Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Schleswig (SHS)
Aktenzeichen
S 21 R 377/11
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 7 R 63/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein Versicherter, der seine Vermeidungshaltung gegenüber öffentlichen Verkehrsmitteln auch ohne spezifische Therapie bei zumutbarer Willensanstrengung überwinden kann, ist nicht wegeunfähig. Der allgemeine Arbeitsmarkt ist ihm aus diesem Grund nicht verschlossen. Das Ausmaß der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft durch Freizeitaktivitäten kann dabei ein Indikator sein.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 13. März 2014 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der am 1969 geborene Kläger begehrt die Zuerkennung einer Erwerbsminderungsrente.
Der Kläger hat keine förmliche Berufsausbildung abgeschlossen. Er ist in der Vergangenheit in verschiedenen Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig gewesen, so im Einzelhandel, in einer Spielhalle, an einer Tankstelle, in einem Fitnessstudio und als Parkplatzwächter. Seit mehreren Jahren bezieht er Leistungen der Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II).
Am 29. Februar 2008 stellte der Kläger einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Dieser war aus seiner Sicht nicht erfolgreich. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 2. April 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2008 ab. Das dagegen angestrengte Klageverfahren war ebenfalls nicht erfolgreich. Nach Sachverhaltsaufklärung im Klageverfahren, insbesondere der Einholung eines neurologisch psychiatrischen Gutachtens des Sachverständigen Dr. H vom 18. Juli 2007 und der Einholung einer berufskundlichen Stellungnahme des Sachverständigen L vom 26. August 2011, nahm der Kläger die Klage zurück.
Am 28. Juni 2011 beantragte der Kläger gegenüber der Beklagten die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Diesen Antrag lehnte die Beklagte nach Auswertung der im vorherigen gerichtlichen Verfahren erfolgten sozialmedizinischen Sachverhalts¬aufklärung mit Bescheid vom 17. August 2011 ab und führte zur Begründung aus, die sozialmedizinischen Voraussetzungen für den Bezug einer Erwerbsminderungsrente lägen nicht vor.
Dagegen richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 31. August 2011. Zur Begründung führte er aus, er könne zeitlich nur sehr eingeschränkt Tätigkeiten verrichten und dies auch nur in Fuß- bzw. Fahrradentfernung. Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sei ihm nicht möglich. Auto fahren könne er nicht. Fahrten als Beifahrer könne er nur bis zu 5 Kilometer bewältigen. Einer höheren Belastung halte er wegen der körperlichen und vor allem psychischen Beeinträchtigungen nicht Stand.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. November 2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger könne aus sozialmedizinischer Sicht noch mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten verrichten, so dass eine Erwerbsminderung nicht vorliege. Da der Kläger nach dem 1. Januar 1961 geboren sei, bestehe auch kein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Mit der am 16. Dezember 2011 beim Sozialgericht Schleswig erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat er vorgetragen, er sehe sich nicht in der Lage, mindestens drei Stunden täglich zu arbeiten, denn er leide an einem Erschöpfungssyndrom, das von Panikattacken und Angststörungen begleitet werde. Zudem bestehe zusätzlich eine reaktive, depressive Episode. Arbeitsorte müssten höchstens innerhalb von zehn Minuten mit dem Fahrrad erreichbar sein. Längere Autofahrten oder die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel seien ihm nicht möglich, denn er bekomme dann immer wieder Angstzustände. Der Kläger hat darauf hingewiesen, dass er im Zeitraum zwischen 2010 und 2014 häufig arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei und entsprechende Krankschreibungen zur Akte gereicht. Daraus ergebe sich, dass er während dieses gesamten Zeitraums nicht in der Lage gewesen sei, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Die Auffassung der im gerichtlichen Verfahren gehörten Sachverständigen teile er nicht. Berufsfelder, wie sie der berufskundige Sachverständige vorgeschlagen habe, existierten nicht. Versandfertigmacher seien oft im Akkord tätig, da gewisse Stückzahlen erreicht werden müssten. Sei eine Akkordarbeit nicht vorgesehen, handele es sich um den zweiten oder dritten Arbeitsmarkt, der für ihn mangels entsprechender Behinderung nicht in Betracht komme.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18. August 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. November 2011 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf die Begründung der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen bezogen und sich durch die im Gerichtsverfahren durchgeführte sozialmedizinische Sachverhaltsaufklärung bestätigt gesehen.
Das Sozialgericht hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes zunächst Befundberichte des behandelnden Hausarztes Dr. S vom 20. Juni 2013, des ärztlichen Psychotherapeuten Dr. Bockhardt vom 20. Juni 2013 und der Psychiaterin Ricken vom 26. Juni 2013 eingeholt. Sodann hat das Sozialgericht von dem Neurologen und Psychiater Dr. H ein Fachgutachten eingeholt, welches der Sachverständige nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers vom 5. De-zember 2013 am 7. Dezember 2013 erstattet hat. Dr. H hat auf psychiatrischem Fachgebiet bei dem Kläger eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typ von insgesamt geringem Schweregrade, eine Neigung zum Missbrauch von Alkohol, gegenwärtig ohne Substanzgebrauch, und eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig in leichter Episode, diagnostiziert. Darüber hinaus beständen ein Zustand nach Schulteroperation links mit diskreter Einschränkung der Belastbarkeit des linken Schultergelenkes und eine medikamentös eingestellte Schilddrüsenüberfunktion. Aufgrund der psychischen Erkrankung könne der Kläger keine Tätigkeiten mit besonderer psychischer Belastung, mit besonderem Zeitdruck, mit besonderem Leistungsdruck oder mit der Notwendigkeit von Teamarbeit mehr verrichten. Auch Tätigkeiten mit überwiegendem Publikumsverkehr sowie regelmäßige Tätigkeiten in engen Räumen und Tätigkeiten in Nachtschicht könnten nicht verrichtet werden. Im Hinblick auf die leichte Bewegungseinschränkung der linken Schulter sollten regelmäßige Überkopfarbeiten mit dem linken Arm und Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die Kraft und Ausdauer des linken Armes vermieden werden. Besonderheiten auf dem Weg zur Arbeitsstelle seien nicht zu berücksichtigen. Trotz der vorgebrachten Beeinträchtigungen sei der Kläger in der Lage, zweimal täglich öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Aus nervenärztlicher Sicht benötige er dazu keine Begleitperson.
Das Sozialgericht hat darüber hinaus eine berufskundliche Stellungnahme des Sachverständigen L eingeholt, der den allgemeinen Arbeitsmarkt aufgrund des sozialmedizinisch ermittelten Leistungsvermögens nicht als verschlossen angesehen hat. Der Kläger sei in der Lage, einfache gewerbliche Arbeiten zu verrichten, etwa leichte Pack- und einfache Sortierarbeiten in der Ausübungsform eines Versandfertigmachers.
Im Hinblick auf die vom Kläger geäußerte Kritik hat das Sozialgericht den Sachverständigen L in der mündlichen Verhandlung vom 13. März 2014 ergänzend befragt. Dabei hat dieser angegeben, es sei nicht zutreffend, dass Tätigkeiten als Versandfertigmacher in der Regel im Akkord durchgeführt würden. Die von ihm benannten Tätigkeiten seien gerade nicht maschinengesteuert und es werde ein mittleres Arbeitstempo erwartet, das nicht nach Akkordrichtsätzen bemessen werde. Die Entlohnung erfolge im Zeitlohn. Die Anzahl der bundesweit in Betracht kommenden Stellen auf dem ersten Arbeitsmarkt liege dabei deutlich oberhalb von 300 bis 400.
Mit Urteil vom 13. März 2014 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Dabei ist es hinsichtlich der sozialmedizinischen Leistungseinschätzung dem Gutachten des Sachverständigen Dr. H gefolgt und hinsichtlich der berufskundlichen Bewertung den Ausführungen des Sachverständigen L. Die Einschätzung des Sachverständigen Dr. H , wonach nur eine leichte depressive Episode vorliege, sei aufgrund des erhobenen klinisch psychopathologischen Befunds und der tatsächlich in Anspruch genommenen fachspezifischen Behandlungen sowie der Dosis der medikamentösen Behandlung schlüssig. Es sei auch nicht vom Vorliegen einer schweren Angst- und Panikstörung auszugehen. Zwar habe der Kläger in der Vergangenheit immer wieder Symptome einer Angststörung gezeigt, diese spiele aber, wie der Sachverständige nachvollziehbar ausgeführt habe, aufgrund der zwischenzeitlich eingetretenen sozialen Stabilisierung im Rahmen der Partnerschaft nur eine vergleichsweise geringe Rolle. Der allgemeine Arbeitsmarkt sei dem Kläger auch nicht verschlossen, denn dieser könne noch leichte Pack- und einfache Sortiertätigkeiten in der Ausübungsform eines Versandfertigmachers wettbewerbsfähig verrichten. Abzustellen sei auf Arbeiten, die nicht durch Anlagen oder Maschinen vorgegeben würden und bei denen der Lohn nicht nach Akkordrichtsätzen bemessen werde. Dabei würden keine besonderen Anforderungen an die Teamfähigkeit gestellt und auch nicht mit Publikum gearbeitet. Erhöhter Zeitdruck werde insoweit nicht abverlangt. Eine normale Arbeitsleistung ohne erhöhten Zeitdruck sei dem Kläger aber zumutbar.
Gegen das seiner Bevollmächtigten am 28. März 2014 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 14. April 2014. Zur Begründung trägt er vor, das Sozialgericht und die Beklagte hätten seine berufliche Leistungsfähigkeit falsch eingeschätzt. Die bei ihm vorliegenden Panikattacken führten dazu, dass er nur in nicht vorhersehbarem Umfang in der Lage sei, das Haus zu verlassen, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, sich von seiner Ehefrau mit dem Auto fahren zu lassen oder am Leben in der Gemeinschaft teilzunehmen. Je mehr er unter Druck gerate, desto häufige träten die Panikattacken auf. Unter Druck gerate er bereits, wenn er Termine oder ähnliches wahrzunehmen habe. Für ihn stelle es ein unüberbrückbares Hindernis dar, zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort regelmäßig zu erscheinen. Genau dies wäre aber auf dem Arbeitsmarkt notwendig. Diese Konstellation lasse das medizinische Sachverständigengutachten außer Acht. Auch das berufs¬kundliche Gutachten führe nicht zu einer anderen Betrachtungsweise, da davon auszugehen sei, dass ihm der erste Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehe. Diese Einschätzung teile auch seine zuständige Sachbearbeiterin bei der Arbeitsagentur. Es sei allenfalls der zweite Arbeitsmarkt offen, für den er aber mangels entsprechender Behinderung nicht vermittelbar sei.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 13. März 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17. August 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. November 2011 zu verurteilen, ihm ab 1. Juni 2011 eine Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie weist darauf hin, dass die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die begehrte Rente nur bei einem Leistungsfall bis zum 30. September 2011 erfüllt wären.
Der Senat hat von dem Neurologen und Psychiater F ein weiteres Gutachten eingeholt, welches dieser am 11. Dezember 2014 aufgrund einer ambulanten Untersuchung des Klägers vom 8. Dezember 2014 im Rahmen eines Hausbesuchs erstattet hat. Der Sachverständige F hat in seinem Gutachten ausgeführt, im Vordergrund ständen die seit 2004 erstmals beschriebenen Panikattacken. Die Diagnose beruhe allerdings hauptsächlich auf der Eigenschilderung des Klägers. Bezüglich des Leidensdruckes sei neben der Eigenschilderung die Inanspruchnahme therapeutischer Hilfen zu berücksichtigen. Dabei sei festzustellen, dass mit Ausnahme einer milden Medikation mit einem Antidepressivum und einem monatlichen Gespräch beim behandelnden Nervenarzt keine weitere Therapie erfolge. Bei stark ausgeprägtem Leidensdruck wäre eine intensivierte Therapie unter Einschluss einer ambulanten Psychotherapie auf verhaltenstherapeutischer Basis mit einem gestuften Expositionstraining oder bei stärkerer Ausprägung eine stationäre psychosomatisch ausgerichtete Krankenhausbehandlung zu erwarten. Der Kläger habe indessen kein Interesse, derartige Behandlungsoptionen in Anspruch zu nehmen. Dieser habe geäußert, er wisse, wie er die Panikattacken vermeiden könne, daher sei eine solche Therapie aus seiner Sicht nicht erforderlich. Darüber hinaus bestätigte Herr F das Bestehen einer rezidivierenden depressiven Störung in gegenwärtig leichtgradiger Ausprägung und eine Persönlichkeitsstörung, wobei er in Abgrenzung zu Dr. H jedenfalls für den Zeitpunkt seiner Untersuchung nicht von einer impulsiven, sondern einer kombinierten Persönlichkeitsstörung ausging. Herr F bestätigte ebenfalls die nichtpsychiatrischen Diagnosen und zusätzlich degenerative Veränderungen der Wirbelsäule ohne eindeutige Nervenwurzelreizerscheinungen diagnostiziert. Das berufliche Leistungsvermögen hielt er für qualitativ, aber nicht quantitativ eingeschränkt. So könne der Kläger keine schweren Tätigkeiten mehr verrichten und leichte oder mittelschwere Arbeiten zwar ständig im Sitzen, aber nur überwiegend im Gehen und Stehen. Zu vermeiden seien sehr enge Räumlichkeiten, wie z. B. Fahrstühle. Arbeiten unter besonderem Zeitdruck, wie z. B. im Akkord oder am Fließband, sollten vermieden werden, ebenso Nachtschichttätigkeiten. Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sollten ebenfalls vermieden werden. Tätigkeiten am Computer sollten nicht ständig ausgeführt werden, gelegentliche Tätigkeiten am Computer seien aber problemlos möglich. Auch Tätigkeiten mit Publikumsverkehr seien möglich, wenn diese nicht mit einer besonderen nervlichen Belastung einhergingen. Besondere Anforderungen an die linke Schulter, z. B. Arbeiten über Schulterhöhe mit dem linken Arm, sollten vermieden werden. Die Wegefähigkeit sei erhalten. Zwar gebe der Kläger an, öffentliche Verkehrsmittel nicht benutzen zu können. Es sei aber festzustellen, dass Angststörungen durch entsprechende Therapien gut überwunden werden könnten. Des Weiteren sei festzustellen, dass der Kläger durchaus im öffentlichen Verkehrsraum mit dem Fahrrad unterwegs sei, mit seiner Frau oder Freunden zusammen einkaufen fahre. Auch besuche er seine Schwiegermutter. Insofern sei aus neuropsychiatrischer Sicht festzustellen, dass es dem Kläger durchaus mit zumutbarer innerer Willensanspannung möglich sei, zweimal täglich öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.
Die Klägerbevollmächtigte hat mit am 22.4.15 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz mitgeteilt, dass der Kläger arbeitsunfähig erkrankt sei und gebeten nach Lage der Akten zu entscheiden.
In der mündlichen Verhandlung vom 5. Mai 2015 ist für den Kläger niemand erschienen. Die Beklagte hat eine Entscheidung nach Lage der Akten beantragt.
Ergänzend wird hinsichtlich des Sach- und Streitstandes auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Gerichtsakte und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 126 Sozialgerichtsgesetz (SGG), dessen Voraussetzungen hier vorliegen, nach Lage der Akten entscheiden.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht innerhalb der Monatsfrist des § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden. Einer besonderen Zulassung gemäß § 144 SGG bedurfte sie schon deswegen nicht, weil um laufende Leistungen für mehr als ein Kalenderjahr gestritten wird.
Die Berufung ist aber unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Dieser hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung sind in § 43 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) geregelt. Danach bestehen sowohl versicherungsrechtliche als auch medizinische Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer solchen Rente. Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein, § 43 Abs.1 S.2 SGB VI. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbarer Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein, § 43 Abs.2 S.2 SGB VI.
Darüber hinaus haben Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, bei Erfüllung der oben genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen gemäß § 240 SGB VI Anspruch auf Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zu der Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelischen gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden täglich gesunken ist.
Die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 43 Abs. 1 in Verbindung mit § 240 Abs. 1 SGB VI kommt im Falle des Klägers bereits aufgrund seines Geburtsdatums nach 1961 nicht in Betracht.
Für eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung allein aus sozialmedizinischen Gründen liegen die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nur für einen Leistungsfall bis zum 30. September 2011 vor. Zwar kommt der Bezug von Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch – Zweites Buch (SGB II) grundsätzlich als anwartschaftserhaltend für den Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente in Betracht. So waren Zeiten eines solchen Leistungsbezuges bis zum 31. Dezember 2010 gemäß § 3 Satz 1 Nr. 3a SGB VI grundsätzlich Pflichtversicherungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung. Sie sind seit 1. Januar 2011 Anrechnungszeiten gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI, die den 5 –Jahreszeitraum gemäß § 43 Abs.4 Nr.1 SGB VI verlängern können. Der SGB II-Leistungsbezug des Klägers ist allerdings für den Zeitraum vom 31. August 2008 bis 1. August 2010 für 23 Monate unterbrochen gewesen. Eine weitere Lücke findet sich zwischen dem 1. August 2011 und dem 1. Januar 2012. 36 Monate mit Pflichtbeitragszeiten in einem rückwärtigen Fünfjahreszeitraum, verlängert um die als Anwartschaftserhaltungszeiten gemäß § 43 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI anzuerkennenden SGB II-Bezugszeiten nach dem 1. November 2011, finden sich daher maximal bis zu einem Leistungsfall am 30. September 2011.
Ungeachtet dessen liegen für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum die sozialmedizinischen Leistungsvoraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente nicht vor. In Auswertung der im Laufe des Verfahrens eingeholten medizinischen Gutachten, namentlich des zuletzt eingeholten Gutachtens des Neurologen und Psychiaters F , hat sich der Senat die Überzeugung gebildet, dass der Kläger an einer Angststörung mit einhergehenden Panikattacken leidet. Allerdings ist diese Erkrankung nicht so stark ausgeprägt, wie der Kläger es vorträgt. Die Diagnose beruht im Wesentlichen auf der Eigenschilderung des Klägers. Ein Anhaltspunkt für die Einschätzung der Intensität einer solchen Erkrankung ist neben der Eigenschilderung der durch die Inanspruchnahme therapeutischer Hilfen zum Ausdruck kommende Leidensdruck. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Kläger keine psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nimmt, psychiatrische Behandlungen nur äußerst niedrigfrequentiert stattfinden und auch eine medikamentöse psychiatrische Behandlung in Hinblick auf die ebenfalls vorhandene leichtgradige Depression nur äußerst niedrig dosiert in Anspruch genommen wird. Auch besteht ausweislich der Angaben des Klägers gegenüber dem Sachverständigen F keine hinreichende Motivation zu einer mit guten Erfolgsaussichten möglichen Behandlung seiner Panikattacken. Es ist daher schlüssig und aus Sicht des Senats überzeugend, wenn der Sachverständige F bei dieser Sachlage von einer eher geringradigen Ausprägung der Angststörung ausgeht.
Daneben besteht eine Persönlichkeitsstörung, die mit leichter Kränkbarkeit, einer Neigung zu emotionalen Ausbrüchen und einer Selbstwahrnehmung als Opfer einhergeht. Ferner besteht auf neurologisch psychiatrischem Gebiet eine rezidivierende depressive Störung, die gegenwärtig aber nur leichtgradig ausgeprägt ist. Gegen eine stärkere Ausprägung der Depression sprechen die niedrigdosierte Medikation und die von dem Kläger geschilderte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, insbesondere im Rahmen des Freundes- und Bekanntenkreises seiner jetzigen Ehefrau. Ein früher vorhandener Alkoholmissbrauch liegt gegenwärtig nicht mehr vor. Darüber hinaus bestehen somatische Erkrankungen, insbesondere degenerative Veränderungen im linken Schultergelenk und eher leichtgradige degenerative Veränderungen der Wirbelsäule ohne eindeutige Nervenwurzelreizerscheinungen mit einhergehenden Rückenschmerzen. Schließlich besteht eine medikamentös eingestellte Schilddrüsenüberfunktion.
Aufgrund dieser diagnostischen Lage ist der Kläger in seiner beruflichen Leistungsfähigkeit zwar qualitativ, aber nicht quantitativ eingeschränkt. So sind zwar grundsätzlich schwere körperliche Tätigkeiten wegen der degenerativen Wirbelsäulenveränderung ausgeschlossen, leichte und mittelschwere Arbeiten kann er aber noch verrichten. Diese kann er ständig im Sitzen und überwiegend im Gehen und Stehen verrichten. Eine Beschränkung des Ortes der Ausübung der Tätigkeit besteht nur dahingehend, dass sehr enge Räume, wie etwa Fahrstühle, in Hinblick auf die Angsterkrankung vermieden werden sollten. In körperlicher Hinsicht sollte der Kläger zudem keine Tätigkeiten verrichten, die die linke Schulter besonders belasten, insbesondere Tätigkeiten mit dem linken Arm über Schulterhöhe. Auch ständige Tätigkeiten am Computer sind im Hinblick auf die damit verbundene Zwangshaltung der Halswirbelsäule zu vermeiden. Gelegentliche Tätigkeiten am Computer sind aber möglich. Weitere Leistungseinschränkungen bestehen in psychomentaler Hinsicht. So kann der Kläger zwar in Früh- oder Spätschicht tätig sein, in Nachtschicht sollte er aber nicht arbeiten. Auch sollte ein besonderer Zeitdruck, wie er z. B. bei Akkord- oder Fließbandarbeit vorkommt, vermieden werden. Schließlich sind ihm Tätigkeiten mit Publikumsverkehr grundsätzlich möglich, aber nicht, wenn dies mit einer besonderen nervlichen Belastung einhergeht, etwa bei einer Beschwerdeannahmestelle.
Bei Beachtung dieser qualitativen Leistungseinschränkungen besteht keine quantitative Leistungseinschränkung auf unter sechs Stunden täglich im Rahmen einer Fünftagewoche. Der Kläger ist daher nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI.
Eine konkrete Verweisungstätigkeit, die mit den bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen noch verrichtet werden kann, muss dem Kläger nicht benannt werden. Dies wäre nur dann der Fall, wenn eine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen vorläge (vgl. BSG, Großer Senat, Beschluss vom 19. Dezember 1996, GS 2/95, juris). Keine der bei dem Kläger vorliegenden Leistungsbeeinträchtigungen ist für sich genommen so gewichtig, dass sie Anhaltspunkte für eine Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarktes bietet. Aber auch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen liegt nicht vor. Zwar ist der Kläger sowohl in körperlicher als auch in psychomentaler Hinsicht qualitativ beeinträchtigt, die Leistungsbeeinträchtigungen sind für sich genommen aber nicht besonders gewichtig. So sind in körperlicher Hinsicht lediglich schwere Arbeiten und bestimmte Zwangshaltungen ausgeschlossen. Auch in psychomentaler Hinsicht führen die benannten Leistungsbeeinträchtigungen nicht dazu, dass der Kläger von einer Vielzahl von Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen wäre. Viele körperlich leichte oder mittelschwere Tätigkeiten, die mit keinen besonderen psychomentalen Belastungen einhergehen, kann der Kläger noch verrichten. Dabei sind die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorkommenden Handlungsfelder der Kontrolle, des Sortierens und Verpackens sowie der Aufsicht zu nennen. Auch Bürohilfstätigkeiten oder einfache Verkaufstätigkeiten, die nicht mit der Notwendigkeit ständigen Stehens einhergehen, kommen in Betracht. Bei einer solchen Sachlage liegt keine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen vor (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2012, B 5 R 68/11 R, juris).
Ungeachtet dessen hat der Senat auch keinen Zweifel daran, dass der Kläger etwa, aber keinesfalls ausschließlich, die von dem berufskundigen Sachverständigen L genannte Tätigkeit des Versandfertigmachers noch verrichten kann. Dem Kläger ist zwar zuzugestehen, dass eine solche Tätigkeit für ihn ausscheidet, sofern sie mit einem besonderen Zeitdruck oder anderen besonderen nervlichen Belastungen einhergeht. Zwar gibt es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auch Pack- und Sortiertätigkeiten, die im Akkord verrichtet werden, bei vielen Tätigkeiten des Verpackens und Sortierens ist dies aber nicht der Fall, wie der Sachverständige L schlüssig dargelegt hat. Vielmehr wird oftmals nur ein normales Arbeitstempo verlangt. Dies ist dem Kläger zuzumuten. Darüber hinaus kommen zur Überzeugung des Senats etliche weitere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in Betracht, etwa Bürohilfstätigkeiten, aber auch die vom Kläger in der Vergangenheit verrichteten Tätigkeiten im Einzelhandel oder als Parkplatzwächter.
Auch die Wegefähigkeit, die als Fähigkeit, einen Arbeitsplatz zumutbar zu erreichen, Teil der Erwerbsfähigkeit ist, ist nicht eingeschränkt. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat insoweit pauschalierte Anforderungen entwickelt und die Wegefähigkeit als Fähigkeit, viermal täglich eine Strecke von über 500 m in höchstens 20 Minu¬ten zu Fuß zurücklegen und zweimal täglich zu den Hauptverkehrszeiten öffentliche Verkehrsmittel benutzen zu können, definiert (vgl. BSG, Urteil vom 19. November 1997, 5 RJ 16/97, juris). Diese Fähigkeit ist bei dem Kläger erhalten. An der Fähigkeit, mehr als 500 m in höchstens 20 Minuten zweimal täglich zurückzulegen, bestehen keinerlei Zweifel. Nach den eigenen Schilderungen des Klägers ist es ihm allerdings nicht möglich, öffentliche Verkehrsmittel zu den Hauptverkehrszeiten zu benutzen. Diese Selbsteinschätzung kann der Leistungsbeurteilung aber nicht zugrundegelegt werden. Schlüssig hat der Sachverständige F nämlich dargelegt, dass diese Beschwerdeschilderung im Widerspruch zu dem weiteren Beschwerdebild und den Schilderungen des Klägers zu seiner Teilhabe am öffentlichen Leben steht. Überzeugend hat der Sachverständige F ferner ausgeführt, dass die Angststörung durch eine gestufte Verhaltenstherapie mit schrittweiser Exposition ganz überwunden werden könnte, wozu es dem Kläger allerdings an Motivation mangelt. Unabhängig davon hat der Sachverständige darüber hinaus aus fachlicher Sicht angenommen, dass es dem Kläger auch gegenwärtig, d.h. ohne Expositionstherapie, mit zumutbarer innerer Willensanspannung möglich sein müsste, öffentliche Verkehrsmittel zweimal täglich zu benutzen. Dieser Einschätzung schließt sich der erkennende Senat an. Sie wird durch die gegenüber den Gutachtern geschilderte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben durch Fahrradtouren, Gemeinsame Einkäufe mit seiner Ehefrau und gemeinsame Aktivitäten mit Freunden und der Familie seiner Frau (Gemeinsame Fahrradtouren, Schwimmbadbesuche, Frühstücken Gehen) gestützt.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und Abs. 4 SGG und folgt der Sachentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Der am 1969 geborene Kläger begehrt die Zuerkennung einer Erwerbsminderungsrente.
Der Kläger hat keine förmliche Berufsausbildung abgeschlossen. Er ist in der Vergangenheit in verschiedenen Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig gewesen, so im Einzelhandel, in einer Spielhalle, an einer Tankstelle, in einem Fitnessstudio und als Parkplatzwächter. Seit mehreren Jahren bezieht er Leistungen der Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II).
Am 29. Februar 2008 stellte der Kläger einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Dieser war aus seiner Sicht nicht erfolgreich. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 2. April 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2008 ab. Das dagegen angestrengte Klageverfahren war ebenfalls nicht erfolgreich. Nach Sachverhaltsaufklärung im Klageverfahren, insbesondere der Einholung eines neurologisch psychiatrischen Gutachtens des Sachverständigen Dr. H vom 18. Juli 2007 und der Einholung einer berufskundlichen Stellungnahme des Sachverständigen L vom 26. August 2011, nahm der Kläger die Klage zurück.
Am 28. Juni 2011 beantragte der Kläger gegenüber der Beklagten die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Diesen Antrag lehnte die Beklagte nach Auswertung der im vorherigen gerichtlichen Verfahren erfolgten sozialmedizinischen Sachverhalts¬aufklärung mit Bescheid vom 17. August 2011 ab und führte zur Begründung aus, die sozialmedizinischen Voraussetzungen für den Bezug einer Erwerbsminderungsrente lägen nicht vor.
Dagegen richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 31. August 2011. Zur Begründung führte er aus, er könne zeitlich nur sehr eingeschränkt Tätigkeiten verrichten und dies auch nur in Fuß- bzw. Fahrradentfernung. Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sei ihm nicht möglich. Auto fahren könne er nicht. Fahrten als Beifahrer könne er nur bis zu 5 Kilometer bewältigen. Einer höheren Belastung halte er wegen der körperlichen und vor allem psychischen Beeinträchtigungen nicht Stand.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. November 2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger könne aus sozialmedizinischer Sicht noch mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten verrichten, so dass eine Erwerbsminderung nicht vorliege. Da der Kläger nach dem 1. Januar 1961 geboren sei, bestehe auch kein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Mit der am 16. Dezember 2011 beim Sozialgericht Schleswig erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat er vorgetragen, er sehe sich nicht in der Lage, mindestens drei Stunden täglich zu arbeiten, denn er leide an einem Erschöpfungssyndrom, das von Panikattacken und Angststörungen begleitet werde. Zudem bestehe zusätzlich eine reaktive, depressive Episode. Arbeitsorte müssten höchstens innerhalb von zehn Minuten mit dem Fahrrad erreichbar sein. Längere Autofahrten oder die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel seien ihm nicht möglich, denn er bekomme dann immer wieder Angstzustände. Der Kläger hat darauf hingewiesen, dass er im Zeitraum zwischen 2010 und 2014 häufig arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei und entsprechende Krankschreibungen zur Akte gereicht. Daraus ergebe sich, dass er während dieses gesamten Zeitraums nicht in der Lage gewesen sei, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Die Auffassung der im gerichtlichen Verfahren gehörten Sachverständigen teile er nicht. Berufsfelder, wie sie der berufskundige Sachverständige vorgeschlagen habe, existierten nicht. Versandfertigmacher seien oft im Akkord tätig, da gewisse Stückzahlen erreicht werden müssten. Sei eine Akkordarbeit nicht vorgesehen, handele es sich um den zweiten oder dritten Arbeitsmarkt, der für ihn mangels entsprechender Behinderung nicht in Betracht komme.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18. August 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. November 2011 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf die Begründung der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen bezogen und sich durch die im Gerichtsverfahren durchgeführte sozialmedizinische Sachverhaltsaufklärung bestätigt gesehen.
Das Sozialgericht hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes zunächst Befundberichte des behandelnden Hausarztes Dr. S vom 20. Juni 2013, des ärztlichen Psychotherapeuten Dr. Bockhardt vom 20. Juni 2013 und der Psychiaterin Ricken vom 26. Juni 2013 eingeholt. Sodann hat das Sozialgericht von dem Neurologen und Psychiater Dr. H ein Fachgutachten eingeholt, welches der Sachverständige nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers vom 5. De-zember 2013 am 7. Dezember 2013 erstattet hat. Dr. H hat auf psychiatrischem Fachgebiet bei dem Kläger eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typ von insgesamt geringem Schweregrade, eine Neigung zum Missbrauch von Alkohol, gegenwärtig ohne Substanzgebrauch, und eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig in leichter Episode, diagnostiziert. Darüber hinaus beständen ein Zustand nach Schulteroperation links mit diskreter Einschränkung der Belastbarkeit des linken Schultergelenkes und eine medikamentös eingestellte Schilddrüsenüberfunktion. Aufgrund der psychischen Erkrankung könne der Kläger keine Tätigkeiten mit besonderer psychischer Belastung, mit besonderem Zeitdruck, mit besonderem Leistungsdruck oder mit der Notwendigkeit von Teamarbeit mehr verrichten. Auch Tätigkeiten mit überwiegendem Publikumsverkehr sowie regelmäßige Tätigkeiten in engen Räumen und Tätigkeiten in Nachtschicht könnten nicht verrichtet werden. Im Hinblick auf die leichte Bewegungseinschränkung der linken Schulter sollten regelmäßige Überkopfarbeiten mit dem linken Arm und Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die Kraft und Ausdauer des linken Armes vermieden werden. Besonderheiten auf dem Weg zur Arbeitsstelle seien nicht zu berücksichtigen. Trotz der vorgebrachten Beeinträchtigungen sei der Kläger in der Lage, zweimal täglich öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Aus nervenärztlicher Sicht benötige er dazu keine Begleitperson.
Das Sozialgericht hat darüber hinaus eine berufskundliche Stellungnahme des Sachverständigen L eingeholt, der den allgemeinen Arbeitsmarkt aufgrund des sozialmedizinisch ermittelten Leistungsvermögens nicht als verschlossen angesehen hat. Der Kläger sei in der Lage, einfache gewerbliche Arbeiten zu verrichten, etwa leichte Pack- und einfache Sortierarbeiten in der Ausübungsform eines Versandfertigmachers.
Im Hinblick auf die vom Kläger geäußerte Kritik hat das Sozialgericht den Sachverständigen L in der mündlichen Verhandlung vom 13. März 2014 ergänzend befragt. Dabei hat dieser angegeben, es sei nicht zutreffend, dass Tätigkeiten als Versandfertigmacher in der Regel im Akkord durchgeführt würden. Die von ihm benannten Tätigkeiten seien gerade nicht maschinengesteuert und es werde ein mittleres Arbeitstempo erwartet, das nicht nach Akkordrichtsätzen bemessen werde. Die Entlohnung erfolge im Zeitlohn. Die Anzahl der bundesweit in Betracht kommenden Stellen auf dem ersten Arbeitsmarkt liege dabei deutlich oberhalb von 300 bis 400.
Mit Urteil vom 13. März 2014 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Dabei ist es hinsichtlich der sozialmedizinischen Leistungseinschätzung dem Gutachten des Sachverständigen Dr. H gefolgt und hinsichtlich der berufskundlichen Bewertung den Ausführungen des Sachverständigen L. Die Einschätzung des Sachverständigen Dr. H , wonach nur eine leichte depressive Episode vorliege, sei aufgrund des erhobenen klinisch psychopathologischen Befunds und der tatsächlich in Anspruch genommenen fachspezifischen Behandlungen sowie der Dosis der medikamentösen Behandlung schlüssig. Es sei auch nicht vom Vorliegen einer schweren Angst- und Panikstörung auszugehen. Zwar habe der Kläger in der Vergangenheit immer wieder Symptome einer Angststörung gezeigt, diese spiele aber, wie der Sachverständige nachvollziehbar ausgeführt habe, aufgrund der zwischenzeitlich eingetretenen sozialen Stabilisierung im Rahmen der Partnerschaft nur eine vergleichsweise geringe Rolle. Der allgemeine Arbeitsmarkt sei dem Kläger auch nicht verschlossen, denn dieser könne noch leichte Pack- und einfache Sortiertätigkeiten in der Ausübungsform eines Versandfertigmachers wettbewerbsfähig verrichten. Abzustellen sei auf Arbeiten, die nicht durch Anlagen oder Maschinen vorgegeben würden und bei denen der Lohn nicht nach Akkordrichtsätzen bemessen werde. Dabei würden keine besonderen Anforderungen an die Teamfähigkeit gestellt und auch nicht mit Publikum gearbeitet. Erhöhter Zeitdruck werde insoweit nicht abverlangt. Eine normale Arbeitsleistung ohne erhöhten Zeitdruck sei dem Kläger aber zumutbar.
Gegen das seiner Bevollmächtigten am 28. März 2014 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 14. April 2014. Zur Begründung trägt er vor, das Sozialgericht und die Beklagte hätten seine berufliche Leistungsfähigkeit falsch eingeschätzt. Die bei ihm vorliegenden Panikattacken führten dazu, dass er nur in nicht vorhersehbarem Umfang in der Lage sei, das Haus zu verlassen, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, sich von seiner Ehefrau mit dem Auto fahren zu lassen oder am Leben in der Gemeinschaft teilzunehmen. Je mehr er unter Druck gerate, desto häufige träten die Panikattacken auf. Unter Druck gerate er bereits, wenn er Termine oder ähnliches wahrzunehmen habe. Für ihn stelle es ein unüberbrückbares Hindernis dar, zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort regelmäßig zu erscheinen. Genau dies wäre aber auf dem Arbeitsmarkt notwendig. Diese Konstellation lasse das medizinische Sachverständigengutachten außer Acht. Auch das berufs¬kundliche Gutachten führe nicht zu einer anderen Betrachtungsweise, da davon auszugehen sei, dass ihm der erste Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehe. Diese Einschätzung teile auch seine zuständige Sachbearbeiterin bei der Arbeitsagentur. Es sei allenfalls der zweite Arbeitsmarkt offen, für den er aber mangels entsprechender Behinderung nicht vermittelbar sei.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 13. März 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17. August 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. November 2011 zu verurteilen, ihm ab 1. Juni 2011 eine Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie weist darauf hin, dass die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die begehrte Rente nur bei einem Leistungsfall bis zum 30. September 2011 erfüllt wären.
Der Senat hat von dem Neurologen und Psychiater F ein weiteres Gutachten eingeholt, welches dieser am 11. Dezember 2014 aufgrund einer ambulanten Untersuchung des Klägers vom 8. Dezember 2014 im Rahmen eines Hausbesuchs erstattet hat. Der Sachverständige F hat in seinem Gutachten ausgeführt, im Vordergrund ständen die seit 2004 erstmals beschriebenen Panikattacken. Die Diagnose beruhe allerdings hauptsächlich auf der Eigenschilderung des Klägers. Bezüglich des Leidensdruckes sei neben der Eigenschilderung die Inanspruchnahme therapeutischer Hilfen zu berücksichtigen. Dabei sei festzustellen, dass mit Ausnahme einer milden Medikation mit einem Antidepressivum und einem monatlichen Gespräch beim behandelnden Nervenarzt keine weitere Therapie erfolge. Bei stark ausgeprägtem Leidensdruck wäre eine intensivierte Therapie unter Einschluss einer ambulanten Psychotherapie auf verhaltenstherapeutischer Basis mit einem gestuften Expositionstraining oder bei stärkerer Ausprägung eine stationäre psychosomatisch ausgerichtete Krankenhausbehandlung zu erwarten. Der Kläger habe indessen kein Interesse, derartige Behandlungsoptionen in Anspruch zu nehmen. Dieser habe geäußert, er wisse, wie er die Panikattacken vermeiden könne, daher sei eine solche Therapie aus seiner Sicht nicht erforderlich. Darüber hinaus bestätigte Herr F das Bestehen einer rezidivierenden depressiven Störung in gegenwärtig leichtgradiger Ausprägung und eine Persönlichkeitsstörung, wobei er in Abgrenzung zu Dr. H jedenfalls für den Zeitpunkt seiner Untersuchung nicht von einer impulsiven, sondern einer kombinierten Persönlichkeitsstörung ausging. Herr F bestätigte ebenfalls die nichtpsychiatrischen Diagnosen und zusätzlich degenerative Veränderungen der Wirbelsäule ohne eindeutige Nervenwurzelreizerscheinungen diagnostiziert. Das berufliche Leistungsvermögen hielt er für qualitativ, aber nicht quantitativ eingeschränkt. So könne der Kläger keine schweren Tätigkeiten mehr verrichten und leichte oder mittelschwere Arbeiten zwar ständig im Sitzen, aber nur überwiegend im Gehen und Stehen. Zu vermeiden seien sehr enge Räumlichkeiten, wie z. B. Fahrstühle. Arbeiten unter besonderem Zeitdruck, wie z. B. im Akkord oder am Fließband, sollten vermieden werden, ebenso Nachtschichttätigkeiten. Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sollten ebenfalls vermieden werden. Tätigkeiten am Computer sollten nicht ständig ausgeführt werden, gelegentliche Tätigkeiten am Computer seien aber problemlos möglich. Auch Tätigkeiten mit Publikumsverkehr seien möglich, wenn diese nicht mit einer besonderen nervlichen Belastung einhergingen. Besondere Anforderungen an die linke Schulter, z. B. Arbeiten über Schulterhöhe mit dem linken Arm, sollten vermieden werden. Die Wegefähigkeit sei erhalten. Zwar gebe der Kläger an, öffentliche Verkehrsmittel nicht benutzen zu können. Es sei aber festzustellen, dass Angststörungen durch entsprechende Therapien gut überwunden werden könnten. Des Weiteren sei festzustellen, dass der Kläger durchaus im öffentlichen Verkehrsraum mit dem Fahrrad unterwegs sei, mit seiner Frau oder Freunden zusammen einkaufen fahre. Auch besuche er seine Schwiegermutter. Insofern sei aus neuropsychiatrischer Sicht festzustellen, dass es dem Kläger durchaus mit zumutbarer innerer Willensanspannung möglich sei, zweimal täglich öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.
Die Klägerbevollmächtigte hat mit am 22.4.15 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz mitgeteilt, dass der Kläger arbeitsunfähig erkrankt sei und gebeten nach Lage der Akten zu entscheiden.
In der mündlichen Verhandlung vom 5. Mai 2015 ist für den Kläger niemand erschienen. Die Beklagte hat eine Entscheidung nach Lage der Akten beantragt.
Ergänzend wird hinsichtlich des Sach- und Streitstandes auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Gerichtsakte und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 126 Sozialgerichtsgesetz (SGG), dessen Voraussetzungen hier vorliegen, nach Lage der Akten entscheiden.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht innerhalb der Monatsfrist des § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden. Einer besonderen Zulassung gemäß § 144 SGG bedurfte sie schon deswegen nicht, weil um laufende Leistungen für mehr als ein Kalenderjahr gestritten wird.
Die Berufung ist aber unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Dieser hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung sind in § 43 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) geregelt. Danach bestehen sowohl versicherungsrechtliche als auch medizinische Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer solchen Rente. Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein, § 43 Abs.1 S.2 SGB VI. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbarer Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein, § 43 Abs.2 S.2 SGB VI.
Darüber hinaus haben Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, bei Erfüllung der oben genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen gemäß § 240 SGB VI Anspruch auf Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zu der Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelischen gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden täglich gesunken ist.
Die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 43 Abs. 1 in Verbindung mit § 240 Abs. 1 SGB VI kommt im Falle des Klägers bereits aufgrund seines Geburtsdatums nach 1961 nicht in Betracht.
Für eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung allein aus sozialmedizinischen Gründen liegen die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nur für einen Leistungsfall bis zum 30. September 2011 vor. Zwar kommt der Bezug von Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch – Zweites Buch (SGB II) grundsätzlich als anwartschaftserhaltend für den Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente in Betracht. So waren Zeiten eines solchen Leistungsbezuges bis zum 31. Dezember 2010 gemäß § 3 Satz 1 Nr. 3a SGB VI grundsätzlich Pflichtversicherungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung. Sie sind seit 1. Januar 2011 Anrechnungszeiten gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI, die den 5 –Jahreszeitraum gemäß § 43 Abs.4 Nr.1 SGB VI verlängern können. Der SGB II-Leistungsbezug des Klägers ist allerdings für den Zeitraum vom 31. August 2008 bis 1. August 2010 für 23 Monate unterbrochen gewesen. Eine weitere Lücke findet sich zwischen dem 1. August 2011 und dem 1. Januar 2012. 36 Monate mit Pflichtbeitragszeiten in einem rückwärtigen Fünfjahreszeitraum, verlängert um die als Anwartschaftserhaltungszeiten gemäß § 43 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI anzuerkennenden SGB II-Bezugszeiten nach dem 1. November 2011, finden sich daher maximal bis zu einem Leistungsfall am 30. September 2011.
Ungeachtet dessen liegen für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum die sozialmedizinischen Leistungsvoraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente nicht vor. In Auswertung der im Laufe des Verfahrens eingeholten medizinischen Gutachten, namentlich des zuletzt eingeholten Gutachtens des Neurologen und Psychiaters F , hat sich der Senat die Überzeugung gebildet, dass der Kläger an einer Angststörung mit einhergehenden Panikattacken leidet. Allerdings ist diese Erkrankung nicht so stark ausgeprägt, wie der Kläger es vorträgt. Die Diagnose beruht im Wesentlichen auf der Eigenschilderung des Klägers. Ein Anhaltspunkt für die Einschätzung der Intensität einer solchen Erkrankung ist neben der Eigenschilderung der durch die Inanspruchnahme therapeutischer Hilfen zum Ausdruck kommende Leidensdruck. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Kläger keine psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nimmt, psychiatrische Behandlungen nur äußerst niedrigfrequentiert stattfinden und auch eine medikamentöse psychiatrische Behandlung in Hinblick auf die ebenfalls vorhandene leichtgradige Depression nur äußerst niedrig dosiert in Anspruch genommen wird. Auch besteht ausweislich der Angaben des Klägers gegenüber dem Sachverständigen F keine hinreichende Motivation zu einer mit guten Erfolgsaussichten möglichen Behandlung seiner Panikattacken. Es ist daher schlüssig und aus Sicht des Senats überzeugend, wenn der Sachverständige F bei dieser Sachlage von einer eher geringradigen Ausprägung der Angststörung ausgeht.
Daneben besteht eine Persönlichkeitsstörung, die mit leichter Kränkbarkeit, einer Neigung zu emotionalen Ausbrüchen und einer Selbstwahrnehmung als Opfer einhergeht. Ferner besteht auf neurologisch psychiatrischem Gebiet eine rezidivierende depressive Störung, die gegenwärtig aber nur leichtgradig ausgeprägt ist. Gegen eine stärkere Ausprägung der Depression sprechen die niedrigdosierte Medikation und die von dem Kläger geschilderte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, insbesondere im Rahmen des Freundes- und Bekanntenkreises seiner jetzigen Ehefrau. Ein früher vorhandener Alkoholmissbrauch liegt gegenwärtig nicht mehr vor. Darüber hinaus bestehen somatische Erkrankungen, insbesondere degenerative Veränderungen im linken Schultergelenk und eher leichtgradige degenerative Veränderungen der Wirbelsäule ohne eindeutige Nervenwurzelreizerscheinungen mit einhergehenden Rückenschmerzen. Schließlich besteht eine medikamentös eingestellte Schilddrüsenüberfunktion.
Aufgrund dieser diagnostischen Lage ist der Kläger in seiner beruflichen Leistungsfähigkeit zwar qualitativ, aber nicht quantitativ eingeschränkt. So sind zwar grundsätzlich schwere körperliche Tätigkeiten wegen der degenerativen Wirbelsäulenveränderung ausgeschlossen, leichte und mittelschwere Arbeiten kann er aber noch verrichten. Diese kann er ständig im Sitzen und überwiegend im Gehen und Stehen verrichten. Eine Beschränkung des Ortes der Ausübung der Tätigkeit besteht nur dahingehend, dass sehr enge Räume, wie etwa Fahrstühle, in Hinblick auf die Angsterkrankung vermieden werden sollten. In körperlicher Hinsicht sollte der Kläger zudem keine Tätigkeiten verrichten, die die linke Schulter besonders belasten, insbesondere Tätigkeiten mit dem linken Arm über Schulterhöhe. Auch ständige Tätigkeiten am Computer sind im Hinblick auf die damit verbundene Zwangshaltung der Halswirbelsäule zu vermeiden. Gelegentliche Tätigkeiten am Computer sind aber möglich. Weitere Leistungseinschränkungen bestehen in psychomentaler Hinsicht. So kann der Kläger zwar in Früh- oder Spätschicht tätig sein, in Nachtschicht sollte er aber nicht arbeiten. Auch sollte ein besonderer Zeitdruck, wie er z. B. bei Akkord- oder Fließbandarbeit vorkommt, vermieden werden. Schließlich sind ihm Tätigkeiten mit Publikumsverkehr grundsätzlich möglich, aber nicht, wenn dies mit einer besonderen nervlichen Belastung einhergeht, etwa bei einer Beschwerdeannahmestelle.
Bei Beachtung dieser qualitativen Leistungseinschränkungen besteht keine quantitative Leistungseinschränkung auf unter sechs Stunden täglich im Rahmen einer Fünftagewoche. Der Kläger ist daher nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI.
Eine konkrete Verweisungstätigkeit, die mit den bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen noch verrichtet werden kann, muss dem Kläger nicht benannt werden. Dies wäre nur dann der Fall, wenn eine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen vorläge (vgl. BSG, Großer Senat, Beschluss vom 19. Dezember 1996, GS 2/95, juris). Keine der bei dem Kläger vorliegenden Leistungsbeeinträchtigungen ist für sich genommen so gewichtig, dass sie Anhaltspunkte für eine Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarktes bietet. Aber auch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen liegt nicht vor. Zwar ist der Kläger sowohl in körperlicher als auch in psychomentaler Hinsicht qualitativ beeinträchtigt, die Leistungsbeeinträchtigungen sind für sich genommen aber nicht besonders gewichtig. So sind in körperlicher Hinsicht lediglich schwere Arbeiten und bestimmte Zwangshaltungen ausgeschlossen. Auch in psychomentaler Hinsicht führen die benannten Leistungsbeeinträchtigungen nicht dazu, dass der Kläger von einer Vielzahl von Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen wäre. Viele körperlich leichte oder mittelschwere Tätigkeiten, die mit keinen besonderen psychomentalen Belastungen einhergehen, kann der Kläger noch verrichten. Dabei sind die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorkommenden Handlungsfelder der Kontrolle, des Sortierens und Verpackens sowie der Aufsicht zu nennen. Auch Bürohilfstätigkeiten oder einfache Verkaufstätigkeiten, die nicht mit der Notwendigkeit ständigen Stehens einhergehen, kommen in Betracht. Bei einer solchen Sachlage liegt keine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen vor (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2012, B 5 R 68/11 R, juris).
Ungeachtet dessen hat der Senat auch keinen Zweifel daran, dass der Kläger etwa, aber keinesfalls ausschließlich, die von dem berufskundigen Sachverständigen L genannte Tätigkeit des Versandfertigmachers noch verrichten kann. Dem Kläger ist zwar zuzugestehen, dass eine solche Tätigkeit für ihn ausscheidet, sofern sie mit einem besonderen Zeitdruck oder anderen besonderen nervlichen Belastungen einhergeht. Zwar gibt es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auch Pack- und Sortiertätigkeiten, die im Akkord verrichtet werden, bei vielen Tätigkeiten des Verpackens und Sortierens ist dies aber nicht der Fall, wie der Sachverständige L schlüssig dargelegt hat. Vielmehr wird oftmals nur ein normales Arbeitstempo verlangt. Dies ist dem Kläger zuzumuten. Darüber hinaus kommen zur Überzeugung des Senats etliche weitere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in Betracht, etwa Bürohilfstätigkeiten, aber auch die vom Kläger in der Vergangenheit verrichteten Tätigkeiten im Einzelhandel oder als Parkplatzwächter.
Auch die Wegefähigkeit, die als Fähigkeit, einen Arbeitsplatz zumutbar zu erreichen, Teil der Erwerbsfähigkeit ist, ist nicht eingeschränkt. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat insoweit pauschalierte Anforderungen entwickelt und die Wegefähigkeit als Fähigkeit, viermal täglich eine Strecke von über 500 m in höchstens 20 Minu¬ten zu Fuß zurücklegen und zweimal täglich zu den Hauptverkehrszeiten öffentliche Verkehrsmittel benutzen zu können, definiert (vgl. BSG, Urteil vom 19. November 1997, 5 RJ 16/97, juris). Diese Fähigkeit ist bei dem Kläger erhalten. An der Fähigkeit, mehr als 500 m in höchstens 20 Minuten zweimal täglich zurückzulegen, bestehen keinerlei Zweifel. Nach den eigenen Schilderungen des Klägers ist es ihm allerdings nicht möglich, öffentliche Verkehrsmittel zu den Hauptverkehrszeiten zu benutzen. Diese Selbsteinschätzung kann der Leistungsbeurteilung aber nicht zugrundegelegt werden. Schlüssig hat der Sachverständige F nämlich dargelegt, dass diese Beschwerdeschilderung im Widerspruch zu dem weiteren Beschwerdebild und den Schilderungen des Klägers zu seiner Teilhabe am öffentlichen Leben steht. Überzeugend hat der Sachverständige F ferner ausgeführt, dass die Angststörung durch eine gestufte Verhaltenstherapie mit schrittweiser Exposition ganz überwunden werden könnte, wozu es dem Kläger allerdings an Motivation mangelt. Unabhängig davon hat der Sachverständige darüber hinaus aus fachlicher Sicht angenommen, dass es dem Kläger auch gegenwärtig, d.h. ohne Expositionstherapie, mit zumutbarer innerer Willensanspannung möglich sein müsste, öffentliche Verkehrsmittel zweimal täglich zu benutzen. Dieser Einschätzung schließt sich der erkennende Senat an. Sie wird durch die gegenüber den Gutachtern geschilderte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben durch Fahrradtouren, Gemeinsame Einkäufe mit seiner Ehefrau und gemeinsame Aktivitäten mit Freunden und der Familie seiner Frau (Gemeinsame Fahrradtouren, Schwimmbadbesuche, Frühstücken Gehen) gestützt.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und Abs. 4 SGG und folgt der Sachentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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