L 8 SB 3669/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SB 8810/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 3669/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Juli 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) streitig.

Der 1954 geborene Kläger beantragte am 01.04.2009 beim Zentrum B. Familie und Soziales Region O. - Versorgungsamt - die Feststellung des GdB mit mindestens 80 sowie des Merkzeichens "G". Das Versorgungsamt holte medizinische Befundunterlagen ein (Dr. D. vom 20.04.2009, Diagnose: Zustand nach Pankreascorpussegmentresektion 1996 mit Laborbefund vom 31.03.2009; Professor Dr. St. vom 20.05.2009, Diagnosen: "BPS", symptomatische Harnwegsinfekte, Pankreasteilresektion 1996; Befundbericht Dr. Kä. vom 30.04.2009, Diagnosen insbesondere: Rheumatoide Arthritis, beginnende Polyarthrosen, lumbales Schmerzsyndrom, Pankreas-Karzinoid, Prostata-Adenom, rezidivierende Zystitis und Verdacht auf Refluxösophagitis). In der ärztlichen Stellungnahme vom 01.09.2009 schlug Dr. P. wegen einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung der Gelenke (Einzel GdB 30) sowie einer Prostatavergrößerung, Harnblasendivertikel und Entleerungsstörungen der Harnblase den Gesamt-GdB mit 30 vor. Mit Bescheid vom 18.09.2009 stellte das Versorgungsamt beim Kläger den GdB mit 30 (ab 2009) sowie eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit fest. Die Voraussetzungen zur Feststellung des beantragten Merkzeichens "G" lägen nicht vor.

Gegen den Bescheid vom 18.09.2009 legte der Kläger am 06.10.2009 Widerspruch ein. Er machte wegen erheblicher Schmerzen in den Hand-, Fuß- und Kniegelenken sowie wegen Störungen der Konzentration einen GdB von 50 bis 70 geltend. Er bitte, die Einstufung entsprechend anzupassen. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.11.2009 wies das Zentrum B. Familie und Soziales - Landesversorgungsamt - den Widerspruch des Klägers zurück. Der festgestellte GdB von 30 sei zutreffend.

Im Dezember 2009 zog der Kläger von M. in die Schweiz um. Daraufhin wurden vom Versorgungsamt Region O. die Akten zuständigkeitshalber an das Landratsamt Konstanz abgegeben.

Am 23.12.2009 erhob der Kläger beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage. Der Kläger machte die Feststellung des GdB mit mindestens 50 bis 80 geltend. Die schweren Gesundheitsbeeinträchtigungen und Funktionsstörungen seien nicht ausreichend berücksichtigt. Die chronisch entzündlich-rheumatische Erkrankung rechtfertige einen GdB von mindestens 50 bis 70. Er leide an Beeinträchtigungen an mehreren Funktionssystemen seines Körpers. Die Stellungnahme des Dr. Ku. berücksichtige diese Einschränkungen nicht ausreichend. Zusätzlich seien eine Prostatavergrößerung, die Harnblasendivertikel und eine Harnblaseninkontinenz mit einem GdB von 20 bis 40 sowie anhaltende Verdauungsprobleme zu berücksichtigen. Er sei im Dezember 2009 aus beruflichen Gründen in die Schweiz verzogen. Eine Rückkehr nach Deutschland sei geplant. Es bestehe weiterhin ein dauerhafter Bezug zu Deutschland.

Das SG hörte den vom Kläger benannten behandelnden Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie Dr. Ku. schriftlich als sachverständigen Zeugen an. Dr. Ku. teilte in seinen Stellungnahmen vom 13.08.2010 und 05.04.2011 den Behandlungsverlauf, die Befunde und die Diagnosen mit. Die durch die entzündlich-rheumatische Erkrankung bedingten Funktionseinschränkungen seien gering. Eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit bei Vermehrung der Symptome sei anzunehmen.

Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG holte das SG das Gutachten der Ärztin für Innere Medizin, Rheumatologie, Naturheilverfahren und Sozialmedizin Dr. Fi. vom 24.06.2011 ein. Dr. Fi. gelangte in ihrem Gutachten zu den Bewertungen, an Gesundheitsstörungen bestünden beim Kläger eine rheumatoide Arthritis, Heberden-Arthrosen beidseits und ein Impingement-Syndrom der rechten Schulter (Teil-GdB 50), ein Zustand nach Pankreascorpussegmentresektion und ein latendes Diabetes mellitus (Teil-GdB 10) sowie ein Prostataadenom, Entleerungsstörungen der Harnblase und Harnblasendivertikel (Teil-GdB 20). Den Gesamt-GdB schätzte Dr. Fi. auf 50 ein.

Der Beklagte trat der Klage unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahmen des Arztes De. vom 24.02.2011 sowie Dr. W. vom 20.04.2011 und 21.07.2011 entgegen.

Anschließend holte das SG von Amts wegen das (internistische) Gutachten des Dr. S. vom 27.02.2012 ein. Dr. S. diagnostizierte beim Kläger eine rheumatoide Arthritis, aktuell ohne entzündliche Aktivität bei zeitweisen Schüben und ohne Gelenkdeformationen (GdB 30), ein Impingement-Syndrom der rechten Schulter (kein GdB), eine Entleerungsstörung der Harnblase bei obstruktiver Prostata (GdB 10), einen Diabetes mellitus - diätetisch zu beherrschen - (kein GdB) sowie ein postoperativ gutes Ergebnis nach Pankreasoperation 1996 (kein GdB). Dr. S. schätzte den Gesamt-GdB auf 30 ein.

Der Kläger trug unter Bezug auf das Gutachten der Dr. Fi. zu den bestehenden Beeinträchtigungen weiter vor (Schriftsätze vom 08.09.2011, 17.11.2011 und 26.06.2012).

Mit Gerichtsbescheid vom 20.07.2012 wies das SG die Klage ab. Aufgrund des Umzuges des Klägers in die Schweiz sei das Land Baden-Württemberg Beklagter und das SG für die Klage zuständig. Die Klage sei unbegründet. Der festgestellte GdB von 30 berücksichtige die beim Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen ausreichend. Streitgegenstand sei ausschließlich die Bewertung des GdB, da sich der Kläger weder im Widerspruchsverfahren noch im Klageverfahren gegen die Ablehnung des begehrten Merkzeichens gewandt habe. Der Kläger könne nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ungeachtet seines Wohnsitzes in der Schweiz die Feststellung des GdB nach dem SGB IX geltend machen. Ein ausreichender Inlandsbezug sei beim Kläger anzunehmen. Die rheumatoide Arthritis sei nach dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des Dr. S. mit einem Teil-GdB von 30 angemessen und ausreichend bewertet. Der Einschätzung der Gutachterin Dr. Fi. könne sich die Kammer nicht anschließen. Für die Entleerungsstörung der Harnblase bei obstruktiver Prostata sei ein Teil-GdB von 10 in Ansatz zu bringen. Anhaltspunkte dafür, dass der Diabetes mellitus einen GdB von wenigstens 10 erreiche, lägen nicht vor. Auch der Zustand nach der Pankreasoperation rechtfertige keinen Teil-GdB von wenigstens 10. Anhaltspunkte für das Vorliegen weiterer sozialmedizinisch relevanter Gesundheitsstörungen bestünden nicht. Der Gesamt-GdB sei danach mit 30 zu bewerten.

Gegen den der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 25.07.2012 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die vom Kläger durch seine Prozessbevollmächtigte am 24.08.2012 eingelegte Berufung. Der Kläger hat zur Begründung unter Bezug auf sein bisheriges Vorbringen ausgeführt, die medikamentös ohne großen Erfolg behandelte rheumatische Erkrankung stelle den Schwerpunkt seiner Gesundheitsbeeinträchtigungen und Funktionsstörungen dar, für die ein GdB von mindestens 50 gerechtfertigt sei, wie Dr. Fi. in ihrem Gutachten festgestellt habe. Er leide regelmäßig an schweren Schüben, die mit starken Schmerzen und Bewegungseinschränkungen verbunden seien. Es bestünden an der rechten Schulter und am rechten Knie permanent Schmerzen und die Kniegelenke könnten kaum mehr belastet werden. Ebenso bestünden dauerhaft Schmerzen der Zehen des linken Fußes, was zu einem Hinkreflex links geführt habe. Durch die bestehenden Beschwerden sei er im Alltag stark eingeschränkt und beeinträchtigt. Die starken Beschwerden der rheumatoiden Arthritis würden zusätzlich durch die Entleerungsstörung der Harnblase bzw. Harninkontinenz, die Pankreasinsuffizienz (permanente Diarrhöe) sowie die Diabeteserkrankung negativ beeinflusst. Durch die Pankreasinsuffizienz sei er an eine strenge Diät gehalten, welche zusätzlich durch die Diabeteserkrankung eingeschränkt sei. Er könne nur wenige Lebensmittel ohne Beschwerden zu sich nehmen, wodurch er immer wieder stark eingeschränkt sei. Sein Allgemeinzustand sei nicht als gut zu bewerten. Die andauernden erheblichen Einschränkungen und Beschwerden seien vom Gericht nicht bzw. nicht ausreichend gewürdigt worden. Das Gericht habe keinen Gebrauch von der Möglichkeit seiner persönlichen Befragung und Begutachtung gemacht, weshalb dem Gericht bei der Beurteilung und Einschätzung der Gesamtsituation ein wesentlicher Aspekt fehle. Seine gesundheitliche Situation habe sich deutlich verschlechtert. Die regelmäßigen schweren Rheumaschübe nähmen an Intensität zu. Zusätzlich habe sich seine Verdauung deutlich verschlechtert. Durch die Verschlechterung sei eine weitere allgemeine Schwächung eingetreten. Die Stellungnahme des Dr. Ku. sowie das Gutachten des Dr. S. , der kein Rheumatologe sei, stellten die aktuelle Situation nur lückenhaft dar. Des Weiteren sei zunehmend auch seine psychische Situation zu beachten. Der Kläger hat den Befundbericht des PD Dr. Wi. vom 06.05.2013 vorgelegt.

Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Juli 2012 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides des Zentrums B. Familie und Soziales - Versorgungsamt - vom 18. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. November 2009 zu verurteilen, den Grad der Behinderung mit mindestens 50 seit dem 1. April 2009 festzustellen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Nach den schlüssigen Ausführungen im Gutachten des Dr. S. sei eine über die bisherige Entscheidung hinausgehende Feststellung nicht zu vertreten.

Der Senat hat den den Kläger als Nachfolger des Dr. Ku. behandelnden Arzt Dr. Ba. schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört. Dr. Ba. hat in seinen Stellungnahmen vom 19.04.2013 und 04.10.2013 die von ihm am 25.03.2013 erhobenen Untersuchungsbefunde mitgeteilt. Das Ergebnis einer Blutsenkung entspreche einer erhöhten entzündlichen Aktivität der rheumatoiden Arthritis. Seit dem 25.03.2013 sei keine Konsultation des Klägers erfolgt. Mit Schreiben vom 05.02.2013 hat Dr. Ba. außerdem mitgeteilt, er habe zum Januar 2013 die Arztpraxis des Dr. Ku. übernommen. Der Kläger sei ihm aus der ambulanten Sprechstunde nicht bekannt.

Der Rechtsstreit ist durch den Berichterstatter mit den Beteiligten in der nichtöffentlichen Sitzung am 31.01.2014 erörtert worden. Mit Beschluss vom 31.01.2014 ist auf übereinstimmenden Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden. Auf die Niederschrift vom 31.01.2014 wird Bezug genommen.

Am 06.06.2014 hat der Kläger das ruhende Verfahren wieder angerufen. Der Kläger hat im weiteren Verlauf des Berufungsverfahrens das internistisch/rheumatologische, sozialmedizinische (Privat)Gutachten der Dr. Fi. vom 17.06.2014 vorgelegt. Dr. Fi. diagnostizierte in ihrem Gutachten eine klinisch aktive rheumatoide Arthritis und Heberden-Arthrose beidseits, ein Impingement-Syndrom der rechten Schulter sowie den Verdacht auf eine Periathropathia humeroscapularis calcarea rechts und eine Funktionsstörung des rechten Kniegelenkes (GdB 50), einen Zustand nach Pankreascorpussegmentresektion mit häufigen Durchfällen (GdB 20), eine Neigung zu Diabetes mellitus ohne Erforderlichkeit einer medikamentösen Therapie (kein GdB), rezidivierende Harnwegsinfekte bei Prostatavergrößerung, ein Harnblasendivertikel und Entleerungsstörungen der Harnblase mit häufigem Harndrang (GdB 20) sowie eine medikamentös behandelte Refluxösophagitis bei Zwerchfellbruch (GdB 10). Dr. Fi. schätzte den Gesamt-GdB auf 60 ein. Außerdem hat der Kläger den Verlaufsbericht des Dr. Ba. vom 02.10.2014 sowie ein in der Zeit vom 01.02.2014 bis 15.10.2014 von ihm geführtes Tagebuch zu der Anzahl schmerzhafter Gelenke, zur Möglichkeit des Hebens und Gehens sowie zur Anzahl der täglichen Stuhlgänge und der Urinentleerungen vorgelegt.

Der Beklagte ist der Berufung unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. W. vom 10.06.2013 und Dr. R. vom 26.02.2015 weiter entgegen getreten. Dr. R. hielt wegen einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung der Gelenke (Teil-GdB 30), einer Prostatavergrößerung und einer Entleerungsstörung der Harnblase (Teil-GdB 10) sowie einer Funktionsstörung der Bauchspeicheldrüse und einem Speiseröhrengleitbruch (Teil-GdB 10) einen Gesamt-GdB von 30 weiterhin für angemessen. Hierzu hat der Kläger weiter vorgetragen (Schriftsatz vom 07.04.2015). Aufgrund seiner Pankreasinsuffizienz und des Urinstatus müsse er sehr häufig am Tag, in der Regel wegen des Durchfalles, sehr rasch auf die Toilette gehen. Hierauf gehe der Beklagte nicht ein. Es bestehe kein Anlass, das von ihm vorgelegte Gutachten der Dr. Fi. in Zweifel zu ziehen. Im Termin am 31.01.2014 sei ihm vom Berichterstatter unter anderem aufgegeben worden, ein weiteres rheumatologisches Gutachten zur Fortführung des Verfahrens vorzulegen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig. Richtiger Beklagter ist das Land Baden-Württemberg. Nachdem der Kläger im Verlaufe des Verfahrens, mit dem er im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage die Feststellung eines höheren GdB anstrebt, seinen Wohnsitz von B. in die Schweiz verlegt hat, ist ein Beklagtenwechsel kraft Gesetzes eingetreten (vgl. BSG Urteil vom 05.07.2007 - B 9/9a SB 2/07 R -). Neuer Beklagter ist das Land Baden-Württemberg. Dies folgt aus § 3 Abs. 5 KOVVfG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Buchstabe f) der AuslZustV, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend dargestellt hat. Damit ist das Land Baden-Württemberg an die Stelle des zuvor zuständigen Zentrum B. Familie und Soziales Region O. - Versorgungsamt - als Beklagter getreten. Das SG hat im angefochtenen Gerichtsbescheid weiter auch zutreffend angenommen, dass der Kläger ungeachtet seines Wohnsitzes in der Schweiz die Feststellung des GdB nach § 69 SGB IX im Inland geltend machen kann. Dies ist zwischen den Beteiligten im Übrigen auch nicht streitig.

Nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist, ob beim Kläger die gesundheitlichen Merkmale für die Inanspruchnahme insbesondere des Nachteilsausgleiches "G" festzustellen sind. Seinen dahingehenden Antrag hat der Kläger im Widerspruchsverfahren wie auch im Klageverfahren nicht weiter verfolgt. Er hat sich vielmehr lediglich gegen die Höhe des festgestellten GdB gewandt. Dem entsprechen auch die vom Kläger im Klage- und im Berufungsverfahren gestellten Anträge.

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der streitgegenständliche Bescheid vom 18.09.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.11.2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Feststellung eines GdB von über 30 zu. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.

Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).

Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 27, 30 m.w.N.). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, a.a.O., RdNr 30)

Die entzündlich-rheumatische Erkrankung der Gelenke (rheumatoide Arthritis) des Klägers ist mit einem Einzel-GdB von 30 angemessen bewertet. Nach den VG Teil B 18.2.1 beträgt bei entzündlich-rheumatischen Krankheiten (z. B. Bechterew-Krankheit) ohne wesentliche Funktionseinschränkung mit leichten Beschwerden der GdB 10, mit geringen Auswirkungen (leichtgradige Funktionseinbußen und Beschwerden, je nach Art und Umfang des Gelenkbefalls, geringe Krankheitsaktivität) 20 bis 40, mit mittelgradigen Auswirkungen (dauernde erhebliche Funktionseinbußen und Beschwerden, therapeutisch schwer beeinflussbare Krankheitsaktivität) 50 bis 70 und mit schweren Auswirkungen (irreversible Funktionseinbußen, hochgradige Progredienz) 80 bis 100. Auswirkungen über sechs Monate anhaltender aggressiver Therapien sind gegebenenfalls zusätzlich zu berücksichtigen.

Dass beim Kläger mittelgradige oder gar schwere Auswirkungen der entzündlich-rheumatischen Erkrankung bestehen, kann nicht festgestellt werden. Nach dem vom SG eingeholten Gutachten des Dr. S. vom 16.02.2012 bestehen beim Kläger nur leichtgradige Funktionseinbußen. Dauernde erhebliche Funktionseinbußen und Beschwerden hatte Dr. S. beim Kläger nicht feststellen und beschreiben können. So waren beim Kläger insbesondere beim Betreten des Untersuchungsraums erkennbare Behinderungen auch in der Untersuchungssituation nicht auffällig. Die Bewegungsprüfung der Wirbelsäulensegmente zeigte keine nennenswerte Einschränkung ohne wesentliche Schmerzangaben. An den oberen und unteren Extremitäten hat Dr. S. keine nennenswerten Auffälligkeiten der sichtbaren Gelenkkonturen oder einer merklichen Einschränkung der Beweglichkeit festgestellt. Es bestanden lediglich ein schmerzhafter Bogen der rechten Schulter bei sonst jedoch freier Beweglichkeit auch bei Beobachtung der Spontanbewegungen sowie Angaben des Klägers von leichten Beschwerden am rechten Knie und Druckschmerzhaftigkeit der Gelenkkapseln ohne Einschränkung der Bewegungsfunktion. Klinisch waren die Gelenke unauffällig. Gelenkdeformationen, wie sie im Rahmen eines länger bestehenden rheumatischen Geschehens auftreten können, hat Dr. S. nicht feststellen können. Röntgenologisch fanden sich nur sehr diskrete Zeichen an den Händen bei wahrscheinlich rheumaunabhängiger leichter Heberden-Arthrose an den Fingerendgelenken ohne Funktionsbehinderung. Das Gangbild erschien locker. Laborchemisch waren die für eine entzündliche Aktivität charakteristischen Parameter (BSG und CRP) im Normbereich. Dem entspricht auch die Angabe des Dr. Ku. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenauskunft an das SG vom 05.04.2011, dass beim Kläger durch die entzündlich-rheumatische Krankheit nur geringe Funktionseinschränkungen bedingt seien. Auch dem auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG eingeholten Gutachten der Dr. Fi. vom 24.06.2011 lassen sich dauernde erhebliche Funktionseinbußen und Beschwerden des Klägers durch die entzündlich-rheumatische Krankheit nicht entnehmen. Die von ihr in ihrem Gutachten beschriebenen Befunde hinsichtlich der Wirbelsäule, der oberen und unteren Extremitäten des Klägers entsprechen im Wesentlichen den von Dr. S. beschriebenen Befunden. Eine merkliche Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, der oberen und der unteren Extremitäten hat auch Dr. Fi. in ihrem Gutachten nicht feststellen und beschreiben können. Hinsichtlich der rechten Schulter beschreibt Dr. Fi. ein Impingement-Syndrom der rechten Schulter bei endgradig eingeschränkter Anteversion (140°) und Retroversion (130°) mit Schmerzangabe, die jedoch nach den VG Teil B 18.13 noch nicht GdB-relevant ist. Weiter beschreibt Dr. Fi. hinsichtlich des rechten Kniegelenks eine mäßige Ergussbildung und einen deutlichen Beugeschmerz bei einer Beweglichkeit der Beugung bis 120°, was nach den VG Teil B 18.14 ebenfalls noch keine GdB-relevante Funktionsbehinderung darstellt. Dr. Fi. geht in ihrem Gutachten davon aus, dass (lediglich) auftretende Schübe zu einer erheblichen Funktionseinschränkung führen. Danach sind beim Kläger dauernde erhebliche Funktionseinbußen und Beschwerden durch die entzündlich-rheumatische Erkrankung nicht belegt.

Beim Kläger kann - entgegen seinem Vortrag - auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Krankheitsaktivität der entzündlich-rheumatischen Erkrankung therapeutisch schwer beeinflussbar bzw. sehr aktiv ist. Zwar geht Dr. S. in seinem Gutachten vom 16.02.2012 davon aus, dass eine Krankheitsaktivität beim Kläger vorliegt. Diese kann jedoch nach der nachvollziehbaren und überzeugenden Bewertung des Dr. S. nicht als therapeutisch schwer beeinflussbar bezeichnet werden. Hierzu liegen keine objektiven ärztlichen Feststellungen vor. Nach den im Gutachten beschriebenen Angaben des Klägers bei der Untersuchung durch Dr. S. träten Erkrankungsschübe ca. alle acht Wochen (letzter Schub sechs Wochen vor der Untersuchung) auf, die den Kläger insbesondere beim Kauen behindern. Der Schub kann auch die Füße, die Knie oder andere Gelenke betreffen. Durch die entsprechende Erhöhung verordneter Medikamente (Steroid) besteht jedoch die Möglichkeit, den Schub (nach einer Woche) zu beenden. Soweit der Kläger im Rahmen der Begutachtung durch Dr. Fi. im Jahr 2011 angeben hat, Schübe würden ca. alle vier Wochen auftreten, setzt er sich damit in Widerspruch zu seinen bei Dr. S. gemachten Angaben. Die Bewertung des Dr. S. in seinem Gutachten, dass auch wenn Rheumaschübe nicht zu unterbinden sind, nicht von einer therapeutisch schwer beeinflussbaren Krankheitsaktivität, sondern lediglich von einer leichten Krankheitsaktivität ausgegangen werden kann, ist für den Senat nachvollziehbar und überzeugend. Diese Bewertung wird dadurch untermauert, dass sich der Kläger nach der Übernahme der Praxis des den Kläger behandelnden Arztes Dr. Ku. durch Dr. Ba. ab Januar 2013 nach den schriftlichen sachverständigen Zeugenaussagen des Dr. Ba. vom 19.04.2013 und 04.10.2013 lediglich am 25.03.2013 bei Dr. Ba. vorgestellt hat, wohl im Zusammenhang mit einer schriftlichen Nachfrage des Berichterstatters vom 07.02.2013, bei welchem Arzt sich der Kläger (u.a.) wegen der entzündlich-rheumatischen Erkrankung in Behandlung befindet. Läge eine nicht nur leichte Krankheitsaktivität mit häufigen Schüben vor, wären regelmäßige ärztliche Behandlungen in zeitlich kürzeren Intervallen zu erwarten. Gesichtspunkte, die hinsichtlich der Beeinflussbarkeit der Krankheitsaktivität eine davon abweichende Bewertung rechtfertigen, zeigt Dr. Fi. in ihrem Gutachten vom 24.06.2011 nicht auf. Auch nach den von ihr beschriebenen Angaben des Klägers zur Beschwerdesymptomatik lassen sich auftretende Schübe der Erkrankung unter Cortison zum Stillstand bringen. Dass beim Kläger eine therapeutisch schwer beeinflussbare Krankheitsaktivität besteht, hat Dr. Fi. in ihrem Gutachten nicht dargelegt. Durch die medikamentöse Therapie bedingte schwere Nebenwirkungen sind nach dem Vorbringen des Klägers (beim SG) nicht aufgetreten und auch den sonst vorliegenden Unterlagen nicht zu entnehmen.

Dass im Verlauf des Rechtsstreites eine deutliche Verschlimmerung eingetreten ist, wie der Kläger im Berufungsverfahren geltend macht, ist nicht belegt. Aus den schriftlichen sachverständigen Zeugenaussagen des Dr. Ba. vom 19.04.2013 und 04.10.2013 an den Senat ergibt sich eine relevante Verschlimmerung nicht. Nach der auf Angaben des Klägers gestützten Aussage des Dr. Ba. scheinen die Beschwerden des Klägers seit 2006 über die Zeit vielmehr konstant zu sein. Gegen eine relevante Verschlimmerung spricht auch, dass sich der Kläger nach den Angaben des Dr. Ba. nach einer einmaligen Untersuchung des Klägers am 25.03.2013 bei Dr. Ba. nicht mehr vorgestellt hat, was auch den Schluss darauf zulässt, dass eine wesentliche Verschlimmerung der rheumatisch-entzündlichen Erkrankung des Klägers nicht eingetreten ist. Auch dem im Berufungsverfahren vom Kläger vorgelegten (Privat)Gutachten der Dr. Fi. vom 17.06.2014 kann eine relevante Verschlimmerung nicht entnommen werden. Auch aus diesem Gutachten können mittelgradige Auswirkungen der entzündlich-rheumatischen Erkrankung des Klägers nicht abgeleitet werden, worauf Dr. R. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 26.02.2015 überzeugend hinweist. Nach den Beschreibungen von Dr. Fi. in ihrem Gutachten besteht beim Kläger ein weitgehend normales, etwas langsames Gangbild. Hinsichtlich der oberen Extremitäten beschreibt Dr. Fi. eine weiterhin aktive Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenkes. Hinsichtlich der unteren Extremitäten (Hüft-, Knie- und Sprunggelenke) beschreibt Dr. Fi. nennenswerte Funktionsbeeinträchtigungen nicht. Entsprechendes gilt für die Wirbelsäule. Dem entsprechen im Wesentlichen auch die von Dr. Ba. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 19.04.2013 und im Verlaufsbericht vom 02.10.2014 mitgeteilten Befunde. Soweit Dr. Fi. in ihrem Gutachten eine Funktionseinschränkung der rechten Hand (Handgelenk/Faust) beschreibt, ist diese nach dem Verlaufsbericht des Dr. Ba. vom 02.10.2014, wonach die rechte Hand des Klägers bei leichtgradiger Schmerzhaftigkeit der Fingergelenke vollständig belastbar ist, nicht dauerhaft. Gegen eine wesentliche Verschlimmerung der entzündlich-rheumatischen Erkrankung des Klägers spricht auch, dass der Kläger nach den von Dr. Fi. in ihrem Gutachten beschriebenen Angaben des Klägers Gymnastik durchführt, wenn er sich körperlich dazu in der Lage fühle sowie Segeln in der Mannschaft betreibt, wenn er dazu Zeit habe, worauf Dr. R. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 26.02.2015 weiter überzeugend hinweist. Von einer wesentlichen Verschlimmerung der entzündlich-rheumatischen Erkrankung des Klägers ist auch Dr. Fi. in ihrem Gutachten vom 17.06.2014 nicht ausgegangen. Sie hat vielmehr entsprechend ihrem Gutachten vom 24.06.2011 den GdB wegen der entzündlich-rheumatischen Erkrankung weiterhin mit einem GdB von 50 bewertet. Auch eine andauernde entzündliche Aktivität der Erkrankung ist nicht belegt. Einem dem Gutachten der Dr. Fi. beigefügten Verlaufsbericht des Dr. Ba. vom 17.02.2014 lässt sich zwar eine leicht erhöhte entzündliche Aktivität der rheumatoiden Arthritis entnehmen. Diese hat sich jedoch nach dem Verlaufsbericht des Dr. Ba. vom 02.10.2014 normalisiert, worauf Dr. R. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 26.02.2015 nachvollziehbar und überzeugend hinweist. Zudem bestehen durchgreifende Zweifel daran, dass die Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenkes des Klägers auf die entzündlich-rheumatische Erkrankung zurückzuführen ist. Dr. Fi. und Dr. S. gehen in ihren Gutachten übereinstimmend davon aus, dass beim Kläger ein Impingement-Syndrom der rechten Schulter besteht. Nach der Befundbeschreibung von Dr. Fi. in ihrem Gutachten vom 17.06.2014 besteht der Verdacht auf eine Periatropathia humeroscapularis-calcarea der rechten Schulter. Weiter ergab eine Sonografie der rechten Schulter mehrere kleinere Verkalkungen im Bereich des Musculus subscapularis. Diese Diagnosen und Befunde deuten darauf hin, dass hinsichtlich der Funktionsbehinderung der rechten Schulter des Klägers von einer "isolierten" zu berücksichtigenden Behinderung im Funktionssystem der oberen Gliedmaßen auszugehen ist, was Dr. Fi. in ihrem Gutachten vom 17.06.2014 nicht hinreichend berücksichtigt.

Somit ist nach den VG hinsichtlich der entzündlich-rheumatischen Erkrankung beim Kläger von einem GdB-Rahmen von 20 bis 40 auszugehen. Diesen Rahmen nach oben auf 40 auszuschöpfen, erachtet der Senat mit Dr. S. für nicht gerechtfertigt. Der Senat folgt den überzeugenden Erwägungen des Dr. S. in seinem Gutachten dazu, dass für die festgestellte Behinderung durch die entzündlich-rheumatische Erkrankung des Klägers ein Einzel-GdB von 30 angemessen ist. Der davon abweichenden Bewertung der Dr. Fi. , die einen Einzel-GdB von 50 für angemessen erachtet, kann nicht gefolgt werden. Diese Bewertung widerspricht den rechtlichen Bewertungsvorgaben der VG. Mittelgradige Auswirkungen der entzündlich-rheumatischen Erkrankung des Klägers, die erst einen Einzel-GdB von 50 rechtfertigen, sind nicht belegt. Soweit der Kläger geltend macht, durch die bestehenden Beschwerden sei sein Alltag stark geprägt und er stark eingeschränkt und beeinträchtigt, steht dies mit den in den Gutachten des Dr. S. vom 16.02.2012 sowie der Dr. Fi. vom 24.06.2011 beschriebenen Beschwerdeangaben des Klägers nicht in Einklang und wird außerdem durch die von Dr. S. und Dr. Fi. in ihren Gutachten erhobenen medizinischen Befunde lediglich geringer Funktionsbeeinträchtigungen wie auch nach den sonst zu den Akten gelangten medizinischen Befundberichten in dem vom Kläger geltend gemachten Ausmaß nicht belegt, weshalb auch das Vorbringen des Klägers die Annahme eines GdB von 40 für die entzündlich-rheumatische Erkrankung nicht rechtfertigt.

Die Funktionsstörung der Bauchspeicheldrüse (Pankreasinsuffizienz nach Operation 1996) und der Zwerchfellbruch sind mit einem Teil-GdB von 10 nicht zu niedrig bewertet. Dass sich die Pankreasinsuffizienz zunehmend negativ entwickelt bzw. die Verdauung deutlich verschlechtert hat, wie der Kläger geltend macht, ist nicht belegt. Nach den von Dr. S. in seinem Gutachten vom 16.02.2012 beschriebenen Beschwerdeangaben des Klägers macht die Pankreas keine Probleme. Den Stuhlgang hatte der Kläger als beschwerdefrei angegeben. Dem entsprechen im Wesentlichen auch die von Dr. Fi. in ihrem Gutachten vom 24.06.2011 beschriebenen Beschwerdeangaben des Klägers. Einschränkungen der Nahrungsaufnahme durch die Pankreaserkrankung sind durch objektive medizinische Befunde nicht belegt. Hinsichtlich des Stuhlganges hat der Kläger lediglich immer wieder auftretende Durchfälle seit der Pankreas-Operation beschrieben, ohne einen konkreten Zusammenhang zu Speisen herstellen zu können. Auffällige Blutwerte, die auf eine Funktionsstörung der Pankreas schließen lassen, diagnostizieren Dr. S. sowie Dr. Fi. in ihren Gutachten nicht und lassen sich auch den sonst vorliegenden Befundunterlagen, insbesondere des Dr. Ba. vom 02.10.2014 nicht entnehmen. Dr. Ba. diagnostiziert im Verlaufsbericht vom 02.10.2014 lediglich eine Pankreasinsuffizienz des Klägers nach operativer Behandlung im Jahr 1996. Damit verbundene Beschwerden des Klägers beschreibt Dr. Ba. jedoch nicht. Auch nach den Beschreibungen des PD Dr. Wi. in dem Bericht vom 06.05.2013 hat sich der Kläger mit der Pankreasinsuffizienz recht gut arrangiert. Dass beim Kläger zwischenzeitlich täglich zahlreiche Stuhlgänge (Durchfall) auftreten, wie er im Berufungsverfahren geltend macht und in seinem vorgelegten Tagebuch festgehalten hat, ist durch objektive medizinische Unterlagen nicht belegt. Laborbefunde, die zahlreiche Stuhlgänge plausibel machen, liegen nicht vor. Obwohl im Termin am 31.01.2014 eingehend durch den Berichterstatter erörtert, dass zum Beleg einer dauerhaften Verschlimmerung aufgrund ärztlicher Untersuchungen/Behandlungen medizinische Befundunterlagen benötigt werden, weshalb das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden ist, um dem Kläger hierzu die Möglichkeit zur Vorlage solcher Unterlagen einzuräumen, hat der Kläger nach dem Wiederanruf des Berufungsverfahrens keine medizinischen Unterlagen vorlegen können, die die von ihm im vorgelegten Tagebuch beschriebene Anzahl der Stuhlgänge glaubhaft machen. Den Verlaufsberichten des Dr. Ba. vom 17.02.2014 und 02.10.2014 lässt sich nichts dazu entnehmen, dass beim Kläger täglich eine Vielzahl von Stuhlgängen auftreten. Das hierauf gerichtete Vorbringen des Klägers ist damit für den Senat nicht belegt und eine wesentliche Verschlimmerung im Verlauf des Rechtsstreites nicht nachgewiesen. Das Vorbringen des Klägers, ihm sei im Termin am 31.01.2014 zum Beleg die Vorlage eines weiteren (Privat)Gutachtens aufgegeben worden, trifft nicht zu. Unabhängig davon spricht auch das vom Kläger im Gutachten der Dr. Fi. vom 17.06.2014 beschriebene Freizeitverhalten (Segeln in der Mannschaft) gegen die vom Kläger behaupteten häufigen täglichen Stuhlgänge. Dass der Speiseröhrengleitbruch wesentliche Probleme hervorruft, die - in der Zusammenschau mit der Pankreasinsuffizienz - einen Teil-GdB von 20 rechtfertigen, ist nicht ersichtlich. Nach den von Dr. S. in seinem Gutachten beschriebenen Angaben des Klägers kann der Kläger vielmehr mit dem rechten Zwerchfellbruch bestens leben. Eine eingetretene Verschlimmerung ist nicht dokumentiert. Ein erheblicher Gewichtsverlust ist nicht ersichtlich. Dr. Fi. beschreibt in ihrem Gutachten vom 24.06.2011 das Gewicht des Klägers mit 88,5 kg, Dr. S. in seinem Gutachten vom 16.02.2012 mit 90,2 kg, Dr. Ba. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 19.04.2013 mit 87 kg, PD Dr. Wi. in seinem Bericht vom 06.05.2013 mit 91,2 kg (mit Kleidern und Schuhen) und Dr. Fi. in ihrem Gutachten vom 17.06.2014 mit 86 kg. Damit ist ein steter Gewichts- und Kräfteverlust des Klägers, wie er geltend macht, nicht belegt. Entsprechendes gilt, soweit der Kläger geltend macht, sein Allgemeinzustand sei als nicht gut zu bewerten. Dr. Fi. beschreibt in ihrem Gutachten vom 22.08.2014 den Allgemeinzustand des Klägers vielmehr als normal. Auch eine relevante Störung des seelischen Zustandes des Klägers ist nicht ersichtlich. Eine seelische Störung lässt sich insbesondere dem im Gutachten der Dr. Fi. vom 22.08.2014 beschriebenen psychopathologischen Befund nicht entnehmen und ist auch sonst nicht ersichtlich. Eine zu berücksichtigende seelische Störung hat Dr. Fi. auch nicht diagnostiziert.

Die Funktionsstörung der Bauchspeicheldrüse und der Zwerchfellbruch sind damit mit einem Einzel-GdB von 10 nicht unangemessen bewertet. Der abweichenden Bewertung der Dr. Fi. in ihrem Gutachten vom 17.06.2014, die von einem Einzel-GdB 20 ausgeht, kann nicht gefolgt werden. Sie stützt ihre Bewertung maßgeblich mit auf die vom Kläger behauptete Neigung zu Durchfällen, die jedoch für den Senat nicht belegt sind. Eigene Befunde, die das Vorbringen des Klägers zu häufigen Durchfällen belegen, hat Dr. Fi. in ihrem Gutachten nicht dargetan.

Entsprechendes gilt auch für die Prostatavergrößerung und Entleerungsstörung der Harnblase, die mit einem Einzel-GdB von 10 ebenfalls angemessen berücksichtigt sind. Eine Entleerungsstörung der Harnblase stärkeren Grades, für die nach den VG Teil B 12.2.2 ein GdB von 20 bis 40 gerechtfertigt ist, ist beim Kläger nicht belegt, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend begründet hat, worauf der Senat zur Begründung seiner eigenen Entscheidung Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG). Dass der Kläger zwischenzeitlich an einem Urin-Stau mit häufigen täglichen Entleerungen leidet, wie er in seinem Tagebuch festgehalten hat, ist nicht belegt. Auch hierzu hat der Kläger keine aussagekräftigen medizinischen Unterlagen vorgelegt, obwohl hierzu im Hinblick auf die Erörterungen im Termin am 31.01.2014 für den Kläger Anlass bestanden hat. Auch eine Nierenfunktionsstörung ist beim Kläger nicht belegt. Für die Prostatavergrößerung und Entleerungsstörung der Harnblase ist damit die Annahme eines Einzel-GdB von über 10 nicht gerechtfertigt. Der davon abweichenden Bewertung der Dr. Fi. in ihren Gutachten vom 24.06.2011 und 17.06.2014 kann nicht gefolgt werden. Dr. Fi. geht bei ihrer Bewertung des Einzel-GdB von den Kläger belastenden häufigen Harnblasenentleerungen aus, die jedoch - wie ausgeführt - nicht nachgewiesen sind. Auch hierzu lassen sich eigene Feststellungen der Dr. Fi. in ihrem Gutachten, die häufige Harnblasenentleerungen belegen, nicht entnehmen.

Eine Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenkes rechtfertigt keinen Einzel-GdB von über 10. Nach den VG Teil B 18.13 rechtfertigt eine Bewegungseinschränkung des Schultergelenkes einen Teil-GdB von 20 erst dann, wenn die Armhebung nur bis zu 90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit möglich ist. Dass eine solche Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenkes dauerhaft besteht, ist beim Kläger nicht belegt.

Beim Kläger fehlen auch Anhaltspunkte dafür, dass er an einem GdB-relevanten Diabetes erkrankt ist, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend begründet hat, worauf der Senat zur Begründung seiner eigenen Entscheidung ebenfalls Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG). Dafür, dass der Kläger durch eine Diabeteserkrankung mehr und mehr beeinträchtigt wird, wie er geltend macht, finden sich keine medizinischen Befundunterlagen.

Hiervon ausgehend ist beim Kläger den GdB zutreffend mit 30 festgestellt worden. Die Bemessung des Gesamt-GdB erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt GdB ist unter Beachtung der AHP bzw. der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt.

Hiervon ausgehend ist beim Kläger bei der Bildung des Gesamt-GdB die entzündlich-rheumatische Erkrankung mit einem Einzel-GdB von 30 zu berücksichtigen, der durch die mit einem Einzel-GdB von höchstens 10 zu berücksichtigende weitere Gesundheitsstörungen des Klägers nicht erhöht wird. Eine negative gegenseitige Beeinflussung, wie der Kläger geltend macht, ist nicht ersichtlich.

Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Für den Senat ist der für die Entscheidung relevante Sachverhalt durch die im Verlauf des Rechtsstreites durchgeführten Ermittlungen und die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen geklärt. Gesichtspunkte, durch die sich der Senat zu weiteren Ermittlungen gedrängt sehen müsste, hat der Kläger nicht aufgezeigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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