Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 2798/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 88/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18.09.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit von der Beklagten.
Der Kläger ist am 29.09.1957 geboren und gelernter Elektroinstallateur. Nach versicherungspflichtiger Beschäftigung in Deutschland von 1976 bis 21.02.1986 war er vom 01.03.1986 bis 31.03.2008 in der Schweiz beschäftigt, zuletzt als bauleitender Elektromonteur. Vom 01.04.2008 bis 31.12.2010 sind Pflichtbeitragszeiten wegen des Bezugs von Krankengeld, Arbeitslosengeld und Arbeitslosengeld II gespeichert, der Bezug von Arbeitslosengeld II endete zum 31.07.2011. Von August 2011 bis einschließlich September 2013 war der Kläger nicht arbeitsuchend gemeldet, erst seit Oktober 2013 bezieht er wieder durchgehend Arbeitslosengeld II. Ein Grad der Behinderung von 40 ist seit 10.03.2009 anerkannt (Bescheid vom 28.07.2009). Eine Invalidenrente nach schweizerischem Recht wurde mit Verfügung vom 03.03.2010 der Zentralen Ausgleichsstelle des Eidgenössischen Finanzdepartements abgelehnt.
Am 24.06.2009 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und begründete dies mit Bandscheibenschäden, Arthrose und Bluthochdruck.
Die Beklagte zog ärztliche Unterlagen bei und ließ den Kläger durch den Allgemeinmediziner Dr. H. ambulant untersuchen und begutachten. Mit Gutachten vom 20.07.2009 stellte Dr. H. folgende Gesundheitsstörungen fest: Adipositas mit Belastbarkeitsminderung, schwere obstruktive Schlafapnoe, Wirbelsäulensyndrom, chronische Lumboischialgie rechtsbetont, L5-Syndrom rechts, Bandscheibenprolaps L 4/5, vorbeschriebene Dysthymie und depressive Episode, Gonarthrose rechts, Hypertonie. Überwiegend leichte Arbeiten seien mindestens 6-stündig möglich. Mit Bescheid vom 30.07.2009 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab.
Hiergegen erhob der Kläger am 19.08.2009 Widerspruch. Wegen seiner Bandscheiben- und Knieprobleme könne er nicht mehr arbeiten. Wegen Depressionen werde er einen Nervenarzt aufsuchen und außerdem müsse er an der rechten Hand wegen eines Carpaltunnelsyndroms operiert werden. Die Beklagte zog weitere Befundberichte bei und holte eine Stellungnahme ihres beratungsärztlichen Dienstes ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 09.06.2010 wies sie den Widerspruch zurück. Volle bzw teilweise Erwerbsminderung liege nicht vor. Der Kläger sei auch nicht berufsunfähig. Aufgrund der zuletzt verrichteten Tätigkeit sei er als Vorarbeiter bzw besonders hoch qualifizierter Facharbeiter anzusehen. Er könne jedoch auf eine Tätigkeit als Reparaturelektriker verwiesen werden.
Hiergegen hat der Kläger am 06.07.2010 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung behandelnder Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen. Die Hausärztin Dr. Z. hat ihre Patientenkartei übersandt; sie habe nur Überweisungen ausgestellt. In einem vorgelegten Befund der Paracelsus-Klinik K. vom 12.04.2010 wird von einer anhaltenden, guten Sanierung der schweren obstruktiven Schlafapnoe unter CPAP-Therapie berichtet. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. hat mit Schreiben vom 16.11.2010 mitgeteilt, er halte den Kläger für in der Lage, einer leichten Tätigkeit mindestens 6 Stunden täglich nachzugehen. Im Behandlungszeitraum August 2009 bis April 2010 habe sich eine leichte Besserung und Stabilisierung ergeben. Der Orthopäde Dr. K. hat den Kläger nur am 13.07.2010 untersucht, er hält eine sechsstündige Erwerbstätigkeit für möglich (Schreiben vom 16.11.2010). Der Facharzt für Psychiatrie M. hat mit Schreiben vom 31.01.2011 berichtet, dass Arbeitsfähigkeit nicht bestehe bei mittelgradiger depressiver Episode. Das SG hat zusätzlich ein orthopädisches Gutachten bei Dr. M. eingeholt. Dieser hat im Gutachten vom 20.04.2011 erhebliche Funktionsstörungen der LWS bei degenerativen Veränderungen, Belastungsminderung beider Knie- und Hüftgelenke bei degenerativen Veränderungen, Funktionsstörung der HWS ohne Wurzelreiz und Adipositas (BMI 45) festgestellt. Leichte Tätigkeiten seien sechs und mehr Stunden zumutbar.
Das SG hat den Bericht über die stationäre Behandlung des Klägers in der L.-Klinik Bad D. vom 21.06 bis 02.08.2011 beigezogen und sodann ein nervenärztliches Gutachten bei Dr. N. eingeholt. Im Gutachten vom 15.02.2012 stellt dieser folgende Diagnosen: chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, rezidivierende depressive Störung, derzeit remittiert, schädlicher Gebrauch von Alkohol, derzeit abstinent, Schlafapnoesyndrom, LWS-Funktionsstörung ohne radikuläre Reizung. Im Vordergrund stünden derzeit LWS- und Kniebeschwerden. Leichte Tätigkeit seien mindestens sechs Stunden täglich möglich. Desweiteren hat das SG die Auskunft des Fachverbandes für Elektro- und Informationstechnik Baden-Württemberg vom 13.04.2012 eingeholt.
Mit Urteil vom 18.09.2012 hat das SG sodann die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger erfülle nicht die Voraussetzungen einer Erwerbsminderungsrente. Seinen bisherigen Beruf könne er nicht mehr ausüben. Als unstreitig besonders hoch qualifizierter Facharbeiter könne er auf die Tätigkeit eines Reparaturelektrikers für Kleingeräte verwiesen werden. Es handele sich um eine Tätigkeit auf Facharbeiterebene. Der Kläger werde nicht auf das gesamte Spektrum dieser Tätigkeitsbeschreibung, sondern nur auf Reparaturarbeiten an Elektrokleingeräten verwiesen. Es handele sich um einen typisierend beschriebenen Arbeitsplatz, der laut Auskunft der Fachverbandes Elektro- und Informationstechnik Baden-Württemberg durch Elektroinstallateure, Elektroniker, Radio- und Fernsehtechniker, Bürosystemtechniker, Informationselektroniker, mithin von Facharbeitern ausgeübt werde. Die Tätigkeit sei dem Kläger sozial zumutbar. Als gelernter Elektroinstallateur könne er sich die Fähigkeiten für diese Tätigkeit auch innerhalb von drei Monaten aneignen. Der beschriebene Arbeitsplatz als Reparaturelektriker für Kleingeräte sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang vorhanden, wie sich aus dem von der Beklagten vorgelegten Gutachten der berufskundlichen Sachverständigen J. aus dem Jahr 2000 ergebe. Deren Ausführungen seien nicht überholt, wie sich aus den weiteren Ermittlungen und den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen ergebe. Der bundesweit agierende Media-Markt biete einen Reparaturservice für Kleingeräte an. Bei Markengeräten aus dem Fachhandel bestehe die Möglichkeit zur Rückgabe zur Reparatur direkt an den Hersteller (zB Bosch, Siemens, AEG). Es existierten auch aktuelle Stellenangebote für Elektroniker für die Reparatur von Elektro-Kleingeräten. Die Tätigkeit sei auch gesundheitlich zumutbar. Der Kläger leide auf orthopädischem Gebiet an einer erheblichen Funktionsstörung der LWS, einer Belastungsminderung der Knie- und Hüftgelenke, einer Funktionsstörung der HWS und Adipositas. Zudem bestehe eine chronische Schmerzstörung, eine rezidivierende depressive Störung, derzeit remittiert, schädlicher Gebrauch von Alkohol, derzeit abstinent und ein Schlafapnoe-Syndrom. Aus den schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten von Dr. M. und Dr. N. ergebe sich, dass der Kläger noch leichte körperliche Arbeiten ohne häufiges Bücken, nicht auf Leitern oder Gerüsten oder in knieender und hockender Position verrichten könne. Diese qualitativen Einschränkungen stünden der Tätigkeit als Reparaturelektriker nicht entgegen. Es handele sich um leichte Arbeiten, die meist im Sitzen oder im Wechsel zwischen Sitzen und Stehen und gelegentlichem Gehen verrichtet werden. Da der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich derartige Arbeiten verrichten könne, bestehe auch keine Leistungsminderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Gegen das seiner Prozessbevollmächtigten am 06.12.2012 zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 07.01.2013 (Montag) Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Es lägen zumindest die Voraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vor. Als bauleitender Elektromonteur bzw Elektroinstallateur könne der Kläger nicht mehr arbeiten. Er sei unstreitig als besonders hoch qualifizierter Facharbeiter anzusehen. Der Beruf des Reparaturelektrikers sei dem Fachverband für Elektro- und Informationstechnik Baden-Württemberg nicht bekannt, woraus sich ergebe, dass dieser nicht existiere und in der Praxis nicht vorkomme. Für die Reparatur von Kleingeräten wie Kaffeevollautomaten, Bügeleisen oä sei eine Ausbildung als Elektroniker erforderlich, der Kläger sei aber Elektriker. Aus fachlichen Gründen könne er daher die Tätigkeit nicht ausüben. Der Entlassbericht der Fachklinik R. (Alkoholentwöhnung vom 18.06.2013 bis 10.09.2013) gehe zwar von einer Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aus, jedoch zumindest bis zur Durchführung bestehe für mehr als sechs Monate Erwerbsminderung, so dass zumindest eine befristete Rente zu gewähren sei. Die Auffassung im Entlassbericht werde vom Kläger zudem nicht geteilt. Hierzu hat er zahlreiche weitere Arztberichte und Behandlungsübersichten vorgelegt und ergänzend vorgetragen, er befinde sich seit September 2014 wegen schwerer Schlafstörungen und Neuropathie in beiden Beinen bei Dr. D. in Behandlung. Im Oktober 2014 habe er sich einen Innenmeniskusanriss des linken Knies zugezogen mit anschließender Operation und noch fortdauernder Krankschreibung.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18.09.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 30.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.06.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung ab dem 01.06.2009 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide und die Ausführungen des SG Bezug und verweist auf eine Stellungnahme ihres beratungsärztlichen Dienstes vom 16.01.2015.
Der Senat hat berufskundliche Ermittlungen durch weitere Anfragen an den Fachverband Elektro- und Informationstechnik Baden-Württemberg durchgeführt. Dieser hat mit Schreiben vom 03.04.2013 mitgeteilt, mit einer Ausbildung im Elektrohandwerk sei ein Geselle in der Lage, Servicetätigkeiten und Reparaturen von Elektrokleingeräten vorzunehmen, eine weitere Elektronikausbildung sei nicht erforderlich. Gesellen sollten nach kurzer Einarbeitung in der Lage sein, die genannten Tätigkeiten zu erbringen, da es sich überwiegend um wiederholende Prozesse handele. Mit weiterem Schreiben vom 05.12.2013 hat der Fachverband ausgeführt, dass die Servicetätigkeiten Elektrokleingeräte idR kein Bewegen von Lasten über 5 bis 8 kg erfordere, Ausnahmen könnten besondere Modelle von Kaffeevollautomaten sein. Die Tätigkeit könne im Wechsel zwischen überwiegend sitzend, zeitweise stehend und gehend ausgeführt werden.
Ergänzend hat der Senat die behandelnden Ärzte Dr. D., Dr. S. und Dr. L. als sachverständigen Zeugen befragt. Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. D. hat mit Schreiben vom 04.11.2013 darauf hingewiesen, dass sich der Kläger nur einmalig am 16.10.2013 vorgestellt habe. Der Orthopäde Dr. S. berichtet über Dorsolumbalgie, Gonalgie und Coxalgie beidseits sowie Arthralgien nächtlich in beiden Füßen; eine Änderung im Gesundheitszustand des Klägers sei nicht eingetreten (Schreiben vom 24.11.2013). Dr. L. hat mit Schreiben vom 17.09.2014 die in der Praxis zwischen 1998 und 12.05.2014 erhobenen Befunde mitgeteilt. Er hält den Kläger für in der Lage, leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs 1 SGG) und statthafte (§ 143 SGG) Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bzw auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3).
Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt.
Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Der Kläger kann zur Überzeugung des Senats unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes täglich noch mindestens sechs Stunden arbeiten und ist deshalb nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs 3 SGB VI). Diese Überzeugung schöpft der Senat insbesondere aus den nachvollziehbaren und plausiblen Sachverständigengutachten von Dr. M. vom 20.04.2011 und von Dr. N. vom 15.02.2012 sowie dem Entlassungsbericht der Fachklinik R. vom 24.09.2013.
Dr. M. hat auf orthopädischem Gebiet folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: • erhebliche Funktionsstörung der LWS bei mehretageren degenerativen Veränderungen, derzeit ohne Wurzelreiz, pseudoradikuläres Schmerzsyndrom • Belastungsminderung beider Knie- und Hüftgelenke bei altersvorauseilenden degenerativen Veränderungen, derzeit entzündlicher Reizzustand linkes Knie • Funktionsstörung der HWS ohne Wurzelreiz • Adipositas, BMI 45 Der behandelnde Orthopäde Dr. S. hat im November 2013 ebenfalls über Dorsolumbalgien, Gonalgien und Coxalgien berichtet sowie nächtlich Arthralgien der Füße. Aus dem vorgelegten Arztbrief des Chirurgen Dr. R. vom 30.04.2014 ist eine AC-Gelenksarthrose (linke Schulter) zu entnehmen. Im November 2014 wurde der Kläger zudem im Kreiskrankenhaus R. arthroskopiert mit Innenmeniskusteilresektion (linkes Knie). Im Nachbehandlungsschema war ein Übergang zur Vollbelastung ab dem 3./4. postoperativen Tag vorgesehen, Arbeitsunfähigkeit wurde von Dr. R. jedoch noch im Januar 2015 bescheinigt.
Aufgrund der orthopädischen Erkrankungen sind nicht mehr zumutbar: ständiges Heben und Tragen von Lasten über 5 kg, Wirbelsäulenzwangshaltungen, häufiges Bücken, einseitige Körperhaltungen, Arbeiten auf Leitern, ständiges Treppensteigen, Arbeiten in knieender oder hockender Position. Unter Berücksichtigung dieser qualitativen Einschränkungen sind leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich zumutbar, wie sich aus den überzeugenden Ausführungen von Dr. M. ergibt. Diese Einschätzung wird auch von behandelnden Orthopäden geteilt, soweit sie sich zur beruflichen Leistungsfähigkeit geäußert haben wie Dr. K ... Änderungen des Gesundheitszustands des Klägers auf orthopädischem Gebiet sind jedenfalls bis Ende 2013 nicht eingetreten, wie Dr. S. in seinem Schreiben vom 24.11.2013 mitgeteilt hat. Infolge der Innenmeniskusteilresektion im November 2014 sind über die bisher vorliegenden Einschränkungen hinausgehende weitere dauerhafte Beeinträchtigungen nicht zu erwarten, wie aus dem Arztbrief von Prof. Dr. E., Kreiskrankenhaus R. vom 26.11.2014 zu entnehmen ist.
Dr. N. hat in seinem neurologisch-psychiatrischen Gutachten folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: • Adipositas Grad III • erhöhter Blutdruck mit 180/100 mmHg • LWS-Funktionsstörung mit Fingerbodenabstand von 30 cm • Sensibilitätsstörungen im Bereich des linken kleinen Fingers • themenabhängige und zeitweise verbitterte leichtgradige depressive Stimmungsauslenkung ohne Zeichen einer tiefergehenden depressiven oder Angststörung und ohne Antriebsstörung.
Möglich sind mit diesen Gesundheitsstörungen nach den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen von Dr. N. leichte körperliche Arbeiten unter Berücksichtigung der sich aus den orthopädischen Leiden ergebenden qualitativen Einschränkungen. Bei der Untersuchung hat Dr. N. keinerlei kognitive Störungen oder Antriebsstörungen feststellen können. Die früher aufgetretene rezidivierende depressive Störung in mittelgradiger Ausprägung war remittiert. Die 2011 aufgetretene depressive Symptomatik konnte schon durch die stationäre Behandlung in der L.-Klinik Bad D. vom 21.06. bis 02.08.2011 rasch gebessert werden, wie sich aus dem Entlassungsbericht vom 05.08.2011 entnehmen lässt. Auch nachfolgend bestehen keine Anhaltspunkte für eine dauerhafte Verschlechterung der depressiven Symptomatik. So hat Dr. D. im Herbst 2013 lediglich eine Dysthymie diagnostiziert, wie sich aus seiner Auskunft vom 04.11.2013 ergibt. Dies entspricht auch der Beurteilung im Reha-Entlassungsbericht der Fachklinik R ... Dort wird im psychischen Befund der Kläger als bewusstseinsklar und allseits orientiert, ohne formale oder inhaltliche Denkstörungen, ohne Gedächtnisstörungen, mit regelrechter Auffassung und Konzentrationsfähigkeit, guter affektiver Schwingungsfähigkeit und ohne Anhalt für depressive Verstimmung beschrieben.
Im Entlassungsbericht der Fachklinik R. vom 24.09.2013 – Kostenträger für die vom 18.06. bis 10.09.2013 durchgeführte Reha-Maßnahme war die Beklagte - werden folgende Diagnosen aufgeführt: Alkoholabhängigkeit, abklingende Fettleberhepatitis, sensible äthyltoxische Polyneuropathie der unteren Extremitäten, Dysthymie mit Restsymptomatik, Zn zwei depressiven Episoden, Schlafapnoesyndrom, CPAP behandelt. In der Leistungsbeurteilung werden leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung für mindestens sechs Stunden täglich zumutbar gehalten. Neben den bereits bekannten qualitativen Einschränkungen aus orthopädischen Gründen wird zusätzlich gefordert eine Tätigkeit außerhalb von Gefahrenbereichen und ohne Griffnähe zu Suchtmitteln, ausschließlich in Tagesschicht und ohne Exposition von Nässe, Zugluft, extrem schwankenden Temperaturen, inhalativen Belastungen oder Tätigkeiten mit Erschütterung und Vibration. Seit dem 26.05.2013 bestand Abstinenz, nachdem der Kläger vom 26. bis 30.05.2013 bei alkoholtoxischer Hepatopathie zur Entgiftung im Krankenhaus L. behandelt werden musste. Vom 20.03.2013 bis 28.03.2014 hatte der Kläger auch regelmäßigen Kontakt zur Fachstelle Sucht L. (Frau S.). Aus der Alkoholerkrankung ergeben sich daher lediglich qualitative, nicht aber quantitative Einschränkungen. Die Einschätzung der Fachklinik R. stellt sich für den Senat als besonders überzeugend dar, weil sie auf einer knapp dreimonatigen Beobachtung basiert und auch Erkenntnisse aus der durchgeführten Arbeitstherapie einbezieht. Für eine mögliche Leberfibrose bzw beginnende Leberzirrhose (Stadium CHILD A) wurde eine günstige Prognose bei anhaltender Abstinenz gestellt. Im Belastungs-EKG war der Kläger sogar bis 125 Watt belastbar, was einer mittelschweren Tätigkeit entspricht.
Insgesamt war der Kläger zur Überzeugung des Senats nach alledem im gesamten Zeitraum ab dem 01.06.2009 bis zum heutigen Tage nicht dauerhaft eingeschränkt, durchgehend mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein. Insgesamt bedingen die Gesundheitsstörungen im gesamten Prüfungszeitraum zwar qualitative Einschränkungen. Aus medizinischer Sicht besteht insoweit die völlig einhellige Auffassung, dass der Kläger schon wegen der orthopädischen Beschwerden keine Tätigkeit als Elektroinstallateur oder bauleitender Elektromonteur mehr ausüben kann. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sind aber unter Beachtung dieser Einschränkungen, wie aufgezeigt, im gesamten Prüfungszeitraum mindestens sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche möglich.
Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend in der Person des Klägers eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre bestehen nicht, ein großer Teil der qualitativen Beschränkungen wird bereits durch den Umstand, dass nur leichte Arbeiten zumutbar sind, mitberücksichtigt. Darüber hinausgehende Einschränkungen wie Tätigkeiten ausschließlich in Tagschicht, ohne Einfluss ungünstiger Witterungsverhältnisse, inhalative Noxen oder Nähe zu Suchtmitteln schränken den in Betracht kommenden Arbeitsmarkt nicht wesentlich ein. Schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSG 30.11.1983, 5a RKn 28/82, BSGE 56, 64, SozR 2200 § 1246 Nr 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19.12.1996, BSGE 80, 24, SozR 3-2600 § 44 Nr 8; siehe auch BSG 05.10.2005, B 5 RJ 6/05 R, SozR 4-2600 § 43 Nr 5).
Die Wegefähigkeit ist ebenfalls gegeben. Der Kläger ist in der Lage, täglich viermal eine Wegstrecke von 500 Metern innerhalb von jeweils 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen sowie öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten zweimal am Tag zu benutzen. Dies geht aus dem orthopädischen Gutachten von Dr. M. hervor. Die dort erhobenen Befunde haben keine Einschränkung der Wegefähigkeit erbracht. Bestätigt wird dies durch die Ausführungen im Reha-Entlassungsbericht der Fachklinik R., in dem ausdrücklich festgehalten wird, dass der Kläger in der Lage ist, viermal täglich einen Fußweg von 500 m jeweils unter 20 Minuten zurückzulegen.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI. Voraussetzung eines solchen Rentenanspruchs ist (vgl § 240 SGB VI), dass er vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist. Der Kläger ist 1957 und damit vor dem Stichtag geboren, er ist jedoch nicht berufsunfähig. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs 2 Satz 1 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 240 Abs 2 Satz 2 SGB VI). Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind (§ 240 Abs 2 Satz 3 SGB VI). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs 2 Satz 4 SGB VI). Im Rahmen der Beurteilung, ob einem Versicherten eine Tätigkeit iSd § 240 Abs 2 Sätze 2 bis 4 SGB VI sozial zumutbar sind, kann ein Versicherter auf eine Tätigkeit derselben Stufe bzw auf Tätigkeiten jeweils nächstniedrigeren Stufe verwiesen werden (zum Stufenschema des BSG vgl BSG 22.10.1996, 13 RJ 35/96, SozR 3-2200 § 1246 Nr 55; BSG 18.02.1998, B 5 RJ 34/97 R, SozR 3-2200 § 1246 Nr 61, jeweils mwN).
Zwar ist dem Kläger die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als bauleitender Elektromonteur nicht mehr zumutbar. Der als besonders qualifizierter Facharbeiter einzustufende Kläger kann jedoch zur Überzeugung des Senats auf die Tätigkeit eines Reparaturelektrikers für Kleingeräte verwiesen werden. Dabei handelt es sich um einen Teilbereich der Tätigkeit als Kundendienstmonteur/-techniker bzw Servicemonteur/-techniker. Tätigkeiten als Reparaturelektriker für Kleingeräte existieren auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in ausreichendem Umfang, wie das SG zutreffend festgestellt hat. Auf dessen Ausführungen wird insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen (§ 153 Abs 2 SGG). Insbesondere unterhalten Markenhersteller von Elektrokleingeräten zentrale Reparaturstellen, aber auch bundesweit tätige Fachmärkte für Elektrogeräte. Die Tätigkeit ist dem Kläger auch sozial zumutbar, denn nach der vom SG eingeholten Auskunft des Fachverbandes Elektro- und Informationstechnik Baden-Württemberg handelt es sich um eine Tätigkeit, die von Facharbeitern ausgeübt wird.
Die Tätigkeit, die Servicetätigkeiten und Reparaturarbeiten an Elektrokleingeräten umfasst, ist eine körperlich leichte Tätigkeit, kann im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und zeitweise Stehen ausgeführt werden und fordert weder Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten, häufiges Treppensteigen, Knien oder Hocken, noch besteht eine Belastung durch ungünstige Witterungsverhältnisse oder inhalative Noxen. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus der Auskunft des Fachverbandes Elektro- und Informationstechnik Baden-Württemberg vom 05.12.2013. Die Tätigkeit ist von den körperlichen Anforderungen daher mit den oben festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen vereinbar und dem Kläger zumutbar. Die für die Tätigkeit als Reparaturelektriker erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse kann der Kläger aufgrund seiner Ausbildung als Elektroinstallateur in einer kurzen Einarbeitungszeit und damit innerhalb von längstens drei Monaten erwerben. Entgegen der Auffassung des Klägers ist insbesondere keine weitere Elektronikausbildung erforderlich. Dies ergibt sich aus der Auskunft des Fachverbandes für Elektro- und Informationstechnik Baden-Württemberg vom 03.04.2013.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Gutachten und sonstigen umfangreichen medizinischen Unterlagen bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Die vorliegenden Gutachten von Dr. M. und Dr. N. sowie der Entlassungsbericht der Fachklinik R. haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 ZPO). Die Gutachten gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthalten keine unlösbaren inhaltlichen Widersprüche und geben auch keinen Anlass, an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachter zu zweifeln; weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit von der Beklagten.
Der Kläger ist am 29.09.1957 geboren und gelernter Elektroinstallateur. Nach versicherungspflichtiger Beschäftigung in Deutschland von 1976 bis 21.02.1986 war er vom 01.03.1986 bis 31.03.2008 in der Schweiz beschäftigt, zuletzt als bauleitender Elektromonteur. Vom 01.04.2008 bis 31.12.2010 sind Pflichtbeitragszeiten wegen des Bezugs von Krankengeld, Arbeitslosengeld und Arbeitslosengeld II gespeichert, der Bezug von Arbeitslosengeld II endete zum 31.07.2011. Von August 2011 bis einschließlich September 2013 war der Kläger nicht arbeitsuchend gemeldet, erst seit Oktober 2013 bezieht er wieder durchgehend Arbeitslosengeld II. Ein Grad der Behinderung von 40 ist seit 10.03.2009 anerkannt (Bescheid vom 28.07.2009). Eine Invalidenrente nach schweizerischem Recht wurde mit Verfügung vom 03.03.2010 der Zentralen Ausgleichsstelle des Eidgenössischen Finanzdepartements abgelehnt.
Am 24.06.2009 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und begründete dies mit Bandscheibenschäden, Arthrose und Bluthochdruck.
Die Beklagte zog ärztliche Unterlagen bei und ließ den Kläger durch den Allgemeinmediziner Dr. H. ambulant untersuchen und begutachten. Mit Gutachten vom 20.07.2009 stellte Dr. H. folgende Gesundheitsstörungen fest: Adipositas mit Belastbarkeitsminderung, schwere obstruktive Schlafapnoe, Wirbelsäulensyndrom, chronische Lumboischialgie rechtsbetont, L5-Syndrom rechts, Bandscheibenprolaps L 4/5, vorbeschriebene Dysthymie und depressive Episode, Gonarthrose rechts, Hypertonie. Überwiegend leichte Arbeiten seien mindestens 6-stündig möglich. Mit Bescheid vom 30.07.2009 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab.
Hiergegen erhob der Kläger am 19.08.2009 Widerspruch. Wegen seiner Bandscheiben- und Knieprobleme könne er nicht mehr arbeiten. Wegen Depressionen werde er einen Nervenarzt aufsuchen und außerdem müsse er an der rechten Hand wegen eines Carpaltunnelsyndroms operiert werden. Die Beklagte zog weitere Befundberichte bei und holte eine Stellungnahme ihres beratungsärztlichen Dienstes ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 09.06.2010 wies sie den Widerspruch zurück. Volle bzw teilweise Erwerbsminderung liege nicht vor. Der Kläger sei auch nicht berufsunfähig. Aufgrund der zuletzt verrichteten Tätigkeit sei er als Vorarbeiter bzw besonders hoch qualifizierter Facharbeiter anzusehen. Er könne jedoch auf eine Tätigkeit als Reparaturelektriker verwiesen werden.
Hiergegen hat der Kläger am 06.07.2010 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung behandelnder Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen. Die Hausärztin Dr. Z. hat ihre Patientenkartei übersandt; sie habe nur Überweisungen ausgestellt. In einem vorgelegten Befund der Paracelsus-Klinik K. vom 12.04.2010 wird von einer anhaltenden, guten Sanierung der schweren obstruktiven Schlafapnoe unter CPAP-Therapie berichtet. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. hat mit Schreiben vom 16.11.2010 mitgeteilt, er halte den Kläger für in der Lage, einer leichten Tätigkeit mindestens 6 Stunden täglich nachzugehen. Im Behandlungszeitraum August 2009 bis April 2010 habe sich eine leichte Besserung und Stabilisierung ergeben. Der Orthopäde Dr. K. hat den Kläger nur am 13.07.2010 untersucht, er hält eine sechsstündige Erwerbstätigkeit für möglich (Schreiben vom 16.11.2010). Der Facharzt für Psychiatrie M. hat mit Schreiben vom 31.01.2011 berichtet, dass Arbeitsfähigkeit nicht bestehe bei mittelgradiger depressiver Episode. Das SG hat zusätzlich ein orthopädisches Gutachten bei Dr. M. eingeholt. Dieser hat im Gutachten vom 20.04.2011 erhebliche Funktionsstörungen der LWS bei degenerativen Veränderungen, Belastungsminderung beider Knie- und Hüftgelenke bei degenerativen Veränderungen, Funktionsstörung der HWS ohne Wurzelreiz und Adipositas (BMI 45) festgestellt. Leichte Tätigkeiten seien sechs und mehr Stunden zumutbar.
Das SG hat den Bericht über die stationäre Behandlung des Klägers in der L.-Klinik Bad D. vom 21.06 bis 02.08.2011 beigezogen und sodann ein nervenärztliches Gutachten bei Dr. N. eingeholt. Im Gutachten vom 15.02.2012 stellt dieser folgende Diagnosen: chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, rezidivierende depressive Störung, derzeit remittiert, schädlicher Gebrauch von Alkohol, derzeit abstinent, Schlafapnoesyndrom, LWS-Funktionsstörung ohne radikuläre Reizung. Im Vordergrund stünden derzeit LWS- und Kniebeschwerden. Leichte Tätigkeit seien mindestens sechs Stunden täglich möglich. Desweiteren hat das SG die Auskunft des Fachverbandes für Elektro- und Informationstechnik Baden-Württemberg vom 13.04.2012 eingeholt.
Mit Urteil vom 18.09.2012 hat das SG sodann die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger erfülle nicht die Voraussetzungen einer Erwerbsminderungsrente. Seinen bisherigen Beruf könne er nicht mehr ausüben. Als unstreitig besonders hoch qualifizierter Facharbeiter könne er auf die Tätigkeit eines Reparaturelektrikers für Kleingeräte verwiesen werden. Es handele sich um eine Tätigkeit auf Facharbeiterebene. Der Kläger werde nicht auf das gesamte Spektrum dieser Tätigkeitsbeschreibung, sondern nur auf Reparaturarbeiten an Elektrokleingeräten verwiesen. Es handele sich um einen typisierend beschriebenen Arbeitsplatz, der laut Auskunft der Fachverbandes Elektro- und Informationstechnik Baden-Württemberg durch Elektroinstallateure, Elektroniker, Radio- und Fernsehtechniker, Bürosystemtechniker, Informationselektroniker, mithin von Facharbeitern ausgeübt werde. Die Tätigkeit sei dem Kläger sozial zumutbar. Als gelernter Elektroinstallateur könne er sich die Fähigkeiten für diese Tätigkeit auch innerhalb von drei Monaten aneignen. Der beschriebene Arbeitsplatz als Reparaturelektriker für Kleingeräte sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang vorhanden, wie sich aus dem von der Beklagten vorgelegten Gutachten der berufskundlichen Sachverständigen J. aus dem Jahr 2000 ergebe. Deren Ausführungen seien nicht überholt, wie sich aus den weiteren Ermittlungen und den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen ergebe. Der bundesweit agierende Media-Markt biete einen Reparaturservice für Kleingeräte an. Bei Markengeräten aus dem Fachhandel bestehe die Möglichkeit zur Rückgabe zur Reparatur direkt an den Hersteller (zB Bosch, Siemens, AEG). Es existierten auch aktuelle Stellenangebote für Elektroniker für die Reparatur von Elektro-Kleingeräten. Die Tätigkeit sei auch gesundheitlich zumutbar. Der Kläger leide auf orthopädischem Gebiet an einer erheblichen Funktionsstörung der LWS, einer Belastungsminderung der Knie- und Hüftgelenke, einer Funktionsstörung der HWS und Adipositas. Zudem bestehe eine chronische Schmerzstörung, eine rezidivierende depressive Störung, derzeit remittiert, schädlicher Gebrauch von Alkohol, derzeit abstinent und ein Schlafapnoe-Syndrom. Aus den schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten von Dr. M. und Dr. N. ergebe sich, dass der Kläger noch leichte körperliche Arbeiten ohne häufiges Bücken, nicht auf Leitern oder Gerüsten oder in knieender und hockender Position verrichten könne. Diese qualitativen Einschränkungen stünden der Tätigkeit als Reparaturelektriker nicht entgegen. Es handele sich um leichte Arbeiten, die meist im Sitzen oder im Wechsel zwischen Sitzen und Stehen und gelegentlichem Gehen verrichtet werden. Da der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich derartige Arbeiten verrichten könne, bestehe auch keine Leistungsminderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Gegen das seiner Prozessbevollmächtigten am 06.12.2012 zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 07.01.2013 (Montag) Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Es lägen zumindest die Voraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vor. Als bauleitender Elektromonteur bzw Elektroinstallateur könne der Kläger nicht mehr arbeiten. Er sei unstreitig als besonders hoch qualifizierter Facharbeiter anzusehen. Der Beruf des Reparaturelektrikers sei dem Fachverband für Elektro- und Informationstechnik Baden-Württemberg nicht bekannt, woraus sich ergebe, dass dieser nicht existiere und in der Praxis nicht vorkomme. Für die Reparatur von Kleingeräten wie Kaffeevollautomaten, Bügeleisen oä sei eine Ausbildung als Elektroniker erforderlich, der Kläger sei aber Elektriker. Aus fachlichen Gründen könne er daher die Tätigkeit nicht ausüben. Der Entlassbericht der Fachklinik R. (Alkoholentwöhnung vom 18.06.2013 bis 10.09.2013) gehe zwar von einer Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aus, jedoch zumindest bis zur Durchführung bestehe für mehr als sechs Monate Erwerbsminderung, so dass zumindest eine befristete Rente zu gewähren sei. Die Auffassung im Entlassbericht werde vom Kläger zudem nicht geteilt. Hierzu hat er zahlreiche weitere Arztberichte und Behandlungsübersichten vorgelegt und ergänzend vorgetragen, er befinde sich seit September 2014 wegen schwerer Schlafstörungen und Neuropathie in beiden Beinen bei Dr. D. in Behandlung. Im Oktober 2014 habe er sich einen Innenmeniskusanriss des linken Knies zugezogen mit anschließender Operation und noch fortdauernder Krankschreibung.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 18.09.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 30.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.06.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung ab dem 01.06.2009 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide und die Ausführungen des SG Bezug und verweist auf eine Stellungnahme ihres beratungsärztlichen Dienstes vom 16.01.2015.
Der Senat hat berufskundliche Ermittlungen durch weitere Anfragen an den Fachverband Elektro- und Informationstechnik Baden-Württemberg durchgeführt. Dieser hat mit Schreiben vom 03.04.2013 mitgeteilt, mit einer Ausbildung im Elektrohandwerk sei ein Geselle in der Lage, Servicetätigkeiten und Reparaturen von Elektrokleingeräten vorzunehmen, eine weitere Elektronikausbildung sei nicht erforderlich. Gesellen sollten nach kurzer Einarbeitung in der Lage sein, die genannten Tätigkeiten zu erbringen, da es sich überwiegend um wiederholende Prozesse handele. Mit weiterem Schreiben vom 05.12.2013 hat der Fachverband ausgeführt, dass die Servicetätigkeiten Elektrokleingeräte idR kein Bewegen von Lasten über 5 bis 8 kg erfordere, Ausnahmen könnten besondere Modelle von Kaffeevollautomaten sein. Die Tätigkeit könne im Wechsel zwischen überwiegend sitzend, zeitweise stehend und gehend ausgeführt werden.
Ergänzend hat der Senat die behandelnden Ärzte Dr. D., Dr. S. und Dr. L. als sachverständigen Zeugen befragt. Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. D. hat mit Schreiben vom 04.11.2013 darauf hingewiesen, dass sich der Kläger nur einmalig am 16.10.2013 vorgestellt habe. Der Orthopäde Dr. S. berichtet über Dorsolumbalgie, Gonalgie und Coxalgie beidseits sowie Arthralgien nächtlich in beiden Füßen; eine Änderung im Gesundheitszustand des Klägers sei nicht eingetreten (Schreiben vom 24.11.2013). Dr. L. hat mit Schreiben vom 17.09.2014 die in der Praxis zwischen 1998 und 12.05.2014 erhobenen Befunde mitgeteilt. Er hält den Kläger für in der Lage, leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs 1 SGG) und statthafte (§ 143 SGG) Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bzw auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3).
Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt.
Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Der Kläger kann zur Überzeugung des Senats unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes täglich noch mindestens sechs Stunden arbeiten und ist deshalb nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs 3 SGB VI). Diese Überzeugung schöpft der Senat insbesondere aus den nachvollziehbaren und plausiblen Sachverständigengutachten von Dr. M. vom 20.04.2011 und von Dr. N. vom 15.02.2012 sowie dem Entlassungsbericht der Fachklinik R. vom 24.09.2013.
Dr. M. hat auf orthopädischem Gebiet folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: • erhebliche Funktionsstörung der LWS bei mehretageren degenerativen Veränderungen, derzeit ohne Wurzelreiz, pseudoradikuläres Schmerzsyndrom • Belastungsminderung beider Knie- und Hüftgelenke bei altersvorauseilenden degenerativen Veränderungen, derzeit entzündlicher Reizzustand linkes Knie • Funktionsstörung der HWS ohne Wurzelreiz • Adipositas, BMI 45 Der behandelnde Orthopäde Dr. S. hat im November 2013 ebenfalls über Dorsolumbalgien, Gonalgien und Coxalgien berichtet sowie nächtlich Arthralgien der Füße. Aus dem vorgelegten Arztbrief des Chirurgen Dr. R. vom 30.04.2014 ist eine AC-Gelenksarthrose (linke Schulter) zu entnehmen. Im November 2014 wurde der Kläger zudem im Kreiskrankenhaus R. arthroskopiert mit Innenmeniskusteilresektion (linkes Knie). Im Nachbehandlungsschema war ein Übergang zur Vollbelastung ab dem 3./4. postoperativen Tag vorgesehen, Arbeitsunfähigkeit wurde von Dr. R. jedoch noch im Januar 2015 bescheinigt.
Aufgrund der orthopädischen Erkrankungen sind nicht mehr zumutbar: ständiges Heben und Tragen von Lasten über 5 kg, Wirbelsäulenzwangshaltungen, häufiges Bücken, einseitige Körperhaltungen, Arbeiten auf Leitern, ständiges Treppensteigen, Arbeiten in knieender oder hockender Position. Unter Berücksichtigung dieser qualitativen Einschränkungen sind leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich zumutbar, wie sich aus den überzeugenden Ausführungen von Dr. M. ergibt. Diese Einschätzung wird auch von behandelnden Orthopäden geteilt, soweit sie sich zur beruflichen Leistungsfähigkeit geäußert haben wie Dr. K ... Änderungen des Gesundheitszustands des Klägers auf orthopädischem Gebiet sind jedenfalls bis Ende 2013 nicht eingetreten, wie Dr. S. in seinem Schreiben vom 24.11.2013 mitgeteilt hat. Infolge der Innenmeniskusteilresektion im November 2014 sind über die bisher vorliegenden Einschränkungen hinausgehende weitere dauerhafte Beeinträchtigungen nicht zu erwarten, wie aus dem Arztbrief von Prof. Dr. E., Kreiskrankenhaus R. vom 26.11.2014 zu entnehmen ist.
Dr. N. hat in seinem neurologisch-psychiatrischen Gutachten folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: • Adipositas Grad III • erhöhter Blutdruck mit 180/100 mmHg • LWS-Funktionsstörung mit Fingerbodenabstand von 30 cm • Sensibilitätsstörungen im Bereich des linken kleinen Fingers • themenabhängige und zeitweise verbitterte leichtgradige depressive Stimmungsauslenkung ohne Zeichen einer tiefergehenden depressiven oder Angststörung und ohne Antriebsstörung.
Möglich sind mit diesen Gesundheitsstörungen nach den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen von Dr. N. leichte körperliche Arbeiten unter Berücksichtigung der sich aus den orthopädischen Leiden ergebenden qualitativen Einschränkungen. Bei der Untersuchung hat Dr. N. keinerlei kognitive Störungen oder Antriebsstörungen feststellen können. Die früher aufgetretene rezidivierende depressive Störung in mittelgradiger Ausprägung war remittiert. Die 2011 aufgetretene depressive Symptomatik konnte schon durch die stationäre Behandlung in der L.-Klinik Bad D. vom 21.06. bis 02.08.2011 rasch gebessert werden, wie sich aus dem Entlassungsbericht vom 05.08.2011 entnehmen lässt. Auch nachfolgend bestehen keine Anhaltspunkte für eine dauerhafte Verschlechterung der depressiven Symptomatik. So hat Dr. D. im Herbst 2013 lediglich eine Dysthymie diagnostiziert, wie sich aus seiner Auskunft vom 04.11.2013 ergibt. Dies entspricht auch der Beurteilung im Reha-Entlassungsbericht der Fachklinik R ... Dort wird im psychischen Befund der Kläger als bewusstseinsklar und allseits orientiert, ohne formale oder inhaltliche Denkstörungen, ohne Gedächtnisstörungen, mit regelrechter Auffassung und Konzentrationsfähigkeit, guter affektiver Schwingungsfähigkeit und ohne Anhalt für depressive Verstimmung beschrieben.
Im Entlassungsbericht der Fachklinik R. vom 24.09.2013 – Kostenträger für die vom 18.06. bis 10.09.2013 durchgeführte Reha-Maßnahme war die Beklagte - werden folgende Diagnosen aufgeführt: Alkoholabhängigkeit, abklingende Fettleberhepatitis, sensible äthyltoxische Polyneuropathie der unteren Extremitäten, Dysthymie mit Restsymptomatik, Zn zwei depressiven Episoden, Schlafapnoesyndrom, CPAP behandelt. In der Leistungsbeurteilung werden leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung für mindestens sechs Stunden täglich zumutbar gehalten. Neben den bereits bekannten qualitativen Einschränkungen aus orthopädischen Gründen wird zusätzlich gefordert eine Tätigkeit außerhalb von Gefahrenbereichen und ohne Griffnähe zu Suchtmitteln, ausschließlich in Tagesschicht und ohne Exposition von Nässe, Zugluft, extrem schwankenden Temperaturen, inhalativen Belastungen oder Tätigkeiten mit Erschütterung und Vibration. Seit dem 26.05.2013 bestand Abstinenz, nachdem der Kläger vom 26. bis 30.05.2013 bei alkoholtoxischer Hepatopathie zur Entgiftung im Krankenhaus L. behandelt werden musste. Vom 20.03.2013 bis 28.03.2014 hatte der Kläger auch regelmäßigen Kontakt zur Fachstelle Sucht L. (Frau S.). Aus der Alkoholerkrankung ergeben sich daher lediglich qualitative, nicht aber quantitative Einschränkungen. Die Einschätzung der Fachklinik R. stellt sich für den Senat als besonders überzeugend dar, weil sie auf einer knapp dreimonatigen Beobachtung basiert und auch Erkenntnisse aus der durchgeführten Arbeitstherapie einbezieht. Für eine mögliche Leberfibrose bzw beginnende Leberzirrhose (Stadium CHILD A) wurde eine günstige Prognose bei anhaltender Abstinenz gestellt. Im Belastungs-EKG war der Kläger sogar bis 125 Watt belastbar, was einer mittelschweren Tätigkeit entspricht.
Insgesamt war der Kläger zur Überzeugung des Senats nach alledem im gesamten Zeitraum ab dem 01.06.2009 bis zum heutigen Tage nicht dauerhaft eingeschränkt, durchgehend mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein. Insgesamt bedingen die Gesundheitsstörungen im gesamten Prüfungszeitraum zwar qualitative Einschränkungen. Aus medizinischer Sicht besteht insoweit die völlig einhellige Auffassung, dass der Kläger schon wegen der orthopädischen Beschwerden keine Tätigkeit als Elektroinstallateur oder bauleitender Elektromonteur mehr ausüben kann. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sind aber unter Beachtung dieser Einschränkungen, wie aufgezeigt, im gesamten Prüfungszeitraum mindestens sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche möglich.
Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend in der Person des Klägers eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre bestehen nicht, ein großer Teil der qualitativen Beschränkungen wird bereits durch den Umstand, dass nur leichte Arbeiten zumutbar sind, mitberücksichtigt. Darüber hinausgehende Einschränkungen wie Tätigkeiten ausschließlich in Tagschicht, ohne Einfluss ungünstiger Witterungsverhältnisse, inhalative Noxen oder Nähe zu Suchtmitteln schränken den in Betracht kommenden Arbeitsmarkt nicht wesentlich ein. Schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSG 30.11.1983, 5a RKn 28/82, BSGE 56, 64, SozR 2200 § 1246 Nr 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19.12.1996, BSGE 80, 24, SozR 3-2600 § 44 Nr 8; siehe auch BSG 05.10.2005, B 5 RJ 6/05 R, SozR 4-2600 § 43 Nr 5).
Die Wegefähigkeit ist ebenfalls gegeben. Der Kläger ist in der Lage, täglich viermal eine Wegstrecke von 500 Metern innerhalb von jeweils 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen sowie öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten zweimal am Tag zu benutzen. Dies geht aus dem orthopädischen Gutachten von Dr. M. hervor. Die dort erhobenen Befunde haben keine Einschränkung der Wegefähigkeit erbracht. Bestätigt wird dies durch die Ausführungen im Reha-Entlassungsbericht der Fachklinik R., in dem ausdrücklich festgehalten wird, dass der Kläger in der Lage ist, viermal täglich einen Fußweg von 500 m jeweils unter 20 Minuten zurückzulegen.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI. Voraussetzung eines solchen Rentenanspruchs ist (vgl § 240 SGB VI), dass er vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist. Der Kläger ist 1957 und damit vor dem Stichtag geboren, er ist jedoch nicht berufsunfähig. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs 2 Satz 1 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 240 Abs 2 Satz 2 SGB VI). Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind (§ 240 Abs 2 Satz 3 SGB VI). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs 2 Satz 4 SGB VI). Im Rahmen der Beurteilung, ob einem Versicherten eine Tätigkeit iSd § 240 Abs 2 Sätze 2 bis 4 SGB VI sozial zumutbar sind, kann ein Versicherter auf eine Tätigkeit derselben Stufe bzw auf Tätigkeiten jeweils nächstniedrigeren Stufe verwiesen werden (zum Stufenschema des BSG vgl BSG 22.10.1996, 13 RJ 35/96, SozR 3-2200 § 1246 Nr 55; BSG 18.02.1998, B 5 RJ 34/97 R, SozR 3-2200 § 1246 Nr 61, jeweils mwN).
Zwar ist dem Kläger die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als bauleitender Elektromonteur nicht mehr zumutbar. Der als besonders qualifizierter Facharbeiter einzustufende Kläger kann jedoch zur Überzeugung des Senats auf die Tätigkeit eines Reparaturelektrikers für Kleingeräte verwiesen werden. Dabei handelt es sich um einen Teilbereich der Tätigkeit als Kundendienstmonteur/-techniker bzw Servicemonteur/-techniker. Tätigkeiten als Reparaturelektriker für Kleingeräte existieren auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in ausreichendem Umfang, wie das SG zutreffend festgestellt hat. Auf dessen Ausführungen wird insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen (§ 153 Abs 2 SGG). Insbesondere unterhalten Markenhersteller von Elektrokleingeräten zentrale Reparaturstellen, aber auch bundesweit tätige Fachmärkte für Elektrogeräte. Die Tätigkeit ist dem Kläger auch sozial zumutbar, denn nach der vom SG eingeholten Auskunft des Fachverbandes Elektro- und Informationstechnik Baden-Württemberg handelt es sich um eine Tätigkeit, die von Facharbeitern ausgeübt wird.
Die Tätigkeit, die Servicetätigkeiten und Reparaturarbeiten an Elektrokleingeräten umfasst, ist eine körperlich leichte Tätigkeit, kann im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und zeitweise Stehen ausgeführt werden und fordert weder Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten, häufiges Treppensteigen, Knien oder Hocken, noch besteht eine Belastung durch ungünstige Witterungsverhältnisse oder inhalative Noxen. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus der Auskunft des Fachverbandes Elektro- und Informationstechnik Baden-Württemberg vom 05.12.2013. Die Tätigkeit ist von den körperlichen Anforderungen daher mit den oben festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen vereinbar und dem Kläger zumutbar. Die für die Tätigkeit als Reparaturelektriker erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse kann der Kläger aufgrund seiner Ausbildung als Elektroinstallateur in einer kurzen Einarbeitungszeit und damit innerhalb von längstens drei Monaten erwerben. Entgegen der Auffassung des Klägers ist insbesondere keine weitere Elektronikausbildung erforderlich. Dies ergibt sich aus der Auskunft des Fachverbandes für Elektro- und Informationstechnik Baden-Württemberg vom 03.04.2013.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Gutachten und sonstigen umfangreichen medizinischen Unterlagen bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Die vorliegenden Gutachten von Dr. M. und Dr. N. sowie der Entlassungsbericht der Fachklinik R. haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 ZPO). Die Gutachten gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthalten keine unlösbaren inhaltlichen Widersprüche und geben auch keinen Anlass, an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachter zu zweifeln; weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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