L 5 SO 102/14

Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
5
1. Instanz
SG Trier (RPF)
Aktenzeichen
S 6 SO 48/13
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 5 SO 102/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Soweit die Stadt (bzw. der Kreis) zuständiger Leistungsträger nach dem SGB XII ist, ist nach § 70 Nr. 3 SGG i. V. m. § 2 AGSGG-RP, § 28 Abs. 3 GemO-RP (§ 21 Abs. 2 LKO-RP) für eine Klage gegen den Leistungsträger richtiger Beklagter die Stadtverwaltung (bzw. die Kreisverwaltung).
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 15.04.2014 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Übernahme restlicher Bestattungskosten in Höhe von 1.939,83 EUR; sie wendet sich insbesondere gegen die Berücksichtigung des Rückkaufswerts ihrer Lebensversicherung.
Die 1943 geborene Klägerin bezieht Renten in Höhe von insgesamt 370,61 EUR. Sie ist Versicherungsnehmerin und versicherte Person einer bis zum 1.7.2016 laufenden Lebensversicherung mit einer garantierten Versicherungssumme von 10.999,50 EUR. Zum Stichtag 1.7.2012 hatte sie hierfür Beiträge von 8.640,- EUR gezahlt, der Rückkaufswert inklusive vorhandener Überschussanteile betrug 7.711,13 EUR; unter Berücksichtigung eines bereits bestehenden Policendarlehens von 3.095,13 EUR bestand ein Auszahlungsanspruch von 4.616,- EUR.
Am 1.6.2012 verstarb der Sohn der Klägerin, zu dem die Klägerin seit 19 Jahren keinen Kontakt mehr hatte. Der Nachlass bestand aus einem Sparguthaben von 76,17 EUR. Durch Testament hatte er G B , der mit ihm im selben Haushalt gelebt hatte, und für den Fall, dass dieser vorversterbe, dessen Schwester L B als Alleinerben eingesetzt. Die Klägerin und seine Geschwister hatte er "wegen groben Undanks" von der Erbschaft ausgeschlossen. Sowohl die testamentarischen Erben als auch die Klägerin und die Schwester des Klägers, diese auch für ihren minderjährigen Sohn, schlugen die Erbschaft aus. Das Nachlassgericht teilte der Beklagten später mit, die dem Gericht bekannt gewordenen Erben hätten die Erbschaft ausgeschlagen, ein Erbschein sei nicht erteilt, eine Nachlasspflegschaft oder -verwaltung nicht angeordnet worden.
Für die Beerdigung des Sohnes der Klägerin stellte ihr das Bestattungsunterneh-men 2.210,82 EUR in Rechnung; das Grünflächenamt der Beklagten berechnete für Leistungen der Friedhofsverwaltung 1.060,- EUR; für die Leichenschau berechnete der durchführende Arzt 66,98 EUR zuzüglich einer Mahngebühr von 2,56 EUR (insge-samt 3.340,36 EUR).
Den Antrag der Klägerin vom 11.6.2012 auf Übernahme der Bestattungskosten lehnte die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 12.9.2012 ab, weil die Klägerin über einsetzbares Vermögen von 5.111,03 EUR (Rückkaufswert ihrer Lebensversicherung in Höhe von 7.711,03 EUR abzüglich eines Freibetrags von 2.600 EUR) verfüge, das sie für die Bestattungskosten verwenden könne. Auf den Widerspruch der Klägerin übernahm die Beklagte mit Teil-Abhilfe-Bescheid vom 17.6.2013 die Bestattungskosten in Höhe von 1.314,35 EUR. Hierbei setzte sie von der Rechnung des Bestattungsunternehmens 10,- EUR für eine dritte Sterbeurkunde ab und erkannte Kosten von insgesamt 3.330,35 EUR an. Auf diesen Betrag sei Vermögen der Klägerin in Höhe von 2.016,- EUR anzurechnen (Rückkaufswert der Lebensversicherung zum 1.7.2012 abzüglich des bestehendem Policendarlehen von 3.095,13 EUR und des Freibetrags von 2.600,- EUR). Von dem bewilligten Betrag würden 983,90 EUR an das Grünflächenamt gezahlt (1.060,- EUR abzüglich des an die Beklagte ausgezahlten und an das Grünflächenamt weitergeleiteten Sparguthabens aus dem Nachlass von 76,10 EUR). An die Klägerin seien somit noch 330,45 EUR auszuzahlen. Mit Widerspruchsbescheid vom 1.8.2013, der Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 8.8.2013, wies die Beklagte den Widerspruch im Übrigen zurück. Die hiergegen am Montag, den 9.9.2013 erhobene, auf Änderung der Bescheide und Zahlung von weiteren 1.939,90 EUR gerichtete Klage hat das Sozialgericht Trier mit Urteil vom 15.4.2014 abgewiesen. Laut Aktenvermerk der Beklagten vom 15.4.2014 (Blatt 129 der Verwaltungsakte) hatte die Klägerin zwischenzeitlich die Forderung des Grünflächenamtes in Höhe von 983,90 EUR beglichen, so dass der volle Betrag von 1.314,35 EUR an die Klägerin auszuzahlen sei.
Gegen das ihrer Prozessbevollmächtigten am 27.5.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 28.5.2014 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, im Rahmen der Prüfung der Unzumutbarkeit der Kostentragung durch die hierzu Verpflichteten nach § 74 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) seien neben den wirtschaftlichen Verhältnissen auch andere Momente zu berücksichtigen. Ihr sei - auch unter Berücksichtigung ihres Alters - die Verwertung ihrer Lebensversicherung unzumutbar, da diese dazu diene, ihr selbst eine angemessene Bestattung und Grabpflege zu sichern (Hinweis auf BSG 18.3.2008 - B 8/9b SO 9/06 R). Dies gelte umso mehr, als sie seit 19 Jahren keinen Kontakt zu ihrem verstorbenen Sohn gehabt habe und dieser sie in seinem Testament als Erbin ausgeschlossen habe. Dem stehe nicht entgegen, dass die Lebensversicherung nicht ausdrücklich als Bestattungsvorsorgevertrag abgeschlossen sei. Denn eine objektive Zweckbestimmung sei nur erforderlich, wenn der Hilfebedürftige für sich selbst Leistungen nach dem SGB XII beanspruche. Im Rahmen der Unzumutbarkeit nach § 74 SGB XII seien auch Umstände zur berücksichtigen, die im Allgemeinen sozialhilferechtlich nicht beachtlich seien (Hinweis auf BSG 29.9.2009 - B 8 SO 23/08)
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 15.4.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12.9.2012 in der Gestalt des Teil-Abhilfe-Bescheids vom 17.6.2013 und des Widerspruchsbescheids vom 1.8.2013 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der Bestattung ihres am 1.6.2012 verstorbenen Sohnes in Höhe von weiteren 1.939,83 EUR zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts verweist der Senat auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung war.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen weitergehenden Anspruch auf Übernahme von Bestattungskosten.
1. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 12.9.2012 in der Gestalt des Teil-Abhilfe-Bescheids vom 17.6.2013 und des Widerspruchsbescheids vom 1.8.2013, wonach die Beklagte sich unter Anrechnung des Vermögens der Klägerin zur Übernahme der Bestattungskosten in Höhe von 1.314,35 EUR verpflichtet hat und den weitergehenden Anspruch der Klägerin auf Übernahme auch der restlichen Bestattungskosten abgelehnt hat. Die mit Schriftsatz der Klä-gerin vom 23.4.2015 für das Berufungsverfahren korrigierte Klageforderung in Höhe von 1.939,83 EUR ergibt sich aus den von der Beklagten anerkannten Bestat-tungskosten in Höhe von 3.330,35 EUR abzüglich des Sparguthabens aus dem Nachlass in Höhe von 76,17 EUR, das die Beklagte mit der Forderung des Grünflächenamts verrechnet hat, sowie weiter abzüglich der von der Beklagten gewährten Leistung von 1.314,35 EUR. Bei der Berechnung hat die Beklagte auf die Forderung des Grünflächenamts wohl versehentlich nur einen Betrag von 76,10 EUR (statt 76,17 EUR) aus dem Nachlass verrechnet. Auf die Geltendmachung des sich daraus ergebenden Differenzbetrags von 0,07 EUR hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat verzichtet.
2. Die Klägerin hat ihre gegen die ablehnende Entscheidung der Beklagten gerichtete Anfechtungsklage zu Recht mit einer auf Zahlung in Höhe der restlichen Bestattungskosten gerichteten Leistungsklage verbunden. § 74 SGB XII begründet (nur) einen Anspruch auf Zahlung an den Bestattungspflichtigen selbst, und zwar unabhängig davon, ob die Bestattungskosten bereits gezahlt wurden. Eine Verpflichtungsklage auf Erklärung eines Schuldbeitritts (vgl. BSG 25.8.2011 B 8 SO 20/10 R, juris Rn. 10) oder auf Freistellung von einer Verbindlichkeit war daher nicht erforderlich.
3. Richtiger Beklagter ist die Stadtverwaltung. Nach § 3 SGB XII in Verbindung mit § 1 Abs. 1 rheinland-pfälzisches Landesgesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (AGSGB XII, vom 22. Dezember 2004, GVBl. S. 571, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 27.5.2014, GVBl. S. 73) ist die kreisfreie Stadt T als örtlicher Träger der Sozialhilfe für die hier streitige Leistung nach § 74 SGB XII zuständig. Eine andere Bestimmung im Sinne einer Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe ist in § 2 Abs. 2 AGSGB XII nicht getroffen.
Im gerichtlichen Verfahren ist die Stadtverwaltung als Behörde beteiligtenfähig. Nach § 70 Nr. 3 SGG sind fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt. Nach § 2 rheinland-pfälzisches Landesgesetz zur Ausführung des Sozialgerichtsgesetzes (AGSGG, vom 2. Oktober 1954, GVBl. S. 115, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 22.12.2004, GBVl. S. 581) sind in Rheinland-Pfalz alle Behörden fähig, am Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit im Sinne des § 70 SGG beteiligt zu sein. Behörde im Sinne dieser Bestimmungen und damit Beteiligter im gerichtlichen Verfahren ist die Kreis- bzw. Stadtverwaltung. Denn § 21 Abs. 2 rheinland-pfälzische Landkreisordnung (LKO) bestimmt ausdrücklich: "Die vom Landrat geleitete Behörde führt die Bezeichnung Kreisverwaltung in Verbindung mit dem Namen des Landkreises sowie dem Sitzort der Kreisverwaltung, wenn der Name des Landkreises mit dem Namen des Sitzortes nicht übereinstimmt". Ebenso bestimmt § 28 Abs. 3 rheinland-pfälzische Gemeindeordnung (GemO): "Die vom Bürgermeister geleitete Behörde führt in den Städten die Bezeichnung Stadtverwaltung in Verbindung mit dem Namen der Stadt". Soweit das Bundessozialgericht (25.8.2011 - B 8 SO 20/10 R, juris Rn. 11 ff.) in Rheinland-Pfalz den Oberbürgermeister als richtigen Beklagten ansieht, weil dieser nach § 28 Abs. 1 Satz 2 und § 47 Abs. 1 GemO im eigenen Namen für die Stadt handele, würdigt es nicht, dass in Rheinland-Pfalz die Behördeneigenschaft und -benennung in den vorgenannten landesgesetzlichen Bestimmungen ausdrücklich geregelt ist und nach § 41 Abs. 1 Satz 2 LKO bzw. § 47 Abs. 1 Satz 1 GemO dem Landrat bzw. dem Bürgermeister, der in den kreisfreien Städten die Amtsbezeichnung Oberbürgermeister führt (§ 28 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 GemO), nur die Leitungs- und Vertretungsbefugnis - nicht aber die Behördeneigenschaft - zukommt.
Da das Landesrecht die Beteiligtenfähigkeit der Behörde bestimmt, kommt nur diese und nicht auch der Rechtsträger als juristische Person nach § 70 Nr. 1 SGG als Beteiligter in Betracht, denn § 70 SGG setzt unausgesprochen voraus, dass dann, wenn das Landesrecht die Beteiligtenfähigkeit einer Behörde anordnet, nur diese und nicht auch der Rechtsträger richtiger Beteiligter ist. Es ist davon auszugehen, dass § 70 Nr. 3 SGG als speziellere Regelung die Anwendbarkeit des § 70 Nr. 1 SGG verdrängt und ein Wahlrecht nicht besteht (BSG 29.9.2009 - B 8 SO 19/08 R, juris Rn.14; zum Meinungsstand Leitherer, in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 70 Rn. 4a).
Das Rubrum war hinsichtlich der Bezeichnung der Beklagten von Amts wegen zu ändern; einer Zustimmung der Beteiligten bedurfte es hierfür nicht (BSG 25.8.2011 - B 8 SO 20/10 R, juris Rn. 11).
Soweit in der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Senats hinsichtlich der Beteiligtenbezeichnung eine andere Rechtsauffassung zum Ausdruck gekommen ist, hält der Senat hieran nicht mehr fest.
4. Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten durch die Beklagte sind nicht erfüllt. Nach § 74 SGB XII werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.
a) Die Klägerin ist zwar zur Tragung der Bestattungskosten Verpflichtete. Da die Klägerin die Erbschaft ausgeschlagen hat, ist sie nicht nach § 1968 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) als Erbin zur Tragung der Beerdigungskosten verpflichtet. Es kann dahinstehen, ob sie als Mutter des Verstorbenen nach § 1601 BGB unter-haltsverpflichtet gewesen wäre und deshalb nach § 1615 Abs. 2 BGB die Kosten der Beerdigung zu tragen hätte. Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, war die Klägerin jedenfalls nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 rheinland-pfälzisches Bestattungsgesetz (BestG-RP) für die Bestattung verantwortlich, da weder Erben noch andere nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 dieser Bestimmung vorrangig Ver-antwortliche vorhanden waren. Die Verantwortlichkeit für die Bestattung nach dem Bestattungsgesetz begründet auch die Verpflichtung zur Tragung der damit verbundenen Kostenlast (Greiser, in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 74 SGB XII, Rn. 41 m.w.N.). Ungeachtet der Frage, ob im vorliegenden Fall der Fiskus nach § 1968 BGB Erbe geworden ist, kommt eine Haftung des Fiskus für die Bestattungskosten jedenfalls nur in Betracht, soweit der vorhandene Nachlass zur Deckung der Bestattungskosten ausreicht (Greiser, a.a.O. Rn. 32 m.w.N.). Im vorlie-genden Fall hat die Beklagte den vorhandenen Nachlass in Form des Sparguthabens von 76,17 EUR jedenfalls zur Deckung der Bestattungskosten verwendet. Bezüglich der verbliebenen Bestattungskosten bleibt somit die Klägerin Verpflichtete.
b) Die Tragung der verbleibenden Kosten ist der Klägerin auch zumutbar. Nach § 2 in Verbindung mit § 19 Abs. 3 SGB XII werden u.a. Hilfen in anderen Lebenslagen, wozu auch Hilfen nach § 74 SGB XII zählen, geleistet, soweit den Leistungsberechtigten die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des 11. Kapitels des SGB XII (§§ 82 ff.) nicht zuzumuten ist. Zwar enthält § 74 SGB XII eine eigenständige Zumutbarkeitsvoraussetzung, die die Bedürftigkeitsprüfung nach § 19 Abs. 3 SGB XII überlagert. Gleichwohl sind die üblichen Bedürftigkeitskriterien der §§ 85 ff. SGB XII auch Orientierungspunkte für die Beurteilung der Zumutbarkeit nach § 74 SGB XII (BSG 25.8.2011 - B 8 SO 20/10 R, juris Rn. 24 f.; BSG 29.9.2009 - B 8 SO 23/08 R, juris Rn. 17). Ist der Verpflichtete nach diesen Bestimmungen bedürftig, kann ihm die Tragung der Bestattungskosten nicht zugemutet werden; nur bei fehlender Bedürftigkeit können nach den Umständen des Einzelfalls auch sonstige Zumutbarkeitsgesichtspunkte von Bedeutung sein (BSG 29.9.2009, a.a.O.).
Unter Berücksichtigung der sich aus § 90 SGB XII ergebenden Maßstäbe ist die Klägerin nicht bedürftig, weil ihr der Einsatz ihres Vermögens in Form des Rück-kaufswerts der vorhandenen Lebensversicherung zuzumuten ist, soweit es den nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII in Verbindung mit § 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII bestimmten Schonbetrag von 2.600,- EUR überschreitet. Zum Vermögen zählt auch die Forderung des Versicherungsnehmers gegen die Versicherung, die sich aus der vorzeitigen Auflösung einer Kapitallebensversicherung ergibt (sog. Rückkaufswert, vgl. BSG 25.8.2011 - B 8 SO 19/10 R, juris Rn. 13).
Die Verwertung des von der Beklagten angerechneten Vermögens ist nicht ausgeschlossen. Den nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII von der Verwertung ausgeschlossenen Betrag von 2.600,- EUR hat die Beklagte berücksichtigt. Das Vermögen aus dem Rückkauf der Lebensversicherung fällt nicht unter die übrigen Tatbestände des § 90 Abs. 2 SGB XII, nach denen Vermögen von der Verwertung ausgeschlossen ist. Ein Ausschluss nach § 90 Abs. 3 Satz 2 SGB XII greift nicht ein, da weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, dass durch die Verwertung die angemessene Lebensführung oder die Alterssicherung der Klägerin wesentlich erschwert würde.
Die Verwertung ist auch nicht nach § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII wegen eines Härtefalls ausgeschlossen. Unter Berücksichtigung des Zwecks der Härtefallregelung liegt eine Härte vor, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalles, wie z.B. Art, Schwere und Dauer der Hilfe, Alter, Familienstand oder sonstige Belastungen des Vermögeninhabers und seiner Angehörigen eine typische Vermögenslage deshalb zu einer besonderen Situation wird, weil die soziale Stellung des Hilfenachfragenden insbesondere wegen einer Behinderung, Krankheit oder Pflegebedürftigkeit nachhaltig beeinträchtigt wird (BSG 25.8.2011 - B 8 SO 19/10 R, juris Rn. 22; Wahrendorf, in Grube/ Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl. 2014, § 90 Rn. 73; Mecke, in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 90 SGB XII, Rn. 98). Solche besonderen Umstände sind hier nicht ersichtlich. Insbesondere begründet allein das Alter der Klägerin einen solchen besonderen Umstand nicht. Eine Härte ergibt sich auch nicht aus dem bei der vorzeitigen Abwicklung der Lebensversicherung für die Klägerin entstehenden wirtschaftlichen Verlust. Eine Härte ist jedenfalls dann nicht anzunehmen, wenn der Verlust bei einem Vergleich des Rückkaufswerts mit den eingezahlten Beiträgen unter 13% liegt (BSG 25.8.2011 - B 8 SO 19/10 R, juris Rn. 24). Im vorliegenden Fall hätte der Verlust für die Klägerin bei einer Verwertung zum maßgeblichen Zeitpunkt der Fälligkeit der Bestattungskosten (Grube, in Grube/ Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl. 2014, § 74 Rn. 54) 10,75% und somit keine Härte begründet.
Auch sonstige Gesichtspunkte, die eine Härte begründen könnten, sind nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin geltend macht, die Lebensversicherung sei dazu bestimmt, ihr selbst eine angemessene Bestattung und Grabpflege zu sichern, ergibt sich eine solche Zweckbestimmung nicht aus dem Vertrag. Insbesondere handelt es sich hierbei nicht um einen sog. Bestattungsvorsorgevertrag, wie er der von der Klägerin zitierten Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG 18.3.2008 - B 8/9b SO 9/06 R, juris) zugrunde lag. Eine nur subjektive Zweckbestimmung ist grundsätzlich nicht geeignet, die Verwertbarkeit des Vermögens einzuschränken (BSG 25.8.2011 - B 8 SO 19/10, juris Rn. 23). Entgegen der Auffassung der Klägerin genügt eines solche subjektive Zweckbestimmung des Vermögens auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass im Anwendungsbereich des § 74 SGB XII bei der Unzumutbarkeit auch Umstände zu berücksichtigen sind, die im Allgemeinen sozialhilferechtlich nicht beachtlich sind. Im vorliegenden Fall ist die Klägerin wegen des einsetzbaren Vermögens zwar nicht bedürftig, sodass nach der oben zitierten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch sonstige Zumutbarkeitsgesichtspunkte eine Rolle spielen können. Unter Berücksichtigung des engen verwandtschaftlichen Mutter-Kind-Verhältnisses zwischen der Klägerin und dem Verstorbenen sind an die Zumutbarkeit des Einkommens- und Vermögenseinsatzes jedoch eher geringe Anforderungen zu stellen (BSG 29.9.2009 - B 8 SO 23/08 R, juris Rn. 16). Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass zwischen der Klägerin und ihrem verstorbenen Sohn seit längerer Zeit kein Kontakt bestand und der Verstorbene die Klägerin im Testament enterbt hat. Nichtwirtschaftliche Gründe führen nur in eng begrenzten Ausnahmefällen zur Unzumutbarkeit der Kostentragung, etwa bei massiven Misshandlungen durch den Verstorbenen (Berlit, in LPK-SGB XII, 9. Aufl. 2012, § 74 Rn. 7 m.w.N.). Solche Gründe sind von der Klägerin nicht geltend gemacht und auch sonst nicht ersichtlich.
c) Soweit die Beklagte von den geltend gemachten Bestattungskosten die Kosten für die dritte Sterbeurkunde in Höhe von 10,- EUR als nicht erforderlich abgesetzt hat, hat die Klägerin hiergegen keine Einwendungen erhoben. Es sind auch keine Gründe ersichtlich, die für die Erforderlichkeit dieser dritten Sterbeurkunde sprechen könnten. Auch im Übrigen ist die Vermögensanrechnung durch die Beklagte nicht zu beanstanden. Soweit sie in ihrem Teil-Abhilfe-Bescheid den Betrag aus der Rechnung des Bestattungsunternehmer mit 0,01 EUR zu niedrig angesetzt hat, hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf die Geltendmachung dieses Betrages verzichtet. Im Übrigen hat die Beklagte durch die Absetzung des Policendarlehens vom Rückkaufswert der Lebensversicherung dem Umstand Rechnung getragen, dass der Klägerin als bereite Mittel nur der Auszahlungsanspruch von 4.616,- EUR zur Verfügung steht. Wie ausgeführt hat die Beklagte auch das nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII in Verbindung mit § 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII zur berücksichtigende Schonvermögen in Höhe von 2.600 EUR von dem Rückkaufswert der Lebensversicherung zutreffend abgesetzt.
5. Nach alledem hat die Beklagte mit ihrem Teil-Abhilfe-Bescheid zu Recht ent-schieden, dass die Klägerin unter Anrechnung ihres Vermögens nur einen An-spruch auf Übernahme der Bestattungskosten in Höhe von 1.314,35 EUR hat. Soweit die Beklagte in diesem Bescheid ausgeführt hat, von dem bewilligten Betrag sei ein Betrag von 983,90 EUR unmittelbar an das Grünflächenamt zu zahlen, sodass an die Klägerin nur noch 330,45 EUR auszuzahlen seien, bedarf der Bescheid keiner gerichtlichen Korrektur. Es handelt sich insoweit offensichtlich nicht um bestandskraftfähige Verfügungssätze, sondern um bloße Berechnungshinweise. Der Senat geht davon aus, dass die Beklagte entsprechend ihrem Aktenvermerk vom 15.4.2014 die zwischenzeitliche Zahlung des vollen Rechnungsbetrags durch die Klägerin an das Grünflächenamt berücksichtigt und den vollen Betrag von 1.314,35 EUR an die Klägerin auszahlt. Die Übernahme der von der Klägerin geltend gemachten weiteren Kosten hat die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht abgelehnt.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich. Soweit der Senat hinsichtlich der Beteiligtenbezeichnung von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts abweicht, rechtfertigt dies nicht die Zulassung der Revision, da dieser Frage nur formelle, jedoch keine materiell-rechtliche Bedeutung zukommt und aus dem Urteil jedenfalls allein die Stadt als Rechtsträger verpflichtet ist (s. BSG 25.8.2011 - B 8 SO 20/10 R, juris Rn. 12).
Rechtskraft
Aus
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