L 5 R 300/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 8/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 300/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 02.12.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Anerkennung (Vormerkung) von Ausbildungszeiten und Zeiten einer landwirtschaftlichen Tätigkeit des Klägers in P. als rentenrechtliche Zeiten.

Der 1953 in O. (P.) geborene Kläger, Inhaber eines Vertriebenenausweises A, übersiedelte am 05.09.1981 nach Deutschland.

Unter dem 12.05.1989 stellte der Kläger bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (erstmals) einen Kontenklärungsantrag; es gehe ihm um die Klärung von Rentenanwartschaften aus der Zeit vor der Übersiedlung nach Deutschland. Der Kläger gab an, er habe von 1972 bis September 1981 Beiträge zur p. Versicherungsgenossenschaft gezahlt. Von 1970 bis 25.04.1977 sei er bei seinem Vater in dessen landwirtschaftlichem Betrieb zum Landwirt ausgebildet worden. Vom 01.09.1970 bis Juli 1972 habe er (daneben) eine Lehre und Schulausbildung mit dem Berufsbild des Landwirts absolviert. Danach sei er vom 25.04.1977 (Tag der Eheschließung) bis September 1981 (Übersiedlung nach Deutschland) bei seinem Schwiegervater G.A. in dessen landwirtschaftlichem Betrieb beschäftigt gewesen. Er habe während der Ausbildung ganzjährig 8 Stunden täglich und später ganzjährig 12 bis 14 Stunden täglich in der Landwirtschaft gearbeitet. Sein Monatslohn habe - jeweils bei freier Kost und Logis (bei seinem Vater auch mit gemeinsamer Haushaltsführung) - 1.000 Zloti bzw. 6.000 Zloti betragen. Ein notarieller Arbeitsvertrag sei nicht geschlossen worden.

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten veranlasste die Vernehmung des Vaters des Klägers und des E.Z. als Zeugen.

Der Vater des Klägers gab am 29.11.1989 an, der Kläger habe von September 1970 bis September 1972 eine landwirtschaftliche Lehre in seinem Betrieb gemacht und während dieser Zeit die landwirtschaftliche Berufsschule besucht. Von September 1972 bis April 1977 sei er als Landwirt bei ihm beschäftigt gewesen. Die Höhe des Verdienstes könne er nicht mehr angegeben. Ab Mai 1977 bis September 1981 sei der Kläger als Landwirt auf dem Hof seines Schwiegervaters beschäftigt gewesen. Die Höhe des Verdienstes sei ihm nicht bekannt. Während der in Rede stehenden Zeit habe man Beiträge zur Renten- und Krankenversicherung geleistet. Die Beschäftigung des Klägers habe auch alle anfallenden Traktorarbeiten umfasst.

Der Zeuge E. Z. gab am 24.01.1990 an, er kenne den Kläger seit der Kindheit. Der Kläger sei vom 01.09.1970 bis 21.04.1977 in der elterlichen Landwirtschaft beschäftigt gewesen. Vom 22.04.1977 bis 04.09.1981 sei er bei der Familie J. A. (Schwiegervater des Klägers) beschäftigt gewesen. Dort habe er ebenfalls in der Landwirtschaft mitgearbeitet.

Unter dem 20.10.2001 stellte der Kläger (erneut) einen Kontenklärungsantrag. Er teilte ergänzend zu den bisherigen Angaben mit, im landwirtschaftlichen Betrieb seines Schwiegervaters habe auch seine Ehefrau mitgearbeitet. Lohnnachweise seien damals nicht geführt worden. Die landwirtschaftliche Berufsausbildung habe er am 30.07.1972 mit bestandener Abschlussprüfung beendet. Zeugnisse oder Urkunden seien landesüblich nicht ausgestellt worden.

Mit Bescheid vom 28.11.2001 lehnte die Beklagte die Anerkennung der in Rede stehenden Zeiten als rentenrechtliche Zeiten ab. Zur Begründung führte sie aus, die Zeit der Mitarbeit als Familienangehöriger im Zeitraum vom 01.09.1970 bis 25.04.1977 und vom 26.04.1977 bis 04.09.1981 im landwirtschaftlichen Betrieb des Vaters und Schwiegervaters zähle nicht zu den nach Art. 4 Abs. 2 des deutsch-p. Rentenabkommens (Sozialversicherungsabkommens) vom 09.10.1975 (DPRA) anrechenbaren Zeiten, weil zuletzt vor der Aussiedlung keine Beschäftigungszeiten als Arbeitnehmer in P. vorlägen. Auch eine Anerkennung der geltend gemachten Zeiten nach Maßgabe der §§ 15,16 Fremdrentengesetz (FRG) sei nicht möglich. Das p. Landwirtschaftssystem sei nicht als Träger der gesetzlichen Rentenversicherung i. S. d. § 15 FRG anerkannt. Die Voraussetzungen des § 16 FRG seien ebenfalls nicht erfüllt, da Zeiten der familiären Mithilfe nach dem am 01.03.1957 geltenden Bundesrecht versicherungsfrei gewesen seien.

Mit Schreiben vom 25.07.2008 wandte sich der Kläger (erneut) an die Beklagte. Mit Bescheid vom 25.09.2008 lehnte diese die Anerkennung der in Rede stehenden Zeiten als rentenrechtliche Zeiten erneut ab. Nach Mitteilung der zuständigen Verbindungsstelle (DRV B.-B.) seien Zeiten als mithelfendes Familienmitglied versicherungsfreie Vorzeiten im System KRUS (Sozialversicherung der Landwirte in P.). Sie führten zu keiner Anrechnung aufgrund der einschlägigen EWG-Verordnung bzw. des DPRA.

Unter dem 23.02.2010 stellte der Kläger unter Vorlage p. Urkunden einen weiteren Kontenklärungsantrag. Er gab (ergänzend) an, der landwirtschaftliche Betrieb seiner Eltern habe eine Fläche von 19,5789 ha umfasst. Er habe an 6 Tagen in der Woche ca. 8 bis 9 Stunden, in der Erntezeit 12 bis 14 Stunden, täglich gearbeitet. Im Zusammenhang mit dieser Arbeit sei er nicht versichert gewesen. Über andere Einnahmen habe er nicht verfügt. Dokumente über die Arbeit im elterlichen Betrieb gebe es bei der zuständigen Gemeinde in P. (die dies unter dem 27.11.2009 bestätigt habe) nicht.

Der Kläger legte schriftliche Zeugenaussagen der Zeugen N.L. und A.K. vor. Diese gaben (übereinstimmend) an, der Kläger habe im landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern vom 31.12.1969 bis 10.04.1981 als landwirtschaftliche Hilfskraft dauerhaft und in Vollzeit gearbeitet. Ob der Kläger versichert gewesen sei, wüssten sie nicht. Sie hätten seinerzeit in der Nachbarschaft gewohnt und gesehen, dass der Kläger in der Landwirtschaft seiner Eltern auf dem Feld und dem Hof gearbeitet habe. Er habe bei seinen Eltern gewohnt.

Mit Bescheid vom 07.09.2010 lehnte die Beklagte die Anerkennung der in Rede stehenden Zeiten (31.12.1969 bis 15.04.1981) als rentenrechtliche Zeiten - nach Überprüfung der vorgelegten Unterlagen durch die zuständige Verbindungsstelle - (wiederum) ab. Nach erneuter Klärung der Sach- und Rechtslage über die Landwirtschaftliche Sozialversicherungskasse in P. gebe es nach den dort geltenden Vorschriften über die Sozialversicherung der Landwirte keine Grundlage für die Anerkennung landwirtschaftlicher Sozialversicherungszeiten, wenn Arbeitszeiten in der Landwirtschaft als Haushaltsmitglied (Familienmitglied des Landwirts) vor dem 01.01.1983 zurückgelegt und nach diesem Zeitpunkt von der Sozialversicherung der Landwirte nicht erfasst und Beiträge nicht entrichtet worden seien. Da der Kläger ausschließlich vor dem 01.01.1983 ohne Beitragsentrichtung in der elterlichen Landwirtschaft als Haushaltsmitglied gearbeitet habe, habe er einen Anspruch auf eine polnische Rente nicht erwerben können. Der Beitritt P. zur EU ändere daran nichts.

Mit Schreiben vom 14.10.2010 beantragte der Kläger unter Vorlage eines Schulzeugnisses der Schule für Landwirtschaftliche Schulung in W. vom 14.06.1970, wenigstens die beiden Ausbildungsjahre 1969/1970 und 1970/1971 als rentenrechtliche Zeiten anzuerkennen. In dem Schulzeugnis ist ausgeführt, der Kläger habe im Schuljahr 1969/70 die erste Klasse der Schule für Landwirtschaftliche Ausbildung in W. besucht und sei in die zweite Klasse versetzt worden.

Mit Schreiben vom 16.11.2011 teilte die Beklagte dem Kläger mit, nach Einreichung von Nachweisen über den Schulbesuch vom 30.12.1970 bis 15.06.1971 werde man die Frage der Anerkennung von Ausbildungszeiten überprüfen und ggf. einen neuen Bescheid erteilen. Hinsichtlich der Beschäftigungszeiten in P. werde auf die bisher ergangenen Bescheide verwiesen.

Der Kläger, dem es vorrangig um die Erfüllung der Wartezeit von 35 Jahren für den Rentenbezug als langjährig Versicherter geht (wofür 9 Monate fehlen), stellte unter dem 05.07.2012 einen (weiteren) Kontenklärungsantrag.

Mit Vormerkungsbescheid vom 30.08.2012 stellte die Beklagte die in dem dem Bescheid beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten, die länger als 6 Kalenderjahre zurückliegen, also die Zeiten bis 31.12.2005, verbindlich fest. Die Anerkennung der geltend gemachten Zeiten vom 31.12.1969 bis 15.04.1981 sei im Hinblick auf die vorliegende Auskunft der landwirtschaftlichen Sozialversicherungskasse in P. nach wie vor nicht möglich. Es bleibe bei den Bescheiden vom 28.11.2001, 25.09.2008, 07.09.2010 und 16.11.2011. Die geltend gemachten Zeiten des Vollzeitschulbesuches während der Ausbildung könnten nicht als Anrechnungszeit wegen Schulbesuchs berücksichtigt werden, da keinerlei Nachweis über das tatsächliche Ende des Schulbesuchs vorliege. Davon abgesehen sei die Anrechnung ohnehin nicht möglich, weil der Schulbesuch Teil der Ausbildung gewesen sei und deswegen eine Anrechnungszeit i. S. d. § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) nicht vorliege.

Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, die Arbeitsverwaltung habe ihn hinsichtlich der in P. zurückgelegten Zeiten in der Landwirtschaft offenbar als versicherungspflichtigen Arbeitnehmer eingestuft; andernfalls hätte sie ihm seinerzeit (vom 16.10.1981 bis 03.12.1981) weder Arbeitslosengeld noch im Anschluss daran Unterhaltsgeld wegen des Besuchs eines Sprachkurses gewähren dürfen. Seinen gemeinsam mit ihm aus P. ausgereisten Vater habe man als Selbstständigen eingestuft; er habe deswegen Sozialhilfe beantragen müssen. Von Juni 1969 bis Juni 1970 habe er ausweislich des vorgelegten Schulzeugnisses die landwirtschaftliche Berufsschule besucht. Da er versetzt worden sei, müsse der Berufsschulbesuch mit Abschluss als glaubhaft gemacht angesehen werden und die Zeit sei als Ausbildungszeit anzuerkennen. Da er schon vor dem Besuch der Berufsschule ein Arbeitsverhältnis bei seinem Vater begründet habe, gelte die Schulzeit auch nach p. Recht als anrechenbar. Hinsichtlich der nachfolgenden Beschäftigungszeit müsse er im Sinne des ab 01.01.1978 in P. eingeführten Rentenversorgungssystems für Landwirte als Beschäftigter und nicht als mitarbeitender Familienangehöriger eingestuft werden. Er habe von seinem Vater einen monatlichen Lohn bezogen, der ungefähr der Hälfte des Lohns eines Tischlers oder Schlossers entsprochen habe. Davon habe er seinen Lebensunterhalt, Kleidung und seinen Pkw finanzieren müssen. Nach der Eheschließung habe er auf dem Hof seines Schwiegervaters vom 20.04.1977 bis 04.09.1981 gearbeitet. Dort habe er so viel verdient wie ein Tischler oder Schlosser und davon auch seine Ehefrau und zuletzt zwei Kinder unterhalten. Er sei nach Anlage 1 zum FRG als Arbeiter in der Landwirtschaft einzustufen. Insoweit stehe er einem landwirtschaftlichen Arbeitnehmer in Deutschland, der Beiträge zur landwirtschaftlichen Alterskasse entrichtet habe, gleich. Zumindest müsse man unter europarechtlicher Betrachtung annehmen, dass die genannten Zeiten als beitragsfreie Zeiten zur Erfüllung der Wartezeit herangezogen werden könnten. Man habe seine persönliche Situation unter ausschließlicher Berücksichtigung der Auskunft der KRUS nicht hinreichend gewürdigt und möge prüfen, ob er nicht im Februar 2013 die Wartezeit von 35 Jahren erfüllen und damit nach Ablauf seiner Altersteilzeit vorgezogene Altersrente in Anspruch nehmen könne.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18.12.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, worauf der Kläger am 28.12.2012 Klage beim Sozialgericht Mannheim erhob; er bezog sich auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren.

Am 02.12.2013 fand die mündliche Verhandlung des Sozialgerichts statt. Der Kläger gab ergänzend an, nach der Eheschließung habe er nicht mehr bei seinen Eltern, sondern auf dem Hof seines Schwiegervaters gelebt, sich aber erst nach Beantragung eines Reisepasses (offiziell) umgemeldet. Er habe auch auf dem Hof des Schwiegervaters gearbeitet und dabei dieselbe Arbeit geleistet wie zuvor auf dem Hof seines Vaters. Seine Aufgaben habe dort sein 1959 geborener Bruder übernommen. Vor ihm habe eine ältere Schwester seiner Ehefrau auf dem Hof des Schwiegervaters gearbeitet. Von seinem Vater habe er regelmäßig alle zwei Wochen Lohn bekommen, der in bar ausgezahlt worden sei. Das sei anfangs recht wenig gewesen und sei nach und nach mehr geworden. Beim Schwiegervater habe er mehr bekommen, weil er auch schon Kinder gehabt habe; er habe ungefähr so viel wie ein Handwerker verdient. Die Arbeitszeit habe sich nach der Jahreszeit gerichtet. Was zu tun gewesen sei, habe er sehr schnell selbst gewusst; das habe man ihm nicht jeden Tag sagen müssen. Er habe auch schon mit 16 Jahren einen Traktorführerschein gemacht. Auf beiden Höfen sei Ackerbau und Viehwirtschaft betrieben worden. Vom Staat sei alles vorgegeben gewesen, etwa, bis wann man Weizen oder Schweine oder dergleichen habe abgeben müssen. Der erste Teil, bspw. das erste Fünftel des Weizens, wofür man zwei Mal im Jahr nicht den vollen Preis, sondern nur die Hälfte bekommen habe, habe praktisch als Sozialabgabe gegolten. Dafür habe jeder Landwirt ärztliche Behandlungen oder auch Medikamente umsonst erhalten. Geldbeiträge zu einer Kranken- oder Rentenversicherung, wie in Deutschland, habe man nicht gezahlt.

Mit Urteil vom 02.12.2013 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Beklagte habe es zu Recht abgelehnt, die vom Kläger in P. zurückgelegten Zeiten vom 31.12.1969 bis 15.04.1981 (Ausbildungszeiten und Zeiten der Tätigkeit in der Landwirtschaft) als rentenrechtliche Zeiten anzuerkennen; der Kläger habe darauf keinen Anspruch.

Der geltend gemachte Anspruch folge nicht aus dem p. Rentenversicherungsrecht i. V. m. dem DPRA. Das ergebe sich aus der von der Beklagten eingeholten Mitteilung der Landwirtschaftlichen Sozialversicherungskasse in P ... Anhaltspunkte dafür, dass diese die p. Rechtslage fehlerhaft beurteilt haben könnte, gebe es nicht. Der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung zudem angegeben, seinerzeit seien Sozialversicherungsbeiträge wie im heutigen p. System der landwirtschaftlichen Sozialversicherung nicht gezahlt worden. Stattdessen habe man für die soziale Absicherung der Landwirte, insbesondere bei Krankheit, für abgelieferte Naturalgüter nicht den vollen Preis erhalten. Die in Rede stehenden Zeiten könnten auch nach Maßgabe des § 16 FRG nicht als Beschäftigungszeiten anerkannt werden. Nach der genannten Vorschrift stehe eine nach vollendetem 17. Lebensjahr in P. verrichtete Beschäftigung einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland, für die Beiträge entrichtet seien, gleich, wenn sie nicht mit einer Beitragszeit zusammenfalle. Das gelte jedoch nur, wenn die Beschäftigung nach dem am 01.03.1957 geltenden Bundesrecht Versicherungspflicht in den gesetzlichen Rentenversicherungen begründet hätte, wenn sie in der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet verrichtet worden wäre. Das sei nicht der Fall gewesen. Der Kläger habe weder bei seinem Vater noch bei seinem Schwiegervater in einem Arbeitsverhältnis wie ein familienfremder landwirtschaftlicher Arbeiter gestanden. Er habe nicht weisungsgebunden und weisungsunterworfen die ihm zugewiesene Arbeit unter Erfassung der Arbeitszeit und Vergütung (auch) von Überstunden verrichtet. Vielmehr habe er sich zunächst im Betrieb des Vaters und später im Betrieb des Schwiegervaters eingebracht, wie es für Familienangehörige in der Landwirtschaft üblich sei, und ohne Rücksicht auf feste Arbeitszeiten oder gegen einen festen Stundenlohn und auch nicht in arbeitnehmertypischer Unterordnung unter die Weisungen des Betriebsinhabers, sondern als sich selbst für den Betrieb mitverantwortlich fühlendes Familienmitglied gearbeitet. So habe der Kläger nach eigenen Angaben schon mit 16 Jahren den Traktorführerschein gemacht und recht früh selbst gewusst, was im Betrieb wann und wie zu tun gewesen sei. Als mitarbeitender Familienangehöriger im landwirtschaftlichen Betrieb des Vaters und später des Schwiegervaters wäre der Kläger nach dem 1957 geltenden deutschen Recht nicht versicherungspflichtig zur gesetzlichen Rentenversicherung oder zur landwirtschaftlichen Alterskasse gewesen. Die Einbeziehung mitarbeitender Familienangehöriger in die Alterssicherung der Landwirte sei in Deutschland erst ab 01.01.1986 (Drittes Agrarsoziales Ergänzungsgesetz v. 20.12.1985, BGBl. I S. 2475) dauerhaft eingeführt worden. Erst seit dieser Zeit erstrecke sich die Versicherungspflicht unter Anknüpfung an die krankenversicherungsrechtliche Abgrenzung des Personenkreises auf Familienangehörige ab dem vollendeten 25. Lebensjahr ohne Rücksicht auf das Vorliegen eines Arbeitsvertrags. Zuvor habe es lediglich eine Übergangslösung für mitarbeitende Familienangehörige gegeben, die zu bestimmten Stichtagen das 50. Lebensjahr vollendet hätten. Außerdem habe es sich insoweit teilweise auch nur um Vorschriften gehandelt, die die Zahlung von Beiträgen ermöglicht, eine Versicherungspflicht jedoch nicht begründet hätten. Wie seinerzeit offenbar auch in P. habe man die Notwendigkeit der sozialen Absicherung mitarbeitender Familienangehöriger in der Landwirtschaft im Alter auch in Deutschland erst zu einer Zeit für notwendig erachtet, als der Kläger P. bereits verlassen gehabt habe. Das beruhe auf dem Strukturwandel in der Landwirtschaft und den zahlreichen Betriebsaufgaben, die zum Wegfall der Existenzgrundlage des Landwirts im Alter führen könnten. Zuvor sei man noch davon ausgegangen, dass die Alterssicherung der auf dem Hof der Eltern mitarbeitenden Familienangehörigen letztendlich in der Übernahme des Betriebs und später im Altenteil bestehe. Die Zeit, während der der Kläger die landwirtschaftliche Berufsschule in P. besucht habe, stelle eine Zeit der schulischen Ausbildung i. S. d. § 58 Abs. 1 Satz 4 SGB VI nicht dar, sei vielmehr Teil seiner landwirtschaftlichen Ausbildung gewesen. Das vorgelegte Zeugnis des ersten Schuljahres vom 14.06.1970 stamme aus der Zeit vor Vollendung des 17. Lebensjahres des Klägers. Ein Nachweis über den Besuch des zweiten Schuljahres liege nicht vor, zumal die Angaben des Klägers zur schulischen Ausbildung - wohl aufgrund von zwischenzeitlich verschollenen und wiederaufgefundenen Unterlagen - teils widersprüchlich und uneinheitlich gewesen seien. Eine eigenständige Fachschulausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres mit entsprechendem Abschluss sei insgesamt nicht nachgewiesen.

Auf das ihm am 23.12.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21.01.2014 Berufung eingelegt. Er bekräftigt sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, er habe bei seinem Vater und bei seinem Schwiegervater in einem Arbeitsverhältnis wie ein familienfremder landwirtschaftlicher Arbeiter gestanden und wie ein normaler Beschäftigter gearbeitet, was seine (von ihm inzwischen getrennt lebende) Ehefrau und seine Schwiegermutter bestätigten. Nach der Einreise nach Deutschland habe er Arbeitslosengeld bezogen, was die Einstufung als Beschäftigter in P. vorausgesetzt habe. Seine Schwiegereltern hätten ihm seinerzeit nicht versprochen, dass er den Hof übernehmen könne. Deshalb habe man einen Arbeitsvertrag abgeschlossen und ihm regelmäßig zweimal monatlich Lohn gezahlt, 18 Tage Jahresurlaub gewährt und bei einer größeren Anzahl von Überstunden auch einen freien Tag zugebilligt. Über die Zeit, wann Urlaub oder Freizeit genommen werden dürfe, hätten seine Schwiegereltern entschieden. Er habe sich dazu bereit erklären müssen, deren Anweisungen zu befolgen. Seine Aufgaben hätten in der Ausführung von Feldarbeiten, Reparaturen und dem Instandsetzen landwirtschaftlicher Maschinen und außerdem in Handlangerarbeiten bestanden. Er habe täglich das Vieh versorgen müssen. Dazu habe er keine tägliche Anweisung gebraucht. Er habe mit seiner Familie zwar bei den Schwiegereltern in einem Haus gewohnt, außer einer gemeinsamen Küche hätten aber getrennte Wohnungen bestanden. Für die Miete und den größten Teil der Verpflegung mit Ausnahme der Getränke habe er nicht aufkommen müssen. Von seinem Lohn habe er (u.a.) die Kfz-Versicherung für sein Auto, Benzin, Bekleidung, Arztbesuche, Medikamente, Kindergartengebühr, Fernsehgebühr, Tageszeitung und die Wohnungseinrichtung finanziert.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 02.12.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 30.08.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.12.2012 zu verurteilen, die von ihm in P. zurückgelegten Zeiten vom 31.12.1969 bis 15.04.1981 (Ausbildungszeiten und Zeiten der Tätigkeit in der Landwirtschaft) als rentenrechtliche Zeiten vorzumerken.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.

Das Sozialgericht hat in seinem Urteil zutreffend dargelegt, dass die streitige Zeit der Tätigkeit des Klägers auf dem landwirtschaftlichen Anwesen seines Vaters und später seines Schwiegervaters vom 01.09.1970 bis 25.04.1977 bzw. vom 26.04.1977 bis 15.04.1981 und die Zeit des Besuchs einer landwirtschaftlichen Schule in den Schuljahren 1969/1970 und 1970/1971 (ab 31.12.1969) als rentenrechtliche Zeit nicht anerkannt (vorgemerkt) werden kann. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Der Kläger hat zur Begründung seiner Berufung wesentlich Neues nicht vorgetragen, vielmehr lediglich sein bisheriges Vorbringen bekräftigt. Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts, dass der Kläger auf dem landwirtschaftlichen Anwesen seines Vaters und später seines Schwiegervaters nicht als abhängig beschäftigter Landarbeiter, sondern als mitarbeitendes Familienmitglied tätig gewesen ist. Das ergibt sich aus dem Gesamtbild seiner Tätigkeit in der elterlichen bzw. der schwiegerelterlichen Landwirtschaft. Der Kläger hat im Haus zunächst der Eltern und nach der Eheschließung der Schwiegereltern, freilich mit seiner Ehefrau in einer separaten Wohnung, gewohnt und auf den landwirtschaftlichen Anwesen mitgearbeitet. Für den Abschluss eines Arbeitsvertrags als Landarbeiter ist nichts ersichtlich. Dass man dem Kläger einen Geldbetrag für seine Mitarbeit gezahlt hat, macht ihn nicht zum Beschäftigten des Vaters oder Schwiegervaters. Damit ist vielmehr seine familienhafte Mitarbeit honoriert worden und man hat ihn am Ertrag des Betriebs teilhaben lassen. Unerheblich ist auch, dass der Kläger Anweisungen des Vaters oder Schwiegervaters befolgt hat; diese Anweisungen haben ihren Grund im familiären Verhältnis zwischen (Schwieger-)Sohn und (Schwieger-)Vater und nicht in der arbeitsrechtlichen Direktionsbefugnis des Arbeitgebers gehabt. Davon abgesehen hat der Kläger nach eigenen Angaben (ohnehin) weitgehend selbständig auf den Höfen (mit-)gearbeitet. Die - ersichtlich zu Unrecht erfolgte - Gewährung von Arbeitslosengeld nach der Einreise nach Deutschland ist unerheblich. Die Beklagte ist deswegen nicht verpflichtet, den Kläger ebenfalls zu Unrecht als Beschäftigten seines Vaters bzw. Schwiegervaters in P. einzustufen.

Das Sozialgericht hat auch zu Recht die Anerkennung der Zeit ab dem 31.12.1970 (Vollendung des 17. Lebensjahrs des Klägers am 30.12.1970) als Anrechnungszeit (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI: Fachschulbesuch nach dem vollendeten 17. Lebensjahr) abgelehnt. Der Kläger hat, wie aus dem vorgelegten Zeugnis der Schule für Landwirtschaftliche Schulung in W. vom 14.06.1970 hervorgeht, das Schuljahr 1969/1970 (bis Sommer 1970) - erste Klasse - besucht und ist in die zweite Klasse versetzt worden. Dass er die Schule auch nach dem 30.12.1970 in der zweiten Klasse weiter besucht hat, ist damit allein nicht ausreichend dargetan. Nachweise (Urkunden) hierzu liegen nicht vor. Das Vorbringen des Klägers ist insoweit auch nicht konsistent, nachdem er (im Wesentlichen in Übereinstimmung mit den entsprechenden Angaben seines Vaters) zur Begründung seines ersten Kontenklärungsantrags (1989) und auch im Zuge des zweiten Kontenklärungsantrags 2001 angegeben hatte, er habe vom 01.09.1970 bis Juli 1972 eine Lehre bzw. Schulausbildung zum Landwirt absolviert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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