L 11 R 1092/15 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 593/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 1092/15 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 16.03.2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes über die Gewährung höherer Rentenleistungen.

Die am 17.12.1949 geborene Antragstellerin bezieht von der Antragsgegnerin seit dem 01.01.2010 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen sowie von der Alterskasse der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau eine Witwenrente aus der Alterssicherung der Landwirte.

Im Rahmen der Rentenanpassung 2014 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass die laufende Zahlung der Altersrente ab 01.07.2014 727,35 EUR betrage. Die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau teilte der Antragstellerin mit Schreiben vom 16.06.2014 mit, dass der Auszahlungsbetrag der Rente aus der Alterssicherung der Landwirte ab 01.07.2014 12,46 EUR betrage.

Mit Bescheid vom 08.08.2014 berechnete die Antragsgegnerin die Altersrente für schwerbehinderte Menschen mit einem Zuschlag für Kindererziehung (so genannte Mütterrente) neu. Ab 01.10.2014 ergab sich ein Zahlbetrag von 753,03 EUR. Für die Zeit vom 01.07.2014 bis zum 30.09.2014 betrug die Nachzahlung 77,04 EUR.

Am 05.03.2015 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Reutlingen beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr die Rente von bisher 727,35 EUR auf die Grundversorgung von 850 EUR aufzustocken. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass ihr bei einer Beratung bei der Antragsgegnerin, Regionalzentrum Reutlingen, mitgeteilt worden sei, dass Sie bei Gericht einen Antrag auf Erhöhung der Rente auf die Grundversorgung stellen solle, da ihr dieser Betrag zustünde.

Mit Beschluss vom 16.03.2015 hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht sei. Fehler in der Berechnung der Rente in der Rentenanpassung zum 01.07.2014 sowie im Rentenbescheid vom 08.08.2014 seien nicht erkennbar. Soweit Renteneinkünfte der Antragstellerin unter Berücksichtigung sonstigen Einkommens und Vermögens nicht zur Bestreitung des Lebensunterhalts ausreichen würden, sei für die Gewährung aufstockender Leistungen der Grundsicherung im Alter nach Erreichen der Altersgrenze der Sozialhilfeträger zuständig.

Gegen die am 17.03.2015 zugestellte Entscheidung hat die Antragstellerin am 19.03.2015 Beschwerde eingelegt.

Sie ist der Ansicht, dass ihr eine monatliche Rente iHv 850 EUR zustehe.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 16.03.2015 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr Rente iHv 850 EUR monatlich zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft und zulässig (§§ 172 Abs 1, 173 Satz 1 SGG). Sie ist jedoch unbegründet.

Nach § 86b Abs 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheinen (Regelungsanordnung).

Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs 2 der Zivilprozessordnung). Dabei begegnet es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (vgl BVerfG [Kammer], 02.05.2005, 1 BvR 569/05, BVerfGK 5, 237, 242).

Im Ergebnis zutreffend hat das Sozialgericht den Antrag auf Gewährung höherer Rentenleistungen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes abgewiesen.

Die von der Antragstellerin bezogene Altersrente für schwerbehinderte Menschen wurde letztmals mit Bescheid vom 08.08.2014 für die Zeit ab 01.07.2014 neu berechnet. Grund war die Errechnung des Zuschlags für Kindererziehung, die sogenannte Mütterrente. Der Gesetzgeber hat diesen Zuschlag zum 01.07.2014 eingeführt. Der Bescheid vom 08.08.2014 ist bestandskräftig, da die Antragstellerin gegen diesen Bescheid keinen Widerspruch eingelegt hat. Die zu leistende monatliche Rentenhöhe steht demnach ebenfalls bestandskräftig fest.

Es kann hier aber dahinstehen, ob der Antrag im einstweiligen Rechtsschutz wegen des bestandskräftigen Bescheides überhaupt zulässig ist (siehe Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, §86b Rn 26d mwN). Jedenfalls fehlt es an einem Anordnungsanspruch.

Der Antragstellerin steht keine Rente iHv 850 EUR monatlich zu. Der Rentenzahlbetrag errechnet sich ausschließlich nach den Vorschriften des SGB VI. Nach § 63 Abs 1 SGB VI richtet sich die Höhe einer Rente vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen. Der Monatsbetrag einer Rente ergibt sich gem § 63 Abs 6 SGB VI, indem die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte mit dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert vervielfältigt werden. Vom Monatsbetrag werden sodann die Beitragsanteile des Rentners zur Kranken- und Pflegeversicherung abgezogen. Das Ergebnis ist der monatliche Zahlbetrag. Fehler in der Rentenberechnung und der Errechnung des Zuschlags für Kindererziehung im Bescheid vom 08.08.2014 sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Eine Grundversorgung kennt das System der Rentenberechnung im SGB VI nicht. Eine solche Grundversorgung im Alter wird bei Vorliegen der hierfür erforderlichen Voraussetzungen über die Regelungen zur Grundsicherung im Alter im Rahmen der Sozialhilfe nach dem SGB XII sichergestellt. Hierfür ist nicht die Antragsgegnerin, sondern der Sozialhilfeträger zuständig.

Ungeachtet dessen, dass die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin keinen Beratungsvermerk bezüglich des von der Antragstellerin vorgetragenen Ratschlags eines Antrags auf Grundversorgung beim Sozialgericht enthält, könnte ein solcher Ratschlag auch nicht zum Erfolg des Antrags im einstweiligen Rechtsschutz führen. Denn maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist ausschließlich das geltende Recht. Aufgrund einer möglicherweise falschen Rechtsberatung durch die Antragsgegnerin kann kein rechtswidriger Zustand hergestellt werden.

Selbstverständlich steht es der Antragstellerin jedoch frei, einen Leistungsantrag beim Sozialhilfeträger zu stellen. Darauf hat sie das Sozialgericht Reutlingen bereits hingewiesen.

Die Beschwerde kann deshalb unter keinem Gesichtspunkt Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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