L 6 U 4974/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 8 U 1084/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 4974/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Bei der BK 2112 kann eine asymetrische Ausprägung ausnahmsweise dann nicht zur Vernainung eines Ursachenzusammenhangs führen, wenn bereits ein Feehlen des Kreuzbandes vorliegt, dass zu einer erheblich stärkeren Ausprägung der Gonarthrose führt.
2. Zwischen dem Ende der Exposition und der erstmaligen Diagnose der Erkrankung muss eine zeitliche Latenz von 5 Jahren liegen.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 16. Oktober 2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Anerkennung einer Gonarthrose als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV).

Der am 04.12.1949 geborene Kläger arbeitete nach dem Hauptschulabschluss im April 1964 bis November 1964 in der elterlichen Landwirtschaft mit. Von Dezember 1964 bis Juni 1965 war er bei der Fa. T. in B. als Helfer im Hoch- und Tiefbau tätig. Von Juli 1965 bis November 1965 arbeitete er ca. je zur Hälfte bei der Fa. T. und in der elterlichen Landwirtschaft. Von Dezember 1965 bis März 1966 war er als Waldarbeiter beschäftigt, von Juli bis September 1966 als Lkw-Fahrer für eine Brauerei, von Oktober 1966 bis Oktober 1967 je zur Hälfte bei der Fa. T. und in der elterlichen Landwirtschaft, von November 1967 bis Juli 1968 als Bauhelfer im Hochbau und Steinmetzgehilfe bei der Fa. M., von August 1968 bis zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses im September 2003 war er als Bauhelfer im Tief- und Straßenbau und Maschinist bei der Fa. F. tätig (Bl. L 14 S. 25 VV), zuletzt als Baumaschinenführer im Wechsel sitzend, stehend, gehend ohne wesentliche Hebe- und Tragebelastungen, ohne wirbelsäulen- oder kniebelastende Zwangshaltungen (vgl. Reha-Bericht Klink H.). 1979 übernahm er den elterlichen Betrieb und bewirtschaftete diesen als Nebenerwerbslandwirt weiter, die Großtierhaltung wurde 1983, die Tierhaltung insgesamt 1992 eingestellt. Kniebelastende Tätigkeiten in größerem Umfang führte er seit 1994 nicht mehr durch.

Seit 1997 ist bei ihm ein Grad der Behinderung von 60 seit 1996 wegen Bandscheibenveränderungen und wegen Bewegungseinschränkung im rechten Hüftgelenk und im Kniegelenk beiderseits mit Meniskusschaden rechts festgestellt, seit 09.05.2003 ein Gesamt-GdB von 70 und Merkzeichen G u. a. wegen Knorpelschäden am rechten Kniegelenk.

Der Kläger war seit Dezember 2002 arbeitsunfähig erkrankt. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 30.09.2003 wegen Insolvenz der Firma gekündigt. Seit März 2004 bezieht er Erwerbsunfähig-keitsrente.

Der arbeitsmedizinische Dienst der Beklagten beschrieb am 13.01.1999 einen Zustand nach diversen Kniegelenksspiegelungen rechts. Die Beugung im rechten Kniegelenk sei schmerzhaft eingeschränkt (L 5 S. 22 VV). Die Karteikarte der Unfallchirurgen Dres. F./J. enthält als Anamnese und Befund im Dezember 1996 Klagen über Schmerzen, keine auffällige Ergussbildung, geringe periartikuläre Schwellung, Beweglichkeit der Patella schmerzhaft eingeschränkt, Druckschmerz mit Gelenkspalt, Bewegungsschmerz, deutliche Varusfehlstellung, im März 1998 starke Schmerzen im rechten Kniegelenk, 23.03.1998 Klagen über starke Schmerzen im rechten Knie, massive Schwellung, Ergussbildung, Beweglichkeit schmerzhaft aufgehoben, am 26.03.1998 jetzt Schmerzen im linken Knie, keine Schwellung, keine Ergussbildung, Druckschmerz medialer Gelenkspalt, Bandführung stabil, Lackmanntest negativ; von Seiten des rechten Kniegelenks deutlich besser, geringe Schwellung, keine Ergussbildung, Beweglichkeit noch eingeschränkt, im September 2000 Klagen über Schmerzen im rechten Knie nach Belastung, Ergussbildung des rechten Kniegelenks, Druckschmerzhaftigkeit medial betont, Streckdefizit von 20°. Im Röntgenbild fand sich im März 1998 im rechten Knie eine schwere medialbetonte Gonarthrose mit Gelenkspaltverschmälerung, vermehrte subchondrale Sklerose des Tibiaplateaus, Kantenausziehungen an den Femurkondylen und am Tibiaplateau, Verplumpungen der Eminentiae, kein Hinweis auf freien Gelenkkörper; am linken Knie in zwei Ebenen ein knöchern unauffälliger Befund. Im September 2000 zeigte das Röntgenbild des rechten Knies eine massive mediale Gonarthrose bei noch weitgehend intaktem lateralem Kompartment.

Der Kläger erlitt in den Jahren 1975, 1981, 1994 und 1996 Arbeitsunfälle mit Verletzungen des rechten Knies (L 5 S. 25 VV), 1975 eine Bänderzerrung durch Sturz, 1981 einen Muskelanriss mit Schwellung, 1994 eine Bänderzerrung, 1996 eine Zerrung. Unfallanzeigen liegen vor über Unfälle am 14.08.1996 (L 5 S. 32 VV - Zerrung), 30.05.1996 (L 5 S. 36 - Kontusion, Schürfung distaler Unterschenkel und OSG rechts), 19.08.1994 (L 5 S. 38 VV - Bänderzerrung) und am 19.08.1884 (L 5 S. 38, 39 - Knie rechts, Bänderzerrung, 27.03.1981 (L 5 S. 40 - Knie, Muskel angerissen, Schwellung).

Am 23.08.1994 (L 5 S. 37 VV) wurde nach dem Unfall vom 19.08.1994 eine Arthroskopie und arthroskopische Teilresektion am rechten Knie vorgenommen wegen schwerer Reizsynovitis, degenerativer Meniskopathie, schwerer Knorpelschäden im medialen Kompartment, vorderer Kreuzbandinsuffizienz und schwerer Gonarthrose. In den Jahren 1999 und 2000 bestand zeitweilig Arbeitsunfähigkeit wegen Gonarthritis, Gonarthrose rechts, biomechanischer Funktionsstörung und Kniegelenkserguss rechts (L 5 S. 48 VV).

Der Reha-Bericht der Klinik H. vom 08.12.2003 (Bl. L 5 S. 6 VV) gibt anamnestisch Knieprobleme am rechten Knie seit dem 23. Lebensjahr an, das seitdem bei regelmäßiger Ergussbildung geschwollen sei. Der Kläger zeige ein rechtshinkendes Gangbild, rechts seien Fersenstand und Zehenstand motorisch eingeschränkt. Es fehle die Kraft. Links sei der Monopedalstand sicher koordinativ möglich. Das linke Kniegelenk sei klinisch unauffällig, das rechte deutlich geschwollen mit Druckschmerzen. Die Flexion sei bis 110° möglich.

Im Gespräch mit Dipl.-Ing K. vom Technischen Aufsichtsdienst (TAD) der Beklagten, dessen Protokoll der Kläger mit handschriftlichen Anmerkungen und Ergänzungen versehen hat, gab dieser hinsichtlich seiner Tätigkeit in der Landwirtschaft eine erhebliche körperliche Belastung beim Misten des Stalls, Ladearbeiten, Tragen von Getreidesäcken auf der Schulter, Pflanzarbeiten in gebückter Haltung, an. Kniebelastende Tätigkeiten beschrieb er nicht. Derartige Tätigkeiten seien nur in geringem Umfang angefallen. Er brachte hierzu auch keine handschriftlichen Anmerkungen oder Ergänzungen auf dem Gesprächsprotokoll an. Hinsichtlich seiner Tätigkeit im Baugewerbe gab er an, bei der Fa. T. habe er zur Hälfte im Hochbau und Tiefbau gearbeitet, im Hochbau habe er nur selten in kniender Haltung gearbeitet, im Tiefbau bei Rohrverlegungen. Bei der Fa. F. (von August 1968 bis Dezember 1979) habe er gelegentlich beim Verlegen von Abwasserrohren, z. B. Anschluss der Leitungen an Schächte, in kniender Haltung gearbeitet. 40 % der Arbeitszeit seien Pflasterarbeiten gewesen, von denen etwa die Hälfte in kniender Haltung ausgeführt worden seien, davon etwa zu einem Drittel mit einem Knie am Boden und einem Bein aufgestellt und zu einem Drittel mit beiden Knie am Boden ohne Fersensitz. Von Januar 1980 bis Dezember 1994 habe er zu 17 % der Arbeitszeit Verbundsteinpflaster wie zuvor beschrieben verlegt, ca. 1 ½ bis 3 Stunden täglich in kniender und gebückter Haltung (Bl. L 14 S. 25 VV). In seiner zusammenfassenden Beurteilung vom 11.08.2009 (Bl. L 36 S. 2 VV) gab Dipl.-Ing. K. an, der Kläger sei in den Beschäftigungszeiten im Baugewerbe insgesamt 7.712 Stunden lang in kniebelastender Haltung tätig gewesen (vgl. Aufstellung Bl. L 36 S. 3 VV). Dabei sei vom worst case" ausgegangen worden, Arbeitsausfälle durch Schlechtwetter, Kurzarbeit und Arbeitsausfälle durch Krankheit seien nicht berücksichtigt. Während seiner Tätigkeit in der Landwirtschaft habe der Kläger nach eigenen Angaben nur in zu vernachlässigendem Maße in kniebelastender Haltung gearbeitet. Auf spätere Nachfrage wegen der von dem TAD der Beigeladenen festgestellten 8.660 Stunden kniebelastender Tätigkeiten in der Landwirtschaft erklärte Dipl.-Ing. K. laut Aktenvermerk vom 02.11.2009 telefonisch (Bl L 4. S. 1 VV), er habe keine Unterlagen, aber eine Erinnerung an das Gespräch mit dem Kläger im Jahre 2004, in dem dieser, nach kniebelastenden Tätigkeiten in der Landwirtschaft befragt, angegeben habe, diese seien in zu vernachlässigendem Umfang, d. h. deutlich unter einer Stunde am Tag angefallen. Der Kläger habe dann hierzu nichts weiter erwähnt. Ihm (Dipl.-Ing. K.) sei auch nichts aufgefallen, was auf besondere Kniebelastung hingedeutet habe, dies sei deshalb auch nicht weiter besprochen worden. Nach seiner persönlichen Erfahrung erschienen ihm die Ansätze der Beigeladenen, die zu einer höheren Einwirkdauer im Nebenerwerb als in der Tätigkeit im Baugewerbe führen würden, absolut überhöht und unplausibel.

Mit Bescheid vom 14.07.2004 lehnte die Beklagte die Anerkennung der Gonarthrose als BK und einer Wie-BK ab (L 8 S. 1), weil eine Listen-BK nicht vorliege und die Voraussetzungen der Anerkennung als Wie-BK nicht gegeben seien. Der Kläger erhob Widerspruch. Dieser wurde mit Widerspruchsbescheid vom 18.02.2005 zurückgewiesen.

Der Kläger hat am 10.03.2005 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben, die zunächst unter dem Aktenzeichen S 6 U 7./05 geführt worden ist. Der Rechtsstreit ist mit Beschluss vom 20.07.2005 (Bl. 14 SG-Akte) mit dem Klageverfahren auf Anerkennung einer BK nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV (Aktenzeichen S 6 U 7./05) verbunden worden. Mit Beschluss vom 25.03.2008 ist das Verfahren S 8 U 718/05 (BK Nr. 2102) zu S 6 U 717/05 verbunden worden. In der mündlichen Verhandlung am 24.06.2009 sind die Verfahren S 6 U 7./05 und S 6 U 7./05 wieder getrennt worden (Bl. 19 SG-Akte). Über die Klagen S 6 U 7./05 (BK Nr. 2108) und S 6 U 7./05 (BK Nr. 2102) hat das SG mit Urteil vom selben Tag entschieden. Hinsichtlich des Klageverfahrens S 6 U 7./05 (BK Gonarthrose) ist die mündliche Verhandlung vertagt worden. Mit Beschluss vom 07.08.2009 ist das Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf die am 01.07.2009 in Kraft getretene BK Nr. 2112 und einen daher zu erteilenden Bescheid der Beklagten angeordnet worden.

Im Parallelverfahren S 6 U 7./05 haben die medizinischen Ermittlungen des SG hinsichtlich der Kniegelenke Folgendes erbracht: Facharzt für Orthopädie Dr. E. hat in seiner Auskunft vom 13.08.2005 bei Behandlung seit Februar 2003 die Diagnose einer Pangonarthrose rechts gestellt, der Befund rechts sei ein mäßiger Erguss, Patella schlecht verschieblich, Bänder stabil, Beweglichkeit 0-0-120°; das rechte Knie zeige Schwellung und Erguss, die Patella sei gut verschieblich, die Bänder stabil, die Beweglichkeit betrage 0-0-70°. Das Röntgenbild des linken Knies in zwei Ebenen (vom 01.04.2003, vgl. Reha-Bericht Bl. 39 leichte mediale Gelenkspaltverschmälerung ohne wesentliche degenerative Veränderungen) zeige eine subchondrale Sklerosierung am medialen und lateralen Tibiaplateau. Das Röntgenbild des rechten Knies in zwei Ebenen (vom 04.02.2003, vgl. Reha-Bericht Bl. 39) zeige einen fast vollständig aufgehobenen Gelenkspalt medial mit Randexophytenbildung beidseits sowie Verkalkung des Außenmeniskus im Sinne einer ausgeprägten Varusgonarthrose rechts (Bl. 23 SG-Akte 718). Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. H. hat eine fortgeschrittene Gonarthrose rechts berichtet (Bl. 25 SG-Akte 718). Der Entlassungsbericht der Klinik für Neurochirurgie, Klinikum der Stadt V. vom 01.11.2003 (Behandlung wegen Bandscheibenvorfalls) nennt die Diagnose einer Meniskopathie rechts und berichtet über eine bekannte Vorerkrankung Pangonarthrose rechts und ängstliche Schonung des rechten Beins. Der Reha-Bericht der Klinik H. vom 08.12.2003 stellt die Diagnose eines Funktions- und Belastungsdefizits des rechten Kniegelenks bei ausgeprägter medial betonter Gonarthrose rechts, Meniskopathie rechts. Eine Knie-TEP rechts sei vorgeschlagen worden. Beschwerden bestünden immer, belastungsabhängig verstärkt. Das linke Knie wird als klinisch unauffällig beschrieben. Das rechte Knie sei im Seitenvergleich leicht geschwollen, Druckschmerzen, kein Erguss, Flexion bis 110°, kein Streckdefizit. Rheumatologe PD Dr. R. hält in seinem Arztbrief vom 27.01.2005 eine Knie-TEP rechts für mittelfristig nicht zu umgehen. Der Kläger habe Schmerzen im rechten Kniegelenk. Das Kniegelenk rechts sei plump verformt, leicht überwärmt und es bestehe ein Streckdefizit von 20°.

Im Verfahren S 6 U 7./05 hat das SG Facharzt für Orthopädie Dr. K. mit der Erstattung eines Gutachtens hinsichtlich der BKen 2102, 2108, 2109 und 2110 beauftragt. In seinem Gutachten vom 30.04.2008 (Bl. 45 ff. SG-Akte 7.) hat dieser hinsichtlich der Knie berichtet, der Kläger gebe ab 1990 arthroskopische Operationen des linken Kniegelenks an (Berichte hierüber sind allerdings nicht aktenkundig), nach Unfall 1994 insgesamt drei Eingriffe, 1994 Arthroskopie des rechten Kniegelenks nach Unfall und 2007 Arthroskopie des linken Kniegelenks wegen Überdehnung nach Unfall. Im Fragebogen hat der Kläger über dauernde starke Schmerzen im rechten Knie, Unfall 1975 berichtet (Bl. 51 SG-Akte 7.), ergänzend: die Schmerzen bestünden ganz überwiegend rechtsseitig, aber auch links unter der Kniescheibe. Der Sachverständige hat angegeben, im Stehen zeige sich eine mit bloßem Auge sichtbare Muskelminderung des rechten Beins. Eine varische Kniegelenkachse bestehe rechts mehr als links, die Beweglichkeit sei rechts 0-10-115°, die aktive Beweglichkeit allerdings nur 0-20-100°, links 1-0-130°. Der Lokalbefund rechts zeige eine deutliche Kapselschwellung, Ergussbildung mit Patellatanzen, extreme Druckempfindlichkeit. Im linken Kniegelenk bestehe annähernd freie Beweglichkeit, unauffällige Weichteilverhältnisse, kein Erguss. Bei Rotation Schmerzangabe im medialen Gelenkspalt. Die vom Sachverständigen gefertigten Röntgenaufnahmen zeigten eine Gonarthrose Grad III rechts und Grad II – III links. Hinsichtlich der Feststellung einer BK Nr. 2102 (Meniskopathie) hat der Sachverständige ausgeführt, zum einen habe der Kläger nicht überwiegend meniskusbelastende Tätigkeiten ausgeführt. Zum anderen bestehe die typische Konstellation für eine sekundäre Meniskopathie, nämlich O-Beine und O-förmig ausgeformte Unterschenkel und somit eine typische Überlastungssituation des medialen Kompartments. Daher sei die aktivierte Gonarthrose rechts mehr als links auch bei der Untersuchung auf das mediale Kompartment beschränkt gewesen. Diese Situation sei vom Arbeitsplatz völlig unabhängig und stelle nach Hackenbruch eine Präarthrose dar. Die seit Jahrzehnten bekannte Arthrosis deformans der Kniegelenke führe zur Zermürbung des Faserknorpels infolge der primären Arthrose (sekundäre Meniskopathie).

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG Prof. Dr. E. mit der Erstattung eines arbeitsmedizinischen Gutachtens und Dr. B. mit der Erstattung eines fachorthopädisch-radiologischen Zusatzgutachtens beauftragt. Dr. B. hat die vorhandenen Röntgenaufnahmen der Kniegelenke von 1998, 2003 und 2008 (links) und 1994, 2003 und 2008 (rechts) befundet und für das rechte Knie die Diagnose einer fortgeschrittenen medialen Arthrose nach Kellgren 4 2008 und Kellgren 3 1994 gestellt. Für das linke Kniegelenk hat er keinen pathologischen Befund gefunden, keine Randwulstbildungen, Sklerosierungen, Zysten, Achsab-weichungen, Inkongruenzen der gelenkbildenden Skelettanteile, keine Sehnenansatz-verkalkungen, keine knöchernen Verletzungsfolgen. Am rechten Kniegelenk hat er Verkal-kungen, ausgeprägte knöcherne Randwülste und eine hochgradige progrediente Verschmälerung des medialen Gelenkspalts gefunden. Das MRT des linken Kniegelenks vom Dezember 2007 hat Dr. B. nicht vorgelegen.

Prof. Dr. E. hat ausgeführt, die Kniebeschwerden seien rechts deutlicher ausgeprägt als links, nämlich auch nachts in Ruhe bei jedem Lagewechsel, verstärkt bei Belastung, vorhanden. Es falle ihm schwer, das rechte Bein überhaupt auf eine Treppenstufe zu heben. Er werde 5mal jährlich am rechten Knie punktiert, seit 2003 sei eine weitere Verschlechterung eingetreten. Das O-Bein habe sich mit Zunahme der Kniebeschwerden ausgebildet. Seit 1994 seien Knieprobleme dokumentiert, seit einem Arbeitsunfall am 19.08.1994 mit Verdrehen des rechten Knies. Schon damals sei in den Röntgenbildern eine Arthrose zu sehen gewesen, die Arthroskopie habe schwerste Knorpelschäden gezeigt, einen weitgehenden Aufbrauch des medialen Meniskus, das vordere Kreuzband sei nicht vorhanden. Im weiteren Verlauf seien immer wieder Arztbesuche wegen Kniebeschwerden, vor allem rechtsseitig, erfolgt. Hinsichtlich der arbeitstechnischen Voraussetzungen hat Prof. Dr. E. eine Gesamtarbeitszeit von 19.917 Stunden im Knien ermittelt, davon 4.800 Stunden in der Landwirtschaft, allerdings ohne jegliche Erwähnung und Berücksichtigung von Melkarbeiten.

Beim Kläger liege eine Gonarthrose vor, die als BK einzustufen sei. Zwar ergebe die Akte keine geeigneten ausreichenden Daten über die ausreichende Belastung, doch habe die Befragung des Klägers eine solche ergeben. Konkurrierende Ursachen seien nicht erkennbar, insbesondere bestünden keine Hinweise auf vorbestehende O-Beine, der Kläger gebe an, dies sei erst mit der Gonarthrose ausgebildet worden. Übergewicht sei zwar nachteilig für das Knie, das Risiko einer Gonarthrose durch kniebelastende Tätigkeiten erhöhe sich aber mit und ohne Übergewicht gleichermaßen. Die Gonarthrose sei im August 1994 erstmalig diagnostiziert worden. Das Beschwerdebild habe sich kontinuierlich, bestätigt durch die Röntgenaufnahmen von 2003, verschlechtert. Die Sachverständige Prof. Dr. E. hat ab August 1994 eine MdE von 20 v. H., ab 2003 von 30 v. H. für die Gonarthrose empfohlen.

Mit Beschluss vom 25.04.2006 (S 8 U 717/05) hat das SG die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zum Verfahren beigeladen. Die Beigeladene hat am 25.05.2009 eine Arbeitsplatzanalyse ihres TAD vom 13.05.2009 (H. B.) vorgelegt, wonach die Einwirkdauer in der Landwirtschaft 8.660 Stunden betrage, 6.200 für das Melken und 2.660 für Pflanzen und Ernten von Hackfrüchten. Die Einwirkdauer in der Landwirtschaft erreiche damit nicht die erforderlichen 13.000 Stunden.

Mit Bescheid vom 24.03.2010 (L 53 VV) lehnte die Beklagte die Anerkennung der Gonarthrose als BK ab, weil nach ihren und den Ermittlungen der Beigeladenen die Mindesteinwirkungsdauer von 13.000 Kniestunden nicht vorliege, sondern während der verschiedenen beruflichen Tätigkeiten lediglich eine Gesamteinwirkungsdauer von 10.372 Stunden erreicht sei.

Das Verfahren ist wieder angerufen worden (S 15 U 10874/10). Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat das SG den Facharzt für Arbeitsmedizin Prof. Dr. S. mit der Erstattung eines arbeitsmedizinisch begründeten Zusammenhangsgutachtens zu den medizinischen und arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK Nr. 2112 beauftragt. Dieser hat sein Gutachten vom 24.09.2012 erstattet und auf Einwendungen der Beteiligten noch eine ergänzende Stellungnahmen vom 25.01.2013 abgegeben. Facharzt für diagnostische Radiologie Dr. S. hat ein radiologisches Zusatzgutachten erstattet und die verfügbaren bildgebenden Aufnahmen der Kniegelenke nachbefundet. Der Kläger gebe Schmerzen im rechten Knie von 8 bis 10 unter Belastung auf einer Analogskala von 0 (kein Schmerz) bis 10 (unerträglicher Schmerz) an, im linken Knie von etwa 3 bis 4. Insbesondere das rechte Knie fühle sich heiß und instabil an, er müsse eine Bandage tragen. Der Kläger habe nie Sport getrieben und auch sonst keine außerberuflichen kniebelastenden Tätigkeiten ausgeführt. Die Untersuchung der Kniegelenke ergebe einen Druckschmerz beidseits am lateralen wie auch medialen Kniegelenkspalt, einen leichten Erguss beidseits, eine leichte Rötung des rechten Knies im Seitenvergleich mit der linken Seite. Keine tanzende Patella, am rechten Knie im Seitenvergleich eine lokale Erwärmung. Die passive Beweglichkeit sei beidseits schmerzhaft eingeschränkt, das Bewegungsmaß rechts für Flexion/Extension 100-5-0°, links 120-0-0°; die Außenrotation/ Innenrotation rechts 10-0-5°, links 20-0-5°. Beidseitig bestehe Varusinstabilität von 20° in Flexion sowie in Extension, keine Valgusinstabilität, aber Schmerzen im Test. Rechts seien saggitale Schublade und Lachmanntest positiv, links beides negativ, der posterior drawer-Test beidseits negativ. Es bestehe eine Einschränkung der muskulären Kraft rechtsseitig mehr als linksseitig. Bei manueller Muskelfunktionstestung bestünden beidseits Schmerzen, jedoch rechtsseitig betont. Die Meniskentestung sei bei allen Tests positiv gewesen (MCMurray´s, Thessaly, Steinmann II).

Der Kläger habe von 1964 bis 2003 als Bauhelfer für verschiedene Firmen gearbeitet, in den Jahren 1965 und 1966 außerdem für wenige Monate als Waldarbeiter und LKW-Fahrer, von 1964 bis 1982 in der Landwirtschaft mit Melkarbeit. Er habe bereits als Kind in der elterlichen Landwirtschaft mitgearbeitet, ab 1964 beim Kartoffel- und Rübenanbau geholfen, dabei im Frühjahr etwa fünf Wochen lang, im Herbst etwa drei Wochen lang meist im Knien, teilweise in gebückter Haltung gearbeitet. Ebenfalls ab 1964 habe er regelmäßig zweimal täglich gemolken. Die Familie habe immer 8 bis 10 Kühe gehabt, ein Melkvorgang habe 45 bis 60 Minuten gedauert. Bis 1979 habe er ohne Melkschemel gemolken. Dann habe er wegen Rückenproblemen im Januar 1980 eine erste Bandscheibenoperation gehabt. Sein Schwager habe von Januar bis März 1980 für ihn gemolken und dafür einen Melkschemel angeschafft. Seitdem habe auch der Kläger überwiegend mit dem Melkschemel gemolken, in Abhängigkeit davon, wie die Kühe sich hätten melken lassen. Im Jahr 1983 habe der Kläger wegen gesundheitlicher Beschwerden die Großtierhaltung aufgegeben. Als Bauhelfer habe er von 1968 bis 1980 jeden Tag Pflasterarbeiten durchgeführt, von 1980 bis 1994 etwa jeden zweiten Tag, durchschnittlich vier Stunden täglich, häufig sei er mehr als acht Stunden täglich als Bauhelfer beschäftigt gewesen. Während des Pflasterns habe er Pflastersteine mit einem Gewicht von bis zu 5 kg und Randstein bis zu 40 kg Gewicht bewegt. Er habe relativ häufig aus dem Knien aufstehen müssen, um Pflastersteine zu holen. An die Pflastermaschinen seien zu zweit Anbauteile mit einem Gewicht von 150 bis 200 kg anzuschrauben gewesen, teilweise im Knien. Beim Pflastern habe er auf beiden Knien gekniet. Daneben habe er etwa eine dreiviertel Stunde täglich Betonrohre im Knien verlegt. Dabei seien häufiges Aufstehen sowie Positionswechsel zum Ausrichten der schweren Betonrohre erforderlich gewesen. Beim Verlegen der Rohre habe er einseitig, meist auf dem rechten Knie gekniet. Mitte der 80er Jahre sei ein nicht dokumentierter Arbeitsunfall geschehen, bei dem die zweitoberste Sprosse einer Leiter gebrochen und das rechte Knie durch den Aufprall auf der niedrigeren Stufe nach hinten gerutscht sei. Generell seien Sprünge auf unebenem Grund erforderlich gewesen, dabei sei er in der Regel auf beiden Füßen gelandet. Von 1968 bis 1980 sei er ein Drittel der Schicht die Asphaltmaschine ("Fertiger") gefahren. Er sei 8 bis 10mal pro Tag von der Eisenplatte (etwa 60 bis 70 cm Abstand vom Boden) herabgesprungen. Diese sei häufig rutschig gewesen, daher sei er häufig abgerutscht und in der Folge krankgeschrieben gewesen. Bis 1994, dem Jahr der ersten Arthroskopie, sei er ausschließlich auf dem rechten, danach ausschließlich auf dem linken Fuß gelandet. 1994 habe er die kniebelastenden Pflasterarbeiten weitgehend aufgeben müssen, bis 2002 sei er weiter in der Kolonne tätig gewesen, habe aber hauptsächlich die Asphaltmaschine und den Bagger gefahren. Ab Dezember 2002 sei er dauerhaft arbeitsunfähig gewesen und beziehe seit März 2004 Erwerbsunfähigkeitsrente.

1981 habe er einen Arbeitsunfall erlitten und sich beim Sprung vom Fertiger das Knie verletzt, es sei zu einem Muskelriss und einer Schwellung gekommen. Am 19.08.1994 habe sich ein weiteren Arbeitsunfall zugetragen, als er aus einer Höhe von einem Meter von einer Maschine gesprungen sei und sich das rechte Knie verdreht habe. Klinisch habe sich ein ausgeprägter intraartikulärer Erguss am rechten Kniegelenk gefunden.

Die Auswertung der bildgebenden Befunde des rechten Kniegelenks durch Dr. S. habe ergeben, dass auf den frühesten Röntgenaufnahmen des rechten Knies nach dem Arbeitsunfall vom 20.08.1994 eine Gonarthrose Grad II (nach Kellgren und Lawrence) mit deutlicher Osteophytenbildung der Femurkondylen und des medialen und lateralen Tibiakopfes nachgewiesen seien, aber noch keine signifikante Gelenkspaltverschmälerung des Tibiafemoralgelenkes, eine allenfalls gering ausgeprägte Retropatellararthrose mit beginnenden knöchernen Anbauten an die Patella bzw. das femoropatellare Gleitlager. Die Verkalkung im Ansatz der medialen Gelenkkapselstrukturen bzw. des medialen Kollateralbandes am medialen Femurkondylus könne Folge einer vorausgegangenen Band- bzw. Kapselläsion mit reparativer Verkalkung sein. Hiermit korrespondierten die Ergebnisse der Arthroskopie des rechten Kniegelenks vom 23.08.1994. Operateur Dr. J. beschreibe schwerste Knorpelschäden mit Knorpelglatze im Bereich der gesamten Belastungszone an Tibia und Femurcondylus, einen weitgehend aufgebrauchten medialen Meniskus, am Vorderhorn fänden sich mehrere Lappenabrisse, das vordere Kreuzband sei nicht mehr vorhanden. Röntgenaufnahmen aus 2003 ließen eine gegenüber den Voraufnahmen von 1994 fortschreitende Gonarthrose von nunmehr Grad IV nach Kellgren und Lawrence erkennen.

Für das linke Kniegelenk lägen erstmals vom 26.03.1998 konventionelle Röntgenaufnahmen vor. Auf diesen finde sich kein pathologischer Befund bei normaler Weite der Gelenkspalten, ohne Nachweis von osteophytären Anbauten oder Meniskusverkalkungen. Auch die Röntgenauf-nahmen von 2003 zeigten für das linke Knie keinen pathologischen Befund.

Hinsichtlich der arbeitsbedingten Belastungen seien unter Zugrundelegung der Stellungnahme des TAD der Beklagten für die Tätigkeit im Baugewerbe 7.712 Stunden und für die landwirtschaftlichen Tätigkeiten unter Zugrundelegung der vom TAD der Beigeladenen für den Kartoffelanbau veranschlagten 2.660 Stunden und der plausiblen Darlegung des Klägers, bis 1980 keinen Melkschemel verwendet zu haben, von 5.200 Stunden für das Melken zugrunde zu legen. Kumulativ ergebe dies kniebelastende Tätigkeiten von 14.500 Stunden.

Am rechten Knie sei erstmals 1994 eine Gonarthrose Grad II radiologisch gesichert, im August 1994 seien arthroskopisch schwerste Knorpelschäden nachgewiesen. Für das linke Kniegelenk finde sich bei der ersten konventionellen Röntgenaufnahme 1998 kein pathologischer Befund. Es bestehe zum Zeitpunkt der Erstdiagnose damit ein deutlicher Seitenunterschied. Allerdings fehle eine tangentiale Aufnahme 1998, so dass für die Beurteilung der Entwicklung der 2007 kernspintomografisch nachgewiesenen Retropatellararthrose die Grundlage fehle. Diese Befundkonstellation spreche zunächst gegen eine berufliche Verursachung, zumal sich anamnestisch keine deutlich höhere Belastung des rechten Kniegelenks gegenüber dem linken nachweisen lasse. Allerdings sei am rechten Kniegelenk das fehlende vordere Kreuzband arthroskopisch nachgewiesen, was bei einem assoziierten Meniskusschaden eine konkurrierende Ursache sei. Selbst wenn das Fehlen des Kreuzbandes im rechten Knie auf den nicht angezeigten Arbeitsunfall 1981 zurückgehe, wobei nicht einmal klar sei, welches Knie damals betroffen gewesen sei, sei eine berufsbezogene Einwirkungskausalität für die Ruptur des vorderen Kreuzbandes nicht hinreichend zu sichern. Der rechtsseitige Kreuzbandriss sei konkurrierende Ursache für die rechtsseitige Gonartrose. Die später eingetretene rechtsseitige Gonarthrose könne daher nicht mit Wahrscheinlichkeit auf die Berufstätigkeit des Klägers zurückgeführt werden.

Hinsichtlich der Gonarthrose des linken Kniegelenks seien keine konkurrierenden Ursachen erkennbar, auch nicht für die Meniskusschädigung. Auch könne diese nicht die ausgeprägte Retropatellararthrose erklären. Eine patella alta bestehe nicht. Die leichte Varusfehlstellung könne nicht als präarthrotische Deformität aufgefasst werden. Im ärztlichen Merkblatt werde darauf hingewiesen, dass eine mediale Gonarthrose langfristig zu einer O-Fehlstellung führen könne. Außerberufliche Knieverletzungen oder –traumen sowie entzündliche Kniegelenkser¬krankungen würden verneint. Übergewicht solle nach dem Ärztlichen Merkblatt zur BK 2112 und der amtlichen Begründung der Bundesregierung keine Rolle spielen. Die von Beratungsarzt Dr. F. thematisierte Chondrokalzinose sei nicht als konkurrierende Ursache anzusehen, ebenso wenig ein von Dr. F. diagnostiziertes metabolisches Syndrom, was zudem nicht gesichert sei.

Zusätzlich zu der Arbeit im Knien und Hocken seien beim Kläger die Sprünge vom Fertiger zu berücksichtigen, die eine zusätzliche Belastung darstellten.

Es bestehe auch ein plausibler zeitlicher Zusammenhang. Die Diagnose der linksseitigen Gonarthrose sei 2007 gestellt, bereits 1994 seien die kniebelastenden Tätigkeiten deutlich reduziert worden. Da diese 2007 sehr ausgeprägt gewesen sei, müsse bereits Ende der 90er Jahre eine relevante Retropatellararthrose vorgelegen habe. Die lange Latenz sei mit der beruflichen Ätiologie noch vereinbar. Im Ergebnis spreche hinsichtlich der linksseitigen Gonarthrose mehr für als gegen die berufliche Verursachung.

Zusammenfassend liege eine Gonarthrose beider Kniegelenke mit deutlich stärkerer Betroffenheit des rechten Kniegelenks vor. Der Beginn der rechtsseitigen Gonarthrose sei auf August 1994 zu datieren. Hinsichtlich des linken Kniegelenks sei im Dezember 2007 erstmalig kernspintomografisch eine ausgeprägte Retropatellararthrose mit großflächigem Substanzdefekt der Knorpelkappe der medialen Gelenkfacette nachgewiesen sowie eine geringe Gonarthrose im Bereich des medialen Femurkondylus. In den konventionellen Röntgenaufnahmen von 2003 finde sich linksseitig kein pathologischer Befund, diese seien wegen des Fehlens tangentialer Aufnahmen hinsichtlich einer Retropatellararthrose allerdings nicht aussagekräftig. Da sich der tatsächliche Beginn somit zeitlich nicht festmachen lasse, werde der Zeitpunkt des kernspintomografischen Nachweises im Dezember 2007 als Erkrankungsbeginn angesehen.

Für die linksseitige Gonarthrose komme mit Wahrscheinlichkeit der langjährigen Tätigkeit im Knien und Hocken eine überragende Bedeutung zu. Eine BK nach Nr. 2112 sei daher anzuerkennen. Die rechtsseitige Gonarthrose sei mit Wahrscheinlichkeit auf den Schaden des vorderen Kreuzbandes und die assoziierte Meniskuserkrankung zurückzuführen. Eine berufliche Verursachung der Schädigung am rechten vorderen Kreuzband und damit mittelbar der rechtsseitigen Gonarthrose durch den 1981 stattgehabten Arbeitsunfall sei möglich, aber nicht hinreichend zu sichern. Auch die arbeitstechnischen Voraussetzungen seien erfüllt. Diese Einschätzung stehe im Einklang mit den Vorgutachten von Dr. B. und Prof. Dr. E ... Die MdE für die beim Kläger linksseitig vorliegende eher leichtgradige schmerzhafte Bewegungsein-schränkung des linken Kniegelenks und den leicht- bis mittelgradigen Dauerschmerz werde ab Dezember 2007 auf 10 v. H. geschätzt. Hinsichtlich der rechtsseitigen Gonarthrose entspreche der Ausprägungsgrad selbst bei Annahme einer Teilursächlichkeit dem der linksseitigen, wenn man sich die Folgen der rechtsseitigen Kreuzbandruptur wegdenke, so dass auch insoweit eine MdE von 10 v. H. angemessen sei.

Die Beigeladene hat beim TAD eine Arbeitsplatzanalyse veranlasst. Bezüglich kniebelastender Tätigkeiten hat dieser in seiner Stellungnahme vom 13.05.2009 zunächst eine maximale Einwirkdauer von 8.800 Stunden in der Landwirtschaft angenommen, ausgehend vom Kühe melken in hockender Stellung bis 1982, 30 Minuten pro Melkzeit bei sechs Kühen (6.200 Stunden) sowie Pflanzen und Ernten von Hackfrüchten in kniender Haltung (2.660 Stunden). In der ergänzenden Stellungnahme vom 18.02.2010 (Bl. L 52 S. 1 VV) hat sie gegenüber der Beklagten die Berechnung der kniebelastenden Tätigkeiten korrigiert, da die vom Kläger im persönlichen Gespräch am 24.03.2009 angegebene Benutzung eines Melkschemels nicht berücksichtigt worden sei. Der Kläger habe angegeben, dass dieser während der überwiegenden Zeit zum Einsatz gekommen sei. Bei überwiegender Verwendung eines Melkschemels sei davon auszugehen, dass eine relevante Belastung der Kniegelenke beim Melken nicht aufgetreten sei. Es verbleibe bei dem Ansatz für insbesondere die Ernte von Hackfrüchten (Kartoffeln) von 2.660 Stunden. Diese Angaben hätten sich mit den gegenüber dem Präventionsdienst der Beklagten getätigten Äußerungen gedeckt, die zu der Stellungnahme Arbeitsplatzexposition vom 11.08.2009 geführt hätten. Der Kläger habe danach seinen eigenen Angaben zufolge in der elterlichen Landwirtschaft nur in zu vernachlässigendem Umfang kniebelastend gearbeitet. Auch ausweislich eines Aktenvermerks vom 02.11.2009 habe der Kläger die kniebelastenden Tätigkeiten als gering, mit deutlich unter einer Stunde am Tag angegeben. In einer Stellungnahme gegenüber dem SG hat sich die Beigeladene zur Stundenzahl der kniebelastenden Tätigkeiten in der Landwirtschaft geäußert. Es verbleibe bei der bisherigen Beurteilung, dass insoweit nur die Tätigkeiten im Zusammenhang mit Hackfrüchten/Kartoffeln von 2.660 Stunden zu berücksichtigen seien und bereits der damals nicht bestrittenen Stellungnahme des Präventionsdienstes von 2009 entspreche (Bl. 153 SG-Akte 717). In der Landwirtschaft fielen in der Regel keine bzw. nicht wenigstens 1/3 der Arbeitszeit die Kniegelenke überdurchschnittlich belastende Tätigkeiten an (vgl. Schriftsatz vom 17.05.2006, Bl. 108 SG-Akte 718). Sie halte daher die nunmehr abweichenden Angaben hinsichtlich der Einwirkungszeit für zweckgerichtet, nachgeschoben und subjektiv gefärbt. Den Erstangaben komme der höhere Beweiswert zu. Danach sei die kumulative Dauer 10.372 Stunden (2.660 Stunden für die Landwirtschaft und 7.712 Stunden für das Baugewerbe), die Mindestgrenze von 13.000 Stunden somit unterschritten.

Der Kläger hat eine schriftliche Bestätigung seiner Schwäger B. K. und N. K. vom 16.07.2013 vorgelegt, wonach er bis 1979 keinen Melkschemel benutzt habe. Sie hätten diese Tätigkeit von Dezember 1979 bis März 1980 abwechselnd für ihn übernommen und zu diesem Zeitpunkt zur Erleichterung einen Melkschemel angeschafft. Er hat weiterhin einen Schriftsatz aus einem Parallelverfahren vorgelegt und dargelegt, dass die Melkdauer pro Kuh und Melkeinheit nicht wie von Herrn B. vom TAD angenommen, 7-8 Minuten betragen habe, sondern bei manchen Kühen 15 Minuten. Damit ergäben sich für das Melken statt der von Herrn B. angenommenen 6.200 Stunden sogar 7.637,4 Stunden. Nicht einberechnet seien auch die Bautätigkeiten in der Landwirtschaft (Geräteschuppen, Jauchegrube, Hoffläche, neuer Schweinestall, neuer Getreideboden). Hinsichtlich der Tätigkeit im Baugewerbe sei die Kniebelastung für die Pflasterarbeiten nicht zutreffend. Hinzu kämen außerdem viele sonstige Arbeiten im Knien wie Maschinenarbeiten (Reinigen des Fertigers, An- und Abbau der Verbreiterungsteile usw.). Die Aufstellung von Herrn K. sei nicht zutreffend. Von 1968 bis mindestens Mitte 1975 habe er ausschließlich als Pflasterer gearbeitet. Zutreffend seien die Angaben im Gutachten von Prof. Dr. E ... Sie hätten damals ganze Gebiete in Städten und Dörfern gepflastert, über Tage und Wochen ganztägig. Auch gegenüber Prof Dr. E. habe er einige kniebelastende Tätigkeiten vergessen anzugeben, so das Reinigen des Fertigers nach jeder Fahrtätigkeit ca. ½ bis ¾ Stunde, An- und Abbau von Anbauteilen an den Fertiger. Verbreiterungsblöcke, Lang- und Höhenstreben, Schneckenwellen, Kanalbleche, Heizleitungen usw. hätten kniend oder in der Hocke angeschraubt und verbunden werden müssen.

Das SG hat mit Urteil vom 16.10 2013 den Bescheid vom 14.07.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.02.2005 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 24.03.2010 aufgehoben und festgestellt, dass beim Kläger eine BK nach Nr. 2112 "der Anlage zur BKV" bestehe. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen einer Gesamteinwirkungsdauer von 13.000 Stunden und einer Stunde pro Schicht seien erfüllt und hätten zu einer Gonarthrose jedenfalls am linken Knie geführt. Dies ergäben die Auswertungen der TAD der Beklagten und der Beigeladenen unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers und der Feststellungen des Arbeitsmediziners Prof. Dr. S ... Die Einlassung des Klägers, wonach das Melken bis 1979 ohne Melkschemel erfolgt sei, seien glaubhaft. Sie seien detailliert und konkret. Der Änderung der Bewertung des TAD von zunächst 6.200 Stunden für das Melken auf eine Nullbelastung habe zugrunde gelegen, dass Prüfingenieur K. bei der Überprüfung der Berechnung geäußert habe, der Kläger habe 2004 angegeben, in der Landwirtschaft seien kniebelastende Tätigkeiten nur in geringem Umfang angefallen. Dipl.-Ing. K. habe sich nur auf eigene Erinnerungen des Gesprächs bezogen, Unterlagen existierten hierzu nicht. Bei Fehlen kniebelastender Tätigkeiten durch das Melken 1980 bis 1982 reduziere sich Stundenzahl für das Melken auf 5.200. Die medizinischen Voraussetzungen seien zumindest bezogen auf das linke Knie erfüllt, nicht aber für das rechte Knie.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 31.10.2103 zugestellte Urteil am 18.11.2013 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, selbst wenn man von einer ausreichenden Einwirkungsdauer ausgehe, sei der wesentliche Ursachenzu-sammenhang zwischen der - auch nach Angaben des Klägers gegenüber Prof. Dr. S. – 1994 weitgehend abgeschlossenen Einwirkung und der laut Prof. Dr. S. erstmals 2007 radiologisch nachgewiesenen Retropatellararthrose des linken Kniegelenks nicht wahrscheinlich. Schlüssig und nachvollziehbar sehe allerdings der Sachverständige keinen Zusammenhang zwischen der rechtsseitigen schweren Gonarthrose und den beruflichen Belastungen des Klägers. Der Sachverständige halte die Latenz hinsichtlich des linken Kniegelenks für grenzwertig, überwinde seine Zweifel aber durch die Annahme, die Retropatellararthrose müsse erfahrungsgemäß einige Jahre zuvor begonnen haben, Ende der 90er Jahre. Er stelle fest, dass die konventionelle Röntgenaufnahme von 1998 keinen pathologischen Befund zeige, relativiere dies aber dahingehend, dass keine Tangentialaufnahmen vorlägen. Die vom Sachverständigen vorgenommene Rückverlegung des Erkrankungsbeginns sei spekulativ. Nachgewiesen sein müsse ein Ausprägungsgrad von mindestens Kellgren 2. Kumulativ seien für die Gonarthrose neben dem radiologischen Nachweis zusätzlich Kniegelenksbeschwerden und Funktionsstörungen bei der orthopädischen Untersuchung in Form eingeschränkter Streckung oder Beugung im Kniegelenk nach dem Merkblatt zur BK Nr. 2112 erforderlich. Nach dem Abschlussuntersuchungsbefund im Reha-Bericht vom 01.12.2003 sei das linke Kniegelenk klinisch unauffällig gewesen. Aus dem radiologischen Zusatzgutachten von Dr. B. von 2009 gehe hervor, dass der Radiologe das linke Kniegelenk auf der Grundlage der Röntgen-CDs bis 16.04.2008 inklusive Patellagleitaufnahmen ohne wesentliche Auffälligkeiten befundet habe. Entsprechend thematisiere das Gutachten von Prof. Dr. E. das linke Kniegelenk nicht.

Die Latenz zwischen dem Ende der Kniebelastung und dem Vorliegen des Krankheitsbildes sei somit wesentlich länger als von Prof. Dr. S. unterstellt. Dieser stelle nicht auf 2007, sondern auf Ende der 90er Jahre als Ende ab, was einer Latenzzeit von etwa fünf Jahren entspreche. In der medizinischen Wissenschaft sei anerkannt, dass Belastung und Erkrankung in engem zeitlichen Zusammenhang stünden. Dies sei beispielhaft in den Konsensempfehlungen zu band-scheibenbedingten Erkrankungen der Lendenwirbelsäule ausgeführt. Danach müsse die beruf-liche Belastung eine plausible zeitliche Korrelation zur Entwicklung der bandscheibenbedingten Erkrankung aufweisen, beispielsweise müsse die Exposition der Erkrankung vorausgehen; die Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhangs nehme mit der Länge des Zeitraums zwischen dem Ende der Exposition und der erstmaligen Diagnose der Erkrankung ab (Konsens-empfehlungen, veröffentlicht in: Trauma und Berufskrankheit 3, 2005, S. 211 ff.). Die Heranziehung der Sprünge auf unebenem Grund als Kausalfaktoren sei unzulässig, weil die gefährdenden Einwirkungen im Sinne der BK Nr. 2112 abschließend definiert seien und Sprünge nicht dazu gehörten, ebenso wenig wie schweres Heben und Tragen. Abschließend sei auf die Angabe des Klägers während der Begutachtung durch Prof. Dr. E. hingewiesen, wonach er beim Treppensteigen immer mit links vorangehen müsse, weil er mit rechts weder sein Gewicht abfangen noch sich hochstemmen könne. Damit sei nach der Lebenserfahrung eine Überlastung des linken Kniegelenks, darüber hinaus auch beim Aufstehen aus dem Sitzen, Stehen oder Liegen, verbunden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 16. Oktober 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Der Senat hat Prof. Dr. S. nochmals um Stellungnahme zu den Einwendungen gegen sein Gutachten gebeten. Dieser hat hinsichtlich der Latenz ausgeführt, G. habe in seinem Beitrag "Ergebnisse der Konsensarbeitsgruppe zur Begutachtung der Gonarthrose (2012)" geschrieben, eine Latenz zwischen dem Ende der Exposition und der erstmaligen Diagnose der Erkrankung von ( (kleiner gleich) fünf Jahren habe nach übereinstimmender Auffassung der Konsensusarbeitsgruppe keine wesentliche negative Indizwirkung. Die Rückverlegung des Erkrankungsbeginns auf Ende der 90er Jahre sei entgegen der Auffassung der Beklagten nicht spekulativ, sondern ergebe sich aus der Schwere des Knorpeldefekts Outerbridge Grad IV, der 2007 kernspintomografisch nachgewiesen worden sei, der sich notwendigerweise im Laufe von mehreren Jahren ausgebildet habe. Nach dem Gutachten von Dr. S. zeige die MRT-Aufnahme vom 11.12.2007 einen retropatellararthrotischen Knorpelschaden mit großflächigem Substanzdefekt der Knorpelkappe der medialen Gelenkfacette (Knorpelglatzenbildung; Chondropathia patellae IV). Grosser, a.a.O., weise darauf hin, dass bei Latenzen über fünf Jahren unter Berücksichtigung der Ausprägung der Gonarthrose zum Zeitpunkt der erstmaligen Diagnosestellung zu prüfen sei, ob durch Extrapolation wahrscheinlich gemacht werden könne, dass innerhalb von fünf Jahren nach dem Ende der Exposition bereits eine Gonarthrose von Grad Kellgren II vorgelegen habe. Tatsächlich habe er (der Sachverständige) diese Extrapolation vorgenommen und darauf geschlossen, dass bereits Ende der 90er Jahre, also 8 Jahre vor der Diagnose der Grad IV-Knorpelschädigung beim Kläger eine linksseitige Grad III-Knorpelschädigung analog einer Gonarthrose von mindestens Grad Kellgren I vorgelegen habe. Ihm seien keine Längsschnittuntersuchungen bekannt, die eine exakte retrospektive Extrapolation des zeitlichen Verlaufs der Gonarthrose-Entwicklung erlaubten. Potter et al (J Am Sports Med 2012, 40; 276-85) habe über einen Zeitraum von 11 Jahren 40 Patienten mit Vorderbandriss (und damit hohem Risiko für die Entwicklung einer Gonarthrose) untersucht. Danach sei der Outerbridge-Score zwei Jahre nach der Kreuzbandruptur im Bereich der Patella bei durchschnittlich 2,5, (bei operierten und nicht operierten Patienten), 7 bis 11 Jahre nach der Kreuzbandruptur bei etwa 3,5 gewesen. Bei den nicht operierten Patienten habe sich der Knorpelschaden langsamer entwickelt als bei den operierten. Der zeitliche Verlauf der Knorpelschädigung nach Kreuzbandruptur sei zwar nicht ohne weiteres mit dem zeitlichen Verlauf nach beruflicher Exposition zu vergleichen, die vorgenannten Ergebnisse seien jedoch mit der von ihm zugrunde gelegten Verstärkung der Knorpelschädigung um einen Outerbridge-Grad im Verlauf von etwa 8 Jahren vereinbar. Die Annahme einer linksseitigen Gonarthrose von Kellgren 2 Ende der 90er Jahre korrespondiere mit der Angabe des Klägers gegenüber Prof. Dr. E., die Beschwerden im linken Knie hätten bereits im Jahr 1994 begonnen. Sollte die lange Latenzzeit gegen die berufliche Ätiologie sprechen, so spreche dafür das Fehlen von konkurrierenden Ursachen, das Vorliegen einer relativ hohen Exposition, das Vorhandensein zusätzlicher berufsbezogener Risikofaktoren in Form von häufigen Sprüngen auf unebenem Grund. Die Schlüsselstudie von Sandmark et al (2000) für die Einführung der BK Nr. 2112 finde ein hohes Gonarthroserisiko für das Springen. Hingegen sei das Vorangehen mit dem linken Bein beim Treppensteigen kein konkurrierender Einflussfaktor, ebenso wenig das leichte Übergewicht des Klägers bei einem BMI von 28, da nach dem Reha-Bericht von 2003 Normalgewicht mit einem BMI von 23,8 vorgelegen habe, das Übergewicht sich also erst nach Auftreten der Gonarthrose, möglicherweise als Folge der Kniebeschwerden, herausgebildet habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Senatsakte, die SG-Akten zu Aktenzeichen S 8 U 1./10, S 6 U 7./05, S 6 U 7./05, S 6 U 7./05 sowie den Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Der die Anerkennung einer Berufskrankheit ablehnende Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Es ist nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die beim Kläger vorliegende Gonarthrose beruflich bedingt ist.

Der Kläger begehrt im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG die Aufhebung der die Anerkennung einer Berufskrankheit ablehnenden Verwaltungsentscheidungen der Beklagten sowie die gerichtliche Feststellung des Vorliegens einer Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV.

Leiden Versicherte am 01.07.2009 an einer Krankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV, ist diese gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 BKV auf Antrag als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn der Versicherungsfall nach dem 30.09.2002 eingetreten ist.

Ein Anspruch auf Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV besteht nicht. Berufskrankheiten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung oder mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte in Folge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 1. Halbsatz SGB VII). Aufgrund der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 SGB VII hat die Bundesregierung die Berufskrankheitenverordnung (BKV) vom 31.10.1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der die derzeit als Berufskrankheiten anerkannten Krankheiten aufgeführt sind. In der Anlage 1 zur BKV ist die Gonarthrose als BK 2112 enthalten.

Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweises erwiesen sein, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 02.04. 2009 - B 2 U 9./08 R - SozR 4-2700 § 9 Nr. 14). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt jeweils das Bestehen einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße - nicht auszuschließende - Möglichkeit. Danach muss bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999 - B 2 U 4./98 R - SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001 - B 2 U 1./00 R - SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991 - 2 RU 3./90 - SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).

Dabei muss Art und Ausmaß der Gesundheitsschädigung als rechtserhebliche Tatsache mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein. Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach allgemeiner Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon zu begründen. Für die haftungsbegründende Kausalität, welche nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, ausreichend, aber auch erforderlich. Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen die berufliche Verursachung spricht, so dass auf diesen Grad der Wahrscheinlichkeit vernünftigerweise die Entscheidung gestützt werden kann und ernste Zweifel ausscheiden. Bei der Anwendung dieser Beweismaßstäbe ist zu beachten, dass für die tatsächlichen Grundlagen der Wertentscheidung nach der Theorie der wesentlichen Bedingung, soweit es sich nicht um den Kausalverlauf als solchen handelt, also insbesondere für Art und Ausmaß der schädigungsgeeigneten Einwirkung als wichtiges Kriterium für die Prüfung der haftungsbegründenden Kausalität, der volle Nachweis zu erbringen ist (BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 9/08 R - juris; zuletzt BSG, Urteil vom 04.07.2013 - B 2 U 1./12 R - SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 2109 Nr. 1).

Der Kläger zählt nicht zu den Berufsgruppen, bei denen Tätigkeiten im Knien, Hocken, im Fersensitz oder im Kriechen gehäuft vorkommen (vgl. Mertens/Brandenburg, die Berufskrankheitenverordnung, Loseblattwerk, M 2112 Rz. I). Neben der Pathophysiologie muss daher die erforderliche kumulative Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und die Mindesteinwirkungsdauer von 1 Stunde pro Schicht kumulativ vorliegen.

Nach der Begutachtungsempfehlung für die BK Nr. 2112 (Gonarthrose), Stand 03.06.2014, B.1.1 sind Voraussetzung für die Diagnose einer Gonarthrose: chronische Kniegelenks-beschwerden, Funktionsstörungen bei der standardisierten klinisch-orthopädischen Untersuchung und die röntgenologische Diagnose einer Gonarthrose entsprechend Grad 2 – 4 der speziellen Klassifikation von Kellgren et al. Das Krankheitsbild gilt frühestens zu dem Zeitpunkt als nachgewiesen, zu dem durch bildgebende Verfahren der Nachweis der Gonarthrose im Sinne der BK Nr. 2112 erbracht ist und klinische Beschwerden sowie mindestens eine der sechs Funktionsstörungen manifest sind. Die sechs Funktionsstörungen gemäß B.1.1 sind: Bewegungseinschränkung in Form einer eingeschränkten Streckung und/oder Beugung im Kniegelenk, Kniegelenkserguss, Kapselentzündung mit Verdickung oder Verplumpung der Gelenkskontur, Krepitation bei der Gelenkbewegung, hinkendes Gangbild oder Atrophie der Oberschenkelmuskulatur.

Unter Zugrundelegung dieser Kriterien liegt beim Kläger zur Überzeugung des Senats eine Gonarthrose im rechten Kniegelenk vor. Dies ergibt sich aus den im gesamten Verfahren übereinstimmenden Befunden der behandelnden Ärzte, dem Reha-Bericht der Klinik H. von 2003 sowie den Gutachten von Dr. K., Prof. Dr. E., Dr. B., Prof. Dr. S. und Dr. S. in den Klageverfahren. Diese hatten radiologisch 1994 bereits den Ausprägungsgrad von Kellgren III nachgewiesen (vgl. Gutachten Dr. B., Gutachten Prof. Dr. S.); bildgebende Diagnostik vor diesem Zeitpunkt existiert nicht. Es bestanden bereits langjährig (seit ca. 1972, vgl. Reha-Bericht: seit dem 23. Lebensjahr) ständige Beschwerden, belastungsabhängig verstärkt, mit Schwellung und regelmäßiger Ergussbildung. Auch gegenüber Dr. K. hat der Kläger dauernde starke Schmerzen im rechten Knie seit 1975 angegeben. Es bestanden Funktionseinschränkungen (Karteikarte der Orthopäden Dres. F./J.: 12/1996 rechtes Kniegelenk, Beweglichkeit der Patella schmerzhaft eingeschränkt; 23.03.1998: rechtes Kniegelenk, Beweglichkeit schmerzhaft aufgehoben; 26.03.1998 rechtes Kniegelenk, Beweglichkeit noch eingeschränkt.

Hinsichtlich des linken Kniegelenks liegt eine Gonarthrose in geringerer Ausprägung als rechtsseitig vor. Dr. K. hat 2008 aufgrund der von ihm im Rahmen der Begutachtung gefertigten Röntgenaufnahme des linken Kniegelenks eine Gonarthrose Grad II – III diagnostiziert und im Röntgenbild eine mediale Gelenkspaltverschmälerung von knapp der Hälfte mit subchondraler Sklerosierung und in der Axialaufnahme eine erhebliche Retropatellararthrose gefunden. Es bestand allerdings annähernd freie Beweglichkeit bei Schmerzen unter der Kniescheibe. Die Hauptbeschwerdesymptomatik lag nach seinen Angaben im Bereich des Rückens, der linken Schulter und des rechten Kniegelenks. Im linken Kniegelenk bestand damals ein annähernd freier Bewegungsumfang, unauffällige Weichteilverhältnisse, kein Erguss.

Prof. Dr. S. (Untersuchung 12/2011, Gutachten 09/2012) hat diese Diagnose bestätigt, beruhend zum einen auf dem im Zusatzgutachten von Dr. S. ausgewerteten MRT des linken Knies vom Dezember 2007. Diese ergaben – anders als die Röntgenaufnahmen des linken Knies von 1998 und 2008, wobei letztere Dr. S. nicht vorlag – einen pathologischen Befund in Form eines retropatellararthrotischen Knorpelschadens mit großflächigem Substanzdefekt der Knorpelkappe der medialen Gelenkfacette (Knorpelglatzenbildung; Chondropathia patellae IV- vgl. Gutachten Dr. S.). Der klinische Befund bei der Untersuchung durch Prof. Dr. S. war gegenüber der Untersuchung durch Dr. K. 2008 schlechter mit Druckschmerz, einem leichten Erguss, leicht eingeschränkter Beweglichkeit (Flexion/Extension 100-5-0°, Außenrotation/Innenrotation 20-0-5°). Prof. Dr. E. hat keine Befunde hinsichtlich des linken Knies erhoben und keine entsprechende Diagnose gestellt. Ihr hat das MRT vom Dezember 2007 offensichtlich nicht vorgelegen.

Die behandelnden Ärzte des Klägers haben keine Diagnosen hinsichtlich des linken Kniegelenks gestellt. Facharzt für Orthopädie Dr. M. hat in seiner Auskunft an das SG von August 2005 aufgrund regelmäßiger Behandlung seit Februar 2003 keine Befunde und Diagnosen bezüglich des linken Kniegelenks berichtet. Auch der langjährig behandelnde Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. H. hat in seiner Auskunft an das SG von September 2005 eine fortgeschrittene Gonarthrose rechts als Diagnose gestellt, nicht aber des linken Kniegelenks, allerdings erhebliche schmerzhafte Bewegungseinschränkungen, vor allem der Wirbelsäule, der Schultergelenke, aber auch der Kniegelenke angegeben. Dres. F./J. haben auf der Karteikarte einmalig am 26.03.1998 angegeben: "klagt jetzt über Schmerzen im linken Knie". Das daraufhin erstellte Röntgenbild war unauffällig. Die Klinik für Neurochirurgie, Klinikum V. stellte im Entlassungsbericht von November 2003 die Diagnose einer Meniskopathie rechts und berichtet über wechselnde Beschwerden im Bein bei bekannter Pangonarthrose und eine ängstliche Schonung des rechten Beines, keine Befunde hinsichtlich des linken. Der Reha-Bericht der Klinik H. vom Dezember 2003 berichtet ebenfalls nur von Problemen im rechten Kniegelenk, nicht im linken. Das linke Kniegelenk wird ausdrücklich als klinisch unauffällig beschrieben.

Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs beziehungsweise Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Wenn es mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen gibt, ist sozialrechtlich allein relevant, ob die Einwirkungen wesentlich waren. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere/n Ursache/n keine überragende Bedeutung hat/haben. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur diese Ursache/n "wesentlich" und damit Ursache/n im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jede/s andere alltäglich vorkommende Ereignis oder Einwirkung zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSG, Urteil vom 09.05.2005 - B 2 U 1./05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17; BSG, Urteil vom 12.04.2005 - B 2 U 2./04 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 15).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind vorliegend die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV nicht gegeben.

Zwar war der Kläger an seiner Arbeitsstelle Einwirkungen durch kniebelastende Tätigkeiten ausgesetzt. Diese erreichen aber zur Überzeugung des Senats nicht den zeitlich erforderlichen Umfang für die Anerkennung einer BK Nr. 2112.

Der Tatbestand der BK Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV setzt voraus, dass die Gonarthrose durch eine Tätigkeit im Knien oder vergleichbare Kniebelastung mit einer kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde pro Schicht verursacht ist. Die Festsetzung dieser Mindesteinwirkungsdauer liegt im Rahmen des von der Ermächtigungsnorm des § 9 Abs. 1 SGB VII eröffneten Beurteilungsspielraums (so LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.02.2014 - L 8 U 5339/12 - Juris). Der Kläger hat hierzu im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben gemacht. Der TAD der Beklagten (Dipl.-Ing. K.) hat aufgrund eines ausführlichen Gesprächs mit dem Kläger im Dezember 2004, dessen Protokoll der Kläger mit handschriftlichen Ergänzungen versehen hat, eine Aufstellung aufgrund seiner Erstangaben erstellt. Der TAD der Beigeladenen (H. B.) hat später eine Aufstellung hinsichtlich der Tätigkeit in der Landwirtschaft gemacht und diese später unter Berücksichtigung der Benutzung eines Melkschemels korrigiert. Der Kläger hat außerdem gegenüber Prof. Dr. E. 2009 und gegenüber Prof. Dr. S. Ende 2011 sowie schriftsätzlich gegenüber dem SG Angaben gemacht. Insoweit hat Prof. Dr. S. in unzutreffender Weise auch zusätzlich Sprünge berücksichtigt, obwohl nur Arbeiten im Knien, Hocken oder Fersensitz sowie Kriechen für die Entwicklung einer Kniegelenksarthrose als ursächlich anzusehen sind (vgl. Mehrtens/Brandenburg, a. o. O., Rz. II).

Der Senat schließt sich der Berechnung der kniebelastenden Tätigkeit von Dipl.-Ing. K. vom TAD der Beklagten und H. B. vom TAD der Beigeladenen mit der späteren Korrektur hinsichtlich der Melkarbeiten an. Damit sind für die verschiedenen Beschäftigungen in der Bauwirtschaft insgesamt etwa 7.712 Stunden kniebelastende Tätigkeiten anzunehmen und für die Tätigkeit in der elterlichen Landwirtschaft, die nach den Angaben des Klägers aus dem Jahr 2004 in zu vernachlässigendem Maße kniebelastend war, 2.660 Stunden für das Setzen, Jäten und Ernten von Hackfrüchten. Für die Tätigkeit in der Landwirtschaft im Nebenerwerb kann keine Stundenzahl angenommen werden, die zu einer Summe von 13.000 Stunden führt. Zur Überzeugung des Senats kommt den zu Anfang des Verfahrens auf Anerkennung einer BK gemachten Angaben des Klägers die höchste Beweiskraft zu. Damals hat er ausdrücklich bestätigt, in der elterlichen Landwirtschaft ebenso wie als Waldarbeiter nur in Ausnahmefällen in knieender Haltung gearbeitet zu haben. Die späteren Angaben sind offensichtlich von dem Interesse geprägt, die erforderliche Einwirkdauer unter allen Umständen zu erreichen. Exemplarisch sei hierzu der Vortrag des Klägers genannt, ganze Dörfer und Städte gepflastert zu haben und sein Vorbringen, das Melken einer Kuh dauere nicht, wie vom TAD angenommen, 7 bis 8 Minuten, sondern 15 Minuten. Selbst bei 6 zu melkenden Kühen (so Feststellungen der Beigeladenen) hätte der Arbeitsaufwand bei zugrunde gelegten 15 Minuten pro Tag bei 3 Stunden gelegen, was kaum mit einer Vollzeittätigkeit im Baugewerbe zu vereinbaren gewesen wäre. Auch erscheint es dem Senat als außerordentlich lebensfremd anzunehmen, dass der Kläger über viele Jahre zweimal täglich Melkarbeiten in der maximal belastenden und unbequemen Haltung (kniend) ohne Einsatz eines preiswerten, in jedem Haushalt vorhandenen Hilfsmittels, eines Schemels, verrichtet haben will. Dabei versteht der Senat das Vorbringen des Klägers, sein Schwager habe einen Melkschemel erst Ende 1979 angeschafft, als er ihn wegen eines Krankenhausaufenthaltes habe vertreten müssen, bestätigt durch schriftliche Bescheinigungen zweier Schwäger, dahingehend, dass ein Melkschemel im technischen Sinn, bestehend aus einem einzelnen, häufig gefederten Standfuß und einer runden Sitzplatte, den sich der Melker mit einer Garnitur umschnallt, erst zu diesem Zeitpunkt angeschafft wurde. Zur Vermeidung größerer Kniebelastung ist jedoch auch jede andere Sitzgelegenheit geeignet gewesen. Auch insoweit legt der Senat die ursprünglichen Angaben des Klägers, der die Melkarbeiten zunächst als nicht kniebelastend eingeschätzt hat, zugrunde. Dafür spricht, dass er bei der Erhebung der beruflichen Belastung durch Dipl.-Ing. K. für die Landwirtschaft keine spezifisch kniebelastenden Tätigkeiten angegeben hat und das Gesprächsprotokoll hierzu nicht ergänzt bzw. korrigiert hat. Auch gegenüber Prof. Dr. E. hat der Kläger 2009 umfangreiche Angaben gemacht, eine Kniebelastung durch Melkarbeiten aber gar nicht erwähnt.

Dessen ungeachtet muss die maßgebliche Erkrankung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen und eine berufliche Verursachung hinreichend wahrscheinlich sein. Die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht aber die bloße Möglichkeit, ist ausreichend, aber auch erforderlich. Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen die berufliche Verursachung spricht, so dass auf diesen Grad der Wahrscheinlichkeit vernünftigerweise die Entscheidung gestützt werden kann und ernstliche Zweifel ausscheiden.

Nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen in beiden Instanzen ist die berufliche Verursachung der Gonarthrose auch aus medizinischen Gründen zur Überzeugung des Senats nicht hinreichend wahrscheinlich. Dies folgt vorliegend nicht bereits aus dem asymmetrischen Krankheitsbild und –verlauf. Zwar ist bei einer beidseitigen beruflichen Gelenksbelastung grundsätzlich zu erwarten, dass das Ausmaß einer Gelenksarthrose i. S. einer BK 2112 weitgehend symmetrisch verläuft, deswegen der ursächliche Zusammenhang bei Übersteigen des Seitenunterschieds von einem Kellgren-Grad mit beruflichen Belastungen nicht wahrscheinlich zu machen ist (so Grosser, in: Schiltenwolf/Grosser/Thomar, Berufskrankheit Gonarthrose, wissenschaftliche Grundlagen, sozialrechtliche Bewertung, Begutachtung, 2012, S. 205), es anderenfalls an einer biomechanischen Plausibilität fehle (Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 08.05.2012 - L 9 U 4./09 und vom 25.07.2011 - L 1 U 1./11 - jeweils www.sozialgerichts-barkeit.de). Vorliegend beruhte die bereits 1994 erheblich ausgeprägte Gonarthrose im rechten Kniegelenk in erheblichem Maß auf dem Fehlen des vorderen Kreuzbandes. In dieser Konstellation ist eine Symmetrie angesichts des intakten Bandapparates im linken Kniegelenk auch angesichts von Kniebelastungen nicht zu erwarten. Diese Bewertung wird bestätigt durch die Ausführungen von Prof. Dr. S., wonach der Ausprägungsgrad der rechtsseitigen Gonarthrose dem der linksseitigen entspräche, wenn man sich die Folgen der rechtsseitigen Kreuzbandruptur wegdenke.

Hinsichtlich der Gonarthrose am rechten Kniegelenk folgt der Senat den insoweit überzeugenden Darlegungen von Prof. Dr. S. in seinem Gutachten von 2012 gegenüber dem SG. Der Verlust des vorderen Kreuzbandes ist angesichts des damit assoziierten Meniskusschadens eine konkurrierende Ursache für die Entstehung der bereits 1994 erheblich ausgeprägten Gonarthrose im rechten Kniegelenk, so auch Mehrtens/Brandenburg, a. a. O., Rz IV). Die Gonarthrose ist durch diese Umstände verursacht und nicht durch berufliche Einwirkungen (so auch Mehrtens/Brandenburg, a.a.O., Rz. IV). Dies hat auch das SG so gesehen.

Hinsichtlich der Gonarthrose im linken Kniegelenk liegt zur Überzeugung des Senats ebenfalls keine hinreichende Wahrscheinlichkeit der beruflichen Verursachung vor. Gegen diese spricht bereits die zeitliche Latenz zwischen der Aufgabe der kniebelastenden Tätigkeiten 1994 und dem Auftreten der Erkrankung. Der Senat folgt den wissenschaftlich fundierten Ausführungen von Prof. Dr. S. in seiner ergänzenden Stellungnahme an den Senat, dass nach den Ergebnissen der Konsensusarbeitsgruppe zur Begutachtung der Gonarthrose und dem Beitrag von G. eine Latenz zwischen dem Ende der Exposition und der erstmaligen Diagnose der Erkrankung von bis zu fünf Jahren keine wesentliche negative Indizwirkung zukommt. Allerdings ist das erstmalige Auftreten der Gonarthrose im linken Knie, wie von Prof. Dr. S. auch insoweit zutreffend ausgeführt, frühestens im Dezember 2007 mit Vorliegen des MRT, das die Gonarthrose erstmals zeigt, anzunehmen. Den weiteren, hierzu im Widerspruch stehenden Schlussfolgerungen des Sachverständigen, angesichts des erheblichen Befundes im Dezember 2007 aufgrund einer Extrapolation auf einen Erkrankungsbeginn Ende der 90er Jahre schließen zu können, folgt der Senat nicht. Zum einen ist dies rein spekulativ, denn die radiologische Untersuchung im März 1998 hat ebenso wie die von April 2003 keinen Nachweis eines pathologischen Befundes erbracht, was der Senat der Auswertung im radiologischen Zusatzgutachten von Dr. S. entnimmt. Prof. Dr. S. hat nicht näher dargelegt, wie die Rückrechnung erfolgen soll. Entscheidend ist jedoch, dass das Krankheitsbild (vgl. Begutachtungsempfehlungen B.1.2) frühestens zu dem Zeitpunkt nachgewiesen ist, zu dem durch bildgebende Verfahren der Nachweis einer Gonarthrose erbracht ist und klinische Beschwerden sowie mindestens eine von sechs Funktionsstörungen (Bewegungseinschränkung in Form einer eingeschränkten Streckung und/oder Beugung im Kniegelenk, Kniegelenkserguss, Kapselentzündung mit Verdickung oder Verplumpung der Gelenkkontur, Krepitation bei der Gelenkbewegung, hinkendes Gangbild oder Atrophie der Oberschenkelmuskulatur) vorliegen. Diese lagen aber nach den Auskünften des behandelnden Orthopäden Dr. E., des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. H. und des Rheumatologen PD Dr. R. noch 2005 nicht vor, da diese keine pathologischen klinischen Befunde hinsichtlich des linken Knies angegeben haben. Die Klinik für Neurochirurgie und die Reha-Klinik H. haben Ende 2003 ebenfalls keine Diagnosen bezüglich des linken Knies gestellt. Im Reha-Bericht wird das linke Knie ausdrücklich als klinisch unauffällig beschrieben. Somit war das Vollbild der Gonarthrose im linken Kniegelenk Ende 2003 zweifelsfrei nicht gegeben und lag auch im Jahr 2005 (Auskunft Dr. E. von August 2005) nicht vor. Frühester gesicherter Zeitpunkt ist damit die Begutachtung durch Dr. K. im April 2008 aufgrund der dortigen Beschwerdeschilderung von Schmerzen unter der Kniescheibe, wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, diese sei bereits chronisch gewesen, trotz annähernd freier Beweglichkeit (0-0-130°), die gerade keine relevante Funktionseinschränkung bedingt, und ohne Ergussbildung.

Ein früherer Zeitpunkt kann somit sowohl mangels bildgebender Diagnostik als auch mangels klinischer Befunde von Krankheitswert nicht angenommen werden, wobei der Umstand, dass eine Behandlungsbedürftigkeit, die zu bildgebender Diagnostik geführt hätte, vor Ende 2007 offensichtlich nicht vorgelegen hat.

Ohnehin nicht als konkurrierende Ursachen anzusehen ist das Übergewicht des Klägers (so auch Verordnungsgeber BR-Drs 242/09 S 18 ff. und ihm folgend Hessisches LSG, Urteil vom 18.11.2011 - L 9 U 6./07 - Juris), da unabhängig von Genese und Ausmaß im vorliegenden Fall, allgemein Übergewicht zwar kniebelastend ist, aber nicht spezifisch hinsichtlich der Einwirkung kniebelastender Tätigkeiten. Auch die O-Beine können bereits nicht als konkurrierenden Ursache herangezogen werden, weil insoweit unklar ist, ob sie sich nicht erst infolge der Gonarthrose herausgebildet haben.

Die Berufung der Beklagten hat daher Erfolg. Die Klage war abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor, § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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