Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
44
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 44 AL 536/13
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bewilligungsbescheid vom 17.9.2013 sowie der Sperrzeitbescheid vom 17.9.2013 (Vermittlungsvorschlag Immobilienkaufmann – zweites versicherungswidriges Verhalten) in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7.10.2013 wird dahingehend geändert, dass nur eine dreiwöchige Sperrzeit vom 3.8.2013 bis 23.8.2013 mit einer entsprechenden Minderung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld um 21 Tage eintritt und die Erstattungsforderung für die Zeit vom 24.8.2013 bis 31.8.2013 aufgehoben wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den Eintritt zweier Sperrzeiten vom 3.8.2013 bis 23.8.2013 (3 Wochen) und vom 3.8.2013 bis 13.9.2013 (6 Wochen) und um die Erstattung des Arbeitslosengeldes (Alg) sowie der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung.
Der 1954 geborene Kläger war vor Eintritt seiner Arbeitslosigkeit am 1.1.2013 u.a. als technischer Mitarbeiter einer Wohnungsgesellschaft für die Instandsetzung und Modernisierung von Wohnraum, als Back Office-Teamassistent und zuletzt in der kaufmännischen und technischen Objektbetreuung tätig. Er erhielt aufgrund des Bewilligungsbescheids der Beklagten vom 8.1.2013 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 9.1.2013 Alg seit dem 1.1.2013; der Anspruch wurde für 720 Kalendertage bewilligt.
Bei seiner persönlichen Vorsprache am 1.8.2013 unterbreitete die Beklagte dem Kläger 22 Arbeitsangebote, u.a. zwei Vermittlungsvorschläge als Immobilienkaufmann und Bürokaufmann bei der Firma A. Zeitarbeit und Arbeitsvermittlung GmbH (im Folgenden: Firma A.). Beide Stellenangebote bei der Firma A. waren als Vollzeittätigkeit beschrieben mit einem Gehalt "mindestens nach Tarif". Der früheste Eintrittstermin war für beide Tätigkeiten "sofort". Als Voraussetzung wurde für den Vermittlungsvorschlag als Immobilienkaufmann eine entsprechende abgeschlossene Ausbildung gefordert bzw. eine abgeschlossene Ausbildung zum Kaufmann der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft. Für das Stellenangebot als Bürokaufmann war Voraussetzung eine abgeschlossene kaufmännische Ausbildung sowie erste Berufserfahrung genannt. Beide Vermittlungsvorschläge enthielten auszugsweise die folgende Rechtsfolgenbelehrung:
"Rechtsfolgenbelehrung: ... Wenn Sie ohne wichtigen Grund – die Ihnen angebotene Beschäftigung nicht annehmen oder – nicht antreten oder – das Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses durch Ihr Verhalten verhindern (z.B. indem Sie sich nicht vorstellen), tritt eine Sperrzeit ein (Sperrzeit bei Arbeitsablehnung, § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – SGB III). Sie dauert längstens 12 Wochen. Die Sperrzeit dauert drei Wochen bei erstmaligem versicherungswidrigen Verhalten (§ 159 Abs. 4 Nr. 1 SGB III), sechs Wochen bei dem zweiten versicherungswidrigen Verhalten (§ 159 Abs. 4 Nr. 2 SGB III). Ein versicherungswidriges Verhalten in diesem Sinne liegt vor, wenn Sie eine Arbeit oder berufliche Eingliederungsmaßnahme nach Ihrer persönlichen Arbeitsuchendmeldung abgelehnt oder eine berufliche Eingliederungsmaßnahme abgebrochen haben. Während der Sperrzeit ruht Ihr Anspruch auf Leistungen (Arbeitslosengeld ...), das heißt, Leistungen werden nicht gezahlt. Ihre Anspruchsdauer vermindert sich um die Tage einer Sperrzeit. Hinweise dazu, unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben wird und wann eine Sperrzeit eintritt, enthält das "Merkblatt für Arbeitslose, Ihre Rechte – Ihre Pflichten". Erfüllen Sie eine der oben genannten Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit, so kann dies zu einer Absenkung des Arbeitslosengeldes II gemäß § 31 Abs. 4 Nr. 3 Zweites Buch Sozialgesetzbuch führen, wenn Sie diese Leistung gleichzeitig beziehen."
Nachdem der Kläger sich nicht mit dem Arbeitgeber in Verbindung gesetzt hatte, hörte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 6.9.2013 jeweils wegen des Eintritts von Sperrzeiten an. Hierzu erklärte der Kläger, dass er am 1.8.2013 auf eigenen Wunsch von seiner Arbeitsvermittlerin über 20 Angebote aufgeteilt nach seinem Hauptmetier Immobilienkaufmann und in Erweiterung als Mitarbeiter im backoffice bzw. Büroassistent erhalten habe. Er habe diese Angebote gesichtet, gewertet und in seine "August Aktivitäten 2013" mit eingearbeitet, wobei insgesamt zehn Bewerbungen für den Monat August zustande gekommen seien. 14 Angebote hätten nicht der geforderten Ausprägung entsprochen. Auf die Angebote Immobilienkaufmann und Bürokaufmann der Firma A. werde er sich im September bewerben. Alsdann hob die Beklagte mit Sperrzeitbescheid vom 17.9.2013 die Bewilligung von Alg für den Zeitraum vom 3.8.2013 bis 23.8.2013 wegen des Eintritts einer dreiwöchigen Sperrzeit aufgrund der Nichtbewerbung des Klägers auf die Stelle als Bürokaufmann bei der Firma A. auf und verlangte die Erstattung des Alg für diesen Zeitraum i.H.v. 738,99 EUR. Die Sperrzeit mindere den Anspruch auf Alg um 21 Tage. Mit weiteren Bescheid vom 17.9.2013 hob die Beklagte wegen eines zweiten versicherungswidrigen Verhaltens des Klägers die Alg-Bewilligung für einen sechswöchigen Zeitraum vom 3.8.2013 bis 13.9.2013 wegen des Eintritts einer sechswöchigen Sperrzeit auf und verlangte die Erstattung des Alg für den Zeitraum vom 24.8.2013 bis 31.8.2013 i.H.v. 246,33 EUR. Die Sperrzeit mindere den Anspruch auf Alg um 42 Tage. Als Grund führte die Beklagte an, dass der Kläger die Stelle als Immobilienkaufmann bei der Firma A. ohne wichtigen Grund nicht angenommen habe. Mit Änderungsbescheid vom 17.9.2013 änderte die Beklagte ihre Alg-Bewilligung ab 3.8.2013 entsprechend der vorangegangenen Aufhebungsbescheide. Mit seinem Widerspruch machte der Kläger u.a. geltend, beim Termin am 1.8.2013 versprochen zu haben, die Angebote zu sichten, auf Tauglichkeit zu werten und ggf. in die August-Aktivitäten einzubeziehen. Er habe seinen Unmut über die Stellenangebote von Zeitarbeitsfirmen zum Ausdruck gebracht und seine Absicht erklärt, möglichst firmenbezogene Arbeitsplätze aus den Angeboten zu realisieren. Der Widerspruch blieb erfolglos. Mit Widerspruchsbescheid vom 7.10.2013 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Kläger habe sich ohne wichtigen Grund bezüglich der Position als Bürokaufmann nicht mit dem Arbeitgeber in Verbindung gesetzt und auf diese Weise das Zustandekommen eines Vorstellungsgesprächs und die Anbahnung eines Beschäftigungsverhältnisses verhindert. Der Umstand, bereits mehrere Bewerbungen vorgenommen zu haben, rechtfertige es nicht, Bewerbungen auf Vermittlungsvorschläge der Arbeitsagentur zu unterlassen. Die Absicht, die Bewerbung auf einen Vermittlungsvorschlag der Arbeitsagentur zu einem späteren Zeitpunkt vornehmen zu wollen, lasse die Sperrzeit nicht entfallen. Die Sperrzeit betrage drei Wochen, da der Kläger zum ersten Mal eine Arbeit abgelehnt habe. Da der Kläger über die Rechtsfolgen vollständig und verständlich belehrt worden sei, habe er grob fahrlässig eine Änderung der Verhältnisse herbeigeführt, sodass die Bewilligung vom 3.8.2013 bis 23.3.2013 ganz aufgehoben werden müsse und der Kläger die überzahlten Leistungen i.H.v. 738,99 EUR zu erstatten habe. Diese Forderung werde gegen den Anspruch auf Entgeltersatzleistungen in voller Höhe aufgerechnet. Die Entscheidung sei nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen gewesen. Hierbei seien die Umstände des Einzelfalls auf Seiten des Leistungsempfängers und die Interessen der Beitragszahler (öffentliches Interesse) gegeneinander abzuwägen. Das Interesse des Klägers bestehe darin, die Aufrechnung zu vermeiden oder zumindest so gering wie möglich zu halten. Das öffentliche Interesse bestehe dagegen unter anderem darin, dass die Forderung in angemessener Zeit erfüllt werde. Zudem ergebe sich aus § 76 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch die Verpflichtung, Einnahmen rechtzeitig und vollständig zu erheben. Das öffentliche Interesse an der Aufrechnung überwiege das Interesse des Klägers. Hierbei sei zu berücksichtigen gewesen, dass der Kläger nicht bessergestellt werden solle, als derjenige, der für die Dauer einer Sperrzeit von Anfang an kein Alg erhalten habe. Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 7.10.2013 wies die Beklagte auch den Widerspruch gegen die sechswöchige Sperrzeit wegen der Nichtbewerbung auf die Stelle als Immobilienkaufmann zurück. Der Kläger habe trotz vollständiger und verständlicher Rechtsfolgenbelehrung ohne wichtigen Grund das Zustandekommen des Vorstellungsgesprächs und damit die Anbahnung eines Beschäftigungsverhältnisses verhindert, da er sich nicht mit dem Arbeitgeber in Verbindung gesetzt habe. Der Kläger habe zum zweiten Mal eine Arbeit abgelehnt, weshalb die Sperrzeit sechs Wochen betrage. Da der Kläger grobfahrlässig gehandelt habe, weil er ausführlich über mögliche Rechtsfolgen belehrt worden sei, sei die Bewilligung ab der Änderung der Verhältnisse, also vom 3.8.2013 bis 13.9.2013 aufzuheben. Der Erstattungsbetrag von 246,33 EUR werde mit dem Anspruch auf Entgeltersatzleistungen in voller Höhe aufgerechnet. Dieser Widerspruchsbescheid wiederholte in wesentlichen Zügen die Begründung des Widerspruchsbescheids vom 7.10.2013 wegen der Festsetzung einer ersten Sperrzeit.
Mit Bescheid vom 27.11.2013 hob die Beklagte die Bewilligung von Alg ab 1.11.2013 ganz auf, da der Kläger zu diesem Zeitpunkt eine Beschäftigung aufgenommen hat. Erstattungsbescheid vom 28.11.2013 für die Zeit vom 1.11.2013 –27.11.2013.
Mit seiner am 23.10.2013 erhobenen Klage begehrt der Kläger weiterhin die Aufhebung der Sperrzeit- und Erstattungsbescheide. Über die Widerspruchsbegründung hinaus hat der Kläger geltend gemacht, aus der Bemerkung seiner Beraterin, bei den ausgehändigten 28 Angeboten etwas Passendes finden zu können, geschlossen zu haben, die Angebote auf inhaltliche Konvergenzen hin sortieren zu können. Die Tatsache, dass er firmenbezogene Arbeitsplätze bevorzugen würde, sei auf Verständnis gestoßen. Niemand habe erwartet, dass er sich auf alle 28 Angebote bewerben müsse, was auch unverhältnismäßig gewesen wäre, da 28 Angeboten 33 Tagen zu bearbeiten gewesen wären. Er habe sowohl im August als auch im September 13 Bewerbungen gestartet.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Bescheide der Beklagten vom 17.9.2013 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 7.10.2013 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 27.12.2013,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf den Inhalt der Verwaltungsakte sowie die Ausführungen in den angefochtenen Widerspruchsbescheiden verwiesen. Die Sondierung der vielen Stellenangebote sei nicht im Sinne der Sperrzeitregelung vom Gesetzgeber gewollt. Der Kläger könne nicht pauschal davon ausgehen, dass eine Verpflichtung, sich zu bewerben nur auf einen Teil der vorgelegten Stellenangebote zu beziehen sei. Auch könnten generell Stellenangebote von Zeitarbeitsfirmen nicht abgelehnt werden. Nur im Falle der Unzumutbarkeit sei von einer Sperrzeit abzusehen. Hierzu sei nichts vorgetragen worden.
Im Erörterungstermin vom 20.5.2015 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer schriftlichen Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung erklärt. Das Gericht hat durch Beschluss vom 20.5.2015 die Verfahren 44 AL 536/13 und 44 AL 23/14 zur Klage 44 AL 536/13 verbunden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer kann durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 17.9.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7.10.2013, der die Bewerbung auf das Stellenangebot als Bürokaufmann bei der Firma A. betrifft ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (1.). Hingegen ist die Festsetzung einer zweiten Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung, die die Bewerbung auf das Stellenangebot als Immobilienkaufmann bei der Firma A. betrifft, nur im Umfang einer erneuten dreiwöchigen Sperrzeit rechtmäßig. Die sich daraus ergebenden Folgen verringern die Aufhebungszeiträume und die daran anknüpfenden Rückforderungsbeträge (2.).
1. Stellenangebot als Bürokaufmann Soweit Gegenstand des Verfahrens das Stellenangebot als Bürokaufmann ist, sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass eine dreiwöchige Sperrzeit vom 3.8.2013 bis 23.8.2013 eingetreten ist, die die Aufhebung des Alg gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) i.V.m. § 330 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) rechtfertigt. Der Kläger hat daher auch das in diesem Zeitraum bezogene Alg gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten, wobei die Beklagte hierbei offenbar bereits von ihrer Aufrechnungsmöglichkeit Gebrauch gemacht hat. Das Gericht sieht insoweit von einer vertieften Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist stattdessen gemäß § 136 Abs. 3 SGG auf die Begründung des Widerspruchsbescheids vom 7.10.2013 (W – 12301 – 05143/13), die schlüssig und nachvollziehbar ist.
Insbesondere war auch das Beschäftigungsangebot bei einer Zeitarbeitsfirma zumutbar. Die Vermittlung in ein Leiharbeitsverhältnis stellt nicht von vornherein einen wichtigen Grund für die Ablehnung der angebotenen Arbeit dar, es sei denn, nach den Umständen des Einzelfalles ist dieses unzumutbar, zum Beispiel bei unzumutbaren Arbeitsbedingungen oder Verstößen gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz. Bei der Prüfung, ob ein Leibarbeitsverhältnis zumutbar ist, ist insbesondere auch die Dauer der Arbeitslosigkeit zu berücksichtigen. In der Regel muss die Vermittlung in ein reguläres Beschäftigungsverhältnis erfolglos versucht worden sein und auf längere Zeit nicht aussichtsreich erscheinen. Entscheidend ist die Situation im Einzelfall; im ersten Monat der Arbeitslosigkeit ist die Ablehnung eines Leiharbeitsverhältnisses bei nachgewiesener eigener Arbeitssuche nicht grundlos (Karminski in: Brand, 6. Auflage, § 159 Rz. 139 m.w.N.). Anhaltspunkte für eine Unzumutbarkeit des Angebotes bestanden nicht. Insbesondere war der Kläger bereits seit 1.1.2013 und damit 8 Monate arbeitslos, bevor ihm ein Stellenangebot bei einer Leiharbeitsfirma unterbreitet wurde. Anhaltspunkte dafür, dass das aus dieser Tätigkeit erzielte Nettoeinkommen unter Berücksichtigung der mit der Beschäftigung zusammenhängenden Aufwendungen niedriger ist als das Alg (vgl. § 140 Abs. 3 Satz 3 SGB III) bestanden nicht.
Ebenso handelte der Kläger grob fahrlässig. Anhaltspunkte für eine Vereinbarung, aus der der Kläger hätte schließen können, sich nicht auf alle Stellen bewerben zu müssen, bestanden nicht. Der Kläger hat selbst nur vorgetragen, entsprechende Schlussfolgerungen nur aus der Bemerkung seiner Beraterin gezogen zu haben, bei den ausgehändigten Angeboten etwas Passendes finden zu können. Aus einem Verständnis dafür, nur firmenbezogene Arbeitsplätze zu bevorzugen, kann eine entsprechende Einigung nicht hergeleitet werden. Eine entsprechende Vereinbarung wäre auch deshalb nicht schlüssig, weil die Vermittlungsvorschläge jeweils mit einer Rechtsfolgenbelehrung versehen waren und damit die Ernsthaftigkeit der Verpflichtung zur Bewerbung zum Ausdruck brachten. Bereits die vorliegenden Rechtsfolgenbelehrungen hätten ihn darauf aufmerksam machen müssen, dass er sich hinsichtlich seiner Vorstellung, sich nicht sofort bewerben zu müssen, in einem Irrtum befinden könnte. Bereits dies hätte ihn veranlassen müssen, bei der Beklagten nochmals nachzufragen. Die Tatsache, dass er dies nicht getan hat, begründet sein grob fahrlässiges Verhalten. Sollte er die Rechtsfolgenbelehrungen nicht gelesen haben, so ist auch dies grob fahrlässig.
2. Stellenangebot als Immobilienkaufmann Hingegen ist die Festsetzung einer zweiten Sperrzeit von sechs Wochen rechtswidrig und nur im Umfang einer dreiwöchigen Sperrzeit rechtmäßig.
Zwar hat der Kläger den Sperrzeittatbestand der Arbeitsablehnung gemäß § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB III auch dadurch erfüllt, dass er sich nicht auf das Stellenangebot als Immobilienkaufmann bei der Leiharbeitsfirma A. beworben hat. Auch insoweit sieht das Gericht von einer vertieften Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist stattdessen insoweit gemäß § 136 Abs. 3 SGG auf den Inhalt des Widerspruchsbescheids vom 7.10.2013 (W – 12301 – 05168/13), der im Grunde die Begründung des bereits zitierten Widerspruchsbescheids vom 7.10.2013 (W – 12301 – 05143/13) wiederholt. Der Vermittlungsvorschlag zur Aufnahme der Tätigkeit bei einer Leiharbeitsfirma war auch zumutbar, sein Handeln grob fahrlässig. Insoweit wird Bezug genommen auf die obigen Ausführungen unter 1. der Entscheidungsgründe.
Der Auffassung, dass mehrere Arbeitsangebote an einem Tag nur als einheitlicher Vorgang angesehen werden können, der nur zu einer Sperrzeit führt, folgt das Gericht nicht (so Voelzke in: Spellbrink/Eicher, Kassel Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 12 Rz. 311). Diese Auffassung geht davon aus, dass der Arbeitslose nur ein Arbeitsangebot annehmen kann und die Ablehnung offenbar durch eine Handlung – einen einheitlichen Akt – und aus einem einheitlichen Motiv bewirkt wird (vgl. Valgolio, a.a.O., § 159 SGB III Rz. 368). Hiergegen spricht jedoch der Umstand, dass den einzelnen Vermittlungsvorschlägen jeweils eine Rechtsfolgenbelehrung beigefügt war, aus denen der Kläger entnehmen konnte, mit welchen Folgen er im Falle einer Arbeitsablehnung rechnen musste. Der Kläger hat schließlich auch selbst vorgetragen, eine Auswahl getroffen zu haben, bei welchen Arbeitgebern er sich bewerben möchte. Auch dies spricht gegen einen "einheitlichen Akt", da sich der Kläger offenbar jeden Vermittlungsvorschlag angesehen und jeweils neu entschieden hat, ob er sich hierauf bewerben möchte.
Aber die Festsetzung der Sperrzeit war nur im Umfang von drei Wochen rechtmäßig. Die Festsetzung einer Sperrzeit von sechs Wochen ist bei Arbeitsablehnung nur im Fall des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art rechtmäßig (§ 159 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB III). Ein zweites versicherungswidriges Verhalten in diesem Sinne lag jedoch nicht vor. Es fehlt an der durch die Feststellung des Eintritts einer ersten Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung erforderlichen Warnfunktion, die den Kläger hätte veranlassen können, sich auf ein zweites Stellenangebot der Beklagten möglicherweise rechtzeitig zu bewerben (so bereits SG Kassel, Urteil vom 7.11.2012 – S 7 AL 214/10 – Rz. 22 f., juris; SG Berlin, Urteil vom 2.12.2011 – S 58 AL 2403/11, nicht veröffentlicht – jeweils unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 9.11.2011 – B 4 AS 27/10 R; Valgolio in: Hauck/Noftz, § 159 SGB III Rz. 369, Stand 9/14; s.a. Karminski , a.a.O., § 159 Rz. 81; a.A. wohl LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.5.2011 – L 2 AL 20/09 – Rz. 45 f., 50, juris). Die Stellenangebote als Büro- und Immobilienkaufmann bei der Firma A. sind dem Kläger neben 20 weiteren Vermittlungsvorschlägen alle am selben Tag, nämlich am 1.8.2013, unterbreitet worden und die Sperrzeiten hierfür sind auch durch Bescheide vom selben Tage (Bescheide vom 17.9.2013 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 7.10.2013) festgesetzt worden. Dass vor Verdoppelung der Sperrzeit jedoch ein erster Sperrzeitbescheid erlassen worden sein muss, entnimmt das Gericht der Entscheidung des BSG vom 9.11.2011 (– B 4 AS 47/10 R – Rz. 19/20, juris). Dort heißt es wörtlich auszugsweise:
"Zu einer (weiteren) Absenkung des Alg II bei wiederholten Meldeversäumnissen iS des § 31 Abs 3 Satz 3 SGB II mit einem jeweils erhöhten Absenkungsbetrag bedarf es einer vorangegangenen entsprechenden Feststellung eines ggf. weiteren Meldeversäumnisses mit einem Absenkungsbetrag der niedrigeren Stufe. Zwar ergibt sich dies nicht bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift; jedoch sprechen der systematische Zusammenhang sowie der Sinn und Zweck der Regelung dafür, eine jeweils (weitere) wiederholte Pflichtverletzung mit einem erhöhten Absenkungsbetrag nur dann anzunehmen, wenn eine vorangegangene Pflichtverletzung jeweils mit einem Absenkungsbescheid der niedrigeren Stufe sanktioniert und dem Hilfebedürftigen zugestellt worden ist ...
Aus der Systematik des § 31 SGB II folgt, dass die Regelung hinsichtlich des Umfangs der Sanktionierung strikt danach differenziert, ob es sich um eine erstmalige, eine erste wiederholte Obliegenheitsverletzung oder eine weitere wiederholte Obliegenheitsverletzung handelt. Die jeweiligen Obliegenheitsverletzungen sind nach § 31 Abs. 3 Satz 3 SGB II mit einer Stufenfolge von Absenkungen wegen wiederholter Meldeversäumnisse verbunden. Die Sanktionierung durch Festlegung eines erhöhten Absenkungsbetrags soll erst greifen, wenn dem Hilfebedürftigen durch den vorangegangenen Sanktionsbescheid mit einer Minderung des Sanktionsbetrags in der niedrigeren Stufe die Konsequenzen seines Verhaltens vor Augen geführt worden sind. Bezogen auf den das Meldeversäumnis vom 17.10.2007 betreffenden Bescheid vom 18.10.2007 mit einer Absenkung des Alg II um 30 vH fehlte es insofern an einem diesem Bescheid vorangehenden Absenkungsbescheid mit einer Absenkung um 20 vH, weil der das Meldeversäumnis vom 9.10.2007 betreffende Bescheid ebenfalls am 18.10.2007, also am selben Tag, erlassen worden ist."
Diese Überlegungen, denen sich die erkennende Kammer in vollem Umfang anschließt, gelten auch für die Festsetzung von Sperrzeiten nach dem SGB III. Ein grundsätzlicher Unterschied zwischen einer "wiederholten Pflichtverletzung" i.S.v. § 31 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitssuchende – (SGB II) a.F. und einem "zweiten versicherungswidrigen Verhalten" i.S.v. § 159 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB III besteht nicht. Es besteht vielmehr eine vergleichbare rechtliche und tatsächliche Ausgangslage (so bereits SG Kassel, Urteil vom 7.11.2012, a.a.O., Rz 23). Gestützt wird diese Auffassung durch den Sinn und Zweck der Sperrzeitregelung. Sperrzeiten bezwecken, das Verhalten des Versicherten so zu beeinflussen, dass er kooperiert und die Verletzung der Obliegenheit einstellt oder von vornherein unterlässt. Sie sind Mittel zur Verhaltenssteuerung mit dem Ziel der Integration in den Arbeitsmarkt (Karminski, a.a.O., § 159 Rz. 2). Eine Beeinflussung des Verhaltens des Versicherten und eine Kooperation dürften erst zum Zuge kommen, wenn die Warnung ihn erreicht, also nach Erlass des Bescheids, wenn er die Folgen seines Handelns spürt. Die Einheitlichkeit der Rechtsanwendung spricht hier ebenso dafür, zumal § 31 Abs. 2 SGB II a.F. als Pflichtverletzung auch den Eintritt einer Sperrzeit nach dem SGB III bezeichnet. Dass die Verdopplung der Sperrzeit nur mit einer § 31 SGB II a.F. vergleichbaren Warnfunktion zu erklären ist, ergibt sich auch daraus, da die Gesetzesbegründung ebenfalls nicht von einer (numerisch) zweiten, sondern einer "wiederholten" Arbeitsablehnung spricht (SG Berlin, Urteil vom 2.12.2011, a.a.O. unter Bezugnahme auf BT- Drucks. 15/25, Seite 31 zu § 144 SGB III a.F.):
"Die Regelungen zur Dauer der Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung, wegen Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme sowie wegen des Abbruchs einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme werden in Anlehnung an ein individualisiertes Vermittlungskonzept flexibler und differenzierter gestaltet. Bei einem ersten Verstoß gegen versicherungsrechtliche Obliegenheiten soll danach eine Sperrzeit von drei Wochen, im Wiederholungsfall eine Sperrzeit von sechs Wochen und bei dritten und folgenden Verstößen grundsätzlich eine Sperrzeit von zwölf Wochen eintreten."
Die Tatsache, dass die Dienstanweisungen der Beklagten diesem Ergebnis entgegenstehen ist, ist ohne Bedeutung. Verwaltungsvorschriften haben lediglich verwaltungsinterne Bedeutung ohne Verbindlichkeit für die Auslegung des zugrunde liegenden Gesetzes (BSG, Urteil vom 6.12.2007 – B 14/7b AS 50/06 R – Rz. 19, juris). Dementsprechend war die Aufhebung und Rückforderung wegen Sperrzeiten bei Arbeitsablehnung auf die Zeit vom 3.8.2013 bis 23.8.2013 zu beschränken, d.h. auf eine Gesamtsumme von 738,99 EUR (21 Tage x 35,19 EUR) und die Erstattungsforderung im Übrigen aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Eine Zulassung der Berufung gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG konnte dennoch unterbleiben, da die Berufungssumme von 750 EUR erreicht wird. Die Erstattungsforderung beträgt insgesamt 985,32 EUR (738,99 EUR + 246,33 EUR).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den Eintritt zweier Sperrzeiten vom 3.8.2013 bis 23.8.2013 (3 Wochen) und vom 3.8.2013 bis 13.9.2013 (6 Wochen) und um die Erstattung des Arbeitslosengeldes (Alg) sowie der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung.
Der 1954 geborene Kläger war vor Eintritt seiner Arbeitslosigkeit am 1.1.2013 u.a. als technischer Mitarbeiter einer Wohnungsgesellschaft für die Instandsetzung und Modernisierung von Wohnraum, als Back Office-Teamassistent und zuletzt in der kaufmännischen und technischen Objektbetreuung tätig. Er erhielt aufgrund des Bewilligungsbescheids der Beklagten vom 8.1.2013 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 9.1.2013 Alg seit dem 1.1.2013; der Anspruch wurde für 720 Kalendertage bewilligt.
Bei seiner persönlichen Vorsprache am 1.8.2013 unterbreitete die Beklagte dem Kläger 22 Arbeitsangebote, u.a. zwei Vermittlungsvorschläge als Immobilienkaufmann und Bürokaufmann bei der Firma A. Zeitarbeit und Arbeitsvermittlung GmbH (im Folgenden: Firma A.). Beide Stellenangebote bei der Firma A. waren als Vollzeittätigkeit beschrieben mit einem Gehalt "mindestens nach Tarif". Der früheste Eintrittstermin war für beide Tätigkeiten "sofort". Als Voraussetzung wurde für den Vermittlungsvorschlag als Immobilienkaufmann eine entsprechende abgeschlossene Ausbildung gefordert bzw. eine abgeschlossene Ausbildung zum Kaufmann der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft. Für das Stellenangebot als Bürokaufmann war Voraussetzung eine abgeschlossene kaufmännische Ausbildung sowie erste Berufserfahrung genannt. Beide Vermittlungsvorschläge enthielten auszugsweise die folgende Rechtsfolgenbelehrung:
"Rechtsfolgenbelehrung: ... Wenn Sie ohne wichtigen Grund – die Ihnen angebotene Beschäftigung nicht annehmen oder – nicht antreten oder – das Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses durch Ihr Verhalten verhindern (z.B. indem Sie sich nicht vorstellen), tritt eine Sperrzeit ein (Sperrzeit bei Arbeitsablehnung, § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – SGB III). Sie dauert längstens 12 Wochen. Die Sperrzeit dauert drei Wochen bei erstmaligem versicherungswidrigen Verhalten (§ 159 Abs. 4 Nr. 1 SGB III), sechs Wochen bei dem zweiten versicherungswidrigen Verhalten (§ 159 Abs. 4 Nr. 2 SGB III). Ein versicherungswidriges Verhalten in diesem Sinne liegt vor, wenn Sie eine Arbeit oder berufliche Eingliederungsmaßnahme nach Ihrer persönlichen Arbeitsuchendmeldung abgelehnt oder eine berufliche Eingliederungsmaßnahme abgebrochen haben. Während der Sperrzeit ruht Ihr Anspruch auf Leistungen (Arbeitslosengeld ...), das heißt, Leistungen werden nicht gezahlt. Ihre Anspruchsdauer vermindert sich um die Tage einer Sperrzeit. Hinweise dazu, unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben wird und wann eine Sperrzeit eintritt, enthält das "Merkblatt für Arbeitslose, Ihre Rechte – Ihre Pflichten". Erfüllen Sie eine der oben genannten Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit, so kann dies zu einer Absenkung des Arbeitslosengeldes II gemäß § 31 Abs. 4 Nr. 3 Zweites Buch Sozialgesetzbuch führen, wenn Sie diese Leistung gleichzeitig beziehen."
Nachdem der Kläger sich nicht mit dem Arbeitgeber in Verbindung gesetzt hatte, hörte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 6.9.2013 jeweils wegen des Eintritts von Sperrzeiten an. Hierzu erklärte der Kläger, dass er am 1.8.2013 auf eigenen Wunsch von seiner Arbeitsvermittlerin über 20 Angebote aufgeteilt nach seinem Hauptmetier Immobilienkaufmann und in Erweiterung als Mitarbeiter im backoffice bzw. Büroassistent erhalten habe. Er habe diese Angebote gesichtet, gewertet und in seine "August Aktivitäten 2013" mit eingearbeitet, wobei insgesamt zehn Bewerbungen für den Monat August zustande gekommen seien. 14 Angebote hätten nicht der geforderten Ausprägung entsprochen. Auf die Angebote Immobilienkaufmann und Bürokaufmann der Firma A. werde er sich im September bewerben. Alsdann hob die Beklagte mit Sperrzeitbescheid vom 17.9.2013 die Bewilligung von Alg für den Zeitraum vom 3.8.2013 bis 23.8.2013 wegen des Eintritts einer dreiwöchigen Sperrzeit aufgrund der Nichtbewerbung des Klägers auf die Stelle als Bürokaufmann bei der Firma A. auf und verlangte die Erstattung des Alg für diesen Zeitraum i.H.v. 738,99 EUR. Die Sperrzeit mindere den Anspruch auf Alg um 21 Tage. Mit weiteren Bescheid vom 17.9.2013 hob die Beklagte wegen eines zweiten versicherungswidrigen Verhaltens des Klägers die Alg-Bewilligung für einen sechswöchigen Zeitraum vom 3.8.2013 bis 13.9.2013 wegen des Eintritts einer sechswöchigen Sperrzeit auf und verlangte die Erstattung des Alg für den Zeitraum vom 24.8.2013 bis 31.8.2013 i.H.v. 246,33 EUR. Die Sperrzeit mindere den Anspruch auf Alg um 42 Tage. Als Grund führte die Beklagte an, dass der Kläger die Stelle als Immobilienkaufmann bei der Firma A. ohne wichtigen Grund nicht angenommen habe. Mit Änderungsbescheid vom 17.9.2013 änderte die Beklagte ihre Alg-Bewilligung ab 3.8.2013 entsprechend der vorangegangenen Aufhebungsbescheide. Mit seinem Widerspruch machte der Kläger u.a. geltend, beim Termin am 1.8.2013 versprochen zu haben, die Angebote zu sichten, auf Tauglichkeit zu werten und ggf. in die August-Aktivitäten einzubeziehen. Er habe seinen Unmut über die Stellenangebote von Zeitarbeitsfirmen zum Ausdruck gebracht und seine Absicht erklärt, möglichst firmenbezogene Arbeitsplätze aus den Angeboten zu realisieren. Der Widerspruch blieb erfolglos. Mit Widerspruchsbescheid vom 7.10.2013 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Kläger habe sich ohne wichtigen Grund bezüglich der Position als Bürokaufmann nicht mit dem Arbeitgeber in Verbindung gesetzt und auf diese Weise das Zustandekommen eines Vorstellungsgesprächs und die Anbahnung eines Beschäftigungsverhältnisses verhindert. Der Umstand, bereits mehrere Bewerbungen vorgenommen zu haben, rechtfertige es nicht, Bewerbungen auf Vermittlungsvorschläge der Arbeitsagentur zu unterlassen. Die Absicht, die Bewerbung auf einen Vermittlungsvorschlag der Arbeitsagentur zu einem späteren Zeitpunkt vornehmen zu wollen, lasse die Sperrzeit nicht entfallen. Die Sperrzeit betrage drei Wochen, da der Kläger zum ersten Mal eine Arbeit abgelehnt habe. Da der Kläger über die Rechtsfolgen vollständig und verständlich belehrt worden sei, habe er grob fahrlässig eine Änderung der Verhältnisse herbeigeführt, sodass die Bewilligung vom 3.8.2013 bis 23.3.2013 ganz aufgehoben werden müsse und der Kläger die überzahlten Leistungen i.H.v. 738,99 EUR zu erstatten habe. Diese Forderung werde gegen den Anspruch auf Entgeltersatzleistungen in voller Höhe aufgerechnet. Die Entscheidung sei nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen gewesen. Hierbei seien die Umstände des Einzelfalls auf Seiten des Leistungsempfängers und die Interessen der Beitragszahler (öffentliches Interesse) gegeneinander abzuwägen. Das Interesse des Klägers bestehe darin, die Aufrechnung zu vermeiden oder zumindest so gering wie möglich zu halten. Das öffentliche Interesse bestehe dagegen unter anderem darin, dass die Forderung in angemessener Zeit erfüllt werde. Zudem ergebe sich aus § 76 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch die Verpflichtung, Einnahmen rechtzeitig und vollständig zu erheben. Das öffentliche Interesse an der Aufrechnung überwiege das Interesse des Klägers. Hierbei sei zu berücksichtigen gewesen, dass der Kläger nicht bessergestellt werden solle, als derjenige, der für die Dauer einer Sperrzeit von Anfang an kein Alg erhalten habe. Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 7.10.2013 wies die Beklagte auch den Widerspruch gegen die sechswöchige Sperrzeit wegen der Nichtbewerbung auf die Stelle als Immobilienkaufmann zurück. Der Kläger habe trotz vollständiger und verständlicher Rechtsfolgenbelehrung ohne wichtigen Grund das Zustandekommen des Vorstellungsgesprächs und damit die Anbahnung eines Beschäftigungsverhältnisses verhindert, da er sich nicht mit dem Arbeitgeber in Verbindung gesetzt habe. Der Kläger habe zum zweiten Mal eine Arbeit abgelehnt, weshalb die Sperrzeit sechs Wochen betrage. Da der Kläger grobfahrlässig gehandelt habe, weil er ausführlich über mögliche Rechtsfolgen belehrt worden sei, sei die Bewilligung ab der Änderung der Verhältnisse, also vom 3.8.2013 bis 13.9.2013 aufzuheben. Der Erstattungsbetrag von 246,33 EUR werde mit dem Anspruch auf Entgeltersatzleistungen in voller Höhe aufgerechnet. Dieser Widerspruchsbescheid wiederholte in wesentlichen Zügen die Begründung des Widerspruchsbescheids vom 7.10.2013 wegen der Festsetzung einer ersten Sperrzeit.
Mit Bescheid vom 27.11.2013 hob die Beklagte die Bewilligung von Alg ab 1.11.2013 ganz auf, da der Kläger zu diesem Zeitpunkt eine Beschäftigung aufgenommen hat. Erstattungsbescheid vom 28.11.2013 für die Zeit vom 1.11.2013 –27.11.2013.
Mit seiner am 23.10.2013 erhobenen Klage begehrt der Kläger weiterhin die Aufhebung der Sperrzeit- und Erstattungsbescheide. Über die Widerspruchsbegründung hinaus hat der Kläger geltend gemacht, aus der Bemerkung seiner Beraterin, bei den ausgehändigten 28 Angeboten etwas Passendes finden zu können, geschlossen zu haben, die Angebote auf inhaltliche Konvergenzen hin sortieren zu können. Die Tatsache, dass er firmenbezogene Arbeitsplätze bevorzugen würde, sei auf Verständnis gestoßen. Niemand habe erwartet, dass er sich auf alle 28 Angebote bewerben müsse, was auch unverhältnismäßig gewesen wäre, da 28 Angeboten 33 Tagen zu bearbeiten gewesen wären. Er habe sowohl im August als auch im September 13 Bewerbungen gestartet.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Bescheide der Beklagten vom 17.9.2013 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 7.10.2013 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 27.12.2013,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf den Inhalt der Verwaltungsakte sowie die Ausführungen in den angefochtenen Widerspruchsbescheiden verwiesen. Die Sondierung der vielen Stellenangebote sei nicht im Sinne der Sperrzeitregelung vom Gesetzgeber gewollt. Der Kläger könne nicht pauschal davon ausgehen, dass eine Verpflichtung, sich zu bewerben nur auf einen Teil der vorgelegten Stellenangebote zu beziehen sei. Auch könnten generell Stellenangebote von Zeitarbeitsfirmen nicht abgelehnt werden. Nur im Falle der Unzumutbarkeit sei von einer Sperrzeit abzusehen. Hierzu sei nichts vorgetragen worden.
Im Erörterungstermin vom 20.5.2015 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer schriftlichen Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung erklärt. Das Gericht hat durch Beschluss vom 20.5.2015 die Verfahren 44 AL 536/13 und 44 AL 23/14 zur Klage 44 AL 536/13 verbunden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer kann durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 17.9.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7.10.2013, der die Bewerbung auf das Stellenangebot als Bürokaufmann bei der Firma A. betrifft ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (1.). Hingegen ist die Festsetzung einer zweiten Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung, die die Bewerbung auf das Stellenangebot als Immobilienkaufmann bei der Firma A. betrifft, nur im Umfang einer erneuten dreiwöchigen Sperrzeit rechtmäßig. Die sich daraus ergebenden Folgen verringern die Aufhebungszeiträume und die daran anknüpfenden Rückforderungsbeträge (2.).
1. Stellenangebot als Bürokaufmann Soweit Gegenstand des Verfahrens das Stellenangebot als Bürokaufmann ist, sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass eine dreiwöchige Sperrzeit vom 3.8.2013 bis 23.8.2013 eingetreten ist, die die Aufhebung des Alg gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) i.V.m. § 330 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) rechtfertigt. Der Kläger hat daher auch das in diesem Zeitraum bezogene Alg gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten, wobei die Beklagte hierbei offenbar bereits von ihrer Aufrechnungsmöglichkeit Gebrauch gemacht hat. Das Gericht sieht insoweit von einer vertieften Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist stattdessen gemäß § 136 Abs. 3 SGG auf die Begründung des Widerspruchsbescheids vom 7.10.2013 (W – 12301 – 05143/13), die schlüssig und nachvollziehbar ist.
Insbesondere war auch das Beschäftigungsangebot bei einer Zeitarbeitsfirma zumutbar. Die Vermittlung in ein Leiharbeitsverhältnis stellt nicht von vornherein einen wichtigen Grund für die Ablehnung der angebotenen Arbeit dar, es sei denn, nach den Umständen des Einzelfalles ist dieses unzumutbar, zum Beispiel bei unzumutbaren Arbeitsbedingungen oder Verstößen gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz. Bei der Prüfung, ob ein Leibarbeitsverhältnis zumutbar ist, ist insbesondere auch die Dauer der Arbeitslosigkeit zu berücksichtigen. In der Regel muss die Vermittlung in ein reguläres Beschäftigungsverhältnis erfolglos versucht worden sein und auf längere Zeit nicht aussichtsreich erscheinen. Entscheidend ist die Situation im Einzelfall; im ersten Monat der Arbeitslosigkeit ist die Ablehnung eines Leiharbeitsverhältnisses bei nachgewiesener eigener Arbeitssuche nicht grundlos (Karminski in: Brand, 6. Auflage, § 159 Rz. 139 m.w.N.). Anhaltspunkte für eine Unzumutbarkeit des Angebotes bestanden nicht. Insbesondere war der Kläger bereits seit 1.1.2013 und damit 8 Monate arbeitslos, bevor ihm ein Stellenangebot bei einer Leiharbeitsfirma unterbreitet wurde. Anhaltspunkte dafür, dass das aus dieser Tätigkeit erzielte Nettoeinkommen unter Berücksichtigung der mit der Beschäftigung zusammenhängenden Aufwendungen niedriger ist als das Alg (vgl. § 140 Abs. 3 Satz 3 SGB III) bestanden nicht.
Ebenso handelte der Kläger grob fahrlässig. Anhaltspunkte für eine Vereinbarung, aus der der Kläger hätte schließen können, sich nicht auf alle Stellen bewerben zu müssen, bestanden nicht. Der Kläger hat selbst nur vorgetragen, entsprechende Schlussfolgerungen nur aus der Bemerkung seiner Beraterin gezogen zu haben, bei den ausgehändigten Angeboten etwas Passendes finden zu können. Aus einem Verständnis dafür, nur firmenbezogene Arbeitsplätze zu bevorzugen, kann eine entsprechende Einigung nicht hergeleitet werden. Eine entsprechende Vereinbarung wäre auch deshalb nicht schlüssig, weil die Vermittlungsvorschläge jeweils mit einer Rechtsfolgenbelehrung versehen waren und damit die Ernsthaftigkeit der Verpflichtung zur Bewerbung zum Ausdruck brachten. Bereits die vorliegenden Rechtsfolgenbelehrungen hätten ihn darauf aufmerksam machen müssen, dass er sich hinsichtlich seiner Vorstellung, sich nicht sofort bewerben zu müssen, in einem Irrtum befinden könnte. Bereits dies hätte ihn veranlassen müssen, bei der Beklagten nochmals nachzufragen. Die Tatsache, dass er dies nicht getan hat, begründet sein grob fahrlässiges Verhalten. Sollte er die Rechtsfolgenbelehrungen nicht gelesen haben, so ist auch dies grob fahrlässig.
2. Stellenangebot als Immobilienkaufmann Hingegen ist die Festsetzung einer zweiten Sperrzeit von sechs Wochen rechtswidrig und nur im Umfang einer dreiwöchigen Sperrzeit rechtmäßig.
Zwar hat der Kläger den Sperrzeittatbestand der Arbeitsablehnung gemäß § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB III auch dadurch erfüllt, dass er sich nicht auf das Stellenangebot als Immobilienkaufmann bei der Leiharbeitsfirma A. beworben hat. Auch insoweit sieht das Gericht von einer vertieften Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist stattdessen insoweit gemäß § 136 Abs. 3 SGG auf den Inhalt des Widerspruchsbescheids vom 7.10.2013 (W – 12301 – 05168/13), der im Grunde die Begründung des bereits zitierten Widerspruchsbescheids vom 7.10.2013 (W – 12301 – 05143/13) wiederholt. Der Vermittlungsvorschlag zur Aufnahme der Tätigkeit bei einer Leiharbeitsfirma war auch zumutbar, sein Handeln grob fahrlässig. Insoweit wird Bezug genommen auf die obigen Ausführungen unter 1. der Entscheidungsgründe.
Der Auffassung, dass mehrere Arbeitsangebote an einem Tag nur als einheitlicher Vorgang angesehen werden können, der nur zu einer Sperrzeit führt, folgt das Gericht nicht (so Voelzke in: Spellbrink/Eicher, Kassel Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 12 Rz. 311). Diese Auffassung geht davon aus, dass der Arbeitslose nur ein Arbeitsangebot annehmen kann und die Ablehnung offenbar durch eine Handlung – einen einheitlichen Akt – und aus einem einheitlichen Motiv bewirkt wird (vgl. Valgolio, a.a.O., § 159 SGB III Rz. 368). Hiergegen spricht jedoch der Umstand, dass den einzelnen Vermittlungsvorschlägen jeweils eine Rechtsfolgenbelehrung beigefügt war, aus denen der Kläger entnehmen konnte, mit welchen Folgen er im Falle einer Arbeitsablehnung rechnen musste. Der Kläger hat schließlich auch selbst vorgetragen, eine Auswahl getroffen zu haben, bei welchen Arbeitgebern er sich bewerben möchte. Auch dies spricht gegen einen "einheitlichen Akt", da sich der Kläger offenbar jeden Vermittlungsvorschlag angesehen und jeweils neu entschieden hat, ob er sich hierauf bewerben möchte.
Aber die Festsetzung der Sperrzeit war nur im Umfang von drei Wochen rechtmäßig. Die Festsetzung einer Sperrzeit von sechs Wochen ist bei Arbeitsablehnung nur im Fall des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art rechtmäßig (§ 159 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB III). Ein zweites versicherungswidriges Verhalten in diesem Sinne lag jedoch nicht vor. Es fehlt an der durch die Feststellung des Eintritts einer ersten Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung erforderlichen Warnfunktion, die den Kläger hätte veranlassen können, sich auf ein zweites Stellenangebot der Beklagten möglicherweise rechtzeitig zu bewerben (so bereits SG Kassel, Urteil vom 7.11.2012 – S 7 AL 214/10 – Rz. 22 f., juris; SG Berlin, Urteil vom 2.12.2011 – S 58 AL 2403/11, nicht veröffentlicht – jeweils unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 9.11.2011 – B 4 AS 27/10 R; Valgolio in: Hauck/Noftz, § 159 SGB III Rz. 369, Stand 9/14; s.a. Karminski , a.a.O., § 159 Rz. 81; a.A. wohl LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.5.2011 – L 2 AL 20/09 – Rz. 45 f., 50, juris). Die Stellenangebote als Büro- und Immobilienkaufmann bei der Firma A. sind dem Kläger neben 20 weiteren Vermittlungsvorschlägen alle am selben Tag, nämlich am 1.8.2013, unterbreitet worden und die Sperrzeiten hierfür sind auch durch Bescheide vom selben Tage (Bescheide vom 17.9.2013 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 7.10.2013) festgesetzt worden. Dass vor Verdoppelung der Sperrzeit jedoch ein erster Sperrzeitbescheid erlassen worden sein muss, entnimmt das Gericht der Entscheidung des BSG vom 9.11.2011 (– B 4 AS 47/10 R – Rz. 19/20, juris). Dort heißt es wörtlich auszugsweise:
"Zu einer (weiteren) Absenkung des Alg II bei wiederholten Meldeversäumnissen iS des § 31 Abs 3 Satz 3 SGB II mit einem jeweils erhöhten Absenkungsbetrag bedarf es einer vorangegangenen entsprechenden Feststellung eines ggf. weiteren Meldeversäumnisses mit einem Absenkungsbetrag der niedrigeren Stufe. Zwar ergibt sich dies nicht bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift; jedoch sprechen der systematische Zusammenhang sowie der Sinn und Zweck der Regelung dafür, eine jeweils (weitere) wiederholte Pflichtverletzung mit einem erhöhten Absenkungsbetrag nur dann anzunehmen, wenn eine vorangegangene Pflichtverletzung jeweils mit einem Absenkungsbescheid der niedrigeren Stufe sanktioniert und dem Hilfebedürftigen zugestellt worden ist ...
Aus der Systematik des § 31 SGB II folgt, dass die Regelung hinsichtlich des Umfangs der Sanktionierung strikt danach differenziert, ob es sich um eine erstmalige, eine erste wiederholte Obliegenheitsverletzung oder eine weitere wiederholte Obliegenheitsverletzung handelt. Die jeweiligen Obliegenheitsverletzungen sind nach § 31 Abs. 3 Satz 3 SGB II mit einer Stufenfolge von Absenkungen wegen wiederholter Meldeversäumnisse verbunden. Die Sanktionierung durch Festlegung eines erhöhten Absenkungsbetrags soll erst greifen, wenn dem Hilfebedürftigen durch den vorangegangenen Sanktionsbescheid mit einer Minderung des Sanktionsbetrags in der niedrigeren Stufe die Konsequenzen seines Verhaltens vor Augen geführt worden sind. Bezogen auf den das Meldeversäumnis vom 17.10.2007 betreffenden Bescheid vom 18.10.2007 mit einer Absenkung des Alg II um 30 vH fehlte es insofern an einem diesem Bescheid vorangehenden Absenkungsbescheid mit einer Absenkung um 20 vH, weil der das Meldeversäumnis vom 9.10.2007 betreffende Bescheid ebenfalls am 18.10.2007, also am selben Tag, erlassen worden ist."
Diese Überlegungen, denen sich die erkennende Kammer in vollem Umfang anschließt, gelten auch für die Festsetzung von Sperrzeiten nach dem SGB III. Ein grundsätzlicher Unterschied zwischen einer "wiederholten Pflichtverletzung" i.S.v. § 31 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitssuchende – (SGB II) a.F. und einem "zweiten versicherungswidrigen Verhalten" i.S.v. § 159 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB III besteht nicht. Es besteht vielmehr eine vergleichbare rechtliche und tatsächliche Ausgangslage (so bereits SG Kassel, Urteil vom 7.11.2012, a.a.O., Rz 23). Gestützt wird diese Auffassung durch den Sinn und Zweck der Sperrzeitregelung. Sperrzeiten bezwecken, das Verhalten des Versicherten so zu beeinflussen, dass er kooperiert und die Verletzung der Obliegenheit einstellt oder von vornherein unterlässt. Sie sind Mittel zur Verhaltenssteuerung mit dem Ziel der Integration in den Arbeitsmarkt (Karminski, a.a.O., § 159 Rz. 2). Eine Beeinflussung des Verhaltens des Versicherten und eine Kooperation dürften erst zum Zuge kommen, wenn die Warnung ihn erreicht, also nach Erlass des Bescheids, wenn er die Folgen seines Handelns spürt. Die Einheitlichkeit der Rechtsanwendung spricht hier ebenso dafür, zumal § 31 Abs. 2 SGB II a.F. als Pflichtverletzung auch den Eintritt einer Sperrzeit nach dem SGB III bezeichnet. Dass die Verdopplung der Sperrzeit nur mit einer § 31 SGB II a.F. vergleichbaren Warnfunktion zu erklären ist, ergibt sich auch daraus, da die Gesetzesbegründung ebenfalls nicht von einer (numerisch) zweiten, sondern einer "wiederholten" Arbeitsablehnung spricht (SG Berlin, Urteil vom 2.12.2011, a.a.O. unter Bezugnahme auf BT- Drucks. 15/25, Seite 31 zu § 144 SGB III a.F.):
"Die Regelungen zur Dauer der Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung, wegen Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme sowie wegen des Abbruchs einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme werden in Anlehnung an ein individualisiertes Vermittlungskonzept flexibler und differenzierter gestaltet. Bei einem ersten Verstoß gegen versicherungsrechtliche Obliegenheiten soll danach eine Sperrzeit von drei Wochen, im Wiederholungsfall eine Sperrzeit von sechs Wochen und bei dritten und folgenden Verstößen grundsätzlich eine Sperrzeit von zwölf Wochen eintreten."
Die Tatsache, dass die Dienstanweisungen der Beklagten diesem Ergebnis entgegenstehen ist, ist ohne Bedeutung. Verwaltungsvorschriften haben lediglich verwaltungsinterne Bedeutung ohne Verbindlichkeit für die Auslegung des zugrunde liegenden Gesetzes (BSG, Urteil vom 6.12.2007 – B 14/7b AS 50/06 R – Rz. 19, juris). Dementsprechend war die Aufhebung und Rückforderung wegen Sperrzeiten bei Arbeitsablehnung auf die Zeit vom 3.8.2013 bis 23.8.2013 zu beschränken, d.h. auf eine Gesamtsumme von 738,99 EUR (21 Tage x 35,19 EUR) und die Erstattungsforderung im Übrigen aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Eine Zulassung der Berufung gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG konnte dennoch unterbleiben, da die Berufungssumme von 750 EUR erreicht wird. Die Erstattungsforderung beträgt insgesamt 985,32 EUR (738,99 EUR + 246,33 EUR).
Rechtskraft
Aus
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HAM
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