Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 6 U 72/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 5683/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 09.11.2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 1101 der Berufskrankheitenverordnung (BKV) (Erkrankungen durch Blei oder seine Verbindungen).
Die am 20.07.1966 geborene Klägerin ist portugiesische Staatsangehörige. Sie ist seit 1986 bei der Firma T. A. und C. GmbH, einem Automobilzulieferer für Elektronikteile und Mitgliedsunternehmen der Beklagten, in R. beschäftigt. Von 1986 bis 1996 war sie auf einem Handlötarbeitsplatz "Lenkstockschaltung" und mit der Bedienung einer Punktschweißmaschine beschäftigt. Von 1996 bis 2004 bediente sie ein Testgerät für bestückte Leiterplatten ("In Circuit Tester"). Dabei war sie von 2000 bis 2002 am Arbeitsplatz "Gear Shift" mit der Sichtkontrolle von bestückten Leiterplatten, dem Bestücken und dem Nachlöten beschäftigt. Seit 2003 machte sie für circa sechs Wochen pro Jahr Urlaubsvertretung beim Spritzlackieren von Leiterplatten. Seit Juli 2004 ist die Klägerin arbeitsunfähig krank.
Die Krankenkasse der Klägerin erstattete unter dem 22.07.2004 bei der S. M.-Berufsgenossenschaft eine Anzeige einer Berufskrankheit. Die S. M.-Berufsgenossenschaft übermittelte die Anzeige unter dem 23.07.2004 an die Beklagte.
Im Durchgangsarztbericht des Chirurgen Dr. K. vom 13.09.2004 ist unter Bezugnahme auf einen Blutbefund des Instituts für Rechtsmedizin der Universität M. die Diagnose einer Bleivergiftung gestellt (Bl. 13 der Verwaltungsakte).
Die Beklagte zog im Rahmen des Feststellungsverfahrens Befundberichte beim Hausarzt der Klägerin, dem Internisten und Umweltmediziner Dr. G. bei (Bl. 14 ff. der Verwaltungsakte). Weiter zog sie einen technischen Bericht der I. für L.-, A.-, B. und Umweltfragen (I.) vom 16.08.2004 über am 28. und 29.06.2004 erfolgte Arbeitsplatzmessungen beim Arbeitgeber der Klägerin bei (Bl. 27 ff. der Verwaltungsakte). Im Ergebnis wird dabei davon ausgegangen, dass die MAK-Werte hinsichtlich Blei sicher eingehalten werden.
Der Arbeitgeber der Klägerin teilte auf Frage der Beklagten unter dem 01.10.2004 mit, als Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz der Klägerin seien Absaugungen vorgenommen worden. Zudem verwies er auf die der Beklagten vorliegenden Sicherheitsdatenblätter der verwendeten Lötmaterialien.
Am 14.03.2005 erstattete der Nervenarzt Dr. B. bei der Krankenkasse der Klägerin eine ärztliche Anzeige über eine Berufskrankheit. Dr. B. diagnostizierte eine Neuropathie, eine chemische Überempfindlichkeit sowie eine erhebliche Störung der kognitiven Funktionen in der Psychometrie. Dr. B. fügte das Ergebnis einer testpsychologischen Untersuchung vom 08.11.2004 und einen Arztbrief vom 07.03.2005 bei (Bl. 79 ff. der Verwaltungsakte).
Weiter zog die Beklagte ein sozialmedizinisches Gutachten des MDK vom 14.02.2005 nach Aktenlage bei, in welchem chronische Kopfschmerzen, Schwindel, Gelenkschmerzen, Müdigkeit sowie eine fragliche Belastung mit Berufsstoffen und als Differenzialdiagnose eine Psychosomatose diagnostiziert werden sowie Laborbefunde und weitere ärztliche Befundberichte bei (Bl. 97 ff der Verwaltungsakte).
Der Betriebsarzt des Arbeitgebers der Klägerin Dr. K. teilte auf Frage der Beklagten mit Schreiben vom 17.07.2005 und vom 29.05.2007 unter Verweis auf einen Bericht des Instituts für Rechtsmedizin der Universität M. vom 14.06.2004 mit, im Jahre 2003 sei eine andere Mitarbeiterin wegen ungeklärter gesundheitlicher Probleme mit negativem Ergebnis auf eine Bleiintoxikation untersucht worden (Bl. 241 der Verwaltungsakte). Es seien keine weiteren Fälle von erhöhten Bleikonzentrationen im Blut bei anderen Mitarbeitern bekannt.
Die Beklagte holte eine Stellungnahme ihrer Präventionsabteilung zu den Arbeitsplatzmessungen der Firma I. vom 28./29.06.2004 ein, welche nach Ermittlungen beim Arbeitgeber der Klägerin am 08.12.2005 erstellt worden ist. Nach den Feststellungen des technischen Aufsichtsbeamten liegt eine Einwirkung im Sinne des ärztlichen Merkblatts zur BK Nr. 1101 nicht vor (vgl. Stellungnahme vom 02.01.2006, Bl. 139 der Verwaltungsakte).
Mit Schreiben vom 03.02.2006 und 11.04.2006 schlug der staatliche Gewerbearzt eine Begutachtung der Klägerin wegen der Diskrepanz zwischen den bei der Klägerin gefundenen erhöhten Bleiwerten im Blut und der arbeitstechnischen Stellungnahme der Präventionsabteilung der Beklagten vor. Ferner wies der staatliche Gewerbearzt darauf hin, dass neben der Klägerin auch deren Familienangehörige auf eine Bleibelastung untersucht worden seien, wobei das Ergebnis bezüglich der Familienangehörigen negativ gewesen sei, weshalb davon auszugehen sei, dass eine Bleibelastung am ehesten im Betrieb bestanden habe (Bl. 150 und 155 der Verwaltungsakte).
Mit Bescheid vom 16.05.2006 stellte die Beklagte fest, dass bei der Klägerin keine Berufskrankheit nach Nr. 1101 der Berufskrankheitenliste (Erkrankungen durch Blei oder seine Verbindungen) bestehe. Ansprüche auf Leistungen lehnte die Beklagte ab. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin sei während ihrer Berufstätigkeit keinen Einwirkungen ausgesetzt gewesen, die geeignet seien, eine Berufskrankheit zu verursachen (Bl. 161 der Verwaltungsakte).
Hiergegen legte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 18.05.2006 Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie vortrug, die Klägerin leide unter starken Kopfschmerzen mit Schwindel, Schmerzen in beiden Unterschenkeln sowie blauen Flecken, chronischer Müdigkeit, Verstopfung, Brechreiz, Bewegungsschmerzen der Extremitäten, zunehmender Vergesslichkeit, Haarausfall, Infektanfälligkeit und Nervosität. Die bei verschiedenen Blutuntersuchungen festgestellten Bleiwerte seien deutlich erhöht. Sie arbeite seit 18 Jahren bei der Firma TRW und sei dabei Blei- und Zinnloten, Klebern, Flussmitteln, Lösemitteldämpfen und Lötpasten ausgesetzt. Ferner sei im November 2003 der Fußboden am Arbeitsplatz neu lackiert worden, was zu einer plötzlichen Verschlimmerung der Beschwerden geführt habe. Auffällig sei, dass die Messprotokolle über die am 28.06.2004 erfolgten Arbeitsplatzmessungen in Bezug auf Blei jeweils darauf hinwiesen, dass auf Grund der Nachweisgrenze des Verfahrens eine dauerhaft sichere Einhaltung nicht hinreichend nachgewiesen werden könne. Ferner seien die Messergebnisse eines einzigen Tages nicht aussagekräftig für die Einwirkung von Blei während ihres gesamten Arbeitslebens. Es lasse sich dem Protokoll nicht entnehmen, inwieweit die Bedingungen an diesem Tag auch in den Vorjahren bestanden hätten. Schließlich habe der staatliche Gewerbearzt eine Begutachtung vorgeschlagen, was die Beklagte jedoch nicht veranlasst habe (Bl. 188 und 194 der Verwaltungsakte).
Die Beklagte zog weitere Untersuchungsergebnisse bei und veranlasste eine ergänzende Stellungnahme ihres Präventionsdienstes sowie der Firma I ... Der technische Aufsichtsbeamte der Beklagten teilte unter dem 17.11.2006 mit, bei den Messungen vom 16.08.2004 (Erstelldatum Bericht; gemeint: 28/29.08.2004) habe auf Grund des Produktionsablaufes nur eine Messung von über einen Zeitraum von 124 Minuten vorgenommen werden können. Die personengetragene Messung habe eine Belastung unterhalb der Nachweisgrenze ergeben. Es sei nicht korrekt, daraus auf eine nicht dauerhaft sichere Einhaltung der Grenzwerte zu schließen. Parallel dazu seien am Arbeitsplatz stationäre Messungen mit niedrigerer Nachweisgrenze durchgeführt worden, wobei die dauerhaft sichere Einhaltung habe nachgewiesen werden können (Bl. 203 der Verwaltungsakte).
Die Firma I. teilte in ihrer Stellungnahme vom 13.11.2006 mit, die höchsten Bleikonzentrationen träten im hinteren Bereich des Reflow-Ofens auf. Zusätzlich zur Durchführung der personenbezogenen Messung sei eine stationäre Messung in diesem Bereich durchgeführt worden, welche eine dauerhaft sichere Einhaltung des Arbeitsplatzgrenzwertes ergeben habe. Die personenbezogene Messung habe nur über einen Zeitraum von 124 Minuten durchgeführt werden können. Hierbei sei es auf Grund der Probenahmezeit und der Nachweisgrenze des Analyseverfahrens nicht möglich gewesen, eine dauerhaft sichere Einhaltung des Arbeitsplatzgrenzwertes für Blei nachzuweisen. Auf Grund der Ergebnisse der stationären Messung und der Beurteilung des Arbeitsprozesses sei jedoch davon auszugehen, dass der Arbeitsplatzgrenzwert bei der personenbezogenen Messung ebenfalls dauerhaft sicher eingehalten werde (Bl. 204 der Verwaltungsakte).
Ferner holte die Beklagte eine beratungsärztliche Stellungnahme bei Dr. W. ein, welche unter dem 12.12.2006 die Auffassung vertrat, dass weder eine gesicherte Exposition noch eine gesicherte Diagnose vorliege. Insbesondere seien auch bei anderen Beschäftigten keine weiteren Erhöhungen der Blutbleikonzentration gefunden worden (Bl. 216 der Verwaltungsakte).
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.12.2006 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie unter Bezugnahme auf die Stellungnahme ihres Präventionsdienstes vom 17.11.2006 und der ergänzenden Stellungnahme der Firma I. vom 13.11.2006 aus, bei den Bleikonzentrationen in der Arbeitsumgebung der Klägerin sei auszuschließen, dass erhöhte Blutbleiwerte bzw. krankhafte Befunde beruflich verursacht seien. Gegen einen Zusammenhang spreche auch, dass bei anderen Mitarbeitern keine bleibedingten Auffälligkeiten bestanden hätten. Schließlich sei die Klägerin zu Schutzmaßnahmen und hygienischen Verhaltensregeln geschult worden (Bl. 218 der Verwaltungsakte).
Dagegen erhob die Klägerin am 10.01.2007 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG), zu deren Begründung sie zunächst auf ihre Widerspruchsbegründung verwies und darüber hinausgehend vortrug, die Messergebnisse vom 28.06.2004 seien nicht repräsentativ, da in Anbetracht der 18-jährigen Beschäftigungszeit der Klägerin eine 124 minütige Probenahmezeit zu kurz sei. Daher seien frühere oder spätere Messergebnisse beizuziehen. Weiter setze die Anerkennung einer BK Nr. 1101 nicht voraus, dass die MAK-Werte bei der Einwirkung von Blei überschritten würden. Vielmehr genüge die Einwirkung von Blei als solche und der Nachweis entsprechender Bleiwerte im Blut sowie das Auftreten entsprechender Erkrankungen, was bei ihr der Fall sein. Zudem sei noch mindestens eine weitere Bleivergiftung im Betrieb festgestellt worden. Die Schutzmaßnahmen, zu deren Einhaltung sie geschult worden sei, verhinderten nicht das Einatmen giftiger Dämpfe. Es gebe keine andere Ursache für die gravierende Bleivergiftung. Schließlich verwies sie nochmals auf die Verstärkung der Beschwerden wegen der Einwirkung durch den neulackierten Fußboden.
Das SG holte ein Gutachten von Amts wegen bei dem Facharzt für Innere Medizin und Arbeitsmedizin Dr. K. - Zentralinstitut für medizinische Begutachtungen und Arbeitsmedizin M. - ein. Im Gutachten vom 30.09.2008 (Bl. 27 ff der SG-Akte) diagnostizierte Dr. K. eine Struma I, eine Cholezystektomie, einen Zustand nach gynäkologischer Operation, eine Chondopathia patellae, einen Zustand nach Hepatitis B, einen erhöhten Serum-Nickel-Wert und einen erhöhten Chrom- und Aluminium-Wert im Urin sowie eine chronische Bleiintoxikation. Bei der Klägerin sei zudem von einer latenten Hyperthyreose auszugehen, sodass die bei ihr bestehenden hypotonen Kreislaufstörungen mit Schwindelgefühl, Abgeschlagenheit und sonstigen Kreislaufstörungen im Rahmen der hyperthyreosen Stoffwechsellage zu interpretieren sein könnten. Die Bauchbeschwerden der Klägerin könnten entweder auf ein sogenanntes Post-Cholezystektomie-Syndrom oder auch auf Verwachsungsbeschwerden nach einer gynäkologischen Operation zurückgeführt werden. Eine Kausalität im Sinne von Bleikoliken sei unwahrscheinlich. Ferner habe die Klägerin eine Hepatitis B durchgemacht, welche die erhöhten Leberwerte erklären könne. Die erste Blutuntersuchung im April 2004 habe einen Wert von 662 µg/l Blei ergeben. Der Wert sei zunächst angestiegen, dann nach einer weitergehenden Ausleitungstherapie jedoch konstant abgesunken. Bei der durch Dr. K. durchgeführten Untersuchung habe sich kein nennenswerter Blutbleispiegel mehr nachweisen lassen. Die hohen Bleiwerte stünden im Widerspruch zu den Ergebnissen der Arbeitsplatzanalysen, nach denen keine nennenswerte Belastung durch Blei vorliege. Aus dem Bericht des Universitätsklinikums F. sei ersichtlich, dass auch die Familienmitglieder der Klägerin erhöhte Bleikonzentrationen im Blut aufwiesen. Ferner komme es bei dem von der Klägerin durchzuführenden Lötvorgang nicht zu einer nennenswerten Freisetzung von Blei, da der Schmelzpunkt von Blei bei 327,43 Grad Celcius und der Siedepunkt bei 1750 Grad Celcius liege, d. h. erst ab diesem Punkt verdampfe das Blei. Es sei letztlich ungeklärt, woher die erhöhten Blutbleispiegel kämen, insbesondere sei der Anstieg des Blutbleispiegels von Mai 2004 bis Juli 2004 von 662 auf 929 µg/l nicht durch den Arbeitsplatz erklärbar. Es sei am ehesten davon auszugehen, dass die Bleiquelle im häuslichen Bereich oder im Urlaubsbereich liege. Eine BK Nr. 1101 liege nicht vor.
Die Klägerin legte eine Stellungnahme ihrer behandelnden Fachärztin für Allgemein- und Umweltmedizin Frau D. vom 06.02.2009 vor, in welcher Frau D. das Gutachten von Dr. K. kritisierte und ausführte, zunächst sei nach dem Bleiexposititonsstop Anfang Juli 2004 das kontinuierliche Absinken der Blutbleilast deutlich erkennbar gewesen. Ferner habe entgegen der Behauptung des Gutachters eine Bleibelastung der Familienmitglieder bereits 2004 in der Umweltambulanz des Universitätsklinikums Freiburg ausgeschlossen werden können. Ferner führten diverse Fachärzte den Arbeitsplatz als Ursache der Bleibelastung an. Die Arbeitsplatzuntersuchungen seien lückenhaft und keinesfalls repräsentativ. Die Bauchbeschwerden der Klägerin hätten bereits vor der Gallenoperation im Jahre 2003 bestanden. Weiter habe die Klägerin keine Hepatitis durchgemacht, sondern es sei eine Impfung gegen Hepatitis erfolgt. Schließlich trete eine Verdunstung von Blei bereits unterhalb des Siedepunktes auf (Bl. 83 ff. SG-Akte).
In der vom SG ergänzend eingeholten Stellungnahme des Gutachters Dr. K. 16.10.2009 verteidigte Dr. K. sein Gutachten und führte insbesondere aus, eine Exposition gegenüber organischem Blei habe zu keinem Zeitpunkt stattgefunden und typische Symptome einer chronischen Bleiintoxikation seien bei der Klägerin nicht nachgewiesen. Das diffuse Krankheitsbild der Klägerin sei auf ein MCS-Syndrom zurückzuführen (Bl. 99 ff. der SG-Akte).
Die Klägerin legte eine weitere Stellungnahme von Frau D. vom 16.02.2010 vor (Bl. 107 ff. der SG-Akte). Das SG holte eine weitere Stellungnahme des Gutachters Dr. K. ein, welcher an seiner Auffassung festhielt (Stellungnahme vom 03.12.2010; Bl. 118 ff. der SG-Akte).
Mit Urteil vom 09.11.2011 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte das SG aus, die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 1101 der BKV lägen nicht vor. Unstreitig sei zwar eine Bleibelastung der Klägerin, jedoch sei der Nachweis, dass diese im beruflichen Umfeld erworben worden offen. Zwar sei entgegen den Ausführungen des Gutachters Dr. K. davon auszugehen, dass die Familienmitglieder der Klägerin keine Bleibelastung aufweisen. Jedoch sei der Auffassung des Gutachters, dass während der 10-jährigen Tätigkeit der Klägerin als Löterin kein nennenswerter Bleidampf entstanden sein könne, zuzustimmen. Die Klägerin habe in der mündlichen Verhandlung angegeben, der Lötkolben habe 400 bis 500 Grad Celcius Temperatur entwickelt. Blei verdampfe aber erst bei einer Temperatur von 1700 Grad Celsius. Gleiches gelte für die fehlgeschlagenen Arbeitsprozesse, bei denen es zu Verkohlungen im Bereich der Produktion von Leiterplatten gekommen sei. Hier sei nicht anzunehmen, dass eine Hitze entstanden sein, welche Bleidämpfe in relevantem Umfang erzeugt haben könne. Zwar erscheine die Aufnahme von Blei bei der Reinigung von fehlverarbeiteten Leiterplatten möglich, jedoch genüge eine bloße Möglichkeit für den tatsächlichen Nachweis eines relevanten Bleikontakts am Arbeitsplatz nicht. Ferner lägen bei der Klägerin auch keine eindeutigen Krankheitszeichen vor, die als typische Erkrankung nach der Aufnahme einer relevanten Menge Blei bekannt seien. Insbesondere leide die Klägerin an einer Hyperthyreose, mit der die geschilderten Beeinträchtigungen zwanglos in Verbindung gebracht werden könnten.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 25.11.2011 zugestellte Urteil hat dieser am 23.12.2011 Berufung zu Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt und diese nicht begründet.
Der Senat hat auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG ein Gutachten bei dem Arzt für Arbeits- und Umweltmedizin Dr. B. (Beweisanordnung vom 27.09.2012) sowie ein Zusatzgutachten bei der Neurologin Dr. S. eingeholt.
Im neurologischen Zusatzgutachten vom 10.02.2014 hat Dr. S. ausgeführt, bei der neurologischen Untersuchung der Klägerin hätte sich kein pathologischer Befund ergeben (Bl. 66/68 der Senats-Akte).
Im Hauptgutachten vom 07.12.2014 hat Dr. B. bei der Klägerin eine leicht- bis mittelgradige toxisch bedingte Enzephalopathie sowie eine gastrointestinale Erkrankung nach Bleiintoxikation diagnostiziert. Bei der Klägerin liege eine Berufskrankheit nach Nr. 1101 der BKV vor. Eine Bleivergiftung durch außerbetriebliche Tätigkeiten sei sehr unwahrscheinlich. Hinsichtlich der Familienmitglieder der Klägerin müsse zwischen ihrem Mann und ihren Kindern unterschieden werden. Die Bleiwerte des Ehemannes seien leicht erhöht, was sich jedoch dadurch plausibel erkläre, dass er Raucher sei. Bei den beiden Kindern sei kein erhöhter Bleiwert gemessen worden. Damit könne die Ursache der hohen Bleiwerte nicht im häuslichen Bereich liegen. Eine betriebliche Verursachung der Erkrankung sei sehr wahrscheinlich. Die im Juni 2004 erhobenen Messwerte bei der Arbeitsplatzmessung könnten nicht als Maßstab für eine Tätigkeit gelten, welche 18 Jahre zuvor begonnen habe. Nach den Aussagen der Klägerin sei davon auszugehen, dass während eines erheblichen Teils ihrer Arbeitszeit keine Absaugungen durchgeführt worden seien. Daher sei anzunehmen, dass die Arbeitsplatzkonzentrationen ohne Absaugungen wahrscheinlich im gesundheitsgefährdenden Bereich gelegen hätten. Weiter habe die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem SG angegeben, der Lötkolben habe eine Temperatur von 400 bis 500 Grad Celcius entwickelt. Ausweislich des Merkblattes zur BK Nr. 1101 verdampfe Blei wahrnehmbar ab 550 Grad Celcius. Unter Zugrundelegung der Annahme, dass der Lötkolben eine Temperatur von circa 500 Grad Celcius entwickelt habe, sei eine Einwirkung allein deshalb nachgewiesen. Der von Dr. K. als Gegenargument verwendete Anstieg des Blutbleispiegels von Mai 2004 bis Juli 2004 von 662 auf 929 µg/l sei damit zu erklären, dass der Klägerin, welche bereits unter einer Bleiintoxikation gelitten habe, die erhöhten Temperaturen während der Sommermonate zu schaffen gemacht hätten. Auch sei die von Dr. K. unterstellte Ursache der Bauchschmerzen durch Verwachsungen eine Hypothese, da kein laparoskopischer Nachweis von Verwachsungen erfolgt sei. Die Klägerin weise so gut wie alle Symptome eines kritischen Anfangsstadiums einer Bleivergiftung auf. Ferner seien sogenannte Bleikoliken typische Anzeichen des fortgeschrittenen Stadiums. Die Klägerin sei wegen Bauchschmerzen in eine Notfallambulanz eingeliefert worden und habe Bauchkoliken erlitten. Schließlich sei der Anstieg der Beschwerden der Klägerin unmittelbar nach der Lackierung des Betonbodens am Arbeitsplatz im Jahre 2003 zu verzeichnen, was für eine hohe Wahrscheinlichkeit der Verursachung der Bleierkrankung im betrieblichen Bereich spreche (Bl. 77/125 der Senats-Akte).
Weiter hat der Senat den HR-Manager des Arbeitgebers der Klägerin schriftlich als Zeugen vernommen. Dieser hat unter dem 17.03.2015 mitgeteilt, es habe seit 1986 an allen Lötarbeitsplätzen der Klägerin eine frei positionierbare Lötabsaugung mit Aktivkohlefilter mit Halterung am Arbeitstisch bestanden. Im "In Circuit-Tester" und im "Gear-Shift" habe es keine Emissionen gegeben. Beim Spritzlackieren sei eine zentrale Absaugung über das Dach erfolgt. Dabei seien alle Arbeitsplätze gleich gestaltet gewesen. Von 1986 bis 1995 seien Magnastrat-Stationen mit einer Regelung über einen Magneten benutzt worden. Die maximale erreichbare Temperatur betrage 370 Grad Celcius. Ab 1995 seien elektronisch geregelte Lötstationen mit erkennbaren Temperaturreglern benutzt worden. Die vorgeschriebene Löttemperatur betrage maximal 390 Grad Celcius. Die maximal einstellbare Temperatur betrage 450 Grad Celcius. Ferner könne in den beim Arbeitgeber der Klägerin verwendeten Öfen technisch bedingt eine maximale Temperatur von 270 Grad Celcius erreicht werden, wobei eine zentrale Absaugung über das Dach erfolge. Die Ergebnisse der Arbeitsplatzmessung der Firma I. vom 28./29.06.2004 seien auf die Arbeitsplatzverhältnisse der Klägerin von 1986 bis 2004 übertragbar. Schließlich sei im Jahr 2003 in der Produktionshalle der Boden neu beschichtet worden, wobei ein lösemittelfreies und wasserverdünnbares Epoxidharz verwendet worden sei (Bl. 140/142 der Senats-Akte).
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 09.11.2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.12.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei ihr eine Berufskrankheit nach Nr. 1101 der Anlage zur BKV festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf die Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil sowie des Dr. K. im Gutachten vom 30.09.2008. Dem auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG eingeholten Gutachten von Dr. B. könne nicht gefolgt werden, weil sich die vom Gutachter lediglich angenommene bzw. für möglich gehaltene Exposition gegenüber Blei allein auf die Angaben der Klägerin stütze. Weiter gehe der Gutachter fälschlicherweise davon aus, dass Absaugungen im Beschäftigungsbetrieb der Klägerin erst nach den Arbeitsplatzmessungen durch die Firma I. vom Arbeitgeber veranlasst worden seien. Tatsächlich seien die Arbeitsplätze "In Circuit-Tester" und "Gear-Shift" im Zeitraum von 1996 bis 2004 mit Aktivkohlefiltern abgesaugt worden. Ferner verweist die Beklagte auf die Messergebnisse der Firma I. sowie die Stellungnahme ihres Präventionsdienstes. Weiter unterstelle der Gutachter eine Temperatur des Lötkolbens von ca. 500 Grad Celcius und nehme eine Exposition an, da andere Mitarbeiter über Augenreizungen, Kopfschmerzen, Müdigkeit und Schwindel geklagt hätten und bei einer Kollegin eine Bleivergiftung festgestellt worden sei. Tatsächlich habe jedoch eine vom Betriebsarzt veranlasste Blutuntersuchung auf Blei bei 39 von 40 Mitarbeitern ein unauffälliges Ergebnis erbracht. Weiter führe Dr. B. eine Neulackierung des Betonbodens in der Produktionshalle an, ohne Hinweise darauf, dass dieser Lack bleihaltig gewesen sei.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt (Bl. 145 und 152 der Senats-Akte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten (3 Bände) sowie auf die Prozessakten des SG und des Senats verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber nicht begründet.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 09.11.2011 zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 16.05.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.12.2006 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung einer Berufskrankheit Nr. 1101 (Erkrankungen durch Blei oder seine Verbindungen) der Berufskrankheitenliste zur Anlage 1 der Berufskrankheitenverordnung (BKV).
Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Berufs-krankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustim-mung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrank-heiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch beson-dere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tä-tigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 SGB VII hat die Bundesregierung die Berufskrankheitenverordnung (BKV) vom 31.10.1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der die derzeit als Berufskrankheiten an-erkannten Krankheiten aufgeführt sind. Im Anhang zur BKV ist die Erkrankung durch Blei oder seine Verbindungen als Berufskrankheit nach Nr. 1101 enthalten.
Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweis, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 9. R - , veröffentlicht in juris). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit. Abweichend von der früheren Verwendung des Begriffs der haftungsbegründenden Kausalität folgt der Senat der überzeugenden neueren Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 02.04.2009, a.a.O.), dass auch im Berufskrankheiten-Recht der ursächliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und den Einwirkungen nicht als haftungsbegründende Kausalität bezeichnet werden kann. Erst die Verursachung einer Erkrankung oder ihre wesentliche Verschlimmerung durch die der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Einwirkungen - in nachgewiesener Dauer und Intensität - begründet eine "Haftung". Ebenso wie die haftungsausfüllende Kausalität zwischen Gesundheits(-erst-)schaden und Unfallfolge beim Arbeitsunfall ist die haftungsausfüllende Kausalität zwischen der berufsbedingten Erkrankung und den Berufskrankheitenfolgen, die dann gegebenenfalls zu bestimmten Versicherungsansprüchen führen, bei der Berufskrankheit keine Voraussetzung des Versicherungsfalles.
Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286); eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht (BSGE 60, 58 m.w.N.; vgl. auch Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, E § 9 RdNr. 26.2). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Lässt sich eine Tatsache nicht nachweisen oder ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus der nicht erwiesenen Tatsache bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten Kausalzusammenhang für sich herleitet (BSGE 19,52, 53; 30,121, 123; 43, 110, 112).
Nach diesen Maßstäben liegt bei der Klägerin keine Berufskrankheit nach Nr. 1101 der Anlage zur BKV vor.
Zwar ist eine bei der Klägerin vorliegende Bleibelastung zwischen den Beteiligten unstreitig. Jedoch ist eine für die Feststellung einer BK Nr. 1101 erforderliche berufliche Exposition gegenüber Blei nicht mit dem hierfür erforderlichen Beweismaßstab des Vollbeweises nachgewiesen.
Der Senat folgt im Ergebnis dem vom SG von Amts wegen eingeholten Gutachten von Dr. K. vom 30.09.2008. Dr. K. hat ausgeführt, dass es bei den von der Klägerin durchzuführenden Lötarbeiten nicht zu einer nennenswerten Freisetzung von Blei gekommen sei, da der Schmelzpunkt von Blei bei 327,43 Grad Celcius und der Siedepunkt bei 1750 Grad Celcius liege und Blei erst ab diesem Punkt verdampfe. Tatsächlich verdampft metallisches Blei wahrnehmbar ab 550 Grad Celcius (vgl. hierzu das Merkblatt zur BK Nr. 1101 (Bek. des BMA v. 19.05.1964, BArbBl Fachteil Arbeitsschutz 1964, 126 f.). Eine gesundheitsschädliche Exposition der Klägerin gegenüber Blei an ihren verschiedenen Arbeitsplätzen bei der Firma T. A. und C. GmbH ist nicht nachgewiesen. Die Klägerin war von 1986 bis 1996 am Handlötarbeitsplatz "Lenkstockschaltung" und mit der Bedienung von Punktschweißmaschinen beschäftigt. Der Arbeitgeber des Klägers hat auf Frage des Senats unter dem 17.03.2015 mitgeteilt, dass von 1986 bis 1995 sogenannte Magnastrat-Stationen, welche über einen Magneten geregelt sind, benutzt worden sind. Die dabei maximal erreichbare Temperatur beträgt nach Auskunft des Arbeitsgebers der Klägerin 370 Grad Celcius. Ab 1995 sind elektronisch geregelte Lötstationen mit erkennbaren Temperaturreglern benutzt worden. Die vorgeschriebene Löttemperatur beträgt dabei maximal 390 Grad. Die maximal einstellbare Temperatur liegt bei 450 Grad Celcius. Weiter hat der Arbeitgeber mitgeteilt, dass der benutzte Lötdraht in manchen Arbeitsvorgängen nicht über den Schmelzpunkt hinaus - gewollt oder ungewollt - bis circa 500 Grad Celcius oder bis zum Siedepunkt erhitzt worden sei, da die maximal technisch einstellbare Temperatur 450 Grad betrage und die zu verwendende Löttemperatur laut Arbeitsanweisung bei maximal 390 Grad Celcius liege. Weiter ist eine Exposition der Klägerin gegenüber Blei auch nicht bei ihrer Arbeit an den sog. Reflow-Öfen nachgewiesen. Nach Aussage des Arbeitgebers der Klägerin vom 17.03.2015 kann bei diesen Öfen, welche auf dem Prinzip der Konvektion basieren, eine maximale Temperatur von 270 Grad Celcius erreicht werden. An den anderen Arbeitsplätzen der Klägerin ("In Circuit-Tester" und "Gear-Shift") kam es zu keinen Emissionen. Ferner erfolgte nach Aussage des Arbeitgebers bereits seit 1986 eine Lötabsaugung mit Aktivkohlefiltern an jedem Arbeitsplatz. Bei den Reflow-Öfen erfolgte die Absaugung zentral über das Dach. Weiter wurden nach den Ergebnissen der durch die Firma I. am 28./29.06.2004 durchgeführten Arbeitsplatzmessungen die Arbeitsplatzgrenzwerte eingehalten. Nach der ergänzenden Stellungnahme der Firma I. vom 13.11.2006 hat eine stationäre Messung im hinteren Bereich des Reflow-Ofens eine dauerhaft sichere Einhaltung des Arbeitsplatzgrenzwertes ergeben. Zwar sei es auf Grund der Probenahmezeit von 124 Minuten und der Nachweisgrenze des Analyseverfahrens bei der personenbezogenen Messung nicht möglich gewesen, eine dauerhaft sichere Einhaltung des Arbeitsplatzgrenzwertes für Blei nachzuweisen. Jedoch sei aufgrund der Ergebnisse der stationären Messung und der Beurteilung des Arbeitsprozesses davon auszugehen, dass der Arbeitsplatzgrenzwert bei der personenbezogenen Messung ebenfalls dauerhaft sicher eingehalten werde. Nach Aussage des Arbeitgebers der Klägerin vom 17.03.2015 sind die Messergebnisse der Firma I. vom 28./29.06.2004 auch auf die Arbeitsplatzverhältnisse der Klägerin von 1986 bis 2004 übertragbar. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Einhaltung von Arbeitsplatzgrenzwerten nicht zwingend für den Ausschluss einer Exposition gegenüber Blei spricht. Jedoch ist eine nennenswerte Exposition der Klägerin gegenüber Blei nicht mit dem erforderlichen Maßstab des Vollbeweises nachgewiesen, der zudem nach den insoweit überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. K. die hohen Blutbleiwerte der Klägerin bei einer allenfalls geringen Arbeitsplatzkonzentration nicht erklärt.
Dem auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG eingeholten Gutachten von Dr. B. vom 07.12.2014 konnte sich der Senat hingegen nicht anschließen, da das Gutachten zu einem großen Teil auf unzutreffenden Vermutungen und den Angaben der Klägerin beruht. So führt Dr. B. beispielsweise aus, die im Juni 2004 erfolgten Arbeitsplatzmessungen könnten nicht auf die 18 Jahre zuvor begonnenen Tätigkeiten der Klägerin übertragen werden und nach Aussage der Klägerin seien während eines Großteils der Arbeitszeit keine Absaugungen durchgeführt worden. Weiter legt Dr. B. die Aussage der Klägerin zugrunde, dass der Lötkolben eine Temperatur von bis zu 500 Grad Celcius entwickelt habe und geht deshalb vom Nachweis einer Einwirkung aus. Diese Annahmen von Dr. B. sind jedoch durch die Angaben des Arbeitgebers der Klägerin vom 17.03.2015 widerlegt. Ferner argumentiert Dr. B. mit einem Anstieg der Beschwerden der Klägerin unmittelbar nach der Lackierung des Betonbodens am Arbeitsplatz im Jahre 2003 und folgert daraus eine hohe Wahrscheinlichkeit der Verursachung der Bleierkrankung im betrieblichen Bereich. Dabei ist jedoch nicht nachgewiesen, dass der Bodenlack bleihaltig war. Vielmehr wurde nach der Aussage des Arbeitsgebers der Klägerin ein lösemittelfreies und wasserverdünnbares Epoxidharz verwendet.
Gegen eine beruflich bedingte Exposition der Klägerin gegenüber Blei spricht die Tatsache, dass im Juni 2004 40 Blutproben von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Arbeitgebers der Klägerin im Institut für Rechtsmedizin der Universität M. auf Blei untersucht worden sind und diese Untersuchung lediglich bei der Klägerin einen stark erhöhten Wert ergeben hat (vgl. den Bericht des Instituts für Rechtsmedizin der Universität M. vom 14.06.2004, Bl. 242 der Verwaltungsakte).
Soweit die Klägerin vorträgt, ihre Beschwerden seien unmittelbar nach der Lackierung des Betonbodens am Arbeitsplatz im Jahre 2003 deutlich angestiegen, was für eine hohe Wahrscheinlichkeit der Verursachung der Bleierkrankung im betrieblichen Bereich spreche, ist wie bereits erwähnt auszuführen, dass zwar im Jahr 2003 in der Produktionshalle der Boden erneuert worden ist, dabei nach Auskunft des Arbeitgebers der Klägerin vom 17.03.2015 jedoch ein Epoxidharz verwendet worden ist. Hingegen ist weder von der Klägerin vorgetragen, noch sonst ersichtlich, dass das Epoxidharz Blei enthalten hat und dass bei der Lackierung Blei freigesetzt worden ist.
Im Ergebnis ist nach Auffassung des Senats ungeklärt, woher die unstreitige Belastung der Klägerin mit Blei herrührt. Die Annahme möglicher Konkurrenzursachen im häuslichen Bereich oder Urlaubsbereich wie beispielsweise Geschirr oder ähnliches durch Dr. K. bleibt spekulativ. Entscheidend ist aber, dass eine für die Feststellung einer BK Nr. 1101 erforderliche berufliche Einwirkung nicht mit dem erforderlichen Maßstab des Vollbeweises nachgewiesen ist. Dies geht nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus der nicht erwiesenen Tatsache für sich herleitet (BSGE 19,52, 53; 30, 121, 123; 43, 110, 112). Vorliegend geht die Nichterweislichkeit der beruflichen Exposition gegenüber Blei als anspruchsbegründende Tatsache zu Lasten der Klägerin. Für die volle richterliche Überzeugung, dass kein beruflich bedingter Zusammenhang wahrscheinlich ist, bedarf es nicht des positiven Ausschlusses von Alternativursachen, weshalb der Nachweis solcher Ursachen von der Beklagten nicht zu erbringen ist.
Ob das Krankheitsbild der Klägerin dem im Merkblatt zur BK Nr. 1101 unter III. aufgeführten Krankheitsbild einer Bleivergiftung entspricht bzw. wie das SG ausgeführt hat auf eine Hyperthyreose der Klägerin zurückzuführen ist, konnte der Senat offenlassen, da es bereits am erforderlichen Vollbeweis einer beruflichen Exposition gegenüber Blei fehlt.
Nach alledem war die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 1101 der Berufskrankheitenverordnung (BKV) (Erkrankungen durch Blei oder seine Verbindungen).
Die am 20.07.1966 geborene Klägerin ist portugiesische Staatsangehörige. Sie ist seit 1986 bei der Firma T. A. und C. GmbH, einem Automobilzulieferer für Elektronikteile und Mitgliedsunternehmen der Beklagten, in R. beschäftigt. Von 1986 bis 1996 war sie auf einem Handlötarbeitsplatz "Lenkstockschaltung" und mit der Bedienung einer Punktschweißmaschine beschäftigt. Von 1996 bis 2004 bediente sie ein Testgerät für bestückte Leiterplatten ("In Circuit Tester"). Dabei war sie von 2000 bis 2002 am Arbeitsplatz "Gear Shift" mit der Sichtkontrolle von bestückten Leiterplatten, dem Bestücken und dem Nachlöten beschäftigt. Seit 2003 machte sie für circa sechs Wochen pro Jahr Urlaubsvertretung beim Spritzlackieren von Leiterplatten. Seit Juli 2004 ist die Klägerin arbeitsunfähig krank.
Die Krankenkasse der Klägerin erstattete unter dem 22.07.2004 bei der S. M.-Berufsgenossenschaft eine Anzeige einer Berufskrankheit. Die S. M.-Berufsgenossenschaft übermittelte die Anzeige unter dem 23.07.2004 an die Beklagte.
Im Durchgangsarztbericht des Chirurgen Dr. K. vom 13.09.2004 ist unter Bezugnahme auf einen Blutbefund des Instituts für Rechtsmedizin der Universität M. die Diagnose einer Bleivergiftung gestellt (Bl. 13 der Verwaltungsakte).
Die Beklagte zog im Rahmen des Feststellungsverfahrens Befundberichte beim Hausarzt der Klägerin, dem Internisten und Umweltmediziner Dr. G. bei (Bl. 14 ff. der Verwaltungsakte). Weiter zog sie einen technischen Bericht der I. für L.-, A.-, B. und Umweltfragen (I.) vom 16.08.2004 über am 28. und 29.06.2004 erfolgte Arbeitsplatzmessungen beim Arbeitgeber der Klägerin bei (Bl. 27 ff. der Verwaltungsakte). Im Ergebnis wird dabei davon ausgegangen, dass die MAK-Werte hinsichtlich Blei sicher eingehalten werden.
Der Arbeitgeber der Klägerin teilte auf Frage der Beklagten unter dem 01.10.2004 mit, als Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz der Klägerin seien Absaugungen vorgenommen worden. Zudem verwies er auf die der Beklagten vorliegenden Sicherheitsdatenblätter der verwendeten Lötmaterialien.
Am 14.03.2005 erstattete der Nervenarzt Dr. B. bei der Krankenkasse der Klägerin eine ärztliche Anzeige über eine Berufskrankheit. Dr. B. diagnostizierte eine Neuropathie, eine chemische Überempfindlichkeit sowie eine erhebliche Störung der kognitiven Funktionen in der Psychometrie. Dr. B. fügte das Ergebnis einer testpsychologischen Untersuchung vom 08.11.2004 und einen Arztbrief vom 07.03.2005 bei (Bl. 79 ff. der Verwaltungsakte).
Weiter zog die Beklagte ein sozialmedizinisches Gutachten des MDK vom 14.02.2005 nach Aktenlage bei, in welchem chronische Kopfschmerzen, Schwindel, Gelenkschmerzen, Müdigkeit sowie eine fragliche Belastung mit Berufsstoffen und als Differenzialdiagnose eine Psychosomatose diagnostiziert werden sowie Laborbefunde und weitere ärztliche Befundberichte bei (Bl. 97 ff der Verwaltungsakte).
Der Betriebsarzt des Arbeitgebers der Klägerin Dr. K. teilte auf Frage der Beklagten mit Schreiben vom 17.07.2005 und vom 29.05.2007 unter Verweis auf einen Bericht des Instituts für Rechtsmedizin der Universität M. vom 14.06.2004 mit, im Jahre 2003 sei eine andere Mitarbeiterin wegen ungeklärter gesundheitlicher Probleme mit negativem Ergebnis auf eine Bleiintoxikation untersucht worden (Bl. 241 der Verwaltungsakte). Es seien keine weiteren Fälle von erhöhten Bleikonzentrationen im Blut bei anderen Mitarbeitern bekannt.
Die Beklagte holte eine Stellungnahme ihrer Präventionsabteilung zu den Arbeitsplatzmessungen der Firma I. vom 28./29.06.2004 ein, welche nach Ermittlungen beim Arbeitgeber der Klägerin am 08.12.2005 erstellt worden ist. Nach den Feststellungen des technischen Aufsichtsbeamten liegt eine Einwirkung im Sinne des ärztlichen Merkblatts zur BK Nr. 1101 nicht vor (vgl. Stellungnahme vom 02.01.2006, Bl. 139 der Verwaltungsakte).
Mit Schreiben vom 03.02.2006 und 11.04.2006 schlug der staatliche Gewerbearzt eine Begutachtung der Klägerin wegen der Diskrepanz zwischen den bei der Klägerin gefundenen erhöhten Bleiwerten im Blut und der arbeitstechnischen Stellungnahme der Präventionsabteilung der Beklagten vor. Ferner wies der staatliche Gewerbearzt darauf hin, dass neben der Klägerin auch deren Familienangehörige auf eine Bleibelastung untersucht worden seien, wobei das Ergebnis bezüglich der Familienangehörigen negativ gewesen sei, weshalb davon auszugehen sei, dass eine Bleibelastung am ehesten im Betrieb bestanden habe (Bl. 150 und 155 der Verwaltungsakte).
Mit Bescheid vom 16.05.2006 stellte die Beklagte fest, dass bei der Klägerin keine Berufskrankheit nach Nr. 1101 der Berufskrankheitenliste (Erkrankungen durch Blei oder seine Verbindungen) bestehe. Ansprüche auf Leistungen lehnte die Beklagte ab. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin sei während ihrer Berufstätigkeit keinen Einwirkungen ausgesetzt gewesen, die geeignet seien, eine Berufskrankheit zu verursachen (Bl. 161 der Verwaltungsakte).
Hiergegen legte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 18.05.2006 Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie vortrug, die Klägerin leide unter starken Kopfschmerzen mit Schwindel, Schmerzen in beiden Unterschenkeln sowie blauen Flecken, chronischer Müdigkeit, Verstopfung, Brechreiz, Bewegungsschmerzen der Extremitäten, zunehmender Vergesslichkeit, Haarausfall, Infektanfälligkeit und Nervosität. Die bei verschiedenen Blutuntersuchungen festgestellten Bleiwerte seien deutlich erhöht. Sie arbeite seit 18 Jahren bei der Firma TRW und sei dabei Blei- und Zinnloten, Klebern, Flussmitteln, Lösemitteldämpfen und Lötpasten ausgesetzt. Ferner sei im November 2003 der Fußboden am Arbeitsplatz neu lackiert worden, was zu einer plötzlichen Verschlimmerung der Beschwerden geführt habe. Auffällig sei, dass die Messprotokolle über die am 28.06.2004 erfolgten Arbeitsplatzmessungen in Bezug auf Blei jeweils darauf hinwiesen, dass auf Grund der Nachweisgrenze des Verfahrens eine dauerhaft sichere Einhaltung nicht hinreichend nachgewiesen werden könne. Ferner seien die Messergebnisse eines einzigen Tages nicht aussagekräftig für die Einwirkung von Blei während ihres gesamten Arbeitslebens. Es lasse sich dem Protokoll nicht entnehmen, inwieweit die Bedingungen an diesem Tag auch in den Vorjahren bestanden hätten. Schließlich habe der staatliche Gewerbearzt eine Begutachtung vorgeschlagen, was die Beklagte jedoch nicht veranlasst habe (Bl. 188 und 194 der Verwaltungsakte).
Die Beklagte zog weitere Untersuchungsergebnisse bei und veranlasste eine ergänzende Stellungnahme ihres Präventionsdienstes sowie der Firma I ... Der technische Aufsichtsbeamte der Beklagten teilte unter dem 17.11.2006 mit, bei den Messungen vom 16.08.2004 (Erstelldatum Bericht; gemeint: 28/29.08.2004) habe auf Grund des Produktionsablaufes nur eine Messung von über einen Zeitraum von 124 Minuten vorgenommen werden können. Die personengetragene Messung habe eine Belastung unterhalb der Nachweisgrenze ergeben. Es sei nicht korrekt, daraus auf eine nicht dauerhaft sichere Einhaltung der Grenzwerte zu schließen. Parallel dazu seien am Arbeitsplatz stationäre Messungen mit niedrigerer Nachweisgrenze durchgeführt worden, wobei die dauerhaft sichere Einhaltung habe nachgewiesen werden können (Bl. 203 der Verwaltungsakte).
Die Firma I. teilte in ihrer Stellungnahme vom 13.11.2006 mit, die höchsten Bleikonzentrationen träten im hinteren Bereich des Reflow-Ofens auf. Zusätzlich zur Durchführung der personenbezogenen Messung sei eine stationäre Messung in diesem Bereich durchgeführt worden, welche eine dauerhaft sichere Einhaltung des Arbeitsplatzgrenzwertes ergeben habe. Die personenbezogene Messung habe nur über einen Zeitraum von 124 Minuten durchgeführt werden können. Hierbei sei es auf Grund der Probenahmezeit und der Nachweisgrenze des Analyseverfahrens nicht möglich gewesen, eine dauerhaft sichere Einhaltung des Arbeitsplatzgrenzwertes für Blei nachzuweisen. Auf Grund der Ergebnisse der stationären Messung und der Beurteilung des Arbeitsprozesses sei jedoch davon auszugehen, dass der Arbeitsplatzgrenzwert bei der personenbezogenen Messung ebenfalls dauerhaft sicher eingehalten werde (Bl. 204 der Verwaltungsakte).
Ferner holte die Beklagte eine beratungsärztliche Stellungnahme bei Dr. W. ein, welche unter dem 12.12.2006 die Auffassung vertrat, dass weder eine gesicherte Exposition noch eine gesicherte Diagnose vorliege. Insbesondere seien auch bei anderen Beschäftigten keine weiteren Erhöhungen der Blutbleikonzentration gefunden worden (Bl. 216 der Verwaltungsakte).
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.12.2006 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie unter Bezugnahme auf die Stellungnahme ihres Präventionsdienstes vom 17.11.2006 und der ergänzenden Stellungnahme der Firma I. vom 13.11.2006 aus, bei den Bleikonzentrationen in der Arbeitsumgebung der Klägerin sei auszuschließen, dass erhöhte Blutbleiwerte bzw. krankhafte Befunde beruflich verursacht seien. Gegen einen Zusammenhang spreche auch, dass bei anderen Mitarbeitern keine bleibedingten Auffälligkeiten bestanden hätten. Schließlich sei die Klägerin zu Schutzmaßnahmen und hygienischen Verhaltensregeln geschult worden (Bl. 218 der Verwaltungsakte).
Dagegen erhob die Klägerin am 10.01.2007 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG), zu deren Begründung sie zunächst auf ihre Widerspruchsbegründung verwies und darüber hinausgehend vortrug, die Messergebnisse vom 28.06.2004 seien nicht repräsentativ, da in Anbetracht der 18-jährigen Beschäftigungszeit der Klägerin eine 124 minütige Probenahmezeit zu kurz sei. Daher seien frühere oder spätere Messergebnisse beizuziehen. Weiter setze die Anerkennung einer BK Nr. 1101 nicht voraus, dass die MAK-Werte bei der Einwirkung von Blei überschritten würden. Vielmehr genüge die Einwirkung von Blei als solche und der Nachweis entsprechender Bleiwerte im Blut sowie das Auftreten entsprechender Erkrankungen, was bei ihr der Fall sein. Zudem sei noch mindestens eine weitere Bleivergiftung im Betrieb festgestellt worden. Die Schutzmaßnahmen, zu deren Einhaltung sie geschult worden sei, verhinderten nicht das Einatmen giftiger Dämpfe. Es gebe keine andere Ursache für die gravierende Bleivergiftung. Schließlich verwies sie nochmals auf die Verstärkung der Beschwerden wegen der Einwirkung durch den neulackierten Fußboden.
Das SG holte ein Gutachten von Amts wegen bei dem Facharzt für Innere Medizin und Arbeitsmedizin Dr. K. - Zentralinstitut für medizinische Begutachtungen und Arbeitsmedizin M. - ein. Im Gutachten vom 30.09.2008 (Bl. 27 ff der SG-Akte) diagnostizierte Dr. K. eine Struma I, eine Cholezystektomie, einen Zustand nach gynäkologischer Operation, eine Chondopathia patellae, einen Zustand nach Hepatitis B, einen erhöhten Serum-Nickel-Wert und einen erhöhten Chrom- und Aluminium-Wert im Urin sowie eine chronische Bleiintoxikation. Bei der Klägerin sei zudem von einer latenten Hyperthyreose auszugehen, sodass die bei ihr bestehenden hypotonen Kreislaufstörungen mit Schwindelgefühl, Abgeschlagenheit und sonstigen Kreislaufstörungen im Rahmen der hyperthyreosen Stoffwechsellage zu interpretieren sein könnten. Die Bauchbeschwerden der Klägerin könnten entweder auf ein sogenanntes Post-Cholezystektomie-Syndrom oder auch auf Verwachsungsbeschwerden nach einer gynäkologischen Operation zurückgeführt werden. Eine Kausalität im Sinne von Bleikoliken sei unwahrscheinlich. Ferner habe die Klägerin eine Hepatitis B durchgemacht, welche die erhöhten Leberwerte erklären könne. Die erste Blutuntersuchung im April 2004 habe einen Wert von 662 µg/l Blei ergeben. Der Wert sei zunächst angestiegen, dann nach einer weitergehenden Ausleitungstherapie jedoch konstant abgesunken. Bei der durch Dr. K. durchgeführten Untersuchung habe sich kein nennenswerter Blutbleispiegel mehr nachweisen lassen. Die hohen Bleiwerte stünden im Widerspruch zu den Ergebnissen der Arbeitsplatzanalysen, nach denen keine nennenswerte Belastung durch Blei vorliege. Aus dem Bericht des Universitätsklinikums F. sei ersichtlich, dass auch die Familienmitglieder der Klägerin erhöhte Bleikonzentrationen im Blut aufwiesen. Ferner komme es bei dem von der Klägerin durchzuführenden Lötvorgang nicht zu einer nennenswerten Freisetzung von Blei, da der Schmelzpunkt von Blei bei 327,43 Grad Celcius und der Siedepunkt bei 1750 Grad Celcius liege, d. h. erst ab diesem Punkt verdampfe das Blei. Es sei letztlich ungeklärt, woher die erhöhten Blutbleispiegel kämen, insbesondere sei der Anstieg des Blutbleispiegels von Mai 2004 bis Juli 2004 von 662 auf 929 µg/l nicht durch den Arbeitsplatz erklärbar. Es sei am ehesten davon auszugehen, dass die Bleiquelle im häuslichen Bereich oder im Urlaubsbereich liege. Eine BK Nr. 1101 liege nicht vor.
Die Klägerin legte eine Stellungnahme ihrer behandelnden Fachärztin für Allgemein- und Umweltmedizin Frau D. vom 06.02.2009 vor, in welcher Frau D. das Gutachten von Dr. K. kritisierte und ausführte, zunächst sei nach dem Bleiexposititonsstop Anfang Juli 2004 das kontinuierliche Absinken der Blutbleilast deutlich erkennbar gewesen. Ferner habe entgegen der Behauptung des Gutachters eine Bleibelastung der Familienmitglieder bereits 2004 in der Umweltambulanz des Universitätsklinikums Freiburg ausgeschlossen werden können. Ferner führten diverse Fachärzte den Arbeitsplatz als Ursache der Bleibelastung an. Die Arbeitsplatzuntersuchungen seien lückenhaft und keinesfalls repräsentativ. Die Bauchbeschwerden der Klägerin hätten bereits vor der Gallenoperation im Jahre 2003 bestanden. Weiter habe die Klägerin keine Hepatitis durchgemacht, sondern es sei eine Impfung gegen Hepatitis erfolgt. Schließlich trete eine Verdunstung von Blei bereits unterhalb des Siedepunktes auf (Bl. 83 ff. SG-Akte).
In der vom SG ergänzend eingeholten Stellungnahme des Gutachters Dr. K. 16.10.2009 verteidigte Dr. K. sein Gutachten und führte insbesondere aus, eine Exposition gegenüber organischem Blei habe zu keinem Zeitpunkt stattgefunden und typische Symptome einer chronischen Bleiintoxikation seien bei der Klägerin nicht nachgewiesen. Das diffuse Krankheitsbild der Klägerin sei auf ein MCS-Syndrom zurückzuführen (Bl. 99 ff. der SG-Akte).
Die Klägerin legte eine weitere Stellungnahme von Frau D. vom 16.02.2010 vor (Bl. 107 ff. der SG-Akte). Das SG holte eine weitere Stellungnahme des Gutachters Dr. K. ein, welcher an seiner Auffassung festhielt (Stellungnahme vom 03.12.2010; Bl. 118 ff. der SG-Akte).
Mit Urteil vom 09.11.2011 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte das SG aus, die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 1101 der BKV lägen nicht vor. Unstreitig sei zwar eine Bleibelastung der Klägerin, jedoch sei der Nachweis, dass diese im beruflichen Umfeld erworben worden offen. Zwar sei entgegen den Ausführungen des Gutachters Dr. K. davon auszugehen, dass die Familienmitglieder der Klägerin keine Bleibelastung aufweisen. Jedoch sei der Auffassung des Gutachters, dass während der 10-jährigen Tätigkeit der Klägerin als Löterin kein nennenswerter Bleidampf entstanden sein könne, zuzustimmen. Die Klägerin habe in der mündlichen Verhandlung angegeben, der Lötkolben habe 400 bis 500 Grad Celcius Temperatur entwickelt. Blei verdampfe aber erst bei einer Temperatur von 1700 Grad Celsius. Gleiches gelte für die fehlgeschlagenen Arbeitsprozesse, bei denen es zu Verkohlungen im Bereich der Produktion von Leiterplatten gekommen sei. Hier sei nicht anzunehmen, dass eine Hitze entstanden sein, welche Bleidämpfe in relevantem Umfang erzeugt haben könne. Zwar erscheine die Aufnahme von Blei bei der Reinigung von fehlverarbeiteten Leiterplatten möglich, jedoch genüge eine bloße Möglichkeit für den tatsächlichen Nachweis eines relevanten Bleikontakts am Arbeitsplatz nicht. Ferner lägen bei der Klägerin auch keine eindeutigen Krankheitszeichen vor, die als typische Erkrankung nach der Aufnahme einer relevanten Menge Blei bekannt seien. Insbesondere leide die Klägerin an einer Hyperthyreose, mit der die geschilderten Beeinträchtigungen zwanglos in Verbindung gebracht werden könnten.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 25.11.2011 zugestellte Urteil hat dieser am 23.12.2011 Berufung zu Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt und diese nicht begründet.
Der Senat hat auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG ein Gutachten bei dem Arzt für Arbeits- und Umweltmedizin Dr. B. (Beweisanordnung vom 27.09.2012) sowie ein Zusatzgutachten bei der Neurologin Dr. S. eingeholt.
Im neurologischen Zusatzgutachten vom 10.02.2014 hat Dr. S. ausgeführt, bei der neurologischen Untersuchung der Klägerin hätte sich kein pathologischer Befund ergeben (Bl. 66/68 der Senats-Akte).
Im Hauptgutachten vom 07.12.2014 hat Dr. B. bei der Klägerin eine leicht- bis mittelgradige toxisch bedingte Enzephalopathie sowie eine gastrointestinale Erkrankung nach Bleiintoxikation diagnostiziert. Bei der Klägerin liege eine Berufskrankheit nach Nr. 1101 der BKV vor. Eine Bleivergiftung durch außerbetriebliche Tätigkeiten sei sehr unwahrscheinlich. Hinsichtlich der Familienmitglieder der Klägerin müsse zwischen ihrem Mann und ihren Kindern unterschieden werden. Die Bleiwerte des Ehemannes seien leicht erhöht, was sich jedoch dadurch plausibel erkläre, dass er Raucher sei. Bei den beiden Kindern sei kein erhöhter Bleiwert gemessen worden. Damit könne die Ursache der hohen Bleiwerte nicht im häuslichen Bereich liegen. Eine betriebliche Verursachung der Erkrankung sei sehr wahrscheinlich. Die im Juni 2004 erhobenen Messwerte bei der Arbeitsplatzmessung könnten nicht als Maßstab für eine Tätigkeit gelten, welche 18 Jahre zuvor begonnen habe. Nach den Aussagen der Klägerin sei davon auszugehen, dass während eines erheblichen Teils ihrer Arbeitszeit keine Absaugungen durchgeführt worden seien. Daher sei anzunehmen, dass die Arbeitsplatzkonzentrationen ohne Absaugungen wahrscheinlich im gesundheitsgefährdenden Bereich gelegen hätten. Weiter habe die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem SG angegeben, der Lötkolben habe eine Temperatur von 400 bis 500 Grad Celcius entwickelt. Ausweislich des Merkblattes zur BK Nr. 1101 verdampfe Blei wahrnehmbar ab 550 Grad Celcius. Unter Zugrundelegung der Annahme, dass der Lötkolben eine Temperatur von circa 500 Grad Celcius entwickelt habe, sei eine Einwirkung allein deshalb nachgewiesen. Der von Dr. K. als Gegenargument verwendete Anstieg des Blutbleispiegels von Mai 2004 bis Juli 2004 von 662 auf 929 µg/l sei damit zu erklären, dass der Klägerin, welche bereits unter einer Bleiintoxikation gelitten habe, die erhöhten Temperaturen während der Sommermonate zu schaffen gemacht hätten. Auch sei die von Dr. K. unterstellte Ursache der Bauchschmerzen durch Verwachsungen eine Hypothese, da kein laparoskopischer Nachweis von Verwachsungen erfolgt sei. Die Klägerin weise so gut wie alle Symptome eines kritischen Anfangsstadiums einer Bleivergiftung auf. Ferner seien sogenannte Bleikoliken typische Anzeichen des fortgeschrittenen Stadiums. Die Klägerin sei wegen Bauchschmerzen in eine Notfallambulanz eingeliefert worden und habe Bauchkoliken erlitten. Schließlich sei der Anstieg der Beschwerden der Klägerin unmittelbar nach der Lackierung des Betonbodens am Arbeitsplatz im Jahre 2003 zu verzeichnen, was für eine hohe Wahrscheinlichkeit der Verursachung der Bleierkrankung im betrieblichen Bereich spreche (Bl. 77/125 der Senats-Akte).
Weiter hat der Senat den HR-Manager des Arbeitgebers der Klägerin schriftlich als Zeugen vernommen. Dieser hat unter dem 17.03.2015 mitgeteilt, es habe seit 1986 an allen Lötarbeitsplätzen der Klägerin eine frei positionierbare Lötabsaugung mit Aktivkohlefilter mit Halterung am Arbeitstisch bestanden. Im "In Circuit-Tester" und im "Gear-Shift" habe es keine Emissionen gegeben. Beim Spritzlackieren sei eine zentrale Absaugung über das Dach erfolgt. Dabei seien alle Arbeitsplätze gleich gestaltet gewesen. Von 1986 bis 1995 seien Magnastrat-Stationen mit einer Regelung über einen Magneten benutzt worden. Die maximale erreichbare Temperatur betrage 370 Grad Celcius. Ab 1995 seien elektronisch geregelte Lötstationen mit erkennbaren Temperaturreglern benutzt worden. Die vorgeschriebene Löttemperatur betrage maximal 390 Grad Celcius. Die maximal einstellbare Temperatur betrage 450 Grad Celcius. Ferner könne in den beim Arbeitgeber der Klägerin verwendeten Öfen technisch bedingt eine maximale Temperatur von 270 Grad Celcius erreicht werden, wobei eine zentrale Absaugung über das Dach erfolge. Die Ergebnisse der Arbeitsplatzmessung der Firma I. vom 28./29.06.2004 seien auf die Arbeitsplatzverhältnisse der Klägerin von 1986 bis 2004 übertragbar. Schließlich sei im Jahr 2003 in der Produktionshalle der Boden neu beschichtet worden, wobei ein lösemittelfreies und wasserverdünnbares Epoxidharz verwendet worden sei (Bl. 140/142 der Senats-Akte).
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 09.11.2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.12.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei ihr eine Berufskrankheit nach Nr. 1101 der Anlage zur BKV festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf die Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil sowie des Dr. K. im Gutachten vom 30.09.2008. Dem auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG eingeholten Gutachten von Dr. B. könne nicht gefolgt werden, weil sich die vom Gutachter lediglich angenommene bzw. für möglich gehaltene Exposition gegenüber Blei allein auf die Angaben der Klägerin stütze. Weiter gehe der Gutachter fälschlicherweise davon aus, dass Absaugungen im Beschäftigungsbetrieb der Klägerin erst nach den Arbeitsplatzmessungen durch die Firma I. vom Arbeitgeber veranlasst worden seien. Tatsächlich seien die Arbeitsplätze "In Circuit-Tester" und "Gear-Shift" im Zeitraum von 1996 bis 2004 mit Aktivkohlefiltern abgesaugt worden. Ferner verweist die Beklagte auf die Messergebnisse der Firma I. sowie die Stellungnahme ihres Präventionsdienstes. Weiter unterstelle der Gutachter eine Temperatur des Lötkolbens von ca. 500 Grad Celcius und nehme eine Exposition an, da andere Mitarbeiter über Augenreizungen, Kopfschmerzen, Müdigkeit und Schwindel geklagt hätten und bei einer Kollegin eine Bleivergiftung festgestellt worden sei. Tatsächlich habe jedoch eine vom Betriebsarzt veranlasste Blutuntersuchung auf Blei bei 39 von 40 Mitarbeitern ein unauffälliges Ergebnis erbracht. Weiter führe Dr. B. eine Neulackierung des Betonbodens in der Produktionshalle an, ohne Hinweise darauf, dass dieser Lack bleihaltig gewesen sei.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt (Bl. 145 und 152 der Senats-Akte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten (3 Bände) sowie auf die Prozessakten des SG und des Senats verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber nicht begründet.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 09.11.2011 zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 16.05.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.12.2006 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung einer Berufskrankheit Nr. 1101 (Erkrankungen durch Blei oder seine Verbindungen) der Berufskrankheitenliste zur Anlage 1 der Berufskrankheitenverordnung (BKV).
Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Berufs-krankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustim-mung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrank-heiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch beson-dere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tä-tigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 SGB VII hat die Bundesregierung die Berufskrankheitenverordnung (BKV) vom 31.10.1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der die derzeit als Berufskrankheiten an-erkannten Krankheiten aufgeführt sind. Im Anhang zur BKV ist die Erkrankung durch Blei oder seine Verbindungen als Berufskrankheit nach Nr. 1101 enthalten.
Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweis, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 9. R - , veröffentlicht in juris). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit. Abweichend von der früheren Verwendung des Begriffs der haftungsbegründenden Kausalität folgt der Senat der überzeugenden neueren Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 02.04.2009, a.a.O.), dass auch im Berufskrankheiten-Recht der ursächliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und den Einwirkungen nicht als haftungsbegründende Kausalität bezeichnet werden kann. Erst die Verursachung einer Erkrankung oder ihre wesentliche Verschlimmerung durch die der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Einwirkungen - in nachgewiesener Dauer und Intensität - begründet eine "Haftung". Ebenso wie die haftungsausfüllende Kausalität zwischen Gesundheits(-erst-)schaden und Unfallfolge beim Arbeitsunfall ist die haftungsausfüllende Kausalität zwischen der berufsbedingten Erkrankung und den Berufskrankheitenfolgen, die dann gegebenenfalls zu bestimmten Versicherungsansprüchen führen, bei der Berufskrankheit keine Voraussetzung des Versicherungsfalles.
Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286); eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht (BSGE 60, 58 m.w.N.; vgl. auch Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, E § 9 RdNr. 26.2). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Lässt sich eine Tatsache nicht nachweisen oder ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus der nicht erwiesenen Tatsache bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten Kausalzusammenhang für sich herleitet (BSGE 19,52, 53; 30,121, 123; 43, 110, 112).
Nach diesen Maßstäben liegt bei der Klägerin keine Berufskrankheit nach Nr. 1101 der Anlage zur BKV vor.
Zwar ist eine bei der Klägerin vorliegende Bleibelastung zwischen den Beteiligten unstreitig. Jedoch ist eine für die Feststellung einer BK Nr. 1101 erforderliche berufliche Exposition gegenüber Blei nicht mit dem hierfür erforderlichen Beweismaßstab des Vollbeweises nachgewiesen.
Der Senat folgt im Ergebnis dem vom SG von Amts wegen eingeholten Gutachten von Dr. K. vom 30.09.2008. Dr. K. hat ausgeführt, dass es bei den von der Klägerin durchzuführenden Lötarbeiten nicht zu einer nennenswerten Freisetzung von Blei gekommen sei, da der Schmelzpunkt von Blei bei 327,43 Grad Celcius und der Siedepunkt bei 1750 Grad Celcius liege und Blei erst ab diesem Punkt verdampfe. Tatsächlich verdampft metallisches Blei wahrnehmbar ab 550 Grad Celcius (vgl. hierzu das Merkblatt zur BK Nr. 1101 (Bek. des BMA v. 19.05.1964, BArbBl Fachteil Arbeitsschutz 1964, 126 f.). Eine gesundheitsschädliche Exposition der Klägerin gegenüber Blei an ihren verschiedenen Arbeitsplätzen bei der Firma T. A. und C. GmbH ist nicht nachgewiesen. Die Klägerin war von 1986 bis 1996 am Handlötarbeitsplatz "Lenkstockschaltung" und mit der Bedienung von Punktschweißmaschinen beschäftigt. Der Arbeitgeber des Klägers hat auf Frage des Senats unter dem 17.03.2015 mitgeteilt, dass von 1986 bis 1995 sogenannte Magnastrat-Stationen, welche über einen Magneten geregelt sind, benutzt worden sind. Die dabei maximal erreichbare Temperatur beträgt nach Auskunft des Arbeitsgebers der Klägerin 370 Grad Celcius. Ab 1995 sind elektronisch geregelte Lötstationen mit erkennbaren Temperaturreglern benutzt worden. Die vorgeschriebene Löttemperatur beträgt dabei maximal 390 Grad. Die maximal einstellbare Temperatur liegt bei 450 Grad Celcius. Weiter hat der Arbeitgeber mitgeteilt, dass der benutzte Lötdraht in manchen Arbeitsvorgängen nicht über den Schmelzpunkt hinaus - gewollt oder ungewollt - bis circa 500 Grad Celcius oder bis zum Siedepunkt erhitzt worden sei, da die maximal technisch einstellbare Temperatur 450 Grad betrage und die zu verwendende Löttemperatur laut Arbeitsanweisung bei maximal 390 Grad Celcius liege. Weiter ist eine Exposition der Klägerin gegenüber Blei auch nicht bei ihrer Arbeit an den sog. Reflow-Öfen nachgewiesen. Nach Aussage des Arbeitgebers der Klägerin vom 17.03.2015 kann bei diesen Öfen, welche auf dem Prinzip der Konvektion basieren, eine maximale Temperatur von 270 Grad Celcius erreicht werden. An den anderen Arbeitsplätzen der Klägerin ("In Circuit-Tester" und "Gear-Shift") kam es zu keinen Emissionen. Ferner erfolgte nach Aussage des Arbeitgebers bereits seit 1986 eine Lötabsaugung mit Aktivkohlefiltern an jedem Arbeitsplatz. Bei den Reflow-Öfen erfolgte die Absaugung zentral über das Dach. Weiter wurden nach den Ergebnissen der durch die Firma I. am 28./29.06.2004 durchgeführten Arbeitsplatzmessungen die Arbeitsplatzgrenzwerte eingehalten. Nach der ergänzenden Stellungnahme der Firma I. vom 13.11.2006 hat eine stationäre Messung im hinteren Bereich des Reflow-Ofens eine dauerhaft sichere Einhaltung des Arbeitsplatzgrenzwertes ergeben. Zwar sei es auf Grund der Probenahmezeit von 124 Minuten und der Nachweisgrenze des Analyseverfahrens bei der personenbezogenen Messung nicht möglich gewesen, eine dauerhaft sichere Einhaltung des Arbeitsplatzgrenzwertes für Blei nachzuweisen. Jedoch sei aufgrund der Ergebnisse der stationären Messung und der Beurteilung des Arbeitsprozesses davon auszugehen, dass der Arbeitsplatzgrenzwert bei der personenbezogenen Messung ebenfalls dauerhaft sicher eingehalten werde. Nach Aussage des Arbeitgebers der Klägerin vom 17.03.2015 sind die Messergebnisse der Firma I. vom 28./29.06.2004 auch auf die Arbeitsplatzverhältnisse der Klägerin von 1986 bis 2004 übertragbar. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Einhaltung von Arbeitsplatzgrenzwerten nicht zwingend für den Ausschluss einer Exposition gegenüber Blei spricht. Jedoch ist eine nennenswerte Exposition der Klägerin gegenüber Blei nicht mit dem erforderlichen Maßstab des Vollbeweises nachgewiesen, der zudem nach den insoweit überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. K. die hohen Blutbleiwerte der Klägerin bei einer allenfalls geringen Arbeitsplatzkonzentration nicht erklärt.
Dem auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG eingeholten Gutachten von Dr. B. vom 07.12.2014 konnte sich der Senat hingegen nicht anschließen, da das Gutachten zu einem großen Teil auf unzutreffenden Vermutungen und den Angaben der Klägerin beruht. So führt Dr. B. beispielsweise aus, die im Juni 2004 erfolgten Arbeitsplatzmessungen könnten nicht auf die 18 Jahre zuvor begonnenen Tätigkeiten der Klägerin übertragen werden und nach Aussage der Klägerin seien während eines Großteils der Arbeitszeit keine Absaugungen durchgeführt worden. Weiter legt Dr. B. die Aussage der Klägerin zugrunde, dass der Lötkolben eine Temperatur von bis zu 500 Grad Celcius entwickelt habe und geht deshalb vom Nachweis einer Einwirkung aus. Diese Annahmen von Dr. B. sind jedoch durch die Angaben des Arbeitgebers der Klägerin vom 17.03.2015 widerlegt. Ferner argumentiert Dr. B. mit einem Anstieg der Beschwerden der Klägerin unmittelbar nach der Lackierung des Betonbodens am Arbeitsplatz im Jahre 2003 und folgert daraus eine hohe Wahrscheinlichkeit der Verursachung der Bleierkrankung im betrieblichen Bereich. Dabei ist jedoch nicht nachgewiesen, dass der Bodenlack bleihaltig war. Vielmehr wurde nach der Aussage des Arbeitsgebers der Klägerin ein lösemittelfreies und wasserverdünnbares Epoxidharz verwendet.
Gegen eine beruflich bedingte Exposition der Klägerin gegenüber Blei spricht die Tatsache, dass im Juni 2004 40 Blutproben von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Arbeitgebers der Klägerin im Institut für Rechtsmedizin der Universität M. auf Blei untersucht worden sind und diese Untersuchung lediglich bei der Klägerin einen stark erhöhten Wert ergeben hat (vgl. den Bericht des Instituts für Rechtsmedizin der Universität M. vom 14.06.2004, Bl. 242 der Verwaltungsakte).
Soweit die Klägerin vorträgt, ihre Beschwerden seien unmittelbar nach der Lackierung des Betonbodens am Arbeitsplatz im Jahre 2003 deutlich angestiegen, was für eine hohe Wahrscheinlichkeit der Verursachung der Bleierkrankung im betrieblichen Bereich spreche, ist wie bereits erwähnt auszuführen, dass zwar im Jahr 2003 in der Produktionshalle der Boden erneuert worden ist, dabei nach Auskunft des Arbeitgebers der Klägerin vom 17.03.2015 jedoch ein Epoxidharz verwendet worden ist. Hingegen ist weder von der Klägerin vorgetragen, noch sonst ersichtlich, dass das Epoxidharz Blei enthalten hat und dass bei der Lackierung Blei freigesetzt worden ist.
Im Ergebnis ist nach Auffassung des Senats ungeklärt, woher die unstreitige Belastung der Klägerin mit Blei herrührt. Die Annahme möglicher Konkurrenzursachen im häuslichen Bereich oder Urlaubsbereich wie beispielsweise Geschirr oder ähnliches durch Dr. K. bleibt spekulativ. Entscheidend ist aber, dass eine für die Feststellung einer BK Nr. 1101 erforderliche berufliche Einwirkung nicht mit dem erforderlichen Maßstab des Vollbeweises nachgewiesen ist. Dies geht nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus der nicht erwiesenen Tatsache für sich herleitet (BSGE 19,52, 53; 30, 121, 123; 43, 110, 112). Vorliegend geht die Nichterweislichkeit der beruflichen Exposition gegenüber Blei als anspruchsbegründende Tatsache zu Lasten der Klägerin. Für die volle richterliche Überzeugung, dass kein beruflich bedingter Zusammenhang wahrscheinlich ist, bedarf es nicht des positiven Ausschlusses von Alternativursachen, weshalb der Nachweis solcher Ursachen von der Beklagten nicht zu erbringen ist.
Ob das Krankheitsbild der Klägerin dem im Merkblatt zur BK Nr. 1101 unter III. aufgeführten Krankheitsbild einer Bleivergiftung entspricht bzw. wie das SG ausgeführt hat auf eine Hyperthyreose der Klägerin zurückzuführen ist, konnte der Senat offenlassen, da es bereits am erforderlichen Vollbeweis einer beruflichen Exposition gegenüber Blei fehlt.
Nach alledem war die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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