Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 32 KR 68/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 221/15 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 4. Mai 2015 wird aufgehoben. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, vom 13. Juli 2015 bis zum 12. Juli 2016, längstens aber bis zum Ergehen einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, die Kosten für eine Versorgung der Antragstellerin mit Medizinal-Cannabisblüten mit einer Menge von 84g im Monat zu übernehmen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin hat die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu tragen. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes über die Versorgung der Antragstellerin mit Medizinal-Cannabisblüten.
Die 1981 geborene Antragstellerin ist bei der Antragsgegnerin versichert. Der behandelnde Arzt Dr. G beantragte mit Schreiben vom 22. Juli 2014 bei der Antragsgegnerin den Verzicht auf einen sonstigen Schaden bei der Verordnung von Dronabinol-Tropfen. Die Antragstellerin sei an einem Tumor des Zungengrundes erkrankt. Sie leide außerdem an starker Appetitlosigkeit und Hunger mit deutlicher Gewichtsabnahme in den letzten Monaten. Die geplante Medikation sei als palliative und krankenhausersetzende Therapie geplant. Eine parenterale Ernährung sollte erst nach einer Dronabinol-Therapie diskutiert werden. Andere gleichwirksame Therapien oder Medikamente seien nicht bekannt.
Durch Bescheid vom 14. August 2014 erklärte die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin, dass Dronabinol von einer Verordnung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sei. Eine Kostenübernahmebestätigung sei deswegen nicht möglich.
Die Antragstellerin legte am 19. September 2014 Widerspruch ein. Daraufhin holte die Antragsgegnerin bei dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) eine gutachterliche Stellungnahme ein. Der MDK befand in seinem Gutachten vom 17. Oktober 2014, es sei nicht erkennbar, dass die vertraglichen Möglichkeiten der Palliativmedizin ausgeschöpft seien. Diese sollten hier zum Einsatz kommen. Eine Leistungspflicht für die beantragte Behandlung bestehe dagegen nicht. Die Antragsgegnerin informierte die Antragstellerin über das Ergebnis der Begutachtung durch Schreiben vom 23. Oktober 2014.
Am 12. Januar 2015 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin nunmehr eine Versorgung mit Medizinal-Cannabisblüten. Sie legte eine Erlaubnis zum Erwerb nach § 3 Abs. 2 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) vor. Die Antragsgegnerin fragte in ihrem ablehnenden Bescheid vom 15. Januar 2014 an, ob die vom MDK vorgeschlagenen Therapiemöglichkeiten bereits zum Einsatz gekommen seien. Unter den bisherigen Voraussetzungen könne einer Kostenübernahme nicht zugestimmt werden. Dagegen legte die Antragstellerin Widerspruch ein und forderte die Antragsgegnerin am 17. Februar 2015 nochmals zur Kostenübernahme auf.
Mit dem am 17. März 2015 bei dem Sozialgericht Neuruppin eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt die Antragstellerin die Verpflichtung der Antragsgegnerin, die Kosten für eine Therapie mit Medizinal-Cannabis zu übernehmen. Die monatlichen Kosten würden etwa 1.300,- EUR im Monat betragen. Als Bezieherin von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende sei sie selbst zu einer Finanzierung nicht in der Lage.
Das Sozialgericht hat Befundberichte bei den behandelnden Ärzten Dres. P, G und K eingeholt. Es hat durch Beschluss vom 4. Mai 2015 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Antragstellerin den Anspruch auf Versorgung nicht ausreichend glaubhaft gemacht habe. Bezüglich der Versorgung mit Arzneimitteln sei zu differenzieren zwischen Fertigarzneimitteln und Rezepturarzneimitteln. Vorliegend handele es sich um ein Rezepturarzneimittel, für das zwar keine arzneimittelrechtliche Zulassung nötig sei. Es fehle aber an der nach § 135 SGB V für den Einsatz von Rezepturarzneimitteln erforderlichen befürwortenden Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschuss. Deren Fehlen könne die Anwendungsempfehlung des behandelnden Arztes der Antragstellerin nicht ersetzen. Daran ändere die der Antragstellerin erteilte Ausnahmeerlaubnis nach § 3 Abs. 2 BMG nichts. Auch ein Seltenheitsfall oder ein so genanntes Systemversagen lägen nicht vor. Die Annahme eines Seltenheitsfalles scheitere daran, dass weder die Krebserkrankung noch die damit verbundene Kachexie so selten seien, dass keine systematische Erforschung und Behandlung möglich seien. Ein Leistungsanspruch der Antragstellerin ergebe sich ebenso wenig aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in den Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung. Die Antragstellerin habe eine notstandsähnliche Situation nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Ihre behandelnden Ärzte hätten eingeräumt, dass die Medizinal-Cannabisblüten nicht der Therapie der Karzinomerkrankung dienen sollten. Zudem befinde sich die Antragstellerin zurzeit in der Phase der Heilungsbewährung, so dass keine Todesgefahr drohe. Soweit die begehrten Medizinal-Cannabisblüten zur Verbesserung der oralen Nahrungsaufnahme und damit zur Gewichtserhaltung eingesetzt werden sollten, sei ein voraussichtlich tödlicher Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren überschaubaren Zeitraums nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden. Es sei weder ersichtlich noch vorgetragen, dass die Antragstellerin nur noch ein für sie lebensbedrohliches Gewicht habe oder dass ein solches innerhalb eines kürzeren Zeitraums eintreten werde. Obwohl sie 12 kg seit Beginn ihrer Krankheit im Jahr 2012 abgenommen habe, wiege sie immer noch 58 kg. Es sei nicht vorgetragen worden, dass sie während des Eilverfahrens weiter an Gewicht verloren habe. Zudem sei auf der Grundlage der Befundberichte der Dres. P und K davon auszugehen, dass eine orale Nahrungsaufnahme derzeit ausreichend möglich sei. Das Überleben der in der Heilungsbewährung befindlichen Antragstellerin hänge von der Entwicklung ihrer Grunderkrankung ab. Das begehrte Cannabis diene lediglich der Kompensation der Auswirkungen der Erkrankung und Therapie des Karzinoms. Es erfolgte lediglich eine Steigerung der körperlichen und psychischen Leistungsfähigkeit. Aus der Angabe von Dr. G, dass die Antragstellerin oral nicht genügend Nahrungsmittel aufnehmen könne, um einen weiteren Gewichtsverlust zu verhindern, und damit die Lebenserwartung als verkürzt anzusehen sei, ergebe sich nicht der erforderliche akute Behandlungsbedarf. Fehle es damit bereits an einem ausreichend glaubhaft gemachten voraussichtlich tödlichen Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren überschaubaren Zeitraums, könne dahinstehen, ob eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung als Alternative zur Verfügung stehe.
Gegen diesen ihr am 7. Mai 2015 zugestellten Beschluss richtet sich die am 5. Juni 2015 bei dem Sozialgericht Neuruppin eingegangene Beschwerde der Antragstellerin. Sie verweist für die Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruches auf die von dem behandelnden Arzt Dr. G erklärte Befürwortung und Empfehlung der Behandlung. Zudem verfüge sie über eine Ausnahmeerlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG. Diese würde das Fehlen einer Anwendungsempfehlung des gemeinsamen Bundesausschusses nach § 135 Abs. 1 SGB V ohnehin ersetzen können. Denn eine Ausnahmeerlaubnis werde nur erteilt, wenn eine Behandlung mit Medizin-Cannabisblüten erforderlich und sinnvoll sei, setze also die medizinische Notwendigkeit voraus. Die Einschätzung des Gemeinsamen Bundesausschusses könne nicht über der Erteilung einer Ausnahmeerlaubnis durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte stehen. Auch könne der Antrag nicht wegen Fehlens eines Seltenheitsfalles oder eines Systemversagens abgewiesen werden. Es könne ihr - der Antragstellerin - nicht angelastet werden, dass ihre Krankheit nicht selten genug sei. Im Gegensatz zum üblichen Erkrankungsalter, das bei Frauen 65 Jahre betrage, sei die Antragstellerin bei Ausbruch der Krankheit erst 31 Jahre alt gewesen, was ihre Krankheit grundsätzlich selten erscheinen lasse. Auch aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung lasse sich die Leistungspflicht der Antragsgegnerin herleiten. Es sei vorgetragen worden, dass neben der Grunderkrankung auch die festgestellte Kachexie als lebensbedrohliche Erkrankung diagnostiziert wurde und ohne Behandlung zum Tod führe. Dies habe Dr. G eindeutig bestätigt. Er habe außerdem eindeutig erklärt, warum andere Therapiemöglichkeiten ausscheiden würden. Das Sozialgericht habe sich ausschließlich auf die fortgeschrittene Grunderkrankung bezogen. Mit dem Cannabis sollten jedoch insbesondere die Folgen der Erkrankung und der Therapie behandelt werden. Außerdem leide sie – die Antragstellerin - an Polyneuropathie, Kachexie, Anorexie, Mundtrockenheit und Läsionen der Mundschleimhaut sowie chronisch-atrophische Magenschleimhaut. Die erforderliche notstandsähnliche Situation sei gegeben und hinreichend dargelegt. Sie ergebe sich auch aus den Folgeerkrankungen, nicht ausschließlich aus der Grunderkrankung. Das beträfe insbesondere die Kachexie, die ohne die beantragte Behandlungsmethode zweifelsfrei lebensbedrohlich würde. Sie – die Antragstellerin – habe 12 kg an Körpergewicht nicht seit 2012, sondern seit 2014 verloren. Den Befundberichten der Dres. P und K könne eine hinreichende Aussage zu der beantragten Medikation nicht entnommen werden, da die Behandlung insoweit von Dr. G vorgenommen werde. Eine ausreichende Nahrungsaufnahme sei nicht möglich, der gesamte Mundraum brenne den ganzen Tag, insbesondere, wenn sie – die Antragstellerin – versuche, ein wenig Obst oder Gemüse zu essen. Es müsse unbedingt berücksichtigt werden, welche konkreten Nachteile sich jeweils aus einer Zurückweisung bzw. einer Stattgabe des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ergeben würden. Es sollte bedacht werden, dass sie - die Antragstellerin - , selbst wenn sie in der Hauptsache obsiegen sollte, keine Ansprüche gegen die Antragsgegnerin haben werde, da sie das begehrte Medikament sich nicht selbst in dem verschriebenen Umfang leisten könne und damit der bis zu einer Hauptsachenentscheidung abgelaufene Zeitraum keine Konsequenz für die Antragsgegnerin haben würde.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 4. Mai 2015 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, sie mit Medizinal-Cannabisblüten mit einer Menge von 84g im Monat zu versorgen, außerdem, ihr unter Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verweist auf den Beschluss des Sozialgerichts vom 4. Mai 2015.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die den Vorgang betreffende Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.
II.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 4. Mai 2015 ist gemäß §§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Das Sozialgericht hat den Antrag, der sachgerecht dahingehend auszulegen ist, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Kosten für eine Behandlung mit Medizinal-Cannabisblüten zu übernehmen, zu Unrecht abgelehnt.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig ist. Voraussetzung hierfür ist, dass der Antragsteller einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund mit der für die Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit für ein Obsiegen in der Hauptsache glaubhaft macht (§ 86b Abs. 2 Sätze 2 und 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)).
Der Senat sieht sich auf der Grundlage der vorhandenen Erkenntnisse zwar nicht in der Lage einzuschätzen, ob überwiegend wahrscheinlich ist, dass der Antragstellerin der geltend gemachte Anspruch auf Versorgung mit Medizinal-Cannabisblüten zusteht. Er ist aber auch vom Gegenteil nicht überzeugt.
Zutreffend hat das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass Medizinal-Cannabisblüten als Rezepturarzneimittel anzusehen sind, für das grundsätzlich eine entsprechende Anwendungsempfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 135 SGB V erforderlich ist, ehe ein Versorgungsanspruch gegen die Gesetzliche Krankenversicherung bestehen kann. Das Fehlen einer Anwendungsempfehlung für Medizinal-Cannabisblüten widerlegt die Möglichkeit eines Leistungsanspruchs hier aber nicht endgültig. Denn nach § 2 Abs. 1a SGB V haben Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, Anspruch auf Leistungen, welche vom medizinischen Standard entsprechend § 2 Abs.1 Satz 3 SGB abweichen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Unter den genannten Voraussetzungen würde daher trotz fehlender Anwendungsempfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses ein Anordnungsanspruch der Antragstellerin bestehen. Auch darauf hat bereits das Sozialgericht zutreffend hingewiesen.
Der Senat vermag dem Sozialgericht nicht zu folgen, dass es jedenfalls an der Voraussetzung eines voraussichtlich tödlichen Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren überschaubaren Zeitraums fehlt. Der behandelnde Arzt Dr. G hat in seinem von dem Sozialgericht eingeholten Befundbericht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Aneroxie-Kachexie Syndroms vorliegt, das lebensbedrohlich ist und unbehandelt zum Tode führt. An dem Vorliegen eines solchen Syndroms bei der Antragstellerin hat der Senat keinen Zweifel. Denn es wird von der behandelnden Ärztin Dr. K in deren Befundbericht bestätigt. Die Diagnose als solche wird auch in dem Gutachten des MDK nicht in Frage gestellt. Dass der behandelnde Arzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Dr. P dagegen eine Kachexie nicht ausdrücklich angegeben hat, kann sich daraus erklären, dass sie außerhalb der Grenzen seines eigentlichen Fachgebiets liegt. Jedenfalls begründet die Nichterwähnung der Diagnose durch einen einzelnen Arzt nicht die sichere Annahme, dass eine anderweitig ärztlich bestätigte Erkrankung in Wahrheit nicht vorliegt.
Der Senat sieht sich nicht in der Lage, dem Sozialgericht in der Einschätzung beizutreten, dass das Aneroxie/Kachexie-Syndrom auch unbehandelt nicht in absehbarer Zeit zum Tode führen wird. Ein bei einem medizinischen Sachverständigen eingeholtes Gutachten über die Gefährlichkeit der bei der Antragstellerin vorhandenen Kachexie liegt nicht vor. Dem Senat ist aber bekannt, insbesondere aus einem von ihm in dem Verfahren L 24 KA 134/11 eingeholten Sachverständigengutachten, dass bei Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren häufig eine Kachexie beobachtet wird und dass in solchen Fällen ohne Behandlung mit dem Eintritt des Todes nach sechs Monaten gerechnet werden muss. Der behandelnde Arzt Dr. G hat in seinem ursprünglichen Antrag auch allgemein auf die Gefährlichkeit einer Tumorkachexie hingewiesen. Für die Ernsthaftigkeit des Zustands der Antragstellerin spricht zudem, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte der Antragstellerin eine Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG zum therapeutischen Einsatz von Cannabisblüten erteilt hat und dass der MDK in seinem Gutachten umfangreiche, teilweise invasive Behandlungsoptionen (PEG-Sonde) vorgeschlagen hat.
Der Senat kann schließlich nicht mit der erforderlichen Sicherheit die Überzeugung gewinnen, dass die vom MDK vorgeschlagenen Behandlungsoptionen für die Therapie der Antragstellerin ausreichend und geeignet sind. Auch wegen dieses Gesichtspunktes kann das Bestehen eines Anspruchs also nicht eindeutig verneint werden. Der behandelnde Arzt Dr. G stellt in seinem für das Sozialgericht erstatteten Befundbericht die vom MDK für die Antragstellerin vorgeschlagenen Behandlungsmöglichkeiten ausdrücklich in Frage, seine kritische Haltung wird jedenfalls zum Teil auch von der behandelnden Ärztin Dr. K geteilt. Bereits der MDK hat in seinem für die Antragsgegnerin erstatteten Gutachten darauf hingewiesen, dass die Wirksamkeit von Cannabis zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen jedenfalls unter bestimmten Voraussetzungen in der medizinischen Wissenschaft angenommen wird. Insoweit ist auch eine gewisse Erfolgsaussicht für die in Aussicht genommene Behandlungsmethode nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Demnach kann nicht mit Sicherheit angenommen werden, dass die Antragstellerin keinen Anspruch nach § 2 Abs. 1 a SGB V auf die von ihr begehrte Versorgung hat.
Bleibt aber offen, ob ein geltend gemachter Leistungsanspruch gegen die gesetzliche Krankenversicherung tatsächlich besteht, dürfen sich die Sozialgerichte auch in den Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht auf die summarische Prüfung der Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfes im Hauptsacheverfahren beschränken. Drohen dem Versicherten ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre, verlangt Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG von den Sozialgerichten nämlich grundsätzlich eine eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage, die sich von der im Hauptsacheverfahren nicht unterscheidet (vgl. BVerfGE 79, 69 (74); 94, 166 (216); NJW 2003, 1236f.). Sind die Sozialgerichte durch eine Vielzahl von anhängigen entscheidungsreifen Rechtsstreitigkeiten belastet oder besteht die Gefahr, dass die dem vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu Grunde liegende Beeinträchtigung des Lebens, der Gesundheit oder der körperlichen Unversehrtheit des Versicherten sich jederzeit verwirklichen kann, verbieten sich zeitraubende Ermittlungen im vorläufigen Rechtsschutzverfahren. In diesem Fall, der in der Regel vorliegen wird, hat sich die Entscheidung an einer Abwägung der widerstreitenden Interessen zu orientieren (BVerfG NJW 2003, 1236f.). Dabei ist in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu § 32 Bundesverfassungsgerichtsgesetz eine Folgenabwägung vorzunehmen, bei der die Erwägung, wie die Entscheidung in der Hauptsache ausfallen wird, regelmäßig außer Betracht zu bleiben hat. Abzuwägen sind stattdessen die Folgen, die eintreten würden, wenn die Anordnung nicht erginge, obwohl dem Versicherten die streitbefangene Leistung zusteht, gegenüber den Nachteilen, die entstünden, wenn die begehrte Anordnung erlassen würde, obwohl er hierauf keinen Anspruch hat (vgl. hierzu Umbach/Clemens, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Mitarbeiterkommentar und Handbuch, § 32 RdNr. 177 mit umfassendem Nachweis zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts). Hierbei ist insbesondere die in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG durch den Verfassungsgeber getroffene objektive Wertentscheidung zu berücksichtigen. Danach haben alle staatlichen Organe die Pflicht, sich schützend und fördernd vor die Rechtsgüter des Lebens, der Gesundheit und der körperlichen Unversehrtheit zu stellen (vgl. BVerfGE 56, 54 (73)). Für das vorläufige Rechtsschutzverfahren vor den Sozialgerichten bedeutet dies, das diese die Grundrechte der Versicherten auf Leben, Gesundheit und körperliche Unversehrtheit zur Geltung zu bringen haben, ohne dabei die ebenfalls der Sicherung des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG dienende Pflicht der gesetzlichen Krankenkassen (vgl. insbesondere aus §§ 1, 2 Abs. 1 und 4 SGB V), ihren Versicherten nur wirksame und hinsichtlich der Nebenwirkungen unbedenkliche Leistungen zur Verfügung zu stellen, sowie die verfassungsrechtlich besonders geschützte finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. BVerfGE 68, 193 ( 218)) aus den Augen zu verlieren. Besteht die Gefahr, dass der Versicherte ohne die Gewährung der umstrittenen Leistung vor Beendigung des Hauptsacheverfahrens stirbt oder er schwere oder irreversible gesundheitliche Beeinträchtigungen erleidet, ist ihm die begehrte Leistung regelmäßig zu gewähren, wenn das Gericht nicht auf Grund eindeutiger Erkenntnisse davon überzeugt ist, dass die begehrte Leistung unwirksam oder medizinisch nicht indiziert ist oder ihr Einsatz mit dem Risiko behaftetet ist, die abzuwendende Gefahr durch die Nebenwirkungen der Behandlung auf andere Weise zu verwirklichen. Besteht die Beeinträchtigung des Versicherten dagegen im Wesentlichen nur darin, dass er die begehrte Leistung zu einem späteren Zeitpunkt erhält, ohne dass sie dadurch für ihn grundsätzlich an Wert verliert, weil die Beeinträchtigung der in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG genannten Rechtsgüter durch eine spätere Leistungsgewährung beseitigt werden kann, dürfen die Sozialgerichte die begehrte Leistung im Rahmen der Folgenabwägung versagen. Nur durch eine an diesen Grundsätzen orientierte Vorgehensweise bei der Folgenabwägung wird dem vom Gesetzgeber in allen Prozessordnungen vorgesehenen Vorrang des nachgehenden Rechtschutzes vor dem vorläufigen Rechtsschutz, sowie dem sich aus Art. 20 Abs. 3 GG abzuleitenden Grundsatz Rechnung getragen, dass die Leistungsgewährung vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens die Ausnahme und nicht die Regel sein soll (Beschluss des Senats vom 24. Juni 2014 - L 1 KR 167/14 und vom 3. Februar 2014 – L 1 KR 30/14 B ER – sowie Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 10. Februar 2014 – L 9 KR 293/13 B ER -).
Nach diesen Grundsätzen ist der Antragstellerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes als Ergebnis der Folgenabwägung ein befristeter Anspruch auf die begehrte Leistung zuzusprechen. Nach dem Befundbericht von Dres. G und K liegt bei der Antragstellerin eine Kachexie vor, die unbehandelt zum Tode führen kann. Die behandelnden Ärzte Dres. G und K bestätigen auch, dass es neben der in Aussicht genommenen Therapie mit Medizinal-Cannabisblüten keine gleichwirksamen Leistungen gibt. Bestätigt ist durch diese Ärzte weiter, dass es ohne die Behandlung noch zu einer Fortsetzung der Gewichtsabnahme bei der Antragstellerin gekommen ist. Von ihrer Auffassung sind die behandelnden Ärzte auch in Auseinandersetzung mit den im MDK-Gutachten formulierten Gegenpositionen nicht abgerückt. Eine weitere gerichtliche Sachaufklärung würde Zeit in Anspruch nehmen und damit die Gefahr einer erheblichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Antragstellerin heraufbeschwören.
Den geltend gemachten erheblichen und schwerwiegenden Gefahren für die Gesundheit der Antragstellerin stehen bei einer Leistungsverpflichtung nur finanzielle Folgen gegenüber. Diese die Antragsgegnerin treffenden Folgen wiegen nicht schwer genug, um der Antragstellerin die befristete Leistung zu versagen.
Der Senat hat die Anordnung bis zum 13. Juli 2016, längstens aber bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, befristet. Denn die Berechtigung der einstweiligen Anordnung in der gegenwärtigen Form ergibt sich nur aus der zurzeit noch ungeklärten medizinischen Sachlage. Der Senat geht davon aus, dass jedenfalls in einem Jahr nähere Erkenntnisse zu der Frage vorliegen, ob der Antragstellerin wegen einer Kachexie unmittelbare Lebensgefahr droht und ob dieser gegebenenfalls auch auf andere Art und Weise begegnet werden kann. Für die Vergangenheit sind Leistungen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich nicht zuzusprechen. Soweit die Beschwerde Leistungen für weitere Zeiträume einfordern wollte, war sie zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt A R wird abgelehnt, weil die Antragstellerin im Hinblick auf die unanfechtbare Kostenentscheidung nicht mehr bedürftig ist.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes über die Versorgung der Antragstellerin mit Medizinal-Cannabisblüten.
Die 1981 geborene Antragstellerin ist bei der Antragsgegnerin versichert. Der behandelnde Arzt Dr. G beantragte mit Schreiben vom 22. Juli 2014 bei der Antragsgegnerin den Verzicht auf einen sonstigen Schaden bei der Verordnung von Dronabinol-Tropfen. Die Antragstellerin sei an einem Tumor des Zungengrundes erkrankt. Sie leide außerdem an starker Appetitlosigkeit und Hunger mit deutlicher Gewichtsabnahme in den letzten Monaten. Die geplante Medikation sei als palliative und krankenhausersetzende Therapie geplant. Eine parenterale Ernährung sollte erst nach einer Dronabinol-Therapie diskutiert werden. Andere gleichwirksame Therapien oder Medikamente seien nicht bekannt.
Durch Bescheid vom 14. August 2014 erklärte die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin, dass Dronabinol von einer Verordnung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sei. Eine Kostenübernahmebestätigung sei deswegen nicht möglich.
Die Antragstellerin legte am 19. September 2014 Widerspruch ein. Daraufhin holte die Antragsgegnerin bei dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) eine gutachterliche Stellungnahme ein. Der MDK befand in seinem Gutachten vom 17. Oktober 2014, es sei nicht erkennbar, dass die vertraglichen Möglichkeiten der Palliativmedizin ausgeschöpft seien. Diese sollten hier zum Einsatz kommen. Eine Leistungspflicht für die beantragte Behandlung bestehe dagegen nicht. Die Antragsgegnerin informierte die Antragstellerin über das Ergebnis der Begutachtung durch Schreiben vom 23. Oktober 2014.
Am 12. Januar 2015 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin nunmehr eine Versorgung mit Medizinal-Cannabisblüten. Sie legte eine Erlaubnis zum Erwerb nach § 3 Abs. 2 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) vor. Die Antragsgegnerin fragte in ihrem ablehnenden Bescheid vom 15. Januar 2014 an, ob die vom MDK vorgeschlagenen Therapiemöglichkeiten bereits zum Einsatz gekommen seien. Unter den bisherigen Voraussetzungen könne einer Kostenübernahme nicht zugestimmt werden. Dagegen legte die Antragstellerin Widerspruch ein und forderte die Antragsgegnerin am 17. Februar 2015 nochmals zur Kostenübernahme auf.
Mit dem am 17. März 2015 bei dem Sozialgericht Neuruppin eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt die Antragstellerin die Verpflichtung der Antragsgegnerin, die Kosten für eine Therapie mit Medizinal-Cannabis zu übernehmen. Die monatlichen Kosten würden etwa 1.300,- EUR im Monat betragen. Als Bezieherin von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende sei sie selbst zu einer Finanzierung nicht in der Lage.
Das Sozialgericht hat Befundberichte bei den behandelnden Ärzten Dres. P, G und K eingeholt. Es hat durch Beschluss vom 4. Mai 2015 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Antragstellerin den Anspruch auf Versorgung nicht ausreichend glaubhaft gemacht habe. Bezüglich der Versorgung mit Arzneimitteln sei zu differenzieren zwischen Fertigarzneimitteln und Rezepturarzneimitteln. Vorliegend handele es sich um ein Rezepturarzneimittel, für das zwar keine arzneimittelrechtliche Zulassung nötig sei. Es fehle aber an der nach § 135 SGB V für den Einsatz von Rezepturarzneimitteln erforderlichen befürwortenden Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschuss. Deren Fehlen könne die Anwendungsempfehlung des behandelnden Arztes der Antragstellerin nicht ersetzen. Daran ändere die der Antragstellerin erteilte Ausnahmeerlaubnis nach § 3 Abs. 2 BMG nichts. Auch ein Seltenheitsfall oder ein so genanntes Systemversagen lägen nicht vor. Die Annahme eines Seltenheitsfalles scheitere daran, dass weder die Krebserkrankung noch die damit verbundene Kachexie so selten seien, dass keine systematische Erforschung und Behandlung möglich seien. Ein Leistungsanspruch der Antragstellerin ergebe sich ebenso wenig aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in den Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung. Die Antragstellerin habe eine notstandsähnliche Situation nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Ihre behandelnden Ärzte hätten eingeräumt, dass die Medizinal-Cannabisblüten nicht der Therapie der Karzinomerkrankung dienen sollten. Zudem befinde sich die Antragstellerin zurzeit in der Phase der Heilungsbewährung, so dass keine Todesgefahr drohe. Soweit die begehrten Medizinal-Cannabisblüten zur Verbesserung der oralen Nahrungsaufnahme und damit zur Gewichtserhaltung eingesetzt werden sollten, sei ein voraussichtlich tödlicher Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren überschaubaren Zeitraums nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden. Es sei weder ersichtlich noch vorgetragen, dass die Antragstellerin nur noch ein für sie lebensbedrohliches Gewicht habe oder dass ein solches innerhalb eines kürzeren Zeitraums eintreten werde. Obwohl sie 12 kg seit Beginn ihrer Krankheit im Jahr 2012 abgenommen habe, wiege sie immer noch 58 kg. Es sei nicht vorgetragen worden, dass sie während des Eilverfahrens weiter an Gewicht verloren habe. Zudem sei auf der Grundlage der Befundberichte der Dres. P und K davon auszugehen, dass eine orale Nahrungsaufnahme derzeit ausreichend möglich sei. Das Überleben der in der Heilungsbewährung befindlichen Antragstellerin hänge von der Entwicklung ihrer Grunderkrankung ab. Das begehrte Cannabis diene lediglich der Kompensation der Auswirkungen der Erkrankung und Therapie des Karzinoms. Es erfolgte lediglich eine Steigerung der körperlichen und psychischen Leistungsfähigkeit. Aus der Angabe von Dr. G, dass die Antragstellerin oral nicht genügend Nahrungsmittel aufnehmen könne, um einen weiteren Gewichtsverlust zu verhindern, und damit die Lebenserwartung als verkürzt anzusehen sei, ergebe sich nicht der erforderliche akute Behandlungsbedarf. Fehle es damit bereits an einem ausreichend glaubhaft gemachten voraussichtlich tödlichen Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren überschaubaren Zeitraums, könne dahinstehen, ob eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung als Alternative zur Verfügung stehe.
Gegen diesen ihr am 7. Mai 2015 zugestellten Beschluss richtet sich die am 5. Juni 2015 bei dem Sozialgericht Neuruppin eingegangene Beschwerde der Antragstellerin. Sie verweist für die Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruches auf die von dem behandelnden Arzt Dr. G erklärte Befürwortung und Empfehlung der Behandlung. Zudem verfüge sie über eine Ausnahmeerlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG. Diese würde das Fehlen einer Anwendungsempfehlung des gemeinsamen Bundesausschusses nach § 135 Abs. 1 SGB V ohnehin ersetzen können. Denn eine Ausnahmeerlaubnis werde nur erteilt, wenn eine Behandlung mit Medizin-Cannabisblüten erforderlich und sinnvoll sei, setze also die medizinische Notwendigkeit voraus. Die Einschätzung des Gemeinsamen Bundesausschusses könne nicht über der Erteilung einer Ausnahmeerlaubnis durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte stehen. Auch könne der Antrag nicht wegen Fehlens eines Seltenheitsfalles oder eines Systemversagens abgewiesen werden. Es könne ihr - der Antragstellerin - nicht angelastet werden, dass ihre Krankheit nicht selten genug sei. Im Gegensatz zum üblichen Erkrankungsalter, das bei Frauen 65 Jahre betrage, sei die Antragstellerin bei Ausbruch der Krankheit erst 31 Jahre alt gewesen, was ihre Krankheit grundsätzlich selten erscheinen lasse. Auch aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung lasse sich die Leistungspflicht der Antragsgegnerin herleiten. Es sei vorgetragen worden, dass neben der Grunderkrankung auch die festgestellte Kachexie als lebensbedrohliche Erkrankung diagnostiziert wurde und ohne Behandlung zum Tod führe. Dies habe Dr. G eindeutig bestätigt. Er habe außerdem eindeutig erklärt, warum andere Therapiemöglichkeiten ausscheiden würden. Das Sozialgericht habe sich ausschließlich auf die fortgeschrittene Grunderkrankung bezogen. Mit dem Cannabis sollten jedoch insbesondere die Folgen der Erkrankung und der Therapie behandelt werden. Außerdem leide sie – die Antragstellerin - an Polyneuropathie, Kachexie, Anorexie, Mundtrockenheit und Läsionen der Mundschleimhaut sowie chronisch-atrophische Magenschleimhaut. Die erforderliche notstandsähnliche Situation sei gegeben und hinreichend dargelegt. Sie ergebe sich auch aus den Folgeerkrankungen, nicht ausschließlich aus der Grunderkrankung. Das beträfe insbesondere die Kachexie, die ohne die beantragte Behandlungsmethode zweifelsfrei lebensbedrohlich würde. Sie – die Antragstellerin – habe 12 kg an Körpergewicht nicht seit 2012, sondern seit 2014 verloren. Den Befundberichten der Dres. P und K könne eine hinreichende Aussage zu der beantragten Medikation nicht entnommen werden, da die Behandlung insoweit von Dr. G vorgenommen werde. Eine ausreichende Nahrungsaufnahme sei nicht möglich, der gesamte Mundraum brenne den ganzen Tag, insbesondere, wenn sie – die Antragstellerin – versuche, ein wenig Obst oder Gemüse zu essen. Es müsse unbedingt berücksichtigt werden, welche konkreten Nachteile sich jeweils aus einer Zurückweisung bzw. einer Stattgabe des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ergeben würden. Es sollte bedacht werden, dass sie - die Antragstellerin - , selbst wenn sie in der Hauptsache obsiegen sollte, keine Ansprüche gegen die Antragsgegnerin haben werde, da sie das begehrte Medikament sich nicht selbst in dem verschriebenen Umfang leisten könne und damit der bis zu einer Hauptsachenentscheidung abgelaufene Zeitraum keine Konsequenz für die Antragsgegnerin haben würde.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 4. Mai 2015 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, sie mit Medizinal-Cannabisblüten mit einer Menge von 84g im Monat zu versorgen, außerdem, ihr unter Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verweist auf den Beschluss des Sozialgerichts vom 4. Mai 2015.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die den Vorgang betreffende Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.
II.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 4. Mai 2015 ist gemäß §§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Das Sozialgericht hat den Antrag, der sachgerecht dahingehend auszulegen ist, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Kosten für eine Behandlung mit Medizinal-Cannabisblüten zu übernehmen, zu Unrecht abgelehnt.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig ist. Voraussetzung hierfür ist, dass der Antragsteller einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund mit der für die Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit für ein Obsiegen in der Hauptsache glaubhaft macht (§ 86b Abs. 2 Sätze 2 und 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)).
Der Senat sieht sich auf der Grundlage der vorhandenen Erkenntnisse zwar nicht in der Lage einzuschätzen, ob überwiegend wahrscheinlich ist, dass der Antragstellerin der geltend gemachte Anspruch auf Versorgung mit Medizinal-Cannabisblüten zusteht. Er ist aber auch vom Gegenteil nicht überzeugt.
Zutreffend hat das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass Medizinal-Cannabisblüten als Rezepturarzneimittel anzusehen sind, für das grundsätzlich eine entsprechende Anwendungsempfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 135 SGB V erforderlich ist, ehe ein Versorgungsanspruch gegen die Gesetzliche Krankenversicherung bestehen kann. Das Fehlen einer Anwendungsempfehlung für Medizinal-Cannabisblüten widerlegt die Möglichkeit eines Leistungsanspruchs hier aber nicht endgültig. Denn nach § 2 Abs. 1a SGB V haben Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, Anspruch auf Leistungen, welche vom medizinischen Standard entsprechend § 2 Abs.1 Satz 3 SGB abweichen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Unter den genannten Voraussetzungen würde daher trotz fehlender Anwendungsempfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses ein Anordnungsanspruch der Antragstellerin bestehen. Auch darauf hat bereits das Sozialgericht zutreffend hingewiesen.
Der Senat vermag dem Sozialgericht nicht zu folgen, dass es jedenfalls an der Voraussetzung eines voraussichtlich tödlichen Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren überschaubaren Zeitraums fehlt. Der behandelnde Arzt Dr. G hat in seinem von dem Sozialgericht eingeholten Befundbericht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Aneroxie-Kachexie Syndroms vorliegt, das lebensbedrohlich ist und unbehandelt zum Tode führt. An dem Vorliegen eines solchen Syndroms bei der Antragstellerin hat der Senat keinen Zweifel. Denn es wird von der behandelnden Ärztin Dr. K in deren Befundbericht bestätigt. Die Diagnose als solche wird auch in dem Gutachten des MDK nicht in Frage gestellt. Dass der behandelnde Arzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Dr. P dagegen eine Kachexie nicht ausdrücklich angegeben hat, kann sich daraus erklären, dass sie außerhalb der Grenzen seines eigentlichen Fachgebiets liegt. Jedenfalls begründet die Nichterwähnung der Diagnose durch einen einzelnen Arzt nicht die sichere Annahme, dass eine anderweitig ärztlich bestätigte Erkrankung in Wahrheit nicht vorliegt.
Der Senat sieht sich nicht in der Lage, dem Sozialgericht in der Einschätzung beizutreten, dass das Aneroxie/Kachexie-Syndrom auch unbehandelt nicht in absehbarer Zeit zum Tode führen wird. Ein bei einem medizinischen Sachverständigen eingeholtes Gutachten über die Gefährlichkeit der bei der Antragstellerin vorhandenen Kachexie liegt nicht vor. Dem Senat ist aber bekannt, insbesondere aus einem von ihm in dem Verfahren L 24 KA 134/11 eingeholten Sachverständigengutachten, dass bei Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren häufig eine Kachexie beobachtet wird und dass in solchen Fällen ohne Behandlung mit dem Eintritt des Todes nach sechs Monaten gerechnet werden muss. Der behandelnde Arzt Dr. G hat in seinem ursprünglichen Antrag auch allgemein auf die Gefährlichkeit einer Tumorkachexie hingewiesen. Für die Ernsthaftigkeit des Zustands der Antragstellerin spricht zudem, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte der Antragstellerin eine Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG zum therapeutischen Einsatz von Cannabisblüten erteilt hat und dass der MDK in seinem Gutachten umfangreiche, teilweise invasive Behandlungsoptionen (PEG-Sonde) vorgeschlagen hat.
Der Senat kann schließlich nicht mit der erforderlichen Sicherheit die Überzeugung gewinnen, dass die vom MDK vorgeschlagenen Behandlungsoptionen für die Therapie der Antragstellerin ausreichend und geeignet sind. Auch wegen dieses Gesichtspunktes kann das Bestehen eines Anspruchs also nicht eindeutig verneint werden. Der behandelnde Arzt Dr. G stellt in seinem für das Sozialgericht erstatteten Befundbericht die vom MDK für die Antragstellerin vorgeschlagenen Behandlungsmöglichkeiten ausdrücklich in Frage, seine kritische Haltung wird jedenfalls zum Teil auch von der behandelnden Ärztin Dr. K geteilt. Bereits der MDK hat in seinem für die Antragsgegnerin erstatteten Gutachten darauf hingewiesen, dass die Wirksamkeit von Cannabis zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen jedenfalls unter bestimmten Voraussetzungen in der medizinischen Wissenschaft angenommen wird. Insoweit ist auch eine gewisse Erfolgsaussicht für die in Aussicht genommene Behandlungsmethode nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Demnach kann nicht mit Sicherheit angenommen werden, dass die Antragstellerin keinen Anspruch nach § 2 Abs. 1 a SGB V auf die von ihr begehrte Versorgung hat.
Bleibt aber offen, ob ein geltend gemachter Leistungsanspruch gegen die gesetzliche Krankenversicherung tatsächlich besteht, dürfen sich die Sozialgerichte auch in den Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht auf die summarische Prüfung der Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfes im Hauptsacheverfahren beschränken. Drohen dem Versicherten ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre, verlangt Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG von den Sozialgerichten nämlich grundsätzlich eine eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage, die sich von der im Hauptsacheverfahren nicht unterscheidet (vgl. BVerfGE 79, 69 (74); 94, 166 (216); NJW 2003, 1236f.). Sind die Sozialgerichte durch eine Vielzahl von anhängigen entscheidungsreifen Rechtsstreitigkeiten belastet oder besteht die Gefahr, dass die dem vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu Grunde liegende Beeinträchtigung des Lebens, der Gesundheit oder der körperlichen Unversehrtheit des Versicherten sich jederzeit verwirklichen kann, verbieten sich zeitraubende Ermittlungen im vorläufigen Rechtsschutzverfahren. In diesem Fall, der in der Regel vorliegen wird, hat sich die Entscheidung an einer Abwägung der widerstreitenden Interessen zu orientieren (BVerfG NJW 2003, 1236f.). Dabei ist in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu § 32 Bundesverfassungsgerichtsgesetz eine Folgenabwägung vorzunehmen, bei der die Erwägung, wie die Entscheidung in der Hauptsache ausfallen wird, regelmäßig außer Betracht zu bleiben hat. Abzuwägen sind stattdessen die Folgen, die eintreten würden, wenn die Anordnung nicht erginge, obwohl dem Versicherten die streitbefangene Leistung zusteht, gegenüber den Nachteilen, die entstünden, wenn die begehrte Anordnung erlassen würde, obwohl er hierauf keinen Anspruch hat (vgl. hierzu Umbach/Clemens, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Mitarbeiterkommentar und Handbuch, § 32 RdNr. 177 mit umfassendem Nachweis zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts). Hierbei ist insbesondere die in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG durch den Verfassungsgeber getroffene objektive Wertentscheidung zu berücksichtigen. Danach haben alle staatlichen Organe die Pflicht, sich schützend und fördernd vor die Rechtsgüter des Lebens, der Gesundheit und der körperlichen Unversehrtheit zu stellen (vgl. BVerfGE 56, 54 (73)). Für das vorläufige Rechtsschutzverfahren vor den Sozialgerichten bedeutet dies, das diese die Grundrechte der Versicherten auf Leben, Gesundheit und körperliche Unversehrtheit zur Geltung zu bringen haben, ohne dabei die ebenfalls der Sicherung des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG dienende Pflicht der gesetzlichen Krankenkassen (vgl. insbesondere aus §§ 1, 2 Abs. 1 und 4 SGB V), ihren Versicherten nur wirksame und hinsichtlich der Nebenwirkungen unbedenkliche Leistungen zur Verfügung zu stellen, sowie die verfassungsrechtlich besonders geschützte finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. BVerfGE 68, 193 ( 218)) aus den Augen zu verlieren. Besteht die Gefahr, dass der Versicherte ohne die Gewährung der umstrittenen Leistung vor Beendigung des Hauptsacheverfahrens stirbt oder er schwere oder irreversible gesundheitliche Beeinträchtigungen erleidet, ist ihm die begehrte Leistung regelmäßig zu gewähren, wenn das Gericht nicht auf Grund eindeutiger Erkenntnisse davon überzeugt ist, dass die begehrte Leistung unwirksam oder medizinisch nicht indiziert ist oder ihr Einsatz mit dem Risiko behaftetet ist, die abzuwendende Gefahr durch die Nebenwirkungen der Behandlung auf andere Weise zu verwirklichen. Besteht die Beeinträchtigung des Versicherten dagegen im Wesentlichen nur darin, dass er die begehrte Leistung zu einem späteren Zeitpunkt erhält, ohne dass sie dadurch für ihn grundsätzlich an Wert verliert, weil die Beeinträchtigung der in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG genannten Rechtsgüter durch eine spätere Leistungsgewährung beseitigt werden kann, dürfen die Sozialgerichte die begehrte Leistung im Rahmen der Folgenabwägung versagen. Nur durch eine an diesen Grundsätzen orientierte Vorgehensweise bei der Folgenabwägung wird dem vom Gesetzgeber in allen Prozessordnungen vorgesehenen Vorrang des nachgehenden Rechtschutzes vor dem vorläufigen Rechtsschutz, sowie dem sich aus Art. 20 Abs. 3 GG abzuleitenden Grundsatz Rechnung getragen, dass die Leistungsgewährung vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens die Ausnahme und nicht die Regel sein soll (Beschluss des Senats vom 24. Juni 2014 - L 1 KR 167/14 und vom 3. Februar 2014 – L 1 KR 30/14 B ER – sowie Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 10. Februar 2014 – L 9 KR 293/13 B ER -).
Nach diesen Grundsätzen ist der Antragstellerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes als Ergebnis der Folgenabwägung ein befristeter Anspruch auf die begehrte Leistung zuzusprechen. Nach dem Befundbericht von Dres. G und K liegt bei der Antragstellerin eine Kachexie vor, die unbehandelt zum Tode führen kann. Die behandelnden Ärzte Dres. G und K bestätigen auch, dass es neben der in Aussicht genommenen Therapie mit Medizinal-Cannabisblüten keine gleichwirksamen Leistungen gibt. Bestätigt ist durch diese Ärzte weiter, dass es ohne die Behandlung noch zu einer Fortsetzung der Gewichtsabnahme bei der Antragstellerin gekommen ist. Von ihrer Auffassung sind die behandelnden Ärzte auch in Auseinandersetzung mit den im MDK-Gutachten formulierten Gegenpositionen nicht abgerückt. Eine weitere gerichtliche Sachaufklärung würde Zeit in Anspruch nehmen und damit die Gefahr einer erheblichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Antragstellerin heraufbeschwören.
Den geltend gemachten erheblichen und schwerwiegenden Gefahren für die Gesundheit der Antragstellerin stehen bei einer Leistungsverpflichtung nur finanzielle Folgen gegenüber. Diese die Antragsgegnerin treffenden Folgen wiegen nicht schwer genug, um der Antragstellerin die befristete Leistung zu versagen.
Der Senat hat die Anordnung bis zum 13. Juli 2016, längstens aber bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, befristet. Denn die Berechtigung der einstweiligen Anordnung in der gegenwärtigen Form ergibt sich nur aus der zurzeit noch ungeklärten medizinischen Sachlage. Der Senat geht davon aus, dass jedenfalls in einem Jahr nähere Erkenntnisse zu der Frage vorliegen, ob der Antragstellerin wegen einer Kachexie unmittelbare Lebensgefahr droht und ob dieser gegebenenfalls auch auf andere Art und Weise begegnet werden kann. Für die Vergangenheit sind Leistungen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich nicht zuzusprechen. Soweit die Beschwerde Leistungen für weitere Zeiträume einfordern wollte, war sie zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt A R wird abgelehnt, weil die Antragstellerin im Hinblick auf die unanfechtbare Kostenentscheidung nicht mehr bedürftig ist.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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