Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 3798/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 3577/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16.07.2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin macht einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung geltend.
Die 1957 geborene Klägerin ist türkische Staatsangehörige. Sie ist verwitwet und Mutter von zwei Kindern. In der Türkei hat sie keine Beiträge zu einem Versicherungsträger gezahlt und dort auch keine Versicherungszeiten zurückgelegt. Einen Beruf erlernte die Klägerin nicht. Im Juli 1971 zog die Klägerin nach Deutschland; hier war sie zuletzt bis September 2002 mit der Montage, der Kontrolle und dem Verpacken von Fahrzeugteilen als ungelernte Arbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt. Seitdem war die Klägerin nicht mehr berufstätig. In der Zeit von 08.03.2007 bis zum 07.03.2012 wurden mehr als drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder aufgrund des Bezugs von Lohnersatzleistungen im Sinne des § 3 Satz 1 Nr 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) entrichtet; insgesamt sind Beitragszeiten von mehr als fünf Jahren vorhanden. Ein Grad der Behinderung von 50 ist seit Mai 2002 anerkannt. Seit Januar 2006 bezieht die Klägerin eine Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemannes.
Am 08.03.2012 beantragte die Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung. Sie gab an, an folgenden Gesundheitsstörungen zu leiden: Lungenleiden, Bandscheibenleiden (LWS, HWS), Osteoporose, Hautallergie etc. Die Beklagte zog zahlreich Arztbriefe und sonstige ärztliche Unterlagen der Agentur für Arbeit Karlsruhe bei und ließ die Klägerin durch den Lungenarzt und Arzt für Sozialmedizin Dr. H. untersuchen und begutachten. Dieser führte im Rahmen seiner Untersuchung am 26.04.2012 eine Lungenfunktionsprüfung durch und ließ am selben Tag auch eine Echokardiographie anfertigen (Bericht Dr. M., Arzt für Innere Medizin, vom 26.04.2012, Bl 155 der Verwaltungsakte der Beklagten). In seinem Gutachten vom 03.05.2012 stellte er folgende Diagnosen: chronisch obstruktive Atemwegserkrankung bei weiterhin persistierendem Nikotinabusus GOLD-Stadium II; Aufbraucherscheinungen der Lendenwirbelsäule (LWS) im Sinne einer Osteochondrose und Spondylarthrose, jedoch ohne Nervenwurzelreiz; Arthrose des linken Kniegelenkes Grad I, ohne Bewegungseinschränkung. Seiner Auffassung nach ist der Klägerin eine leichte Tätigkeit, ohne häufiges Bücken und Heben von Lasten über 10 kg und ohne besondere Belastung durch inhalative Reize sechs Stunden und mehr pro Tag möglich. Mit Bescheid vom 04.05.2012 lehnte die Beklagte die beantragte Rente ab.
Gegen diese ablehnende Entscheidung legte die Klägerin, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, am 23.05.2012 Widerspruch ein, den sie allerdings nicht begründete. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10.10.2012 als unbegründet zurück.
Am 18.10.2012 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und diese mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 03.04.2013 unter Hinweis auf die bei ihr bestehenden Gesundheitsstörungen begründet.
Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen befragt, die diesen Ärzten vorliegenden Arztberichte beigezogen und anschließend mehrere Sachverständigengutachten eingeholt. Der Lungenfacharzt Dr. v. B. hat auf seinem Fachgebiet eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) im Gold Stadium 2 mit anamnestisch häufigen Exazerbationen und weiterem Nikotinkonsum diagnostiziert und die Auffassung vertreten, dass der Klägerin aus lungenfachärztlicher Sicht leichte Tätigkeiten ohne häufiges Bücken und Heben von Lasten über 10 kg und ohne besondere Belastung durch inhalative Reizstoffe möglich sind. Nässe, Zugluft, Temperaturschwankungen, Exposition an Allergene, Erschütterungen, Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr und wechselnde Arbeitszeiten sollten vermieden werden (Gutachten vom 15.11.2013). Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. Dr. D. ist in seinem Gutachten vom 04.02.2014 zum dem Ergebnis gelangt, dass bei der Klägerin eine Dysthymia vorliege. Dabei handele es sich um eine leicht verlaufende chronische Form der Depression, die sich nur in geringem Maße auf die Leistungsfähigkeit der Klägerin auswirke. Im Vergleich zur Einschätzung der Leistungsfähigkeit der Klägerin auf lungenfachärztlichem Gebiet ergäben sich aus nervenärztlicher Sicht keine weiteren Beeinträchtigungen. Der Facharzt für Orthopädie Dr. M. hat die auf seinem Fachgebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen wie folgt bezeichnet: • chronisches LWS-Syndrom bei radiologisch nachweisbarer Instabilität L4/5 und Spondylarthrose, derzeit ohne wesentliche Funktionsstörung, Ausschluss Wurzelreizsymptomatik, bekannte Osteoporose; • aktenkundige Arthrose des linken Kniegelenks bei standardröntgenologisch altersüblichem Normalbefund, freie Beweglichkeit, Reizzustand am unteren Kniescheibensehnenansatz (Patellaspitzensyndrom); • Arthrose linkes Daumensattelgelenk bei freier Beweglichkeit; • Ausschluss Fibromyalgiesyndrom. Die Klägerin könne unter Beachtung qualitativer Einschränkungen (die der Sachverständige im Einzelnen aufgeführt hat) noch leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich erbringen.
Mit Urteil vom 16.07.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es unter Darlegung der maßgeblichen Rechtsgrundlagen die Auffassung vertreten, dass ein Anspruch der Klägerin auf eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht bestehe, weil die Klägerin weder ganz noch teilweise erwerbsgemindert sei. Sie könne noch Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem Umfang vom mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Dies stehe zur Überzeugung der Kammer aufgrund der im Klageverfahren eingeholten Gutachten fest. Das Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin mittels Empfangsbekenntnis am 21.07.2014 zugestellt worden.
Am 21.08.2014 hat die Klägerin Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 20.10.2014 begründet. Es bestehe eine erhebliche Diskrepanz zwischen der Leistungsbeurteilung durch die vom SG gehörten Sachverständigen einerseits und der Leistungsbeurteilung durch die behandelnden Ärzte sowie durch das Jobcenter, bei dem die Klägerin im Leistungsbezug stehe, andererseits. Bei der Klägerin bestehe aufgrund multipler Gesundheitsstörungen nicht nur eine zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit, sondern auch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16.07.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 04.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen vollständiger bzw teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, ab 01.03.2012 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16.07.2014 zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für richtig.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat das arbeitsmedizinisch-sozialmedizinische Gutachten des Prof. Dr. Dr. K., Karlsruhe, vom 28.01.2015 eingeholt. Dieser hat die Auffassung vertreten, die Klägerin könne nur noch körperlich leichte Tätigkeiten, diese aber sechs Stunden und mehr an 5 Tagen in der Woche ausüben. Regelmäßiges Heben und Tragen von Lasten über 5 kg sollte vermieden werden.
Nachdem sich die Beteiligten mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung eiverstanden erklärt hatten, hat der Vorsitzende die Beteiligten mit Schreiben vom 11.05.2015 darauf hingewiesen, dass der Senat nach § 153 Abs 4 SGG die Berufung auch ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind darauf aufmerksam gemacht worden, dass diese Verfahrensweise aufgrund des derzeitigen Sach- und Streitstandes beabsichtigt ist. Sie haben Gelegenheit erhalten, zur Sache und zum beabsichtigten Verfahren bis 31.05.2015 Stellung zu nehmen. Bei der Bemessung der Anhörungsfrist sei berücksichtigt worden, dass sich die Beteiligten bereits mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt hatten. Die Anhörungsmitteilung ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mittels Empfangsbekenntnis am 18.05.2015 zugestellt worden. Die Beteiligten haben sich hierzu nicht geäußert.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 04.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller bzw teilweiser Erwerbsminderung ab dem 01.03.2012.
Der Senat weist die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter gemäß § 153 Abs 4 SGG zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.
Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Nach dem Ergebnis der vom SG und vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme sowie unter Berücksichtigung der im Verwaltungsverfahren von der Beklagten durchgeführten Ermittlungen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin bis zum heutigen Tag noch in der Lage ist, mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts zu arbeiten. Zu vermeiden sind mittelschwere und schwere Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten über 5 kg, regelmäßiges Steigen auf Leitern und Gerüste sowie ständiges Knien, Greifarbeiten mit Aufwendung von grober Kraft und repetitiven Wiederholungen, Wirbelsäulenzwangshaltungen, inhalativ allergisierende und bronchial reizende Expositionen sowie Einwirkungen von Nässe, Kälte und Zugluft. Der Senat schließt sich der Beurteilung durch das SG an weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück; insoweit kann nach § 153 Abs 2 SGG von einer nochmaligen Darlegung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.
Ergänzend wird im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren ausgeführt, dass die vom SG vorgenommene Einschätzung des beruflichen Leistungsvermögens auch durch das nach § 109 SGG in Auftrag gegebene Gutachten des Prof. Dr. Dr. K. bestätigt wird. Dieser hat darauf hingewiesen, dass bei der Klägerin "zweifelsfrei die eindeutig diagnostizierte COPD" beschwerdeführend sei. Insoweit wurde der Gesundheitszustand der Klägerin sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im Klageverfahren durch Gutachten auf lungenfachärztlichem Gebiet eingehend untersucht. Beide Gutachter sind übereinstimmend zu der Einschätzung gelangt, dass sich trotz der COPD keine Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht begründen lässt. Die Wirbelsäulenveränderungen haben auch nach Auffassung von Prof. Dr. Dr. K. keine Funktionseinschränkungen zur Folge. Wenn er ausführt, dass trotzdem Heben und Tragen von Lasten über 5 kg und Arbeiten mit Wirbelsäulenzwangshaltungen vermieden werden sollten, dient dies nach Ansicht des Senats zumindest auch dazu, eine Verschlimmerung des Gesundheitszustandes zu vermeiden. Deshalb ist insoweit vom Sachverständigen zu Recht eine (qualitative) Leistungseinschränkung vorgeschlagen worden. Dieser Beurteilung schließt sich der Senat an.
Bei der noch vorhandenen Leistungsfähigkeit der Klägerin - leichte Arbeiten mindestens 6-stündig - muss ihr eine konkrete Tätigkeit, die sie noch verrichten kann, nicht benannt werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit, die der Versicherte mit seinem Leistungsvermögen noch auszuüben vermag, wird von der Rechtsprechung des BSG jedenfalls in den Fällen für erforderlich gehalten, in denen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG Großer Senat (GS) BSGE 80, 24 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8). Für die Prüfung, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt, gibt es keinen konkreten Beurteilungsmaßstab. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Daher ist eine genaue Untersuchung erforderlich, welche Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen durch die beim Versicherten vorliegenden Gesundheitsstörungen im Einzelnen ausgeschlossen sind. Die Pflicht zur konkreten Benennung einer Verweisungstätigkeit hängt von der Anzahl, Art und Schwere der bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen ab. Je mehr diese geeignet erscheinen, gerade auch typische Arbeitsplätze für körperlich leichte Tätigkeiten zu versperren, umso eingehender und konkreter muss dargelegt werden, welche Tätigkeiten der Versicherte noch verrichten kann (BSG 23.05.2006, B 13 RJ 38/05 R, SozR 4-2600 § 43 Nr 9 = NZS 2007, 265).
Die Klägerin kann zwar nach den Feststellungen der gerichtlichen Sachverständigen bestimmte Tätigkeiten nicht mehr durchführen. Diese sog qualitativen Einschränkungen gehen aber nicht über das hinaus, was bereits mit der Begrenzung des Leistungsvermögens auf nur noch leichte Arbeiten erfasst wird, führen also zu keiner zusätzlichen Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit. Dies gilt für mittelschwere und schwere Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten über 5 kg, regelmäßiges Steigen auf Leitern und Gerüste sowie ständiges Knien, Greifarbeiten mit Aufwendung von grober Kraft und repetitiven Wiederholungen sowie Wirbelsäulenzwangshaltungen. Der Zwang zur Vermeidung von inhalativ allergisierenden und bronchial reizenden Expositionen - dies gilt in erster Linie für den Zigarettenkonsum und betrifft damit die persönliche Lebensführung der Klägerin - schränkt die Leistungsfähigkeit der Klägerin für typische körperlich leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht ein. Dies gilt ebenso für den Hinweis, Einwirkungen von Nässe, Kälte und Zugluft zu vermeiden. Diese Einwirkungen sind im Übrigen ganz allgemein der Gesundheit abträglich. Die bei der Klägerin bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen lassen deshalb keine ernstlichen Zweifel daran aufkommen, dass diese noch wettbewerbsfähig in einem Betrieb einsetzbar ist. Die Klägerin ist auch in der Lage, täglich viermal eine Wegstrecke von 500 Metern innerhalb von jeweils 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen sowie öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten zweimal am Tag zu benutzen. Dies geht aus den vom Senat eingeholten Gutachten hervor. Die dort erhobenen Befunde haben keine Einschränkung der Wegefähigkeit erbracht.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI). Voraussetzung eines solchen Rentenanspruchs ist (vgl § 240 SGB VI), dass sie vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist. Der Klägerin ist zwar 1957 geboren, so dass eine Rente nach § 240 SGB VI in Betracht kommt, sie ist aber nicht berufsunfähig. Ausgangspunkt für die Prüfung der Berufsunfähigkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der "bisherige" Beruf, den der Versicherte ausgeübt hat. Kann der Versicherte diesen ohne wesentliche Einschränkung weiterhin ausüben, so schließt allein dies die Annahme von Berufsunfähigkeit aus. In der Regel ergibt sich der bisherige Beruf aus der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit, die auch dann maßgebend ist, wenn sie nur kurzfristig ausgeübt worden ist, aber zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Prüfung hat das BSG die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung gebildet worden, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben. Da die Klägerin keinen Beruf erlernt hat und zuletzt als ungelernte Arbeitern versicherungspflichtig beschäftigt war, kann sie auf alle Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden. Solche Arbeiten kann sie aber noch - wie dargelegt – mehr als sechs Stunden pro Arbeitstag ausüben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin macht einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung geltend.
Die 1957 geborene Klägerin ist türkische Staatsangehörige. Sie ist verwitwet und Mutter von zwei Kindern. In der Türkei hat sie keine Beiträge zu einem Versicherungsträger gezahlt und dort auch keine Versicherungszeiten zurückgelegt. Einen Beruf erlernte die Klägerin nicht. Im Juli 1971 zog die Klägerin nach Deutschland; hier war sie zuletzt bis September 2002 mit der Montage, der Kontrolle und dem Verpacken von Fahrzeugteilen als ungelernte Arbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt. Seitdem war die Klägerin nicht mehr berufstätig. In der Zeit von 08.03.2007 bis zum 07.03.2012 wurden mehr als drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder aufgrund des Bezugs von Lohnersatzleistungen im Sinne des § 3 Satz 1 Nr 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) entrichtet; insgesamt sind Beitragszeiten von mehr als fünf Jahren vorhanden. Ein Grad der Behinderung von 50 ist seit Mai 2002 anerkannt. Seit Januar 2006 bezieht die Klägerin eine Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemannes.
Am 08.03.2012 beantragte die Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung. Sie gab an, an folgenden Gesundheitsstörungen zu leiden: Lungenleiden, Bandscheibenleiden (LWS, HWS), Osteoporose, Hautallergie etc. Die Beklagte zog zahlreich Arztbriefe und sonstige ärztliche Unterlagen der Agentur für Arbeit Karlsruhe bei und ließ die Klägerin durch den Lungenarzt und Arzt für Sozialmedizin Dr. H. untersuchen und begutachten. Dieser führte im Rahmen seiner Untersuchung am 26.04.2012 eine Lungenfunktionsprüfung durch und ließ am selben Tag auch eine Echokardiographie anfertigen (Bericht Dr. M., Arzt für Innere Medizin, vom 26.04.2012, Bl 155 der Verwaltungsakte der Beklagten). In seinem Gutachten vom 03.05.2012 stellte er folgende Diagnosen: chronisch obstruktive Atemwegserkrankung bei weiterhin persistierendem Nikotinabusus GOLD-Stadium II; Aufbraucherscheinungen der Lendenwirbelsäule (LWS) im Sinne einer Osteochondrose und Spondylarthrose, jedoch ohne Nervenwurzelreiz; Arthrose des linken Kniegelenkes Grad I, ohne Bewegungseinschränkung. Seiner Auffassung nach ist der Klägerin eine leichte Tätigkeit, ohne häufiges Bücken und Heben von Lasten über 10 kg und ohne besondere Belastung durch inhalative Reize sechs Stunden und mehr pro Tag möglich. Mit Bescheid vom 04.05.2012 lehnte die Beklagte die beantragte Rente ab.
Gegen diese ablehnende Entscheidung legte die Klägerin, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, am 23.05.2012 Widerspruch ein, den sie allerdings nicht begründete. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10.10.2012 als unbegründet zurück.
Am 18.10.2012 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und diese mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 03.04.2013 unter Hinweis auf die bei ihr bestehenden Gesundheitsstörungen begründet.
Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen befragt, die diesen Ärzten vorliegenden Arztberichte beigezogen und anschließend mehrere Sachverständigengutachten eingeholt. Der Lungenfacharzt Dr. v. B. hat auf seinem Fachgebiet eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) im Gold Stadium 2 mit anamnestisch häufigen Exazerbationen und weiterem Nikotinkonsum diagnostiziert und die Auffassung vertreten, dass der Klägerin aus lungenfachärztlicher Sicht leichte Tätigkeiten ohne häufiges Bücken und Heben von Lasten über 10 kg und ohne besondere Belastung durch inhalative Reizstoffe möglich sind. Nässe, Zugluft, Temperaturschwankungen, Exposition an Allergene, Erschütterungen, Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr und wechselnde Arbeitszeiten sollten vermieden werden (Gutachten vom 15.11.2013). Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. Dr. D. ist in seinem Gutachten vom 04.02.2014 zum dem Ergebnis gelangt, dass bei der Klägerin eine Dysthymia vorliege. Dabei handele es sich um eine leicht verlaufende chronische Form der Depression, die sich nur in geringem Maße auf die Leistungsfähigkeit der Klägerin auswirke. Im Vergleich zur Einschätzung der Leistungsfähigkeit der Klägerin auf lungenfachärztlichem Gebiet ergäben sich aus nervenärztlicher Sicht keine weiteren Beeinträchtigungen. Der Facharzt für Orthopädie Dr. M. hat die auf seinem Fachgebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen wie folgt bezeichnet: • chronisches LWS-Syndrom bei radiologisch nachweisbarer Instabilität L4/5 und Spondylarthrose, derzeit ohne wesentliche Funktionsstörung, Ausschluss Wurzelreizsymptomatik, bekannte Osteoporose; • aktenkundige Arthrose des linken Kniegelenks bei standardröntgenologisch altersüblichem Normalbefund, freie Beweglichkeit, Reizzustand am unteren Kniescheibensehnenansatz (Patellaspitzensyndrom); • Arthrose linkes Daumensattelgelenk bei freier Beweglichkeit; • Ausschluss Fibromyalgiesyndrom. Die Klägerin könne unter Beachtung qualitativer Einschränkungen (die der Sachverständige im Einzelnen aufgeführt hat) noch leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich erbringen.
Mit Urteil vom 16.07.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es unter Darlegung der maßgeblichen Rechtsgrundlagen die Auffassung vertreten, dass ein Anspruch der Klägerin auf eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht bestehe, weil die Klägerin weder ganz noch teilweise erwerbsgemindert sei. Sie könne noch Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem Umfang vom mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Dies stehe zur Überzeugung der Kammer aufgrund der im Klageverfahren eingeholten Gutachten fest. Das Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin mittels Empfangsbekenntnis am 21.07.2014 zugestellt worden.
Am 21.08.2014 hat die Klägerin Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 20.10.2014 begründet. Es bestehe eine erhebliche Diskrepanz zwischen der Leistungsbeurteilung durch die vom SG gehörten Sachverständigen einerseits und der Leistungsbeurteilung durch die behandelnden Ärzte sowie durch das Jobcenter, bei dem die Klägerin im Leistungsbezug stehe, andererseits. Bei der Klägerin bestehe aufgrund multipler Gesundheitsstörungen nicht nur eine zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit, sondern auch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16.07.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 04.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen vollständiger bzw teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, ab 01.03.2012 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16.07.2014 zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für richtig.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat das arbeitsmedizinisch-sozialmedizinische Gutachten des Prof. Dr. Dr. K., Karlsruhe, vom 28.01.2015 eingeholt. Dieser hat die Auffassung vertreten, die Klägerin könne nur noch körperlich leichte Tätigkeiten, diese aber sechs Stunden und mehr an 5 Tagen in der Woche ausüben. Regelmäßiges Heben und Tragen von Lasten über 5 kg sollte vermieden werden.
Nachdem sich die Beteiligten mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung eiverstanden erklärt hatten, hat der Vorsitzende die Beteiligten mit Schreiben vom 11.05.2015 darauf hingewiesen, dass der Senat nach § 153 Abs 4 SGG die Berufung auch ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind darauf aufmerksam gemacht worden, dass diese Verfahrensweise aufgrund des derzeitigen Sach- und Streitstandes beabsichtigt ist. Sie haben Gelegenheit erhalten, zur Sache und zum beabsichtigten Verfahren bis 31.05.2015 Stellung zu nehmen. Bei der Bemessung der Anhörungsfrist sei berücksichtigt worden, dass sich die Beteiligten bereits mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt hatten. Die Anhörungsmitteilung ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mittels Empfangsbekenntnis am 18.05.2015 zugestellt worden. Die Beteiligten haben sich hierzu nicht geäußert.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 04.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller bzw teilweiser Erwerbsminderung ab dem 01.03.2012.
Der Senat weist die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter gemäß § 153 Abs 4 SGG zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.
Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Nach dem Ergebnis der vom SG und vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme sowie unter Berücksichtigung der im Verwaltungsverfahren von der Beklagten durchgeführten Ermittlungen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin bis zum heutigen Tag noch in der Lage ist, mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts zu arbeiten. Zu vermeiden sind mittelschwere und schwere Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten über 5 kg, regelmäßiges Steigen auf Leitern und Gerüste sowie ständiges Knien, Greifarbeiten mit Aufwendung von grober Kraft und repetitiven Wiederholungen, Wirbelsäulenzwangshaltungen, inhalativ allergisierende und bronchial reizende Expositionen sowie Einwirkungen von Nässe, Kälte und Zugluft. Der Senat schließt sich der Beurteilung durch das SG an weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück; insoweit kann nach § 153 Abs 2 SGG von einer nochmaligen Darlegung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.
Ergänzend wird im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren ausgeführt, dass die vom SG vorgenommene Einschätzung des beruflichen Leistungsvermögens auch durch das nach § 109 SGG in Auftrag gegebene Gutachten des Prof. Dr. Dr. K. bestätigt wird. Dieser hat darauf hingewiesen, dass bei der Klägerin "zweifelsfrei die eindeutig diagnostizierte COPD" beschwerdeführend sei. Insoweit wurde der Gesundheitszustand der Klägerin sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im Klageverfahren durch Gutachten auf lungenfachärztlichem Gebiet eingehend untersucht. Beide Gutachter sind übereinstimmend zu der Einschätzung gelangt, dass sich trotz der COPD keine Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht begründen lässt. Die Wirbelsäulenveränderungen haben auch nach Auffassung von Prof. Dr. Dr. K. keine Funktionseinschränkungen zur Folge. Wenn er ausführt, dass trotzdem Heben und Tragen von Lasten über 5 kg und Arbeiten mit Wirbelsäulenzwangshaltungen vermieden werden sollten, dient dies nach Ansicht des Senats zumindest auch dazu, eine Verschlimmerung des Gesundheitszustandes zu vermeiden. Deshalb ist insoweit vom Sachverständigen zu Recht eine (qualitative) Leistungseinschränkung vorgeschlagen worden. Dieser Beurteilung schließt sich der Senat an.
Bei der noch vorhandenen Leistungsfähigkeit der Klägerin - leichte Arbeiten mindestens 6-stündig - muss ihr eine konkrete Tätigkeit, die sie noch verrichten kann, nicht benannt werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit, die der Versicherte mit seinem Leistungsvermögen noch auszuüben vermag, wird von der Rechtsprechung des BSG jedenfalls in den Fällen für erforderlich gehalten, in denen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG Großer Senat (GS) BSGE 80, 24 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8). Für die Prüfung, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt, gibt es keinen konkreten Beurteilungsmaßstab. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Daher ist eine genaue Untersuchung erforderlich, welche Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen durch die beim Versicherten vorliegenden Gesundheitsstörungen im Einzelnen ausgeschlossen sind. Die Pflicht zur konkreten Benennung einer Verweisungstätigkeit hängt von der Anzahl, Art und Schwere der bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen ab. Je mehr diese geeignet erscheinen, gerade auch typische Arbeitsplätze für körperlich leichte Tätigkeiten zu versperren, umso eingehender und konkreter muss dargelegt werden, welche Tätigkeiten der Versicherte noch verrichten kann (BSG 23.05.2006, B 13 RJ 38/05 R, SozR 4-2600 § 43 Nr 9 = NZS 2007, 265).
Die Klägerin kann zwar nach den Feststellungen der gerichtlichen Sachverständigen bestimmte Tätigkeiten nicht mehr durchführen. Diese sog qualitativen Einschränkungen gehen aber nicht über das hinaus, was bereits mit der Begrenzung des Leistungsvermögens auf nur noch leichte Arbeiten erfasst wird, führen also zu keiner zusätzlichen Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit. Dies gilt für mittelschwere und schwere Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten über 5 kg, regelmäßiges Steigen auf Leitern und Gerüste sowie ständiges Knien, Greifarbeiten mit Aufwendung von grober Kraft und repetitiven Wiederholungen sowie Wirbelsäulenzwangshaltungen. Der Zwang zur Vermeidung von inhalativ allergisierenden und bronchial reizenden Expositionen - dies gilt in erster Linie für den Zigarettenkonsum und betrifft damit die persönliche Lebensführung der Klägerin - schränkt die Leistungsfähigkeit der Klägerin für typische körperlich leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht ein. Dies gilt ebenso für den Hinweis, Einwirkungen von Nässe, Kälte und Zugluft zu vermeiden. Diese Einwirkungen sind im Übrigen ganz allgemein der Gesundheit abträglich. Die bei der Klägerin bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen lassen deshalb keine ernstlichen Zweifel daran aufkommen, dass diese noch wettbewerbsfähig in einem Betrieb einsetzbar ist. Die Klägerin ist auch in der Lage, täglich viermal eine Wegstrecke von 500 Metern innerhalb von jeweils 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen sowie öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten zweimal am Tag zu benutzen. Dies geht aus den vom Senat eingeholten Gutachten hervor. Die dort erhobenen Befunde haben keine Einschränkung der Wegefähigkeit erbracht.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI). Voraussetzung eines solchen Rentenanspruchs ist (vgl § 240 SGB VI), dass sie vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist. Der Klägerin ist zwar 1957 geboren, so dass eine Rente nach § 240 SGB VI in Betracht kommt, sie ist aber nicht berufsunfähig. Ausgangspunkt für die Prüfung der Berufsunfähigkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der "bisherige" Beruf, den der Versicherte ausgeübt hat. Kann der Versicherte diesen ohne wesentliche Einschränkung weiterhin ausüben, so schließt allein dies die Annahme von Berufsunfähigkeit aus. In der Regel ergibt sich der bisherige Beruf aus der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit, die auch dann maßgebend ist, wenn sie nur kurzfristig ausgeübt worden ist, aber zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Prüfung hat das BSG die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung gebildet worden, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben. Da die Klägerin keinen Beruf erlernt hat und zuletzt als ungelernte Arbeitern versicherungspflichtig beschäftigt war, kann sie auf alle Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden. Solche Arbeiten kann sie aber noch - wie dargelegt – mehr als sechs Stunden pro Arbeitstag ausüben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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