L 11 KR 269/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 2678/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 269/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Anspruch auf Behandlung einer Hornhautkrümmung (Keratokonus) umfasst nicht die circuläre Keratotomie (Behandlungsjahr 2013).
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16.12.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger macht gegen seine Krankenkasse einen Anspruch auf Zahlung von 1.990,39 EUR für eine am 27.08.2013 im Rahmen einer ambulanten privatärztlichen Behandlung durchgeführte circuläre Keratotomie (CKT) mit Nahtlegung am rechten Auge geltend.

Der am 21.02.1993 geborene Kläger ist pflichtversichertes Mitglied der beklagten Betriebskrankenkasse. Er leidet an einem Keratokonus, dh an einer Erkrankung der Hornhaut, die zu einer Vorwölbung und unregelmäßigen Krümmung der Hornhaut und dadurch zu einer fortschreitenden Minderung der Sehschärfe führt.

Mit Schreiben vom 14.05.2013 beantragte der Vertragsarzt Dr. K. für den Kläger bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für die Durchführung einer CKT in seiner Gemeinschaftspraxis & Klinik in B ... Dem Antrag war ein Kostenvoranschlag vom 27.05.2013 beigefügt. Wann diese Unterlagen bei der Beklagten eingingen, lässt sich der Akte nicht entnehmen. Zur Begründung des Antrags führte Dr. K. ua aus, beim Kläger liege ein Keratokonus vor. Dabei handele es sich um eine fortschreitende Erkrankung, die immer auf eine Keratoplastik (Hornhautübertragung) hinauslaufe, wenn es nicht gelinge, die Erkrankung zu stoppen. Sie hätten mit dem Verfahren der CKT seit mehr als sieben Jahren bei solchen Fällen gute Erfahrungen gemacht. Über einen Zeitraum von fünf Jahren bestehe statistisch in 90% eine vollständige Stabilität der Erkrankung. Angaben zum Ausmaß der Minderung der Sehschärfe (Visusbestimmung) enthielten die Unterlagen nicht. Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 03.06.2013 mit, dass sie eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) einholten werde. Nachdem der MDK in seiner nach Aktenlage erstellten Stellungnahme eine Kostenübernahme nicht befürwortet hatte (Stellungnahme Dr. U. vom 11.06.2013), lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 12.06.2013 und Widerspruchsbescheid vom 12.07.2013 ab. Die CKT sei ein Verfahren der refraktiven Augenchirurgie. Diese Behandlungsmethode sei vom Gemeinsamen Bundesausschuss als von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossene Methode beurteilt worden. Es liege auch keine lebensbedrohliche Erkrankung vor. Als in der vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Behandlungsmethoden stünden die Versorgung mit einer Brille oder Kontaktlinse zur Verfügung, und für den Fall, dass damit eine Behandlung nicht mehr möglich sei, gebe es die Methode der perforierenden Keratoplastik (Hornhauttransplantation).

Gegen die ablehnende Entscheidung Beklagten hat der Kläger am 30.07.2013 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben.

Die Augenoperation, deren Kostenübernahme der Kläger bei der Beklagten beantragt hatte, ließ er am 27.08.2013 ambulant durchführen. Hierfür stellten ihm Dr. K. Kosten (einschließlich Medikamente) iHv 1.790 EUR und der Facharzt für Anästhesiologie Dr. N. Kosten iHv 220,39 EUR - jeweils aufgrund privatärztlicher Behandlung und aufgeschlüsselt nach GOÄ-Ziffern - in Rechnung, die der Kläger vollständig beglich. Die ambulante Operation wurde dabei wie folgt bezeichnet: cirkuläre Keratotomie mit Nahtlegung am rechten Auge.

Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger ua ausgeführt, die von der Beklagten vorgeschlagene Versorgung mit Brille oder Kontaktlinse sei bei ihm nicht mehr ausreichend gewesen. Auf einem Auge habe die Sehschärfe ohne Korrektur nur noch 10% und mit Korrektur 30% und auf dem anderen Auge ohne Korrektur 30% und mit Korrektur 70% betragen. Die perforierende Keratoplastik sei zur Behandlung nicht geeignet, da die Gefahr einer Abstoßungsreaktion bestehe und die Operation nach 10 bis 15 Jahren erneut durchgeführt werden müsse. Dies sei ihm in seinem Alter nicht zumutbar. Auch sei es nicht zutreffend, dass die Behandlungsmethode nach Nr 13 der Anlage II zur Richtlinie Methoden vertragsärztlicher Versorgung ausgeschlossen sei. Dort würden zwar genannt: "Verfahren der refraktiven Augenchirurgie", es werde jedoch nicht ausdrücklich die CKT genannt und es sei nicht ersichtlich, dass der Gemeinsame Bundesausschuss diese Methode überprüft und abgelehnt habe. Es lägen auch bereits ausreichende Statistiken über die erfolgreiche Behandlung vor.

Zu diesem Vorbringen hat die Beklagte eine - wiederum nach Aktenlage erstellte - ausführliche Stellungnahme des MDK vom 09.12.2013 vorgelegt (Bl 33 bis 38 der SG-Akten). Darin führt Dr. A. ua aus, die CKT sei ein Einschnitt in des Patienten eigene Hornhaut mit Hilfe des Geführten Trepansystems. Hierbei werde die Hornhaut mit einem speziellen Saugring fixiert und die unregelmäßige Hornhautoberfläche innerhalb des Trepans gerundet und entsprechend der vorher gemessenen Hornhautdicke auf 90% der Tiefe genau trepaniert. Ziel des Verfahrens sei es, eine cirkuläre Narbe zu erzeugen, die wesentlich fester sei als das vom Keratokonus befallene Hornhautgewebe. Für diesen Eingriff finde sich keine EBM-Ziffer. Die Therapie des Keratokonus sei abhängig vom Stadium und der Ausprägung der Erkrankung. Bei etwa 20% der Patienten schreite die Erkrankung soweit fort, dass eine Hornhauttransplantation (perforierende Keratoplastik) erforderlich werde. Die perforierende Keratoplastik sei heute eine etablierte Operationsmethode mit hervorragender Prognose. Nach wie vor sei sie der Goldstandard in der Behandlung von weit fortgeschrittenem Keratokonus. Die australische Hornhautbank gebe ein Transplantatüberleben von 95% in fünf Jahren und von 89% in 10 Jahren an.

Mit Urteil vom 16.12.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Ein Anspruch auf Kostenerstattung für die CKT bestehe nicht. Es handele sich dabei um eine neue Behandlungsmethode, weil sie im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für Ärzte (EBM) nicht als abrechenbare Leistung enthalten sei. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) habe keine positive Empfehlung hinsichtlich des diagnostischen Nutzens abgegeben. Vielmehr habe er die CKT den Methoden zugeordnet, die nicht zu Lasten der Krankenkasse erbracht werden dürften, denn die Methode zähle zu den unter Nr 13 Anlage II der "Richtlinien Methoden vertragsärztliche Versorgung" genannten "Verfahren der refraktiven Augenchirurgie." Ob die Erkrankung des Klägers wertungsmäßig einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung vergleichbar sei, brauche die Kammer nicht zu entscheiden, weil mit der Hornhauttransplantation eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung zur Verfügung stehe. Das Urteil ist der Prozessbevollmächtigten des Klägers mittels Empfangsbekenntnis am 20.12.2013 zugestellt worden.

Am 20.01.2014 hat der Kläger Berufung eingelegt. Der Kläger ist weiterhin der Auffassung, dass die CKT keine Behandlungsmethode ist, die nach den Richtlinien des GBA von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen ist. Er weist jedoch vor allem darauf hin, dass sich der von ihm geltend gemachte Anspruch unter Berücksichtigung von § 2 Abs 1a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) ergibt. Der bei ihm bestehende Keratokonus sei wertungsmäßig mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung gleichzustellen, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung stehe. Zwar bestehe grundsätzlich die Möglichkeit einer Hornhauttransplantation. Dies sei jedoch keine tatsächliche Behandlungsalternative, weil mit ihr nicht das gleiche Ziel erreicht werde. Sofern etwa mit einer konventionellen Methode nur eine Symptomlinderung erreicht werden könne, während andere, nicht vom GBA anerkannte Methode Heilung verspreche, sei letztere zu leisten. Entsprechendes gelten, wenn die nicht anerkannte Methode mit erheblich geringeren Nebenwirkungen verbunden sei. Er können nicht auf eine Hornhauttransplantation als anerkannte Standardtherapie verwiesen werden. Im Rahmen dieser Methode kämen akute Abstoßungsreaktionen vor. Außerdem hätten Hornhauttransplantationen nur eine begrenzte Lebenszeit, sodass der Eingriff nach einigen Jahren wiederholt werden müsse. Dies sei ihm in seinem Alter nicht zumutbar. Außerdem sei nicht sichergestellt, dass im entscheidenden Moment eine Spenderhornhaut zur Verfügung stehe. Auch habe die Ethikkommission in M. die Durchführung der Femto-CKT genehmigt. Auch dies belege, dass das Verfahren sorgfältig geprüft worden sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16.12.2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.07.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger 1.990,39 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16.12.2013 zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das Urteil des SG sowohl im Ergebnis auch in Bezug auf die Begründung für zutreffend. Der pauschale Verweis des Klägers darauf, dass bei einer Operation Komplikationen auftreten können und das nicht mit Sicherheit gesagt werden kann, dass ggf keine Spenderhornhaut verfügbar sein könne, sei nicht ausreichend. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sei zudem ein Erstattungsanspruch. Die hypothetischen Ausführungen des Klägers zur Verfügung von Spendermaterial wären, wenn überhaupt, im Moment der erforderlichen Inanspruchnahme der Leistung zu prüfen. Das von Kläger erwähnte Verfahren der sog. Femto-CKT stehe als medizinisches Forschungsvorhaben in N.-W. unter einem berufsrechtlichen Genehmigungsvorbehalt. Die berufsrechtliche Genehmigung eines Forschungsvorhabens sei jedoch von den versorgungsrechtlichen Entscheidungen des GBA streng zu trennen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Prozessakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig.

Die Berufung ist gemäß § 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegt worden. Der Kläger verfolgt seinen Anspruch zu Recht mit einer Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG). Ein Kostenerstattungsanspruch hat stets die Zahlung eines bestimmten Geldbetrages zum Gegenstand und muss deshalb für die Zeit bis zur letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz beziffert werden (BSGE 83, 254, 263 = SozR 3-2500 § 37 Nr 1). Maßgebend ist dabei, ob die Kosten der Behandlung bereits abgerechnet wurden. Nur soweit Leistungen zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung bereits erbracht, aber noch nicht abgerechnet wurden, ist es prozessual zulässig, der Klage einen Anspruch auf Freistellung von den Kosten für die selbst beschaffte Behandlung zugrunde zu legen (BSG, 17.06.2010, B 3 KR 7/09 R, BSGE 106, 173). Vorliegend hat der Kläger die durch die vorgelegten Rechnungen nachgewiesenen Kosten von insgesamt 1.990,39 EUR bereits beglichen.

Die Berufung des Klägers ist unbegründet.

Das SG hat die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 12.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.07.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der durch die CKT entstandenen Kosten in Höhe von 1.990,39 EUR.

Als Rechtsgrundlage des geltend gemachten Erstattungsanspruchs kommt allein § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V in Betracht. Ein Anspruch nach dem mit Wirkung vom 27.02.2013 durch Art 2 Nr 1 des Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20.02.2013 (BGBl S 277) eingefügten Abs 3a dieser Vorschrift scheidet aus. In § 13 Abs 3a Satz 1 SGB V ist geregelt, dass die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen - wie hier - eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des MDK, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang entscheiden muss. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderlich Leistung selbst, ist die Krankenkasse nach § 13 Abs 3a Satz 6 SGB V zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die nach § 13 Abs 3a Satz 1 maßgebliche Frist ist hier eingehalten. Der Antrag ohne Kostenvoranschlag ging frühestens am 14.02.2013 und mit Kostenvoranschlag frühestens am 27.05.2013 bei der Beklagten ein und die Beklagte entschied hierüber mit Bescheid vom 12.06.2013. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob der vom behandelnden Arzt gestellte Antrag überhaupt dem Kläger zugerechnet werden kann bzw ob ein solcher Antrag die Fristen des § 13 Abs 3a Satz 1 SGB V in Gang setzen könnte. Ferner kann offen bleiben, ob der Anwendungsbereich des § 13 Abs 3a SGB V hier überhaupt eröffnet wäre.

Nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V hat die Krankenkasse dem Versicherten Kosten einer selbstbeschafften Leistung zu erstatten, die dadurch entstanden sind, dass sie eine unaufschiebbare Leistung entweder nicht rechtzeitig erbringen konnte (1. Alt) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, soweit die Leistung notwendig war (2. Alt). Mit dieser Regelung wird der Grundsatz des Sach- und Dienstleistungsanspruchs nach § 2 Abs 2 Satz 1 SGB V für die Fälle ergänzt, in denen die Krankenkasse eine geschuldete Leistung nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellen kann (BSG 02.11.2007, B 1 KR 14/07 R, BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15). Der Naturalleistungsanspruch des Versicherten wandelt sich um in einen Kostenerstattungsanspruch bzw soweit die Kosten tatsächlich noch nicht beglichen sind, in einen Anspruch des Versicherten auf Freistellung von den Kosten.

Eine unaufschiebbare Leistung im Sinne des § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V lag zur Überzeugung des Senats nicht vor. Eine Leistung ist nur dann unaufschiebbar, wenn die Leistung in einem bestimmten Zeitpunkt erbracht werden muss, damit der erstrebte Erfolg überhaupt noch erreicht werden kann oder der Versicherte erhebliche Schmerzen leidet. Aus medizinischer Sicht darf keine Möglichkeit eines nennenswerten Aufschubs bis zu einer Entscheidung der Krankenkasse mehr bestehen (BSG 25.09.2000, B 1 KR 5/99 R, juris; Wagner in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, Kommentar, Stand: Juli 2013, § 13 RdNr 26 ff). Die Augenoperation des Klägers war in diesem Sinne nicht unaufschiebbar. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die von der Beklagten als Standardtherapie angebotene Hornhauttransplantation nicht rechtzeitig hätte erbracht werden könne.

Auch die Voraussetzung des § 13 Abs 3 Satz 1 2. Alternative SGB V ist nicht erfüllt. Der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG 14.12.2006, B 1 KR 12/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 8; BSG 27.03.2007, B 1 KR 17/06 R, juris). Die streitgegenständliche CKT gehört indes nicht zu denen von der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringenden Leistungen.

Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Der beim Kläger bestehende Keratokonus ist eine behandlungsbedürftige Krankheit. Allerdings unterliegt der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V den sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er erfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Dies ist bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung nach § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V (ambulante Versorgung) nur dann der Fall, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 iVm § 135 Abs 1 SGB V wird nämlich nach der ständigen Rechtsprechung nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zulasten der Krankenkasse erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistung verbindlich festgelegt (BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12).

Die CKT stellt eine solche neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode dar. Ärztliche bzw ärztlich verordnete Behandlungsmethoden iS der gesetzlichen Krankenversicherung sind medizinische Vorgehensweisen, denen ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zu Grunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll. "Neu" ist eine Methode, wenn sie zum Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im EBM-Ä enthalten ist (BSG 27.09.2005, B 1 KR 28/03 R, juris). Die CKT ist nicht als abrechenbare Leistung im EBM enthalten und daher eine neue Behandlungsmethode. Eine positive Empfehlung des GBA zu dieser Methode liegt nicht vor. Wertet man diese Behandlungsmethode als Verfahren der refraktiven Augenchirurgie - was naheliegt, da mit der CKT Abbildungsfehler des menschlichen Auges chirurgisch korrigiert werden sollen - wäre sie sogar nach der Ziffer 13 der Anlage II der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung des GBA von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen (vgl hierzu bereits Urteil des Senats vom 16.12.2014, L 11 KR 2120/14, siehe zu diesen Verfahren die Bewertung refraktiv-chirurgischer Eingriffe - Stand Januar 2014 - durch die Kommission Refraktive Chirurgie des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschlands eV und der Deutschen Ophtalmologischen Gesellschaft). Der Senat lässt dies offen.

Es liegt auch kein Ausnahmefall vor, in dem es keiner Empfehlung des GBA bedarf. Ein sogenanntes Systemversagen unter dem Aspekt, dass der GBA zu der fraglichen Methode noch keine Empfehlung abgegeben hat und das vorgesehene Anerkennungsverfahren für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden trotz Anhaltspunkten für eine therapeutische Zweckmäßigkeit der Methode aus willkürlichen oder sachfremden Erwägungen heraus nicht oder nicht rechtzeitig durchgeführt wurde bzw eine Aktualisierung der Richtlinien unterblieben ist (BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12; BSG 10.05.2012, B 1 KR 78/11 B, SozR 4-2500 § 140f Nr 1), liegt nicht vor.

Der Kläger kann seinen Anspruch nicht auf den in Umsetzung der Rechtsprechung des BVerfG zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung (BVerfG 06.12.2005, 1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5; BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, SozR 4-2500 § 25 Nr 12) eingeführten § 2 Abs 1a SGB V stützen. Der Gesetzgeber hat den vom BVerfG formulierten Anforderungen an eine grundrechtsorientierte Auslegung der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung in Bezug auf neue Behandlungsmethoden im Fall einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen oder zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, mit dem am 01.01.2012 in Kraft getretenen § 2 Abs 1a SGB V (Gesetz vom 22.12.2011, BGBl I 2983) Rechnung getragen. Eine Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine neue ärztliche Behandlungsmethode sei ausgeschlossen, weil der GBA diese nicht anerkannt habe, verstößt dann gegen das Grundgesetz bzw § 2 Abs 1a SGB V, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder zumindest wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung vor (1.); bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung (2.) und bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte" nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf (3.).

Für die Feststellung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden oder zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung ist es nicht ausreichend, dass eine Krankheit unbehandelt zum Tode führt, weil dies auf nahezu jede schwere Erkrankung ohne therapeutische Einwirkung zutrifft. Gerechtfertigt ist eine verfassungskonforme Auslegung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen nur, wenn eine notstandsähnliche Situation im Sinne einer in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommenden Problematik vorliegt, wie sie für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist. Das bedeutet, dass nach den konkreten Umständen des Falles bereits drohen muss, dass sich der voraussichtlich tödliche Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird. Ähnliches gilt für den ggf gleichzustellenden, nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion (BSG 17.12.2013, B 1 KR 70/12 R, BSGE 115, 95). Ob es sich beim Keratokonus um eine Erkrankung handelt, die uU innerhalb weniger Wochen oder Monate zur Erblindung führen kann und ob der damit drohende Verlust eines wichtigen Sinnesorgans (Sehfähigkeit auf einem Auge) eine Erkrankung darstellt, die einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung wertungsmäßig vergleichbar ist, kann der Senat - wie es schon das SG getan hat - offen lassen.

Zur Behandlung der Erkrankung (im fortgeschrittenen Stadium) steht mit der Hornhauttransplantation eine wirksame und dem Kläger zumutbare medizinische Standardtherapie zur Verfügung. Die perforierende Keratoplastik ist eine etablierte Operationsmethode mit hervorragender Prognose. Nach wie vor ist sie der Goldstandard in der Behandlung von weit fortgeschrittenem Keratokonus. Dies entnimmt der Senat der ausführlichen Stellungnahme des MDK vom 09.12.2013. Der Senat kann diese Stellungnahme, die den Beteiligten bekannt ist, zur Grundlage seiner Entscheidung machen. Er ist der Ansicht, dass der MDK die für eine derartige Feststellung erforderliche Sachkunde besitzt. Ist der Keratokonus noch nicht sehr ausgeprägt, ist die Versorgung mit Brille und Kontaktlinse möglich. Dem Hinweis des Klägers im Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 19.02.2014, Bl 28 der LSG-Akte, wonach ein Verweis auf die Versorgung mit einer Brille oder Kontaktlinsen nicht ausreichend sei, kann nicht entnommen werden, dass - und ggfs weshalb - die Korrektur der Fehlsichtigkeit dadurch nicht möglich oder nicht zumutbar ist.

Von entscheidender Bedeutung ist ferner der Umstand, dass die CKT gar keine der Hornhauttransplantation vergleichbare Behandlungsmethode ist. Denn sie kann nur in einem frühen Stadium der Erkrankung eingesetzt werden in der Hoffnung, dadurch ein Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern. Auch nach einer CKT kann die Behandlung der Erkrankung mit einer perforierenden Keratoplastik notwendig werden. Dies ergibt sich bereits aus dem Schreiben des Dr. K. vom 14.05.2013. Nach einer CKT besteht aus seiner Sicht über einen Zeitraum von fünf Jahren in 90% der Fälle eine vollständige Stabilität der Erkrankung. In einem frühen Erkrankungsstadium kann jedoch eine Behandlung der Erkrankung durch eine Korrektur der Fehlsichtigkeit mittels einer Brille oder Kontaktlinse erfolgen. Ist also der Keratokonus so weit fortgeschritten, dass er wertungsmäßig einer lebensbedrohlichen Krankheit vergleichbar ist, steht die CKT als Behandlungsalternative zur Hornhauttransplantation gar nicht (mehr) zur Verfügung. Die pauschalen Hinweise auf Operationsrisiken gelten im Übrigen für alle Operationen, auch für die CKT. Soweit der Kläger auf die nach dem Berufsrecht erforderliche und erteilte Genehmigung der Ethikkommission Münster für das Femto-CKT verweist, belegt dies allenfalls, dass diese Methode im August 2013 noch kein medizinisch etabliertes Verfahren war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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