L 8 SB 2972/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SB 3498/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 2972/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 25.06.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger gegen den Beklagten ein Anspruch auf höhere (Neu-)Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 50 ab 17.10.2008 zusteht.

Nach zuvor erfolglosen Anträgen (zu den Anträgen vgl. Blatt 1/2 , 12, 17 der Beklagtenakte; zu den Bescheiden vgl. Blatt 5, 21/22, 31/32 der Beklagtenakte) war bei dem am 28.09.1956 geborenen Kläger mit Teilabhilfebescheid des Landratsamtes H. vom 16.01.2001 (Blatt 40/41 der Beklagtenakte) ein GdB von 20 seit 25.04.2000 (zum Antrag vgl. Blatt 24/25 der Beklagtenakte; zum Bescheid vgl. Blatt 31/32 der Beklagtenakte; zur gutachterlichen Feststellung vgl. Blatt 37 der Beklagtenakte) festgestellt worden (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Verschleißerscheinungen, Reizerscheinungen und Belastungsbeschwerden im Bereich der Kniegelenke); der weitergehende Widerspruch war mit Widerspruchsbescheid des Landesversorgungsamtes vom 06.03.2001 (Blatt 44/45 der Beklagtenakte) zurückgewiesen worden. Im anschließenden Klageverfahren beim Sozialgericht (SG) Mannheim (S 10 SB 696/01) schlossen die Beteiligten einen Vergleich über die Feststellung eines GdB von 30 seit 25.04.2001 (zum Ausführungsbescheid vom 20.03.2002 vgl. Blatt 48/49 der Beklagtenakte).

Ein weiterer Antrag des Klägers auf höhere (Neu-)Feststellung vom 19.08.2003 (Blatt 51/54 der Beklagtenakte; zum Bescheid vgl. Blatt 60/61 der Beklagtenakte; zu den versorgungsärztlichen Stellungnahmen vgl. Blatt 58, 71 der Beklagtenakte; zum Widerspruchsbescheid vgl. Blatt 73/74 der Beklagtenakte) war nicht erfolgreich, die folgende Klage (S 10 SB 739/04) wurde abgewiesen. (Blatt 76 der Beklagtenakte)

Auf den Antrag des Klägers vom 20.08.2007 (Blatt 78/81 der Beklagtenakte) stellte das Landratsamt (LRA) mit Bescheid vom 11.12.2007 (Blatt 110/111 der Beklagtenakte; zur versorgungsärztlichen Stellungnahme vgl. Blatt 108/109 der Beklagtenakte) seit 20.08.2007 einen GdB von 40 fest (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Funktionsbehinderung beider Kniegelenke (Einzel-GdB 30); Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Schulter-Arm-Syndrom (Einzel-GdB 20)).

Am 17.10.2008 beantragte der Kläger beim LRA erneut die höhere (Neu-)Feststellung des GdB (Blatt 115/118 der Beklagtenakte). Zu diesem Antrag verwies der Kläger auf Wirbelsäulenbeschwerden, HWS und LWS; Kniebeschwerden beidseits; Schulter-Arm-Beschwerden; Darmproblem und Kubitaltunnel-Syndrom rechts (zu den vorgelegten Befundunterlagen vgl. Blatt 119/120 der Beklagtenakte).

Das LRA zog eine Auskunft des Facharztes für Innere Medizin, Gastroenterologie Dr. W. bei (zur Auskunft vgl. Blatt 123/126 der Beklagtenakte) sowie des Facharztes für Orthopädie Dr. H. (zur Auskunft vgl. Blatt 128/129 der Beklagtenakte) und lehnte auf der Grundlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Hinrichs vom 28.11.2008 (Blatt 130/131 der Beklagtenakte), der vorschlug, den GdB bei 40 zu belassen, mit Bescheid vom 17.12.2008 (Blatt 132/133 der Beklagtenakte) den Antrag des Klägers ab.

Seinen Widerspruch vom 09.01.2009 (Blatt 135 der Beklagtenakte) begründete der Kläger durch die Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen der D.AG/E. Werk M. (Blatt 144/145 der Beklagtenakte) mit schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten und Bandscheibenproblemen, die ihn stark belasteten. Er habe anhaltende Bewegungseinschränkungen mit häufig wiederkehrenden und Wochen andauernden Schmerzzuständen. Die Ausstrahlung in die linke Schulter belaste ihn sehr, die Beweglichkeit des Armes und der Schulter sei beeinträchtigt. Es gebe auch Ausstrahlungen und Taubheitsgefühle, die von der Wirbelsäule in den rechten Oberschenkel ausstrahlten. Zusätzlich habe er massive Knieprobleme und eine Sprunggelenksproblematik. Längere Wegstrecken könne er nicht schmerzfrei zurücklegen. Außerdem leide er an Beschwerden des rechten Ellenbogens, die ihn im allgemeinen Leben und im Berufsleben so beeinträchtigten, dass er gerade als Rechtshänder große Mühe habe, Motorenteile zu halten und schwere Teile zu greifen. Auch bestehe ein Darmleiden, wegen dem er mit anhaltenden Schmerzzuständen zu kämpfen habe, außerdem leide er an unregelmäßigem Stuhlgang und verhärtetem Stuhl, was ihn zusätzlich belaste.

Das LRA zog Befundunterlagen des Arztes für Innere Medizin Dr. H. bei (dazu vgl. Blatt 147/151 der Beklagtenakte), außerdem einen Entlassbericht des Rehazentrums GmbH & Co. KG, M., über eine vom 30.03.2009 bis 21.04.2009 zu Lasten der Deutschen Rentenversicherung durchgeführte ambulante Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation (dazu vgl. Blatt 15157/169 der Beklagtenakte), in dem über Restbeschwerden nach Sulcus ulnaris Syndrom rechts (Operation 30.09.2008), Epicondylitis humeri radialis rechts, Cervicalsyndrom mit geringer Bewegungseinschränkung und eingeschränkter Beweglichkeit des rechten Kniegelenks nach Kreuzbandverletzung und Operation berichtet wird.

Dr. S. schlug in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 07.08.2009 (Blatt 170/171 der Beklagtenakte) vor, die Funktionsbehinderung beider Kniegelenke, Funktionsbehinderung des linken Sprunggelenks mit einem Einzel-GdB von 30 und die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und Schulter mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten.

Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers durch das Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt - mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.2009 zurück. Im Verhältnis zum Bescheid vom 11.12.2007, mit dem zuletzt über den GdB entschieden worden sei, sei keine wesentliche Änderung eingetreten.

Am 14.10.2009 hat der Kläger mit dem Ziel der Feststellung eines GdB von 50 beim SG Klage erhoben. Bereits aus dem Befundbericht des Dr. H. vom 10.11.2008 ergebe sich, dass ein Beckentiefstand rechts von 1 cm sowie spondylarthrotische Veränderungen L4 bis S1 bei Beckenverwringung und Fehlhaltung bestehe. Außerdem bestehe eine deutliche mediale Gonarthrose 2. Grades links mehr als rechts, eine Retropatellararthrose rechts 2. Grades, links 1. Grades, im Bereich des linken Sprunggelenkes ein oberer und unterer Fersensporn bei Sprunggelenksarthrose 2. Grades. Außerdem bestehe ein Zustand nach Dekompression des Nervus ulnaris, Schmerzen im Bereich des Olekranoms, der Verdacht auf Epicondylopathia humeria radialis rechts.

Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der den Kläger behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 25, 26/28, 29, 30/32 sowie 33/57 der SG-Akte Bezug genommen. Der Facharzt für Orthopädie, Handchirurgie, L. hat in seinem Schreiben vom 04.12.2009 angegeben, den Kläger zuletzt 2006 gesehen zu haben. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie Dr. F. hat in seiner Stellungnahme vom 18.12.2009 über eine einmalige Untersuchung des Klägers am 23.02.2009 zur neurologischen und elektrophysiologischen Untersuchung beschrieben. Der klinisch-neurologische Befund sei regelrecht gewesen, insbesondere hätten sich keine Paresen, Muskelatrophien oder sensiblen Defizite gefunden. Es hätten sich keine Funktionsbehinderungen von klinischer Relevanz oder mit Auswirkungen auf die allgemeine Lebensführung gefunden. Auf neurologischem Fachgebiet betrage der GdB weniger als 10. Prof. Dr. S., Facharzt für Neurochirurgie, hat am 21.12.2009 geschrieben, beim Kläger sei am 30.09.2008 eine operative Entlastung des Nervus ulnaris am rechten Ellenbogen vorgenommen worden; bei der letzten Vorstellung am 20.01.2009 sei das Taubheitsgefühl der ulnarseitigen Finger postoperativ weitgehend rückläufig gewesen und der Kläger habe zu diesem Zeitpunkt lediglich noch eine Überempfindlichkeit im Bereich des ulnaren Unterarmes und umschriebene Schmerzen am Olekranon beschrieben; diese Beschwerden verursachten nur einen geringen GdB. Der Arzt für Orthopädie Dr. H. hat dem SG am 21.12.2009 mitgeteilt, beim Kläger bestünden Beschwerden im Bereich des rechten Ellenbogens. Im Bereich der Brustwirbelsäule, der Lendenwirbelsäule und der Lendenbeckenhüftregion, Knieschmerzen beidseits und Schmerzen im Bereich des linken oberen Sprunggelenks sowie der Ferse. Er halte einen GdB von 50 für erforderlich. Der Internist Dr. H. hat (Schreiben vom 15.12.2009) u.a. von einer mutmaßlich chronischen obstruktiven Bronchitis, einer leichten Hepatopathie, einer Varikosis berichtet. Die mutmaßliche COPD begünstige das Auftreten von Bronchialinfekten und schränke vermutlich die Belastbarkeit ein.

Der Kläger hat vorgelegt einen MRT-Bericht vom 27.07.2010 (Blatt 65 der SG-Akte), vom 10.08.2010 (Blatt 69/70 der SG-Akte), vom 09.08.2010 (Blatt 71 der SG-Akte) sowie einen Bericht des Physiotherapeuten B. (Blatt 67 der SG-Akte)

Dr. H. hat in seiner ergänzenden Auskunft vom 11.02.2011 (Blatt 77/84 der SG-Akte) eine Lungenfunktionsprüfung mit noch normalen Lungenvolumina, noch normalem Tiffeneau-Test und geringer Obstruktion in den kleinen Atemwegen mitgeteilt. Dr. K. hat für Dr. H. ergänzend mitgeteilt (Schreiben vom 03.03.2011, Blatt 85/87 der SG-Akte), es bestehe ein chronisches LWS-Syndrom sowie eine Gonarthrose beidseits.

Das SG hat des Weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens beim Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. P ... Dieser hat in seinem Gutachten vom 24.06.2011 (Blatt 93/118 der SG-Akte) eine endgradige Funktionseinschränkung der LWS ohne radikuläre Ausfälle, eine leichte Funktionseinschränkung des rechten Kniegelenks ohne Hinweis auf ein akutes oder chronisches Reizgeschehen, eine muskulär kompensierbare antero-mediale Instabilität des rechten Kniegelenks, Empfindungsstörungen im Bereich des rechten Tibiakopfes und der 2. Zehe rechts, anamnestische angegebene Empfindungsstörungen im Bereich des 4. und 5. Fingers der rechten Hand nach Verlagerung des Nervus ulnaris, eine mäßige Unterschenkelvarikosis links sowie reizlose Narben am rechten Ellenbogen, der linken Schulter und beiden Kniegelenken beschrieben. Radiologisch sei ein geringfügig das altersentsprechend zu erwartende Ausmaß überschreitende degenerative Veränderung im unteren Drittel der LWS, degenerative Veränderungen beider Kniegelenke, rechts deutlicher als links sowie eine geringfügige Veränderung des linken Sprunggelenks festgestellt worden. Dr. P. hat das degenerative LWS-Syndrom ohne radikuläre Ausfälle mit einem GdB von 20, die Funktionseinschränkung des rechten Kniegelenks bei degenerativen Veränderungen beidseits mit einem GdB von 30 bewertet. Am Sprunggelenk liege eine relevante Funktionsbehinderung ebenso wenig vor, wie ein dauerhaftes Schulter-Arm-Syndrom.

Auf Einwendungen des Klägers hin sowie auf Vorlage eines Attestes von Dr. R. (Blatt 123/125 der SG-Akte) hat Dr. P. mit Schreiben vom 04.01.2012 (Blatt 127/128 der SG-Akte) ergänzend Stellung genommen und an seiner Bewertung festgehalten.

Das SG hat zusätzlich ein Gutachten beim Facharzt für Orthopädie, Sozialmedizin, Dr. Rs. eingeholt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 19.03.2013 (Blatt 141/173 der SG-Akte) und ergänzender Stellungnahme vom 09.04.2013 (Blatt 175 der SG-Akte) Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule aufgrund von erworbenen und statischen Veränderungen mit wiederkehrenden langstreckigen Schmerz- und Reizzuständen ohne objektivierbare neurologische Ausfälle mit einem GdB von 30, die Beugekontraktur des rechten Kniegelenks nach mehrfachen Voroperationen im Rahmen einer Kreuzbandersatzplastik mit deutlichen, das alterstypische Maß überschreitenden Verschleißveränderungen der Kniescheibenrückfläche mit hieraus resultierenden belastungsabhängigen Schmerz- und Reizzuständen, muskulär kompensierbare vordere Kreuzbandinsuffizienz des linken Kniegelenks mit vorauseilender Knorpelschädigung und Meniskusschädigung und nur geringer Schmerz- und Reizerscheinung mit einem GdB von 30 sowie ein fortbestehendes leichtgradiges Nervus ulnaris Irritationssyndrom des Sulcus ulnaris links nach Dekompensationsoperation mit belastungs- und lagerungsabhängiger sensibler Symptomatik ohne Minderung der Kraft mit einem GdB von 10 bewertet und vorgeschlagen, den Gesamt-GdB mit 50 zu bewerten.

In einer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 27.05.2013 (Blatt 178/180 der SG-Akte) schlug Dr. W. vor, den Gesamt-GdB mit 40 festzustellen (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Funktionsbehinderungen beider Kniegelenke (Einzel-GdB 30); Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (Einzel-GdB 20); Sulcus-Ulnaris-Syndrom links (Einzel-GdB 10)).

Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 25.06.2013 die Klage abgewiesen. Seit der letzten bestandskräftigen Feststellung im Bescheid vom 11.12.2007 habe sich der GdB beim Kläger nicht verschlimmert. Die Funktionsbehinderungen im Bereich der Wirbelsäule seien mit einem GdB von 20 einzuschätzen. Wirbelsäulenschäden mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt werde auch mit den von Dr. Rs. getroffenen Feststellungen nicht belegt. Bei seiner Untersuchung habe er an der Halswirbelsäule nicht mittelgradige Funktionsbeeinträchtigungen sondern eine Funktionseinschränkung von allenfalls bis zu einem Drittel festgestellt, an der Brustwirbelsäule allenfalls endgradige Funktionsbeeinträchtigungen und an der Lendenwirbelsäule allenfalls bei der Seitneigung ein Funktionsdefizit beschrieben. In keinem Wirbelsäulenabschnitt liege eine Instabilität schweren Grades vor, weshalb ein GdB von 30 lediglich bei häufig rezidivierenden und Wochen andauernden ausgeprägten Wirbelsäulensyndromen vorliegen könne. Für solche ausgeprägten Reizzustände langfristiger Art bestünden keine Anhaltspunkte. In der Gesamteinschätzung ergebe sich ein Gesamt-GdB von 40.

Der Gerichtsbescheid wurde dem Bevollmächtigten des Klägers am 26.06.2013 zugestellt (Blatt 186a der SG-Akte); am selben Tag faxte der Klägerbevollmächtigte (Blatt 187/189 = 193/194 der SG-Akte), er halte die Darstellung von Dr. Rs. plausibler und legte (Eingang beim SG am 27.06.2013; Blatt 190/191 der SG-Akte) eine werksärztliche Stellungnahme von Dr. Zirkel vom 01.09.2010 vor, in der diese die Einsatzeinschränkung E10 vom November 2004 bestätigt (Ausschluss von Heben und Tragen über 12 kg über 50% der Arbeitszeit; Vermeidung überwiegenden Kniens und Hockens). Der schwerbehinderten Menschen gleichgestellte Kläger müsse nach § 124 SGB IX keine Mehrarbeit leisten.

Der Kläger hat am 22.07.2013 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Der Beurteilung des SG könne er sich nicht anschließen. Dr. Rs. habe die Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule mit einem GDB von 30 bewertet und damit begründet, dass wiederkehrende Schmerz- und Reizzustände von langwieriger Dauer mit in Akutphase deutlicher Einschränkung der Beweglichkeit und herabgesetzter Belastbarkeit mit hin bis zu pseudoradikulären Schmerz- und Reizzuständen aufgrund von Gelenkkapselaufquellungen und hierdurch bedingte Einengung der Nervenaustrittsöffnungen, vornehmlich der Lendenwirbelsäule vorlägen. Aufgrund der seit dem Gutachten Dr. P. eingetretenen Verschlechterungen habe nunmehr eine Neubewertung zu erfolgen.

Der Kläger beantragt sinngemäß den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 25.06.2013 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 17.12.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2009 zu verurteilen, bei ihm einen Grad der Behinderung von 50 v. H. ab 17.10.2008 festzustellen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die von Dr. Rs. mitgeteilten Funktionsparameter trügen dessen Bewertung des GdB für die Wirbelsäule nicht. Der Gesamt-GdB ist hiernach weiterhin mit 40 leidensgerecht bewertet. Im radiologischen Bericht Dr. A. werde festgestellt, dass sich kein Nachweis eines Prolaps einer Spinalkanalstenose oder eine Myelopathie finde und Dr. R. sehe eine Verschlechterung im Zusammenhang mit einer Arbeitsunfähigkeit sei Juli diesen Jahres, die jedoch im Schwerbehindertenrecht keine Berücksichtigung finden könne.

Der Kläger hat vorgelegt - Berichte des Physiotherapeuten B. vom 26.10.2013 (Blatt 26 der Senatsakte), vom 28.10.2013 (Blatt 32 = Blatt 37 der Senatsakte) und ein Attest vom 21.01.2014 (Blatt 38 der Senatsakte), - einen Bericht des Radiologie Zentrums M. vom 08.07.2013 (Blatt 27 der Senatsakte), - ein Attest von Dr. R. vom 09.10.2013 (Blatt 28 der Senatsakte), - einen Bericht des Physiotherapeuten H. vom 21.01.2014 (Blatt 36 der Senatsakte).

Der Senat hat beim Physiotherapeuten B. eine Auskunft eingeholt. Dieser hat mit Schreiben vom 04.02.2014 (Blatt 39/107 der Senatsakte) (Abrechnungs-)Unterlagen vorgelegt. Hierzu hat sich der Beklagte mit Schreiben vom 13.02.2014 und einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. W. vom 12.02.2014 (Blatt 109/110 der Senatsakte) geäußert.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädisch-traumatologischen Gutachtens beim Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. sowie eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens beim Facharzt für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S ... Dr. hat in seinem Gutachten vom 28.05.2014 (Blatt 116/153 der Senatsakte) Gonarthrosen Stadium Kellgren II bis III bds. mit Streckhemmung rechts, ein degeneratives Cervicalsyndrom, ein degeneratives Lumbalsyndrom, den Verdacht auf eine ausgeprägte somatoforme Schmerzstörung und einen Zustand nach Sulcus ulnaris Syndrom rechts, operativ versorgt, ohne Beschwerden beschrieben. Die Gonarthrosen bds. mit erheblichen Knorpelschädigungen sowie Bewegungseinschränkung rechts hat er mit einem Einzel-GdB von 30, die Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrome mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet und den Gesamt-GdB unter fachübergreifender Beurteilung mit Wertung einer erheblichen somatoformen Komponente mit einem Einzel-GdB von 30 bis 40 einen Gesamt-GdB von 40 für vertretbar gehalten.

Dr. S. hat in seinem Gutachten vom 16.01.2015 (Blatt 152/178 der Senatsakte) ausgeführt, aus neurologisch-psychiatrischer Sicht lägen keine körperlichen oder seelischen Zustände mit Funktionsbeeinträchtigung nicht nur vorübergehender Art vor. Die Diagnosekriterien einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung oder einer affektiven Störung seien nicht erfüllt. Es liege auch keine über das übliche Maß hinausgehende, eine spezielle ärztliche Behandlung erfordernde Schmerzhaftigkeit vor. Die Diagnosekriterien des ICD 10 seien nicht erfüllt.

Hierzu hat der Kläger ausgeführt (Schreiben vom 05.02.2015, Blatt 179 der Senatsakte), er gehe nach wie vor vom Vorliegen der Schwerbehinderteneigenschaft aus.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (vgl. Blatt 181 und 182 der Senatsakte).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 SGG über die Berufung ohne mündliche Verhandlung entscheiden, denn die Beteiligten haben dem zugestimmt und der Senat hält eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig aber unbegründet.

Gegenüber dem der GdB-Feststellung zuletzt zugrundeliegenden Bescheid vom 11.12.2007, mit dem das LRA beim Kläger einen GdB von 40 festgestellt hatte, ist eine rechtserhebliche wesentliche Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 SGB X nicht eingetreten. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB nicht zu. Der angefochtene Bescheid des LRA vom 17.12.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 14.09.2009 ist daher rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 - BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.

Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die der Zuerkennung eines GdB zugrundeliegende Behinderung wird gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Dabei stellt die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die zunächst nach Funktionssystemen (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) getrennt, später nach § 69 Abs. 3 SGB IX in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind.

Die Bemessung des Gesamt-GdB (dazu s. unten) setzt sich zusammen aus den in den Funktionssystemen (dazu vgl. Anlage "Versorgungs-medizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV), dort A Nr. 2 Buchst. e VG; zuvor so schon A 10. (12) AHP 2008 und AHP 2004) für die dort vorhandenen Funktionsbehinderungen festgestellten Einzel-GdB. Die Feststellung der Einzel-GdB folgt mithin nicht einzelnen Erkrankungen sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.

Im Funktionssystem der Verdauung (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) war ein Einzel-GdB nicht festzustellen. Zwar hatte der Kläger z.B. in seinem Widerspruch eine Schmerzzustände verursachende Darmerkrankung mit unregelmäßigem und verhärtetem Stuhl angegeben, doch ließ sich diese Erkrankung nicht objektivieren. Weder hat der Internist Dr. H. gegenüber dem LRA bzw. dem Beklagten noch gegenüber dem SG Befunde mitteilen können, die für eine Erkrankung mit funktionellen Beeinträchtigungen sprächen. Dem entspricht auch, dass der Pathologe Dr. Wilke (Blatt 124/125 der Beklagtenakte) nach Coloskopie (Polypektomie) keinen Anhalt für Malignität oder eine spezifische Entzündung mitgeteilt hatte. Auch Dr. W. hat insoweit keine funktionellen Beeinträchtigungen mitteilen können (Blatt 126 der Beklagtenakte). Insgesamt konnte sich der Senat nicht vom Vorliegen einer funktionell beeinträchtigenden Darmerkrankung überzeugen, weshalb ein Einzel-GdB in diesem Funktionssystem angesetzt werden kann.

Eine im Funktionssystem der Atmung (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) relevante Funktionsbeeinträchtigung der Lunge konnte auch Dr. H. gegenüber dem SG nicht darlegen. Zwar hat er den Verdacht einer COPD ausgesprochen, jedoch konnte diese Erkrankung bzw. eine Einschränkung der Lungenfunktion in der Folge nicht verifiziert werden, was sich auch aus den von ihm vorgelegten Lungenfunktionsuntersuchungsberichten ergibt und weshalb ein Einzel-GdB nicht anzunehmen war.

Im Funktionssystem des Rumpfes, wozu der Senat auch die Wirbelsäule einschließlich der Halswirbelsäule zählt (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG), war der Einzel-GdB mit 20 festzustellen. Nach den verbindlichen Vorgaben unter B Nr. 18.9 VG gilt folgendes:

Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität GdB 0

mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungs- einschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) GdB 10

mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulen- syndrome) GdB 20

mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenab- schnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulen- syndrome) GdB 30

mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten GdB 30-40

mit besonders schweren Auswirkungen (z. B. Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst [z. B. Milwaukee-Korsett]; schwere Skoliose [ab ca. 70° nach Cobb]) GdB 50-70

bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit GdB 80-100

Bei den durchgeführten Begutachtungen wurden folgende Bewegungsausmaße erhoben:

Dr. Weidner (MdK) Dr. P. Dr. Rs. Dr. Dr. S. Blatt 38/42 der SG-Akte 98/99, 104 der SG-Akte 152, 154 der SG-Akte 125/127, 133 der Senatsakte 164 der Senatsakte Datum 17.03.2009 24.06.2011 19.03.2013 28.05.2014 16.01.2015 HWS Kinn-Jugulum-Abstand 2/20 cm 4/18 cm Drehung rechts/links 70/0/70 60/0/60 60/0/60 Seitwärtsneigung rechts/links 30/0/30 20/0/20 20/0/20 Inklination/Reklination 30/0/40 50/0/30 35/0/30 BWS/LWS Ott 28/30/32 cm 29/30/31,5 cm 30/32 cm FBA 5 cm 20 cm 19 cm 25 cm 25 cm Schober 10/15 cm 8/10/13 cm 10/15 cm 10/14 cm Seitneigung rechts/links bds allenfalls endgradig eingeschränkt 30/0/30 Reklination endgradig eingeschränkt 20/0/20 Rumpfdrehen 40/0/40 20/0/20 Lasègue Negativ negativ negativ negativ Beckenschiefstand rechts 2 cm rechts 1 cm rechts 1 cm Horizontalstand

Ein GdB von 30 setzt schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt oder mittelgradige funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten voraus. Der Senat konnte jedoch schwere funktionelle Auswirkungen in keinem der Wirbelsäulenabschnitte feststellen. Dr. konnte bei seiner Begutachtung Instabilitäten, Nervenwurzelirritation oder dauerhafte, über längere Zeit nachweisbare Bewegungseinschränkungen nicht feststellen. Dr. P. hat belastungsabhängige Beschwerden bei kernspintomographisch nachgewiesenen Protrusionen in zwei lumbalen Bandscheibenfächern als glaubhaft angesehen. Jedoch hat auch er keine radikulären Ausfälle finden können. Dr. Rs. konnte in der HWS lediglich endgradige Bewegungseinschränkungen bei der Drehung festgestellt werden. Er hat jedoch arthrotische langfristige Schmerz- und Reizzustände beschrieben. Der Orthopäde Dr. H. konnte gegenüber dem SG keine funktionellen Befunde der Wirbelsäule mitteilen, hat aber im Bericht vom 15.08.2008 (Blatt 47 der SG.Akte) eine deutliche Spondylarthrose L4/S1 angegeben. Der Neurologe und Psychiater Dr. W. (Blatt 49 der SG-Akte) hat nur eine Druckschmerzhaftigkeit bei S1 paravertebral und keine sensiblen Ausfallerscheinungen beschreiben können. Der MRT-Bericht vom 27.07.2010 (Blatt 65 der SG-Akte) hat eine Signalminderung und Höhenminderung der beiden unteren Bandscheiben bei flacher Vorwölbung der hinteren Diskuskontur ohne Bedrängung neuraler Strukturen und auf Höhe L5/S1 eine mäßige Hypertrophie beider Facettengelenke linksbetont bei im Übrigen unauffälligen Bandscheibenfächern und normaler Weite des lumbalen Spinalkanals beschrieben. Aus den Berichten des Physiotherapeuten B. ergeben sich (vgl. z.B. Blatt 67 der SG-Akte) heftige Myogelosen der BWS, eine nicht näher bezeichnete deutliche Rotationseinschränkung und Flexions-/Extensionseinschränkung der HWS sowie Klagen über ständige, heftige Beschwerden im LWS-Bereich bei extrem starker Hypertonie der Muskulatur. Aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme konnten gerade Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome nicht objektiviert werden. Die beim Physiotherapeuten B. und beim Gutachter Dr. Rs. beklagten häufigen Schmerzen sind durch die behandelnden Ärzte nicht dokumentiert und konnten auch von Dr. P. und Dr. nicht dargestellt werden; Dr. konnte insbesondere an der Lendenwirbelsäule spezifische Myogelosen oder Triggerpunkte nicht finden. Zwar mag es zwischen dem Gutachten Dr. P. und dem Gutachten Dr. Rs. zu einer Verschlechterung gekommen sein, doch handelt es sich insoweit lediglich um eine geringfügige funktionelle Verschlechterung, die das mit einem GdB 30 bewertete Stadium schwerer funktioneller Auswirkungen nicht erreicht. Auch konnte der Senat angesichts der von den behandelnden Ärzten mitgeteilten Befunde und der von den Gutachtern Dr. P. und Dr. erhobenen Befunde lediglich leichte funktionelle Beeinträchtigungen in den einzelnen Wirbelsäulenabschnitten feststellen. Der abweichenden Einschätzung von Dr. Rs. kann sich der Senat nicht anschließen, denn er hat in seinem Gutachten keine Befunde darstellen können, die mehr als mittelgradige funktionelle Beeinträchtigungen abbilden. Er fand bei seiner klinischen Untersuchung einen Druck-, Klopf- und Federungsschmerz im lumbosacralen Übergangsbereich mit mäßiggradiger muskulärer Verspannung, aber ohne neurologische Ausfallerscheinungen. Nervenwurzelkompressionssymptomatiken ergaben sich nicht. Hierzu ist von Dr. W. (Stellungnahme vom 27.05.2013) überzeugend ausgeführt, dass die GdB-Einschätzung mit 30 seitens Dr. Rs. nicht übernommen werden könne, weil der Sachverständige sich vordergründig auf bildgebende Befunde bezieht. Der von ihm erhobene klinische Befund ergibt keinesfalls ausgeprägte Funktionseinschränkungen, insbesondere liegen auch die von Dr. Rs. mitgeteilten Bewegungsmaße der HWS bzw. der Rumpfwirbelsäule noch im Normbereich. Lediglich die Reklination und die Seitdrehung der Wirbelsäule war eingeschränkt, aber auch nur endgradig bzw. allenfalls mäßiggradig. Dass hieraus häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome folgen, wie Dr. Rs. im Gutachten darlegt, ist nicht nachvollziehbar. Darüber hinaus erfasst der GdB 20 bereits häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome, wovon Dr. W. beim Kläger ausgeht. Zur Begründung seiner Auffassung hat Dr. Rs. nach Überzeugung des Senats die Angaben des Klägers unkritisch übernommen und diese nicht mit belastbaren Befunden unterlegt. Dem entspricht auch, dass der Bericht der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie M. vom 03.09.2014 (Blatt 176/178 der Senatsakte) die Wirbelsäule als unauffällig beschrieben hatte.

Im Funktionssystem der Arme (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) konnte der Senat keine GdB-relevante Funktionsbehinderung feststellen. In den Schultergelenken konnten die Gutachter des SG und des Senats weder eine Versteifung noch eine Instabilität darstellen. Angesichts der von Dr. P., Dr. Rs. und Dr. übereinstimmend dargestellten Beweglichkeit beider Schultergelenke von beidseitig mehr als 120 Grad konnte der Senat im Hinblick auf die Vorgaben von B Nr. 18.13 VG keinen Teil-GdB annehmen. Auch an den Ellenbogen konnte der Senat keine Versteifung, isolierte Aufhebung der Unterarmdrehbeweglichkeit, Unterarmpseudarthrose oder Pseudarthrose der Elle oder Speiche oder eine Instabilität der Schultergelenke feststellen; keiner der Gutachter konnte dies beschreiben. Bei einer Beweglichkeit der Ellenbogen von 0/0/130 (Dr. P.), 0/0/125 (Dr. Rs.) und 0/0/140 (Dr.) und dem Ausschluss von Reizzuständen (Dr. Rs.) werden die Schwellenwerte für einen GdB Von 0 bis 10 für Bewegungseinschränkung im Ellenbogengelenk geringen Grades (Streckung/Beugung bis 0-30-120 bei freier Unterarmdrehbeweglichkeit) nicht überschritten, sodass auch insoweit kein Teil-GdB angenommen werden kann. Auch konnte der Senat Paresen, Muskelatrophien oder neurologisch relevante Funktionsbeeinträchtigungen nicht feststellen; die Gefühlsstörungen an wenigen Fingern bedingen keine andere Beurteilung. Ohne Teil-GdB in diesem Funktionssystem kann auch ein Einzel-GdB nicht festgestellt werden.

Im Funktionssystem der Beine (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) bestehen GdB-relevante orthopädische Funktionsbehinderungen. Insoweit konnte Dr. bei seiner Begutachtung den am weitesten fortgeschrittenen Zustand dokumentieren und als Gonarthrosen Stadium Kellgren II bis III bds. mit Streckhemmung rechts beschreiben. Bei einer Beweglichkeit (bei Dr.) von 140/20/0 (rechts) bzw. 140/0/0 (links), (bei Dr. Rs.) 110/15/0 (rechts) bzw. 135/0/0 (links) und (Dr. P.) 130/10/0 (rechts) bzw. 140/0/0 (links) und nicht festgestellten Ergussbildungen ohne Reizerscheinungen konnte der Senat feststellen, dass der vom Beklagten insoweit angesetzte Teil-GdB von 30 im Hinblick auf die Vorgaben von B Nr. 18.14 VG jedenfalls nicht zu Lasten d es Klägers zu niedrig wäre. Das Krampfaderleiden an den Unterschenkeln ohne Hinweis für Ulcera oder für ein postthrombotisches Syndrom (Gutachten Dr. S., Blatt 170/171 der Senatsakte = Seite 19/20 des Gutachtens) bedingt im Hinblick auf die Vorgaben von B Nr. 9.2.3 VG einen Teil-GdB von 10 nicht. Auch die angegeben schmerzhaften Beeinträchtigungen am Sprunggelenk führen nicht zu einer höheren Bewertung des GdB. Denn diese bedingen als andere Fußdeformitäten vorliegend weder eine relevante Beeinträchtigung der Beweglichkeit des Sprunggelenks noch wesentliche statische Auswirkungen. Insgesamt ist daher der vom Beklagten angesetzte Einzel-GdB von 30 jedenfalls nicht zu Lasten des Klägers zu niedrig, wovon sich der Senat überzeugen konnte.

Beim Kläger ist im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) keine GdB-berechtigende Funktionsstörung vorhanden. So konnten keine neurologischen Funktionsbeeinträchtigungen festgestellt werden. Auch konnte der zuletzt vom Kläger Dr. S. vorgelegte Bericht der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie M. vom 03.09.2014 (Blatt 176/178 der Senatsakte) über einen stationären Aufenthalt wegen Delirs den Senat nicht vom Vorliegen einer sechs Monate überdauernden Funktionsstörung (§ 2 Abs. 1 SGB IX) überzeugen, denn das Delir war auf die verstärkte Einnahme von bestimmten Schmerzmitteln zurückgeführt worden, die innerhalb von fünf Tagen wieder normalisiert werden konnte; der Kläger selbst hat gegenüber den Klinikärzten insoweit als Auslöser eine Überforderung im Privat- und Berufsleben, mithin einen vorübergehenden Zustand, beschrieben.

Eine psychiatrisch relevante Funktionsstörung konnte der Senat im Anschluss an das Gutachten von Dr. S. nicht feststellen; auch haben die behandelnden Ärzte eine solche Erkrankung nicht darlegen können. Im psychopathologischen Befund hatte sich der Kläger bei der Begutachtung durch Dr. S. ohne Antriebsminderung oder gar psychomotorische Hemmung gezeigt. Er war geistig gut flexibel. Kognitive oder mnestische Defizite konnten nicht erhoben werden. Für eine hirnorganisch bedingte psychische Symptomatik ergab sich kein Anhalt. In der Grundstimmung wirkte der Kläger ausgeglichen und themenbezogen dann verstimmt und niedergeschlagen. Eine tiefgehende oder vitale depressive Stimmungslage lag nicht vor. Die affektive Resonanzfähigkeit war nicht eingeschränkt. Es ergab sich kein Anhalt für eine relevante Somatisierung. Es ergab sich kein Anhalt für eine sozialmedizinisch relevante Suchterkrankung oder für eine Erkrankung des psychiatrischen Fachgebietes. Insbesondere ergab sich kein Anhalt für das Vorliegen einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung. Gegen eine manifeste Somatisierung spricht, dass es nicht zu einer Ausbreitung der Schmerzen auf andere Körpersysteme im Sinne eines so genannten "Chronic Widespread Pain" gekommen ist, so Dr. S ... Bei somatoformen Störungen finden sich immer wieder auch verschiedene körperliche Beschwerdekomplexe, die beim Kläger auch nicht vorliegen. Vielmehr bestehen ausschließlich organische Komponenten des Schmerzerlebens. Für bewusstseinsferne psychische Faktoren, die von der Ausprägung her die Diagnose einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung rechtfertigen würden, ergibt sich kein ausreichender Anhalt. Der Schmerz ist beim Kläger auch nicht Leitsymptom bzw. wesentliches Symptom einer psychischen Erkrankung, wie Dr. S. feststellen konnte. Auch konnte Dr. S. eine Erkrankung des neurologischen Fachgebietes ausschließen; die Sensibilitätsstörungen an der 2. Zehe rechts und die intermittierenden Sensibilitätsstörungen am rechten Oberschenkel bedingen keine Funktionsbeeinträchtigungen. Konnten die Voraussetzungen einer im ICD 10 gelisteten psychiatrischen bzw. neurologischen Erkrankung nicht festgestellt werden, kann der Senat auch keinen GdB in diesem Funktionssystem annehmen.

Weitere - bisher nicht berücksichtigte - GdB-relevante Funktionsbehinderungen, die einen Einzel- bzw. Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, wurden weder geltend gemacht noch konnte der Senat solche feststellen.

Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen, nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den sachverständigen Zeugenauskünften und den Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen.

Nach Überzeugung des Senats ist der Gesamt-GdB unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen der Gesamt-GdB mit 40, gebildet aus Teil-GdB-Werten von - 20 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Rumpfes (Wirbelsäule) und - 30 für die Funktionsbeeinträchtigungen des Funktionssystems der Beine (Knie) - wobei Teil-GdB-Werte von 10 regemäßig nicht erhöhend wirken - zu bemessen. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass ausgehend vom Einzel-GdB von 30 für das Funktionssystem der Beine sich Überschneidungen mit den im Funktionssystem des Rumpfes nur in geringem Umfang ergeben, jedoch beide Behinderungen zu Schmerzhaftigkeit führen. Daher konnte der Senat unter integrativer Bewertung und im Vergleich zu den in den VG benannten Fällen eines GdB von 50 einen Gesamt-GdB von 50 beim Kläger nicht annehmen.

Mit dem vom Senat festgestellten Gesamt-GdB von 40 ist im Vergleich zum Bescheid vom 11.12.2007 eine wesentliche Änderung i.S.d. § 48 SGB X nicht eingetreten, weshalb der Kläger keinen Anspruch auf eine Änderung/höhere (Neu-)Feststellung des GdB hat.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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