Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 16 R 1611/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 777/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27.01.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 1964 geborene Klägerin war zuletzt bis 2003 als Briefsortiererin beschäftigt. Nach der Geburt ihres Sohnes im November 2004, den sie alleine erzieht, war sie nicht mehr tätig. Derzeit erhält sie Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch.
Auf ihren Rentenantrag vom 07.10.2011 veranlasste die Beklagte ein Gutachten der Fachärztin für Chirurgie Z. sowie ein Zusatzgutachten auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet durch Dr. E ... Dr. E. diagnostizierte eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung und eine Neurasthenie, die Chirurgin Z. eine Kniearthrose rechts mit geringem Reizerguss und leichten Funktionseinschränkungen sowie ein LWS-Syndrom mit leichten Bewegungseinschränkungen ohne aktuelle Wurzelreizung. Unter Berücksichtigung der Leistungsbeurteilung von Dr. E. kam die Chirurgin Z. zu dem Ergebnis, dass die Klägerin noch leichte Tätigkeiten in wechselnder Arbeitshaltung überwiegend im Sitzen, Gehen und Stehen unter Beachtung einiger qualitativer Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann. Hierauf gestützt lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 20.02.2012 und Widerspruchsbescheid vom 30.03.2012 ab.
Das hiergegen am 27.04.2012 angerufene Sozialgericht Karlsruhe hat zunächst die die Klägerin behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Der Hausarzt Dr. Z. hat u.a. über ein Vorhofflimmern bei der Klägerin berichtet. Der Orthopäde Dr. B. hat über Beschwerden der Klägerin im Bereich des Hals- und Bewegungsapparates berichtet und die Auffassung vertreten, die Klägerin könne nicht arbeiten, weil sie zu instabil sei. Dem gegenüber hat der Internist Dr. D. leichte körperliche Tätigkeiten trotz des Vorhofflimmerns vollschichtig für möglich erachtet.
Das Sozialgericht hat daraufhin ein internistisch-arbeitsmedizinisches Gutachten bei Dr. S. eingeholt. Dieser hat auf Grund eigener Untersuchung und einer bei Dr. B. durchgeführten Ergospirometrie eine absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern sowie eine Adipositas diagnostiziert und deshalb schwere körperliche Arbeiten ausgeschlossen. Leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten seien acht Stunden arbeitstäglich möglich.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat das Sozialgericht ein Gutachten beim Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. N. eingeholt. Der Sachverständige hat eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung und eine Dysthymia diagnostiziert und das Leistungsvermögen lediglich qualitativ eingeschränkt gesehen. Eine quantitative Einschränkung lasse sich nicht begründen. Leichte, gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu 15 Kilogramm in abwechslungsreicher, vorwiegend sitzender Körperhaltung seien mindestens sechs Stunden arbeitstäglich möglich. Zu vermeiden seien schwere Arbeiten, dauerndes Stehen und Gehen, gleichförmige Körperhaltungen mit Zwangshaltungen im HWS-Bereich, häufiges Bücken, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Arbeiten in Kälte und Nässe, unter Stress und Zeitdruck sowie Arbeiten unter nervlicher Belastung. Auf weiteren Antrag der Klägerin nach § 109 SGG hat das Sozialgericht ein Gutachten beim Orthopäden und Chirurgen Dr. S. eingeholt. Dieser hat auf der Grundlage seiner klinischen Untersuchung und angefertigter Röntgenaufnahmen einen Bandscheibenvorfall mit Wurzelkompressionssyndrom L4/5 rechts und leichtgradiger Fußheberschwäche rechts, eine ausgeprägte mediale Kniegelenksarthrose rechts, eine mäßige Gonarthrose links sowie eine Chondropatia patellae beidseits diagnostiziert. Zu vermeiden seien schwere körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten von mehr als zehn Kilogramm, dauerndes Gehen und Stehen, gleichförmige Körperhaltung mit Zwangshaltung der LWS und HWS, Bücken, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, in Kälte und Nässe, im Akkord und am Fließband, in Schicht- und Nachtarbeit sowie unter nervlicher Belastung. Unter Beachtung dieser qualitativen Einschränkung könnten im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche Tätigkeiten noch unter drei Stunden ausgeübt werden, wobei er auf die LWS mit Fußheberschwäche, die Kniearthrose und die Depression hingewiesen hat. Im Rahmen der Auseinandersetzung mit den früheren Gutachten hat er ausgeführt, seine Entscheidungen unter Einbeziehung der internistischen, psychischen, familiären und orthopädischen Faktoren getroffen zu haben.
Nachdem die Chirurgin Z. im Rahmen einer beratungsärztlichen Stellungnahme zum Gutachten des Dr. S. u.a. darauf hingewiesen hat, dass allenfalls leichte Funktionseinschränkungen vorlägen und keine Begründung dafür, wieso eine quantitative Einschränkung angenommen werde, wenn das positive und negative Leistungsbild berücksichtigt werde, hat das Sozialgericht von Amts wegen ein fachorthopädisches Gutachten bei Dr. M. eingeholt. Der Sachverständige hat die von Dr. S. angefertigten Röntgenaufnahmen ausgewertet und dahingehend bewertet, dass eine leichte Skoliose, sonst aber allenfalls altersübliche Befunde vorlägen. Eine Nervenwurzelreizsymptomtik im Sinne der Lumboischialgie hat er nicht nachweisen können, eine Fußheberschwäche, zumindest in einer funktionell bedeutenden Ausprägung, hat er verneint. Er hat eine Funktionsstörung der HWS und BWS, eine fortgeschrittene Kniegelenksarthrose rechts mit Funktionsstörung, eine Tendopathie des rechten Außenknöchels, eine Sehnenansatzentzündung am linken Ellenbogen (Tennisarm), Restbeschwerden nach Schulterprellung ohne Bewegungseinschränkung diagnostiziert und eine Hüftgelenksarthrose ausgeschlossen. Schwere oder ständig mittelschwere körperliche Arbeiten, Heben und Tragen von Lasten in ungünstiger Hebeposition über fünf Kilogramm, Tätigkeiten ausschließlich im Stehen und das Besteigen von Leitern hat er ausgeschlossen. Leichte körperliche Tätigkeiten, am besten im Wechselrhythmus, seien mindestens sechs Stunden täglich möglich.
Mit Urteil vom 27.01.2015 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es nach Darlegung der Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Rentenanspruch ausgeführt, der Klägerin seien nur noch leichte körperliche Arbeiten, möglichst im Wechselrhythmus, möglich, wobei keine Einschränkung der Leistungsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht vorliege. Es hat sich dabei den Gutachten von Dr. S. , Dr. N. und Dr. M. angeschlossen. Der Leistungsbeurteilung von Dr. S. ist es nicht gefolgt. Er habe nicht schlüssig dargelegt, weshalb die diagnostizierten Gesundheitsstörungen zu einer zeitlichen und nicht etwa nur qualitativen Einschränkungen führe. Außerdem stütze er sich bei seiner Einschätzung auch auf fachfremde Diagnosen (Depression), ohne hierzu den spezifischen Schweregrad der Erkrankung zu berücksichtigen.
Gegen das ihr am 09.02.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 04.03.2015 Berufung eingelegt. Sie rügt, dass das Sozialgericht dem Sachverständigen Dr. M. gefolgt sei, obwohl sein Gutachten unverwertbar sei, weil er die Röntgenaufnahmen von Dr. S. weder angesehen noch berücksichtigt habe. Vielmehr hätte sich das Sozialgericht der Leistungsbeurteilung von Dr. S. anschließen müssen. Dieser habe sich auch nicht fachfremd geäußert, sondern die verkürzt dargestellte Depression aus dem Gutachten von Dr. N. übernommen.
Die Klägerin beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27.01.2015 und den Bescheid vom 20.02.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.03.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils die Rechtsgrundlage für die hier von der Klägerin begehrte Rente wegen Erwerbsminderung (§ 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch) zutreffend dargestellt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin trotz der bei ihr bestehenden gesundheitlichen Störungen noch in der Lage ist, zumindest leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung unter Beachtung einiger qualitativer Einschränkungen sechs Stunden und mehr arbeitstäglich zu verrichten. Es hat sich dabei zu Recht den überzeugenden Gutachten von Dr. S. , Dr. N. und Dr. M. angeschlossen und die Leistungsbeurteilung von Dr. S. nicht für überzeugend erachtet. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung der Klägerin aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist zu ergänzen, dass das Sozialgericht der Beurteilung durch Dr. S. - anders als die Berufungsbegründung nahelegt - u.a. nicht deshalb nicht gefolgt ist, weil er seine Leistungsbeurteilung auf die für ihn fachfremde Diagnose "Depression" gestützt hat, sondern weil Dr. S. den spezifischen Schweregrad dieser Erkrankung - Dr. N. hat lediglich eine Dysthymia diagnostiziert - nicht berücksichtigt hat. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Dr. S. ausweislich seiner Ausführungen in Beantwortung der Frage 8 des Gutachtensauftrages seine Beurteilung "unter Einbeziehung der internistischen, psychischen, familiären und orthopädischen Faktoren getroffen" hat. Aus welchen Gründen er dann aber die von Dr. N. diagnostizierte Dysthymie als Depression (Antwort auf Frage 3 b des Gutachtensauftrages) berücksichtigt hat und welche Rolle die von ihm nicht näher dargelegten familiären Faktoren sowie die Gesundheitsstörungen der verschiedenen medizinischen Fachgebiete im Einzelnen bei seiner Beurteilung gespielt haben, erschließt sich nicht.
Ohnehin hat Dr. S. nicht konkret dargelegt, aus welchen Gründen zusätzlich zu den von ihm formulierten qualitativen Einschränkungen auch eine zeitliche Leistungseinschränkung vorliegen soll. Hierauf hat die Fachärztin für Chirurgie Z. in ihrer beratungsärztlichen Stellungnahme für die Beklagte zutreffend hingewiesen. Dem schließt sich der Senat an. Dr. S. verweist zur Begründung seiner Beurteilung (Antwort auf Frage 3 b des Gutachtensauftrages) auf die Beschwerden seitens der LWS mit Fußheberschwäche, auf die Kniearthrose sowie eine Depression. Es ist aber nicht nachvollziehbar, wieso die Klägerin nicht sechs Stunden arbeiten kann, wenn die aufgeführten qualitativen Einschränkungen berücksichtigt werden, insbesondere dauerndes Heben und Stehen "wegen LWS und Kniebeschwerden", gleichförmige Körperhaltung und Zwangshaltung der LWS, Bücken, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, im Akkord und am Fließband sowie unter ungünstigen Witterungseinflüssen vermieden werden. Insbesondere in Bezug auf die Kniegelenksbeschwerden hat auch der Sachverständige Dr. M. funktionelle Einschränkungen für das Gehen und Stehen angenommen, denen aber - so der Sachverständige überzeugend - durch eine vorwiegend sitzende Tätigkeit oder eine Tätigkeit im Wechselrhythmus Rechnung getragen werden kann.
Soweit in der Berufungsbegründung ausgeführt wird, das Gutachten des Orthopäden Dr. M. sei nicht verwertbar, weil der Sachverständige die vom Sachverständigen Dr. S. angefertigten Röntgenaufnahmen nicht angesehen und berücksichtigt habe, trifft dies nicht zu. Die entsprechende Auswertung durch den Sachverständigen Dr. M. ist auf Seite 8 seines Gutachtens dargelegt. Die Behauptung der Klägerin in der weiteren Begründung, der Sachverständige Dr. M. habe die Röntgenaufnahmen zwar ausgewertet, aber nicht berücksichtigt, trifft ebenfalls nicht zu. Auf Seite 10 seines Gutachtens hat der Sachverständige in der Diskussion einer Wurzelreizsymptomatik ausdrücklich diesen Röntgenbefund in seine Beurteilung einbezogen (leichte Skoliose, sonst aber allenfalls alterstypische Befunde). Soweit die Klägerin rügt, der Sachverständige Dr. M. habe es versäumt, die von Dr. S. angeführte Kernspintomografie aus dem Jahre 2003 (Befund lt. Dr. S.: Bandscheibenprotrusion L5/S1) anhand der Röntgenaufnahmen von Dr. S. zu verifizieren, übersieht die Klägerin, dass dieser Teil der Wirbelsäule von den von Dr. S. angefertigten Röntgenaufnahmen nicht erfasst wird (s. bereits die Auswertung von Dr. S.: Th 11 bis L 5). Im Übrigen - von Dr. S. nicht erwähnt - ergab die spätere entsprechende MRT-Untersuchung aus dem Jahr 2005 eine Rückbildung der Bandscheibenprotrusion (Bl. 57 VA).
Soweit zur Berufungsbegründung auf einen von Dr. S. diagnostizierten Bandscheibenvorfall L 4/5 abgestellt wird, ergeben sich aus dieser Diagnose als solcher keine rentenrelevanten Folgen. Dies gilt auch, soweit in der Berufungsbegründung weitere, von Dr. S. beschriebenen Röntgenbefunde angeführt werden. Maßgebend sind allein die funktionellen Auswirkungen, insbesondere i.S. von Nervenwurzelreizungen, worauf der Sachverständige Dr. M. am Ende seines Gutachtens (S. 13) zutreffend hingewiesen hat. Zwar hat Dr. S. ein Wurzelkompressionssyndrom mit einer Fußheberschwäche diagnostiziert. Hiergegen hat aber bereits die Beratungsärztin Z. eingewandt, dass ausweislich der von Dr. S. erhobenen Befunde der Hackengang frei durchführbar gewesen ist, nähere Befunde zur Sicherung einer (wesentlichen) Fußheberschwäche hat Dr. S. nicht erhoben und vor diesem Hintergrund dann auch nur eine "leichtgradige" Fußheberschwäche diagnostiziert. Der Sachverständige M. hat dann eine Fußheberschwäche - jedenfalls in funktionell bedeutender Ausprägung - oder sonstige Wurzelreizsyndrome ausgeschlossen.
Im Ergebnis gelangte der Senat somit in Übereinstimmung mit dem Sozialgericht und der Beklagten zu der Überzeugung, dass die Klägerin noch zumindest leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung und unter Beachtung der von den gerichtlichen Sachverständigen aufgeführten qualitativen Einschränkungen (kein Heben und Tragen von Lasten von mehr als zehn Kilogramm, bei ungünstiger Hebeposition von mehr als fünf Kilogramm, dauerndes Gehen und Stehen, gleichförmige Körperhaltung mit Zwangshaltung der LWS und HWS, häufiges Bücken, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, in Kälte und Nässe, unter Stress, insbesondere im Akkord und am Fließband, in Schicht- und Nachtarbeit sowie unter nervlicher Belastung) sechs Stunden und mehr arbeitstäglich verrichten kann. Damit steht der Klägerin kein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung zu.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 1964 geborene Klägerin war zuletzt bis 2003 als Briefsortiererin beschäftigt. Nach der Geburt ihres Sohnes im November 2004, den sie alleine erzieht, war sie nicht mehr tätig. Derzeit erhält sie Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch.
Auf ihren Rentenantrag vom 07.10.2011 veranlasste die Beklagte ein Gutachten der Fachärztin für Chirurgie Z. sowie ein Zusatzgutachten auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet durch Dr. E ... Dr. E. diagnostizierte eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung und eine Neurasthenie, die Chirurgin Z. eine Kniearthrose rechts mit geringem Reizerguss und leichten Funktionseinschränkungen sowie ein LWS-Syndrom mit leichten Bewegungseinschränkungen ohne aktuelle Wurzelreizung. Unter Berücksichtigung der Leistungsbeurteilung von Dr. E. kam die Chirurgin Z. zu dem Ergebnis, dass die Klägerin noch leichte Tätigkeiten in wechselnder Arbeitshaltung überwiegend im Sitzen, Gehen und Stehen unter Beachtung einiger qualitativer Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann. Hierauf gestützt lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 20.02.2012 und Widerspruchsbescheid vom 30.03.2012 ab.
Das hiergegen am 27.04.2012 angerufene Sozialgericht Karlsruhe hat zunächst die die Klägerin behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Der Hausarzt Dr. Z. hat u.a. über ein Vorhofflimmern bei der Klägerin berichtet. Der Orthopäde Dr. B. hat über Beschwerden der Klägerin im Bereich des Hals- und Bewegungsapparates berichtet und die Auffassung vertreten, die Klägerin könne nicht arbeiten, weil sie zu instabil sei. Dem gegenüber hat der Internist Dr. D. leichte körperliche Tätigkeiten trotz des Vorhofflimmerns vollschichtig für möglich erachtet.
Das Sozialgericht hat daraufhin ein internistisch-arbeitsmedizinisches Gutachten bei Dr. S. eingeholt. Dieser hat auf Grund eigener Untersuchung und einer bei Dr. B. durchgeführten Ergospirometrie eine absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern sowie eine Adipositas diagnostiziert und deshalb schwere körperliche Arbeiten ausgeschlossen. Leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten seien acht Stunden arbeitstäglich möglich.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat das Sozialgericht ein Gutachten beim Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. N. eingeholt. Der Sachverständige hat eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung und eine Dysthymia diagnostiziert und das Leistungsvermögen lediglich qualitativ eingeschränkt gesehen. Eine quantitative Einschränkung lasse sich nicht begründen. Leichte, gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu 15 Kilogramm in abwechslungsreicher, vorwiegend sitzender Körperhaltung seien mindestens sechs Stunden arbeitstäglich möglich. Zu vermeiden seien schwere Arbeiten, dauerndes Stehen und Gehen, gleichförmige Körperhaltungen mit Zwangshaltungen im HWS-Bereich, häufiges Bücken, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Arbeiten in Kälte und Nässe, unter Stress und Zeitdruck sowie Arbeiten unter nervlicher Belastung. Auf weiteren Antrag der Klägerin nach § 109 SGG hat das Sozialgericht ein Gutachten beim Orthopäden und Chirurgen Dr. S. eingeholt. Dieser hat auf der Grundlage seiner klinischen Untersuchung und angefertigter Röntgenaufnahmen einen Bandscheibenvorfall mit Wurzelkompressionssyndrom L4/5 rechts und leichtgradiger Fußheberschwäche rechts, eine ausgeprägte mediale Kniegelenksarthrose rechts, eine mäßige Gonarthrose links sowie eine Chondropatia patellae beidseits diagnostiziert. Zu vermeiden seien schwere körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten von mehr als zehn Kilogramm, dauerndes Gehen und Stehen, gleichförmige Körperhaltung mit Zwangshaltung der LWS und HWS, Bücken, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, in Kälte und Nässe, im Akkord und am Fließband, in Schicht- und Nachtarbeit sowie unter nervlicher Belastung. Unter Beachtung dieser qualitativen Einschränkung könnten im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche Tätigkeiten noch unter drei Stunden ausgeübt werden, wobei er auf die LWS mit Fußheberschwäche, die Kniearthrose und die Depression hingewiesen hat. Im Rahmen der Auseinandersetzung mit den früheren Gutachten hat er ausgeführt, seine Entscheidungen unter Einbeziehung der internistischen, psychischen, familiären und orthopädischen Faktoren getroffen zu haben.
Nachdem die Chirurgin Z. im Rahmen einer beratungsärztlichen Stellungnahme zum Gutachten des Dr. S. u.a. darauf hingewiesen hat, dass allenfalls leichte Funktionseinschränkungen vorlägen und keine Begründung dafür, wieso eine quantitative Einschränkung angenommen werde, wenn das positive und negative Leistungsbild berücksichtigt werde, hat das Sozialgericht von Amts wegen ein fachorthopädisches Gutachten bei Dr. M. eingeholt. Der Sachverständige hat die von Dr. S. angefertigten Röntgenaufnahmen ausgewertet und dahingehend bewertet, dass eine leichte Skoliose, sonst aber allenfalls altersübliche Befunde vorlägen. Eine Nervenwurzelreizsymptomtik im Sinne der Lumboischialgie hat er nicht nachweisen können, eine Fußheberschwäche, zumindest in einer funktionell bedeutenden Ausprägung, hat er verneint. Er hat eine Funktionsstörung der HWS und BWS, eine fortgeschrittene Kniegelenksarthrose rechts mit Funktionsstörung, eine Tendopathie des rechten Außenknöchels, eine Sehnenansatzentzündung am linken Ellenbogen (Tennisarm), Restbeschwerden nach Schulterprellung ohne Bewegungseinschränkung diagnostiziert und eine Hüftgelenksarthrose ausgeschlossen. Schwere oder ständig mittelschwere körperliche Arbeiten, Heben und Tragen von Lasten in ungünstiger Hebeposition über fünf Kilogramm, Tätigkeiten ausschließlich im Stehen und das Besteigen von Leitern hat er ausgeschlossen. Leichte körperliche Tätigkeiten, am besten im Wechselrhythmus, seien mindestens sechs Stunden täglich möglich.
Mit Urteil vom 27.01.2015 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es nach Darlegung der Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Rentenanspruch ausgeführt, der Klägerin seien nur noch leichte körperliche Arbeiten, möglichst im Wechselrhythmus, möglich, wobei keine Einschränkung der Leistungsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht vorliege. Es hat sich dabei den Gutachten von Dr. S. , Dr. N. und Dr. M. angeschlossen. Der Leistungsbeurteilung von Dr. S. ist es nicht gefolgt. Er habe nicht schlüssig dargelegt, weshalb die diagnostizierten Gesundheitsstörungen zu einer zeitlichen und nicht etwa nur qualitativen Einschränkungen führe. Außerdem stütze er sich bei seiner Einschätzung auch auf fachfremde Diagnosen (Depression), ohne hierzu den spezifischen Schweregrad der Erkrankung zu berücksichtigen.
Gegen das ihr am 09.02.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 04.03.2015 Berufung eingelegt. Sie rügt, dass das Sozialgericht dem Sachverständigen Dr. M. gefolgt sei, obwohl sein Gutachten unverwertbar sei, weil er die Röntgenaufnahmen von Dr. S. weder angesehen noch berücksichtigt habe. Vielmehr hätte sich das Sozialgericht der Leistungsbeurteilung von Dr. S. anschließen müssen. Dieser habe sich auch nicht fachfremd geäußert, sondern die verkürzt dargestellte Depression aus dem Gutachten von Dr. N. übernommen.
Die Klägerin beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27.01.2015 und den Bescheid vom 20.02.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.03.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils die Rechtsgrundlage für die hier von der Klägerin begehrte Rente wegen Erwerbsminderung (§ 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch) zutreffend dargestellt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin trotz der bei ihr bestehenden gesundheitlichen Störungen noch in der Lage ist, zumindest leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung unter Beachtung einiger qualitativer Einschränkungen sechs Stunden und mehr arbeitstäglich zu verrichten. Es hat sich dabei zu Recht den überzeugenden Gutachten von Dr. S. , Dr. N. und Dr. M. angeschlossen und die Leistungsbeurteilung von Dr. S. nicht für überzeugend erachtet. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung der Klägerin aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist zu ergänzen, dass das Sozialgericht der Beurteilung durch Dr. S. - anders als die Berufungsbegründung nahelegt - u.a. nicht deshalb nicht gefolgt ist, weil er seine Leistungsbeurteilung auf die für ihn fachfremde Diagnose "Depression" gestützt hat, sondern weil Dr. S. den spezifischen Schweregrad dieser Erkrankung - Dr. N. hat lediglich eine Dysthymia diagnostiziert - nicht berücksichtigt hat. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Dr. S. ausweislich seiner Ausführungen in Beantwortung der Frage 8 des Gutachtensauftrages seine Beurteilung "unter Einbeziehung der internistischen, psychischen, familiären und orthopädischen Faktoren getroffen" hat. Aus welchen Gründen er dann aber die von Dr. N. diagnostizierte Dysthymie als Depression (Antwort auf Frage 3 b des Gutachtensauftrages) berücksichtigt hat und welche Rolle die von ihm nicht näher dargelegten familiären Faktoren sowie die Gesundheitsstörungen der verschiedenen medizinischen Fachgebiete im Einzelnen bei seiner Beurteilung gespielt haben, erschließt sich nicht.
Ohnehin hat Dr. S. nicht konkret dargelegt, aus welchen Gründen zusätzlich zu den von ihm formulierten qualitativen Einschränkungen auch eine zeitliche Leistungseinschränkung vorliegen soll. Hierauf hat die Fachärztin für Chirurgie Z. in ihrer beratungsärztlichen Stellungnahme für die Beklagte zutreffend hingewiesen. Dem schließt sich der Senat an. Dr. S. verweist zur Begründung seiner Beurteilung (Antwort auf Frage 3 b des Gutachtensauftrages) auf die Beschwerden seitens der LWS mit Fußheberschwäche, auf die Kniearthrose sowie eine Depression. Es ist aber nicht nachvollziehbar, wieso die Klägerin nicht sechs Stunden arbeiten kann, wenn die aufgeführten qualitativen Einschränkungen berücksichtigt werden, insbesondere dauerndes Heben und Stehen "wegen LWS und Kniebeschwerden", gleichförmige Körperhaltung und Zwangshaltung der LWS, Bücken, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, im Akkord und am Fließband sowie unter ungünstigen Witterungseinflüssen vermieden werden. Insbesondere in Bezug auf die Kniegelenksbeschwerden hat auch der Sachverständige Dr. M. funktionelle Einschränkungen für das Gehen und Stehen angenommen, denen aber - so der Sachverständige überzeugend - durch eine vorwiegend sitzende Tätigkeit oder eine Tätigkeit im Wechselrhythmus Rechnung getragen werden kann.
Soweit in der Berufungsbegründung ausgeführt wird, das Gutachten des Orthopäden Dr. M. sei nicht verwertbar, weil der Sachverständige die vom Sachverständigen Dr. S. angefertigten Röntgenaufnahmen nicht angesehen und berücksichtigt habe, trifft dies nicht zu. Die entsprechende Auswertung durch den Sachverständigen Dr. M. ist auf Seite 8 seines Gutachtens dargelegt. Die Behauptung der Klägerin in der weiteren Begründung, der Sachverständige Dr. M. habe die Röntgenaufnahmen zwar ausgewertet, aber nicht berücksichtigt, trifft ebenfalls nicht zu. Auf Seite 10 seines Gutachtens hat der Sachverständige in der Diskussion einer Wurzelreizsymptomatik ausdrücklich diesen Röntgenbefund in seine Beurteilung einbezogen (leichte Skoliose, sonst aber allenfalls alterstypische Befunde). Soweit die Klägerin rügt, der Sachverständige Dr. M. habe es versäumt, die von Dr. S. angeführte Kernspintomografie aus dem Jahre 2003 (Befund lt. Dr. S.: Bandscheibenprotrusion L5/S1) anhand der Röntgenaufnahmen von Dr. S. zu verifizieren, übersieht die Klägerin, dass dieser Teil der Wirbelsäule von den von Dr. S. angefertigten Röntgenaufnahmen nicht erfasst wird (s. bereits die Auswertung von Dr. S.: Th 11 bis L 5). Im Übrigen - von Dr. S. nicht erwähnt - ergab die spätere entsprechende MRT-Untersuchung aus dem Jahr 2005 eine Rückbildung der Bandscheibenprotrusion (Bl. 57 VA).
Soweit zur Berufungsbegründung auf einen von Dr. S. diagnostizierten Bandscheibenvorfall L 4/5 abgestellt wird, ergeben sich aus dieser Diagnose als solcher keine rentenrelevanten Folgen. Dies gilt auch, soweit in der Berufungsbegründung weitere, von Dr. S. beschriebenen Röntgenbefunde angeführt werden. Maßgebend sind allein die funktionellen Auswirkungen, insbesondere i.S. von Nervenwurzelreizungen, worauf der Sachverständige Dr. M. am Ende seines Gutachtens (S. 13) zutreffend hingewiesen hat. Zwar hat Dr. S. ein Wurzelkompressionssyndrom mit einer Fußheberschwäche diagnostiziert. Hiergegen hat aber bereits die Beratungsärztin Z. eingewandt, dass ausweislich der von Dr. S. erhobenen Befunde der Hackengang frei durchführbar gewesen ist, nähere Befunde zur Sicherung einer (wesentlichen) Fußheberschwäche hat Dr. S. nicht erhoben und vor diesem Hintergrund dann auch nur eine "leichtgradige" Fußheberschwäche diagnostiziert. Der Sachverständige M. hat dann eine Fußheberschwäche - jedenfalls in funktionell bedeutender Ausprägung - oder sonstige Wurzelreizsyndrome ausgeschlossen.
Im Ergebnis gelangte der Senat somit in Übereinstimmung mit dem Sozialgericht und der Beklagten zu der Überzeugung, dass die Klägerin noch zumindest leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung und unter Beachtung der von den gerichtlichen Sachverständigen aufgeführten qualitativen Einschränkungen (kein Heben und Tragen von Lasten von mehr als zehn Kilogramm, bei ungünstiger Hebeposition von mehr als fünf Kilogramm, dauerndes Gehen und Stehen, gleichförmige Körperhaltung mit Zwangshaltung der LWS und HWS, häufiges Bücken, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, in Kälte und Nässe, unter Stress, insbesondere im Akkord und am Fließband, in Schicht- und Nachtarbeit sowie unter nervlicher Belastung) sechs Stunden und mehr arbeitstäglich verrichten kann. Damit steht der Klägerin kein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung zu.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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