S 12 SB 836/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 12 SB 836/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Bei Auslegung des Wortlauts der Versorgungsmedizinischen Grundsätze Teil B, Punkt 8.9 kann es nicht darauf ankommen, dass die Neurosarkoidose behandlungsbedürftig ist bzw. die intermittierenden Beschwerden zu einer Behinderung führen.

2. Vielmehr ist dem Wortlaut zu entnehmen, dass bereits das Vorliegen einer chronischen Sarkoidose mit klinischen Aktivitätszeichen und Auswirkungen auf den Allgemeinzustand genügt, um einen GdB von 30 zu veranschlagen.

3. Folgeschäden an betroffenen Organen sind gegebenenfalls gesondert zu bewerten.

4. Gestützt wird diese Ansicht aus der Tatsache heraus, dass die Anhaltspunkte für eine ärztliche Gutachtertätigkeit (AHP 1996) eine solche systematische Trennung vorgenommen haben.
Tenor: 1. Der Bescheid vom 15.10.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.01.2014 wird abgeändert und der Grad der Behinderung mit 50 ab dem 27.06.2013 fest-gestellt. 2. Der Beklagte erstattet dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) im Sinne des Sozialgesetzbuches - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) umstritten.

Der am 17.07.1963 geborene Kläger stellte am 27. Juni 2013 beim Landratsamt Enzkreis(LRA) unter Vorlage unter anderem des ärztlichen Entlassungsberichtes des SRH Klinikums Karlsbad-Langensteinbach GmbH vom 01.07.2009, des Ambulanzberichtes des St. Josef-Hospitals Bochum vom 11.09.2009 und zwei weiterer ärztlicher Entlassungsberichte vom SRH Klinikum Karlsbad-Langensteinbach vom 15.09.2009 und vom 20.01.2010 den Antrag, seine Gesundheitsstörungen als Behinderung und deren Grad festzustellen. Nach weiterer medizinischer Sachaufklärung (Beizug des ärztlichen Entlassungsberichtes des SRH Klinikums Karlsbad-Langensteinbach vom 06.03.2013, Beizug medizinischer Behandlungsunterlagen bei dem Allgemeinmediziner Dr. Xxx, versorgungsärztliche Stellungnahme Dr. Xxx vom 28.09.2013) setzte das LRA den GdB ab dem 01.01.2012 auf 40 fest unter Berücksichtigung folgender Funktionsbeeinträchtigungen:

Migräne, Fingerpolyarthrose (Bescheid vom 15.10.2013).

Der hiergegen am 17.11.2013 erhobene Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 28.01.2014).

Deswegen hat der Kläger am 02.03.2014 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben, mit der er die Feststellung eines GdB von wenigstens 50 erstrebt.

Zu deren Begründung führt er aus, bei ihm sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Neurosarkoidose diagnostiziert worden. Es sei nicht nachvollzieh-bar, weshalb diese Erkrankung bei der Feststellung des Gesamt-GdBs nicht berücksichtigt worden sei.

Die Kammer hat den Chefarzt des Xxx Prof. Xxx, den Allgemeinmediziner Dr. Xxx und den Facharzt für Neurologie Dr. Xxx schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Außerdem wurde Dr. Xxx zu der Behandlung des Klägers im Jahre 2009 be-fragt. Prof. Xxx berichtete über eine letztmalige Behandlung am 06.03.2013. Davor sei der Kläger unter dem Verdacht einer Neurosarkoidose behandelt worden. Er habe sich zuletzt wegen seit 2 Jahren immer wieder kehrenden stechenden Schmerzen an der Innenseite des rechten Oberschenkels vorgestellt. Zudem habe er Schmerzen im Bereich beider Ellenbogen und an beiden Daumengrundgelenken beklagt. Außerdem sei sein rechtes Knie seit 2009 taub. Die vom Kläger geschilderten Beschwerden seien zu diesem Zeitpunkt prinzipiell mit einer granulomatösen Myositis im Rahmen einer Neurosarkoidose erklärbar, wobei es labor- und liquorchemisch keinen Anhalt für eine aktive Neurosarkoidose gegeben habe. Xxx hat bekundet, der Kläger sei am 09.09.2013 wegen Sensibilitätsstörungen des mittleren und kleinen Fingers der linken Hand in die Praxis gekommen. Als Verlaufsparameter für die Sarkoidose gelte das ACE, bei der Blutentnahme im August 2013 sei das ACE im Normbereich (47) bei einem Normwert von 8 - 52 gewesen. Bei einer Kontrolle im Mai 2014 sei das ACE leicht erhöht gewesen (62,5). Xxx berichtete von einer im Jahre 2013 bestätigten Neurosarkoidose, aufgrund derer starke Muskelschmerzen sowie Sensibilitätsstörungen bestanden hätten, die sich unter Cortisontherapie gebessert hätten. Die Neurosarkoidose sei eine chronische Erkrankung, die nicht sicher heilbar sei und immer wieder zu neurologischen Ausfällen führen könne. Zum jetzigen Zeitpunkt bestünden Sensibilitätsstörungen, keine Lähmungen. Zusätzlich bestünde eine Neuralgie des Ramus cutaneus anterior des N.femoris der rechten Seite, was zu intermittierenden starken Schmerzen an der Oberschenkelinnenseite rechts führe. Des Weiteren bestehe ein sulcus ulnaris Syndrom links mit Sensibilitätsstörungen an den Fingern IV und V links. Dieses werde konservativ behandelt. Hinsichtlich der Neurosarkoidose bestehe momentan kein Behandlungsbedarf. Dr. Xxx konnte keine weitergehenden Angaben zu seinem Bericht vom 11.09.2009 machen.

Der Kläger führt ergänzend aus, nach der Versorgungsmedizin Verordnung sei die Sarkoidose eine eigenständige Funktionsbeeinträchtigung und getrennt von den Auswirkungen auf betroffene Organe mit einem GdB von 30 zu bewerten. Funktionseinschränkungen betroffener Organe seien zusätzlich zu berücksichtigen. Dies ergebe sich aus den Ausführungen der Versorgungsmedizin Verordnung Ziff. 8.9 unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Einleitung (Vorwort). Dort heißt es, die vorliegende Verordnung setzt die Vorgaben der Rechtsprechung um, ohne dass die in den AHP niedergelegten Grundsätze und Kriterien inhaltlich geändert wurden. Vielmehr wurde an die seit Jahren bewährten Bewertungsgrundsätze und Verfahren-sabläufe angeknüpft. Dadurch wird gewährleistet, dass gegenüber den bisherigen Feststellungsverfahren keine Schlechterstellung möglich ist. Es seien die Ausführungen zur Sarkoidose unter Ziff. 26.9 in den bis 2008 geltenden Anhaltspunkte für eine ärztliche Gutachtertätigkeit heranzuziehen. Dort heißt es,

bei chronischem Verlauf mit klinischen Aktivitätszeichen und Auswirkungen auf den Allgemeinzustand ist ohne Funktionseinschränkung von betroffenen Organen ein GdB /MdE von 30 anzunehmen. Funktionseinschränkungen betroffener Organe sind zusätzlich zu berücksichtigen.

Dementsprechend müsse die Sarkoidose mit einem Einzel-GdB von 30 bewertet werden. Damit wäre der Gesamt-GdB mit mindestens 50 anzunehmen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 15.10.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.01.2014 abzuändern und den Grad der Behinderung ab dem 27.06.2013 mit wenigstens 50 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Unter Hinweis auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. Xxx hält er die angefochtene Entscheidung weiterhin für zutreffend.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte des Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -). Der Kläger hat einen Anspruch auf Feststellung eines GdB von 50 seit dem 27.06.2013.

1. Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stellt auf Antrag des behinderten Menschen der Beklagte das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest, für den die im Rahmen des § 30 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 17 BVG erlassenen Rechtsverordnung festgesetzten Maßstäbe entsprechend gelten (§ 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX). Menschen sind behindert im Sinne des SGB IX, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit ho-her Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Menschen sind schwerbehindert, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 73 recht-mäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben (§ 2 Abs. 2 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft, von 20 bis 100 festgestellt (§ 69 Abs. 1 Sätze 4 und 6 SGB IX).

Für die Feststellung des GdB sind für die Verwaltung und die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit gleichermaßen seit dem 01.01.2009 die Bewertungsmaßstäbe der Anlage zu § 2 der aufgrund der Ermächtigung in § 30 Abs. 17 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) erlassenen Versorgungsmedizin-Verordnung (VMV) vom 10.12.2008 (BGBl. I Seite 2412) in der Fassung der Fünften Änderungs-Verordnung vom 11.10.2012 (BGBl. I Seite 2122), gültig ab dem 17.10.2012, maßgebend (§ 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX). In den versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) ist ebenso wie in den bis zum 31.12.2008 gültig gewesenen "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehinderten-recht", die als antizipierte Sachverständigengutachten beachtlich waren und norm-ähnliche Wirkung entfalteten (vgl. BSG SozR 3-3100 § 30 Nr. 22, SozR 3-3870 § 4 Nr. 19 und SozR 4-3250 § 69 Nrn. 2 und 9 sowie BVerfG SozR 3-3870 § 3 Nr. 6), der medizinische Kenntnistand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben. Dadurch wird eine für den behinderten Menschen nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 23.07.2010 - L 8 SB 1372/10 -). Die VG bezwecken darüber hinaus eine möglichst gleichmäßige Anwendung der Bewertungsmaßstäbe im Bundesgebiet und dienen so auch dem Ziel des einheitlichen Verwaltungshandelns und der Gleichbehandlung (vgl. Bay. LSG, Breithaupt 2011, 68ff).

2. Orientiert an diesen rechtlichen Gegebenheiten und Beurteilungsmaßstäben steht dem Kläger ein Anspruch auf Feststellung eines GdB von 50 ab Antragstellung zu. Für diese Überzeugung stützt sich die Kammer auf das Ergebnis der sachverständigen Zeugenaussagen von Dr. Xxx, Xxx und Xxx, ferner auf die ärztlichen Entlassungsberichte des SRH Klinikums Karlsbad-Langensteinbach sowie des Ambulanz-berichtes des St. Josef-Hospitals Bochum vom 11.09.2009.

a. Beim Kläger wurde im Jahre 2009 eine Neurosarkoidose erstdiagnostiziert. So lässt sich bereits dem Bericht des SRH Klinikums Karlsbad-Langensteinbach vom 11.07.2009 die Diagnose einer granulomatösen Myelitis, vermutlich autoimmuner Genese im Rahmen einer Neurosarkoidose entnehmen. In den Laboruntersuchun-gen zeigte sich ein ACE Spiegel von 91,82 U/l (NW 12-68) im Serum, weswegen man von einer granulomatösen Myositis im Rahmen einer Neurosarkoidose ausging. Für eine Beteiligung anderer Organsysteme gab es keinen Anhalt. Bestätigt wurde die Verdachtsdiagnose der Neurosarkoidose durch Dr. Xxx in seinem Ambulanzbericht vom 11.09.2009. Die Verdachtsdiagnose verhärtetet sich, sodass Prof. Xxx in seinem Bericht vom 20.01.2010 von der Diagnose einer Neurosarkoidose sprach bei weiterhin erhöhten ACE-Werten. Im Rahmen eines stationären Aufenthalts in der Zeit vom 28.02.2013 bis zum 06.03.2013 fanden sich weiterhin erhöhte ACE-Werte. Außerdem bestand eine grenzwertige Störung der Blut-Liquor-Schrankenfunktion.

Der Beklagte hat die Neurosarkoidose bei der Feststellung des Grades der Behinderung mit Bescheid vom 15.10.2013 nicht als Behinderung berücksichtigt. Hierzu führ-te Xxx in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 28.09.2013 aus, es sei der Verdacht auf eine Neurosarkoidose mitgeteilt worden; eine spezifische Behandlung sei nicht erforderlich. Die intermittierenden Beschwerden führten nicht zu einer Behinderung.

Diese Beurteilung widerspricht den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen. Dort heißt es in deren Teil B Punkt 8.9:

Der GdS richtet sich nach der Aktivität mit ihren Auswirkungen auf den Allgemeinzustand und nach den Auswirkungen an den verschiedenen Organen.

Bei chronischem Verlauf mit klinischen Aktivitätszeichen und Auswirkungen auf den Allgemeinzustand ist ohne Funktionseinschränkungen von betroffenen Organen ein GdS von 30 anzunehmen.

Bei Auslegung des Wortlautes der Versorgungsmedizinischen Grundsätzen Teil B, Punkt 8.9 kann dem Beklagten nicht darin zugestimmt werden, es komme darauf an, dass die Neurosarkoidose behandlungsbedürftig sei bzw. die intermittierenden Be-schwerden zu einer Behinderung führen. Vielmehr lässt sich dem Wortlaut der Vorschrift entnehmen, dass bereits das Vorliegen einer chronischen Sarkoidose mit kli-nischen Aktivitätszeichen und Auswirkungen auf den Allgemeinzustand genügt, um einen GdB von 30 für die Erkrankung zu veranschlagen, ohne dass es darauf an-kommt, ob eine spezifische Behandlung erforderlich ist oder gar Folgeschäden an betroffenen Organen eingetreten sind. Solche Folgeschäden sind gegebenenfalls gesondert zu bewerten. Zum einen ergibt sich dies neben dem Wortlaut auch aus der systemischen Aufteilung in einen ersten und einen zweiten Absatz. Diese beiden Absätze sind getrennt voneinander zu betrachten. Absatz 2 der Regelung betrifft den Einzel-GdB für die Erkrankung an einer Sarkoidose, Absatz 1 betrifft die darüber hin-aus gehenden Funktionsstörungen. Gestützt wird die Ansicht, dass hier eine getrennte Betrachtung zu erfolgen hat auch aus der Tatsache heraus, dass die Vorgängervorschift der Versorgungsmedizinischen Grundsätze, die AHP 1996 Punkt 26.8, eine solche systematische Trennung vorgenommen haben. Überdies enthielten sie den zusätzlichen Satz: "Funktionseinschränkungen betroffener Organe sind zusätzlich zu berücksichtigen." In einem dritten Absatz war außerdem vermerkt: "Bei Defektzuständen kommt es allein auf die funktionellen Ausfallerscheinungen an." Daraus lässt sich nach Ansicht der Kammer entnehmen, dass es nicht erst zu einem "Defekt" kommen muss, sondern bereits das bestätigte Vorliegen einer Sarkoidose zu einem eigenständigen GdB von 30 führt.

Im Falle des Klägers bedeutet dies aber, dass ihm aufgrund der Erkrankung an einer Neurosarkoidose hierfür ein Teil-GdB von 30 zusteht. Auch der Beklagte geht zwischenzeitlich davon aus, dass es sich nicht lediglich um eine Verdachtsdiagnose handelt, sondern dass tatsächlich von dem Vorliegen einer Neurosarkoidose auszugehen ist. Dies lässt sich jedenfalls der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Xxx entnehmen. Die Neurosarkoidose ist aber nicht nur mit einem Teil-GdB von 10 zu bewerten, wie dies Dr. Xxx vorgeschlagen hat, sondern mit einem solchen von 30. Da Folgeschäden an anderen Organen bislang nicht nachgewiesen wurden, verbleibt es bei dem Teil-GdB von 30 für die Neurosarkoidose.

b. Beim Kläger liegt weiterhin eine Migräne sowie eine Fingerpolyarthrose vor. Der Beklagte hat die Migräne mit einem Teil-GdB von 40 und die Fingerpolyarthrose mit einem solchen von 10 bewertet. Den GdB für die Migräne hat der Beklagte mit 40 zutreffend (vgl. Teil B Nr. 2.3 VG) bewertet. Durch die sachverständigen Zeugenaus-sagen ergeben sich diesbezüglich keine Änderungen. Das gleiche gilt für die Finger-polyarthrose, die der Beklagte mit einem Teil-GdB von 10 bewertet hat.

3. Den Gesamt-GdB bewertet das erkennende Gericht, ausgehend von Teil-GdB-Werten von 40, 30 und 10 seit dem 27.06.2013 mit 50.

Bei der Festlegung des Gesamt-GdB dürfen einzelne Teil-GdB-Werte zur Ermittlung des Gesamt-GdB nicht addiert werden und sind auch andere Rechenmethoden hier-für nicht geeignet. Vielmehr ist für die Beurteilung des Gesamt-GdB von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und in wie weit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Von hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen abgesehen führen leichte Gesundheitsstörungen mit einem Teil-GdB von lediglich 10 nicht zu einer wesentlichen Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, und zwar auch dann nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen (vgl. BSG SozR 3-3100 § 30 Nr. 24 sowie Teil A Nr. 3 VG). Auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Bei der Gesamtwürdigung der verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen sind unter Berücksichtigung aller sozialmedizinischen Erfahrungen Vergleiche mit Gesundheitsschäden anzustellen, zu denen in der Tabelle feste GdB-Werte angegeben sind (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.03.2011, Az.: L 3 SB 463/07). Aus eben diesen Gründen ist der Grad der Behinderung mit 50 zu bewerten, weswe-gen die angefochtenen Bescheide rechtswidrig sind und die Klage deswegen Erfolg hatte

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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