L 8 R 103/14

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 29 R 1042/13
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 103/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 R 27/15 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
NZB als unzulässig verworfen
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 16.12.2013 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 18.036,94 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Bescheides, mit dem die Beklagte die Klägerin auf Nachentrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung betreffend den Beigeladenen zu 5) nebst Säumniszuschlägen in Anspruch nimmt.

Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft (AG) eine Beratungsgesellschaft für mittelständische Unternehmen. Unter dem 19.5.2008 schlossen die Klägerin und der Beigeladene zu 5) mit Wirkung zum 13.8.2008 einen "Arbeitsvertrag", aufgrund dessen Letzterer als Seniorberater der Klägerin eingestellt wurde. Gemäß den Regelungen in § 4 des Arbeitsvertrages erhielt der Beigeladene zu 5) ab dem 13.8.2008 ein "monatliches Basisgehalt" in Höhe von 5.064,00 EUR; ab dem 1.2.2009 in Höhe von 5.564,00 EUR sowie ab dem 1.8.2009 in Höhe von 6.064,00 EUR. Zusätzlich sah der Arbeitsvertrag nach näherer Maßgabe des § 4 des Arbeitsvertrages eine pauschale zusätzliche Abgeltung (Prämie) sowie einen Provisionsanspruch vor. Mit Änderungsvertrag vom 26.11.2010 wurde - nach einer zwischenzeitlich erfolgten weiteren Anpassung des Arbeitsvertrages mit Änderungsvertrag vom 21.1.2010 - das monatliche Basisgehalt des Beigeladenen zu 5) ab dem 1.1.2011 auf 7.200,00 EUR erhöht. Auf den weiteren Inhalt des Arbeitsvertrages vom 19.5.2008 und des Änderungsvertrages vom 26.11.2010 wird Bezug genommen.

Vor Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses mit der Klägerin hatte der Beigeladene zu 5) in der Zeit vom 1.7.2005 bis zum 31.7.2008 eine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der J (J) GmbH, W (HR 000; Amtsgericht E) ausgeübt. Nach dem Inhalt eines - an den Beigeladenen zu 5) adressierten und von ihm nicht angefochtenen - Bescheides über ein Statusfeststellungsverfahren gemäß § 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch übte dieser seit dem 1.7.2005 zudem eine weitere Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der F Consulting GmbH im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit aus.

Am 23.5.2011 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung gemäß § 28p Abs. 1 SGB IV für den Zeitraum vom 1.1.2007 bis zum 31.12.2010 durch. Als Ergebnis der Prüfung teilte sie der Klägerin mit Schreiben vom 26.5.2011 mit, sie beabsichtige, für verschiedene Arbeitnehmer Sozialversicherungsbeiträge nebst Säumniszuschlägen nachzuerheben. Unter anderem stellte sie in Aussicht, für den Beigeladenen zu 5), für den die Klägerin lediglich Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung abgeführt hatte, Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung in Höhe von 17.922,84 EUR nebst Säumniszuschlagen nach § 24 SGB IV nachzufordern. Der Beigeladene zu 5) sei ab Aufnahme seiner Beschäftigung bei der Klägerin bis zum 31.12.2010 in diesen Zweigen der Sozialversicherung pflichtversichert gewesen. Eine Versicherungsfreiheit gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) komme nur in Betracht, wenn die maßgebliche Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) in den letzten drei Kalenderjahren vor Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses überschritten worden sei. Da der Beigeladene zu 5) in diesem Zeitraum als Gesellschafter-Geschäftsführer jedoch selbständig tätig gewesen sei, scheide ein Überschreiten der JAEG schon deshalb aus, weil er kein Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB IV aus einer Beschäftigung erzielt habe.

Die Klägerin wandte sich gegen die beabsichtigte Nacherhebung und machte geltend, die Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V in seiner durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) geltenden Fassung bewirke eine unbillige Härte. Es bleibe unberücksichtigt, dass der Beigeladene zu 5) - als Selbständiger wie auch zuvor als abhängig Beschäftigter - die JAEG stets, also über einen Dreijahreszeitraum hinaus, überschritten habe. Die Intention des Gesetzgebers, von dem Versicherten ein nachhaltig hohes Einkommen oberhalb der JAEG zu verlangen, berechtige nicht dazu, einen Beschäftigten im Verhältnis zu anderen Beschäftigten nur deshalb zu benachteiligen, weil er in einer bestimmten Phase selbständig tätig gewesen sei. Ein Differenzierungsgrund, der eine solche Benachteiligung verfassungsrechtlich rechtfertigen könne, sei nicht ersichtlich. Abhängig Beschäftigte mit vergleichbarem Einkommen wären nach der gesetzlichen Konzeption nämlich versicherungsfrei geblieben.

Mit Bescheid vom 31.5.2012 erhob die Beklagte entsprechend ihrer Ankündigung von der Klägerin betreffend den Beigeladenen zu 5) und unter Hinweis auf eine Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 12.2.2010 (L 4 KR 1420/09) für den Zeitraum vom 13.8.2008 bis zum 31.12.2010 Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung sowie zur sozialen Pflegeversicherung einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 18.036,94 EUR nach. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bescheides nebst Anlagen Bezug genommen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 26.6.2012 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 4.7.2013 als unbegründet zurückwies. Ihr Bescheid vom 31.5.2012 sei nicht zu beanstanden. Auch hinsichtlich des Beigeladenen zu 5) habe sie zu Recht Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge nacherhoben. Dieser unterliege wegen seiner ab dem 13.8.2008 aufgenommenen Beschäftigung bei der Klägerin zumindest für die Dauer von drei Jahren der Versicherungspflicht in diesen Zweigen der Sozialversicherung. Dieses ergebe sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V in der ab dem 2.2.2007 geltenden Fassung, mit der die Versicherungsfreiheit "besserverdienender" Beschäftigter neu geregelt worden sei. Beschäftigte seien hiernach in der Krankenversicherung erst versicherungsfrei, wenn ihr regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die JAEG zu Beginn der Beschäftigung und in den drei darauf folgenden Kalenderjahren überschritten habe. Diese Neuregelung solle ihrem Ziel nach den Wechsel von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung erschweren und zur Stärkung der Solidargemeinschaft der gesetzlich krankenversicherten Beschäftigten beitragen. Infolge der Neuregelung seien Beschäftigte grundsätzlich nicht mehr mit sofortiger Wirkung versicherungsfrei; vielmehr trete dieser Status erst nach dreimaligem Überschreiten der JAEG ein.

Für privat krankenversicherte Arbeitnehmer, die die Voraussetzungen des § 6 Abs.1 Nr. 1 SGB V a.F. nicht erfüllten und am 2.2.2007 wegen Überschreitens der JAEG bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert gewesen seien und zugunsten solcher Arbeitnehmer, die vor diesem Tage die freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung gekündigt hätten, gewähre der Gesetzgeber Bestandsschutz nach näherer Maßgabe des § 6 Abs. 9 Satz 1 SGB V a.F. Von dem Anwendungsbereich dieser Regelung werde der Beigeladene zu 5) jedoch nicht erfasst, da er am maßgeblichen Stichtag selbständig tätig gewesen sei. Dementsprechend sei das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinem Urteil vom 10.6.2009 (1 BvR 706/08 u.a.) davon ausgegangen, dass § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V a.F. auch Personen erfasse, die aus einer Selbständigkeit heraus eine Beschäftigung mit einem Einkommen über der JAEG aufnähmen.

Mit der am 16.7.2013 zum Sozialgericht (SG) Köln erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat sie auf ihr Vorbringen im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren Bezug genommen und dieses vertieft.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid vom 31.5.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4.7.2013 aufzuheben, soweit in Bezug auf den Beigeladenen zu 5) Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 17.922,84 EUR zzgl. Säumniszuschlägen festgesetzt worden sind,

die Beklagte zu verurteilen, 17.922,84 EUR zzgl. Säumniszuschlägen zu erstatten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist dem Vorbringen der Klägerin unter Bezugnahme auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides entgegen getreten.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Mit Urteil vom 16.12.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe zutreffend Versicherungsfreiheit des Beigeladenen zu 5) in seiner ab dem 13.8.2008 aufgenommenen Beschäftigung für die Klägerin verneint. § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V in seiner ab dem 2.2.2007 geltenden Fassung habe auch Personen mit einem Einkommen oberhalb der JAEG erfasst, die vor Beginn der Beschäftigung wegen einer selbständigen Tätigkeit nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig gewesen seien. Da der Gesetzgeber insoweit keine Differenzierung vorgenommen habe, sei auch dieser Personenkreis (zunächst) für die Dauer von drei Jahren versicherungspflichtig, bevor eine Versicherungsfreiheit habe eintreten können. An welchen versicherungsrechtlichen Status sich die zur Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V führende entgeltliche Beschäftigung anschließe, sei für die Anwendbarkeit des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V a.F. irrelevant. Dies gelte zumal in solchen Fällen, in denen der Status als Beschäftigter erst nach dem Außerkrafttreten des bis 1.2.2007 geltenden, das Ausscheiden aus der gesetzlichen Krankenversicherung zu einem früheren Zeitpunkt ermöglichenden Rechts (vgl. § 6 Abs. 1 und Abs. 4 SGB V a.F.) begründet worden sei.

Der Beigeladene zu 5) habe die JAEG bei Aufnahme der Beschäftigung am 13.8.2008 nicht im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V a.F. in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überschritten, weshalb eine Versicherungsfreiheit nicht ab Aufnahme der Beschäftigung bei der Klägerin bestanden habe. Der seinerzeit vom Gesetzgeber statuierte Dreijahreszeitraum, in welchem die JAEG habe überschritten werden müssen, habe der Beschäftigungsaufnahme unmittelbar vorgelagert sein müssen. Dies folge jedenfalls aus Sinn und Zweck der Norm in der seinerzeit geltenden Fassung. So habe bereits das BVerfG in der zitierten Entscheidung darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber (auch) bei früheren Selbständigen den zur Versicherungsfreiheit führenden Nachweis eines Überschreitens der JAEG davon habe abhängig machen dürfen, dass diese Überschreitung von gewisser Dauerhaftigkeit und Stetigkeit sei. Diese Erwägung sei von dem Verständnis getragen, dass der Gesetzgeber vor Eintritt von Versicherungsfreiheit in einer Beschäftigung und damit vor einer endgültigen Entlassung aus der gesetzlichen Krankenversicherung lediglich einen aktuellen bzw. zeitnahen Nachweis dafür habe ausreichen lassen wollen, dass der Beschäftigte (bereits) zumutbar einen nachhaltigen Beitrag für die Solidargemeinschaft im System der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht habe, welcher zur Einräumung eines Befreiungsrechts rechtfertige. Bestünde hingegen die Möglichkeit, das System der gesetzlichen Krankenversicherung allein aufgrund beliebig zurückliegender, nicht notwendig zusammenhängender Zeiten der Überschreitung der JAEG zu verlassen, sobald sich diese auf drei Jahre summiert hätten, wäre der Eintritt von Versicherungsfreiheit von zeitlichen Zufälligkeiten und individuellen Besonderheiten abhängig.

Da der Beigeladene zu 5) in dem insoweit maßgeblichen Dreijahreszeitraum vor dem 13.8.2008 nicht beschäftigt, sondern selbständig tätig gewesen sei, sei das tatbestandliche Erfordernis eines ununterbrochenen Überschreitens der JAEG schon deshalb zu verneinen, weil er aus dieser - selbständigen - Tätigkeit kein Arbeitsentgelt (§ 14 SGB IV), sondern Arbeitseinkommen (§ 15 SGB IV) erzielt habe. Der Gesetzgeber habe in § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V begrifflich an das Jahresarbeitsentgelt angeknüpft, weshalb es auf die Höhe des Arbeitseinkommens nicht ankomme. Da er in § 6 Abs. 4 Satz 4 bis 6 SGB V ergänzende Vorschriften über die Anrechenbarkeit von Kalenderjahren auf drei Jahre statuiert und damit Regelungen zur Schließung versicherungsrechtlicher Lücken entworfen habe, scheide eine Analogie für "arbeitsentgeltlose" Zeiten Beschäftigter mangels Regelungslücke aus. Dies sei höchstrichterlich durch das BSG geklärt (Urteil v. 27.6.2012, B 12 KR 6/10 R).

Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht aus § 6 Abs. 9 SGB V in der ab dem 2.2.2007 geltenden Fassung. Schon dem Wortlaut nach finde diese Bestandsschutzregelung auf den Beigeladenen zu 5) keine Anwendung, da er nicht am 2.2.2007 wegen Überschreitens der JAEG versicherungsfrei und mit Blick darauf in der privaten Krankenversicherung versichert gewesen sei. Vielmehr habe er aufgrund des Status als selbständig Erwerbstätiger an diesem Stichtag schon generell nicht zum Kreis der Versicherungspflichtigen gehört. Der Wortlaut des § 6 Abs. 9 SGB V a.F. lasse - wie das BSG mit Urteil vom 27.6.2012 (B 12 KR 6/10 R) gleichfalls höchstrichterlich geklärt habe - eine erweiternde, sich auf selbständig tätige Personen erstreckende Auslegung nicht zu.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Auslegung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V a.F. und des § 6 Abs. 9 SGB V a.F. griffen nicht durch. § 6 Abs. 1 SGB V a.F. sei der Zielrichtung nach eine Regelung zur Festlegung des Kreises der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung, die seit jeher durch die Pole versicherungspflichtige (ausnahmsweise versicherungsfreie) Beschäftigung einerseits und nicht versicherungspflichtige Selbständigkeit andererseits geprägt sei. Zwar sei das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit betroffen, sobald der Gesetzgeber Personen der Pflichtversicherung in einem sozialen Sicherungssystem unterwerfe (Hinweis auf BVerfG, Beschluss v. 9.12.2003, 1 BvR 558/99 m.w.N.), was die Begründung einer Pflichtmitgliedschaft mit Beitragszwang in der gesetzlichen Krankenversicherung einschließe (Hinweis auf BVerfG, Beschluss v. 6.12.2005, 1 BvR 347/98). Der Gesetzgeber sei aber verfassungsrechtlich nicht gehindert, den Kreis der Versicherungspflichtigen in der Sozialversicherung so abzugrenzen, wie dies für die Begründung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft erforderlich sei. Dementsprechend dürfe er auch die Voraussetzungen der Versicherungspflicht festlegen, da ihm eine Verantwortung für die Sicherstellung der Leistungsfähigkeit der Solidargemeinschaft zukomme. Dieses gelte insbesondere deshalb, da die einer sozialen Absicherung von Beschäftigten vor den finanziellen Risiken von Krankheit dienende gesetzliche Krankenversicherung auch auf einem umfassenden sozialen Ausgleich zwischen Versicherten mit niedrigem und solchen mit höherem Einkommen sowie zwischen Alleinstehenden und Personen mit unterhaltsberechtigten Familienangehörigen basiere (Hinweis auf BVerfG, Beschluss v. 10.6.2009, 1 BvR 706/08 u.a. m.w.N.). Allein die Sicherung der finanziellen Stabilität und Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung als überragend wichtiger Gemeinwohlbelang, um dessentwillen dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum bei der Abgrenzung des Kreises der Pflichtversicherten zur Gewährleistung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft zukomme, rechtfertige es, auch die zuvor in der privaten Krankenversicherung versicherten Personen unabhängig von ihrer individuellen Schutzbedürftigkeit in die Versicherungspflicht im Rahmen der Sozialversicherung einzubeziehen.

Ohnehin habe das BVerfG bereits entschieden, dass die durch das GKV-WSG bewirkte Beschränkung der Möglichkeit eines Wechsels in die private Krankenversicherung bei einem Überschreiten der JAEG gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V a.F. weder gegen Art. 2 Abs. 1 GG noch gegen Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG verstoße. Schließlich bewirke die Beschränkung des personellen Anwendungsbereichs des § 6 Abs. 9 SGB V a.F. keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Dieses Grundrecht sei nämlich nur verletzt, wenn durch eine gesetzliche Regelung eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten verschieden behandelt werde, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede solcher Art und Gewicht bestünden, dass diese die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten.

§ 6 Abs. 9 Satz 1 SGB V a.F. sei als Bestandsschutzregelung lediglich für solche Fälle konzipiert, in denen allein infolge der ab dem 2.2.2007 wirkenden Verschärfung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V durch das GKV-WSG die zuvor bestehende Versicherungsfreiheit eines Beschäftigten entfallen wäre. Der Gesetzgeber habe bei der Schaffung einer Bestandsschutzregelung in erster Linie den Personenkreis berücksichtigen müssen, der durch die Verschärfung der gesetzlichen Voraussetzungen für den Eintritt von Versicherungsfreiheit nachteilig in einem Vertrauenstatbestand betroffen worden seien. Zu diesem Personenkreis hätten jedoch die nach alter Rechtslage wegen Überschreitens der JAEG versicherungsfreien Arbeitnehmer gehört, die bereits privat versichert gewesen seien oder im Hinblick auf ein privates Krankenversicherungsverhältnis ihre Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung bereits gekündigt hatten und deren Versicherungsverhältnis ohne eine Übergangsregelung ex lege aufgelöst worden sei.

Vor dem Hintergrund dieses Regelungszwecks sei eine Schlechterstellung solcher Beschäftigten, die am 2.2.2007 selbständig und in der privaten Krankenversicherung abgesichert gewesen seien, gegenüber solchen, die am 2.2.2007 beschäftigt und in der privaten Krankenversicherung abgesichert waren, sachlich gerechtfertigt. Diese - zweite - Personengruppe habe mit der zum 2.2.2007 in Kraft getretenen Änderung eine schutzwürdige Rechtsposition verloren, namentlich in Form des bereits vor diesem Datum betätigten Vertrauens, sich trotz eigentlich bestehender Versicherungspflicht als Beschäftigter auf ihre Versicherungsfreiheit eingerichtet zu haben, indem sie entweder einen Versicherungsvertrag in der privaten Krankenversicherung abgeschlossen oder jedenfalls ihre Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung wegen eines in Aussicht genommenen Versicherungsverhältnisses in der privaten Krankenversicherung gekündigt hätten. Eine vergleichbare Situation habe bei den Angehörigen der ersten Gruppe nicht vorgelegen. Die schutzwürdige "Rechtsposition" habe lediglich bei Personen erwachsen können, die bereits vor dem 2.2.2007 beschäftigt gewesen seien, während die vor Beschäftigungsaufnahme nicht existierende Versicherungspflicht Selbständiger nach dem Wechsel in eine (versicherungspflichtige) Beschäftigung keine vergleichbare schutzwürdige Wirkung entfaltet habe.

Eine vor der gesetzlichen Neufassung eventuell entstandene subjektive Vorstellung eines Selbständigen, bei Aufnahme einer an sich versicherungspflichtigen Beschäftigung mit einem Jahresarbeitsentgelt oberhalb der JAEG und bei bisheriger Absicherung in der privaten Krankenversicherung sofort versicherungsfrei zu werden und nicht in die gesetzliche Krankenversicherung einbezogen zu sein, habe der Gesetzgeber als nicht gleichermaßen schützenswert behandeln müssen.

Dass ursprünglich nicht versicherungspflichtigen Selbständigen, die in ein Beschäftigungsverhältnis eingetreten seien, aus der ohnehin nur zeitlich begrenzt wirkenden Erhöhung der Mindestverweildauer in der gesetzlichen Krankenversicherung auf drei Jahre unter dem Blickwinkel des Verfassungsrechts weitergehende Rechte für ihr Versicherungsverhältnis in der privaten Krankenversicherung zustünden, als sie das BVerfG (Urteil v. 10.6.2009, a.a.O.) schon versicherungsfrei gewesenen Beschäftigten zuerkannt habe, sei nicht ersichtlich.

Gegen das ihr am 14.1.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 7.2.2014 Berufung bei dem erkennenden Gericht eingelegt. Zur Begründung führt die Klägerin aus: Das SG habe, soweit es auf die Gesetzesmaterialien zu § 6 SGB V a.F. abgestellt habe, die grundsätzliche Intention des Gesetzgebers verkannt. Danach habe die Regelung den Wechsel der Versicherten von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung erschweren sollen, um auf diese Weise die Solidargemeinschaft der gesetzlich Krankenversicherten zu stärken (BT-Drucks. 16/3100, S. 95). Diese Intention habe jedoch bei dem Beigeladenen zu 5) nie verwirklicht werden können, da es einen Wechsel zwischen den Versicherungssystemen nie gegeben habe. Der Beigeladene zu 5) sei lange vor Aufnahme seiner selbständigen Tätigkeit im Jahre 2005 als Beschäftigter aufgrund des ständigen Überschreitens der JAEG in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungsfrei gewesen. Seither sei er seit 18 Jahren durchgängig privat krankenversichert gewesen und habe die jeweils maßgebliche JAEG stets überschritten. Von einem "Wechsel" im Sinne der Intention des Gesetzgebers könne mithin nicht die Rede sein.

Ohnehin sei fraglich, ob eine in der Vergangenheit liegende zusammenhängende dreijährige Zeitspanne des Überschreitens der JAEG während eines Arbeitsverhältnisses nicht ausreichend sei, um zu einer Befreiung in der gesetzlichen Krankenversicherung zu gelangen. Hierzu habe sich das SG nicht überzeugend geäußert. Die von dem SG angedeutete Gefahr einer additiven Betrachtung scheide im Fall des Beigeladenen zu 5) schon deshalb aus, da es keine Lücken in seinem "Versicherungsverlauf" gebe.

Auch die Gesetzesmaterialien stützten die Beurteilung des SG nicht. Soweit die Intention des Gesetzgebers in der Stärkung der Solidargemeinschaft zwischen gesetzlich Krankenversicherten bestanden habe, sei zu berücksichtigen, dass der Beigeladene zu 5) bereits vor seinem Wechsel in die Selbständigkeit im Jahr 2005 als privat krankenversicherte Person ohnehin nicht mehr dieser Solidargemeinschaft angehört habe. Im Übrigen habe der Beigeladene zu 5) den vom Gesetzgeber geforderten Solidarbeitrag bereits vor Eintritt in die private Krankenversicherung erbracht. Folglich verfange auch die Zielsetzung des Gesetzgebers, ein Ungleichgewicht zwischen erbrachten und erhaltenen Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung zu verhindern, nicht. Ein solches Missverhältnis zwischen erbrachten und erhaltenen Leistungen liege beim Beigeladenen zu 5) auch deshalb nicht vor, weil er - vor der Aufnahme seiner Beschäftigung bei der Klägerin - seit über 18 Jahren nicht mehr gesetzlich krankenversichert gewesen sei und demzufolge auch keine Leistungen aus der Solidargemeinschaft erhalten habe.

Die - aus Sicht der Klägerin bestehende - Grundrechtsverletzung des Beigeladenen zu 5) lasse auch nicht unter Verweis auf die Entscheidung des BSG vom 27.6.2012 (B 12 KR 6/10 R) verneinen, da sich der vorliegende Sachverhalt in wesentlichen Punkten von dem vom BSG entschiedenen Fall unterscheide. Die Höhe der Einkünfte des Beigeladenen zu 5) habe nämlich ununterbrochen über 18 Jahre hinweg jeweils über der JAEG gelegen. Wäre er in diesem Zeitraum ununterbrochen abhängig beschäftigt gewesen, so wäre er - weil in der Zeit vor dem 1.2.2007 keine Dreijahresfrist gemäß § 6 Abs. 1 SGB V a.F. gegolten habe - versicherungsfrei gewesen. Dem Beigeladenen zu 5) die Versicherungsfreiheit nur deshalb zu verweigern, weil er zwischenzeitlich selbständig tätig gewesen sei, verletze ihn in Art. 3 Abs. 1 GG.

Soweit das SG unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG das Erfordernis der finanziellen Stabilität und der Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung als "überragend wichtigen Gemeinwohlbelang" als Rechtfertigungsgrund heranziehe, sei dem zwar dem Grunde nach zu zustimmen; der wesentliche Unterschied zu dem vom BSG entschiedenen Fall bestehe jedoch darin, dass der Beigeladene zu 5) seit über 18 Jahren über der JAEG verdient habe und somit - wäre er die ganze Zeit über abhängig beschäftigt gewesen - grundsätzlich schon seit Jahren versicherungsfrei gewesen wäre. Diese Schlechterstellung gegenüber Arbeitnehmern, welche oberhalb der JAEG verdienten, zuvor aber nicht selbständig tätig gewesen seien, könne auch unter dem Gesichtspunkt der Sicherung der finanziellen Stabilität und Funktionstätigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung nicht gerechtfertigt sein, da sie willkürlich sei. Mit dieser Begründung könne der Gesetzgeber jeden Bürger versicherungspflichtig machen.

Schließlich habe das SG keine ausreichende Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgenommen. Es habe vielmehr im Rahmen der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung lediglich auf die Rechtsprechung des BSG verwiesen, ohne selbst die erforderliche Abwägung vorzunehmen.

Ebenso würden die Ausführungen des SG zur Bestandsschutzregelung des § 6 Abs. 9 Satz 1 SGB V a.F. dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht gerecht: Soweit das SG hierzu ausgeführt habe, der Gesetzgeber habe durch diese Regelung in erster Linie den Personenkreis schützen wollen, der durch die Verschärfung der Voraussetzungen für den Eintritt der Versicherungsfreiheit nachteilig in einen Vertrauenstatbestand betroffen gewesen seien, liege auch insoweit eine wortgleiche Übernahme der Entscheidungsgründe des BSG vor, ohne eine ausreichende Würdigung der Besonderheiten des vorliegenden Falles vorzunehmen.

Soweit das SG schließlich auf die Entscheidung des BVerfG vom 10.6.2009 (1 BvR 706/08 u.a.) verwiesen habe, verkenne es, dass das BVerfG zwar das Erfordernis der dreijährigen Überschreitung der JAEG als grundsätzlich verfassungsgemäß anerkannt, zugleich jedoch betont habe, dass der Gesetzgeber lediglich den Zeitraum verlängert habe, in dem Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung verbleiben müssten, bevor sie sich für einen Wechsel in die private Krankenversicherung entschließen könnten. Hieraus folge, dass auch das BVerfG von einem "Wechsel" von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung ausgehe. Ein solcher habe bei dem Beigeladenen zu 5) jedoch nicht vorgelegen. Überdies habe das BVerfG in Anlehnung an die Gesetzesbegründung betont, dass durch die Regelung des § 6 Abs. 1 SGB V a.F. Beschäftigte, die zuvor u.U. jahrzehntelang als beitragsfrei Familienversicherte, als Auszubildende oder Berufsanfänger mit geringem Arbeitsentgelt von den Leistungen der Solidargemeinschaft profitiert hätten, bei einem erstmaligen Überschreiten der JAEG für einen gewissen Zeitraum weiterhin an die Solidargemeinschaft gebunden werden sollten. Diese Formulierung stelle ein gewichtiges Indiz dafür dar, dass das BVerfG davon ausgehe, dass selbständig tätige Personen, wenn sie seit Jahren Einkommen oberhalb der JAEG erzielt hätten, von dieser Bindung an die gesetzliche Krankenversicherung ausgenommen seien. Andernfalls hätte das BVerfG auch diesen Fall in seinen Entscheidungsgründen erwähnt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 16.12.2013 und den Bescheid der Beklagten vom 31.5.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4.7.2013 aufzuheben, soweit mit diesem Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung betreffend den Beigeladenen zu 5) nebst Säumniszuschlägen erhoben worden sind.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte tritt dem Vortrag der Klägerin entgegen und verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Bezugnahme auf den Inhalt ihres angefochtenen Bescheides.

Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.

In dem Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat sind trotz ordnungsgemäßer Terminsnachricht weder der Beigeladene zu 5) noch Vertreter der Beigeladenen zu 1) bis 4) erschienen.

Der Senat hat die zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 5) geschlossenen Arbeitsverträge sowie den im Rahmen des § 7a SGB IV ergangenen Statusfeststellungsbescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 4.11.2005 betreffend die von dem Beigeladenen zu 5) ausgeübte Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der F Consulting GmbH beigezogen, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Der Sitzungsvertreter der Beklagten hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, gegen die in diesem Bescheid getroffenen Feststellungen keine Einwände zu erheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen verhandeln und entscheiden können, da er diese mit ordnungsgemäßer Terminsnachricht auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.

I. Die am 7.2.2014 bei dem erkennenden Gericht eingelegte Berufung der Klägerin gegen das ihr am 14.1.2014 zugestellte Urteil des SG Köln vom 16.12.2013 ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 151 Abs. 1, 64 Abs. 1, Abs. 2, 63 SGG).

II. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 31.5.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4.7.2013 zu Recht abgewiesen. Die Klägerin wird durch diesen Bescheid nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, weil er nicht rechtswidrig ist.

1. Ermächtigungsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV. Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern.

2. Der Bescheid ist formell rechtmäßig, insbesondere ist die Klägerin vor Erlass des sie belastenden Bescheides über die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen und Säumniszuschlägen mit Schreiben vom 26.5.2011 ordnungsgemäß angehört worden (§ 28 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch).

3. Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. Die Beklagte hat zutreffend eine Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 5) in der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung festgestellt [hierzu a)] und für diese Zweige der Sozialversicherung von der Klägerin Pflichtbeiträge in nicht zu beanstandender Höhe nacherhoben [hierzu b)] sowie Säumniszuschläge festgesetzt [hierzu c)].

a) Der Beigeladene zu 5) unterlag in dem streitbefangenen Zeitraum vom 13.8.2008 bis zum 31.12.2010 wegen der Beschäftigung bei der Klägerin der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung [hierzu aa)]. Eine Versicherungsfreiheit bestand in diesen Zweigen der Sozialversicherung entgegen der Annahme der Klägerin nicht [hierzu bb)].

aa) Nach 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V sind in der gesetzlichen Krankenversicherung u.a. Angestellte versicherungspflichtig, die - wie der Beigeladene zu 5) während des streitbefangenen Zeitraums - gegen Arbeitsentgelt (§ 14 Abs. 1 SGB IV) beschäftigt sind. Für die soziale Pflegeversicherung ordnet § 20 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) eine Versicherungspflicht für diejenigen Personen an, die als gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Angestellte versicherungspflichtiges Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung sind.

bb) Der Beigeladene zu 5) war in der Zeit vom 13.8.2008 bis zum 31.12.2010 auch nicht gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungsfrei. Eine Versicherungsfreiheit in der sozialen Pflegeversicherung scheidet daher gleichfalls aus.

(1) Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V in der in dem Zeitraum vom 2.2.2007 bis zum 31.12.2010 maßgeblichen Fassung (Art. 1 Nr. 3 Buchst. a des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung [GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKG-WSG] vom 26.3.2007 [BGBl. I S. 378])] waren Arbeiter und Angestellte versicherungsfrei, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die JAEG nach den § 6 Abs. 6 oder 7 überstieg und in drei aufeinander folgenden Jahren überstiegen hat; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt.

Die hiernach für eine Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung erforderlichen Voraussetzungen erfüllte der Beigeladene zu 5) in der Zeit vom 13.8.2008 bis zum 31.12.2010 schon deshalb nicht, weil es an dem Erfordernis einer Überschreitung der JAEG in drei aufeinander folgenden Jahren mangelte. Hierbei mussten die drei aufeinander folgenden Kalenderjahre, in denen die JAEG überschritten worden sein muss, der Beschäftigungsaufnahme unmittelbar vorgelagert gewesen sein. Es reicht nicht aus, dass dies zu einem beliebigen Zeitpunkt irgendwann einmal vor der krankenversicherungsrechtlich zu beurteilenden Beschäftigung der Fall war (BSG, Urteil v. 27.6.2012, B 12 KR 6/10 R, Rn. 17; Felix, in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 6 Rn. 14.1).

In dem danach maßgeblichen Zeitraum vom 13.8.2005 bis zum 12.8.2008 hat der Beigeladene zu 5) jedoch kein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt bezogen, welches zur Überschreitung der JAEG nach § 6 Abs. 6 SGB V (allgemeine JAEG) oder § 6 Abs. 7 SGB V (besondere JAE) geführt hat. Nach der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V entscheidet allein die Höhe des Arbeitsentgelts (§ 14 SGB IV) über die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. Zu berücksichtigen sind danach alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht oder unter welcher Bezeichnung sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Einnahmen aus einer selbständigen Erwerbstätigkeit sind bei der Ermittlung des Jahresarbeitsentgeltes nicht heranzuziehen (Felix, in: jurisPK-SGB V, § 6 Rn. 15; BSG, Urteil v. 27.6.2012, a.a.O., juris Rn. 18).

Der Beigeladene zu 5) hat in dem danach maßgeblichen Dreijahreszeitraum keine Einnahmen aus einer Beschäftigung (§ 7 Abs. 1 SGB IV) erzielt. Ab dem 1.7.2005 bis zur Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses bei der Klägerin hat er vielmehr eine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer ausgeübt, die nach seinen Erklärungen im erstinstanzlichen Erörterungstermin mit Bescheid vom 1.12.2005 als selbständige Tätigkeit gewürdigt worden ist. Auch nach dem Ergebnis des im Berufungsverfahren zu den Akten gereichten und an den Beigeladenen zu 5) adressierten Bescheides der Deutschen Rentenversicherung Bund über das Ergebnis des Statusfeststellungsverfahrens gemäß § 7a SGB IV vom 4.11.2005 ist die seit dem 1.7.2005 ausgeübte Tätigkeit bei der F GmbH (F Consulting GmbH) im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit ausgeübt worden.

Soweit die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat erstmals Zweifel geäußert hat, ob die in dem Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 4.11.2005 getroffenen Feststellungen vor dem Hintergrund des dem Beigeladenen zu 5) - nach dem Inhalt des Bescheides - nur gemeinsam mit dessen Ehefrau zustehenden Stimmrechts von 30% des Stammkapitals an der F GmbH rechtlich zutreffend sind, ergibt sich hieraus keine andere Beurteilung. Der Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 4.11.2008 über die Feststellung des Vorliegens einer selbständigen Tätigkeit ist in Bestandskraft erwachsen. Überdies hat der Beigeladene zu 5) einen eigenen Antrag im Berufungsverfahren nicht gestellt (vgl. hierzu auch BSG, Urteil v. 9.8.2006, B 12 KR 3/06 R, SozR 4-2600 § 229 Nr. 1).

(2) Das SG hat auch zutreffend festgestellt, dass Versicherungsfreiheit des Beigeladenen zu 5) nicht auf die Regelung des § 6 Abs. 9 SGB V a.F. gestützt werden kann. Hiernach waren Arbeiter und Angestellte, die nicht die Voraussetzungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V erfüllen und die am 2.2.2007 wegen Überschreitens der JAEG bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren oder die vor diesem Tag die Mitgliedschaft bei ihrer Krankenkasse gekündigt haben, um in ein privates Krankenversicherungsunternehmen zu wechseln, versicherungsfrei, solange sie keinen anderen Tatbestand der Versicherungspflicht erfüllten. Bei dieser Regelung handelt es sich jedoch um eine Bestandsschutzregelung, in deren Anwendungsbereich der Beigeladene zu 5) nicht fällt. Dieser gehörte zwar ab dem 13.8.2008 zu dem Kreis der Arbeiter bzw. Angestellten, die nicht die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V erfüllten. Allerdings war er nicht am 2.2.2007 "wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze" versicherungsfrei und deshalb in der privaten Krankenversicherung versichert, sondern gehörte an diesem Stichtag schon generell nicht zum Kreis der Versicherungspflichtigen.

(a) § 6 Abs. 9 Satz 1 SGB V a.F. stellte eine Übergangsregelung ausschließlich für solche Sachverhalte dar, in denen ohne diese Regelung am 2.2.2007 infolge der ab diesem Tag wirkenden Änderung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V durch das GKV-WSG die Versicherungsfreiheit entfallen wäre. Auf den Eintritt von Versicherungspflicht zu einem späteren Zeitpunkt ist die Vorschrift von vornherein nicht anwendbar (BSG, Urteil v. 25.4.2012, B 12 KR 10/10 R [Rn. 13]; vgl. auch BSG, Urteil v. 27.6.2012, a.a.O. [Rn. 21]). Der Senat nimmt zur weiteren Begründung Bezug auf die zutreffenden und die höchstrichterliche Rechtsprechung des BSG und die Erwägungen des BVerfG berücksichtigenden Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung, denen er sich nach eigener Prüfung anschließt (§ 153 Abs. 2 SGG).

(b) Soweit die Klägerin die Vorschrift des § 6 Abs. 9 SGB V für verfassungswidrig hält, folgt der Senat dieser Ansicht nicht. Die Bestimmung ist weder deshalb verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt, weil infolge des Erfordernisses des unmittelbar der Beschäftigungsaufnahme vorgelagerten Dreijahreszeitraums nach Ende einer Phase der Selbständigkeit dieser Zeitraum neu zu laufen beginnt (BSG, Urteil v. 27.6.2012, B 12 KR 6/10 R [Rn. 23]), noch deshalb, weil die Regelung auf Personengruppen beschränkt ist, zu denen der Beigeladene zu 5) nicht gehört (BSG, a.a.O., [Rn. 25 f.]). Der Senat nimmt auch insoweit Bezug auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung, denen er sich gleichsam nach eigener Rechtsprüfung anschließt (§ 153 Abs. 2 SGG).

Das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren rechtfertigt eine andere Beurteilung nicht. Entgegen der Annahme der Klägerin unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt nicht wesentlich von dem, den das BSG in seiner bereits zitierten Entscheidung vom 27.6.2012 (B 12 KR 6/10 R) gewürdigt hatte. Der Senat hat vor diesem Hintergrund auch keine Veranlassung, das Verfahren auszusetzen und dem BVerfG im Wege einer Richtervorlage (Art. 100 Abs. 1 GG) die Frage der Verfassungskonformität des § 6 Abs. 9 SGB V a.F. zur Entscheidung vorzulegen. Der Senat ist vielmehr unter Auswertung der Entscheidungen des BSG und des BVerfG und nach eigener rechtlicher Überprüfung von der Verfassungsmäßigkeit der Regelung überzeugt.

b) Einwände gegen die Höhe der nachgeforderten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung sind von der Klägerin weder substantiiert geltend gemacht worden noch ersichtlich. Die Beklagte hat bei der Berechnung der Beiträge das (tatsächlich höhere) Arbeitsentgelt des Beigeladenen zu 5) bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenzen berücksichtigt.

c) Auch die Erhebung von Säumniszuschlägen ist nicht zu beanstanden. Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 v.H. des rückständigen auf 50,00 EUR nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte (§ 24 Abs. 2 SGB IV).

Der Senat kann dabei dahinstehen lassen, ob verschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht im Sinne von § 24 Abs. 2 SGB IV erst bei (zumindest bedingtem) Vorsatz (so der 12. Senat BSG, Urteil v. 26.1.2005, B 12 KR 3/04 R, SozR 4-2400 § 14 Nr. 7; Urteil v. 9.11.2011, B 12 R 18/09 R, SozR 4-2400 § 14 Nr. 13) oder schon bei Fahrlässigkeit im Sinne von § 276 Bürgerliches Gesetzbuch (so der 13. Senat des BSG, Urteil v. 1.7.2010, B 13 R 67/09 R, SozR 4-2400 § 24 Nr. 5; aus der Literatur Segebrecht, in jurisPK-SGB IV, § 24 Rdnr. 60 m.w.N.) vorliegt. Denn die Klägerin hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass sie ihre Beitragspflicht nicht vorsätzlich (sondern lediglich fahrlässig) verletzt hat.

Vorsätzlich in diesem Sinne handelt bereits, wer seine Beitragspflicht für möglich hält, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf nimmt. Dazu muss das Vorliegen des inneren (subjektiven) Tatbestandes festgestellt, d.h. anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles und bezogen auf den betreffenden Beitragsschuldner individuell ermittelt werden. Zwar sind allgemein geltende Aussagen zum Vorliegen des subjektiven Tatbestandes ausgeschlossen. Jedoch wird Vorsatz regelmäßig vorliegen, wenn für das gesamte typische Arbeitsentgelt (z.B. bei "Schwarzarbeit") überhaupt keine Beiträge entrichtet werden (BSG, Urteil v. 30.3.2000, B 12 KR 14/99 R, SozR 3-2400 § 25 Nr. 7). Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber bei Unklarheiten hinsichtlich der versicherungs- und beitragsrechtlichen Beurteilung einer Erwerbstätigkeit die Möglichkeit hat, darüber im Einzugsstellen- (vgl. § 28h SGB IV) und/oder Anfrageverfahren (vgl. § 7a SGB IV) Gewissheit durch Herbeiführung der Entscheidung einer fachkundigen Stelle zu erlangen; der Verzicht auf einen entsprechenden Antrag kann auf bedingten Vorsatz schließen lassen (BSG, Urteil v. 9.11.2011, a.a.O.; Senat, Urteil v. 30.4.2014, L 8 R 981/12, juris).

Nach diesen Maßstäben ist davon auszugehen, dass die Klägerin ihre Beitragspflicht mindestens für möglich gehalten und die Nichtabführung von Beiträgen zumindest billigend in Kauf genommen hat. Dass der Beigeladene zu 5) in einem grundsätzlich versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stand, hat die Klägerin nicht bezweifelt, zumal Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung abgeführt worden sind. Damit war der Klägerin das Bestehen einer Sozialversicherungspflicht des Beigeladenen 5) bewusst. Die Klägerin hat nicht geltend gemacht, dass sie die Vorschriften über die Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung nicht gekannt hat, sodass von einer dahingehenden Kenntnis auszugehen ist. Dass sie gleichwohl trotz des eindeutig nicht erfüllten Wortlauts der Ausnahmevorschriften von der Abführung von Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung abgesehen hat, ohne eine vorherige Klärung der Versicherungspflicht in diesen beiden Zweigen der Sozialversicherung herbeizuführen, rechtfertigt die Annahme, dass die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 5) in diesen Zweigen zumindest für möglich gehalten hat. Gleichwohl hat sie keine Beiträge gezahlt.

Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Gründe, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.

Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 197a SGG i. V. m. § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz.
Rechtskraft
Aus
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