S 3 R 299/12

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 3 R 299/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 4 R 373/15
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Die im Jahr 1954 geborene Klägerin ist gelernte Friseurin und war zuletzt als Reinigungskraft tätig. Sie bezieht derzeit Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Die Klägerin ist anerkannte Schwerbehinderte mit einem Grad der Behinderung von 60.

Am 18.10.2010 beantragte die Klägerin eine Rente wegen Erwerbsminderung aufgrund ihrer vielfältigen orthopädischen Erkrankungen sowie ihrer Depressionen.

Die Beklagte nahm Ermittlungen auf und holte ein Gutachten von Dr. Sch. (Arzt für Innere Medizin, Sozialmedizin) ein. Ausweislich seines Gutachtens vom 12.01.2011 kommt Dr. Schuntermann zu dem Ergebnis, dass die Klägerin im Wesentlichen an einem chronischen LWS-Syndrom bei Verschleißerscheinungen und Bandscheibenschäden, belastungsabhängigen Knieschmerzen rechts bei Innenminiskusschaden und Diabetes mellitus Typ 2 mit neurologischen Komplikationen leide. Eine Tätigkeit als Altenpflegehelferin sei nicht mehr leidensgerecht. Die Klägerin wird aber in der Lage gesehen, unter näher genannten Einschränkungen noch sechs Stunden und mehr arbeitstäglich körperlich leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt durchzuführen. Auf der Grundlage dieser sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28.01.2011 den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab.

Die Klägerin erhob hiergegen Widerspruch und verwies darauf, dass sie an vielfältigen Erkrankungen leide, sich die depressive Stimmungslage verstärkt habe und insbesondere die Schwindelproblematik dazu führe, dass sie in der Erwerbstätigkeit beeinträchtigt sei.

Die Beklagte holte daraufhin ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. E. ein. Ausweislich seines Gutachtens vom 14.09.2011 kommt der Sachverständige Dr. E. zu dem Ergebnis, dass die Klägerin unter einer emotionalen Störung der psychischen Befindlichkeit vor dem Hintergrund einer pointierten Persönlichkeitsentwicklung lebensbegleitend derzeit auf dem Niveau einer einfachen somatoformen Störung, sensible Polyneuropathiesymptomatik bei Blutzuckerstoffwechselstörung sowie Karpaltunnelsyndrom beidseitig leide. Unter näher genannten Einschränkungen sei die Klägerin noch in der Lage, sechs Stunden und mehr arbeitstäglich körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt durchzuführen. Daraufhin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.02.2012 den Widerspruch der Klägerin zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 09.03.2012 Klage erhoben. Sie sei aufgrund ihrer Erkrankungen nicht mehr in der Lage, erwerbstätig zu sein. Einer erfolgreichen Behandlung stünde entgegen, dass sie die Veränderbarkeit ihres Gesundheitszustandes aufgrund ihrer histrionischen Persönlichkeit nicht erkennen könne.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 28.01.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.02.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr ab Antragstellung eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung, nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist weiterhin der Ansicht, dass die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert ist und verweist im Übrigen auf ihre Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid.

Das Gericht hat aktuelle Befundberichte der behandelnden Ärzte der Klägerin, des Hausarztes Dr. F., des Schmerzmediziners Dr. F. und des Neurologen und Psychiaters Dr. H. eingeholt.

Hinsichtlich des Gesundheitszustandes und des Leistungsvermögens der Klägerin im Erwerbsleben ist darüber hinaus Beweis erhoben worden durch Einholung eines internistischen Sachverständigengutachtens durch Dr. K. aufgrund einer am 03.04.2013 durchgeführten ambulanten Untersuchung. Der Sachverständige Dr. K. kommt ausweislich seines Gutachtens vom 05.04.2013 zu dem Ergebnis, dass die Klägerin im Wesentlichen unter insulinpflichtigem Diabetes mellitus Typ II b mit metabolischem Syndrom, Bluthochdruck, Hochtonsenke beidseits, Tinnitus rechts, anamnestisch bekannte Nierenzyste linksseitig sowie Eierstockzyste rechtsseitig, intermittierende Harninkontinenz bei Blasensenke und Gebärmutterentfernung sowie diabetische Polyneuropathie leide. Aufgrund dieser Gesundheitsstörungen sei die Klägerin noch in der Lage, zumindest körperlich leichte und mittelschwere Tätigkeiten auszuüben. Dabei sollten Arbeiten ausschließlich stehend oder ausschließlich gehend vermieden werden, ebenso wie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten. Typische Wechselschichttätigkeiten sowie reine Nachschichttätigkeiten seien ungeeignet, ebenso wie Arbeiten unter besonderem Zeitdruck sowie im Akkord. Arbeiten, die ein exaktes Hörvermögen voraussetzen, sind auszuschließen. Insgesamt könne die Klägerin unter Beachtung dieser Einschränkungen auch vollschichtig tätig sein.

Ferner ist Beweis erhoben worden durch Einholung eines orthopädischen Gutachtens durch Dr. N. aufgrund einer am 05.08.2013 durchgeführten ambulanten Untersuchung. Die Sachverständige Dr. N. kommt ausweislich ihres Gutachtens vom 12.10.2013 zu dem Ergebnis, dass die Klägerin auf orthopädischem Fachgebiet unter 1. einer geringgradigen Funktionsstörung der Hals- und Brustwirbelsäule, allenfalls mäßiger Funktionsstörung der Lendenwirbelsäule bei geringen degenerativen Veränderungen des Achsorgans sowie mäßiger Fehlstatik desselben, einhergehend mit myostatischer Insuffizienz und Dekonditionierung, als Behandlungsleiden, segmentale Bewegungsstörung L5 und ISG links, 2. deutlicher Fehlstatik des Schultergürtels mit myofascialem Schmerz ohne Funktionsstörung der Schultergelenke, 3. Ausschluss einer Funktionsstörung der Ellenbogengelenke, der Handgelenke und der Hände sowie der Finger bei allenfalls minimaler Fingergelenkspolyarthrose in den Mittelgelenken, 4. Rückenschmerz- und fettleibigkeitsbedingte Funktionsstörung der Hüftgelenke ohne eigentlichen Nachweis einer hüftgelenksbezogenen Erkrankung, 5. geringgradiger Reizzustände der Kniegelenke, insbesondere im Bereich des Kniescheibenrückflächengelenkes, ohne weitere Funktionsstörung der Kniegelenke sowie 6. ausgeprägter Knick-Senk-Spreizfuß, links betont ohne ausreichende ausgleichende Einlagen und Schuhversorgung leide. Auf schmerzmedizinischem Fachgebiet leide die Klägerin vorrangig unter einer dysfunktionalen Schmerzchronifizierung mit biopsychosozialen Belastungsfaktoren ohne neuropathisches Schmerzbild. Aufgrund dieser Gesundheitsstörungen sei die Klägerin noch in der Lage, zumindest körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auszuüben. Dabei sind Arbeiten auf Gerüsten oder Leitern auszuschließen und Tätigkeiten sollten nur in geschlossenen Räumen ausgeführt werden. Eine Nachschichttätigkeit solle unterbleiben, ebenso wie besonderer Zeitdruck oder die Arbeit an gefährlichen laufenden Maschinen. Insgesamt könne die Klägerin unter Beachtung dieser Einschränkungen auch vollschichtig tätig sein.

Schließlich hat das Gericht Beweis erhoben durch Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens von Dr. V. aufgrund einer am 17.06.2013 sowie 24.06.2013 durchgeführten ambulanten Untersuchung. Die Sachverständige Dr. V. kommt ausweislich ihres Gutachtens vom 19.12.2013 zu dem Ergebnis, dass die Klägerin auf psychiatrischem Fachgebiet unter einer mittelgradigen depressiven Episode, anhaltenden somatoformen Schmerzstörung sowie einer histrionischen Persönlichkeitsstruktur leide. Aufgrund dieser Gesundheitsstörungen sei die Klägerin noch in der Lage, körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten auszuüben. Dabei können geistig einfache bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten gemäß der Vorbildung verrichtet werden. Arbeiten in Wechselschicht, Nachschicht oder unter besonderem Zeitdruck seien nicht mehr möglich. Insgesamt könne die Klägerin unter Beachtung dieser Einschränkungen noch mindestens sechs Stunden, aber weniger als acht Stunden arbeitstäglich tätig sein.

Nachdem sich die Prozessbevollmächtigte der Klägerin kritisch mit den Gutachten der Sachverständigen auseinandergesetzt hat, hat das Gericht die Sachverständige Dr. V. ergänzend dazu befragt, insbesondere, ob sie die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung ändere. Die Sachverständige hat daraufhin mitgeteilt, dass das derzeitige Leistungsvermögen der Klägerin bei mindestens sechs Stunden aber weniger als acht Stunden täglich liege. Die Behandlungsoptionen auf psychiatrisch-psychotherapeutischem Fachgebiet seien noch nicht ausgeschöpft und bei entsprechender Compliance der Klägerin sei eine Besserung des Gesundheitszustandes zu erwarten. Die Klägerin verfüge über die grundsätzlichen Voraussetzungen, die für die vorgeschlagenen Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Sie sähe insgesamt keine Veranlassung, ihre sozialmedizinische Leistungsbeurteilung abzuändern oder zu ergänzen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie die die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 28.01.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.02.2012 ist nicht rechtswidrig und beschwert die Klägerin nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in ihren Rechten. Die Beklagte hat die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. wegen teilweiser Erwerbsminderung zu Recht abgelehnt.

Nach § 43 Abs. 1 und 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung, drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte, beschäftigte Tätigkeit geleistet haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden erwerbstätig zu sein (vgl. § 43 Abs. 1 S. 2 SGB VI). Volle Erwerbsminderung liegt nach § 43 Abs. 2 S. 2 SGB VI vor, wenn Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dagegen ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI).

Die Klägerin erfüllt diese Voraussetzungen nicht, denn sie ist in der Lage, trotz herabgesetzter Leistungsfähigkeit noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mit qualitativen Einschränkungen erwerbstätig zu sein. Hiervon ist das Gericht nach dem Ergebnis der durchgeführten medizinischen Beweisaufnahme überzeugt. Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin ist allerdings krankheitsbedingt herabgesetzt. Sie leidet an folgenden Gesundheitsstörungen: Auf psychiatrischem Fachgebiet an einer mittelgradigen depressiven Episode, anhaltender somatoformer Schmerzstörung und histrionischer Persönlichkeitsstruktur, auf internistischem Fachgebiet an insulinpflichtigem Diabettes mellitus Typ II b mit metabolischem Syndrom, Bluthochdruck, Hochtonsenke beidseits, Tinnitus rechts, anamnestisch bekannte Nierenzyste linksseitig sowie Eierstockzyste rechtsseitig, intermittierende Harninkontinenz bei Blasensenke und Gebärmutterentfernung sowie diabetische Polyneuropathie und auf orthopädischem Fachgebiet an einer geringgradigen Funktionsstörung der Hals- und Brustwirbelsäule, deutlicher Fehlstatik des Schultergürtels mit myofascialem Schmerz, minimaler Fingergelenkspolyarthrose in den Mittelgelenken, Rückenschmerz- und fettleibigkeitsbedingte Funktionsstörung der Hüftgelenke, geringgradige Reizzustände der Kniegelenke sowie ausgeprägter Knick-Senk-Spreizfuß, links betont ohne ausreichende ausgleichende Versorgung und auf schmerzmedizinischem Fachgebiet an einer vorrangig dysfunktionalen Schmerzchronifizierung mit biopsychologischen Belastungsfaktoren und neuropathischem Schmerzbild, unzureichend behandelt.

Trotz ihrer Gesundheitsstörungen und der sich daraus nachweislich ergebenden Leistungsbeeinträchtigung ist die Klägerin noch im Stande regelmäßig täglich eine mehr als sechsstündige Tätigkeit körperlich leichter bis gelegentlich mittelschwerer Art zu verrichten. Die Leistungsfähigkeit der Klägerin im Erwerbsleben ist jedoch dahingehend eingeschränkt, dass Arbeiten nicht ausschließlich stehend oder ausschließlich gehend erfolgen sollten. Ebenso sind Gerüst- und Leiterarbeiten auszuschließen. Die Klägerin soll in geschlossenen regelmäßig klimatisierten und warmen Räumen tätig sein und besonderen Belastungen durch Zugluft, Kälte-, Nässe.- und Temperaturschwankungen nicht ausgesetzt werden. Arbeiten in Wechselschicht, Nachtschicht oder unter besonderem Zeitdruck sind nicht möglich, auch Publikumsverkehr ist nur eingeschränkt möglich, sofern er nicht erhöht konfliktbehaftet ist und es sich um ein klassisches Zweiergespräch handelt. Schließlich ist in geistiger Hinsicht noch eine Tätigkeit gemäß der Vorbildung einfacher bis gelegentlich mittelschwieriger Art möglich.

Die Kammer folgt hinsichtlich dieser Feststellungen zum Gesundheitszustand insbesondere zum Leistungsvermögen der Klägerin den ausführlichen und schlüssig belegten Darlegungen der Sachverständigen Dr. K., Dr. N. und Dr. V. ausweislich ihrer jeweiligen Gutachten. Die von den Sachverständigen getroffenen Feststellungen zu den Erkrankungen der Klägerin sowie die vor diesem Hintergrund vorgenommene sozialmedizinische Leistungsbeurteilung waren für die Kammer nachvollziehbar und überzeugend. Zur Feststellung des beschriebenen Leistungsvermögens gelangten die Sachverständigen nach eingehender ambulanter Untersuchung der Klägerin und unter umfassender Berücksichtigung der im Untersuchungszeitpunkt aktenkundigen ärztlichen Unterlagen. Die Sachverständigen haben sich detailliert mit den Krankheitsbildern und den geltend gemachten Beschwerden der Klägerin auseinandergesetzt. Art und Schwere der daraus resultierenden Funktionsstörungen haben die Sachverständigen sorgfältig dargelegt und die sich daraus ergebenen Konsequenzen in sozialmedizinischer Hinsicht nachvollziehbar beschrieben. Anhaltspunkte für eine unvollständige Befunderhebung oder eine unzutreffende Leistungsbeurteilung sind nicht ersichtlich. Die Ausführungen in allen Gutachten sind schlüssig, in sich widerspruchsfrei und überzeugend begründet. Danach liegen insbesondere weder auf internistischem noch orthopädisch-schmerztherapeutischem sowie neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet so schwerwiegende Gesundheitsstörungen vor, dass es der Klägerin nicht mehr zumutbar wäre, körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten unter Berücksichtigung der genannten Bedingungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.

Ferner steht die Beurteilung der Sachverständigen auch in wesentlicher Übereinstimmung mit den Feststellungen der im Verwaltungsverfahren beauftragten Sachverständigen Dr. Sch. und Dr. E ... Ersterer diagnostizierte im Wesentlichen ein chronisches LWS-Syndrom bei Verschleißerscheinungen und Bandscheibenschäden, belastungsabhängige Knieschmerzen rechts bei Innenminiskusschaden und Diabetes mellitus Typ 2 mit neurologischen Komplikationen und letzterer diagnostizierte eine emotionale Störung unter psychischen Befindlichkeiten vor dem Hintergrund einer pointierten Persönlichkeitsentwicklung lebensbegleitend derzeit auf dem Niveau einer somatoformen Störung, sensible Polyneuropathiesymptomatik bei Blutzuckerstoffwechselstörung sowie Karpaltunnelsyndrom beidseitig. Beide Sachverständige aus dem Verwaltungsverfahren sind zusammengefasst nach den gutachterlichen Ausführungen noch der Ansicht, dass die Klägerin noch körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ausüben kann. Dabei sollten jedoch Tätigkeiten, die ein häufiges Bücken, häufige Vibrationserschütterungsbelastung der Wirbelsäule, häufiges Tragen von Lasten ohne technische Hilfsmittel und häufiges Klettern und Steigen beinhalten ausgeschlossen werden. Auch kniende und hockende Arbeitshaltungen sowie häufiges Überkopfarbeiten mit dem rechten Arm sind zu vermeiden. Im Hinblick auf den Bluthochdruck, den Diabetes und die beginnende psychische Beeinträchtigung sind erhöhter Zeitdruck und Nachtschichtarbeit sowie intensiver Publikumskontakt oder Arbeiten der Pflege nicht leidensgerecht. Insgesamt sehen beide Sachverständige die Klägerin noch in der Lage, täglich mehr als sechs Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein. Belastbar entgegenstehendes ist nicht anderweitigen medizinischen Berichten bzw. Unterlagen zu entnehmen. Im Gegenteil, die behandelnde Ärztin Dr. F. sieht die Klägerin noch in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten sechs bis acht Stunden täglich auszuüben. Auch Dr. F. hält die Klägerin nicht für erwerbsunfähig. In Bezug auf die bisher ausgeübte mittelschwere bis schwere Tätigkeit weist sie allerdings auf die erhöhte Erschöpfbarkeit hin und lässt schweres Heben ausschließen. Allein Dr. H. hält die Klägerin nur noch für in der Lage, mindestens drei aber weniger als sechs Stunden täglich entsprechende Tätigkeiten auszuüben. Dabei ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die Einschätzung der behandelnden Ärztin auf einer lediglich einmaligen Vorstellung der Klägerin in ihrer Praxis beruht und insofern die Einschätzungen der gerichtlichen Sachverständigen, insbesondere von Dr. V. nicht in Frage stellen kann.

Ob die Klägerin über die Compliance, d. h. die Bereitschaft sich den vorgeschlagenen Behandlungsmaßnahmen zu unterziehen, verfügt, oder krankheitsbedingt nicht in der Lage ist, die Veränderbarkeit ihres Gesundheitszustandes zu erkennen, ist für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin im Hinblick auf eine teilweise oder volle Erwerbsunfähigkeit nicht relevant. Die Sachverständige Dr. V. führt in ihrer ergänzenden Stellungnahme nachvollziehbar und überzeugend dazu aus, dass die Klägerin auch ohne entsprechende Behandlungsmaßnahmen derzeit in der Lage ist, mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Aus psychiatrischer Sicht stellt sich zwar die Fähigkeit und Möglichkeit zur Introspektion und Selbstreflexion als sehr begrenzt dar und es bestehen Somatisierungstendenzen, die die Sachverständige auch auf die akzentuierte Persönlichkeitsstruktur im Sinne einer histrionischen Persönlichkeit zurückführt. Bei der Klägerin ist die Stresstoleranz herabgesetzt ebenso wie die Fähigkeit alltägliche Konflikte auszuhalten und adäquat zu bewältigen. Es besteht eine erhöhte psychovegetative Labilität und eine erhöhte affektive Irritierbarkeit. Zudem liegt bei der Klägerin zum Untersuchungszeitpunkt eine erhöhte Erschöpfbarkeit vor. Diese erhöhte Erschöpfbarkeit schlägt sich darin nieder, dass eine Tätigkeit zwar mindestens sechs Stunden, aber weniger als acht Stunden arbeitstäglich durchführbar ist. Eine weitere Verminderung der (quantitativen) Leistungsfähigkeit ist jedoch nach den ausführlichen und überzeugenden Darlegungen der Sachverständigen nicht zu rechtfertigen. So besteht keine stärkergradige Veränderung der Affektlage, keine stärkergradige Störung der Antriebslage, keine manifeste Störung der Impulskontrolle oder stärkergradige Störung der soziokommunikativen Fähigkeiten. Im Gegenteil geht die Sachverständige davon aus, dass die Klägerin bei entsprechender Compliance und Ausschöpfung der Behandlungsoptionen ihr Leistungsvermögen auf ein wieder achtstündiges Leistungsvermögen steigern kann. Über die dazu notwendigen grundsätzlichen Voraussetzungen, d.h. die intellektuellen Fähigkeiten und das psychischen Strukturniveau, verfügt die Klägerin nach der schlüssigen Auffassung der Sachverständigen.

Anhaltspunkte dafür, dass im vorliegenden Fall für die Klägerin trotz der Fähigkeit mindestens sechs Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten zu können, der Arbeitsmarkt gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI infolge einer schweren spezifischen Leistungseinschränkung oder durch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen als verschlossen anzusehen ist bzw. von der Beklagten zur Abwendung des Rentenanspruchs eine konkrete Tätigkeit benannt werden müsste, liegen nicht vor (vgl. Bundessozialgericht [BSG], zuletzt Urteil vom 09.05.2012, Az.: B 5 R 68/11R m.w.N., vgl. auch Freudenberg in Juris-PK, 2. Aufl. 2013 § 43 SGB VI Rn. 150 ff.).

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass es für die Frage der Rentengewährung ohne Bedeutung ist, ob die Klägerin einen geeigneten Arbeitsplatz tatsächlich findet oder durch die Arbeitsagentur vermittelt erhalten kann. Dies liegt darin begründet, dass das Risiko der Arbeitslosigkeit nicht die Beklagte als Rentenversicherungsträger trägt, sondern vielmehr die Bundesagentur für Arbeit mitsamt ihren Dienststellen bzw. kommunalen Trägern der dafür geschaffenen Vorschriften des Zweiten und Dritten Buches Sozialgesetzbuch. vgl. auch § 43 Abs. 3 SGB VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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