L 8 U 4313/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 2833/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 4313/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 16.09.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger aufgrund seines Arbeitsunfalls vom 27.08.1979 höhere Verletztenrente zusteht.

Der Kläger war von 1979-1983 in der Fa. B. A.-M. beschäftigt, als er am 27.08.1979 während seiner Tätigkeit als Schichtmeister beim Beschicken des Aluminiumschmelzofens durch flüssiges Aluminium Verletzungen im Gesicht, an der linken Hand und am linken Arm erlitt. Es wurden Verbrennungen 1. und 2. Grades im Bereich der Schulter und der linken Extremität sowie im gesamten Gesicht, insbesondere mit Betroffenheit der Augenlider, der Bindehaut und der Hornhaut diagnostiziert (Durchgangsarztbericht des K. St. vom 30.08.1979; Augenarztbericht der Augenklinik des K. vom 07.09.1979). Die schwere Verbrennung des rechten Auges führte zu Lidveränderungen, teilweisem Wimpernverlust, Einwärtskehrung des Oberlides und Bindehautnarben mit Verkürzung der Umschlagfalte bei völliger Überwachsung des Augapfels mit Bindehaut und einem Sehrest, der der Erblindung gleichzusetzen ist (augenärztliches Gutachten von Oberarzt Dr. J. vom 30.07.1980). Ab 24.03.1980 nahm der Kläger seine Beschäftigung bei der Fa. B. wieder auf. Er übte nunmehr Aufsichtsarbeiten in der Späneaufbereitung und der Guss-Sortierung aus (Auskunft des Arbeitgebers vom 06.06.1980). Der Kläger wurde rechts mit einer Augenprothese versorgt, das linke Auge hatte nach Abheilung bei peripherer Netzhaut-Aderhautnarbe regelrechte Sehleistung (Universität-Augenklinik Tübingen vom 11.12.1980).

Auf der Grundlage des Rentengutachtens von Dr. J. vom 30.07.1980, der die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf augenärztlichen Gebiet mit 30 v.H. bewertete, und des unfallchirurgischen Gutachtens vom 15.08.1980, das die MdE mit unter 10 v.H. für die Unfallfolgen auf diesem Fachgebiet einschätzte, gewährte die Rechtsvorgängerin der Beklagten (im folgenden Beklagte) mit Bescheid vom 26.09.1980 vorläufige Rente nach einer MdE um 30 v.H. ab 24.03.1980. Im Rahmen des gerichtlichen Vergleichs vom 30.09.1981 (Klageverfahren unter dem Aktenzeichen S 7 U 633/81 vor dem Sozialgericht Heilbronn – SG –) wurde die vorläufige Rente mit einer MdE von 35 v.H. bis 31.08.1981 gewährt.

Gestützt auf das augenärztliche Gutachten vom 30.06.1981 gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 27.07.1981 eine Dauerrente nach einer MdE um 30 v.H. und stellte als Unfallfolgen fest: am rechten Auge eine Herabsetzung des Sehvermögen auf die Wahrnehmung von Lichtschein und Handbewegungen und dadurch bedingter Verlust des räumlichen Sehens. Geringe Auswärtsschielstellung mit geringer Behinderung der Beweglichkeit. Verbrennungs- und Operationsnarben des Oberlides mit geringer Einwärtskehrung, Oberlideinkerbung, teilweisem Wimpernverlust und nicht ganz vollständigem Lidschluss. Strangförmige Verwachsungen zwischen Oberlid- und Augapfelbindehaut schläfenwerts oben reizfrei eingeheilte Mundchleimhauttransplantate, geringe Rötung der Bindehaut. Vernarbte, verdünnte, von Bindehaut gedeckte Hornhaut. Subjektive Beschwerden.

In der Folge kam es zu Nachuntersuchungen (augenärztliche Gutachten von Prof. Dr. T. vom 02.12.1983 und vom 27.12.1985), die eine fortbestehende MdE von 30 v.H. ergaben. Der Antrag des Klägers, ihm Sehhilfe für das linke Auge zu gewähren, wurde abgelehnt (Bescheid vom 17.01.2006/Widerspruchsbescheid vom 22.03.2006).

Mit Schreiben vom 24.05.2009 beantragte der Kläger die Erhöhung der Verletztenrente und bezog sich auf beigefügte Arztberichte (Bericht des Hautarztes F. vom Mai 2009 – alte Narben nach Arbeitsunfall 1979 mit gelegentlich akneartiger Entzündungsneigung –; augenärztlicher Befundbericht von Dr. N. vom 20.01.2009 – Glasauge rechts nach Arbeitsunfall 1979, Oberlid-Entropium, Auge links Hyperopie, Presbyopie, chronische Blepharitis, Konjunktivitis sicca, Hornhautnarbe –).

Mit Bescheid vom 09.11.2009 lehnte die Beklagte die Erhöhung der Rente ab.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch am 09.12.2009 ein, den er zunächst mit der Verschlechterung der Sehfähigkeit am linken Auge, Hautveränderungen mit Verschlechterung der Tragfähigkeit der Augenprothese rechts und einer Fehlstellung der Halswirbelsäule aufgrund des einäugigen Sehens begründete (Schreiben des vormaligen Bevollmächtigten vom 27.01.2010). Nach Aufklärungsschreiben der Beklagten vom 09.02.2010 und 27.04.2010 wurde ergänzend vom Kläger zur Begründung vorgetragen, es bestehe auch eine Schädigung der Psyche und er habe einen Herzinfarkt erlitten. Verwiesen wurde auf die Arztbriefe der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. vom 25.02.2010 und 01.07.2004 (Blatt 87 und 101 der Beklagtenakte III), wonach beim Kläger eine depressive Erkrankung mit überwiegend mittelgradigen depressiven Episoden seit ca. 1994 bekannt sei. Es bestehe eine beruflich ausgeprägte Mobbingsituation und außerdem leide er unter Kopfschmerzen, die aufhörten, wenn keine berufliche Tätigkeit ausgeübt werde. Vorgelegt wurde außerdem die ärztliche Bescheinigung des Facharztes für Allgemeinmedizin/Psychotherapie Dr. B. vom 13.05.2009 (Blatt 91 der Beklagtenakte III). Mit Widerspruchsbescheid vom 07.07.2010 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.

Der Kläger erhob am 06.08.2010 Klage zum SG und begehrte eine Verletztenrente nach einer MdE um 45 v.H. Die bei ihm diagnostizierten depressiven Episoden seien unfallabhängig.

Das SG zog vom Radiologen Dr. M. Arztbriefe und von der Techniker Krankenkasse das Vorerkrankungsverzeichnis vom 01.12.2011 und 28.12.2011 bei und hörte behandelnde Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen (Aussagen von Dr. K. vom 23.11.2010, Hautarzt F. vom 07.12.2010 und vom 14.09.2011, Orthopäde K. vom 09.12.2010 und vom 02.05.2011, Orthopäde Dr. St. vom 10.12.2010, Augenarzt Dr. N. vom 01.02.2011, Internist Dr. H. vom 20.04.2011).

In dem von Amts wegen eingeholten augenärztlichen Gutachten von Prof. Dr. L. vom 08.02.2012 mit Ergänzung vom 24.04.2012 – nach Einwendungen des Klägers (Schriftsatz vom 27.03.2012) – kam der Sachverständige zu der Einschätzung, die Unfallfolgen begründeten eine MdE um 30 v.H. Diese Einschätzung wurde in dem auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholten augenärztlichen Gutachten von Prof. Dr. R. vom 13.04.2013 bestätigt.

Mit Schriftsatz vom 13.06.2013 machte der Kläger geltend, seit November 2012 sei er wegen seiner psychischen Probleme in Behandlung bei Diplom-Psychologin G., die diese auf seinen Arbeitsunfall zurückführe. Diese habe eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert (Schriftsatz vom 16.09.2013).

Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG holte das SG von dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie, forensische Psychiatrie, Chefarzt der Klinik für Suchttherapie, Dr. H. das Gutachten vom 28.05.2014 ein. Er diagnostizierte eine depressive Erkrankung beim Kläger, wobei aktuell die Kriterien einer leichten depressiven Episode erfüllt seien. Eine auf die posttraumatische Belastungsstörung beziehbar Symptomatik habe sich nicht herausarbeiten lassen. Ebenso wenig ergeben sich Anhaltspunkte für eine Erkrankung aus dem Spektrum der somatoformen Störungen. Depressionen seien multifaktoriell bedingt. Der Kläger habe eine Reihe von belastenden familiären und auch beruflichen Lebensereignissen geschildert, es lasse sich aber weder inhaltlich noch zeitlich ein Zusammenhang mit dem Unfall vom 29.08.1979 herstellen.

Hiergegen machte der Kläger geltend, das Gutachten von Dr. H. sei nicht verwertbar, denn die Prüfung der diagnostischen Kriterien für eine posttraumatischen Belastungsstörung sei dem Gutachten nicht zu entnehmen. Auch sei das von dem Sachverständigen geschilderte Durchhaltevermögen unzutreffend eingeschätzt. Die von ihm erbetene Pause, die zur Unterbrechung der Untersuchung um eine halbe Stunde geführt habe, sei im Gutachten nicht erwähnt. Auf den Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 15.07.2014 wird im Weiteren verwiesen. Vorgelegt wurde das vom Kläger veranlasste Gutachten von Diplom-Psychologin G., M.A. Psycholinguistik und Philosophie, klinische Psychologie, Psychotherapie, vom 13.07.2014. In dem Gutachten geht die Psychologin G. vom einer posttraumatischen Belastungsstörung im Zusammenhang mit dem Unfall von 1979 aus. Die Kriterien des DSM-IV 1998 für ein traumatisches Ereignis seien auch im Sinne einer Retraumatisierung erfüllt, wiederkehrende und eindringliche Erinnerungen, lägen vor, eine intensive psychische Belastung bei Konfrontation mit Hinweisreizen und eine körperliche Reaktion bei der Konfrontation mit internalen und externalen Hinweisreizen seien gegeben. Auch eine anhaltende Vermeidung von Reizen, die mit dem Trauma verbunden würden, läge vor.

Der Kläger hat ergänzend beantragt, von Prof. Dr. S. ein weiteres Gutachten nach § 109 SGG einzuholen.

Mit Gerichtsbescheid vom 16.09.2014 wies das SG die Klage ab. Eine Änderung der Verhältnisse, die der Dauerrentenbewilligung zu Grunde gelegen hätten, sei nicht eingetreten. Aus den schlüssigen Gutachten von Prof. Dr. L. und Prof. Dr. R. ergebe sich, dass auf augenärztlichem Gebiet keine Änderung eingetreten sei. Der nach § 109 SGG gehörte Neurologe und Psychiater Dr. H. habe keine Unfallfolge auf seinem Fachgebiet, insbesondere keine posttraumatische Belastungsstörung, feststellen können. Das Gutachten der Diplom-Psychologin G. sei nicht überzeugend. Sie gehe von Umständen aus, die sich aus den in den Akten befindlichen Arztbriefen nicht entnehmen ließen. Ein weiteres Gutachten nach § 109 SGG von einem Arzt mit dem gleichen Fachgebiet, auf dem bereits ein Gutachten nach § 109 SGG eingeholt worden ist, könne nicht begehrt werden.

Gegen den dem Klägerbevollmächtigten am 19.09.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger über seinen Bevollmächtigten am 16.10.2014 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, das Gericht habe nicht mit Gerichtsbescheid entscheiden dürfen, denn entgegen der Auffassung des SG sei der Sachverhalt hinsichtlich der unfallbedingten posttraumatischen Belastungsstörung nicht geklärt. Das Gericht hätte zu dieser Frage den Sachverständigen Prof. Dr. S. mit der Gutachtenserstattung beauftragen müssen, denn das Antragsrecht nach § 109 SGG sei nicht verbraucht. Das Gutachten von Dr. H. habe keinen Beweiswert. Dr. H. habe zweifelhafte Fachkenntnis für die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung. Es seien keine Veröffentlichungen von Dr. H. auf dem Gebiet bekannt. Unter Bezugnahme auf die Versorgungsmedizinverordnung rechtfertige auch die Augenerkrankung eine Erhöhung der MdE. Der Kläger hat den Entlassungsbrief der Klinik L. vom 10.03.2015 über eine schlafmedizinische Untersuchung vorgelegt. Zuletzt hat der Kläger beantragt, das Verfahren für ruhend zu erklären, denn er habe am 20.04.2015 Prof. Dr. S. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt, das er dem Gericht vorlegen werde.

Im nicht-öffentlichen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 17.04.2015 hat der Kläger weitere Angaben gemacht. Vorgelegt wurde die Äußerung von Prof. Dr. S. vom 11.09.2014.

Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 16.09.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 09.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.07.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01.01.2005 Verletztenrente nach einer MdE in vom Gericht nach billigem Ermessen zu bestimmender Höhe, mindestens aber in Höhe von 45 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich zur Begründung auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid

Im Termin am 17.04.2015 haben die Beteiligten übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt (mit Protokollvermerk "v.u.g." im Original der Sitzungsniederschrift und der handschriftlichen Niederschrift in der Anlage Sitzungsprotokoll).

Der Senat hat die Verwaltungsakten der Beklagten und die Akten des Sozialgerichts beigezogen. Auf diese Unterlagen und die vor dem Senat angefallene Akte im Berufungsverfahren wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt hatten und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich war.

Der Senat war an einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nicht deshalb gehindert, weil der Klägerbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 20.04.2014 das Ruhen des Verfahrens beantragt und weiteres Vorbringen unter Vorlage eines noch zu erstattenden, von ihm veranlassten Gutachtens angekündigt hat. Im Termin am 17.04.2015 hat er sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Diese Prozesserklärung ist wirksam und auch weiter bindend, da die Beklagte ebenfalls eine solche Einverständniserklärung im Termin abgegeben hat und damit prozessuale Wirksamkeit der Erklärungen eingetreten ist. Diese Prozesserklärungen können die Beteiligten nicht einseitig widerrufen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 124 Rn. 3d; Breitkreuz in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Auflage, § 124 Rn. 7). Die Einverständniserklärungen bleiben grundsätzlich wirksam, solange die ihnen zugrunde liegende Prozesslage fortdauert (vgl. Keller a.a.O.; Breitkreuz a.a.O.). Mit dem einseitigen Antrag auf Ruhen des Verfahrens ist gegenüber dem Stand der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Termins am 17.04.2015 keine neue Verfahrenslage eingetreten. Die Frage der Gutachtenserstattung durch Prof. Dr. S. von Amts wegen oder nach § 109 SGG war Gegenstand der rechtlichen Erörterung im Termin. Allein der – einseitige – Ruhensantrag führt auch noch keine andere Prozesslage herbei, da zum einen das gerichtliche Ermessen für die Ruhensanordnung erst bei beidseitigem Ruhensantrag eröffnet ist und zum anderen diese Verfahrenshandlung des Klägers den prozessual unzulässigen Widerruf der abgegebene Einverständniserklärung nach § 124 Abs. 2 SGG darstellt.

Der Senat hat auch keine Veranlassung gesehen, dem Kläger im Rahmen des zu gewährenden rechtlichen Gehörs eine weitere Frist zur ergänzenden Berufungsbegründung einzuräumen. Die Frage der Gutachtenserstattung durch Prof. Dr. S. war bereits im Verfahren vor dem Sozialgericht Gegenstand wechselseitiger Schriftsätze der Beteiligten und ist im angefochtenen Gerichtsbescheid des SG sowie im Erörterungstermin vor dem Landessozialgericht behandelt worden. Im Übrigen stellt es keine Gehörsverletzung dar, wenn das Gericht die Vorlage eines privaten Gutachtens nicht abwartet, auf dessen Erstattung nach § 109 SGG kein Anspruch besteht.

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet.

Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden. Die angefochtene Entscheidung der Beklagten ist nicht rechtswidrig. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf höhere Verletztenrente zu.

Der Senat lässt dahinstehen, ob eine anfechtbare Verwaltungsentscheidung zur Rentenhöhe wegen psychischer Unfallfolgen vorliegt. Der Rentenerhöhungsantrag vom 24.05.2009 war nur mit somatischen Beschwerden begründet worden und erst die nachgeschobene Widerspruchsbegründung listet lediglich eine psychische Erkrankung – und einen Herzinfarkt – auf, ohne hierfür einen Zusammenhang mit dem Unfall von 1979 zu begründen. Aus der Bezugnahme auf die vorgelegten Arztbriefe von Dr. K. vom 25.02.2010 und 01.07.2004 ergibt sich ein solcher gerade nicht, da die dort diagnostizierte depressive Erkrankung aus ärztlicher Sicht der Behandler nicht mit dem Unfall in Verbindung gebracht wird. Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 07.07.2010 enthält keine Ausführungen zu psychischen Unfallfolgen. Da sich die Beklagte im Klageverfahren auf psychische Unfallfolgen eingelassen hat und ein Feststellungsantrag zu Unfallfolgen nicht begehrt wird, wertet der Senat das klägerische Vorbringen nur als Begründung des Leistungsbegehrens auf höhere Rente.

Das Sozialgericht hat im angefochtenen Gerichtsbescheid mit zutreffender Begründung die Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze zur Erhöhung der Verletztenrente des Klägers dargelegt und angewendet. Zu ergänzen ist, dass nicht die Rechtsvorschriften des zum 01.01.1997 in Kraft getretenen Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) anzuwenden sind, weil Gegenstand des Rechtsstreits der Anspruch auf Rente aus einem vor diesem Zeitpunkt eingetretenen Versicherungsfall am 29.08.1979 ist und die Fälligkeit des Rentenanspruchs auch nicht erst nach Inkrafttreten des SGB VII eingetreten ist (§§ 212, 214 Abs. 3 Satz 1 SGB VII, vgl. BSG SozR 4-2700 § 214 Nr. 1). Für Rentenerhöhungsfälle gilt aber § 73 SGB VII auch für die Altfälle (§ 214 Abs. 3 Satz 2 SGB VII). Das Sozialgericht hat unter Berücksichtigung der Grundsätze des § 48 SGB X die beim Kläger vorliegenden Unfallfolgen nach wie vor mit einer MdE um 30 v.H. bewertet. Es hat ausgeführt, dass nach den eingeholten Gutachten von Prof. Dr. L. und Prof. Dr. R. die unfallbedingte Beeinträchtigung am rechten Auge des Klägers nach wie vor mit einer MdE um 30 v.H. zutreffend bemessen ist. Es hat auch ohne Rechtsfehler das Vorliegen weiterer Unfallfolgen verneint, insbesondere hat es in zulässiger Verwertung des Gutachtens von Dr. H. und unter Berücksichtigung der Auskünfte der behandelnden Ärzte Dr. K. und B. eine posttraumatischen Belastungsstörung als Unfallfolge verneint. Das Sozialrecht hat auch mit zutreffenden Erwägungen ausgeführt, dass es sich nicht zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen oder auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG gedrängt sehen musste. Der Senat schließt sich nach eigener Prüfung dieser Beurteilung an und verweist auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid (§ 153 Abs. 2 SGG).

Das Vorbringen im Berufungsverfahren führt zu keiner anderen Entscheidung.

Soweit der Kläger zur Bewertung der Augenverletzung auf die Grundsätze zur Bemessung des Grades der Behinderung (GdB) der Versorgungsmedizinverordnung verweist, ist damit eine höhere MdE der Unfallfolge nicht zu begründen. Die GdB-Bewertung berücksichtigt behinderungsbedingte Einschränkungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (§ 2 Abs. 1 SGB IX), wohingegen für die MdE-Bewertung allein die Verhältnisse des Arbeitsmarkts maßgebend sind. Bei unkomplizierter einseitiger Erblindung und uneingeschränktem – auch nach Korrektur – Sehvermögen des zweiten Auges ist eine MdE von 25 v.H. anzunehmen. Ein Kunstauge oder gelegentliches Absondern klebriger Flüssigkeiten sind keine Komplikationen in diesem Sinne. Eine erhöhte Blendempfindlichkeit, der Verlust des räumlichen Sehens und etwaige Gesichtsfeldeinschränkungen sind bereits in der Tabelle für die Beurteilung der Sehschärfe enthalten und daher nicht gesondert zu bewerten. Mit der MdE um 30 v.H. werden Komplikationen als auch eine wahrscheinliche Beeinträchtigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt berücksichtigt (vgl. insgesamt hierzu Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, Seite 292f). Da das linke Auge des Klägers mit Korrekturhilfe über uneingeschränktes Sehvermögen verfügt, ist die MdE mit 30 v.H. beim Kläger nicht zu niedrig festgesetzt.

Eine höhere MdE ist auch wegen anderer unfallbedingter funktioneller Einschränkungen nicht gerechtfertigt.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist eine erst längere Zeit nach dem geltend gemachten Unfallereignis diagnostizierte posttraumatische Belastungsstörung nicht allein wegen des Zeitablaufs als Folge des Unfalls zu verneinen. Der Senat hat bereits entschieden, dass eine "verzögerte" posttraumatische Belastungsstörung als Gesundheitserstschaden eines Arbeitsunfalles nicht deshalb ausscheidet, weil eine wahrnehmbare Symptomatik erst längere Zeit nach dem die Erkrankung auslösenden Initialereignis aufgetreten ist. Ein Gesundheitsschaden kann entweder bereits mit dem Initialereignis eingetreten sein - Behandlungsbedürftigkeit ist keine zwingende Voraussetzung - oder die zum später auftretenden Gesundheitsschaden führende Kausalkette kann dadurch in Gang gesetzt worden sein. Die lange Latenz gibt jedoch Anlass zur Prüfung, ob neben dem Initialereignis mitwirkende, danach entstandene Bedingungen allein wesentliche Ursache für die Entstehung der Symptomatik, die medizinisch in Anwendung der Äquivalenztheorie (conditio sine qua non) die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung begründet, sein können (vgl. Urteil des Senats vom 17.05.2013 – L 8 U 2652/12 –, juris).

Vorliegend ist jedoch bereits fraglich, ob eine psychische Einwirkung von Krankheitswert durch das Unfallereignis stattgefunden hat, die einen psychischen "Erstschaden" bewirkte, an der die später aufgetretene psychische Symptomatik anknüpft.

Gemäß § 548 Abs. 1 RVO (bzw. § 8 Abs. 1 SGB VII) ist ein Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter infolge einer dem Versicherungsschutz nach einer der in §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO (bzw. §§ 2, 3 oder 6 SGB VII) begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit) erleidet. Es muss ein kausaler Zusammenhang zwischen der im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehenden Verrichtung und dem Unfall bestehen. Unfälle waren in ständiger Rechtsprechung als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal, jetzt § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII, zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheit(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheit(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R= SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, B 2 U 40/05 R= UV-Recht Aktuell 2006, 419-422, B 2 U 26/04 R= UV-Recht Aktuell 2006, 497-509, alle auch in juris).

Der Senat geht davon aus, dass durch den anerkannten Arbeitsunfall, der beim Kläger zur gravierenden Verletzungen mit Verlust der Sehkraft des rechten Auges führte, auch eine seelische Einwirkung des Unfallereignisses stattgefunden hat, die grundsätzlich sogar ohne eine physische Verletzung entstehen kann (BSG Urteile v. 09.05.2006, a.a.O.) und sich vorliegend in der Angst und Sorge um die Schwere der Verletzung, ihre wirtschaftlichen Folgen und die Zukunftsplanung geäußert haben mag.

Dagegen ist dem Senat die Feststellung nicht möglich, dass durch diese Einwirkungen ein psychischer Gesundheitserstschaden entstanden ist.

Gesundheitserstschaden ist grundsätzlich jeder regelwidrige körperliche, geistige oder seelische Zustand, der unmittelbar durch die (von außen kommende, zeitlich begrenzte) Einwirkung rechtlich wesentlich verursacht wurde, die selbst rechtlich wesentlich durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit verursacht wurde. Von diesem zum Tatbestand des Arbeitsunfalls gehörenden Primärschaden sind diejenigen Gesundheitsschäden zu unterscheiden, die rechtlich wesentlich erst durch den Erstschaden verursacht (unmittelbare Unfallfolgen) sind (BSG Urt. v. 15.05.2012 - B 2 U 16/11 R -, juris, Rnr. 19) oder sich in der Folge gegebenenfalls unter Hinzutreten weiterer Bedingungen entwickeln oder der versicherten Tätigkeit aufgrund Spezialvorschriften (z.B. § 11 SGB VII, vgl. BSG Urteil vom 15.05.2012, a.a.O.) zuzurechnen sind (mittelbare Unfallfolgen). Das Vorliegen von Unfallfolgen gleich welcher Art ist keine Tatbestandsvoraussetzung des Arbeitsunfalls. Der den Gesundheitserstschaden begründende regelwidrige physische oder psychische Zustand entspricht nach herrschender Meinung dem allgemeinen Krankheitsbegriff (vgl. BSG Urt. vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R -, a.a.O. Rn. 21, 22; Ricke in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 8 SGB VII Rn. 20), was angesichts der zahlreichen in Betracht kommenden psychischen Erkrankungen und möglicher Schulenstreite in der Medizin eine sichere und nachvollziehbare Diagnosestellung unter Verwendung der üblichen Diagnose-Manuale voraussetzt (BSG, a.a.O.).

Ein für den Senat ersichtlicher Gesundheitserstschaden ist durch die genannten Einwirkungen nicht erwiesen. Der Gesundheitserstschaden setzt, wie dargelegt, keine Dauerschädigung oder Gesundheitsschäden von erheblichem Gewicht oder mit notwendiger Behandlungsbedürftigkeit voraus. Auch Bagatellverletzungen (z.B. "blauer Fleck") sind regelwidrige Gesundheitszustände, die zwar einen Arbeitsunfall begründen, aber zumeist keine Entschädigungsleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung auslösen. Zwar hat der Kläger einen somatischen Gesundheitsschaden davongetragen, jedoch ergibt sich weder aus seinem Vorbringen eine unmittelbar verursachte psychische Gesundheitsstörung noch findet sich dies in den zu den Akten der Beklagten gelangten Arztberichten, die unmittelbar nach dem Unfall 1979 im Zusammenhang mit der Akutbehandlung und auch in den nachgehenden Untersuchungen bis 1985 entstanden sind. Eine Diagnose über einen krankheitswertigen Zustand im unmittelbaren Anschluss an den Unfall, insbesondere eine akute Belastungsreaktion nach ICD-10 F43.0 (eine vorübergehende Störung, die sich bei einem psychisch nicht manifest gestörten Menschen als Reaktion auf eine außergewöhnliche physische oder psychische Belastung entwickelt und die im allgemeinen innerhalb von Stunden oder Tagen abklingen), wurde damals nicht gestellt, auch ist ein damit in Zusammenhang bringendes Krankheitsbild von keinem der damals den Kläger behandelnden Ärzten auch nicht andeutungsweise dokumentiert worden und von keinem der sich nachfolgend gutachterlich äußernden Ärzten überzeugend thematisiert oder durch eine eigene Diagnosestellung belegt. Insoweit ist die Behauptung in der vom Kläger vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme der Psychologin G., eine Belastungsreaktion des Klägers habe in unmittelbarer zeitlicher Nähe zum Unfall vorgelegen, nicht nachvollziehbar. Die Psychologin G. legt nicht offen, woher sie diesen Befund hat. Ihrer gutachterlichen Stellungnahme ist auch nicht zu entnehmen, ob eine etwaige eigenanamnestische Angabe des Klägers medizinisch/psychologisch für einen solchen Befund zu verwerten ist.

Aus Sicht des Senats ist auch aus dem Verfahrensgang ableitbar, dass der Kläger keinen krankheitswertigen psychischen Gesundheitsschaden erlitten hat, denn der Erhöhungsantrag bei der Beklagten vom 24.05.2009 wurde zunächst allein mit den somatischen Beschwerden des Klägers (Augen- und Hautverletzung) begründet. Selbst im Widerspruchsverfahren gegen den Ablehnungsbescheid der Beklagten wurde erst nach Hinweis der Beklagten, dass die geltend gemachte Verschlimmerung der somatischen Unfallfolgen eine höhere MdE nicht begründen würde, zunächst ohne einen direkten Bezug zum Unfall darzulegen eine Depression als weitere Unfallfolge behauptet. Aus den vorgelegten Behandlungsberichten von Dr. K. und Dr. B. ergibt sich aber gerade, dass der Kläger selbst seine psychischen Beschwerden mit unfallunabhängigen psychischen Belastungen, wie Arbeitsplatzkonflikten et cetera, und nicht mit dem über ein Jahrzehnt zurückliegenden Unfall von 1979 in Verbindung gebracht hat. Die behandelnden Ärzte, auf die der Kläger sich zur Diagnose der Depression berief, haben aus ihrer fachlichen Kompetenz heraus ebenso keinerlei Anlass gesehen, trotz der ihnen bekannten und auch sonst ersichtlichen Augenverletzung, einen Zusammenhang der psychischen Beschwerden mit dem Arbeitsunfall herzustellen.

Darüber hinaus ist nach den auch den Senat überzeugenden medizinischen Unterlagen der behandelnden Ärzte und nach dem Gutachten von Dr. H. die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung auch nicht im Vollbeweis gesichert. Vielmehr ist die gutachterliche Darlegung von Dr. H., dass eine solche Diagnose auszuschließen ist, für den Senat ebenso wie für das SG überzeugend. Dies wird letztlich auch durch die vom Kläger vorgelegte Stellungnahme von Prof. Dr. S. vom 11.09.2014 bestätigt, der in Auswertung der Gutachten von Dr. H. und Psychologin G. ausführt, das Vollbild einer posttraumatischen Belastungsstörung scheine nicht vorzuliegen.

Dies ergibt sich wie von Dr. H. dargelegt bereits aus dem Beschwerdeverlauf. Psychische Beschwerden, die von allen Ärzten als Erkrankung mit depressiven Episoden diagnostiziert wurde, traten erstmals 1994 auf, wie sich aus dem Arztbrief der Nervenärztin Dr. K. vom 25.02.2010 bzw. 01.07.2004 (Blatt 87 bzw. 101 der Beklagten Akte) sowie aus ihrer sachverständigen Zeugenauskunft vom 23.11.2010 ergibt. Dr. B. datiert das erstmalige Auftreten depressiver Störungen auf das Jahr 1996 (ärztliche Bescheinigung vom 13.05.2009) und bringt dies, wie auch Dr. K., mit Arbeitsplatzschwierigkeiten im Sinne von Mobbing in Verbindung. Dies passt auch zu den Angaben des Klägers bei Dr. H., wonach das Mobbing 1994 begonnen habe. Damit übereinstimmend bestätigt Dr. H. aufgrund seiner ausführlichen Exploration das Krankheitsbild einer depressiven Störung und beschreibt die vom Kläger geschilderten psychischen Belastungen. Dabei hat der Kläger zwar auch den streitigen Arbeitsunfall von 1979 angegeben, aber im Vordergrund und zu Beginn seiner Beschwerdeschilderung, die Dr. H. in seinem Gutachten ausdrücklich am Eingang dieses Gutachtensabschnitts mit wörtlicher Rede kennzeichnet (Seite 12 des Gutachtens vom 28.05.2014), steht die Beziehungsproblematik aufgrund der durchlebten Scheidung und der Probleme mit den nachfolgenden Partnerinnen und das 1994 begonnene Mobbing am Arbeitsplatz. Die Arbeitsplatzproblematik hat keinerlei Verbindung zu dem Unfallereignis oder den körperlichen Unfallfolgen. Geschildert werden die Schwierigkeiten mit seinem damaligen Chef, der sein früherer Freund gewesen sei, und der das Interesse an der gleichen Frau gehabt habe; geschildert werden Überlastungsprobleme durch nicht lösbare berufliche Aufgaben sowie auch Unfälle in den Beschäftigungsbetrieben, die Kollegen getroffen hätten, und die mangelnde Einhaltung von Unfallverhütungsvorschriften. Auf ausdrückliche Frage des Sachverständigen Dr. H., inwieweit er mit den geschilderten psychischen Problemen einen Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen sehe, äußerte der Kläger, dass er vor dem Unfall zwei Autos gehabt und ein angenehmes Leben geführt und sich etwas gegönnt habe. Die Autos stünden aber seit 1984 in der Garage und er habe sie nicht mehr angeschaut. Selbst in der gutachterlichen Darstellung, dass der Kläger spontan noch Einzelheiten zum Unfall vorgetragen hatte, weil er nach seinem Verständnis zum Unfall noch gar nicht befragt worden sei (vgl. Seite 14 des Gutachtens vom 28.05.2014), sind keine typischen Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung erkennbar geworden. Er hat Einzelheiten des Unfallherganges geschildert und betont, dass er in eineinhalb Jahren 6 Augenoperationen gehabt habe, sich ein halbes Jahr später noch einmal ein schwerer Betriebsunfall ereignet habe, bei dem ein Kollege einen Fuß verloren habe, und hat Einzelheiten zum mangelnden Arbeitsschutz im dortigen Betrieb dargelegt. Die von Psychologin G. mitgeteilten Diagnosekriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung nach DSM-IV sind bei dieser Beschwerdeschilderung nicht deutlich geworden. Soweit der Kläger in seiner "Spontanangabe" auch von Albträumen erzählt (Seite 16 des Gutachtens vom 28.05.2014), bezieht er dies zunächst auf die vorangegangene Schilderung, dass er von einem Vorstandsmitglied des Betriebes mit dem Vornamen angesprochen worden sei und dies, wenn es von den Kollegen bemerkt worden wäre, ihn in deren Augen zum Spitzel qualifiziert hätte. Er träume vom Betriebsunfall, aber auch von den anderen berichteten Vorfällen, auf die er seinen schlechten Nachtschlaf zurückführt. Spezifische Albträume zum typischen Wiedererleben des Initialtraumas ergeben sich aus dieser von Dr. H. auch in Einzelheiten wiedergegebenen Beschwerdenschilderung nicht.

Die gutachterliche Schlussfolgerung von Dr. H., dass eine auf eine posttraumatische Belastungsstörung beziehbare Symptomatik sich nicht habe herausarbeiten lassen, ist für den Senat daher nachvollziehbar. Daher kann der Senat auch offen lassen, ob ein wesentlicher Zusammenhang durch Aktivierung einer latenten, bislang noch beherrschbaren, durch den Unfall 1979 verursachten Angstsymptomatik deshalb anzunehmen ist, weil den nachfolgenden schweren Arbeitsunfällen von Kollegen des Klägers insoweit eine Triggerfunktion zukommt – wovon anscheinend die Psychologin G. mit Hinweis auf eine Retraumatisierung ausgeht – oder es sich ohne Bezüge zum streitgegenständlichen Unfall bei der Beobachtung der Arbeitsunfälle der Kollegen insoweit um die eigentlichen Initialereignisse handelt. Symptomatische Parallelen zum Unfall von 1979 (z.B. intrusive Nachhallerinnerungen) sind bei der ausführlichen Exploration durch Dr. H. in der Schilderung des Klägers zu diesen Kollegenunfällen nicht deutlich geworden. Jedenfalls kommt dem jetzt zu diagnostizierenden Krankheitsbild nach Dr. H. eine typische Beschwerdesymptomatik einer posttraumatische Belastungsstörung nicht zu. Eine solche ist auch nicht dem vom Kläger vorgelegten Befundbericht der Klinik Löwenstein, Zentrum für Pneumologie, Thorax- und Gefäßchirurgie, vom 10.03.2015 zu entnehmen. Dort wird nur anamnestisch eine posttraumatische Belastungsstörung unter den Diagnosen wiedergegeben. Dem Bericht ist nicht zu entnehmen, dass eine eigenständige psychiatrische Untersuchung erfolgt ist. Es handelt sich um einen Bericht über eine schlafmedizinische Untersuchung im Schlaflabor der Klinik, die einen gestörten Schlafprozess ohne relevante Schlafapnoe ergab. Die Beeinträchtigung der Schlafhygiene wird bei der anamnestische Symptomatik mit Durchschlafstörung, Albträumen, morgendlicher Müdigkeit, Husten, Auswurf und Sodbrennen unspezifisch auf unregelmäßige Bettzeiten und einen Tagesschlaf von mehr als 30 min bezogen.

Die Beurteilung von Dr. H., dass die von ihm in Übereinstimmung mit der behandelnden Nervenärztin Dr. K. diagnostizierten rezidivierenden depressiven Episoden des Klägers nicht unfallbedingt sind, ist auch für den Senat überzeugend. Im Hinblick auf den in der Exploration des Klägers und im Verfahrensgang erkennbar gewordenen Stellenwert, den er selbst dem Unfall von 1979 einräumt, ergibt sich, dass neben den ganz im Vordergrund stehenden sonstigen psychisch belastenden Ereignissen, wie die Arbeitsplatzkonflikte, die berufliche Überlastung, die Partnerschaftskonflikte, u.a. mit Scheidung, Unterhaltsstreitigkeiten und der Konflikt mit der Tochter, dem Unfall von 1979 und seinen körperlichen Folgen bei der erstmals 1994 gesicherten psychischen Problematik eine, wenn überhaupt, nur zu vernachlässigende Rolle zukommt.

Ebenso spricht auch die erst im Termin am 17.04.2015 vorgelegte Stellungnahme von Prof. Dr. S. vom 11.09.2014, die der Kläger zum Gutachten von Dr. H. und dem Gutachten von Psychologin G. veranlasst hatte, gegen die Annahme eines unfallbedingten Zusammenhangs. Darin werden beide Gutachten kritisiert, aber im Ergebnis wird – freilich ohne Aktenkenntnis und damit in Unkenntnis über den bisherigen Beschwerdeverlauf und etwaiger Alternativursachen psychischer Probleme – das Vollbild einer posttraumatischen Belastungsstörung zum derzeitigen Zeitpunkt als nicht gegeben eingeschätzt. Aus der Stellungnahme von Prof. Dr. S. ergibt sich gerade, dass die alleinige Verwendung von standardisierten Fragebögen oder Selbsteinschätzungsskalen keine ausreichende Befunderhebung gewährleistet, sondern eine gutachterliche Auseinandersetzung die Überprüfung der Testergebnisse unter Berücksichtigung des erhobenen psychischen Querschnittsbefundes voraussetzt. Die hierzu vom Kläger erhobene Rüge am Gutachten von Dr. H., dass er keine standardisierten Interviews bzw. Testverfahren angewendet habe, macht dessen Gutachten daher nicht unverwertbar. Es ist dem Sachverständigen unbenommen, außerhalb standardisierter Testfragen zunächst die spontane Beschwerdeschilderung des Betreffenden, gegebenenfalls durch anlassbezogene Rückfragen, anamnestisch zu erheben und aus gutachterlicher-fachlicher Sicht auf der Grundlage dieser Exploration die Diagnosekriterien für psychiatrische Krankheitsbilder zu überprüfen.

Soweit der Kläger gegen das Gutachten eingewandt hat, Dr. H. habe sein Durchhaltevermögen unrichtig bewertet, denn eine von ihm beanspruchte Pause sei weder im Gutachten erwähnt noch gutachterlich bewertet worden, ist dies für den Senat nicht glaubhaft. Dr. H. als Chefarzt des Zentrums für Psychiatrie ist dem Senat und dem Gericht als Sachverständiger in vielen Rechtsstreitigkeiten auch außerhalb des Unfallversicherungsrechts bekannt. Dass eine für die Beurteilung belangvolle Begebenheit während der Untersuchung gutachterlich von dem erfahrenen Sachverständigen Dr. H. weder erwähnt noch bewertet wird, erscheint dem Senat wenig glaubhaft. Wenn überhaupt eine Pause, wie behauptet, stattgefunden hat, war sie für Dr. H. nicht aus Gründen erforderlich, die auf ein mangelndes Durchhaltevermögen, themenbedingtes Vermeiden bestimmter Lebensereignisse oder auf eine sonst psychiatrisch relevante Symptomatik zurückzuführen war. Solche Aspekte hat Dr. H. in seinem Gutachten auch als unauffällig angesprochen, denn die Stimmungslage war zwar leicht gedrückt, themenabhängig ist es aber sogar zu einer deutlichen Auflockerung und einem Lächeln und Lachen bei der Exploration gekommen. Die affektive Schwingungsfähigkeit war nur diskret reduziert, die Psychomotorik war ausreichend lebhaft (vgl. Seite 18 des Gutachtens vom 28.05.2014). Bezogen auf die Konkretisierung des Unfallereignisses in der Beschwerdeschilderung werden daher keine psychisch auffälligen Reaktionen des Klägers in der Untersuchungssituation von Dr. H. wiedergegeben. Außerdem hat der Kläger in der nicht-öffentlichen Sitzung am 17.04.2015 angegeben, er habe nicht alle Beschwerden vorgetragen, die hätten erwähnt werden müssen, was erstaunt. Denn nach den Ausführungen im Gutachten ist der Kläger ausdrücklich nach unfallspezifischen Zusammenhängen seiner vorgetragenen Beschwerden befragt worden. Auf Nachfrage seines Bevollmächtigten hat er nicht etwa behauptet, dass die Beschwerdeschilderung von Dr. H. im Gutachten unrichtig wiedergegeben ist, abgesehen von der von ihm gerügten, unerwähnt gebliebenen Unterbrechung durch Pause. Daher ist für den Senat das diesbezügliche Vorbringen des Klägers wenig glaubhaft, denn einerseits soll die Pause gerade auf seine Bitte hin ihm zugestanden worden sein, damit er sein Beschwerdevorbringen nach psychischer Erholung fortsetzen kann, und der Kläger hat gerade betont, dass er danach erneut mit Dr. H. über seine Probleme gesprochen habe, und andererseits ist trotz der Pause im Hinblick auf Vermeidungsverhalten, Intrusion, Nachhallerinnerungen wenig bzw. gar nichts Spezifisches vorgetragen worden. Erschwerend kommt hinzu, dass der Kläger bereits vor der Untersuchung bei Dr. H. Sitzungen bei der Psychologin G. wahrgenommen hatte, die gerade solche spezifischen Beschwerden des Klägers in ihrem Gutachten behauptet, weshalb für den Senat nicht verständlich ist, dass sie bei Dr. Heinrich nicht ebenso erwähnt oder konkretisiert wurden. Es spricht eher dafür, dass unspezifische Beschwerden des Klägers von der Psychologin G. über die von ihr erhobenen Testverfahren ungeprüft Eingang in ihre gutachterliche Feststellung gefunden haben, was auch Prof. Dr. S. in seiner Stellungnahme vom 11.09.2014 sinngemäß kritisiert.

Das vorgelegte Gutachten der Psychologin G. ist auch für den Senat nicht überzeugend. Dies hat das Sozialgericht bereits überzeugend ausgeführt. Dem Gutachten ist zum einen nicht zu entnehmen, worauf die Befunde zu den einzelnen genannten Diagnosekriterien der posttraumatischen Belastungsstörung gestützt werden, die Validierung anamnestischer Angaben anhand der Aktenlage konnte die Psychologin G. nicht vornehmen, denn die vom Gericht beigezogenen Akten oder Kopien wesentlicher Bestandteile der Akten lagen ihr nicht vor. Dies hat der Kläger auch im Erörterungstermin am 17.04.2014 auf Frage eingeräumt. Die posttraumatische Belastungsstörung als psychiatrisches Krankheitsbild ist von dem Neurologen und Psychiater Dr. H. aus den oben genannten Gründen für den Senat überzeugend verneint worden. Der Facharzt für Psychiatrie ist im Vergleich zu der Psychologin und Psycholinguisten, deren Untersuchungs- und Behandlungsgegenstand in der Regel die geistige Verfassung und das Verhalten von gesunden Menschen ist, der sachnähere Spezialist zur Beurteilung einer posttraumatischen Belastungsstörung. Weshalb das Gutachten von Dr. H. nicht verwertbar sein soll, wie der Kläger meint, ist nicht erkennbar. Die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung setzt keine Spezialkenntnisse voraus, sondern hierbei handelt es sich um eine Diagnose, deren Diagnosekriterien und Diagnoseinstrumente jedem Psychiater geläufig sind. Entgegen der Auffassung des Klägers ist dem Gutachten von Dr. H. auch noch hinreichend deutlich zu entnehmen, worauf er seine Beurteilung zum Ausschluss einer posttraumatischen Belastungsstörung stützt. Da es sich um ein gerichtliches Gutachten handelt, konnte der Sachverständige sich auf die ausführliche Beschwerdeschilderung und Beschwerdevalidierung beschränken, da die wesentlichen Merkmale der nicht selten als Unfallfolge diagnostizierten psychischen Erkrankung bei Gericht als bekannt vorausgesetzt werden konnten. Außerdem hat der Kläger im Rahmen seiner Anhörung zum Gutachten durch Vorlage des Gutachtens von Psychologin G. die gerügten Diagnosekriterien in das Verfahren eingeführt. Spätestens damit ist nicht nur für das Gericht, sondern auch für alle Beteiligten erkennbar geworden, dass die von Dr. H. befundete psychische Symptomatik des Klägers seiner Beurteilung entsprechend nicht mit den Diagnosekriterien übereinstimmen.

Zu weiteren Ermittlungen sah sich der Senat nicht veranlasst. Dem erneut gestellten Antrag nach § 109 SGG, Prof. Dr. S. als Sachverständigen zu bestellen, hat der Senat nicht stattgegeben. Grundsätzlich besteht zumindest für dasselbe Fachgebiet das Recht auf Anhörung eines bestimmten Sachverständigen nach § 109 SGG nur einmal in beiden Instanzen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 109 Anm. 10b, 11b). Das Antragsrecht nach § 109 SGG ist damit für ein weiteres Gutachten im gleichen Fachbereich oder in einer verwandten Fachrichtung verbraucht, was auch für den wiederholenden Antrag in der Berufungsinstanz gilt, wenn vom SG bereits ein Gutachten nach § 109 SGG eingeholt worden ist. Vorliegend ist bereits das neurologisch-psychiatrische Gutachten von Dr. H. nach § 109 eingeholt worden.

Die Anhörung mehrerer Ärzte bedarf eines besonderen Grundes. Eine besondere Ausgangssituation für die nochmalige Begutachtung nach § 109 SGG ist weder vorgetragen worden noch für den Senat ersichtlich. Besondere Umstände können darin liegen, dass der zunächst nach § 109 SGG bestimmte Sachverständige spezielle Fragestellungen auf seinem Fachgebiet mangels technischer Ausstattung oder fehlender Spezialkenntnisse nicht beantworten konnte und jetzt ein Arzt mit höherer Sachkompetenz im gleichen Fachgebiet benannt wird. Eine solche Fallgestaltung ist nicht dargelegt. Die Notwendigkeit einer nochmaligen Begutachtung durch Prof. Dr. S., weil dieser für die Klärung einer Spezialkenntnisse voraussetzenden spezifischen Diagnose die höhere Sachkompetenz besitzt, ist nicht erkennbar geworden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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