S 38 KA 41/14

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
38
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 38 KA 41/14
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Gegenstand der zum Sozialgericht München eingelegten Klage ist der Honorarbescheid der Beklagten vom 14.08.2013 für das Quartal 1/2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2013. Der Kläger ist gegenwärtig als Facharzt für Frauenheilkunde in Einzelpraxis (Abrechnungsnummer = ANR 6810154) zugelassen. Die Beklagte nahm dabei einen Übertrag der im Quartal 1/2013 entstandenen Überzahlung auf das Quartal 2/2013 vor. Im Einzelnen führte die Beklagte aus, dem Gesamthonorar des Klägers in Höhe von 64.583 38 EUR stünden Belastungen in Höhe von 90.111,69 EUR (bezahlte Abschlagszahlungen in Höhe von 36.660 EUR + Verwaltungskosten in Höhe von 1614,58 EUR + 51.897,11 EUR unter den Buchungstext "Übertrag von 68/10025 Quartal 1/2013") gegenüber. Der Betrag von 51.897,11 EUR resultiere aus den offenen Forderungen aufgrund von Plausibilitätsprüfungen für die ehemalige Gemeinschaftspraxis D.E. und des Klägers für die Quartale 3/2007 bis 1/2008 sowie für die Quartale 2/2008 bis 3/09. Bei der ehemaligen Gemeinschaftspraxis handle es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) mit der Folge, dass nach § 421 BGB die Beklagte nach Belieben von jedem der Schuldner die Leistung ganz oder teilweise einfordern könne. Dagegen ließ der Kläger Klage zum Sozialgericht München einlegen. Er machte geltend, sein ehemaliger Partner in der Gemeinschaftspraxis, Herr Dr. E. und dessen Ehefrau hätten sich ausschließlich um die Abrechnungen der Gemeinschaftspraxis gekümmert. Er, aber auch Frau Dr. U. B.-W., die ebenfalls der Gemeinschaftspraxis angehört habe, hätten keinen Zugang zum Praxiscomputer gehabt. Herr Dr. E. sei zum 01.01.2012 1.00 Uhr aus der Gemeinschaftspraxis mit der Abrechnungsnummer 6810025 ausgeschieden. Im Februar 2012 habe ihm die Beklagte eine vorformulierte, ausfüllungsbedürftige Erklärung mit folgendem Inhalt zugesandt: "Hiermit erklären die Unterzeichner, dass sie gesamtschuldnerisch für Nachforderungen gegenüber der Gemeinschaftspraxis ANR 6810025 mit dem Honorarverrechnungsskonto der Gemeinschaftspraxis 6810194 und 6810153 haften. Die Restzahlung der ANR 6810194 für das Quartal 4/2011 wird einbehalten. Der daraus folgende Differenzbetrag wird mit der Abschlagszahlung der ANR 6810153 für das Quartal 1/2012 und ggf. 2/2012 verrechnet." Auf der als Anlage von der Klägerseite zugesandten Erklärung finden sich links-bündig eine nicht ausgefüllte Zeile zum Eintrag des Datums der Erklärung, darunter nicht ausgefüllte Unterschriftszeilen für D.E. und Dr. U. B.-W.(Anm: Ehemalige Partner der Gemeinschaftspraxis). Die Unterschriftszeile rechtsbündig, vorgesehen für die Unterschriftsleistung des Klägers, trägt die Unterschrift des Klägers mit Orts- und Datumsangabe ("A-Stadt, den 06.02.2012"). Der Prozessbevollmächtigte des Klägers äußerte die Auffassung, an diese Erklärung, die darin enthaltene Zahlungsmodalität sei auch die Beklagte gebunden. Nachdem die neue ANR des Klägers (6810154) nicht von der Erklärung mitum-fasst sein, sei die Beklagte daran gehindert, etwaige Belastungen mit den Honoraransprüchen des Klägers zu verrechnen. Der Kläger habe den Vordruck nach Unterzeichnung an seine ehemaligen Mitgesellschafter übersandt. Er gehe davon aus, dass diese Erklärung ordnungsgemäß zu Stande gekommen sei. Mit Schriftsatz vom 05.02.2015 wies die Beklagte darauf hin, die mit Schreiben vom 02.02.2012 mitgeteilte Zahlungsmodalität habe sich ausdrücklich auf die Plausibilitätsprüfung, betreffend die Quartale 3/2007 bis 1/2008 bezogen. Entsprechend der Vereinbarung sei der Differenzbetrag in Höhe von 18.697 EUR mit den Honorarkonten 6810194 und 6810153 verrechnet worden. Bei der Belastung mit dem Buchungstext "Übertrag von 68/10025 Quartal 1/2013" handle es sich um ausstehende Forderungen aus den Plausibilitätsverfahren für die Quartale 2/2008 bis 4/2009. Dies könne dem Honorarbescheid für das Quartal 1/2013 für das Honorarkonto 6810025 entnommen werden. Die vom Kläger unterzeichnete Erklärung gelte hierfür nicht. Insofern kämen die allgemeinen Abrechnungsbestimmungen (§ 5 Abs. 9) zur Anwendung. Wie im angefochtenen Widerspruchsbescheid betonte die Beklagte, jeder Partner einer ehemaligen Gemeinschaftspraxis hafte dementsprechend für Verbindlichkeiten aus der Zeit des Bestehens der Gemeinschaftspraxis sowohl als Gesamtschuldner, als auch persönlich mit seinem gesamten Vermögen. Ein gegebenenfalls erforderlicher Ausgleich zwischen den ehemaligen Partnern der Gemeinschaftspraxis betreffe das Innenverhältnis. In der mündlichen Verhandlung am 14.04.2015 teilte der Vertreter des Beklagten mit, die dem Kläger übersandte Erklärung hätten die weiteren Partner der damaligen Gemeinschaftspraxis nicht mit unterschrieben. Für die Plausibilitätsprüfungen, betreffend die Quartale 2/08 bis 4/09 sei den Beteiligten keine solche Erklärung abverlangt worden, da sich die Situation anders dargestellt habe. Es bestanden zu diesem späteren Zeitpunkt bereits zwei Einzelpraxen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers stellte für das Verfahren S 38 KA 41/14 den Antrag aus dem Schriftsatz vom 17.01.2014. Der Vertreter der Beklagten beantragte, die Klage abzuweisen. Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung war die Beklagtenakte. Im Übrigen wird auf den sonstigen Akteninhalt, insbesondere die Schriftsätze Beteiligten, sowie die Sitzungsniederschrift vom 14.04.2015 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zum Sozialgericht München eingelegte Klage ist zulässig, jedoch unbegrün-det. Der Streit zwischen den Beteiligten steht im Zusammenhang mit den Forde-rungen gegenüber der ehemaligen Gemeinschaftspraxis, bestehend aus dem Kläger, Herrn Dr. E. und Frau Dr. U. B.-W. ( ANR 6810025, 6810194 und 6810153). Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass sein neues Honorarkonto (ANR 6810154) nicht mit Verbindlichkeiten der Gemeinschaftspraxis – wie geschehen – belastet wird. Er hat insbesondere keinen Anspruch darauf, dass entsprechend der Erklärung vom Februar 2012 eine Verrechnung mit Konten der Gemeinschaftspraxis erfolgt. Nach den unbestrittenen Ausführungen der Beklagten erfolgte die Belastung aus der Plausibilitätsprüfung für die Quartale 3/07 bis 1/08 entsprechend der Erklärung vom Februar 2012. Es fand eine Verrechnung des Differenzbetrages in Höhe von 18.697 EUR mit den Honorarkonten der Gemeinschaftspraxis (ANR 6810194 und 6810153) statt. Die Belastung aus der Plausibilitätsprüfung für die Quartale 2/08 bis 4/09 fand dagegen nicht entsprechend dieser Erklärung statt, sondern in Höhe von 51.897,11 EUR unter dem Buchungstext "Übertrag von 68/10025 Quartal 1/2013"gegenüber dem neuen Honorarkonto des Klägers (ANR 6810154) im Wege der Verrechnung. Was die rechtliche Qualität der Erklärung betrifft, handelt es sich zunächst um eine einseitige Willenserklärung, von der grundsätzlich keine Bindungswirkung für den Erklärungsempfänger ausgeht. Durch Zusendung der vorformulierten Erklärung durch die Beklagte kann aber de facto grundsätzlich eine Vereinbarung zu Stande kommen, an die sowohl die Erklärenden, als auch die Erklärungsempfängerin gebunden ist. Zwar ist der Erklärung nach dem Wortlaut nicht zu entnehmen, dass sich die von den allgemeinen Abrechnungsbestimmungen abweichende Zahlungsmodalität lediglich auf die Plausibilitätsprüfung für die Quartale 3/07 bis 1/08, nicht aber auch auf die Plausibilitätsprüfung für die Quartale 2/08 bis 4/09 beziehen soll. Das Anschreiben der Beklagten vom 02.02.2012 findet sich nicht in den Akten. Das Gericht geht aber davon aus, dass dem Kläger seitens der Beklagten nicht lediglich eine vorformulierte, ausfüllungsbedürftige Erklärung übersandt wurde, sondern – wie üblich - dies mittels eines Anschreibens, nämlich das vom 02.02.2012 erfolgte. Selbst wenn die Erklärung so zu verstehen wäre, dass sich diese auf alle Plausibilitätsprüfungen der ehemaligen Gemeinschaftspraxis beziehen sollte, ist die Beklagte nicht daran gebunden. Denn die Erklärung wurde nur vom Kläger, nicht aber - wie vorgesehen - von den andern Partnern der Gemeinschaftspraxis unterzeichnet, wie sich aus den Einlassungen der Beklagten ergibt. Die Erklärung ist daher unvollständig, so dass letztendlich auch nicht wirksam eine Vereinbarung über eine von den allgemeinen Abrechnungsbestimmungen abweichende Zahlungsmodalität zustande gekommen ist. Es gelten somit die allgemeinen Abrechnungsbestimmungen der KVB, gültig ab 01.04.2005. Nach § 5 Abs. 9 der allgemeinen Abrechnungsbestimmungen kann die KVB bei Überzahlungen, Rückforderungen und Schadensersatzforderungen den festgestellten Betrag sofort mit Ansprüchen des Vertragsarztes verrechnen oder zum unverzüglichen Ausgleich zurückverlangen. Davon hat die Beklagte Gebrauch gemacht. Eine Haftung des Klägers ergibt sich aus § 421 BGB. Bei der ehemaligen Gemeinschaftspraxis handelt es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach §§ 705 ff. BGB. Für deren Verbindlichkeiten ist die Haftung nach § 421 BGB folgendermaßen geregelt: "Schulden mehrere eine Leistung in der Weise, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist (Gesamtschuldner), kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern. Bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämtliche Schuldner verpflichtet." Somit ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Verrechnung – wie vorgenommen – erfolgte. Soweit klägerseits geltend gemacht wurde, der ausgeschiedene ehemalige Mitgesellschafter Dr. E. habe sich gegenüber dem Kläger verpflichtet, für etwaige Verbindlichkeiten der ehemaligen Gemeinschaftspraxis zu haften, so betrifft dies das Innenverhältnis unter den Gesellschaftern, berührt aber nicht die Haftung des einzelnen Gesellschafters im Außenverhältnis gegenüber der KVB nach Maßgabe der §§ 705, 421 BGB. Im Ergebnis war daher die Klage abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 VwGO.
Rechtskraft
Aus
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