Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 16 AL 211/11
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 165/14 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Ein Rechtsirrtum begründet nicht das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne von § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB II a. F.. Ein wichtiger Grund muss objektiv vorliegen.
2. Ein entschuldbarer Rechtsirrtum über Verhaltenspflichten oder über das Vorliegen eines wichtigen Grundes kann als eine besondere Härte zur Verkürzung einer Sperrzeit führen. Dies betrifft jedoch nur diejenigen Fälle, in denen der Gesetzgeber die Reduzierung der Sperrzeit beim Vorliegen einer besonderen Härte ausdrücklich vorgesehen hat.
2. Ein entschuldbarer Rechtsirrtum über Verhaltenspflichten oder über das Vorliegen eines wichtigen Grundes kann als eine besondere Härte zur Verkürzung einer Sperrzeit führen. Dies betrifft jedoch nur diejenigen Fälle, in denen der Gesetzgeber die Reduzierung der Sperrzeit beim Vorliegen einer besonderen Härte ausdrücklich vorgesehen hat.
I. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 29. August 2014 wird zurückgewiesen.
II. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I. Die Beschwerde gemäß § 145 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 29. August 2014 ist zulässig und insbesondere statthaft.
Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Arbeitslosengeldbewilligung wegen des Eintritts einer Sperrzeit für die Zeit vom 18. Mai 2011 bis zum 24. Mai 2011. Der ihm bewilligte tägliche Leistungssatz betrug 33,41 EUR. Daraus errechnet sich der streitige Betrag in Höhe von 233,87 EUR. Damit wird der Grenzwert aus § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nicht erreicht. Auch die Sonderregelung des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG greift nicht ein, wonach nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht gilt, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Die Berufung bedarf der Zulassung. Das Sozialgericht hatte über die Zulassung des Rechtsmittels zu befinden. Es hat die Berufung nicht zugelassen.
II. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nummer 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nummer 2) oder ein an der Beurteilung des Berufungsgerichts liegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird oder vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nummer 3). Keiner dieser Zulassungsgründe ist vorliegend gegeben.
1. Eine Rechtssache hat dann im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG grundsätzliche Bedeutung, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die weitere Entwicklung des Rechts zu fördern. Ein Individualinteresse genügt hingegen nicht (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [11. Aufl., 2014], § 144 Rdnr. 28). Die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (vgl. BSG, Beschluss vom 16. November 1987 – 5b BJ 118/87 – SozR 1500 § 160a Nr. 60 = JURIS-Dokument Rdnr. 3; BSG, Beschluss vom 16. Dezember 1993 – 7 BAr 126/93 – SozR 3-1500 § 160a Nr. 16 = JURIS-Dokument Rdnr. 6; ferner Leitherer, a. a. O., § 144 Rdnr. 28 f. und § 160 Rdnr. 6 ff.). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann nicht mehr (vgl. BSG, Beschluss vom 4. September 2013 – B 10 LW 5/13 B – JURIS-Dokument Rdnr. 8 m. w. N.), wenn die Rechtsfrage bereits höchstrichterlich beantwortet ist, wenn die Antwort unmittelbar aus dem Gesetz zu ersehen ist (vgl. BSG, Beschluss vom 14. August 1981 – 12 BK 15/81 – SozR 1300 § 13 Nr. 1 = JURIS-Dokument, jeweils Leitsatz 1; BSG, Beschluss vom 30. März 2005 – B 4 RA 257/04 B – SozR 4-1500 § 160a Nr. 7 = JURIS-Dokument, jeweils Leitsatz 1), wenn sie so gut wie unbestritten ist, wenn sie praktisch außer Zweifel steht oder wenn sich für die Antwort in vorhandenen höchstrichterlichen Entscheidungen bereits ausreichende Anhaltspunkte ergeben. Die Frage, ob eine Rechtssache im Einzelfall richtig oder unrichtig entschieden ist, verleiht ihr noch keine grundsätzliche Bedeutung (vgl. BSG, Beschluss vom 22. November 2012 – B 1 KR 110/12 B – JURIS-Dokument Rdnr. 5; BSG, Beschluss vom 26. Juni 1975 – 12 BJ 12/75 – SozR 1500 § 160a Nr. 7 = JURIS-Dokument Rdnr. 2). Hinsichtlich Tatsachenfragen kann über § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG eine Klärung nicht verlangt werden.
Die vorliegende Streitsache wirft keine klärungsbedürftige Rechtsfrage auf.
Die Aufhebung der Arbeitslosengeldbewilligung beruht vorliegend auf § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 des Sozialgerichtsbuchs Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – SGB X i. V. m. § 330 Abs. 3 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – SGB III i. V. m. den Sperrzeitregelungen in § 144 SGB III (in der vom 1. Januar 2011 bis zum 31. März 2012 gültigen Fassung des Gesetzes vom 24. Oktober 2010 [BGBl. I Seite 1417]). Gegen den Kläger wurde eine einwöchige Sperrzeit verhängt, da er einer Meldeaufforderung nicht nachgekommen ist.
Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB II a. F. ruhte der Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer einer Sperrzeit, wenn sich der Arbeitnehmer versicherungswidrig verhalten hatte. Nach § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB III a. F. lag versicherungswidriges Verhalten unter anderem dann vor, wenn der Arbeitslose der Arbeitslose einer Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich zu melden trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachkam oder nicht nachgekommen war (Sperrzeit bei Meldeversäumnis). Nach § 144 Abs. 1 Satz 3 SGB III a. F. hatte der Arbeitnehmer die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese in seiner Sphäre oder in seinem Verantwortungsbereich lagen. Nach § 144 Abs. 6 SGB III a. F. betrug die Dauer einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis eine Woche.
Voraussetzung für die Verhängung einer Sperrzeit wegen eines Meldeverstoßes ist neben dem Meldeversäumnis das Vorliegen einer wirksamen Meldeaufforderung, einer ordnungsgemäßen Rechtsfolgenbelehrung sowie eines wichtigen Grundes für das Meldeversäumnis (vgl. Karmanski, in: Brand, SGB III [6. Aufl., 2012], § 159 Rdnr. 108 ff.). Die Frage, ob ein Leistungsempfänger einen wichtigen Grund für sein Verhalten hat, betrifft ebenso wie das Vorliegen einer wirksamen Meldeaufforderung und der ordnungsgemäßen Belehrung über die Rechtsfolgen eines Fernbleibens, allein die tatrichterliche Würdigung im konkreten Einzelfall und nicht die Anwendung eines klärungsbedürftigen allgemeinen Rechtssatzes. Es handelt sich um eine Verständnisfrage und um Motive, die auf der subjektiven Seite des Empfängers begründet sind. Diese sind der tatrichterlichen Klärung im Einzelfall zugänglich. Die Frage, ob der Tatrichter im konkreten Fall letztlich richtig oder unrichtig entschieden hat, verleiht ihr hingegen noch keine grundsätzliche Bedeutung (vgl. BSG, a. a. O.). Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG ergibt sich hieraus nichts.
Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Beschwerdevorbringen.
Der Kläger hat im erstinstanzlichen Verfahren angeführt, dass er aufgrund eines vorangegangenen Vorstellungsgesprächs, in dem eine geringfügige Beschäftigung mit Aussicht auf eine spätere Festanstellung vereinbart worden war, davon ausgegangen sei, der Meldeaufforderung nicht mehr nachkommen zu müssen. Zu dieser Auffassung sei er aufgrund des der Ladung beigefügten vorformulierten Antwortschreiben der Beklagten gelangt, wonach Gründe angegeben gewesen seien, weshalb man einer Aufforderung zur Meldung nicht nachkomme. Das Sozialgericht hat seine klageabweisende Entscheidung darauf gestützt, dass der Kläger keinen wichtigen Grund für sein Ausbleiben gehabt habe und er sich in Bezug auf das formularmäßige Antwortschreiben zur Nichtwahrnehmung des Meldetermins in einem, so das Sozialgericht, unbeachtlichen Motivirrtum befunden habe.
Der Kläger vertritt im Beschwerdeverfahren die Auffassung, dass die Entscheidung des Sozialgerichts auf der Rechtsfrage beruhe, ob der Arbeitssuchende sich auf die von der Beklagten angebotenen Gründe verlassen dürfe, oder ob er trotz Übersendung von Gründen mittels vorformulierten Formulars von sich aus nochmals überprüfen müsse, ob die in dem übersandten Formular angegebenen Gründe tatsächlich einen wichtigen Grund für das Nichterscheinen zu einem Einladungstermin darstellten. Da die vorformulierten Schreiben an eine Vielzahl von Arbeitssuchenden versendet würden und diese dem Risiko ausgesetzt seien, durch Ankreuzen der im Formular angegebenen Gründe einen Meldetermin zu versäumen und eine Sperrfrist hinnehmen zu müssen, habe die Rechtsfrage über den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung.
Entgegen der Auffassung des Klägers begründet sich hieraus keine klärungsbedürftige Rechtsfrage im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Zwar unterlag der Kläger entgegen der Auffassung des Sozialgerichts keinem Motivirrtum. Da er das Antwortschreiben der Beklagten dahingehend beurteilte, dass er mit der Angabe der Aufnahme seiner Tätigkeit nicht mehr zum Termin erscheinen brauche, befand er sich vielmehr in einem sogenannten Rechtsirrtum. Ob der Rechtsirrtum des Klägers entschuldbar war, kann hier aber offenbleiben. Denn ein solcher Rechtsirrtum begründet nicht das Vorliegen eines wichtigen Grundes, da ein wichtiger Grund objektiv vorliegen muss. Es reicht nicht aus, wenn der Arbeitslose irrigerweise solche Umstände als gegeben angesehen hat (vgl. BSG, Urteil vom 29. November 1989 – 7 RAr 86/88 – SozR 4100 § 119 Nr. 36 = BSGE 66, 94 ff. = JURIS-Dokument Rdnr. 30; BSG, Urteil vom 28. Juni 1991 – 11 RAr 81/90 – SozR 3-4100 § 119 Nr. 6, BSGE 69, 108 ff. = JURIS-Dokument Rdnr. 26; Karmanski, a. a. O., § 159 Rdnr. 112, 122). Zwar kann ein entschuldbarer Rechtsirrtum über Verhaltenspflichten oder über das Vorliegen eines wichtigen Grundes als eine besondere Härte zur Verkürzung einer Sperrzeit führen (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juni 1997 – 7 RAr 22/96 – SozR 3-1500 § 144 Nr. 12, SozR 3-1500 § 54 Nr. 38, SozR 3-4100 § 119 Nr. 13 = JURIS-Dokument Rdnr. 26 m. w. N.; Valgolio, in: Hauck/Noftz, SGB III [Stand Erg.-Lfg. 4/15, Mai 2015], § 159 Rdnr. 464; Winkler, in Gagel, SGB II/SGB III [57. Erg. Lief, März 2015] § 159 Rdnr. 362). Jedoch betrifft dies nur diejenigen Fälle, in denen der Gesetzgeber die Reduzierung der Sperrzeit beim Vorliegen einer besonderen Härte ausdrücklich vorgesehen hat. Während der Gesetzgeber in § 144 Abs. 3 Nr. 2b SGB III a. F. ausdrücklich die Möglichkeit der Reduzierung der Regelsperrzeit bei Arbeitsaufgabe bei Vorliegen einer besonderen Härte von 12 Wochen auf 6 Wochen vorsah, führte ein Meldeversäumnis bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen nach § 144 Abs. 6 SGB III a. F. (seit 1. April 2012: § 159 Abs. 6 SGB III, vgl. Artikel 2 Nr. 18 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 [BGBl. I S. 2854]) zu einer Sperrzeit von einer Woche als pauschale Sanktionsfolge ohne die Möglichkeit eine weitergehende Reduzierung. Nach Auffassung des Bundessozialgerichts bestanden an der Verfassungsmäßigkeit der pauschalierten Sanktionsfolge in § 144 Abs. 6 SGB III a. F. keine Bedenken (vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 25. August 2011 – B 11 AL 30/10 R – SozR 4-4300 § 144 Nr. 22, SozR 4-4300 § 309 Nr. 1 – JURIS-Dokument Rdnr. 25 m. w. N.).
2. Auch der Zulassungsgrund der Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG ist nicht gegeben. Der Zulassungsgrund liegt nur dann vor, wenn das Urteil des Sozialgerichts entscheidungstragend auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der von dem zur gleichen Rechtsfrage aufgestellten Rechtssatz in einer Entscheidung eines der im § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht (vgl. BSG, Beschluss vom 29. November 1989 – 7 BAr 130/88 – SozR 1500 § 160a Nr. 67 = JURIS-Dokument Rdnr. 7; Leitherer, a. a. O., § 160 Rdnr. 13). Dabei ist erforderlich, dass das Sozialgericht objektiv von einer solchen höhergerichtlichen Entscheidung abgewichen ist und nicht etwa nur fehlerhaft das Recht angewendet hat (vgl. Leitherer, a. a. O., § 160 Rdnr. 14a). Das Vorliegen einer solchen Divergenz wird vom Kläger bereits nicht behauptet und ist auch hier nicht ersichtlich.
3. Schließlich liegt auch der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG nicht vor. Die Zulassung der Berufung aufgrund eines Verfahrensmangels erfordert, dass dieser Mangel nicht nur vorliegt, sondern auch geltend gemacht wird (vgl. § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG). Einen Verfahrensmangel hat der Klägern nicht geltend gemacht.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
IV. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).
Dr. Scheer Höhl Krewer
II. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I. Die Beschwerde gemäß § 145 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 29. August 2014 ist zulässig und insbesondere statthaft.
Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Arbeitslosengeldbewilligung wegen des Eintritts einer Sperrzeit für die Zeit vom 18. Mai 2011 bis zum 24. Mai 2011. Der ihm bewilligte tägliche Leistungssatz betrug 33,41 EUR. Daraus errechnet sich der streitige Betrag in Höhe von 233,87 EUR. Damit wird der Grenzwert aus § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nicht erreicht. Auch die Sonderregelung des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG greift nicht ein, wonach nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht gilt, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Die Berufung bedarf der Zulassung. Das Sozialgericht hatte über die Zulassung des Rechtsmittels zu befinden. Es hat die Berufung nicht zugelassen.
II. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nummer 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nummer 2) oder ein an der Beurteilung des Berufungsgerichts liegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird oder vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nummer 3). Keiner dieser Zulassungsgründe ist vorliegend gegeben.
1. Eine Rechtssache hat dann im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG grundsätzliche Bedeutung, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die weitere Entwicklung des Rechts zu fördern. Ein Individualinteresse genügt hingegen nicht (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [11. Aufl., 2014], § 144 Rdnr. 28). Die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (vgl. BSG, Beschluss vom 16. November 1987 – 5b BJ 118/87 – SozR 1500 § 160a Nr. 60 = JURIS-Dokument Rdnr. 3; BSG, Beschluss vom 16. Dezember 1993 – 7 BAr 126/93 – SozR 3-1500 § 160a Nr. 16 = JURIS-Dokument Rdnr. 6; ferner Leitherer, a. a. O., § 144 Rdnr. 28 f. und § 160 Rdnr. 6 ff.). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann nicht mehr (vgl. BSG, Beschluss vom 4. September 2013 – B 10 LW 5/13 B – JURIS-Dokument Rdnr. 8 m. w. N.), wenn die Rechtsfrage bereits höchstrichterlich beantwortet ist, wenn die Antwort unmittelbar aus dem Gesetz zu ersehen ist (vgl. BSG, Beschluss vom 14. August 1981 – 12 BK 15/81 – SozR 1300 § 13 Nr. 1 = JURIS-Dokument, jeweils Leitsatz 1; BSG, Beschluss vom 30. März 2005 – B 4 RA 257/04 B – SozR 4-1500 § 160a Nr. 7 = JURIS-Dokument, jeweils Leitsatz 1), wenn sie so gut wie unbestritten ist, wenn sie praktisch außer Zweifel steht oder wenn sich für die Antwort in vorhandenen höchstrichterlichen Entscheidungen bereits ausreichende Anhaltspunkte ergeben. Die Frage, ob eine Rechtssache im Einzelfall richtig oder unrichtig entschieden ist, verleiht ihr noch keine grundsätzliche Bedeutung (vgl. BSG, Beschluss vom 22. November 2012 – B 1 KR 110/12 B – JURIS-Dokument Rdnr. 5; BSG, Beschluss vom 26. Juni 1975 – 12 BJ 12/75 – SozR 1500 § 160a Nr. 7 = JURIS-Dokument Rdnr. 2). Hinsichtlich Tatsachenfragen kann über § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG eine Klärung nicht verlangt werden.
Die vorliegende Streitsache wirft keine klärungsbedürftige Rechtsfrage auf.
Die Aufhebung der Arbeitslosengeldbewilligung beruht vorliegend auf § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 des Sozialgerichtsbuchs Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – SGB X i. V. m. § 330 Abs. 3 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – SGB III i. V. m. den Sperrzeitregelungen in § 144 SGB III (in der vom 1. Januar 2011 bis zum 31. März 2012 gültigen Fassung des Gesetzes vom 24. Oktober 2010 [BGBl. I Seite 1417]). Gegen den Kläger wurde eine einwöchige Sperrzeit verhängt, da er einer Meldeaufforderung nicht nachgekommen ist.
Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB II a. F. ruhte der Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer einer Sperrzeit, wenn sich der Arbeitnehmer versicherungswidrig verhalten hatte. Nach § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB III a. F. lag versicherungswidriges Verhalten unter anderem dann vor, wenn der Arbeitslose der Arbeitslose einer Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich zu melden trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachkam oder nicht nachgekommen war (Sperrzeit bei Meldeversäumnis). Nach § 144 Abs. 1 Satz 3 SGB III a. F. hatte der Arbeitnehmer die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese in seiner Sphäre oder in seinem Verantwortungsbereich lagen. Nach § 144 Abs. 6 SGB III a. F. betrug die Dauer einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis eine Woche.
Voraussetzung für die Verhängung einer Sperrzeit wegen eines Meldeverstoßes ist neben dem Meldeversäumnis das Vorliegen einer wirksamen Meldeaufforderung, einer ordnungsgemäßen Rechtsfolgenbelehrung sowie eines wichtigen Grundes für das Meldeversäumnis (vgl. Karmanski, in: Brand, SGB III [6. Aufl., 2012], § 159 Rdnr. 108 ff.). Die Frage, ob ein Leistungsempfänger einen wichtigen Grund für sein Verhalten hat, betrifft ebenso wie das Vorliegen einer wirksamen Meldeaufforderung und der ordnungsgemäßen Belehrung über die Rechtsfolgen eines Fernbleibens, allein die tatrichterliche Würdigung im konkreten Einzelfall und nicht die Anwendung eines klärungsbedürftigen allgemeinen Rechtssatzes. Es handelt sich um eine Verständnisfrage und um Motive, die auf der subjektiven Seite des Empfängers begründet sind. Diese sind der tatrichterlichen Klärung im Einzelfall zugänglich. Die Frage, ob der Tatrichter im konkreten Fall letztlich richtig oder unrichtig entschieden hat, verleiht ihr hingegen noch keine grundsätzliche Bedeutung (vgl. BSG, a. a. O.). Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG ergibt sich hieraus nichts.
Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Beschwerdevorbringen.
Der Kläger hat im erstinstanzlichen Verfahren angeführt, dass er aufgrund eines vorangegangenen Vorstellungsgesprächs, in dem eine geringfügige Beschäftigung mit Aussicht auf eine spätere Festanstellung vereinbart worden war, davon ausgegangen sei, der Meldeaufforderung nicht mehr nachkommen zu müssen. Zu dieser Auffassung sei er aufgrund des der Ladung beigefügten vorformulierten Antwortschreiben der Beklagten gelangt, wonach Gründe angegeben gewesen seien, weshalb man einer Aufforderung zur Meldung nicht nachkomme. Das Sozialgericht hat seine klageabweisende Entscheidung darauf gestützt, dass der Kläger keinen wichtigen Grund für sein Ausbleiben gehabt habe und er sich in Bezug auf das formularmäßige Antwortschreiben zur Nichtwahrnehmung des Meldetermins in einem, so das Sozialgericht, unbeachtlichen Motivirrtum befunden habe.
Der Kläger vertritt im Beschwerdeverfahren die Auffassung, dass die Entscheidung des Sozialgerichts auf der Rechtsfrage beruhe, ob der Arbeitssuchende sich auf die von der Beklagten angebotenen Gründe verlassen dürfe, oder ob er trotz Übersendung von Gründen mittels vorformulierten Formulars von sich aus nochmals überprüfen müsse, ob die in dem übersandten Formular angegebenen Gründe tatsächlich einen wichtigen Grund für das Nichterscheinen zu einem Einladungstermin darstellten. Da die vorformulierten Schreiben an eine Vielzahl von Arbeitssuchenden versendet würden und diese dem Risiko ausgesetzt seien, durch Ankreuzen der im Formular angegebenen Gründe einen Meldetermin zu versäumen und eine Sperrfrist hinnehmen zu müssen, habe die Rechtsfrage über den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung.
Entgegen der Auffassung des Klägers begründet sich hieraus keine klärungsbedürftige Rechtsfrage im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Zwar unterlag der Kläger entgegen der Auffassung des Sozialgerichts keinem Motivirrtum. Da er das Antwortschreiben der Beklagten dahingehend beurteilte, dass er mit der Angabe der Aufnahme seiner Tätigkeit nicht mehr zum Termin erscheinen brauche, befand er sich vielmehr in einem sogenannten Rechtsirrtum. Ob der Rechtsirrtum des Klägers entschuldbar war, kann hier aber offenbleiben. Denn ein solcher Rechtsirrtum begründet nicht das Vorliegen eines wichtigen Grundes, da ein wichtiger Grund objektiv vorliegen muss. Es reicht nicht aus, wenn der Arbeitslose irrigerweise solche Umstände als gegeben angesehen hat (vgl. BSG, Urteil vom 29. November 1989 – 7 RAr 86/88 – SozR 4100 § 119 Nr. 36 = BSGE 66, 94 ff. = JURIS-Dokument Rdnr. 30; BSG, Urteil vom 28. Juni 1991 – 11 RAr 81/90 – SozR 3-4100 § 119 Nr. 6, BSGE 69, 108 ff. = JURIS-Dokument Rdnr. 26; Karmanski, a. a. O., § 159 Rdnr. 112, 122). Zwar kann ein entschuldbarer Rechtsirrtum über Verhaltenspflichten oder über das Vorliegen eines wichtigen Grundes als eine besondere Härte zur Verkürzung einer Sperrzeit führen (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juni 1997 – 7 RAr 22/96 – SozR 3-1500 § 144 Nr. 12, SozR 3-1500 § 54 Nr. 38, SozR 3-4100 § 119 Nr. 13 = JURIS-Dokument Rdnr. 26 m. w. N.; Valgolio, in: Hauck/Noftz, SGB III [Stand Erg.-Lfg. 4/15, Mai 2015], § 159 Rdnr. 464; Winkler, in Gagel, SGB II/SGB III [57. Erg. Lief, März 2015] § 159 Rdnr. 362). Jedoch betrifft dies nur diejenigen Fälle, in denen der Gesetzgeber die Reduzierung der Sperrzeit beim Vorliegen einer besonderen Härte ausdrücklich vorgesehen hat. Während der Gesetzgeber in § 144 Abs. 3 Nr. 2b SGB III a. F. ausdrücklich die Möglichkeit der Reduzierung der Regelsperrzeit bei Arbeitsaufgabe bei Vorliegen einer besonderen Härte von 12 Wochen auf 6 Wochen vorsah, führte ein Meldeversäumnis bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen nach § 144 Abs. 6 SGB III a. F. (seit 1. April 2012: § 159 Abs. 6 SGB III, vgl. Artikel 2 Nr. 18 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 [BGBl. I S. 2854]) zu einer Sperrzeit von einer Woche als pauschale Sanktionsfolge ohne die Möglichkeit eine weitergehende Reduzierung. Nach Auffassung des Bundessozialgerichts bestanden an der Verfassungsmäßigkeit der pauschalierten Sanktionsfolge in § 144 Abs. 6 SGB III a. F. keine Bedenken (vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 25. August 2011 – B 11 AL 30/10 R – SozR 4-4300 § 144 Nr. 22, SozR 4-4300 § 309 Nr. 1 – JURIS-Dokument Rdnr. 25 m. w. N.).
2. Auch der Zulassungsgrund der Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG ist nicht gegeben. Der Zulassungsgrund liegt nur dann vor, wenn das Urteil des Sozialgerichts entscheidungstragend auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der von dem zur gleichen Rechtsfrage aufgestellten Rechtssatz in einer Entscheidung eines der im § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht (vgl. BSG, Beschluss vom 29. November 1989 – 7 BAr 130/88 – SozR 1500 § 160a Nr. 67 = JURIS-Dokument Rdnr. 7; Leitherer, a. a. O., § 160 Rdnr. 13). Dabei ist erforderlich, dass das Sozialgericht objektiv von einer solchen höhergerichtlichen Entscheidung abgewichen ist und nicht etwa nur fehlerhaft das Recht angewendet hat (vgl. Leitherer, a. a. O., § 160 Rdnr. 14a). Das Vorliegen einer solchen Divergenz wird vom Kläger bereits nicht behauptet und ist auch hier nicht ersichtlich.
3. Schließlich liegt auch der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG nicht vor. Die Zulassung der Berufung aufgrund eines Verfahrensmangels erfordert, dass dieser Mangel nicht nur vorliegt, sondern auch geltend gemacht wird (vgl. § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG). Einen Verfahrensmangel hat der Klägern nicht geltend gemacht.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
IV. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).
Dr. Scheer Höhl Krewer
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