkeit) schließt die Beschäftigungslosigkeit nicht aus, wenn die Arbeits- oder Tätigkeitszeit (Arbeitszeit) weniger als 15 Stunden wöchentlich umfasst; gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt. Die Arbeitszeiten mehrerer Erwerbstätigkeiten werden zusammengerechnet (§ 119 Abs. 3 SGB III a.F.).

Den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit steht gemäß § 119 Abs. 5 SGB III (a.F.) zur Verfügung, wer

1. eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf, 2. Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann, 3. bereit ist, jede Beschäftigung im Sinne der Nummer 1 anzunehmen und auszuüben und 4. bereit ist, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen.

Nimmt der Leistungsberechtigte an einer Maßnahme nach § 46 SGB III oder an einer Berufsfindung oder Arbeitserprobung im Sinne des Rechts der beruflichen Rehabilitation teil, leistet er vorübergehend zur Verhütung oder Beseitigung öffentlicher Notstände Dienste, die nicht auf einem Arbeitsverhältnis beruhen, übt er eine freie Arbeit im Sinne des Artikels 293 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch oder auf Grund einer Anordnung im Gnadenwege aus oder erbringt er gemeinnützige Leistungen oder Arbeitsleistungen nach den in Artikel 293 Abs. 3 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch genannten Vorschriften oder auf Grund deren entsprechender Anwendung, so schließt dies die nach § 120 Abs. 1 SGB III in der vom 1. Januar 2009 bis 31. März 2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21. Dezember 2008 (a.F. - BGBl. I S. 2917) Verfügbarkeit nicht aus.

Nach § 124a Abs. 1 SGB III in der hier anzuwendenden vom 1. Januar 2005 bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (a.F.) hat Anspruch auf Arbeitslosengeld auch ein Arbeitnehmer, der die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit allein wegen einer nach § 77 SGB III geförderten beruflichen Weiterbildung nicht erfüllt.

Nach § 123 Abs. 1 S. 1 SGB III in der hier anzuwendenden vom 1. August 2009 2002 bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch, zur Errichtung einer Versorgungsausgleichskasse und anderer Gesetze vom 15. Juli 2009 (BGBl. I S. 1939 a.F.) hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat

Nach § 124 Abs. 1 SGB III in der hier anzuwendenden vom 1. Januar 2005 bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (a.F.) beträgt die Rahmenfrist zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Rahmenfrist reicht nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hinein, in der der Arbeitslose eine Anwartschaftszeit erfüllt hatte (§ 124 Abs. 2 a.F.).

Der Kläger war zwar arbeitslos im Sinne von §§ 117 Abs. 1 Nr. 1, 118 Abs. 1, 119 Abs. 1 und 5 SGB III a.F., da er vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stand (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III a.F.) und bereit war, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (§ 119 Abs. 1 Nr. 2 SGB III a.F.). Denn nach den Angaben in seinem von ihm am 13. Februar 2010 unterschriebenen Antrag auf Arbeitslosengeld wollte er alle Möglichkeiten nutzen, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden und stand den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung. Verfügbarkeit bestand gemäß § 120 Abs. 1 SGB III a. F. auch für die Zeit der Teilnahme des Klägers an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung gemäß § 16 Abs. 1 SGB II in Verbindung mit § 46 Abs. 1 SGB III bei der Schildkröte GmbH vom 22. März 2010 bis zum 2. April 2010 (Zuweisung durch das Jobcenter Charlottenburg-Wilmersdorf mit Schreiben vom 5. März 2010) sowie gemäß § 124a Abs. 1 SGB III a.F. auch für die Zeit der Ausbildung zum Rettungsassistenten vom 3. Mai 2010 bis zum 21. April 2011 an der m B (gefördert vom Jobcenter Charlottenburg-Wilmersdorf -Bescheid vom 1. Juni 2010).

Der Kläger hatte sich ferner am 11. Februar 2010 mit Wirkung zum 25. Februar 2010 arbeitslos gemeldet.

Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, weil er die Anwartschaftszeit gemäß § 123 SGB III a.F. nicht erfüllt hatte.

Vorliegend reicht die zweijährige Rahmenfrist des § 124 Abs. 1 SGB III a.F. vom 25. Februar 2008 bis zum 24. Februar 2010. In diesem Zeitraum stand der Kläger nicht mindestens zwölf Monate (360 Tage) in einem Versicherungspflichtverhältnis.

In einem Versicherungspflichtverhältnis stehen gemäß § 24 Abs. 1 SGB III Personen, die als Beschäftigte oder aus sonstigen Gründen versicherungspflichtig sind. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III sind versicherungspflichtig Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt (versicherungspflichtige Beschäftigung) sind. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) diese Vorschrift ist gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB IV auch im Bereich der Arbeitsförderung anwendbar ist "Beschäftigung" die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

Vorliegend stand der Kläger während seiner Beschäftigung bei der Firma B E nicht in einem Versicherungspflichtverhältnis im oben genannten Sinne in Deutschland, sondern im Ausland, in Frankreich. Der Kläger war weder so genannter echter Grenzgänger im Sinne des Art. 1 Buchst. b EWG VO 1408/71 noch erfüllte er die Voraussetzungen des Art. 71 Abs. 1 Buchst. b) ii) EWG VO 1408/71. Der Senat hält die diesbezüglichen Ausführungen des Sozialgerichts für zutreffend und macht sie sich nach eigener Prüfung als ihn in vollem Umfang überzeugend zu eigen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Dies gilt auch im Hinblick auf die Ausführungen des Sozialgerichts zu dem Urteil des EuGH vom 22. September 1988 (C-236/87 "A B"), mit dem der EuGH für Recht erkannt hat (Tenor zitiert nach juris):

"1) Ein Arbeitnehmer, der während seiner letzten Beschäftigung seinen Wohnort in einen anderen Mitgliedstaat verlegt und nach dieser Verlegung nicht mehr in den Beschäftigungsstaat zurückkehrt, um dort seine Tätigkeit auszuüben, ist nicht als "Grenzgänger" im Sinne der Artikel 1 Buchstabe b und 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii der Verordnung Nr. 1408/71 anzusehen.

2) Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer ii der erwähnten Verordnung ist nicht ausschließlich auf die im Beschluss Nr. 94 der Verwaltungskommission der für die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer genannten Arbeitnehmergruppen anwendbar.

3) Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer ii der erwähnten Verordnung ist auf einen Arbeitnehmer anwendbar, der während seiner letzten Beschäftigung seinen Wohnort aus familiären Gründen in einen anderen Mitgliedstaat verlegt und nach dieser Verlegung nicht mehr in den Beschäftigungsstaat zurückkehrt, um dort seine Tätigkeit auszuüben."

Zwar hat der EuGH in diesem Urteil (vom 22. September 1988 - C-236/87 "Anna Bergemann") somit entschieden, dass die Regelung des Art. 71 Abs. 1 Buchst. b) ii) EWG VO 1408/71 auf den Fall einer Arbeitnehmerin anwendbar sei, die ihren Wohnort aus familiären Gründen, nämlich weil sie mit ihrem Ehemann und ihrem Kind zusammenleben wolle, in einen anderen Staat als im Beschäftigungsstand verlegt habe, denn unter diesen Umständen könne sie sicher eher im Wohnstaat als im Beschäftigungsstaat von den günstigsten Bedingungen für die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz profitieren (juris Ausdruck Rz.21).

Derartige im Sinne der Rechtsprechung des EuGH anerkennenswerte familiäre Gründe liegen jedoch, wie das Sozialgericht überzeugend ausführt, zur Überzeugung des Senats im Falle des Klägers nicht vor. Der Senat verweist diesbezüglich ebenfalls - und zwar auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Klägers zu seinen familiären Bindungen nach Deutschland im Berufungsverfahren - auf die überzeugenden Ausführungen des Sozialgerichts.

Die weiteren Ausführungen des Klägers im Berufungsverfahren, insbesondere in dessen Schriftsatz vom 2. Dezember 2013 sowie auch der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat am 9. April 2015, geben ebenfalls keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Die weiteren während des Berufungsverfahrens vom Kläger überreichten Unterlagen (Tätigkeiten in der Zeit vom 19. Juli 1999 bis zum 27. August 1999 als Reinigungskraft bei der GS B GmbH zu einem Bruttoverdienst von 1.959,75 DM [netto 1.505,01 DM], von Februar 2001 bis Juni 2001 als freiberuflicher Interviewer in dem Telefonstudio der E GmbH Bund von März 2004 bis zum 31. Juli 2004 als geringfügig Beschäftigter auf Stundenbasis bei E H NH B) widerlegen sogar die vom Kläger insbesondere dessen Schriftsatz vom 28. April 2014 aufgestellten Behauptungen, dass er "bisher bereits in erheblichem Umfang in Deutschland erwerbstätig war und auch bereits in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hatte". Der Kläger war hiernach in Deutschland einzig im Jahre 1999 für etwa sechs Wochen versicherungspflichtig beschäftigt, ansonsten handelte es sich nach den übersandten Unterlagen ausschließlich um kurzfristige versicherungsfreie Beschäftigungen während seiner Schulzeit. Der Kläger war zudem vor der Arbeitslosmeldung im Februar 2010 etwa fünfeinhalb Jahre überhaupt nicht in Deutschland beschäftigt. Auch nach der Rückkehr aus Frankreich war er bis zu seiner Arbeitslosmeldung am 25. Februar 2010 nicht in Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt.

Wenn der EuGH schließlich ausführt, die durch diese Vorschrift (Art. 71 Abs. 1 Buchst. b) ii) EWG VO 1408/71) "eröffnete Möglichkeit, Leistungen bei Arbeitslosigkeit nicht im letzten Beschäftigungsstaat, sondern im Wohnstaat zu erhalten, ist nämlich bei einzelnen Gruppen von Arbeitnehmern gerechtfertigt, die enge - insbesondere persönliche und berufliche - Bindungen zu dem Land haben, indem sie sich niedergelassen haben und gewöhnlich aufhalten und denen deshalb in diesem Staat auch die besten Chancen für eine berufliche Wiedereingliederung gewährt werden müssen" (Leitsatz 2 des Urteils vom 22. September 1988 - C-236/87 " B" - zitiert nach juris), so lagen im Falle des Klägers weder derartige persönliche (familiäre - vergleiche Ausführungen oben) noch berufliche Bindungen vor. Der berufliche Werdegang des Klägers bis zur Arbeitslosmeldung im Februar 2010 hat keine erkennbare Beziehung zum deutschen Arbeitsmarkt. Der Senat verweist diesbezüglich auf den - zeitlich nach dem Urteil des EuGH vom 22. September 1988 (C-236/87 "Anna Bergemann") ergangenen - Beschluss Nr. 160 vom 28. November 1995 der Verwaltungskommission der Europäischen Gemeinschaften für die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer zum Geltungsbereich des Art. 71 Abs. 1 Buchst. b) ii) EWG VO 1408/71 (Beschluss veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 049 vom 28. Februar 1996 S. 0031-0033):

"Beschluss Nr. 160 vom 28. November 1995 zum Geltungsbereich des Artikels 71 Absatz 1 Buchstabe b) Ziffer ii) der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates im Zusammenhang mit dem Anspruch auf Leistungen wegen Arbeitslosigkeit bei anderen Arbeitnehmern als Grenzgängern, die während ihrer letzten Beschäftigung im Gebiet eines anderen als des zuständigen Mitgliedstaats gewohnt haben (96/172/EG) DIE VERWALTUNGSKOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN FÜR DIE SOZIALE SICHERHEIT DER WANDERARBEITNEHMER -

BESCHLIESST:

Außer für Saisonarbeiter gilt Art. 71 Abs. 1 Buchst. b) Ziff. ii) der VO insbesondere für

a. die in Art. 13 Abs. 2 Buchst. c) der genannten VO erfassten Arbeitnehmer

b. die in Art. 14 Abs. 2 Buchst a) der genannten VO erfassten Arbeitnehmer im internationalen Verkehrswesen

c. die in Art. 14 Abs. 2 Buchst b) erfassten nicht im internationalen Verkehrswesen beschäftigten Arbeitnehmer, die ihre Tätigkeit gewöhnlich im Gebiet mehrerer Mitgliedsstaaten ausüben

d. die in Art. 14 Abs. 3 erfassten Arbeitnehmer, die in einem Grenzbetrieb beschäftigt sind

e. die in Art. 16 Abs. 2 der genannten VO erfassten Arbeitnehmer, Mitglieder des Geschäftspersonals der diplomatischen Vertretungen oder konsularischen Dienststellen und privaten Hausangestellten im Dienst von Angehörigen dieser Vertretungen oder Dienststellen

f. die Arbeitnehmer, für die eine Vereinbarung nach Art. 17 der genannten Verordnung gilt, sofern sie während ihrer letzten Beschäftigung in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedsstaat wohnten."

Der Senat verweist diesbezüglich auf die Ausführungen des Landessozialgerichts Hamburg, welches unter Hinweis auf den genannten Beschluss Nr. 160 der Verwaltungskommission vom 28. November 1995 zur Überzeugung des erkennenden Senates mit Urteil vom 15. Februar 2012 (L 2 AL 31/10 - zitiert nach juris Rz. 25-28) zutreffend ausführt:

" Diese (die Verwaltungskommission) geht von der Erwägung aus, dass der Übergang der Kosten der Leistungen bei Arbeitslosigkeit vom zuständigen Land auf das Wohnland wohl angemessen sei bei Grenzgängern, Saisonarbeitern und einzelnen Gruppen, die die gleichen engen Bindungen zu ihrem Heimatland beibehalten, nicht aber, wenn man durch eine allzu großzügige Auslegung des Wohnbegriffs schließlich alle Wanderarbeitnehmer mit einigermaßen fester Beschäftigung in einem Mitgliedsstaat, die ihre Familien im Heimatland zurückgelassen haben, in den Geltungsbereich des Art. 71 der VO (EWG) 1408/71 einbezöge "

Der Kläger gehört somit auch unter Berücksichtigung der genannten Erwägungen der Verwaltungskommission nicht zu den durch deren Interpretation begünstigten Arbeitnehmern; das Erwerbsleben des Klägers wies bis zur Aufnahme der Beschäftigung in Frankreich im Jahre 2006 und während dieser Beschäftigung bis 2010 keine vergleichbar enge Beziehung nach Deutschland und zum deutschen Arbeitsmarkt auf.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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