L 9 AS 2206/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AS 2718/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 2206/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 20. April 2015 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Eingliederungsvereinbarung.

Der am 1967 geborene, aus Algerien stammende Kläger, der seit 2009 auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, steht seit dem 01.01.2005 im Leistungsbezug bei dem Beklagten. Nachdem der Kläger im Rahmen einer persönlichen Vorsprache am 22.07.2014 nicht bereit gewesen war, eine Eingliederungsvereinbarung zu unterschreiben, erging am 22.07.2014 ein Eingliederungsverwaltungsakt für die Zeit vom 22.07.2014 bis 22.01.2015, in dem der Kläger u.a. verpflichtet wurde, sämtliche Änderungen in der persönlichen und finanziellen Situation umgehend mitzuteilen, unentgeltliche Probebeschäftigungen, ehrenamtliche Tätigkeiten, Minijobs und Nebenbeschäftigungen vor Antritt dem Jobcenter zu melden und dazugehörige Unterlagen einzureichen, im Falle einer Krankheit innerhalb von drei Tagen eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen, stationäre Aufnahmen in Kliniken und sonstigen Einrichtungen umgehend anzuzeigen, Urlaub bzw. Ortsabwesenheit vorher mit dem zuständigen Ansprechpartner im Jobcenter abzusprechen. In der Rechtsfolgenbelehrung wurde der Kläger darüber informiert, dass bei Verstoß das Alg II um einen Betrag in Höhe von 30 Prozent gemindert werde. Der Beklagte verpflichtete sich zur Unterstützung bei der Arbeits- und Ausbildungssuche in Form von möglichen Maßnahmen nach § 16 Abs. 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), der Übernahme von Bewerbungskosten, Fahrtkosten usw.

Gleichlautende Eingliederungsverwaltungsakte waren bereits am 12.07.2012, 09.01.2013 und 12.07.2013 ergangen (Widerspruchsbescheide vom 26.09.2012, 05.02.2013 und 12.08.2013). Die hiergegen gerichteten Klagen blieben erfolglos, da das Sozialgericht (SG) Konstanz jeweils von einer Erledigung durch Zeitablauf ausging (S 5 AS 2609/12; S 5 AS 578/13; S 5 AS 2212/13). Auch unter dem 14.01.2014 erging ein gleichlautender Eingliederungsverwaltungsakt (Widerspruchsbescheid am 26.02.2014, Klageabweisung durch Gerichtsbescheid des SG Konstanz vom 15.01.2014, S 5 AS 932/14, s. LSG Baden-Württemberg (LSG), Urteil vom 14.07.2015 - L 9 AS 609/15 -).

Den gegen den Eingliederungsverwaltungsakt vom 22.07.2014 eingelegten Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.10.2014 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 27.10.2014 Klage vor dem Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben, die mit Gerichtsbescheid vom 20.04.2015 abgewiesen worden ist. Dieser Gerichtsbescheid ist dem Kläger ausweislich der Zustellungsurkunde am 22.04.2015 durch Einlegung in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung zugestellt worden.

Am 26.05.2015 hat der Kläger hiergegen per Telefax Berufung beim LSG eingelegt.

Der Kläger beantragt sachdienlich gefasst,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 20. April 2015 aufzuheben und festzustellen, dass der Eingliederungsverwaltungsakt vom 22. Juli 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Oktober 2014 rechtswidrig gewesen ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die ergangene Entscheidung des SG sei zutreffend. Der Beklagte sei durch Weisung der Bun-desagentur für Arbeit gehalten, Eingliederungsvereinbarungen mit den Leistungsempfängern zu schließen bzw. diese durch Verwaltungsakt zu ersetzen. Dies gelte auch für Eingliederungsverwaltungsakte des Inhalts, wie sie gegenüber dem Kläger erlassen würden. Der Beklagte habe die vollständigen Verwaltungsakten, einschließlich des Leistungs- und Vermittlungsteils, zur Gewährung von Akteneinsicht vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten der ersten und zweiten Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist unzulässig, da sie nicht innerhalb der Berufungsfrist (§ 151 Abs. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegt worden ist. Gründe, dem Kläger gemäß § 67 SGG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, liegen nicht vor. Die Berufung ist daher als unzulässig zu verwerfen (§ 158 Satz 1 SGG).

Nach § 158 Satz 1 SGG ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Frist oder nicht schriftlich oder nicht in elektronischer Form oder nicht zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt worden ist.

Gemäß § 143, § 105 Abs. 1 Satz 3 SGG findet gegen Gerichtsbescheide der Sozialgerichte die Berufung statt. Diese ist beim Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen (§ 151 Abs. 1 SGG). Gemäß § 151 Abs. 2 SGG ist die Berufungsfrist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.

Diese Frist ist hier versäumt. Nach § 63 Abs. 2 SGG wird von Amts wegen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) zugestellt. Der Gerichtsbescheid des SG ist dem Kläger am 22.04.2015 mit zutreffender Rechtsmittelbelehrung (§ 66 SGG) mittels Ersatzzustellung (§ 63 Abs. 2 Satz 1 SGG i.V.m. § 180 ZPO) wirksam zugestellt worden. Diese Ersatzzustellung war zulässig, da eine Aushändigung des Gerichtsbescheides an den Kläger persönlich nicht möglich war und eine Ersatzzustellung in der Wohnung bzw. in einem Geschäftsraum gem. § 178 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 ebenfalls nicht erfolgen konnte. Nach § 64 Abs. 1 SGG beginnt der Lauf einer Frist, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit dem Tage nach der Zustellung. Gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 SGG endet eine nach Monaten bestimmte Frist mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages (§ 64 Abs. 3 SGG). Damit hat vorliegend die einmonatige Berufungsfrist am 23.04.2015 zu laufen begonnen und ist am 22.05.2015 (Freitag) um 24.00 Uhr abgelaufen. Die erst am 26.05.2015 beim LSG eingelegte Berufung ist somit verspätet. Dem Kläger ist auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Gemäß § 67 Abs. 1 SGG ist demjenigen, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Antrag ist gemäß § 67 Abs. 2 Satz 1 SGG binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden (Satz 2). Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen (Satz 3). Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden (Satz 4). Vorliegend hat der Kläger weder einen Wiedereinsetzungsgrund geltend gemacht, noch ist ein solcher offenkundig. Insbesondere beruht die verspätete Berufungseinlegung nicht auf einer verzögerten Postlaufzeit, denn der Kläger hat sein Berufungsschreiben an das LSG gefaxt.

Die Berufung war somit gemäß § 158 SGG als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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