Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 83 KA 613/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 7 KA 20/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Übernimmt ein Honorarvertrag den Begriff „(Versorgungs-)Schwerpunkt“ aus dem Beschluss des (erweiterten) Bewertungsausschusses vom 22. September 2009, muss er definieren, wann ein solcher (Versorgungs-)Schwerpunkt vorliegt. Hierbei steht den Vertragspartnern ein weiter Gestaltungsspielraum zu.
2. Im Rahmen der sachlich-rechnerischen Richtigstellung kommen allenfalls die Vertrauensschutzregelungen in § 45 Absätze 2 bis 4 SGB X zur Anwendung; Ermessen nach § 45 Abs. 1 SGB X muss nicht ausgeübt werden.
2. Im Rahmen der sachlich-rechnerischen Richtigstellung kommen allenfalls die Vertrauensschutzregelungen in § 45 Absätze 2 bis 4 SGB X zur Anwendung; Ermessen nach § 45 Abs. 1 SGB X muss nicht ausgeübt werden.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. Februar 2012 geändert. Die Bescheide der Beklagten vom 7. Januar 2010 und vom 5. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. November 2010 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger für die Quartale I/10 bis IV/10 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden. Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewie-sen. Die Kosten des Verfahrens tragen die Beklagte zu 3/4 und der Kläger zu 1/4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die teilweise Zuordnung zu einer anderen Arztgruppe für die Quartale I/10 bis I/11.
Die ehemals klagende Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) nahm seit 2004 an der vertragsärztlichen Versorgung in Berlin teil und bestand bis zum 31. Dezember 2009 aus den Fachärzten für Innere Medizin mit Schwerpunkt Gastroenterologie Dr. G und Dr. J. Als Nachfolger für Dr. G trat zum 1. Januar 2010 der Facharzt für Innere Medizin (ohne Schwerpunkt) P in die BAG ein (Beschluss des Zulassungsausschusses vom 22. Juli 2009). Zum 30. September 2010 trat Herr P aus der die BAG tragenden Gesellschaft aus, verzichtete auf seine Zulassung und ist seither bei Dr. J angestellt. Eine Liquidation der Gesellschaft fand nicht statt.
Mit an die Vertragsärzte G und J gerichtetem Bescheid vom 4. Dezember 2009 wies die Beklagte deren Praxis für das Quartal I/10 ein Regelleistungsvolumen (RLV) i.H.v. 114.301,64 Euro zu und legte hierbei sowohl den Fallwert als auch die durchschnittliche Fallzahl der Arztgruppe 19 (Fachärzte für Innere Medizin mit Schwerpunkt Gastroenterologie) zu Grunde. "Unter Aufhebung des Bescheides vom 04. Dezember 2009" wies die Beklagte der BAG mit Bescheid vom 7. Januar 2010 ein RLV i.H.v. 102.633,07 Euro zu. Als Begründung gab sie an, dem Bescheid vom 4. Dezember 2009 sei "bedauerlicherweise ein unzutreffender Sachverhalt zugrunde gelegt" worden, da "sich Veränderungen in der Praxiszusammensetzung (Anzahl der Arztsitze, Umfang der Tätigkeit) ergeben" hätten. Für die Berechnungen des RLV ging die Beklagte nunmehr davon aus, dass Herr P der Arztgruppe 17 (Fachärzte für Innere Medizin ohne Schwerpunkt) zuzuordnen sei.
Mit Schreiben vom 13. Januar 2010, bei der Beklagten eingegangen am 18. Januar 2010), stellte die BAG "bezugnehmend auf das Schreiben der KV vom 07.01.2010 [ ] einen Antrag auf Änderung der Arztgruppenzugehörigkeit für Herrn P (Wechsel von Gruppe 17 auf Gruppe 19)", weil er das gesamte Patientenklientel und somit die fachärztlich gastroenterologische Versorgung aller Patienten von Dr. G übernommen habe und aufgrund der mehr als 20-jährigen Tätigkeit in gastroenterologischen Kliniken, zum Großteil in leitender Position, die erforderliche fachliche Qualifikation in hohem Maße vorliege. Mit Bescheid vom 5. Februar 2010, bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 23. November 2010, lehnte die Beklagte den "Antrag vom 13.01. 2010 auf Änderung der Arztgruppen-Zuordnung ab dem Quartal I-2010 für Herrn P" ab, weil er im Gegensatz zu seinem Vorgänger nicht über die erforderliche Teilgebietsanerkennung Gastroenterologie verfüge.
Die Beklagte ging auch bei der RLV-Berechnung für die Quartale II/10 bis I/11 von einer Zuordnung des Herrn P zur Arztgruppe 17 aus. Nur die Honorarbescheide der BAG für die Quartale IV/10 und I/11 sind bestandskräftig, im Übrigen ruhen die jeweiligen Widerspruchsverfahren.
Der Anteil der von Herrn P erbrachten gastroenterologischen Leistungen an seiner gesamten Leistungsmenge betrug nach klägerischen Angaben 78,6 % im Quartal I/10, 79,9 % im Quartal II/10 und 79,6 % im Quartal III/10.
Mit Urteil vom 22. Februar 2012 hat das Sozialgericht antragsgemäß den Bescheid der Beklagten vom 5. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. November 2010 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, der BAG für die Quartale I/10 bis I/11 jeweils ein Regelleistungsvolumen unter Zuordnung des Herrn P zur Arztgruppe 19 zuzuweisen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt: Für den Bereich der Beklagten hätten die Gesamtvertragspartner im Honorarvertrag (HV) für das Jahr 2010 im Hinblick auf die hier in Rede stehenden Arztgruppen keinen Gebrauch von der Möglichkeit gemacht, Modifikationen zu den in Ziffer 1 der Anlage 1 zu Beschlussteil F des Beschlusses des (Erweiterten) Bewertungsausschusses vom 22. September 2009 genannten Arztgruppen zu vereinbaren. Der aus dem o.g. Beschluss des Bewertungsausschusses wörtlich übernommene Begriff "(Versorgungs-)Schwer-punkt" sei nach Wortlaut, Systematik und dem Willen des Normgebers so auszulegen, dass für die Zuordnung sowohl das Führen des weiterbildungsrechtlichen Schwerpunkts als auch der tatsächliche Versorgungsschwerpunkt ausreiche. Dieser Begriff sei nicht zwingend konkretisierungsbedürftig, wenngleich eine Konkretisierung durchaus sinnvoll erscheine. Dass mangels konkreter Ausfüllungen dieses Begriffs auf die weiterbildungsrechtliche Definition des einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) abzustellen sei, finde im o.g. Beschluss des Bewertungsausschusses keine Stütze. Der Einwand der Beklagten, die Zuordnung von Herrn P zur Arztgruppe 19 führe zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung, weil er einerseits die höher bewertete Grundpauschale aus dem EBM-Kapitel 13.2.1 der Fachärzte für Innere Medizin ohne Schwerpunkt abrechnen könne, andererseits aber den höheren Arztgruppenfallwert nach dem HV erhalte, sei nicht nachvollziehbar. Zu Recht habe die zu 1) beigeladene Kassenärztliche Bundesvereinigung darauf hingewiesen, dass der Beschluss des Bewertungsausschusses diese Möglichkeit ausdrücklich vorsehe, weil der Behandlungsbedarf eines Internisten ohne (weiterbildungsrechtlichen) Schwerpunkt aufgrund einer überwiegenden Versorgung gastroenterologischer Krankheitsbilder im Vergleich zum Durchschnitt der Internisten ohne Schwerpunkt erhöht und dem eines Gastroenterologen gleichzustellen sein könne.
Gegen dieses ihr am 1. März 2012 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 20. März 2012, zu deren Begründung sie vorträgt: Der Begriff "(Versorgungs-)Schwerpunkt" sei gerade nicht nach dem Willen des Normgebers dahingehend auszulegen, dass für die Zuordnung sowohl das Führen des weiterbildungsrechtlichen Schwerpunkts als auch der tatsächliche Versorgungsschwerpunkt ausreichend sei. Für die Berechnung der RLV sei vielmehr die im EBM ausgewiesene Gliederung der Arztgruppenzuordnung zu verwenden. Im EBM (Teil III, Kapitel 13, Abschnitt 3, Unterabschnitt 3) könnten die dort genannten Gebührenordnungspositionen nur von Fachärzten für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Gastroenterologie berechnet werden. Es erschließe sich zudem nicht, aus welchen Gründen eine Auslegung des streitigen Begriffs erfolgen müsse, wenn – so auch der Wille des Bewertungsausschusses – auf die entsprechende Arztgruppenordnung des EBM zurückgegriffen werden könne. Entsprechend ihrer ständigen Praxis werde sie sich für das streitbefangene Antragsverfahren nicht auf die Bestandskraft der Honorarbescheide berufen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. Februar 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass auch der Bescheid der Beklagten vom 7. Januar 2010 aufgehoben wird.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die beigeladenen Träger des Bewertungsausschusses sind der Auffassung, dieser habe mit der Verwendung des Begriffs "(Versorgungs-)Schwerpunkt" ermöglichen wollen, dass Ärzte mit der Fachgebietsbezeichnung "Innere Medizin ohne Schwerpunkt, die dem fachärztlichen Versorgungsbereich angehören", Ärzten der Arztgruppe "Fachärzte für Innere Medizin mit Schwerpunkt Gastroenterologie" unter bestimmten Voraussetzungen gleichgestellt werden können. Zur Umsetzung dieser Möglichkeit bedürfe es aber weiterer Vorgaben von Kriterien für die Zuordnung der Ärzte einer Arztgruppe mit Versorgungschwerpunkt; insoweit sei den Partnern der Gesamtverträge ein Gestaltungsspielraum eingeräumt. Da die Partner der Gesamtverträge für den Bereich der Beklagten keine entsprechende Definition vorgenommen hätten, gelte die Zuordnung von Ärzten zu den Arztgruppen gemäß dem EBM, die auf der Grundlage des § 87 Abs. 2a SGB V durch den Bewertungsausschuss festgelegt seien. Gemäß der Präambel zur EBM-Unterabschnitt 13.3.3 sei der vollständige Zugriff auf diese GOP nur Fachärzten für Innere Medizin mit Schwerpunkt Gastroenterologie gestattet.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und teilweise begründet. Die Bescheide der Beklagten vom 7. Januar und 5. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. November 2010 sind rechtswidrig und wurden daher vom Sozialgericht zu Recht aufgehoben. Denn die Beklagte hat dem Begriff "(Versorgungs-)Schwerpunkt" eine unzureichende Bedeutung beigemessen. Allerding ist die Beklagte lediglich zur Neubescheidung zu verpflichten, weil ihr hinsichtlich der Ausfüllung dieses Begriffs ein Gestaltungsspielraum zusteht.
I. Nur Dr. J ist aktivlegitimiert.
Ausgangspunkt ist insoweit die aus Dr. J und Dr. G bestehende BAG, gesellschaftsrechtlich als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§ 705ff Bürgerliches Gesetzbuch) oder als Partnerschaftsgesellschaft nach dem Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (PartGG) organisiert. Die Übernahme des Vertragsarztsitzes von Dr. G durch Herrn P führte nur zu einer Änderung des Namens der BAG, nicht hingegen am Bestand der Gesellschaft oder am Zulassungsstatus. Letzterer änderte sich durch den Verzicht von Herrn P auf seinen Vertragsarztsitz mit Wirkung zum 1. Oktober 2010; seither besteht keine BAG mehr, die Praxis wird im Wege einer Einzelzulassung von Dr. J geführt. Da Herr P zu diesem Zeitpunkt auch aus der Gesellschaft ausschied, endete diese zeitgleich, weil eine Gesellschaft grundsätzlich eine Mehrheit von Personen, mindestens also zwei Gesellschafter, voraussetzt (Bergmann in: jurisPK-BGB, 6. Aufl. 2012, § 736, Rd. 6; für die oHG, auf deren Vorschriften § 9 Abs. 1 PartGG insoweit verweist: BGH, Urteil vom 26. März 1981 – IVa ZR 154/80 –, juris, m.w.N.; Baumbach/Hopt, HGB, 36.A., § 131 Rd. 7, 35; für die Partnerschaftsgesellschaft: BGH, Beschluss vom 21. Februar 2013 – AnwZ (Brfg) 68/12 –, juris). Auf Dr. J als letzten verbleibenden Gesellschafter gingen aufgrund der liquidationslosen Vollbeendigung der Gesellschaft die Aktiva und Passiva im Wege der Gesamtrechtsnachfolge über (vgl. BGH, Urteil vom 07. Juli 2008 – II ZR 37/07 –, juris, m.w.N.).
II. Streitgegenstand sind nicht nur die Bescheide der Beklagten vom 5. Februar 2010 und 23. November 2010, sondern auch der Bescheid vom 7. Januar 2010. Das Schreiben der BAG vom 13. Januar 2010 ist bei der gebotenen weiten Auslegung auch als Widerspruch gegen den Bescheid vom 7. Januar 2010 aufzufassen. Denn regelmäßig muss der Leistungsträger einen Antrag so auslegen, dass das Begehren des Antragstellers möglichst weitgehend zum Tragen kommt. Die Behörde hat alle aufgrund des Sachverhalts zu seinen Gunsten in Betracht kommenden rechtlichen Möglichkeiten (innerhalb ihrer Zuständigkeit) zu erwägen (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 – B 1 KR 2/08 R –, juris, m.w.N.). Da die BAG in ihrem Schreiben vom 13. Januar 2010 unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat, dass sie mit der Zuordnung von Hr. P zur Arztgruppe 17 nicht einverstanden ist, richtet es sich in der Sache auch gegen den Bescheid vom 7. Januar 2010.
Der bisherige klägerseitige Antrag darf auch noch im Berufungsverfahren umgestellt werden. Eine Erweiterung (bzw. Beschränkung) des Klageantrags in der Hauptsache stellt gemäß § 99 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) keine Klageänderung dar und ist demnach grundsätzlich jederzeit zulässig (BSGE 80, 102; Meyer-Ladewig/Kel-ler/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 11.A., § 99 Rd. 4 m.w.N.). Gleiches gilt, wenn die Klage auf anderes Ziel ausgerichtet wird, welches sinngemäß (§ 123 SGG) schon im ursprünglichen Antrag enthalten war (a.a.O., Rd. 4a m.w.N.). Hiervon ausgehend stellt es im Rechtsmittelverfahren keine Klageänderung dar, wenn ein Kläger erst dann einen seinem Anliegen entsprechenden sachgerechten Klageantrag stellt (BSG, Urteil vom 07. Februar 2007 – B 6 KA 6/06 R –, juris). Gegen eine Erstreckung des klägerischen Antrags auch auf den Bescheid vom 7. Januar 2010 bestehen daher keine Bedenken.
Es fehlt auch nicht an einer den klägerischen Widerspruch gegen den Bescheid vom 7. Januar 2010 zurückweisenden Entscheidung (Widerspruchsbescheid) der Beklagten. Diese hat sowohl durch den streitgegenständlichen Bescheid vom 5. Februar 2010 als auch durch den Widerspruchsbescheid vom 23. November 2010 dem klägerischen Ansinnen, Herr P möge (auch) im Quartal I/10 der Arztgruppe 19 zugeordnet werden, eine Absage erteilt.
III. Die Klage, mit der der Kläger nur ein Berechnungselement des RLV klären lassen will, ist für alle streitigen Quartale zulässig, obwohl die Honorarfestsetzungsbescheide der Beklagten teilweise bestandskräftig sind.
Zwar ist grundsätzlich für die gerichtliche Klärung von gesonderten Feststellungen (Bemessungsgrundlagen, Budgets, RLV), Teilelementen und Vorfragen zur Bestimmung des Quartalshonorars nur solange Raum, als die jeweiligen Quartalshonorarbescheide noch nicht bestandskräftig sind (BSG, Urteil vom 15. August 2012 – B 6 KA 38/11 R –, juris). Dem Fehlen der Bestandskraft steht es jedoch gleich, wenn sich die KV gegenüber Vertragsärzten während eines Streits um deren RLV oder ¬– wie hier – um andere Berechnungselemente verpflichtet, den Honorarbescheid anzupassen, falls der Vertragsarzt im (Rechts-)Streit obsiegt (BSG a.a.O.). Eine solche Erklärung hat die Beklagte während des Berufungsverfahrens abgegeben.
IV. In der Sache hat die Berufung der Beklagten teilweise Erfolg. Zwar teilt der Senat die Rechtsauffassung des Sozialgerichts, dass der vom Bewertungsausschuss vorgegebene Begriff "(Versorgungs-)Schwerpunkt" eine Reduzierung auf Schwerpunktbereiche im weiterbildungsrechtlichen Sinne nicht zulässt (hierzu unter 2.). Das Sozialgericht hätte die Beklagte gleichwohl nicht verpflichten dürfen, Herrn P der Arztgruppe 19 zuzuordnen. Denn im Hinblick auf den Begriff des Versorgungsschwerpunktes bedarf es näherer Bestimmungen durch die Gesamtvertragspartner (hierzu unter 3.). Unabhängig hiervon beläuft sich das RLV der BAG für das Quartal I/01 indes nicht schon deshalb auf 114.301,64 Euro, weil der (Teil-)Aufhebungsbescheid vom 7. Januar 2010 aus anderen Gründen rechtswidrig wäre (hierzu unter 4.).
1. Die rechtlichen Grundlagen für die Berechnung der für die Honorarverteilung ausschlaggebenden RLV in den Jahren 2009 bis 2011 ergeben sich aus dem SGB V, den Vorgaben des (erweiterten) Bewertungsausschusses und den von den Gesamtvertragspartnern geschlossenen Honorarverträgen.
a. Die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen erfolgte ab dem 01. Januar 2009 im gesamten Bundesgebiet für die große Mehrzahl der Arztgruppen auf der Grundlage von RLV gemäß § 87b Abs. 2 Satz 2 SGB V (in der bis zum 23. September 2011 geltenden, hier maßgeblichen alten Fassung – aF). Nach § 87b Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB V aF sind zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit arzt- und praxisbezogene RLV festzulegen, die die im Quartal abrechenbare Menge der vertragsärztlichen Leistungen erfassen, welche mit den in der regionalen Euro-Gebührenordnung (§ 87a Abs. 2 SGB V) enthaltenen Preisen vergütet werden. Die das RLV überschreitende Leistungsmenge ist abgestaffelt zu vergüten (§ 87b Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 SGB V aF). Nach § 87b Abs. 3 Satz 1 SGB V aF sind die Werte für die RLV nach Absatz 2 morbiditätsgewichtet und differenziert nach Arztgruppen und nach Versorgungsgraden sowie unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen festzulegen; bei der Differenzierung der Arztgruppen ist die nach § 87 Abs. 2a SGB V zugrunde zu legende Definition der Arztgruppen zu berücksichtigen. Nach § 87 Abs. 2a SGB V sind die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen entsprechend der in § 73 Abs. 1 SGB V festgelegten Gliederung der vertragsärztlichen Versorgung in Leistungen der hausärztlichen und Leistungen der fachärztlichen Versorgung zu gliedern mit der Maßgabe, dass unbeschadet gemeinsam abrechenbarer Leistungen Leistungen der hausärztlichen Versorgung nur von den an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten und Leistungen der fachärztlichen Versorgung nur von den an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten abgerechnet werden dürfen; die Leistungen der fachärztlichen Versorgung sind in der Weise zu gliedern, dass den einzelnen Facharztgruppen die von ihnen ausschließlich abrechenbaren Leistungen zugeordnet werden. Bei der Bestimmung der Arztgruppen nach Satz 1 ist der Versorgungsauftrag der jeweiligen Arztgruppe im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zu Grunde zu legen. Nach § 87b Abs. 4 Satz 1 SGB V aF bestimmt der Bewertungsausschuss erstmalig bis zum 31. August 2008 das Verfahren zur Berechnung und zur Anpassung der Regelleistungsvolumina nach den Absätzen 2 und 3 sowie Art und Umfang, das Verfahren und den Zeitpunkt der Übermittlung der dafür erforderlichen Daten.
b. Zur Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben aus § 87b Abs. 4 Satz 1 SGB V aF sah der "Beschluss des Bewertungsausschusses nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB V in seiner 199. Sitzung am 22. September 2009 zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V mit Wirkung zum 1. Januar 2010" in Beschlussteil F Kapitel I Ziffer 2.1 Satz 1 vor, dass RLV für Ärzte der in Anlage 1 genannten Arztgruppen zur Anwendung kommen. Diese Anlage1 zählt unter Ziffer 4 zu den für RLV relevanten Arztgruppen u.a. "Fachärzte für Innere Medizin ohne Schwerpunkt, die dem fachärztlichen Versorgungsbereich angehören" und "Fachärzte für Innere Medizin mit (Versorgungs-)Schwerpunkt Gastroenterologie". Nach Ziffer 2 der Anlage 1 können die Partner der Gesamtverträge jedoch Modifikationen (z.B. Differenzierungen oder Zusammenfassungen) von relevanten Arztgruppen vereinbaren. Nähere Ausführungen zum Begriff "(Versorgungs-)Schwerpunkt" enthalten weder dieser noch weitere Beschlüsse des (erweiterten) Bewertungsausschusses.
c. Der am 11. Dezember 2009 durch das Landesschiedsamt festgesetzte HV 2010 für das Vertragsgebiet Berlin bestimmte, dass die nach diesem Vertrag erbrachten und abgerechneten Leistungen den Ärzten und Psychotherapeuten quartalsweise grundsätzlich nach den Bestimmungen und Preisen der Euro-Gebühren¬ord¬nung Berlin (§ 87a Abs. 2 Satz 6 SGB V) vergütet werden, die Leistungen, die gemäß dieses Vertrages der Mengensteuerung gemäß § 87b Abs. 2 SGB V unterliegen, je Arzt bzw. Arztpraxis bis zur Höhe des jeweils zugewiesenen Regelleistungsvolumens, wobei die Einzelheiten zu den arzt- und praxisbezogenen RLV in der Anlage 1 geregelt wurden (§ 7 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 HV). Nach § 5 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 dieser Anlage wird das RLV für Ärzte der in Anhang 2 genannten Arztgruppen gebildet aus dem Produkt der arztindividuellen Fallzahl und des durchschnittlichen arztgruppenspezifischen Fallwerts. Anhang 2 erwähnt u.a. die Arztgruppen "Fachärzte für Innere Medizin ohne Schwerpunkt, die dem fachärztlichen Versorgungsbereich angehören" und "Fachärzte für Innere Medizin mit (Versorgungs-)Schwerpunkt Gastroenterologie". Nähere Ausführungen zum Begriff "(Versorgungs-)Schwerpunkt" enthält auch der HV nicht.
2. Vor dem Hintergrund dieser gesetzlichen Vorgaben ist das Sozialgericht zutreffend zum Ergebnis gelangt, dass der Arztgruppe "Fachärzte für Innere Medizin mit (Versorgungs-)Schwerpunkt Gastroenterologie" i.S.d. Anhangs 2 der Anlage 1 zum HV nicht nur Fachärzte für Innere Medizin zuzuordnen sind, die berechtigt sind, die Schwerpunktbezeichnung "Gastroenterologie" nach dem ärztlichen Weiterbildungsrecht auf Landesebene (welche i.Ü. seit dem 3. November 2007 für den Bereich der Inneren Medizin keine Schwerpunktbezeichnungen mehr kennt, sondern nur noch innerhalb des Gebietes "Innere Medizin und Allgemeinmedizin" diverse Facharztkompetenzen, darunter den "Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie") zu führen. Auf die insoweit überzeugenden Ausführungen des Sozialgerichts sei gemäß § 153 Abs. 2 SGG verwiesen.
Das Berufungsvorbringen der Beklagten überzeugt nicht. Es hat nicht einmal den Versuch unternommen zu begründen, welche andere als die vom Sozialgericht hergeleitete Bedeutung dem Wortteil "(Versorgungs-)" zukommen soll. Die gesamtvertragliche Regelung in Anhang 2 der Anlage 1 zum HV will offenkundig die Auflistung der für das RLV relevanten Arztgruppen in Anlage 1 zu Teil F Abschnitt I des o.g. Beschlusses des Bewertungsausschusses übernehmen und von der dort in Ziffer 2 eingeräumten Möglichkeit zur Modifikation von Arztgruppen keinen Gebrauch machen. Der Senat sieht keine Anhaltspunkte für die Annahme, sowohl der Bewertungsausschuss als auch die Gesamtvertragspartner hätten als Normgeber Formulierungen – wie vorliegend den Wortteil "(Versorgungs-)" – verwendet, denen sie keinerlei Bedeutung beimessen. Gestützt wird das Ergebnis des Sozialgerichts und des Senats durch die Ausführungen der Beigeladenen, wonach der Bewertungsausschuss mit der Verwendung des Begriffs "(Versorgungs-)Schwerpunkt" die Gleichstellung von Ärzten mit der Fachgebietsbezeichnung "Innere Medizin ohne Schwerpunkt, die dem fachärztlichen Versorgungsbereich angehören" und Ärzten der Arztgruppe "Fachärzte für Innere Medizin mit Schwerpunkt Gastroenterologie" habe ermöglichen wollen.
3. Der Senat folg dem Sozialgericht indes nicht, soweit es die Beklagte verpflichtet hat, Herrn P der Arztgruppe 19 zuzuordnen. Damit hat es den auch aus seiner Sicht den Gesamtvertragspartnern eingeräumten Gestaltungsspielraum missachtet.
a. Nachdem die Gesamtvertragspartner die Arztgruppenbezeichnungen aus dem o.g. Beschluss des Bewertungsausschusses wörtlich in Anhang 2 der Anlage 1 zum HV übernommen haben, hätten sie auch nähere Bestimmungen zu den Voraussetzungen eines Versorgungsschwerpunktes i.S. dieser Regelungen treffen müssen. Durch die Übernahme der Arztgruppenbezeichnungen haben Sie zum Ausdruck gebracht, dass gerade nicht nur Fachärzte für Innere Medizin mit der Schwerpunktbezeichnung Gastroenterologie dieser Arztgruppe angehören sollen, sondern zusätzlich auch Fachärzte für Innere Medizin aus dem fachärztlichen Versorgungsbereich ohne Schwerpunktbezeichnung, wenn sie einen Versorgungsschwerpunkt im gastroenterologischen Bereich vorweisen können, d.h. tatsächlich schwerpunktmäßig gastroenterologische Leistungen erbringen und abrechnen. Wann ein solcher Schwerpunkt in der Leistungserbringung vorliegt, unterfällt dem Gestaltungsspielraum der Gesamtvertragspartner.
b. Sie sind, auch wenn im Zweifel ein eingeführter, in unterschiedlichen Regelungen verwandter Begriff jeweils übereinstimmend auszulegen ist (BSG, Urteil vom 28. Oktober 2009 – B 6 KA 26/08 R –, juris, m.w.N.), nach Auffassung des Senats hierbei nicht beschränkt auf die zu anderen Zeiten und in anders gelagerten Zusammenhängen entwickelten Kriterien für einen Versorgungschwerpunkt (etwa i.S.e. Anteils gastroenterologischer Leistungen von 20 oder 30 % des Gesamtpunktzahlvolumens, vgl. BSG a.a.O.). Die Angaben der Klägerseite zur Leistungserbringung von Herrn P in den Quartalen I/10 und II/10 zugrunde gelegt, zeigt sich, dass ggf. auch ein wesentlich höherer Anteil (z.B. von über 50 % der gesamten Leistungen) noch sachgerechte Ergebnisse bei der Eingrenzung des Begriffs "Versorgungsschwerpunkt" liefern kann. Auf welche Kriterien und Umstände die Gesamtvertragspartner hierbei abstellen, steht ihnen weitgehend frei. Erfahrungen aus ähnlich gelagerten Fällen (vgl. etwa das Urteil des Senats vom 30. April 2014 – L 7 KA 1/12 –, juris, zur Definition des Begriffs "Reproduktionsmediziner") könnten es nahelegen, nicht nur eine prozentuale Grenze vorzusehen, sondern auch die zu deren Berechnung berücksichtigungsfähigen Leistungen bzw. Abrechnungsziffern vorzugeben. Ggf. sind – wie der vorliegende Fall belegt – auch Sonderregelungen für Praxisnachfolger angezeigt. Insgesamt besteht insoweit – abweichend von der o.g. Rechtsprechung des BSG – für die Gesamtvertragspartner ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Gestaltungsspielraum. Dies beruht auf der Absicht des Bewertungsausschusses als insoweit übergeordnetem Normgeber, die o.g. Gleichstellung von Fachärzten für Innere Medizin mit und ohne Schwerpunktbezeichnung der näheren regionalen Ausgestaltung durch die Gesamtvertragspartner zu überlassen. Ihnen sollte es ermöglicht werden, die Gleichstellung in Abhängigkeit von der konkreten Versorgungsrealität vorzunehmen, sodass z.B. in Versorgungsgebieten mit wenigen oder keinen Fachärzten für Innere Medizin mit Schwerpunkt Gastroenterologie die Gleichstellung aus Versorgungs- und Sicherstellungsgründen an geringere Anforderungen geknüpft werden können als in mit dieser Arztgruppe hochversorgten Gegenden.
c. Gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist in diesem Zusammenhang grundsätzlich auch die Frage, welchen Referenzzeitraum (Dauer und Lage) die Gesamtvertragspartner bei der Berücksichtigung der einschlägigen (hier: gastroenterologischen) Leistungen zugrunde legen. Sie haben hierbei jedoch zu berücksichtigen, dass die Zuordnung zu einer Arztgruppe Baustein der RLV-Berechnung ist und das RLV jeweils spätestens vier Wochen vor Beginn seiner Geltungsdauer zuzuweisen ist (§ 87b Abs. 5 Satz 1, 2. Hs. SGB V aF). Dies zwingt dazu, nur auf solche Daten zurückzugreifen, die schon vor dem Zuweisungszeitpunkt bekannt sind. Ausgeschlossen ist es demnach, die Abrechnungsdaten des Quartals heranzuziehen, um dessen RLV gestritten wird. Soweit die Feststellung im Tatbestand des angefochtenen Urteils, Herr P erbringe zu mehr als 50 % gastroenterologische Leistungen, einzig auf den o.g. klägerischen Angaben zum Anteil gastroenterologischer Leistungen in den Quartalen I/10 und II/10 beruht, kann der Senat dem Sozialgericht auch aus diesem Grund nicht folgen.
d. Weil der Bewertungsausschuss die Erweiterung der Arztgruppen den Gesamtvertragspartnern nur ermöglichen, sie aber nicht hierzu verpflichten wollte, stünde es diesen auch frei, von einer Erweiterung ganz abzusehen, sodass im Ergebnis nur Fachärzte mit der jeweiligen berufsrechtlichen Schwerpunktqualifikation der entsprechenden Arztgruppe angehören würden. Eine solche Entscheidung müssten die Gesamtvertragspartner allerdings innerhalb des Honorarvertrages hinreichend deutlich zum Ausdruck bringen. Hierzu könnten sie z.B. im Verzeichnis der RLV-relevanten Arztgruppen (Anhang 2 zur Anlage 1 zum HV) auf den Wortteil "(Versorgungs-)" verzichten und dadurch zu erkennen geben, in welcher Weise sie den vom Bewertungsausschuss eingeräumten Gestaltungsspielraum nutzen wollen. Solange die Gesamtvertragspartner jedoch den Begriff "(Versorgungs-)Schwerpunkt" aus dem o.g. Beschluss des Bewertungsausschusses übernehmen, sind sie auch zu einer Definition des Versorgungsschwerpunktes verpflichtet.
4. Der BAG steht – unabhängig von einer Neubescheidung durch Beklagte – für das Quartal I/10 ein RLV i.H.v. 114.301,64 Euro, d.h. auf der Grundlage der Zuordnung von Herrn P zur Arztgruppe 19 und entsprechend dem Bescheid vom 4. Dezember 2009, auch nicht aus anderen Gründen zu. Zu diesem Ergebnis gelangte man, wenn die Beklagte diesen Bescheid nicht durch ihren Bescheid vom 7. Januar 2010 zum Nachteil der BAG hätte ändern dürfen. Die (teilweise rückwirkende) Änderung des Bescheids vom 4. Dezember 2009 war jedoch nach den Regeln des sachlich-rechne¬ri¬schen Richtigstellung i.V.m. § 45 Abs. 2 i.V.m. 4 SGB X rechtmäßig.
a. Im Rahmen der sachlich-rechnerischen Richtigstellung wird untersucht, ob die Abrechnungen mit den Abrechnungsvorgaben des Regelwerks, d.h. dem EBM, den Honorarverteilungsmaßstäben sowie weiteren Abrechnungsbestimmungen übereinstimmen oder ob ein Vertragsarzt als Folge eines Verstoßes gegen eines dieser Regelwerke zu Unrecht Honorare angefordert hat (Entwurf zum GKV-Modernisierungsgesetz, BT-Drucks. 15/1525, S. 117). § 106a SGB V bzw. § 45 Bundesmantelvertrag-Ärzte (in der bis zum 30. September 2013 geltenden, hier anwendbaren alten Fassung - aF) treffen hierzu nähere Bestimmungen. Soweit diese Vorschriften eine Abrechnung durch einen Vertragsarzt voraussetzen, gelten die Regelugen analog erst recht, wenn eine Fehlentscheidung einer KV bereits vor der Quartalsabrechnung auffällt und korrigiert werden soll. Die Befugnis zu Richtigstellungen besteht auch für bereits erlassene Bescheide (nachgehende Richtigstellung). Sie bedeutet dann im Umfang der vorgenommenen Korrekturen eine teilweise Rücknahme des früheren Bescheids. Die genannten Bestimmungen stellen Sonderregelungen dar, die gemäß § 37 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) in ihrem Anwendungsbereich die Regelungen des § 45 SGB X verdrängen (BSG, ständige Rechtsprechung seit Beschluss vom 20. Juli 1988 – 6 BKa 71/87 –, juris; zusammenfassend: Urteil vom 28. August 2013 – B 6 KA 50/12 R –, juris, m.w.N.).
Hierbei ist für die weitere Prüfung davon auszugehen, dass der Bescheid vom 4. Dezember 2009 aus den unter 1. bis 3. dargestellten Gründen rechtswidrig ist (wäre er rechtmäßig, stellte sich die Frage seiner Aufhebung – auch aus Sicht der Beklagten – nicht), die einzige Tatbestandsvoraussetzung für eine nachträgliche sachlich-rechne¬ri-sche Richtigstellung nach § 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V bzw. § 45 BMV-Ä aF somit erfüllt ist.
b. Die Befugnis der Beklagten zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung des Bescheids vom 4. Dezember 2009 war nicht durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes eingeschränkt.
aa. Nach der Rechtsprechung des BSG gilt der Grundsatz, dass der Vertragsarzt auf den Bestand eines vor einer endgültigen Prüfung auf Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit erteilten Honorarbescheides grundsätzlich nicht vertrauen darf. Die Auskehrung der Gesamtvergütungsanteile durch die KV im Wege der Honorarverteilung ist nämlich dadurch gekennzeichnet, dass diese quartalsmäßig auf die Honoraranforderungen ihrer Vertragsärzte hin Bescheide zu erlassen hat, ohne dass sie – aus rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen – die Rechtmäßigkeit der Honoraranforderungen hinsichtlich ihrer sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Leistungserbringung bereits umfassend überprüfen konnte. Die Berechtigung der KV zur Rücknahme rechtswidriger Honorarbescheide ist nicht auf die Berichtigung von Fehlern aus der Sphäre des Vertragsarztes beschränkt, sondern besteht umfassend, unabhängig davon, in wessen Verantwortungsbereich die allein maßgebliche sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt. Die umfassende Berichtigungsbefugnis der KV, die den Besonderheiten und Erfordernissen der Honorarverteilung Rechnung trägt, ist aber im Hinblick auf den gebotenen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu begrenzen. Zur Wahrung eines Interessenausgleichs wurden in der Rechtsprechung des BSG daher Fallgruppen entwickelt, in denen der o.g. Ausschluss von § 45 SGB X im Bereich der sachlich-rechnerischen Richtigstellung nicht greift, weil das Vertrauen des Vertragsarztes auf den Bestand eines rechtswidrigen, ihn begünstigenden Verwaltungsaktes schutzwürdig ist (BSG, Urteil vom 28. August 2013, a.a.O. m.w.N.). Daher ist die Richtigstellungsbefugnis der KV begrenzt, wenn die Besonderheiten der Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, die in der Rechtsprechung für die Verdrängung der Regelung des § 45 SGB X durch die Vorschriften über die sachlich-rech¬ne¬ri¬sche Richtigstellung angeführt worden sind, nicht konkret tangiert sind. Diese Fallgruppe erfasst die fehlerhafte Abrechnung im Einzelfall etwa infolge eines Rechenfehlers oder der versehentlichen Verwendung eines falschen Berechnungsfaktors. Auch in einem solchen Fall wird die Honorarberichtigung zwar nach den einschlägigen bundesmantelvertraglichen Regelungen durchgeführt, im Rahmen des Berichtigungsverfahrens sind indes die speziellen Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 SGB X entsprechend heranzuziehen. Ein solcher Sachverhalt gibt keinen Anlass, von den allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen abzuweichen, wonach die Behörde vorbehaltlich der besonderen Tatbestände des § 45 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 SGB X das Risiko dafür trägt, dass sie einen für den Bürger günstigen Verwaltungsakt erlässt, der sich nachträglich als teilweise rechtswidrig erweist (BSG a.a.O. m.w.N.).
bb. Im vorliegenden Fall sind Besonderheiten der Honorierung vertragsärztlicher Leistungen nicht tangiert.
(1) Wenn eine KV in einem Einzelfall die für die Honorarberechnung maßgeblichen gesetzlichen und/oder untergesetzlichen Vorschriften, über deren generelle Anwendbarkeit und Rechtsgültigkeit kein Streit besteht, individuell fehlerhaft handhabt, bestehen keine relevanten Unterschiede zu der typischen Situation im Verwaltungsverfahrensrecht, dass nämlich eine Behörde bei Anwendung der maßgeblichen Vorschriften auf den Einzelfall fehlerhaft handelt und dies geraume Zeit später bemerkt. Die Besonderheiten von Honorarbescheiden bzw. generell der vertragsärztlichen Honorierung, nämlich vor allem die Abhängigkeit der Rechtmäßigkeit der Vergütung von der Wirksamkeit zahlreicher untergesetzlicher Vorschriften und die vielfach bei Erlass des Honorarbescheides fehlende Gewissheit über die Höhe der insgesamt zur Verteilung stehenden Beträge, spielen insoweit keine Rolle. Auf die Höhe eines RLV hat diese fehlende Gewissheit keinen Einfluss. Es liegt vielmehr ein typischer individueller Fehler in der Rechtsanwendung vor, weil die Beklagte bei Erlass des Bescheids vom 4. Dezember 2009 übersehen hatte, dass Dr. G im Quartal I/09 nicht mehr vertragsärztlich tätig war und Herr P als sein Nachfolger nicht über die Schwerpunktbezeichnung "Gastroenterologie" verfügt.
Könnte sich eine KV von den Folgen jedweder individuell fehlerhafter Gesetzesanwendung ohne Beachtung von Vertrauensschutzaspekten rückwirkend lösen, würden Verwaltungsakte (§ 31 SGB X) im Vertragsarztrecht ihren den Adressaten auch schützenden Charakter weitgehend verlieren. Es wäre dann gleichgültig, ob die KV sich zu einer klärungsbedürftige Frage – hier: ein Berechnungselement des Honoraranspruchs – im Wege einer schlichten Mitteilung oder in Gestalt eines Verwaltungsaktes äußerte. Dieses Ergebnis muss vermieden werden. Denn der Vertrauensschutz des betroffenen Arztes auf den Bestand eines ihm erteilten (Honorar-)Bescheides wäre zu weitgehend aufgehoben, wenn er auch bei individuellen Rechtsanwendungsfehlern der KV, die er nicht erkannt hat und auch nicht hatte erkennen können oder müssen, dem Risiko ausgesetzt wäre, dass ein ihm erteilter (Honorar-)Bescheid ohne umfangmäßige Begrenzung rückwirkend zu seinen Lasten verändert wird. Die problematische Grenzziehung zwischen der Berechtigung der KV zu verhindern, dass einzelne Vertragsärzte durch ursprünglich rechtswidrige, aber nicht korrigierbare (Honorar-)Bescheide zu Lasten der anderen Mitglieder der KV begünstigt werden, und dem Interesse aller Vertragsärzte an der Kalkulierbarkeit ihrer Einnahmen und dem Schutz vor unvorhersehbaren, möglicherweise existenzgefährdenden Honorarrückforderungen wäre einseitig und unausgewogen zu Lasten des einzelnen, jeweils betroffenen Arztes erfolgt (vgl. BSG, Urteil vom 30. Juni 2004 – B 6 KA 34/03 R –, juris).
(2) Die computergestützte Massenbescheidung wäre keine Besonderheit der vertragsärztlichen Vergütung. Insofern stellt der Senat nicht in Abrede, dass die quartalsweise Erstellung von mehreren tausend RLV-Bescheiden eine hochkomplexe Aufgabe darstellt, zu deren Bewältigung die Beklagte neben ausgefeilter, auf ihre besonderen Bedürfnisse abgestimmte Technik eine Vielzahl äußerst professionell arbeitender und stark spezialisierter Mitarbeiter benötigt und einsetzt und die sie nach den Beobachtungen des Senats weitgehend fehlerfrei erledigt. EDV-basierte Massenbescheidungen prägen allerdings auch die Tätigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung, der Arbeitsverwaltung und der Job-Center. Wollte man auf diesen Umstand abstellen, müsste man konsequenterweise auch diese Sozialleistungsträger von den Beschränkungen der § 45 SGB X freistellen, was – soweit ersichtlich – nicht einmal von diesen selbst gefordert wird.
cc. Den Regelungen gemäß § 45 Abs. 2 bis 4 SGB X entspricht der Bescheid vom 7. Januar 2010.
(1) Diese Vorschriften lauten (soweit hier von Bedeutung):
(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit
1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. [ ]
(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
(2) Der Kläger kann sich nicht auf Vertrauensschutz i.S.v. § 45 Abs. 2 bis 4 SGB X berufen.
Vertrauensschutz war zwar nicht nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X ausgeschlossen. Insbesondere musste die BAG die Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 4. Dezember 2009 nicht erkennen, weil sie aufgrund der o.g. Formulierungen im HV und der fehlenden Konkretisierung des Begriffs "Versorgungsschwerpunkt" davon ausgehen durfte, dass auch Fachärzte für Innere Medizin ohne Schwerpunkt der Arztgruppe 19 zugeordnet werden können. Weil jedoch das Quartal I/10 bei Bekanntgabe des Bescheids vom 7. Januar 2010 (d.h. spätestens am 13. Januar 2010) gerade erst begonnen hatte und die Reduzierung des RLV auf das ärztliche Leistungsgeschehen der BAG noch keinen Einfluss haben konnte, konnte ein berücksichtigungsfähiges Vertrauen noch nicht entstanden sein. Vertrauensschutz hat die Klägerseite auch nicht geltend gemacht.
(3) Die Fristen nach § 45 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 2 hat die Beklagte offenkundig gewahrt.
dd. § 45 Abs. 1 SGB X, wonach ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden darf, ist hingegen im Rahmen der sachlich-rech¬ne¬¬rischen Richtigstellung nicht anwendbar, soweit regelhaft (vgl. nur BSG, Urteile vom 23. März 2010 – B 8 SO 12/08 R –, vom 13. März 1991 – 6 RKa 35/89 –, und vom 15. Februar 1990 – 7 RAr 28/88 –, juris) die Anwendung von Ermessen vorgeschrieben ist.
(1) Zwar hat der für das Vertragsarztrecht zuständige 6. Senat des BSG in seiner o.g. Entscheidung vom 13. März 1991 einen Ermessensausschluss für den Fall einer rückwirkenden Streichung von Gebührenziffern angenommen. Er hat dies mit einer gesamtvertraglichen Regelung zwischen der KV und einer Krankenkasse begründet, wonach letztere bei Einzelleistungsvergütungen im Rahmen eines gesamtvertraglich geregelten Verfahrens Rückzahlung (eines Teils) der Gesamtvergütung verlangen kann. Eine solche gesamtvertragliche Regelung besteht im vorliegenden Fall nicht. Ob auch ohne gesamtvertragliche Regelung im Vertragsarztrecht die Ausübung von Ermessen im Rahmen von § 45 SGB X generell ausgeschlossen ist, hat das BSG bislang nicht ausdrücklich entschieden.
(2) Es ist jedoch in jüngeren Entscheidungen (BSG, Urteile vom 28. August 2013 – B 6 KA 50/12 R –, vom 23. Juni 2010 – B 6 KA 7/09 R –, und vom 08. Februar 2006 – B 6 KA 12/05 R –, jeweils juris) stets davon ausgegangen, dass bei Honorarrückforderungen im Zusammenhang mit der o.g. Fallgruppe – Besonderheiten der vertragsärztlichen Honorierung nicht tangiert – (nur) die Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 SGB X Anwendung finden sollen. Die auf § 45 Abs. 1 SGB X zurückgehende Forderung, eine KV müsse in solchen Konstellationen auch Ermessen ausüben, hat es nie erhoben, sondern in etwas älteren Entscheidungen allenfalls pauschalierend davon gesprochen, dass in bestimmten Konstellationen Honorarbescheide "nur noch unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X" zurückgenommen werden dürften (z.B. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2001 – B 6 KA 3/01 R –, juris).
(3) Dem schließt sich der Senat zumindest für die hier betroffene o.g. Fallgruppe an. Es ist nicht ersichtlich, dass es im Interesse der Vertragsärzte neben den Vertrauensschutzregelungen in § 45 Abs. 2 bis 4 SGB X auch noch einer Ermessensausübung seitens der KV bedürfte. In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 45 SGB X, wonach bei der Ermessensausübung ggf. Vorgaben durch das einschlägige Fachrecht zu berücksichtigen sind (sog. intendiertes Ermessen; BVerwGE 91, 82), entnimmt der Senat dem das gesamte SGB V prägenden Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 SGB V), dass außerhalb der o.g. Vertrauensschutzregelungen im Interesse der die Leistungen nach dem SGB V weitestgehenden finanzierenden Beitragszahler zu Unrecht bezogene Leistungen zurückzuzahlen sind. Sachlich-rechnerische Richtigstellungen setzen daher die Ausübung von Ermessen (§ 45 Abs. 1 SGB X) auch dann nicht voraus, wenn im Übrigen Vertrauensschutzgesichtspunkte zu beachten sind (a.A. Thüringer Landessozialgericht, Urteil vom 28. Juli 1999 – L 4 KA 55/97 –, juris für einen Honorarkorrekturbescheid; vgl. auch Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 25. April 2013 – L 1 KA 1/12 –, juris, für die Aufhebung einer rechtswidrigen Abrechnungsgenehmigung; Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 30. Oktober 2013 – L 4 KA 65/11 –, juris, für den Sonderfall der nur im Bezirk der KV Hessen existierenden, der Altersversorgung der dortigen Vertragsärzte dienenden erweiterten Honorarverteilung).
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreites.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil Gründe hierfür (§ 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die teilweise Zuordnung zu einer anderen Arztgruppe für die Quartale I/10 bis I/11.
Die ehemals klagende Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) nahm seit 2004 an der vertragsärztlichen Versorgung in Berlin teil und bestand bis zum 31. Dezember 2009 aus den Fachärzten für Innere Medizin mit Schwerpunkt Gastroenterologie Dr. G und Dr. J. Als Nachfolger für Dr. G trat zum 1. Januar 2010 der Facharzt für Innere Medizin (ohne Schwerpunkt) P in die BAG ein (Beschluss des Zulassungsausschusses vom 22. Juli 2009). Zum 30. September 2010 trat Herr P aus der die BAG tragenden Gesellschaft aus, verzichtete auf seine Zulassung und ist seither bei Dr. J angestellt. Eine Liquidation der Gesellschaft fand nicht statt.
Mit an die Vertragsärzte G und J gerichtetem Bescheid vom 4. Dezember 2009 wies die Beklagte deren Praxis für das Quartal I/10 ein Regelleistungsvolumen (RLV) i.H.v. 114.301,64 Euro zu und legte hierbei sowohl den Fallwert als auch die durchschnittliche Fallzahl der Arztgruppe 19 (Fachärzte für Innere Medizin mit Schwerpunkt Gastroenterologie) zu Grunde. "Unter Aufhebung des Bescheides vom 04. Dezember 2009" wies die Beklagte der BAG mit Bescheid vom 7. Januar 2010 ein RLV i.H.v. 102.633,07 Euro zu. Als Begründung gab sie an, dem Bescheid vom 4. Dezember 2009 sei "bedauerlicherweise ein unzutreffender Sachverhalt zugrunde gelegt" worden, da "sich Veränderungen in der Praxiszusammensetzung (Anzahl der Arztsitze, Umfang der Tätigkeit) ergeben" hätten. Für die Berechnungen des RLV ging die Beklagte nunmehr davon aus, dass Herr P der Arztgruppe 17 (Fachärzte für Innere Medizin ohne Schwerpunkt) zuzuordnen sei.
Mit Schreiben vom 13. Januar 2010, bei der Beklagten eingegangen am 18. Januar 2010), stellte die BAG "bezugnehmend auf das Schreiben der KV vom 07.01.2010 [ ] einen Antrag auf Änderung der Arztgruppenzugehörigkeit für Herrn P (Wechsel von Gruppe 17 auf Gruppe 19)", weil er das gesamte Patientenklientel und somit die fachärztlich gastroenterologische Versorgung aller Patienten von Dr. G übernommen habe und aufgrund der mehr als 20-jährigen Tätigkeit in gastroenterologischen Kliniken, zum Großteil in leitender Position, die erforderliche fachliche Qualifikation in hohem Maße vorliege. Mit Bescheid vom 5. Februar 2010, bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 23. November 2010, lehnte die Beklagte den "Antrag vom 13.01. 2010 auf Änderung der Arztgruppen-Zuordnung ab dem Quartal I-2010 für Herrn P" ab, weil er im Gegensatz zu seinem Vorgänger nicht über die erforderliche Teilgebietsanerkennung Gastroenterologie verfüge.
Die Beklagte ging auch bei der RLV-Berechnung für die Quartale II/10 bis I/11 von einer Zuordnung des Herrn P zur Arztgruppe 17 aus. Nur die Honorarbescheide der BAG für die Quartale IV/10 und I/11 sind bestandskräftig, im Übrigen ruhen die jeweiligen Widerspruchsverfahren.
Der Anteil der von Herrn P erbrachten gastroenterologischen Leistungen an seiner gesamten Leistungsmenge betrug nach klägerischen Angaben 78,6 % im Quartal I/10, 79,9 % im Quartal II/10 und 79,6 % im Quartal III/10.
Mit Urteil vom 22. Februar 2012 hat das Sozialgericht antragsgemäß den Bescheid der Beklagten vom 5. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. November 2010 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, der BAG für die Quartale I/10 bis I/11 jeweils ein Regelleistungsvolumen unter Zuordnung des Herrn P zur Arztgruppe 19 zuzuweisen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt: Für den Bereich der Beklagten hätten die Gesamtvertragspartner im Honorarvertrag (HV) für das Jahr 2010 im Hinblick auf die hier in Rede stehenden Arztgruppen keinen Gebrauch von der Möglichkeit gemacht, Modifikationen zu den in Ziffer 1 der Anlage 1 zu Beschlussteil F des Beschlusses des (Erweiterten) Bewertungsausschusses vom 22. September 2009 genannten Arztgruppen zu vereinbaren. Der aus dem o.g. Beschluss des Bewertungsausschusses wörtlich übernommene Begriff "(Versorgungs-)Schwer-punkt" sei nach Wortlaut, Systematik und dem Willen des Normgebers so auszulegen, dass für die Zuordnung sowohl das Führen des weiterbildungsrechtlichen Schwerpunkts als auch der tatsächliche Versorgungsschwerpunkt ausreiche. Dieser Begriff sei nicht zwingend konkretisierungsbedürftig, wenngleich eine Konkretisierung durchaus sinnvoll erscheine. Dass mangels konkreter Ausfüllungen dieses Begriffs auf die weiterbildungsrechtliche Definition des einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) abzustellen sei, finde im o.g. Beschluss des Bewertungsausschusses keine Stütze. Der Einwand der Beklagten, die Zuordnung von Herrn P zur Arztgruppe 19 führe zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung, weil er einerseits die höher bewertete Grundpauschale aus dem EBM-Kapitel 13.2.1 der Fachärzte für Innere Medizin ohne Schwerpunkt abrechnen könne, andererseits aber den höheren Arztgruppenfallwert nach dem HV erhalte, sei nicht nachvollziehbar. Zu Recht habe die zu 1) beigeladene Kassenärztliche Bundesvereinigung darauf hingewiesen, dass der Beschluss des Bewertungsausschusses diese Möglichkeit ausdrücklich vorsehe, weil der Behandlungsbedarf eines Internisten ohne (weiterbildungsrechtlichen) Schwerpunkt aufgrund einer überwiegenden Versorgung gastroenterologischer Krankheitsbilder im Vergleich zum Durchschnitt der Internisten ohne Schwerpunkt erhöht und dem eines Gastroenterologen gleichzustellen sein könne.
Gegen dieses ihr am 1. März 2012 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 20. März 2012, zu deren Begründung sie vorträgt: Der Begriff "(Versorgungs-)Schwerpunkt" sei gerade nicht nach dem Willen des Normgebers dahingehend auszulegen, dass für die Zuordnung sowohl das Führen des weiterbildungsrechtlichen Schwerpunkts als auch der tatsächliche Versorgungsschwerpunkt ausreichend sei. Für die Berechnung der RLV sei vielmehr die im EBM ausgewiesene Gliederung der Arztgruppenzuordnung zu verwenden. Im EBM (Teil III, Kapitel 13, Abschnitt 3, Unterabschnitt 3) könnten die dort genannten Gebührenordnungspositionen nur von Fachärzten für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Gastroenterologie berechnet werden. Es erschließe sich zudem nicht, aus welchen Gründen eine Auslegung des streitigen Begriffs erfolgen müsse, wenn – so auch der Wille des Bewertungsausschusses – auf die entsprechende Arztgruppenordnung des EBM zurückgegriffen werden könne. Entsprechend ihrer ständigen Praxis werde sie sich für das streitbefangene Antragsverfahren nicht auf die Bestandskraft der Honorarbescheide berufen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. Februar 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass auch der Bescheid der Beklagten vom 7. Januar 2010 aufgehoben wird.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die beigeladenen Träger des Bewertungsausschusses sind der Auffassung, dieser habe mit der Verwendung des Begriffs "(Versorgungs-)Schwerpunkt" ermöglichen wollen, dass Ärzte mit der Fachgebietsbezeichnung "Innere Medizin ohne Schwerpunkt, die dem fachärztlichen Versorgungsbereich angehören", Ärzten der Arztgruppe "Fachärzte für Innere Medizin mit Schwerpunkt Gastroenterologie" unter bestimmten Voraussetzungen gleichgestellt werden können. Zur Umsetzung dieser Möglichkeit bedürfe es aber weiterer Vorgaben von Kriterien für die Zuordnung der Ärzte einer Arztgruppe mit Versorgungschwerpunkt; insoweit sei den Partnern der Gesamtverträge ein Gestaltungsspielraum eingeräumt. Da die Partner der Gesamtverträge für den Bereich der Beklagten keine entsprechende Definition vorgenommen hätten, gelte die Zuordnung von Ärzten zu den Arztgruppen gemäß dem EBM, die auf der Grundlage des § 87 Abs. 2a SGB V durch den Bewertungsausschuss festgelegt seien. Gemäß der Präambel zur EBM-Unterabschnitt 13.3.3 sei der vollständige Zugriff auf diese GOP nur Fachärzten für Innere Medizin mit Schwerpunkt Gastroenterologie gestattet.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und teilweise begründet. Die Bescheide der Beklagten vom 7. Januar und 5. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. November 2010 sind rechtswidrig und wurden daher vom Sozialgericht zu Recht aufgehoben. Denn die Beklagte hat dem Begriff "(Versorgungs-)Schwerpunkt" eine unzureichende Bedeutung beigemessen. Allerding ist die Beklagte lediglich zur Neubescheidung zu verpflichten, weil ihr hinsichtlich der Ausfüllung dieses Begriffs ein Gestaltungsspielraum zusteht.
I. Nur Dr. J ist aktivlegitimiert.
Ausgangspunkt ist insoweit die aus Dr. J und Dr. G bestehende BAG, gesellschaftsrechtlich als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§ 705ff Bürgerliches Gesetzbuch) oder als Partnerschaftsgesellschaft nach dem Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (PartGG) organisiert. Die Übernahme des Vertragsarztsitzes von Dr. G durch Herrn P führte nur zu einer Änderung des Namens der BAG, nicht hingegen am Bestand der Gesellschaft oder am Zulassungsstatus. Letzterer änderte sich durch den Verzicht von Herrn P auf seinen Vertragsarztsitz mit Wirkung zum 1. Oktober 2010; seither besteht keine BAG mehr, die Praxis wird im Wege einer Einzelzulassung von Dr. J geführt. Da Herr P zu diesem Zeitpunkt auch aus der Gesellschaft ausschied, endete diese zeitgleich, weil eine Gesellschaft grundsätzlich eine Mehrheit von Personen, mindestens also zwei Gesellschafter, voraussetzt (Bergmann in: jurisPK-BGB, 6. Aufl. 2012, § 736, Rd. 6; für die oHG, auf deren Vorschriften § 9 Abs. 1 PartGG insoweit verweist: BGH, Urteil vom 26. März 1981 – IVa ZR 154/80 –, juris, m.w.N.; Baumbach/Hopt, HGB, 36.A., § 131 Rd. 7, 35; für die Partnerschaftsgesellschaft: BGH, Beschluss vom 21. Februar 2013 – AnwZ (Brfg) 68/12 –, juris). Auf Dr. J als letzten verbleibenden Gesellschafter gingen aufgrund der liquidationslosen Vollbeendigung der Gesellschaft die Aktiva und Passiva im Wege der Gesamtrechtsnachfolge über (vgl. BGH, Urteil vom 07. Juli 2008 – II ZR 37/07 –, juris, m.w.N.).
II. Streitgegenstand sind nicht nur die Bescheide der Beklagten vom 5. Februar 2010 und 23. November 2010, sondern auch der Bescheid vom 7. Januar 2010. Das Schreiben der BAG vom 13. Januar 2010 ist bei der gebotenen weiten Auslegung auch als Widerspruch gegen den Bescheid vom 7. Januar 2010 aufzufassen. Denn regelmäßig muss der Leistungsträger einen Antrag so auslegen, dass das Begehren des Antragstellers möglichst weitgehend zum Tragen kommt. Die Behörde hat alle aufgrund des Sachverhalts zu seinen Gunsten in Betracht kommenden rechtlichen Möglichkeiten (innerhalb ihrer Zuständigkeit) zu erwägen (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 – B 1 KR 2/08 R –, juris, m.w.N.). Da die BAG in ihrem Schreiben vom 13. Januar 2010 unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat, dass sie mit der Zuordnung von Hr. P zur Arztgruppe 17 nicht einverstanden ist, richtet es sich in der Sache auch gegen den Bescheid vom 7. Januar 2010.
Der bisherige klägerseitige Antrag darf auch noch im Berufungsverfahren umgestellt werden. Eine Erweiterung (bzw. Beschränkung) des Klageantrags in der Hauptsache stellt gemäß § 99 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) keine Klageänderung dar und ist demnach grundsätzlich jederzeit zulässig (BSGE 80, 102; Meyer-Ladewig/Kel-ler/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 11.A., § 99 Rd. 4 m.w.N.). Gleiches gilt, wenn die Klage auf anderes Ziel ausgerichtet wird, welches sinngemäß (§ 123 SGG) schon im ursprünglichen Antrag enthalten war (a.a.O., Rd. 4a m.w.N.). Hiervon ausgehend stellt es im Rechtsmittelverfahren keine Klageänderung dar, wenn ein Kläger erst dann einen seinem Anliegen entsprechenden sachgerechten Klageantrag stellt (BSG, Urteil vom 07. Februar 2007 – B 6 KA 6/06 R –, juris). Gegen eine Erstreckung des klägerischen Antrags auch auf den Bescheid vom 7. Januar 2010 bestehen daher keine Bedenken.
Es fehlt auch nicht an einer den klägerischen Widerspruch gegen den Bescheid vom 7. Januar 2010 zurückweisenden Entscheidung (Widerspruchsbescheid) der Beklagten. Diese hat sowohl durch den streitgegenständlichen Bescheid vom 5. Februar 2010 als auch durch den Widerspruchsbescheid vom 23. November 2010 dem klägerischen Ansinnen, Herr P möge (auch) im Quartal I/10 der Arztgruppe 19 zugeordnet werden, eine Absage erteilt.
III. Die Klage, mit der der Kläger nur ein Berechnungselement des RLV klären lassen will, ist für alle streitigen Quartale zulässig, obwohl die Honorarfestsetzungsbescheide der Beklagten teilweise bestandskräftig sind.
Zwar ist grundsätzlich für die gerichtliche Klärung von gesonderten Feststellungen (Bemessungsgrundlagen, Budgets, RLV), Teilelementen und Vorfragen zur Bestimmung des Quartalshonorars nur solange Raum, als die jeweiligen Quartalshonorarbescheide noch nicht bestandskräftig sind (BSG, Urteil vom 15. August 2012 – B 6 KA 38/11 R –, juris). Dem Fehlen der Bestandskraft steht es jedoch gleich, wenn sich die KV gegenüber Vertragsärzten während eines Streits um deren RLV oder ¬– wie hier – um andere Berechnungselemente verpflichtet, den Honorarbescheid anzupassen, falls der Vertragsarzt im (Rechts-)Streit obsiegt (BSG a.a.O.). Eine solche Erklärung hat die Beklagte während des Berufungsverfahrens abgegeben.
IV. In der Sache hat die Berufung der Beklagten teilweise Erfolg. Zwar teilt der Senat die Rechtsauffassung des Sozialgerichts, dass der vom Bewertungsausschuss vorgegebene Begriff "(Versorgungs-)Schwerpunkt" eine Reduzierung auf Schwerpunktbereiche im weiterbildungsrechtlichen Sinne nicht zulässt (hierzu unter 2.). Das Sozialgericht hätte die Beklagte gleichwohl nicht verpflichten dürfen, Herrn P der Arztgruppe 19 zuzuordnen. Denn im Hinblick auf den Begriff des Versorgungsschwerpunktes bedarf es näherer Bestimmungen durch die Gesamtvertragspartner (hierzu unter 3.). Unabhängig hiervon beläuft sich das RLV der BAG für das Quartal I/01 indes nicht schon deshalb auf 114.301,64 Euro, weil der (Teil-)Aufhebungsbescheid vom 7. Januar 2010 aus anderen Gründen rechtswidrig wäre (hierzu unter 4.).
1. Die rechtlichen Grundlagen für die Berechnung der für die Honorarverteilung ausschlaggebenden RLV in den Jahren 2009 bis 2011 ergeben sich aus dem SGB V, den Vorgaben des (erweiterten) Bewertungsausschusses und den von den Gesamtvertragspartnern geschlossenen Honorarverträgen.
a. Die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen erfolgte ab dem 01. Januar 2009 im gesamten Bundesgebiet für die große Mehrzahl der Arztgruppen auf der Grundlage von RLV gemäß § 87b Abs. 2 Satz 2 SGB V (in der bis zum 23. September 2011 geltenden, hier maßgeblichen alten Fassung – aF). Nach § 87b Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB V aF sind zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit arzt- und praxisbezogene RLV festzulegen, die die im Quartal abrechenbare Menge der vertragsärztlichen Leistungen erfassen, welche mit den in der regionalen Euro-Gebührenordnung (§ 87a Abs. 2 SGB V) enthaltenen Preisen vergütet werden. Die das RLV überschreitende Leistungsmenge ist abgestaffelt zu vergüten (§ 87b Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 SGB V aF). Nach § 87b Abs. 3 Satz 1 SGB V aF sind die Werte für die RLV nach Absatz 2 morbiditätsgewichtet und differenziert nach Arztgruppen und nach Versorgungsgraden sowie unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen festzulegen; bei der Differenzierung der Arztgruppen ist die nach § 87 Abs. 2a SGB V zugrunde zu legende Definition der Arztgruppen zu berücksichtigen. Nach § 87 Abs. 2a SGB V sind die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen entsprechend der in § 73 Abs. 1 SGB V festgelegten Gliederung der vertragsärztlichen Versorgung in Leistungen der hausärztlichen und Leistungen der fachärztlichen Versorgung zu gliedern mit der Maßgabe, dass unbeschadet gemeinsam abrechenbarer Leistungen Leistungen der hausärztlichen Versorgung nur von den an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten und Leistungen der fachärztlichen Versorgung nur von den an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten abgerechnet werden dürfen; die Leistungen der fachärztlichen Versorgung sind in der Weise zu gliedern, dass den einzelnen Facharztgruppen die von ihnen ausschließlich abrechenbaren Leistungen zugeordnet werden. Bei der Bestimmung der Arztgruppen nach Satz 1 ist der Versorgungsauftrag der jeweiligen Arztgruppe im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zu Grunde zu legen. Nach § 87b Abs. 4 Satz 1 SGB V aF bestimmt der Bewertungsausschuss erstmalig bis zum 31. August 2008 das Verfahren zur Berechnung und zur Anpassung der Regelleistungsvolumina nach den Absätzen 2 und 3 sowie Art und Umfang, das Verfahren und den Zeitpunkt der Übermittlung der dafür erforderlichen Daten.
b. Zur Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben aus § 87b Abs. 4 Satz 1 SGB V aF sah der "Beschluss des Bewertungsausschusses nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB V in seiner 199. Sitzung am 22. September 2009 zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V mit Wirkung zum 1. Januar 2010" in Beschlussteil F Kapitel I Ziffer 2.1 Satz 1 vor, dass RLV für Ärzte der in Anlage 1 genannten Arztgruppen zur Anwendung kommen. Diese Anlage1 zählt unter Ziffer 4 zu den für RLV relevanten Arztgruppen u.a. "Fachärzte für Innere Medizin ohne Schwerpunkt, die dem fachärztlichen Versorgungsbereich angehören" und "Fachärzte für Innere Medizin mit (Versorgungs-)Schwerpunkt Gastroenterologie". Nach Ziffer 2 der Anlage 1 können die Partner der Gesamtverträge jedoch Modifikationen (z.B. Differenzierungen oder Zusammenfassungen) von relevanten Arztgruppen vereinbaren. Nähere Ausführungen zum Begriff "(Versorgungs-)Schwerpunkt" enthalten weder dieser noch weitere Beschlüsse des (erweiterten) Bewertungsausschusses.
c. Der am 11. Dezember 2009 durch das Landesschiedsamt festgesetzte HV 2010 für das Vertragsgebiet Berlin bestimmte, dass die nach diesem Vertrag erbrachten und abgerechneten Leistungen den Ärzten und Psychotherapeuten quartalsweise grundsätzlich nach den Bestimmungen und Preisen der Euro-Gebühren¬ord¬nung Berlin (§ 87a Abs. 2 Satz 6 SGB V) vergütet werden, die Leistungen, die gemäß dieses Vertrages der Mengensteuerung gemäß § 87b Abs. 2 SGB V unterliegen, je Arzt bzw. Arztpraxis bis zur Höhe des jeweils zugewiesenen Regelleistungsvolumens, wobei die Einzelheiten zu den arzt- und praxisbezogenen RLV in der Anlage 1 geregelt wurden (§ 7 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 HV). Nach § 5 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 dieser Anlage wird das RLV für Ärzte der in Anhang 2 genannten Arztgruppen gebildet aus dem Produkt der arztindividuellen Fallzahl und des durchschnittlichen arztgruppenspezifischen Fallwerts. Anhang 2 erwähnt u.a. die Arztgruppen "Fachärzte für Innere Medizin ohne Schwerpunkt, die dem fachärztlichen Versorgungsbereich angehören" und "Fachärzte für Innere Medizin mit (Versorgungs-)Schwerpunkt Gastroenterologie". Nähere Ausführungen zum Begriff "(Versorgungs-)Schwerpunkt" enthält auch der HV nicht.
2. Vor dem Hintergrund dieser gesetzlichen Vorgaben ist das Sozialgericht zutreffend zum Ergebnis gelangt, dass der Arztgruppe "Fachärzte für Innere Medizin mit (Versorgungs-)Schwerpunkt Gastroenterologie" i.S.d. Anhangs 2 der Anlage 1 zum HV nicht nur Fachärzte für Innere Medizin zuzuordnen sind, die berechtigt sind, die Schwerpunktbezeichnung "Gastroenterologie" nach dem ärztlichen Weiterbildungsrecht auf Landesebene (welche i.Ü. seit dem 3. November 2007 für den Bereich der Inneren Medizin keine Schwerpunktbezeichnungen mehr kennt, sondern nur noch innerhalb des Gebietes "Innere Medizin und Allgemeinmedizin" diverse Facharztkompetenzen, darunter den "Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie") zu führen. Auf die insoweit überzeugenden Ausführungen des Sozialgerichts sei gemäß § 153 Abs. 2 SGG verwiesen.
Das Berufungsvorbringen der Beklagten überzeugt nicht. Es hat nicht einmal den Versuch unternommen zu begründen, welche andere als die vom Sozialgericht hergeleitete Bedeutung dem Wortteil "(Versorgungs-)" zukommen soll. Die gesamtvertragliche Regelung in Anhang 2 der Anlage 1 zum HV will offenkundig die Auflistung der für das RLV relevanten Arztgruppen in Anlage 1 zu Teil F Abschnitt I des o.g. Beschlusses des Bewertungsausschusses übernehmen und von der dort in Ziffer 2 eingeräumten Möglichkeit zur Modifikation von Arztgruppen keinen Gebrauch machen. Der Senat sieht keine Anhaltspunkte für die Annahme, sowohl der Bewertungsausschuss als auch die Gesamtvertragspartner hätten als Normgeber Formulierungen – wie vorliegend den Wortteil "(Versorgungs-)" – verwendet, denen sie keinerlei Bedeutung beimessen. Gestützt wird das Ergebnis des Sozialgerichts und des Senats durch die Ausführungen der Beigeladenen, wonach der Bewertungsausschuss mit der Verwendung des Begriffs "(Versorgungs-)Schwerpunkt" die Gleichstellung von Ärzten mit der Fachgebietsbezeichnung "Innere Medizin ohne Schwerpunkt, die dem fachärztlichen Versorgungsbereich angehören" und Ärzten der Arztgruppe "Fachärzte für Innere Medizin mit Schwerpunkt Gastroenterologie" habe ermöglichen wollen.
3. Der Senat folg dem Sozialgericht indes nicht, soweit es die Beklagte verpflichtet hat, Herrn P der Arztgruppe 19 zuzuordnen. Damit hat es den auch aus seiner Sicht den Gesamtvertragspartnern eingeräumten Gestaltungsspielraum missachtet.
a. Nachdem die Gesamtvertragspartner die Arztgruppenbezeichnungen aus dem o.g. Beschluss des Bewertungsausschusses wörtlich in Anhang 2 der Anlage 1 zum HV übernommen haben, hätten sie auch nähere Bestimmungen zu den Voraussetzungen eines Versorgungsschwerpunktes i.S. dieser Regelungen treffen müssen. Durch die Übernahme der Arztgruppenbezeichnungen haben Sie zum Ausdruck gebracht, dass gerade nicht nur Fachärzte für Innere Medizin mit der Schwerpunktbezeichnung Gastroenterologie dieser Arztgruppe angehören sollen, sondern zusätzlich auch Fachärzte für Innere Medizin aus dem fachärztlichen Versorgungsbereich ohne Schwerpunktbezeichnung, wenn sie einen Versorgungsschwerpunkt im gastroenterologischen Bereich vorweisen können, d.h. tatsächlich schwerpunktmäßig gastroenterologische Leistungen erbringen und abrechnen. Wann ein solcher Schwerpunkt in der Leistungserbringung vorliegt, unterfällt dem Gestaltungsspielraum der Gesamtvertragspartner.
b. Sie sind, auch wenn im Zweifel ein eingeführter, in unterschiedlichen Regelungen verwandter Begriff jeweils übereinstimmend auszulegen ist (BSG, Urteil vom 28. Oktober 2009 – B 6 KA 26/08 R –, juris, m.w.N.), nach Auffassung des Senats hierbei nicht beschränkt auf die zu anderen Zeiten und in anders gelagerten Zusammenhängen entwickelten Kriterien für einen Versorgungschwerpunkt (etwa i.S.e. Anteils gastroenterologischer Leistungen von 20 oder 30 % des Gesamtpunktzahlvolumens, vgl. BSG a.a.O.). Die Angaben der Klägerseite zur Leistungserbringung von Herrn P in den Quartalen I/10 und II/10 zugrunde gelegt, zeigt sich, dass ggf. auch ein wesentlich höherer Anteil (z.B. von über 50 % der gesamten Leistungen) noch sachgerechte Ergebnisse bei der Eingrenzung des Begriffs "Versorgungsschwerpunkt" liefern kann. Auf welche Kriterien und Umstände die Gesamtvertragspartner hierbei abstellen, steht ihnen weitgehend frei. Erfahrungen aus ähnlich gelagerten Fällen (vgl. etwa das Urteil des Senats vom 30. April 2014 – L 7 KA 1/12 –, juris, zur Definition des Begriffs "Reproduktionsmediziner") könnten es nahelegen, nicht nur eine prozentuale Grenze vorzusehen, sondern auch die zu deren Berechnung berücksichtigungsfähigen Leistungen bzw. Abrechnungsziffern vorzugeben. Ggf. sind – wie der vorliegende Fall belegt – auch Sonderregelungen für Praxisnachfolger angezeigt. Insgesamt besteht insoweit – abweichend von der o.g. Rechtsprechung des BSG – für die Gesamtvertragspartner ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Gestaltungsspielraum. Dies beruht auf der Absicht des Bewertungsausschusses als insoweit übergeordnetem Normgeber, die o.g. Gleichstellung von Fachärzten für Innere Medizin mit und ohne Schwerpunktbezeichnung der näheren regionalen Ausgestaltung durch die Gesamtvertragspartner zu überlassen. Ihnen sollte es ermöglicht werden, die Gleichstellung in Abhängigkeit von der konkreten Versorgungsrealität vorzunehmen, sodass z.B. in Versorgungsgebieten mit wenigen oder keinen Fachärzten für Innere Medizin mit Schwerpunkt Gastroenterologie die Gleichstellung aus Versorgungs- und Sicherstellungsgründen an geringere Anforderungen geknüpft werden können als in mit dieser Arztgruppe hochversorgten Gegenden.
c. Gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist in diesem Zusammenhang grundsätzlich auch die Frage, welchen Referenzzeitraum (Dauer und Lage) die Gesamtvertragspartner bei der Berücksichtigung der einschlägigen (hier: gastroenterologischen) Leistungen zugrunde legen. Sie haben hierbei jedoch zu berücksichtigen, dass die Zuordnung zu einer Arztgruppe Baustein der RLV-Berechnung ist und das RLV jeweils spätestens vier Wochen vor Beginn seiner Geltungsdauer zuzuweisen ist (§ 87b Abs. 5 Satz 1, 2. Hs. SGB V aF). Dies zwingt dazu, nur auf solche Daten zurückzugreifen, die schon vor dem Zuweisungszeitpunkt bekannt sind. Ausgeschlossen ist es demnach, die Abrechnungsdaten des Quartals heranzuziehen, um dessen RLV gestritten wird. Soweit die Feststellung im Tatbestand des angefochtenen Urteils, Herr P erbringe zu mehr als 50 % gastroenterologische Leistungen, einzig auf den o.g. klägerischen Angaben zum Anteil gastroenterologischer Leistungen in den Quartalen I/10 und II/10 beruht, kann der Senat dem Sozialgericht auch aus diesem Grund nicht folgen.
d. Weil der Bewertungsausschuss die Erweiterung der Arztgruppen den Gesamtvertragspartnern nur ermöglichen, sie aber nicht hierzu verpflichten wollte, stünde es diesen auch frei, von einer Erweiterung ganz abzusehen, sodass im Ergebnis nur Fachärzte mit der jeweiligen berufsrechtlichen Schwerpunktqualifikation der entsprechenden Arztgruppe angehören würden. Eine solche Entscheidung müssten die Gesamtvertragspartner allerdings innerhalb des Honorarvertrages hinreichend deutlich zum Ausdruck bringen. Hierzu könnten sie z.B. im Verzeichnis der RLV-relevanten Arztgruppen (Anhang 2 zur Anlage 1 zum HV) auf den Wortteil "(Versorgungs-)" verzichten und dadurch zu erkennen geben, in welcher Weise sie den vom Bewertungsausschuss eingeräumten Gestaltungsspielraum nutzen wollen. Solange die Gesamtvertragspartner jedoch den Begriff "(Versorgungs-)Schwerpunkt" aus dem o.g. Beschluss des Bewertungsausschusses übernehmen, sind sie auch zu einer Definition des Versorgungsschwerpunktes verpflichtet.
4. Der BAG steht – unabhängig von einer Neubescheidung durch Beklagte – für das Quartal I/10 ein RLV i.H.v. 114.301,64 Euro, d.h. auf der Grundlage der Zuordnung von Herrn P zur Arztgruppe 19 und entsprechend dem Bescheid vom 4. Dezember 2009, auch nicht aus anderen Gründen zu. Zu diesem Ergebnis gelangte man, wenn die Beklagte diesen Bescheid nicht durch ihren Bescheid vom 7. Januar 2010 zum Nachteil der BAG hätte ändern dürfen. Die (teilweise rückwirkende) Änderung des Bescheids vom 4. Dezember 2009 war jedoch nach den Regeln des sachlich-rechne¬ri¬schen Richtigstellung i.V.m. § 45 Abs. 2 i.V.m. 4 SGB X rechtmäßig.
a. Im Rahmen der sachlich-rechnerischen Richtigstellung wird untersucht, ob die Abrechnungen mit den Abrechnungsvorgaben des Regelwerks, d.h. dem EBM, den Honorarverteilungsmaßstäben sowie weiteren Abrechnungsbestimmungen übereinstimmen oder ob ein Vertragsarzt als Folge eines Verstoßes gegen eines dieser Regelwerke zu Unrecht Honorare angefordert hat (Entwurf zum GKV-Modernisierungsgesetz, BT-Drucks. 15/1525, S. 117). § 106a SGB V bzw. § 45 Bundesmantelvertrag-Ärzte (in der bis zum 30. September 2013 geltenden, hier anwendbaren alten Fassung - aF) treffen hierzu nähere Bestimmungen. Soweit diese Vorschriften eine Abrechnung durch einen Vertragsarzt voraussetzen, gelten die Regelugen analog erst recht, wenn eine Fehlentscheidung einer KV bereits vor der Quartalsabrechnung auffällt und korrigiert werden soll. Die Befugnis zu Richtigstellungen besteht auch für bereits erlassene Bescheide (nachgehende Richtigstellung). Sie bedeutet dann im Umfang der vorgenommenen Korrekturen eine teilweise Rücknahme des früheren Bescheids. Die genannten Bestimmungen stellen Sonderregelungen dar, die gemäß § 37 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) in ihrem Anwendungsbereich die Regelungen des § 45 SGB X verdrängen (BSG, ständige Rechtsprechung seit Beschluss vom 20. Juli 1988 – 6 BKa 71/87 –, juris; zusammenfassend: Urteil vom 28. August 2013 – B 6 KA 50/12 R –, juris, m.w.N.).
Hierbei ist für die weitere Prüfung davon auszugehen, dass der Bescheid vom 4. Dezember 2009 aus den unter 1. bis 3. dargestellten Gründen rechtswidrig ist (wäre er rechtmäßig, stellte sich die Frage seiner Aufhebung – auch aus Sicht der Beklagten – nicht), die einzige Tatbestandsvoraussetzung für eine nachträgliche sachlich-rechne¬ri-sche Richtigstellung nach § 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V bzw. § 45 BMV-Ä aF somit erfüllt ist.
b. Die Befugnis der Beklagten zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung des Bescheids vom 4. Dezember 2009 war nicht durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes eingeschränkt.
aa. Nach der Rechtsprechung des BSG gilt der Grundsatz, dass der Vertragsarzt auf den Bestand eines vor einer endgültigen Prüfung auf Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit erteilten Honorarbescheides grundsätzlich nicht vertrauen darf. Die Auskehrung der Gesamtvergütungsanteile durch die KV im Wege der Honorarverteilung ist nämlich dadurch gekennzeichnet, dass diese quartalsmäßig auf die Honoraranforderungen ihrer Vertragsärzte hin Bescheide zu erlassen hat, ohne dass sie – aus rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen – die Rechtmäßigkeit der Honoraranforderungen hinsichtlich ihrer sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Leistungserbringung bereits umfassend überprüfen konnte. Die Berechtigung der KV zur Rücknahme rechtswidriger Honorarbescheide ist nicht auf die Berichtigung von Fehlern aus der Sphäre des Vertragsarztes beschränkt, sondern besteht umfassend, unabhängig davon, in wessen Verantwortungsbereich die allein maßgebliche sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt. Die umfassende Berichtigungsbefugnis der KV, die den Besonderheiten und Erfordernissen der Honorarverteilung Rechnung trägt, ist aber im Hinblick auf den gebotenen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu begrenzen. Zur Wahrung eines Interessenausgleichs wurden in der Rechtsprechung des BSG daher Fallgruppen entwickelt, in denen der o.g. Ausschluss von § 45 SGB X im Bereich der sachlich-rechnerischen Richtigstellung nicht greift, weil das Vertrauen des Vertragsarztes auf den Bestand eines rechtswidrigen, ihn begünstigenden Verwaltungsaktes schutzwürdig ist (BSG, Urteil vom 28. August 2013, a.a.O. m.w.N.). Daher ist die Richtigstellungsbefugnis der KV begrenzt, wenn die Besonderheiten der Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, die in der Rechtsprechung für die Verdrängung der Regelung des § 45 SGB X durch die Vorschriften über die sachlich-rech¬ne¬ri¬sche Richtigstellung angeführt worden sind, nicht konkret tangiert sind. Diese Fallgruppe erfasst die fehlerhafte Abrechnung im Einzelfall etwa infolge eines Rechenfehlers oder der versehentlichen Verwendung eines falschen Berechnungsfaktors. Auch in einem solchen Fall wird die Honorarberichtigung zwar nach den einschlägigen bundesmantelvertraglichen Regelungen durchgeführt, im Rahmen des Berichtigungsverfahrens sind indes die speziellen Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 SGB X entsprechend heranzuziehen. Ein solcher Sachverhalt gibt keinen Anlass, von den allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen abzuweichen, wonach die Behörde vorbehaltlich der besonderen Tatbestände des § 45 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 SGB X das Risiko dafür trägt, dass sie einen für den Bürger günstigen Verwaltungsakt erlässt, der sich nachträglich als teilweise rechtswidrig erweist (BSG a.a.O. m.w.N.).
bb. Im vorliegenden Fall sind Besonderheiten der Honorierung vertragsärztlicher Leistungen nicht tangiert.
(1) Wenn eine KV in einem Einzelfall die für die Honorarberechnung maßgeblichen gesetzlichen und/oder untergesetzlichen Vorschriften, über deren generelle Anwendbarkeit und Rechtsgültigkeit kein Streit besteht, individuell fehlerhaft handhabt, bestehen keine relevanten Unterschiede zu der typischen Situation im Verwaltungsverfahrensrecht, dass nämlich eine Behörde bei Anwendung der maßgeblichen Vorschriften auf den Einzelfall fehlerhaft handelt und dies geraume Zeit später bemerkt. Die Besonderheiten von Honorarbescheiden bzw. generell der vertragsärztlichen Honorierung, nämlich vor allem die Abhängigkeit der Rechtmäßigkeit der Vergütung von der Wirksamkeit zahlreicher untergesetzlicher Vorschriften und die vielfach bei Erlass des Honorarbescheides fehlende Gewissheit über die Höhe der insgesamt zur Verteilung stehenden Beträge, spielen insoweit keine Rolle. Auf die Höhe eines RLV hat diese fehlende Gewissheit keinen Einfluss. Es liegt vielmehr ein typischer individueller Fehler in der Rechtsanwendung vor, weil die Beklagte bei Erlass des Bescheids vom 4. Dezember 2009 übersehen hatte, dass Dr. G im Quartal I/09 nicht mehr vertragsärztlich tätig war und Herr P als sein Nachfolger nicht über die Schwerpunktbezeichnung "Gastroenterologie" verfügt.
Könnte sich eine KV von den Folgen jedweder individuell fehlerhafter Gesetzesanwendung ohne Beachtung von Vertrauensschutzaspekten rückwirkend lösen, würden Verwaltungsakte (§ 31 SGB X) im Vertragsarztrecht ihren den Adressaten auch schützenden Charakter weitgehend verlieren. Es wäre dann gleichgültig, ob die KV sich zu einer klärungsbedürftige Frage – hier: ein Berechnungselement des Honoraranspruchs – im Wege einer schlichten Mitteilung oder in Gestalt eines Verwaltungsaktes äußerte. Dieses Ergebnis muss vermieden werden. Denn der Vertrauensschutz des betroffenen Arztes auf den Bestand eines ihm erteilten (Honorar-)Bescheides wäre zu weitgehend aufgehoben, wenn er auch bei individuellen Rechtsanwendungsfehlern der KV, die er nicht erkannt hat und auch nicht hatte erkennen können oder müssen, dem Risiko ausgesetzt wäre, dass ein ihm erteilter (Honorar-)Bescheid ohne umfangmäßige Begrenzung rückwirkend zu seinen Lasten verändert wird. Die problematische Grenzziehung zwischen der Berechtigung der KV zu verhindern, dass einzelne Vertragsärzte durch ursprünglich rechtswidrige, aber nicht korrigierbare (Honorar-)Bescheide zu Lasten der anderen Mitglieder der KV begünstigt werden, und dem Interesse aller Vertragsärzte an der Kalkulierbarkeit ihrer Einnahmen und dem Schutz vor unvorhersehbaren, möglicherweise existenzgefährdenden Honorarrückforderungen wäre einseitig und unausgewogen zu Lasten des einzelnen, jeweils betroffenen Arztes erfolgt (vgl. BSG, Urteil vom 30. Juni 2004 – B 6 KA 34/03 R –, juris).
(2) Die computergestützte Massenbescheidung wäre keine Besonderheit der vertragsärztlichen Vergütung. Insofern stellt der Senat nicht in Abrede, dass die quartalsweise Erstellung von mehreren tausend RLV-Bescheiden eine hochkomplexe Aufgabe darstellt, zu deren Bewältigung die Beklagte neben ausgefeilter, auf ihre besonderen Bedürfnisse abgestimmte Technik eine Vielzahl äußerst professionell arbeitender und stark spezialisierter Mitarbeiter benötigt und einsetzt und die sie nach den Beobachtungen des Senats weitgehend fehlerfrei erledigt. EDV-basierte Massenbescheidungen prägen allerdings auch die Tätigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung, der Arbeitsverwaltung und der Job-Center. Wollte man auf diesen Umstand abstellen, müsste man konsequenterweise auch diese Sozialleistungsträger von den Beschränkungen der § 45 SGB X freistellen, was – soweit ersichtlich – nicht einmal von diesen selbst gefordert wird.
cc. Den Regelungen gemäß § 45 Abs. 2 bis 4 SGB X entspricht der Bescheid vom 7. Januar 2010.
(1) Diese Vorschriften lauten (soweit hier von Bedeutung):
(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit
1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. [ ]
(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
(2) Der Kläger kann sich nicht auf Vertrauensschutz i.S.v. § 45 Abs. 2 bis 4 SGB X berufen.
Vertrauensschutz war zwar nicht nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X ausgeschlossen. Insbesondere musste die BAG die Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 4. Dezember 2009 nicht erkennen, weil sie aufgrund der o.g. Formulierungen im HV und der fehlenden Konkretisierung des Begriffs "Versorgungsschwerpunkt" davon ausgehen durfte, dass auch Fachärzte für Innere Medizin ohne Schwerpunkt der Arztgruppe 19 zugeordnet werden können. Weil jedoch das Quartal I/10 bei Bekanntgabe des Bescheids vom 7. Januar 2010 (d.h. spätestens am 13. Januar 2010) gerade erst begonnen hatte und die Reduzierung des RLV auf das ärztliche Leistungsgeschehen der BAG noch keinen Einfluss haben konnte, konnte ein berücksichtigungsfähiges Vertrauen noch nicht entstanden sein. Vertrauensschutz hat die Klägerseite auch nicht geltend gemacht.
(3) Die Fristen nach § 45 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 2 hat die Beklagte offenkundig gewahrt.
dd. § 45 Abs. 1 SGB X, wonach ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden darf, ist hingegen im Rahmen der sachlich-rech¬ne¬¬rischen Richtigstellung nicht anwendbar, soweit regelhaft (vgl. nur BSG, Urteile vom 23. März 2010 – B 8 SO 12/08 R –, vom 13. März 1991 – 6 RKa 35/89 –, und vom 15. Februar 1990 – 7 RAr 28/88 –, juris) die Anwendung von Ermessen vorgeschrieben ist.
(1) Zwar hat der für das Vertragsarztrecht zuständige 6. Senat des BSG in seiner o.g. Entscheidung vom 13. März 1991 einen Ermessensausschluss für den Fall einer rückwirkenden Streichung von Gebührenziffern angenommen. Er hat dies mit einer gesamtvertraglichen Regelung zwischen der KV und einer Krankenkasse begründet, wonach letztere bei Einzelleistungsvergütungen im Rahmen eines gesamtvertraglich geregelten Verfahrens Rückzahlung (eines Teils) der Gesamtvergütung verlangen kann. Eine solche gesamtvertragliche Regelung besteht im vorliegenden Fall nicht. Ob auch ohne gesamtvertragliche Regelung im Vertragsarztrecht die Ausübung von Ermessen im Rahmen von § 45 SGB X generell ausgeschlossen ist, hat das BSG bislang nicht ausdrücklich entschieden.
(2) Es ist jedoch in jüngeren Entscheidungen (BSG, Urteile vom 28. August 2013 – B 6 KA 50/12 R –, vom 23. Juni 2010 – B 6 KA 7/09 R –, und vom 08. Februar 2006 – B 6 KA 12/05 R –, jeweils juris) stets davon ausgegangen, dass bei Honorarrückforderungen im Zusammenhang mit der o.g. Fallgruppe – Besonderheiten der vertragsärztlichen Honorierung nicht tangiert – (nur) die Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 SGB X Anwendung finden sollen. Die auf § 45 Abs. 1 SGB X zurückgehende Forderung, eine KV müsse in solchen Konstellationen auch Ermessen ausüben, hat es nie erhoben, sondern in etwas älteren Entscheidungen allenfalls pauschalierend davon gesprochen, dass in bestimmten Konstellationen Honorarbescheide "nur noch unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X" zurückgenommen werden dürften (z.B. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2001 – B 6 KA 3/01 R –, juris).
(3) Dem schließt sich der Senat zumindest für die hier betroffene o.g. Fallgruppe an. Es ist nicht ersichtlich, dass es im Interesse der Vertragsärzte neben den Vertrauensschutzregelungen in § 45 Abs. 2 bis 4 SGB X auch noch einer Ermessensausübung seitens der KV bedürfte. In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 45 SGB X, wonach bei der Ermessensausübung ggf. Vorgaben durch das einschlägige Fachrecht zu berücksichtigen sind (sog. intendiertes Ermessen; BVerwGE 91, 82), entnimmt der Senat dem das gesamte SGB V prägenden Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 SGB V), dass außerhalb der o.g. Vertrauensschutzregelungen im Interesse der die Leistungen nach dem SGB V weitestgehenden finanzierenden Beitragszahler zu Unrecht bezogene Leistungen zurückzuzahlen sind. Sachlich-rechnerische Richtigstellungen setzen daher die Ausübung von Ermessen (§ 45 Abs. 1 SGB X) auch dann nicht voraus, wenn im Übrigen Vertrauensschutzgesichtspunkte zu beachten sind (a.A. Thüringer Landessozialgericht, Urteil vom 28. Juli 1999 – L 4 KA 55/97 –, juris für einen Honorarkorrekturbescheid; vgl. auch Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 25. April 2013 – L 1 KA 1/12 –, juris, für die Aufhebung einer rechtswidrigen Abrechnungsgenehmigung; Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 30. Oktober 2013 – L 4 KA 65/11 –, juris, für den Sonderfall der nur im Bezirk der KV Hessen existierenden, der Altersversorgung der dortigen Vertragsärzte dienenden erweiterten Honorarverteilung).
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreites.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil Gründe hierfür (§ 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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BRB
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