L 11 R 4222/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 3887/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 4222/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17.09.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Der am 02.07.1965 geborene Kläger absolvierte in Albanien eine Ausbildung zum Industriemechaniker. In Deutschland arbeitete er zuletzt von 1998 bis 2010 als Staplerfahrer. Danach bezog er Arbeitslosengeld von Dezember 2010 bis Oktober 2011.

Der Kläger beantragte am 28.12.2010 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung bei der Beklagten. Vom 02.11.2010 bis 14.12.2010 befand er sich in einer stationären Maßnahme der medizinischen Rehabilitation in der M.-B.-Klinik. Dort wurden folgende Gesundheitsstörungen diagnostiziert: Somatisierungsstörung, mittelgradige depressive Episode, bekannte Sarkoidose, Lumboischialgie und arterielle Hypertonie. Die Reha-Ärzte entließen den Kläger arbeitsunfähig. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt hielten sie leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen drei Stunden und mehr für zumutbar.

Die Beklagte ließ den Kläger am 22.03.2011 vom Internisten L., vom Neurologen und Psychiater Dr. B. und von der Fachärztin für Chirurgie Z. untersuchen. Herr L. konnte bei einer Lungenfunktionsprüfung keinen Nachweis einer Gasaustauschstörung feststellen. Er hielt den Kläger zumindest für leichte Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen hinsichtlich der Lunge und der Wirbelsäule für vollschichtig leistungsfähig. Frau Z. hielt den Kläger für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Arbeitshaltung von Sitzen, Gehen und Stehen mit qualitativen Einschränkungen zumindest sechsstündig in Früh- und Spätschicht für leistungsfähig. Dr. B. erhob einen im Wesentlichen unauffälligen psychischen Befund und verwies auf erhebliche Diskrepanzen zwischen subjektivem Empfinden und objektivem Befund, insbesondere bei beklagten Schmerzen. Er führte aus, dass überdauernde quantitative Leistungseinschränkungen sich nicht herleiten lassen würden. Eine vollschichtige Leistungsfähigkeit sei gegeben. Eine ambulante Psychotherapie als Einzeltherapie sollte in die Wege geleitet werden.

Mit Bescheid vom 02.05.2011 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 23.08.2011 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 13.09.2011 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass es aufgrund des chronischen Schmerzsyndroms zu einer erheblich geminderten Belastbarkeit gekommen sei. Im Vordergrund stünde die Schmerzsymptomatik am Stütz- und Bewegungsapparat. Zudem bestünde eine Kreislaufregulationsstörung und eine erhebliche Durchfallneigung. Auch die systemische Erkrankung Sarkoidose wirke sich erheblich auf das Leistungsvermögen aus. Zudem leide er an einer Depression.

Das Sozialgericht hat die behandelnden Ärzte Dr. K., Dr. S., Dr. W. und Dr. H. befragt, sowie den Internisten Dr. S. und den Neurologen und Psychiater Dr. N. gemäß § 106 SGG und die Neurologin und Psychiaterin Prof. Dr. W. gemäß § 109 SGG mit der Erstellung von medizinischen Gutachten beauftragt.

Dr. S. hat aufgrund einer Untersuchung am 25.10.2012 eine Sarkoidose, Hypertonie und ein Durchfallleiden diagnostiziert. Er hat ausgeführt, dass aufgrund der von ihm erhobenen Befunde relevante Einschränkungen, die den Kläger an der Verrichtung aller altersentsprechenden Arbeiten hindern könnten, nicht zu benennen seien.

Vom 05.03.2013 bis 16.04.2013 ist der Kläger in der M.-B.-Klinik erneut psychosomatisch stationär behandelt worden.

Dr. N. hat aufgrund von persönlichen Untersuchungen am 29.04. und 23.09.2013 folgende Gesundheitsstörungen festgestellt bzw nach Aktenlage übernommen: &61485; Somatisierungsstörung &61485; leichtgradige depressive Episode im Rahmen einer rezidivierenden depressiven Störung &61485; Sarkoidose Grad II &61485; Hypertonie &61485; Durchfallleiden

Der Gutachter hat ausgeführt, dass sich im Hinblick auf die Tagesbewältigung Hinweise ergeben würden, dass der Kläger noch über eine hinreichende Willensanspannung verfüge, die die sich aus der Somatisierungsstörung und der depressiven Störung ergebende Fähigkeitseinschränkung teilweise zu überwinden. Insbesondere seien das Steuerungs- und Antriebsverhalten nicht wesentlich beeinträchtigt. Die seelischen Gesundheitsstörungen hätten vor allem qualitative Einschränkungen zur Folge. Leichte bis mittelschwere Arbeiten könnten mit qualitativen Einschränkungen noch zumindest sechs Stunden pro Arbeitstag ausgeübt werden.

Prof. Dr. W. hat den Kläger am 28.05.2014 untersucht. Im Gutachten hat sie ausgeführt, dass ein von ihr diagnostizierter Tremor und eine diagnostizierte Polyneuropathie keine Einschränkungen bedingen würden. Aufgrund einer Somatisierungsstörung könne der Kläger nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich Arbeiten verrichten, weil er glaubhaft eine vermehrte Erschöpfung und ein vermindertes Durchhaltevermögen beschreibe. Dieses Leistungsbild bestehe bereits seit Anfang 2011. Eine Besserung des Zustands sei bei kombinierter psychotherapeutischer und psychopharmakologischer Behandlung in einem Zeitrahmen von einem Jahr zu erwarten.

Mit Urteil vom 17.09.2014 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass kein Gutachter kognitive Einschränkungen oder Einschränkungen in Bezug auf Konzentration, Aufmerksamkeit und Auffassungsgabe feststellen habe können. Aktuell suche der Kläger lediglich einmal im Quartal die Schmerztherapeutin Dr. W. auf. Zudem sei die Fähigkeit zur Strukturierung des Alltages vorhanden. Der Kläger übernehme verschiedene Aufgaben im Haushalt und versorge seine siebenjährige Tochter tagtäglich. Das Sozialgericht hat sich insbesondere auf die Einschätzungen von Dr. S. und Dr. N. sowie die Gutachten der Beklagten gestützt.

Gegen das dem Klägerbevollmächtigten am 24.09.2014 zugestellte Urteil hat dieser am 01.10.2014 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt.

Der Senat hat den Orthopäden und Schmerztherapeuten Prof. Dr. S. mit der Erstellung eines Gutachtens gemäß § 106 SGG beauftragt. Der Sachverständige hat den Kläger am 31.03.2015 untersucht und unter Einbeziehung einer psychologischen Evaluation durch Dipl.-Psych. M.-S. folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: &61485; Sarkoidose der Lunge mit zarter Vernarbung im Bereich der Lungenwurzel rechts ohne Lungenfunktionseinbußen &61485; anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit starkem körperlichen Schmerzerleben zur Abwehr narzisstischer Kränkung ohne zuzuordnende Funktionsstörungen der Haltungs- und Bewegungsorgane &61485; Dysthymia mit chronischer Missmutigkeit &61485; Strecksehnen-Abriss Endgelenk Kleinfinger links mit Unfähigkeit der aktiven Endgliedstreckung &61485; Bluthochdruck, medikamentös eingestellt

Prof. Dr. S. kommt zu dem Ergebnis, dass der Kläger mit qualitativen Einschränkungen bis zu mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig verrichten könne.

Der Kläger ist der Auffassung, dass die Begutachtung durch Prof. Dr. S. nicht seinen tatsächlichen Gesundheitszustand ergeben habe. Er beruft sich auf die Ausführungen der Gutachterin Prof. Dr. W ... Seine Tagesaktivitäten und die Betreuung seiner Tochter seien auf niedrigem Niveau und stünden einem zeitlich eingeschränkten Leistungsvermögen nicht entgegen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17.09.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 02.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 23.08.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.12.2010 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalt und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Gegenstand der Berufung ist der Bescheid der Beklagten vom 02.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.08.2011, mit dem der Antrag des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt worden ist. Der Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Kläger keinen Anspruch auf eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung und auch nicht auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat.

Versicherte haben gemäß §§ 43 Abs 1, Abs 2 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller bzw teilweise Erwerbsminderung, wenn sie 1. voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).

§ 240 SGB VI dehnt aus Gründen des Vertrauensschutzes den Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf vor dem 02.01.1961 geborene und berufsunfähig gewordene Versicherte aus, wenn die sonstigen Voraussetzungen des § 43 SGB VI erfüllt sind. Da der Kläger 1965 geboren ist, findet § 240 SGB VI auf ihn keine Anwendung.

Die Voraussetzungen des §§ 43 Abs 1, Abs 2 SGB VI sind beim Kläger nicht nachgewiesen.

Der Senat konnte sich unter Berücksichtigung der schlüssigen und überzeugenden Ausführungen der Gerichtsgutachter Dr. S., Dr. N. und Prof. Dr. S. nicht davon überzeugen, dass der Kläger auch leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr vollschichtig verrichten kann. Vielmehr gibt es deutliche Anhaltspunkte dafür, dass er noch leichte bis mittelschwere Arbeiten in abwechslungsreicher Körperhaltung ohne Zwangshaltungen, ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und unter Vermeidung von Arbeiten unter Zeitdruck und Stressbelastungen wie Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeiten, Arbeiten mit höherem Publikumsverkehr und Arbeiten unter nervlicher Belastung mindestens sechs Stunden arbeitstäglich ausüben kann.

Der Schwerpunkt der gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers liegt ohne Zweifel auch nach seinen eigenen Angaben auf dem neurologischen und psychiatrischen Fachgebiet und dort insbesondere auf der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung bzw Somatisierungsstörung.

Auf dem internistischen Fachgebiet ergab sich bei der Untersuchung durch Dr. S. ein im Wesentlichen unauffälliger Befund. Insbesondere lässt sich aus der im Dezember 2004 festgestellten Sarkoidose keine Leistungseinschränkung ableiten. Denn es bestand keine Lungenfunktionseinschränkung. Das Bluthochdruckleiden ist beim Kläger grundsätzlich gut einstellbar. Aus dem Durchfallleiden lässt sich kein unter vollschichtiges Leistungsvermögen ableiten. Die internistischen Befunderhebungen auch durch die behandelnden Ärzte ergaben insoweit keine Anhaltspunkte für ein schwer wiegendes Krankheitsgeschehen. Zudem befinden sich an jedem Arbeitsplatz üblicherweise erreichbare Toiletten.

Bei den Untersuchungen durch Dr. S. und Prof. Dr. S. ergab sich ein weitgehend normaler orthopädischer Befund. Die Beeinträchtigung am kleinen Finger links führt nur zu einer geringen qualitativen Leistungseinschränkung. Rentenrechtlich relevante Einschränkungen der Mobilität werden nicht berichtet.

Aus den neurologischen Gesundheitsstörungen Tremor und Polyneuropathie ergib sich keine zeitliche Limitierung des Erwerbsfähigkeit. Insoweit folgt der Senat den Ausführungen von Prof. Dr. W ... Aber auch aufgrund der psychiatrischen Gesundheitsstörungen des Klägers lässt sich eine zeitliche Leistungseinschränkung nicht begründen. Der psychopathologische Befund war bei allen Gerichtsgutachtern und auch dem im Verwaltungsverfahren tätigen Gutachter Dr. B. durchgehend ähnlich. Der Kläger war wach, bewusstseinsklar und allseitig orientiert. Es gab keine Entlastungs- oder Ausgleichsbewegungen. Kognitive Störungen waren nicht erkennbar. Gleiches gilt für Aufmerksamkeit, Konzentration und Auffassungsvermögen. Affektiv bestand eine depressive Stimmungsauslenkung mit deutlicher Selbstwertstörung. Eine vermehrte Müdigkeit konnte nicht festgestellt werden. Der Antrieb wurde als normal bis leicht reduziert beschrieben.

Aus diesem Befund lässt sich keine schwerwiegende depressive Erkrankung ableiten. Dies lässt sich auch den von allen Gutachtern gestellten Diagnosen entnehmen. Deshalb ist auch die Leistungseinschätzung, die Prof. Dr. W. beschrieben hat, nicht schlüssig. Sie stützt sich dabei ausschließlich auf die eigenen Angaben des Klägers bezüglich einer vermehrten Erschöpfung und eines verminderten Durchhaltevermögens. Jedoch wurden weder von ihr noch von den anderen Gutachtern diesbezüglich objektive pathologische Befunde erhoben.

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (zB Urteile vom 14.12.2010L 11 R 3243/09, vom 20.07.2010, L 11 R 5140/09 und vom 24.09.2009, L 11 R 742/09) wird der Schweregrad psychischer Erkrankungen und somatoformer Schmerzstörungen aus den daraus resultierenden Defiziten im Hinblick auf die Tagesstrukturierung, das allgemeine Interessenspektrum und die soziale Interaktionsfähigkeit abgeleitet und daran gemessen. Es ist jedoch zu beachten, dass die Tagesstrukturierung mit jedem Gutachten dürftiger ausfallen kann. Außerdem ist zu berücksichtigen, ob und in welcher Form der Betroffene versucht, einem sich aus der Schmerzstörung ergebenden Leidensdruck durch angemessene therapeutische Bemühungen entgegenzuwirken.

Aus der beim Kläger vorliegenden anhaltenden somatoforme Schmerzstörung lässt sich unter Beachtung dieser Grundsätze ebenfalls kein untervollschichtiges Leistungsbild ableiten. Dass eine solche Schmerzstörung vorliegt, bezweifelt der Senat keinesfalls. Jedoch kommt es für die Beurteilung des Leistungsvermögens nicht auf die Diagnose sondern ausschließlich auf die sich aus der Gesundheitsstörung ergebende Funktionseinschränkung an. Hierbei sind insbesondere die Auswirkungen auf die Tagesstruktur, die soziale Integration und das Aktivitätsniveau maßgeblich. Nach den eigenen Angaben des Klägers bei den Untersuchungen ist die Tagesstruktur des Klägers erhalten. Er ist auch in der Lage - wenn auch auf niedrigem Niveau -, morgens die Tochter zu versorgen, die Einkäufe zu erledigen und im Haushalt mitzuhelfen.

Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend in der Person des Klägers eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre bestehen nicht. Ein Teil der qualitativen Beschränkungen wird bereits durch den Umstand, dass nur leichte Arbeiten zumutbar sind, mitberücksichtigt. Schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSG 30.11.1983, 5a RKn 28/82, BSGE 56, 64, SozR 2200 § 1246 Nr 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19.12.1996, BSGE 80, 24, SozR 3-2600 § 44 Nr 8; siehe auch BSG 05.10.2005, B 5 RJ 6/05 R, SozR 4-2600 § 43 Nr 5). Es war im Übrigen im Hinblick auf das nicht nachgewiesene untervollschichtige Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten unter Berücksichtigung nicht arbeitsmarktunüblicher qualitativer Leistungseinschränkungen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit dem Kläger noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs 3 letzter Halbsatz SGB VI).

Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Gutachten und Arztauskünfte bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Die vorliegenden Gutachten haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 ZPO), auch wenn letztlich eine Beweislastentscheidung zu treffen war. Die Gutachten gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthalten keine unlösbaren inhaltlichen Widersprüche und geben auch keinen Anlass, an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachter zu zweifeln; dies gilt auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Klägers zum Gutachten von Prof. Dr. S ... Eine Bilddokumentation ist zwar nicht zwingend, aber durchaus zulässig. Der Senat hat keine Bedenken, das Gutachten von Prof. Dr. S. zu verwerten. Erstmals mit einem am 21.05.2015 beim LSG eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger Umstände vorgetragen, die sich auf die Untersuchungssituation beziehen und aus denen der Kläger schließt, dass eine objektive, sachliche und unparteiische Begutachtung nicht stattgefunden habe. Einen Befangenheitsantrag gegen den Gutachter hat der anwaltlich vertretene Kläger nicht ausdrücklich gestellt. Ein entsprechender Ablehnungsantrag gegen den Sachverständigen wäre nach § 118 Abs 1 SGG iVm § 406 Abs 2 ZPO nur unverzüglich nach Kenntnis des Befangenheitsgrundes möglich. Da sich die geschilderten Umstände auf die Untersuchungssituation am 31.03.2015 beziehen, wären die gegenüber dem Senat erstmals am 21.05.2015 geäußerten Bedenken, wenn sie gleichwohl als Befangenheitsgesuch ausgelegt werden, in jedem Fall verfristet. Bei einer Ablehnung wegen der Umstände im Rahmen der Untersuchung ist grundsätzlich eine Zeit von wenigen Tagen ausreichend, da die Geltendmachung des Ablehnungsgrundes keiner inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Gutachten bedarf (vgl LSG Nordrhein-Westfalen 02.11.2009, L 12 B 57/09 SO, juris). Das Gutachten ist daher auch verwertbar, denn Unverwertbarkeit ergäbe sich nur bei einem Erfolg des Befangenheitsgesuchs (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl, § 118 RdNr 12 mwN). Weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig, da kein weiterer Erkenntnisgewinn bzgl der Tatsachen zu erwarten war.

Den erneuten Antrag gemäß § 109 SGG im Berufungsverfahren hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht aufrechterhalten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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