Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 1211/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 2631/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 05.06.2013 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Erstattung der Kosten für selbst beschaffte Hörgeräte.
Die 1973 geborene Klägerin ist bei der Beigeladenen kranken- und bei der Beklagten rentenversichert. Bei ihr besteht von Geburt an eine - mit Hörgeräten versorgte - hochgradige, an Taubheit grenzende Schallempfindungsstörung auf beiden Ohren. Deswegen ist ihr ein GdB von 100 mit dem Merkzeichen RF zuerkannt. Von November 1992 bis November 1993 absolvierte die Klägerin eine Ausbildung zur Datentypistin. Im Anschluss daran war sie zunächst als Büroangestellte in einer Arztpraxis beschäftigt. Seit April 1994 übt sie eine vollschichtige versicherungspflichtige Beschäftigung als kaufmännische Angestellte in der Debitorenbuchhaltung eines Unternehmens aus.
Am 10.07.2008 stellte die Klägerin bei der Agentur für Arbeit H. einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben; sie begehrte die Versorgung mit leistungsfähigeren (digitalen) Hörgeräten. Hierzu gab sie an, ihre Tätigkeit als kaufmännische Angestellte (Buchhaltung, Datenverarbeitung im Office-Bereich, auch in Teamarbeit) erfordere u.a. häufige Kommunikation mit anderen Menschen, was mit dem derzeitigen Hörgerät nur beschränkt möglich sei, zumal sie in einem Großraumbüro arbeite mit Lärmbeeinträchtigungen durch Umgebungsgeräusche. Die Hörgeräte, mit denen sie versorgt sei, verstärkten auch unwichtige Nebengeräusche, wodurch Sprache überlagert und die Kommunikation mit Arbeitskollegen erschwert werde. Die neuen Hörgeräte, deren Gewährung beantragt werde (Phonak Naida V UP rechts und links mit Spezialohrpassstücken zu insgesamt 4.188,00 EUR - Kostenvoranschlag der Fa. G.), dämpfe erstmals störende Nebengeräusche und gebe Sprache deutlich wieder. Dadurch würden die Folgen ihrer Behinderung weiter gemildert und die Teilhabe am Arbeitsleben dauerhaft gesichert. Die Klägerin legte außerdem das Attest des HNO-Arztes Dr. G. vom 24.06.2008 vor. Darin ist ausgeführt, zur Erhaltung der Kommunikationsfähigkeit und der akustischen Orientierung der voll berufstätigen Klägerin sei unter medizinischem Aspekt eine bestmögliche Hörgeräteversorgung dringend angezeigt.
Mit Schreiben vom 02.07.2008 leitete die Agentur für Arbeit H. den Antrag der Klägerin an die Beklagte (deren Rechtsvorgängerin) weiter. Die Zuständigkeitsprüfung nach Maßgabe des § 14 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) habe ergeben, dass die Beklagte zuständiger Rehabilitationsträger sei.
Die beratende Ärztin der Beklagten Dr. N. führte unter dem 16.09.2008 aus, ein höherwertiges Hörgerät bzw. eine höherwertige Hörhilfe sei nicht wegen besonderer beruflicher Anforderungen an das Hörvermögen im Berufsbild, aber für jedwede berufliche Tätigkeit und außerdem in allen Lebensbereichen erforderlich.
Mit Bescheid vom 08.10.2008 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 02.09.2009 zurück. Zur Begründung führte sie aus, gem. § 33 Abs. 8 Nr. 4 SGB IX umfassten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auch sonstige Hilfen der Arbeits- und Berufsförderung, um eine angemessene Erwerbs- oder Berufstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Das Hilfsmittel müsse ausschließlich zur Ausübung eines bestimmten Berufes oder zur Teilnahme an einer bestimmten beruflich vorbereitenden Maßnahme notwendig sein. Das sei hier nicht der Fall. Der Versorgungsbedarf bestehe sowohl im privaten wie im beruflichen Bereich. Damit werde ein von der gesetzlichen Krankenversicherung gem. § 33 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zu gewährendes Hilfsmittel begehrt. Klage wurde dagegen nicht erhoben.
Unter dem 15.07.2010 verordnete der HNO-Arzt Dr. H. der Klägerin neue Hörgeräte. Ihre Hörgeräte seien veraltet. Zur Erhaltung der Kommunikationsfähigkeit und der akustischen Orientierung der voll berufstätigen Klägerin sei unter medizinischem Aspekt eine bestmögliche Hörgeräteversorgung dringend angezeigt. Die Neuversorgung sei erforderlich, da die alten Geräte nicht mehr für den Gebrauch taugten.
Die Klägerin führte bei einem Hörgeräteakustiker eine vergleichende Hörgeräteanpassung unter Erprobung unterschiedlicher Hörgeräte durch. Im Anpassbericht der Firma L. Hörgeräte vom 15.07.2010 ist hierzu festgehalten:
Hörgerät Sprachverstehen Verständlichkeit bei Freifeldmessung 65dB im Störgeräusch 60 dB Naida IX UP 70 % 30 % Phonak Naida V UP 60 % 10 % Widex Bravo 2 b32 55 % 0 % Hansaton BASE HighPower 50 % 0 %
Zur Versorgung der Klägerin wurden die Hörgeräte Phonak Naida IX UP ausgewählt. Die Gesamtkosten betrugen nach dem Kostenvoranschlag der Firma L. Hörgeräte vom 15.07.2010 insgesamt 5.830,00 EUR (2 Hörgeräte zu je 2.825,00 EUR zzgl. Ohrpasstücke von jeweils insgesamt 90.00 EUR).
Am 20.07.2010 beantragte die Klägerin bei der Beigeladenen die Übernahme der Kosten für die Hörgeräte Phonak Naida IX UP. Sie legte das Attest und die Hörgeräteverordnung des Dr. H. vom 15.07.2010 und den Kostenvoranschlag der Firma L. Hörgeräte vom 15.07.2010 vor.
Mit Schreiben vom 29.07.2010 leitete die Beigeladene den Antrag der Klägerin an die Beklagte weiter; das Schreiben ging bei der Beklagten am 02.08.2010 ein. Die Beigeladene führte aus, die Prüfung nach Maßgabe des § 14 Abs. 1 SGB IX habe ergeben, dass die Beklagte zuständiger Rehabilitationsträger (hinsichtlich etwaiger Mehrkosten der Hörgeräteversorgung) sei, weil die Klägerin die Hörgeräte auch aus beruflichen Gründen benötige. Die Firma L. Hörgeräte sei vertraglicher Leistungserbringer. Nach Vorlage einer Versorgungsanzeige könne sie eine beidohrige Hörgeräteversorgung in Höhe der gültigen Vertragspreise (Festbetrag) von (jeweils) 1.212,80 EUR genehmigen.
Mit Schreiben (ebenfalls) vom 29.07.2010 teilte die Beigeladene der Klägerin die Weiterleitung des Antrags an die Beklagte sowie ihre Bereitschaft zur Übernahme von Kosten (Festbeträge) in Höhe von (jeweils) 1.212,80 EUR mit. Die Kläger erhob deswegen Widerspruch - sie wende sich dagegen, dass die Beigeladene offenbar nur einen Teilbetrag der Kosten für die Hörgeräteversorgung übernehmen wolle - und außerdem Klage beim Sozialgericht Heilbronn (Verfahren S 8 KR 4380/10): die Klage wurde am 09.02.2011 wieder zurückgenommen.
Am 10.09.2010 stellte die Klägerin bei der Beklagten (selbst) einen Antrag auf Teilhabeleistungen; Festbetragshörgeräte könnten die bei ihr erforderliche Hörleistung nicht erbringen.
Mit Bescheid vom 20.09.2010 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Eine höherwertige Hörhilfe sei für jedwede berufliche Tätigkeit und auch in allen Lebensbereichen erforderlich.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug die Klägerin vor, die begehrten leistungsfähigeren Hörgeräte böten nach dem Stand der Technik die beste Möglichkeit zur Angleichung ihres verbliebenen Hörvermögens an das Hörvermögen gesunder Menschen. Mit leistungsschwächeren Festbetragshörgeräten könne sie ein fast normales Hörvermögen nicht erreichen. Sie arbeite in einem Großraumbüro mit erheblicher Geräuschkulisse. Mit Festbetragshörgeräten könne sie Arbeitsanweisungen nicht verstehen und nicht mit Kunden oder Kollegen kommunizieren. Dazu sei sie nur mit den begehrten technisch leistungsfähigeren Hörgeräten (in Kombination mit Lippenlesen) imstande. Außerdem komme es mit den Festbetragshörgeräten zu Gleichgewichtsstörungen und Schwindelzuständen, ähnlich dem Zustand ohne Hörgeräte. Ihre Hörgeräte müssten immer auf Höchststufe eingestellt sein, was bei Festbetragshörgeräten zu schädlichen Rückkoppelungen führe.
Mit Rechnung vom 11.10.2010 stellte die Firma L. Hörgeräte der Klägerin für zwei Hörgeräte Phonak Naida IX UP Kosten in Höhe von 5.650,00 EUR in Rechnung; die Klägerin hat die Rechnung beglichen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.03.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Hörgeräte stellten von der Beigeladenen zu gewährende Hilfsmittel nach § 33 SGB V dar, da sie nicht ausschließlich der Ausübung eines Berufs mit speziellen Anforderungen an das Hörvermögen dienten, sondern für jeden Bereich des täglichen Lebens und für jedwede Form der Berufsausübung, wie die Tätigkeit der Klägerin als Büroangestellte in einem Großraumbüro, erforderlich seien.
Am 31.03.2011 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Heilbronn. Sie trug vor, die Versorgung mit Festbetragshörgeräten sei unzureichend, zumal ihre Schwerhörigkeit fortschreite und ihr Hörvermögen sich weiter verschlechtere. Sie arbeite in einem Großraumbüro mit 13 Arbeitskollegen und mit einer entsprechenden, zusätzlich durch eine Lüftungs- und Klimaanlage verstärkten Geräuschkulisse. In dem Großraumbüro würden die Buchhaltung und der Kundenservice sowie die Mandantenbetreuung erledigt. Sie erfasse Zahlungsströme, bearbeite die Abstimmung mit Banken und Tages- und Monatsabschlüsse, außerdem Reklamationen und die Kreditkartenabwicklung. Dafür sei die Kommunikation mit den Kunden notwendig. Sie betreue zusätzlich 10 größere Firmenkunden, für die sie - auch telefonisch - der erste Ansprechpartner sei. Ohne die verordneten leistungsfähigeren Hörgeräte könne sie diese Arbeit nicht fortführen (vgl. auch das Schreiben des Arbeitgebers der Klägerin vom 05.06.2012). Schließlich müsse sie an Teambesprechungen teilnehmen. Die leistungsfähigeren Hörgeräte könnten störende Nebengeräusche fast vollständig ausblenden und so das gesprochene Wort deutlich wiedergeben. Mit Festbetragshörgeräten könne sie demgegenüber nicht ausreichend hören, höre mit diesen vielmehr so gut wie nicht. Mit der Weiterleitung des bei der Beigeladenen gestellten Leistungsantrags an die Beklagte sei diese für die Leistungsgewährung zuständig geworden und müsse den Leistungsantrag auch nach dem Leistungsrecht anderer Leistungsträger, wie dem Krankenversicherungsrecht, prüfen.
Gem. §§ 33 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 6, Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 SGB IX i. V. m. § 16 SGB Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) müsse die Beklagte die Kosten für die digitalen Hörgeräte als Rehabilitationsleistung tragen. Es komme nicht darauf an, ob das - auch der medizinischen Rehabilitation durch die Beigeladene dienende - Hilfsmittel ausschließlich zur Berufsausübung erforderlich sei. Maßgeblich seien die Anforderungen des konkreten Arbeitsumfeldes und der konkreten Arbeitstätigkeit. Als Anspruchsgrundlage komme auch § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB VI i. V. m. § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX in Betracht. Sollte das Krankenversicherungsrecht einschlägig sein, wäre ihr Leistungsanspruch nicht auf die Gewährung von Festbetragshörgeräten beschränkt, da sie die leistungsstärkeren (digitalen) Hörgeräte benötige, um überhaupt kommunikationsfähig zu bleiben und den Anforderungen des Alltagslebens gewachsen zu sein. Da der unmittelbare Behinderungsausgleich in Rede stehe, habe sie Anspruch auf Hörgeräte, die die bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen gesunder Menschen ermöglichten.
Für die Anwendung des SGB IX, namentlich des § 14 SGB IX, sei nicht erforderlich, dass es sich bei der begehrten Leistung um eine Teilhabeleistung im engeren Sinne handele. Sei die Zuständigkeit des Leistungsträgers durch Weiterleitung eines Antrags auf Teilhabeleistungen gem. § 14 SGB IX begründet worden, sei dieser ggf. verpflichtet, nunmehr auch gänzlich zuständigkeitsfremde Leistungen, wie Hörhilfen als Hilfsmittel des Krankenversicherungsrechts, zu erbringen. Festbetragshörgeräte genügten für den unmittelbaren Ausgleich der bei ihr vorliegenden, an Taubheit grenzenden Hörbehinderung nicht, weshalb die Leistung nicht auf den Festbetrag begrenzt werden dürfe (BSG, Urt. v. 17.12.2009, - B 3 KR 20/08 R -). Sie habe nach Ablehnung des Leistungsantrags die neuen Hörgeräte selbst beschaffen müssen, da die alten Hörgeräte irreparabel defekt gewesen seien. Die Beklagte müsse ihr die hierfür aufgewandten Kosten (gem. § 15 Abs. 2 Satz 4 SGB IX, ggf. in entsprechender Anwendung) erstatten.
Die Beklagte trug vor, da die Hörgeräteversorgung für jedwede und nicht für eine bestimmte Berufstätigkeit der Klägerin erforderlich sei, sei die Beigeladene für die Hilfsmittelversorgung der Klägerin zuständig (vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 15.06.2005, - L 4 KR 147/03 - und SG Dresden, Urt. v. 02.06.2005, - S 18 KR 210/02 -). Die Notwendigkeit einer über den Basisausgleich der Behinderung durch Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung hinausgehenden höherwertigen Hörgeräteversorgung für die Ausübung eines bestimmten Berufs könne nicht festgestellt werden. Die Tätigkeit der Klägerin als Debitorenbuchhalterin stelle (anders als etwa die Tätigkeit des Klavierstimmers oder Berufsmusikers) keine besonderen Anforderungen an das Hörvermögen (vgl. BSG, Urt. v. 17.12.2009, - B 3 KR 20/08 R -). Gespräche unter Störlärm müssten in fast allen Berufen geführt werden.
Die Anwendung des § 14 SGB IX und damit auch die Weiterleitung eines Leistungsantrags an einen anderen Leistungsträger setze voraus, dass es sich bei der beantragten Leistung - hier bei den begehrten Hörgeräten - um eine Teilhabeleistung i. S. d. SGB IX handele bzw. eine entsprechende Bedarfslage vorliege, die einem Leistungsträger in seiner Eigenschaft als Rehabilitationsträger nach §§ 5, 6 SGB IX zugeordnet werden könne. Werde nämlich eine Leistung beantragt, die nach ihrer Eigenart offensichtlich eine Rehabilitations- oder Teilhabeleistung nach dem SGB IX nicht darstelle - wie bestimmte Hilfsmittel, die nicht einen ausschließlich berufsbedingten Bedarf abdeckten - könne auch ein anderer Leistungsträger nach § 6 SGB IX nicht leistungsverpflichtet sein. Dann komme auch die Weiterleitung des Leistungsantrags nach § 14 SGB IX nicht in Betracht (vgl. dazu auch LSG Berlin-Brandenburg, - Urt. v. 24.02.2011, - L 8 R 176/10 -). Insofern wäre im Verhältnis zur Krankenversicherung danach zu unterscheiden, ob die Leistung im Sinne der Rehabilitation und Teilhabe (§§ 26, 33 SGB IX) oder als medizinische Leistung der Krankenbehandlung (§§ 27, 33 SGB V) und damit ohne Bezug zu den Leistungsvoraussetzungen des SGB IX zu erbringen sei. Krankenbehandlung und Hilfsmittel, wie sie die gesetzliche Krankenversicherung ausschließlich im Rahmen der Regelungen zur Krankenversorgung nach dem SGB V erbringe, folgten nicht einem Rehabilitationsbedarf i. S. d. SGB IX, weshalb auch die Regelungen in § 14 SGB IX zur Zuständigkeitserklärung und ihre Rechtsfolgen nicht relevant seien. Das spezielle Hilfsmittel "Hörhilfe" gewährten die Krankenkassen zur Krankenbehandlung i. S. d. §§ 11 Abs. 1 Nr. 4, 27 Abs. 1 Nr. 3 und 33 Abs. 1 SGB V und nicht als Leistung zur Rehabilitation und Teilhabe i. S. d SGB IX. Daher sei die Krankenkasse für solche Leistungen auch nicht Rehabilitationsträger nach §§ 6, 14 SGB IX, sondern Träger der Krankenversorgung.
Ein höherwertiger (den Festbetrag übersteigender) Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen bestehe zu Lasten der Krankenversicherung, wenn für den Behinderungsausgleich der jeweilige Festbetrag nicht ausreiche (BSG, Urt. v. 23.03.2003, - B 3 KR 71/02 R -). Das sei dann aber nicht Rehabilitation, sondern Krankenversorgung. Wenn die Krankenkasse mit Leistungserbringern Verträge über die Versorgung ihrer Mitglieder mit Hörhilfen abschließe, die teils mit, teils ohne Eigenanteil umgesetzt würden, dürfe dies nicht zu Lasten anderer Leistungsträger gehen, da es sonst zu nicht beeinflussbaren Kostenverschiebungen käme. Die Krankenkasse sei verpflichtet, die Hilfsmittelversorgung so umfassend zu gewährleisten, dass weitere Leistungen anderer Leistungsträger nicht erforderlich würden. Ihre Rechtsauffassung zur Anwendung des § 14 SGB IX werde vom LSG Berlin-Brandenburg (Urt. v. 24.02.2011, - L 8 R 176/10 -) geteilt.
Die Beigeladene trug vor, die Klägerin habe die höherwertige (den Festbetrag übersteigende) Hörgeräteversorgung mit beruflichen Anforderungen begründet. Deshalb habe sie den Leistungsantrag gem. § 14 SGB IX an die aus ihrer Sicht zuständige Beklagte weitergeleitet; die in diesem Zusammenhang erhobene Klage (Verfahren S 8 KR 4380/10) habe die Klägerin wieder zurückgenommen. Ob eine Versorgung nach Maßgabe des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen zwischen der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker und dem VdAK (jetzt Verband der Ersatzkassen VdEK) hätte erfolgen können, sei nicht geklärt worden, weil sich die Klägerin für ein höherwertiges Hörgerät entschieden und eine weitere Anpassung mit zuzahlungsfreien Festbetragsgeräten nicht gewünscht habe. Deshalb lägen entsprechende Vergleichsanpassungen auch nicht vor. Ob die Versorgung mit einem Festbetragsgerät ausgereicht hätte oder aufgrund des Arbeitsplatzes der Klägerin ein höherwertiges Hörgerät notwendig sei, möge ggf. durch ein Sachverständigengutachten geklärt werden.
Die Klägerin wandte ein, der Hörgeräteakustiker habe ihr andere preiswertere Hörgeräte mit gleichwertigem Hörergebnis nicht angeboten. Die von ihr angeschafften (höherwertigen) Hörgeräte seien die einzigen Hörhilfen, die ihre Behinderung (unmittelbar) ausgleichen könnten. Andere dafür technisch ausreichende Hörgeräte gebe es nicht. Das gelte sowohl für den beruflichen wie für den privaten Bereich. Sie sei daher nicht nur im Beruf, sondern auch im Alltagsleben auf die höherwertigen Hörgeräte angewiesen.
Das Sozialgericht befragte die Firma L. Hörgeräte und den behandelnden HNO-Arzt der Klägerin Dr. H ...
Die Firma L. Hörgeräte teilte unter dem 13.12.2011 mit, in der Testphase habe man der Klägerin vier verschiedene Hörsysteme in unterschiedlichen Ausstattungsklassen angepasst, darunter zwei Festbetragsgeräte (ohne Zuzahlung - Widex Bravo b32 und Hansaton Base HP). Die zuzahlungsfreien Hörsysteme verfügten über eine digitale Signalverarbeitung in zwei Kanälen. Ein gutes Sprachverstehen sei damit vor allem in ruhiger Umgebung gewährleistet. Das von der Klägerin erworbene System habe demgegenüber eine digitale Signalverarbeitung in 20 Kanälen. Es sei zudem mit weiteren Ausstattungsmerkmalen, wie dem Echo-Block-System, Noise-Block-System, Sound-Flow-System, Voice-Zoom-System und Real-Ear-Sound versehen, die das Verstehen in schwierigen Situationen erleichtern sollten. Bei der normalen Freifeldmessung rechtfertige der Verstehensgewinn des Naida IX-Geräts gegenüber den zuzahlungsfreien Geräten nicht dessen Notwendigkeit. Die technischen Mehrausstattungsmerkmale des Naida IX-Geräts verbesserten jedoch das Sprachverstehen vor allem in geräuschvoller Umgebung. Aufgrund der (geringen) Resthörigkeit der Klägerin sei der tatsächliche Nutzen an deren subjektivem Empfinden festzumachen und messtechnisch nicht eindeutig belegbar. Die Klägerin habe ausdrücklich gewünscht, die neuesten und technologisch fortschrittlichsten Systeme zu testen. Dennoch habe man im Hinblick auf die vertragliche Vereinbarung mit den Krankenkassen zwei zuzahlungsfreie Systeme erprobt.
Der HNO-Arzt Dr. H. gab im Bericht vom 28.11.2011 an, die Klägerin leide an einer angeborenen ausgeprägten Schwerhörigkeit beidseits. Es bestehe seit Geburt eine hochgradige, an Taubheit grenzende Schallempfindungsstörung auf beiden Ohren. Um die Kommunikationsfähigkeit und akustische Orientierung der voll berufstätigen Klägerin zu erhalten, sei unter medizinischem Aspekt die angestrebte Versorgung mit entsprechenden Hochleistungshörgeräten (z.B. Naida IX UP) dringend erforderlich. Zuzahlungsfreie Hörgeräte seien technisch nicht in der Lage, den ausgeprägten Hörverlust in der erforderlichen Weise auszugleichen.
Mit Gerichtsbescheid vom 05.06.2013 verurteilte das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 20.09.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.03.2011, der Klägerin 5.650,00 EUR zu zahlen. Zur Begründung führte es aus, die Klägerin könne Kostenerstattung gem. § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX (in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung - dazu: BSG; Urt. v. 20.10.2009, - B 5 R 5/07 R - bzw. Urt. v. 21.08.2008, - B 13 R 33/07 R -) verlangen. Die Beklagte sei als zweitangegangener Leistungsträger gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX zuständig geworden und auch geblieben und habe die beantragte Leistung zu Unrecht abgelehnt.
Zuständiger Rehabilitationsträger i. S. d. § 15 Abs. 1 SGB IX sei der nach § 14 SGB IX verantwortliche Rehabilitationsträger (BSG, Urt. v. 20.10.2009, - B 5 R 5/07 R -). Der Rehabilitationsträger, an den der erstangegangene Rehabilitationsträger den Leistungsantrag weitergeleitet habe, habe den Rehabilitationsbedarf festzustellen und er sei gegenüber dem Antragsteller zuständig. Ein Weiterleitungsrecht habe er nicht, selbst wenn er nach den Leistungsgesetzen eigentlich nicht zuständig sei (vgl. LSG Sachsen, Urt. v. 23.08.2011, - L 5 R 766/10 -). Die Beigeladene habe den Leistungsantrag der Klägerin an die Beklagte weitergeleitet, so dass diese gegenüber der Klägerin zur Leistungsgewährung umfassend zuständig geworden sei. Sie müsse den Leistungsanspruch anhand aller Rechtsgrundlagen prüfen, die in der konkreten Bedarfssituation für Rehabilitationsträger vorgesehen seien (BSG, Urt. v. 20.10.2009, - B 1 KR 5/07 R -; Urt. v. 21.08.2008, - B 13 R 33/07 R -; Urt. v. 26.06.2007, - B 1 KR 34/06 R -). Das gelte nach der Rechtsprechung des BSG unabhängig davon, ob die Beklagte als Rentenversicherungsträger eigentlich (nur oder auch) zur Leistungserbringung zuständig sei. Sei der zweitangegangene Leistungsträger für eine Leistung der beantragten Art gar nicht zuständig, habe er die Leistung dem Antragsteller gegenüber nach den Vorschriften des eigentlich zuständigen Leistungsträgers zu erbringen und gegebenenfalls einen Erstattungsanspruch gegen diesen geltend zu machen (BSG, a. a. O.). Die Auffassung der Beklagten, die nach § 14 SGB IX begründete Zuständigkeit erstrecke sich nur auf Teilhabeleistungen (im eigentlichen Sinne) und sie könne deswegen nicht verpflichtet sein, gänzlich zuständigkeitsfremde Leistungen, wie Hörhilfen als Krankenbehandlung nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung, zu erbringen, stehe in Widerspruch zur Rechtsprechung des BSG und treffe nicht zu. Das gelte auch dann, wenn die Versorgung mit Hörhilfen nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung keine Leistung der medizinischen Rehabilitation sei (so BSG, Urt. v. 21.08.2008, - B 13 R 33/07 R -; im Ergebnis ebenso BSG, Urt. v. 20.10.2009, - B 5 R 5/07 R -).
Die Klägerin könne die höherwertigen Hörgeräte bzw. die Erstattung der Kosten für deren (Selbst-)Beschaffung weder nach dem Leistungsrecht des Rentenversicherungsträgers noch nach dem Leistungsrecht der Arbeitsverwaltung, jedoch nach dem Leistungsrecht der Krankenversicherung beanspruchen. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben seien gegenüber den Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nachrangig (§ 33 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 SGB IX; BSG, Urt. v. 21.08.2008, - B 13 R 33/07 R -). Leistungen der medizinischen Rehabilitation durch den Rentenversicherungsträger (§§ 15 Abs. 1 SGB VI, 26 Abs. 2 Nr. 6, 31 Abs. 1 SGB IX) kämen ebenfalls nicht in Betracht. Die Abgrenzung der Zuständigkeit von Kranken- und Rentenversicherung richte sich danach, ob das Hilfsmittel dem medizinischen Ausgleich der Behinderung diene (dann Zuständigkeit der Krankenversicherung) oder ob es ausschließlich für Verrichtungen bei bestimmten Berufen oder Berufsausbildungen benötigt werde (LSG Bayern, Urt. v. 27.11.2012, - L 13 R 661/10 -). Die Klägerin benötige die Hörgeräte zum Behinderungsausgleich, nicht jedoch für die Ausübung eines speziellen Berufs, sondern allgemein für jedwede Berufstätigkeit und insbesondere für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
Bei der Beschaffung der Hörgeräte habe die Klägerin den vorgeschriebenen Beschaffungsweg eingehalten und sich mit ihrem Leistungsbegehren zuvor an die Beigeladene gewandt und außerdem die Ablehnungsentscheidung der Beklagten (Bescheid vom 20.09.2010) abgewartet. Die Klägerin könne die Gewährung der Hörgeräte als Sachleistung der Krankenversicherung gem. § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V beanspruchen. Die Hörgeräte dienten dem unmittelbaren Behinderungsausgleich, für den das Gebot des möglichst weitgehenden Ausgleichs der Behinderung im Sinne eines Gleichziehens mit den Fähigkeiten gesunder Menschen gelte (vgl. etwa BSG, Urt. v. 17.12.2009, - B 3 KR 20/08 R -; Urt. v. 18.05.2011, - B 4 KR 12/10 R -). Die an einer hochgradigen und an Taubheit grenzenden Schallempfindungsstörung beider Ohren leidende Klägerin sei in diesem Sinne auf die Hörgeräte angewiesen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs. 1 SGB V) sei gewahrt. Mit den von der Klägerin beschafften Hörgeräten werde ein Sprachverstehen von 70 % erreicht. Alle anderen (erprobten) Hörgeräte blieben in der Leistungsfähigkeit dahinter zurück; mit den Festbetragsgeräten habe die Klägerin gar nichts verstehen können. Das gehe aus dem Anpassbericht der Firma L. Hörgeräte vom 15.07.2010 und deren Auskunft vom 19.12.2011 sowie aus den Angaben des behandelnden HNO-Arztes der Klägerin Dr. H. hervor; hierüber bestehe unter den Beteiligten auch kein Streit.
Auf den ihr am 14.06.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 26.06.2013 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, unklar sei, weshalb im Jahr 2010 ein Versorgungsbedarf entstanden sei, nachdem die Klägerin bereits im Jahr 2008 hochwertige Hörgeräte angeschafft habe. Die rein formale Bewertung der Kostenleistungspflicht nach der Zuständigkeitsnorm für die Sachentscheidung, also die Grundlage der erstinstanzlichen Verurteilung, übersehe, dass eine Sachentscheidung auch eine ablehnende Entscheidung beinhalten könne und sie in diesem Sinne ihre Pflichten aus § 14 SGB IX erfüllt habe. Sowohl sie wie auch die Beigeladene hätten eine Ablehnungsentscheidung getroffen hinsichtlich der den Festbetrag übersteigenden Kosten. Da § 14 SGB IX keine Möglichkeit gebe, die Entscheidung des anderen (den Antrag weiterleitenden) Leistungsträgers zu überprüfen bzw. abzuändern, könne sie die (implizit getroffene) Ablehnungsentscheidung der Beigeladenen (bezogen auf die den Festbetrag übersteigenden Kosten) nur (ungeprüft) übernehmen. § 14 SGB IX sei daher nicht geeignet, das vollständige Begehren der Klägerin zu erfüllen, wenn kein Leistungsträger eine Leistungspflicht in diesem Umfang anerkenne. Bei der Verurteilung des materiell-rechtlich eigentlich nicht zuständigen Leistungsträgers aufgrund des § 14 SGB IX werde regelmäßig übersehen, dass sie (der Rentenversicherungsträger) als lediglich nach § 14 SGB IX zuständiger Träger nur über ihre eigene Leistungspflicht inhaltlich entscheiden könne und die Entscheidung des anderen (in Betracht kommenden) Leistungsträgers (hier der Beigeladenen im Hinblick auf die den Festbetrag übersteigenden Kosten) übernehmen müsse.
Die Beigeladene meine offenbar zu Unrecht, zur Leistungsgewährung nicht zuständig zu sein, weil die Klägerin die Hörgeräte aus beruflichen Gründen benötige. Sie reduziere ihre Leistungspflicht auf die Ermöglichung des Sprachverstehens ohne Hintergrundgeräusche (mit einem Festbetragsgerät) und ordne alles andere der beruflichen Rehabilitation zu. Die Krankenkassen hätten mit ihren Leistungserbringern eine Vereinbarung getroffen, wonach praktisch alle Anträge von Arbeitnehmern auf Hörgeräteversorgung an den Rentenversicherungsträger weitergeleitet würden. Auch die Beigeladene habe ihre Leistungspflicht nicht hinreichend geprüft und den Antrag der Klägerin zu Unrecht weitergeleitet. § 14 SGB IX biete keine Handhabe dafür, die Beigeladene zu Lasten des Rentenversicherungsträgers von ihrer Leistungspflicht freizustellen. Außerdem könne der Rentenversicherungsträger den krankenversicherungsrechtlichen Leistungsbedarf (ohne Amtshilfe) nicht sachgerecht feststellen. Mit diesen Folgewirkungen habe sich das BSG in seiner Rechtsprechung nicht hinreichend auseinandergesetzt. § 14 SGB IX gebe dem zweitangegangenen Träger keine Befugnis, eine ggf. bereits vorliegende (Teil-)Ablehnung des erstangegangenen Trägers zu überprüfen.
Nach derzeitiger Praxis fast aller Krankenkassen werde bei den Festbetrag übersteigenden Versorgungsbegehren von Arbeitnehmern ein beruflicher Bedarf unterstellt und der Antrag an den Rentenversicherungsträger ohne nähere Prüfung eines Leistungsanspruchs des Versicherten nach Krankenversicherungsrecht weitergeleitet. Sachgerecht wäre, die Leistungsanträge nicht weiterzuleiten, sondern den Rentenversicherungsträger, und das auch nur in begründeten Fällen besonderen beruflichen Bedarfs, um Amtshilfe zu ersuchen; auf diese Weise verfahre die Arbeitsverwaltung bereits seit dem Jahr 2006. Letztendlich verlagerten die Krankenkassen das Verwaltungsverfahren und den damit verbundenen Verwaltungsaufwand auf die Rentenversicherungsträger. Daher solle vorliegend die Beigeladene zur Leistung verurteilt werden, auch um zu vermeiden, dass Versicherte Leistungen der Krankenkassen in der Hörgeräteversorgung auf dem Umweg über den Rentenversicherungsträger und ggf. das Sozialgericht einfordern müssten.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 05.06.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag; auch sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Beteiligten haben mit Schreiben vom 27.02.2015, 31.03.2015 und vom 10.06.2015 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, der Beigeladenen, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die Berufung der Beklagten ist gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig; der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei Kosten der streitigen Hörgeräteversorgung von 5.650,00 EUR überschritten.
Die Berufung der Beklagten ist aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte im angefochtenen Gerichtsbescheid zu Recht und mit eingehender und zutreffender Begründung dazu verurteilt, der Klägerin die Kosten für die von ihr beschafften Hörgeräte i. H. v. 5.650,00 EUR zu erstatten. Der Senat teilt die Rechtsauffassung des Sozialgerichts und nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend sei im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten angemerkt:
Die Beteiligten streiten nicht darüber, dass sich die Klägerin die Hörgeräte unter Einhaltung des vorgeschriebenen Beschaffungswegs (nach der Ablehnungsentscheidung der Beklagten) beschafft hat, dass der notwendige Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht und dass der Klägerin eine rechtlich wirksame Kostenbelastung entstanden ist (vgl. dazu nur etwa BSG, Urt. v. 24.02.2013, - B 3 KR 5/12 R -; zur Rechtsgrundlage des Erstattungsanspruchs auch BSG, Urt. v. 30.10.2014, - B 5 R 8/14 R -). Die Klägerin hat auch Anspruch auf die Gewährung der in Rede stehenden Hörgeräte als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung im Rahmen des unmittelbaren Behinderungsausgleichs nach Maßgabe der §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 33 SGB V. Unter den Beteiligten ist insoweit (ebenfalls) nicht streitig, dass die an hochgradiger - an Taubheit grenzender - Schwerhörigkeit leidende Klägerin die (verglichen mit Festbetragshörgeräten) leistungsstärkeren und von ihr selbst beschafften Hörgeräte (an Stelle der alten und nicht mehr gebrauchstauglichen Hörgeräte) im Alltagsleben zum unmittelbaren Behinderungsausgleich und nicht nur aus beruflichen Gründen benötigt. Das ergibt sich aus den Feststellungen der Firma L. Hörgeräte bei der Hörgeräteanpassung und aus den Feststellungen des behandelnden HNO-Arztes Dr. H. (etwa im Bericht vom 28.11.2011). Der Berichterstatter des Senats hat den Beteiligten mit Verfügung vom 25.02.2015 mitgeteilt, dass Ermittlungen in tatsächlicher Hinsicht deswegen nicht beabsichtigt sind; Einwendungen sind dagegen (auch von der Beklagten) nicht erhoben worden.
Die Beklagte wendet sich mit der Berufung im Kern dagegen, dass sie unter Anwendung des § 14 Abs. 1 und 2 SGB IX als für die Hörgeräteversorgung der Klägerin zuständiger Leistungsträger eingestuft und deswegen zur Erstattung der der Klägerin entstandenen Aufwendungen für die Beschaffung der Hörgeräte verurteilt worden ist. Die dagegen gerichteten (grundsätzlichen) Einwendungen der Beklagten treffen jedoch nicht zu. Der Senat teilt auch insoweit die Rechtsauffassung des Sozialgerichts. Diese entspricht nach Ansicht des Senats der (vom Sozialgericht in den Entscheidungsgründen seines Gerichtsbescheids angeführten) Rechtsprechung des BSG (so auch etwa LSG Sachsen, Urt. v. 19.04.2011, - L 5 R 48/08 - juris Rdnr. 20, auch Urt. v. 05.04.2011, - L 5 R 28/08 -). Das BSG hat (etwa) im Urteil vom 24.01.2013 (- B 3 KR 5/12 R -) hierzu - zur Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers - Folgendes ausgeführt (vgl. auch zuletzt BSG, Urt. v. 30.10.2014, - B 5 R 8/14 R -):
Nach § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX verliert der materiell-rechtlich - eigentlich - zuständige Rehabilitationsträger (§ 6 SGB IX) im Außenverhältnis zum Versicherten oder Leistungsempfänger seine Zuständigkeit für eine Teilhabeleistung, sobald der zuerst angegangene Rehabilitationsträger (hier: die beigeladene Krankenkasse) eine i.S. von § 14 Abs. 1 SGB IX fristgerechte Zuständigkeitsklärung versäumt hat und demzufolge die Zuständigkeit nach allen in Betracht kommenden rehabilitationsrechtlichen Rechtsgrundlagen auf ihn übergegangen ist. Sinn dieser Regelung ist es, zwischen den betroffenen behinderten Menschen und Rehabilitationsträgern schnell und dauerhaft die Zuständigkeit zu klären und so Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken (vgl. BT-Drucks 14/5074 S 95 zu Nr. 5 und S 102 f zu § 14). Deshalb ist der erstangegangene Rehabilitationsträger gehalten, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang eines Antrags auf Leistungen zur Teilhabe festzustellen, ob er nach dem für ihn geltenden gesetzlichen Regelwerk für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Abs. 4 SGB V (§ 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX). Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden - vor allem in den Systemen der Unfallversicherung und der sozialen Entschädigung - und ist diese Klärung in der Frist nach § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX nicht möglich, wird der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet, der dem Grunde nach zuständig wäre und die Leistung dann zunächst ohne Rücksicht auf die Ursache erbringt (§ 14 Abs. 1 S. 2 und 3 SGB IX). Anderenfalls bestimmt § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX: "Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest." Diese Zuständigkeit nach § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX erstreckt sich im Außenverhältnis zwischen dem Antragsteller und dem erstangegangenen Rehabilitationsträger auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation rehabilitationsrechtlich vorgesehen sind (BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr. 1, RdNr. 15 ff; BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr. 4, RdNr. 14; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr. 21, RdNr. 23). Dadurch wird eine nach außen verbindliche Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers geschaffen, die intern die Verpflichtungen des eigentlich zuständigen Leistungsträgers unberührt lässt und die Träger insoweit auf den nachträglichen Ausgleich nach § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX und §§ 102 ff. SGB X verweist (BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr. 4, RdNr. 14-16).
Erstangegangener Rehabilitationsträger i.S. von § 14 SGB IX ist derjenige Träger, der von dem Versicherten bzw. Leistungsbezieher erstmals mit dem zu beurteilenden Antrag auf Bewilligung einer Leistung zur Teilhabe befasst worden ist. Diese Befassungswirkung fällt nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich auch nach einer verbindlichen abschließenden Entscheidung des erstangegangenen Trägers nicht weg. Vielmehr behält der erstmals befasste Rehabilitationsträger seine Zuständigkeit nach § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX im Außenverhältnis zum Antragsteller regelmäßig auch dann weiter bei, wenn er, ohne den Antrag an den aus seiner Sicht zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet zu haben, das Verwaltungsverfahren durch Erlass eines Verwaltungsakts abschließt (vgl. § 8 SGB X), selbst wenn dieser bindend wird. Er bleibt deshalb auch für ein mögliches Verfahren nach § 44 SGB X zuständig, selbst wenn die Rechtswidrigkeit im Sinne dieser Vorschrift dann nur darin liegt, dass er die außerhalb seiner "eigentlichen" Zuständigkeit liegenden, nach dem Vorstehenden einschlägigen Rechtsgrundlagen nicht beachtet hat (BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr. 1, RdNr. 10; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr. 7, RdNr. 31; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr. 21, RdNr. 24).
Diese Rechtsgrundsätze gelten entsprechend, wenn der erstangegangene Rehabilitationsträger den Antrag an den nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet hat (§ 14 Abs. 2 Satz 3 SGB IX; vgl. auch jurisPK-SGB IV/Luik § 14 Rdnr. 46). Nach der Weiterleitung des Antrages durch den erstangegangenen Rehabilitationsträger wird der zweitangegangene Rehabilitationsträger im (Außen-)Verhältnis zum Antragsteller endgültig und umfassend leistungspflichtig (vgl. BSG, Urt. v. 14.12.2006, - B 4 R 19/06 R -). Dabei handelt es sich um eine "aufgedrängte Zuständigkeit" (BSG, Urt. v. 26.06.2007, - B 1 KR 24/06 R -), der sich der zweitangegangene Rehabilitationsträger nicht erwehren kann. Er darf den Antrag insbesondere nicht (erneut) an einen dritten Leistungsträger weiterleiten und er muss den Antrag nicht nur nach den für ihn geltenden Leistungsgesetzen, sondern auch nach den Leistungsgesetzen aller anderen Rehabilitationsträger prüfen, insoweit das Verwaltungsverfahren mit dem damit verbundenen Verwaltungsaufwand durchführen und ggf. Leistungen erbringen (vgl. auch etwa LSG Sachsen, Urt. v. 19.04.2011, - L 5 R 48/08 -). Der behinderte Mensch wird damit so behandelt, als hätte er gleichzeitig bei allen Rehabilitationsträgern einen Antrag gestellt, wobei er aber nur einen Ansprechpartner hat, der, ggf. in Kooperation mit anderen Trägern, alle erforderlichen Leistungen i.S. eines Maßnahmenbündels aus einer Hand erbringt (jurisPK-SGB IV/Luik § 14 Rdnr. 6 m. w. N.; auch Rdnr. 90). Der nach Maßgabe des § 14 SGB IX zuständig gewordene Träger ist nach der Vorstellung des Gesetzes durch das Erstattungsverfahren gem. § 14 Abs. 4 SGB IX hinreichend geschützt. Die Wirksamkeit der Weiterleitung des Antrags wird deshalb nicht dadurch beeinträchtigt, dass der weiterleitende erstangegangene Träger "eigentlich" objektiv zuständig ist; ein entsprechender Einwand des zweitangegangenen Trägers ist im gerichtlichen Verfahren unbeachtlich (jurisPK-SGB IV/Luik § 14 Rdnr. 88 m. N. zur Rspr.).
Im Hinblick auf Leistungen der medizinischen Rehabilitation muss bei gegebenem Anlass eine Abgrenzung zur (namentlich ambulanten) Krankenbehandlung durch die gesetzliche Krankenversicherung vorgenommen werden (dazu etwa auch BSG, Urt. v. 17.12.2013, - B 1 KR 50/12 R -; Urt. v. 22.03.2012, - B 8 SO 30/10 R -). Die Rehabilitation hat im Grundsatz die Aufgabe, den Folgen von Krankheiten in Form von Fähigkeitsstörungen und Beeinträchtigungen vorzubeugen, sie zu beseitigen oder zu bessern oder deren wesentliche Verschlechterung abzuwenden. Die Vermeidung der Verschlimmerung von Krankheiten ist dagegen Aufgabe der Behandlung einer Krankheit und der Vorsorge. Bei der Krankenbehandlung liegt der Schwerpunkt auf der ärztlichen Behandlung; für die medizinische Rehabilitation ist demgegenüber ein Gesamtkomplex ineinandergreifender Leistungen charakteristisch, der auf die Beseitigung von Fähigkeitsstörungen und Beeinträchtigungen als Folge einer Behinderung abzielt (jurisPK-SGB IV/Luik § 14 Rdnr. 111 m. w. N.). Bei der hier streitigen Hörgeräteversorgung der Klägerin geht es um die Hilfsmittelversorgung zur medizinischen Rehabilitation (§§ 5 Nr. 1, 31 SGB IX, § 33 SGB V - vgl. etwa BSG, Urt. v. 24.01.2013, - B 3 KR 5/12 R - juris Rdnr. 25). Der Antrag der Klägerin auf Hörgeräteversorgung stellt auch einen Antrag auf Teilhabeleistungen i. S. d. § 14 SGB IX dar (BSG, a. a. O. Rdnr. 21 sowie Urt. v. 30.10.2014, - B 5 R 8/14 R -, juris Rdnr. 30). Die Beklagte kann der Anwendung des § 14 SGB IX in Fällen der vorliegenden Art nicht entgegenhalten, die (einen Leistungsantrag weiterleitende) Krankenkasse sei kein Rehabilitationsträger oder es liege kein Rehabilitationsantrag i. S. d. § 14 SGB IX vor (vgl. auch etwa BSG, Urt. v. 30.10.2014, - L 5 R 8/14 R -). Im Übrigen ist, wie bereits dargelegt wurde, für die "aufgedrängte" Leistungszuständigkeit der Beklagten nicht von Belang, ob die Beigeladene zur Weiterleitung des Antrags der Klägerin nach Maßgabe des § 14 SGB IX befugt gewesen ist oder nicht.
Die Beklagte ist daher mit der Weiterleitung des Leistungsantrags durch die Beigeladene umfassend zuständig geworden und muss - in materiell-rechtlicher Hinsicht - alle für das Leistungsbegehren der Klägerin in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen, hier auch des Krankenversicherungsrechts, prüfen. Dabei muss sie in verfahrensrechtlicher Hinsicht das gesamte Instrumentarium des Sozialverwaltungsrechts anwenden, einschließlich des Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X. Vorentscheidungen (Ablehnungsentscheidungen) des erstangegangenen (den Antrag weiterleitenden) Rehabilitationsträgers darf der zweitangegangene Rehabilitationsträger nicht ungeprüft als für ihn von vornherein bindend übernehmen; das gilt (erst Recht) im Gerichtsverfahren. Auch wenn daher die Beigeladene vor Weiterleitung des Antrags eine (Teil-)Ablehnung des Antrags der Klägerin verfügt haben sollte, wäre die Beklagte daran bei der Antragsbearbeitung als gem. § 14 SGB IX zuständig gewordener Träger nicht gebunden, müsste insoweit nach Maßgabe des § 44 SGB X die verfügte (Teil-)Ablehnung vielmehr überprüfen und ggf. abändern.
Die Beklagte wendet sich im vorliegenden Berufungsverfahren ersichtlich gegen eine Verwaltungspraxis der Krankenkassen, die wohl darin besteht, Anträge von Versicherten auf Hörgeräteversorgung bei jedwedem beruflichen Bezug, möglicherweise schon beim bloßen Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, ohne nähere Prüfung (routinemäßig) an den Rentenversicherungsträger weiterzuleiten. Wenn das so wäre, wäre das mit dem Leistungsrecht der Krankenkassen nicht zu vereinbaren. Freilich begründet auch die zu Unrecht erfolgte Weiterleitung eines Leistungsantrags die ("aufgedrängte") Zuständigkeit des zweitangegangenen Trägers mit allen vorstehend dargestellten materiell-rechtlichen (leistungsrechtlichen) und verfahrensrechtlichen Folgen. Der zweitangegangene Träger kann sich dem nicht entziehen. Das ist vom Gesetz ersichtlich auch so gewollt, um Zuständigkeitsstreitigkeiten oder auch Streitigkeiten über die Handhabung der Verwaltungsverfahren unter den Leistungsträgern nicht "auf dem Rücken" der behinderten Menschen auszutragen. Daran ändert es nichts, dass der Rentenversicherungsträger wohl auch im Interesse der Leistungsberechtigten eine eingehende(re) Prüfung des Leistungsantrags in Fällen der vorliegenden Art durch die Krankenkasse für angezeigt erachtet. Gibt es bei Anwendung des § 14 SGB IX Fehlentwicklungen auf der Ebene der Verwaltung, wird dem ggf. auch mit den Instrumentarien der Verwaltungsebene entgegenzutreten sein, etwa durch Einschaltung der zuständigen Spitzenverbände oder auch durch Herantreten an die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG). Die hier maßgeblichen Rechtsfragen zur Anwendung des § 14 SGB IX sind in der Rechtsprechung des BSG, auf die sich der Senat (wie das Sozialgericht) stützt, hinreichend geklärt.
Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Erstattung der Kosten für selbst beschaffte Hörgeräte.
Die 1973 geborene Klägerin ist bei der Beigeladenen kranken- und bei der Beklagten rentenversichert. Bei ihr besteht von Geburt an eine - mit Hörgeräten versorgte - hochgradige, an Taubheit grenzende Schallempfindungsstörung auf beiden Ohren. Deswegen ist ihr ein GdB von 100 mit dem Merkzeichen RF zuerkannt. Von November 1992 bis November 1993 absolvierte die Klägerin eine Ausbildung zur Datentypistin. Im Anschluss daran war sie zunächst als Büroangestellte in einer Arztpraxis beschäftigt. Seit April 1994 übt sie eine vollschichtige versicherungspflichtige Beschäftigung als kaufmännische Angestellte in der Debitorenbuchhaltung eines Unternehmens aus.
Am 10.07.2008 stellte die Klägerin bei der Agentur für Arbeit H. einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben; sie begehrte die Versorgung mit leistungsfähigeren (digitalen) Hörgeräten. Hierzu gab sie an, ihre Tätigkeit als kaufmännische Angestellte (Buchhaltung, Datenverarbeitung im Office-Bereich, auch in Teamarbeit) erfordere u.a. häufige Kommunikation mit anderen Menschen, was mit dem derzeitigen Hörgerät nur beschränkt möglich sei, zumal sie in einem Großraumbüro arbeite mit Lärmbeeinträchtigungen durch Umgebungsgeräusche. Die Hörgeräte, mit denen sie versorgt sei, verstärkten auch unwichtige Nebengeräusche, wodurch Sprache überlagert und die Kommunikation mit Arbeitskollegen erschwert werde. Die neuen Hörgeräte, deren Gewährung beantragt werde (Phonak Naida V UP rechts und links mit Spezialohrpassstücken zu insgesamt 4.188,00 EUR - Kostenvoranschlag der Fa. G.), dämpfe erstmals störende Nebengeräusche und gebe Sprache deutlich wieder. Dadurch würden die Folgen ihrer Behinderung weiter gemildert und die Teilhabe am Arbeitsleben dauerhaft gesichert. Die Klägerin legte außerdem das Attest des HNO-Arztes Dr. G. vom 24.06.2008 vor. Darin ist ausgeführt, zur Erhaltung der Kommunikationsfähigkeit und der akustischen Orientierung der voll berufstätigen Klägerin sei unter medizinischem Aspekt eine bestmögliche Hörgeräteversorgung dringend angezeigt.
Mit Schreiben vom 02.07.2008 leitete die Agentur für Arbeit H. den Antrag der Klägerin an die Beklagte (deren Rechtsvorgängerin) weiter. Die Zuständigkeitsprüfung nach Maßgabe des § 14 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) habe ergeben, dass die Beklagte zuständiger Rehabilitationsträger sei.
Die beratende Ärztin der Beklagten Dr. N. führte unter dem 16.09.2008 aus, ein höherwertiges Hörgerät bzw. eine höherwertige Hörhilfe sei nicht wegen besonderer beruflicher Anforderungen an das Hörvermögen im Berufsbild, aber für jedwede berufliche Tätigkeit und außerdem in allen Lebensbereichen erforderlich.
Mit Bescheid vom 08.10.2008 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 02.09.2009 zurück. Zur Begründung führte sie aus, gem. § 33 Abs. 8 Nr. 4 SGB IX umfassten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auch sonstige Hilfen der Arbeits- und Berufsförderung, um eine angemessene Erwerbs- oder Berufstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Das Hilfsmittel müsse ausschließlich zur Ausübung eines bestimmten Berufes oder zur Teilnahme an einer bestimmten beruflich vorbereitenden Maßnahme notwendig sein. Das sei hier nicht der Fall. Der Versorgungsbedarf bestehe sowohl im privaten wie im beruflichen Bereich. Damit werde ein von der gesetzlichen Krankenversicherung gem. § 33 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zu gewährendes Hilfsmittel begehrt. Klage wurde dagegen nicht erhoben.
Unter dem 15.07.2010 verordnete der HNO-Arzt Dr. H. der Klägerin neue Hörgeräte. Ihre Hörgeräte seien veraltet. Zur Erhaltung der Kommunikationsfähigkeit und der akustischen Orientierung der voll berufstätigen Klägerin sei unter medizinischem Aspekt eine bestmögliche Hörgeräteversorgung dringend angezeigt. Die Neuversorgung sei erforderlich, da die alten Geräte nicht mehr für den Gebrauch taugten.
Die Klägerin führte bei einem Hörgeräteakustiker eine vergleichende Hörgeräteanpassung unter Erprobung unterschiedlicher Hörgeräte durch. Im Anpassbericht der Firma L. Hörgeräte vom 15.07.2010 ist hierzu festgehalten:
Hörgerät Sprachverstehen Verständlichkeit bei Freifeldmessung 65dB im Störgeräusch 60 dB Naida IX UP 70 % 30 % Phonak Naida V UP 60 % 10 % Widex Bravo 2 b32 55 % 0 % Hansaton BASE HighPower 50 % 0 %
Zur Versorgung der Klägerin wurden die Hörgeräte Phonak Naida IX UP ausgewählt. Die Gesamtkosten betrugen nach dem Kostenvoranschlag der Firma L. Hörgeräte vom 15.07.2010 insgesamt 5.830,00 EUR (2 Hörgeräte zu je 2.825,00 EUR zzgl. Ohrpasstücke von jeweils insgesamt 90.00 EUR).
Am 20.07.2010 beantragte die Klägerin bei der Beigeladenen die Übernahme der Kosten für die Hörgeräte Phonak Naida IX UP. Sie legte das Attest und die Hörgeräteverordnung des Dr. H. vom 15.07.2010 und den Kostenvoranschlag der Firma L. Hörgeräte vom 15.07.2010 vor.
Mit Schreiben vom 29.07.2010 leitete die Beigeladene den Antrag der Klägerin an die Beklagte weiter; das Schreiben ging bei der Beklagten am 02.08.2010 ein. Die Beigeladene führte aus, die Prüfung nach Maßgabe des § 14 Abs. 1 SGB IX habe ergeben, dass die Beklagte zuständiger Rehabilitationsträger (hinsichtlich etwaiger Mehrkosten der Hörgeräteversorgung) sei, weil die Klägerin die Hörgeräte auch aus beruflichen Gründen benötige. Die Firma L. Hörgeräte sei vertraglicher Leistungserbringer. Nach Vorlage einer Versorgungsanzeige könne sie eine beidohrige Hörgeräteversorgung in Höhe der gültigen Vertragspreise (Festbetrag) von (jeweils) 1.212,80 EUR genehmigen.
Mit Schreiben (ebenfalls) vom 29.07.2010 teilte die Beigeladene der Klägerin die Weiterleitung des Antrags an die Beklagte sowie ihre Bereitschaft zur Übernahme von Kosten (Festbeträge) in Höhe von (jeweils) 1.212,80 EUR mit. Die Kläger erhob deswegen Widerspruch - sie wende sich dagegen, dass die Beigeladene offenbar nur einen Teilbetrag der Kosten für die Hörgeräteversorgung übernehmen wolle - und außerdem Klage beim Sozialgericht Heilbronn (Verfahren S 8 KR 4380/10): die Klage wurde am 09.02.2011 wieder zurückgenommen.
Am 10.09.2010 stellte die Klägerin bei der Beklagten (selbst) einen Antrag auf Teilhabeleistungen; Festbetragshörgeräte könnten die bei ihr erforderliche Hörleistung nicht erbringen.
Mit Bescheid vom 20.09.2010 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Eine höherwertige Hörhilfe sei für jedwede berufliche Tätigkeit und auch in allen Lebensbereichen erforderlich.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug die Klägerin vor, die begehrten leistungsfähigeren Hörgeräte böten nach dem Stand der Technik die beste Möglichkeit zur Angleichung ihres verbliebenen Hörvermögens an das Hörvermögen gesunder Menschen. Mit leistungsschwächeren Festbetragshörgeräten könne sie ein fast normales Hörvermögen nicht erreichen. Sie arbeite in einem Großraumbüro mit erheblicher Geräuschkulisse. Mit Festbetragshörgeräten könne sie Arbeitsanweisungen nicht verstehen und nicht mit Kunden oder Kollegen kommunizieren. Dazu sei sie nur mit den begehrten technisch leistungsfähigeren Hörgeräten (in Kombination mit Lippenlesen) imstande. Außerdem komme es mit den Festbetragshörgeräten zu Gleichgewichtsstörungen und Schwindelzuständen, ähnlich dem Zustand ohne Hörgeräte. Ihre Hörgeräte müssten immer auf Höchststufe eingestellt sein, was bei Festbetragshörgeräten zu schädlichen Rückkoppelungen führe.
Mit Rechnung vom 11.10.2010 stellte die Firma L. Hörgeräte der Klägerin für zwei Hörgeräte Phonak Naida IX UP Kosten in Höhe von 5.650,00 EUR in Rechnung; die Klägerin hat die Rechnung beglichen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.03.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Hörgeräte stellten von der Beigeladenen zu gewährende Hilfsmittel nach § 33 SGB V dar, da sie nicht ausschließlich der Ausübung eines Berufs mit speziellen Anforderungen an das Hörvermögen dienten, sondern für jeden Bereich des täglichen Lebens und für jedwede Form der Berufsausübung, wie die Tätigkeit der Klägerin als Büroangestellte in einem Großraumbüro, erforderlich seien.
Am 31.03.2011 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Heilbronn. Sie trug vor, die Versorgung mit Festbetragshörgeräten sei unzureichend, zumal ihre Schwerhörigkeit fortschreite und ihr Hörvermögen sich weiter verschlechtere. Sie arbeite in einem Großraumbüro mit 13 Arbeitskollegen und mit einer entsprechenden, zusätzlich durch eine Lüftungs- und Klimaanlage verstärkten Geräuschkulisse. In dem Großraumbüro würden die Buchhaltung und der Kundenservice sowie die Mandantenbetreuung erledigt. Sie erfasse Zahlungsströme, bearbeite die Abstimmung mit Banken und Tages- und Monatsabschlüsse, außerdem Reklamationen und die Kreditkartenabwicklung. Dafür sei die Kommunikation mit den Kunden notwendig. Sie betreue zusätzlich 10 größere Firmenkunden, für die sie - auch telefonisch - der erste Ansprechpartner sei. Ohne die verordneten leistungsfähigeren Hörgeräte könne sie diese Arbeit nicht fortführen (vgl. auch das Schreiben des Arbeitgebers der Klägerin vom 05.06.2012). Schließlich müsse sie an Teambesprechungen teilnehmen. Die leistungsfähigeren Hörgeräte könnten störende Nebengeräusche fast vollständig ausblenden und so das gesprochene Wort deutlich wiedergeben. Mit Festbetragshörgeräten könne sie demgegenüber nicht ausreichend hören, höre mit diesen vielmehr so gut wie nicht. Mit der Weiterleitung des bei der Beigeladenen gestellten Leistungsantrags an die Beklagte sei diese für die Leistungsgewährung zuständig geworden und müsse den Leistungsantrag auch nach dem Leistungsrecht anderer Leistungsträger, wie dem Krankenversicherungsrecht, prüfen.
Gem. §§ 33 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 6, Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 SGB IX i. V. m. § 16 SGB Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) müsse die Beklagte die Kosten für die digitalen Hörgeräte als Rehabilitationsleistung tragen. Es komme nicht darauf an, ob das - auch der medizinischen Rehabilitation durch die Beigeladene dienende - Hilfsmittel ausschließlich zur Berufsausübung erforderlich sei. Maßgeblich seien die Anforderungen des konkreten Arbeitsumfeldes und der konkreten Arbeitstätigkeit. Als Anspruchsgrundlage komme auch § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB VI i. V. m. § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX in Betracht. Sollte das Krankenversicherungsrecht einschlägig sein, wäre ihr Leistungsanspruch nicht auf die Gewährung von Festbetragshörgeräten beschränkt, da sie die leistungsstärkeren (digitalen) Hörgeräte benötige, um überhaupt kommunikationsfähig zu bleiben und den Anforderungen des Alltagslebens gewachsen zu sein. Da der unmittelbare Behinderungsausgleich in Rede stehe, habe sie Anspruch auf Hörgeräte, die die bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen gesunder Menschen ermöglichten.
Für die Anwendung des SGB IX, namentlich des § 14 SGB IX, sei nicht erforderlich, dass es sich bei der begehrten Leistung um eine Teilhabeleistung im engeren Sinne handele. Sei die Zuständigkeit des Leistungsträgers durch Weiterleitung eines Antrags auf Teilhabeleistungen gem. § 14 SGB IX begründet worden, sei dieser ggf. verpflichtet, nunmehr auch gänzlich zuständigkeitsfremde Leistungen, wie Hörhilfen als Hilfsmittel des Krankenversicherungsrechts, zu erbringen. Festbetragshörgeräte genügten für den unmittelbaren Ausgleich der bei ihr vorliegenden, an Taubheit grenzenden Hörbehinderung nicht, weshalb die Leistung nicht auf den Festbetrag begrenzt werden dürfe (BSG, Urt. v. 17.12.2009, - B 3 KR 20/08 R -). Sie habe nach Ablehnung des Leistungsantrags die neuen Hörgeräte selbst beschaffen müssen, da die alten Hörgeräte irreparabel defekt gewesen seien. Die Beklagte müsse ihr die hierfür aufgewandten Kosten (gem. § 15 Abs. 2 Satz 4 SGB IX, ggf. in entsprechender Anwendung) erstatten.
Die Beklagte trug vor, da die Hörgeräteversorgung für jedwede und nicht für eine bestimmte Berufstätigkeit der Klägerin erforderlich sei, sei die Beigeladene für die Hilfsmittelversorgung der Klägerin zuständig (vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 15.06.2005, - L 4 KR 147/03 - und SG Dresden, Urt. v. 02.06.2005, - S 18 KR 210/02 -). Die Notwendigkeit einer über den Basisausgleich der Behinderung durch Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung hinausgehenden höherwertigen Hörgeräteversorgung für die Ausübung eines bestimmten Berufs könne nicht festgestellt werden. Die Tätigkeit der Klägerin als Debitorenbuchhalterin stelle (anders als etwa die Tätigkeit des Klavierstimmers oder Berufsmusikers) keine besonderen Anforderungen an das Hörvermögen (vgl. BSG, Urt. v. 17.12.2009, - B 3 KR 20/08 R -). Gespräche unter Störlärm müssten in fast allen Berufen geführt werden.
Die Anwendung des § 14 SGB IX und damit auch die Weiterleitung eines Leistungsantrags an einen anderen Leistungsträger setze voraus, dass es sich bei der beantragten Leistung - hier bei den begehrten Hörgeräten - um eine Teilhabeleistung i. S. d. SGB IX handele bzw. eine entsprechende Bedarfslage vorliege, die einem Leistungsträger in seiner Eigenschaft als Rehabilitationsträger nach §§ 5, 6 SGB IX zugeordnet werden könne. Werde nämlich eine Leistung beantragt, die nach ihrer Eigenart offensichtlich eine Rehabilitations- oder Teilhabeleistung nach dem SGB IX nicht darstelle - wie bestimmte Hilfsmittel, die nicht einen ausschließlich berufsbedingten Bedarf abdeckten - könne auch ein anderer Leistungsträger nach § 6 SGB IX nicht leistungsverpflichtet sein. Dann komme auch die Weiterleitung des Leistungsantrags nach § 14 SGB IX nicht in Betracht (vgl. dazu auch LSG Berlin-Brandenburg, - Urt. v. 24.02.2011, - L 8 R 176/10 -). Insofern wäre im Verhältnis zur Krankenversicherung danach zu unterscheiden, ob die Leistung im Sinne der Rehabilitation und Teilhabe (§§ 26, 33 SGB IX) oder als medizinische Leistung der Krankenbehandlung (§§ 27, 33 SGB V) und damit ohne Bezug zu den Leistungsvoraussetzungen des SGB IX zu erbringen sei. Krankenbehandlung und Hilfsmittel, wie sie die gesetzliche Krankenversicherung ausschließlich im Rahmen der Regelungen zur Krankenversorgung nach dem SGB V erbringe, folgten nicht einem Rehabilitationsbedarf i. S. d. SGB IX, weshalb auch die Regelungen in § 14 SGB IX zur Zuständigkeitserklärung und ihre Rechtsfolgen nicht relevant seien. Das spezielle Hilfsmittel "Hörhilfe" gewährten die Krankenkassen zur Krankenbehandlung i. S. d. §§ 11 Abs. 1 Nr. 4, 27 Abs. 1 Nr. 3 und 33 Abs. 1 SGB V und nicht als Leistung zur Rehabilitation und Teilhabe i. S. d SGB IX. Daher sei die Krankenkasse für solche Leistungen auch nicht Rehabilitationsträger nach §§ 6, 14 SGB IX, sondern Träger der Krankenversorgung.
Ein höherwertiger (den Festbetrag übersteigender) Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen bestehe zu Lasten der Krankenversicherung, wenn für den Behinderungsausgleich der jeweilige Festbetrag nicht ausreiche (BSG, Urt. v. 23.03.2003, - B 3 KR 71/02 R -). Das sei dann aber nicht Rehabilitation, sondern Krankenversorgung. Wenn die Krankenkasse mit Leistungserbringern Verträge über die Versorgung ihrer Mitglieder mit Hörhilfen abschließe, die teils mit, teils ohne Eigenanteil umgesetzt würden, dürfe dies nicht zu Lasten anderer Leistungsträger gehen, da es sonst zu nicht beeinflussbaren Kostenverschiebungen käme. Die Krankenkasse sei verpflichtet, die Hilfsmittelversorgung so umfassend zu gewährleisten, dass weitere Leistungen anderer Leistungsträger nicht erforderlich würden. Ihre Rechtsauffassung zur Anwendung des § 14 SGB IX werde vom LSG Berlin-Brandenburg (Urt. v. 24.02.2011, - L 8 R 176/10 -) geteilt.
Die Beigeladene trug vor, die Klägerin habe die höherwertige (den Festbetrag übersteigende) Hörgeräteversorgung mit beruflichen Anforderungen begründet. Deshalb habe sie den Leistungsantrag gem. § 14 SGB IX an die aus ihrer Sicht zuständige Beklagte weitergeleitet; die in diesem Zusammenhang erhobene Klage (Verfahren S 8 KR 4380/10) habe die Klägerin wieder zurückgenommen. Ob eine Versorgung nach Maßgabe des Vertrags zur Komplettversorgung mit Hörsystemen zwischen der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker und dem VdAK (jetzt Verband der Ersatzkassen VdEK) hätte erfolgen können, sei nicht geklärt worden, weil sich die Klägerin für ein höherwertiges Hörgerät entschieden und eine weitere Anpassung mit zuzahlungsfreien Festbetragsgeräten nicht gewünscht habe. Deshalb lägen entsprechende Vergleichsanpassungen auch nicht vor. Ob die Versorgung mit einem Festbetragsgerät ausgereicht hätte oder aufgrund des Arbeitsplatzes der Klägerin ein höherwertiges Hörgerät notwendig sei, möge ggf. durch ein Sachverständigengutachten geklärt werden.
Die Klägerin wandte ein, der Hörgeräteakustiker habe ihr andere preiswertere Hörgeräte mit gleichwertigem Hörergebnis nicht angeboten. Die von ihr angeschafften (höherwertigen) Hörgeräte seien die einzigen Hörhilfen, die ihre Behinderung (unmittelbar) ausgleichen könnten. Andere dafür technisch ausreichende Hörgeräte gebe es nicht. Das gelte sowohl für den beruflichen wie für den privaten Bereich. Sie sei daher nicht nur im Beruf, sondern auch im Alltagsleben auf die höherwertigen Hörgeräte angewiesen.
Das Sozialgericht befragte die Firma L. Hörgeräte und den behandelnden HNO-Arzt der Klägerin Dr. H ...
Die Firma L. Hörgeräte teilte unter dem 13.12.2011 mit, in der Testphase habe man der Klägerin vier verschiedene Hörsysteme in unterschiedlichen Ausstattungsklassen angepasst, darunter zwei Festbetragsgeräte (ohne Zuzahlung - Widex Bravo b32 und Hansaton Base HP). Die zuzahlungsfreien Hörsysteme verfügten über eine digitale Signalverarbeitung in zwei Kanälen. Ein gutes Sprachverstehen sei damit vor allem in ruhiger Umgebung gewährleistet. Das von der Klägerin erworbene System habe demgegenüber eine digitale Signalverarbeitung in 20 Kanälen. Es sei zudem mit weiteren Ausstattungsmerkmalen, wie dem Echo-Block-System, Noise-Block-System, Sound-Flow-System, Voice-Zoom-System und Real-Ear-Sound versehen, die das Verstehen in schwierigen Situationen erleichtern sollten. Bei der normalen Freifeldmessung rechtfertige der Verstehensgewinn des Naida IX-Geräts gegenüber den zuzahlungsfreien Geräten nicht dessen Notwendigkeit. Die technischen Mehrausstattungsmerkmale des Naida IX-Geräts verbesserten jedoch das Sprachverstehen vor allem in geräuschvoller Umgebung. Aufgrund der (geringen) Resthörigkeit der Klägerin sei der tatsächliche Nutzen an deren subjektivem Empfinden festzumachen und messtechnisch nicht eindeutig belegbar. Die Klägerin habe ausdrücklich gewünscht, die neuesten und technologisch fortschrittlichsten Systeme zu testen. Dennoch habe man im Hinblick auf die vertragliche Vereinbarung mit den Krankenkassen zwei zuzahlungsfreie Systeme erprobt.
Der HNO-Arzt Dr. H. gab im Bericht vom 28.11.2011 an, die Klägerin leide an einer angeborenen ausgeprägten Schwerhörigkeit beidseits. Es bestehe seit Geburt eine hochgradige, an Taubheit grenzende Schallempfindungsstörung auf beiden Ohren. Um die Kommunikationsfähigkeit und akustische Orientierung der voll berufstätigen Klägerin zu erhalten, sei unter medizinischem Aspekt die angestrebte Versorgung mit entsprechenden Hochleistungshörgeräten (z.B. Naida IX UP) dringend erforderlich. Zuzahlungsfreie Hörgeräte seien technisch nicht in der Lage, den ausgeprägten Hörverlust in der erforderlichen Weise auszugleichen.
Mit Gerichtsbescheid vom 05.06.2013 verurteilte das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 20.09.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.03.2011, der Klägerin 5.650,00 EUR zu zahlen. Zur Begründung führte es aus, die Klägerin könne Kostenerstattung gem. § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX (in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung - dazu: BSG; Urt. v. 20.10.2009, - B 5 R 5/07 R - bzw. Urt. v. 21.08.2008, - B 13 R 33/07 R -) verlangen. Die Beklagte sei als zweitangegangener Leistungsträger gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX zuständig geworden und auch geblieben und habe die beantragte Leistung zu Unrecht abgelehnt.
Zuständiger Rehabilitationsträger i. S. d. § 15 Abs. 1 SGB IX sei der nach § 14 SGB IX verantwortliche Rehabilitationsträger (BSG, Urt. v. 20.10.2009, - B 5 R 5/07 R -). Der Rehabilitationsträger, an den der erstangegangene Rehabilitationsträger den Leistungsantrag weitergeleitet habe, habe den Rehabilitationsbedarf festzustellen und er sei gegenüber dem Antragsteller zuständig. Ein Weiterleitungsrecht habe er nicht, selbst wenn er nach den Leistungsgesetzen eigentlich nicht zuständig sei (vgl. LSG Sachsen, Urt. v. 23.08.2011, - L 5 R 766/10 -). Die Beigeladene habe den Leistungsantrag der Klägerin an die Beklagte weitergeleitet, so dass diese gegenüber der Klägerin zur Leistungsgewährung umfassend zuständig geworden sei. Sie müsse den Leistungsanspruch anhand aller Rechtsgrundlagen prüfen, die in der konkreten Bedarfssituation für Rehabilitationsträger vorgesehen seien (BSG, Urt. v. 20.10.2009, - B 1 KR 5/07 R -; Urt. v. 21.08.2008, - B 13 R 33/07 R -; Urt. v. 26.06.2007, - B 1 KR 34/06 R -). Das gelte nach der Rechtsprechung des BSG unabhängig davon, ob die Beklagte als Rentenversicherungsträger eigentlich (nur oder auch) zur Leistungserbringung zuständig sei. Sei der zweitangegangene Leistungsträger für eine Leistung der beantragten Art gar nicht zuständig, habe er die Leistung dem Antragsteller gegenüber nach den Vorschriften des eigentlich zuständigen Leistungsträgers zu erbringen und gegebenenfalls einen Erstattungsanspruch gegen diesen geltend zu machen (BSG, a. a. O.). Die Auffassung der Beklagten, die nach § 14 SGB IX begründete Zuständigkeit erstrecke sich nur auf Teilhabeleistungen (im eigentlichen Sinne) und sie könne deswegen nicht verpflichtet sein, gänzlich zuständigkeitsfremde Leistungen, wie Hörhilfen als Krankenbehandlung nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung, zu erbringen, stehe in Widerspruch zur Rechtsprechung des BSG und treffe nicht zu. Das gelte auch dann, wenn die Versorgung mit Hörhilfen nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung keine Leistung der medizinischen Rehabilitation sei (so BSG, Urt. v. 21.08.2008, - B 13 R 33/07 R -; im Ergebnis ebenso BSG, Urt. v. 20.10.2009, - B 5 R 5/07 R -).
Die Klägerin könne die höherwertigen Hörgeräte bzw. die Erstattung der Kosten für deren (Selbst-)Beschaffung weder nach dem Leistungsrecht des Rentenversicherungsträgers noch nach dem Leistungsrecht der Arbeitsverwaltung, jedoch nach dem Leistungsrecht der Krankenversicherung beanspruchen. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben seien gegenüber den Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nachrangig (§ 33 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 SGB IX; BSG, Urt. v. 21.08.2008, - B 13 R 33/07 R -). Leistungen der medizinischen Rehabilitation durch den Rentenversicherungsträger (§§ 15 Abs. 1 SGB VI, 26 Abs. 2 Nr. 6, 31 Abs. 1 SGB IX) kämen ebenfalls nicht in Betracht. Die Abgrenzung der Zuständigkeit von Kranken- und Rentenversicherung richte sich danach, ob das Hilfsmittel dem medizinischen Ausgleich der Behinderung diene (dann Zuständigkeit der Krankenversicherung) oder ob es ausschließlich für Verrichtungen bei bestimmten Berufen oder Berufsausbildungen benötigt werde (LSG Bayern, Urt. v. 27.11.2012, - L 13 R 661/10 -). Die Klägerin benötige die Hörgeräte zum Behinderungsausgleich, nicht jedoch für die Ausübung eines speziellen Berufs, sondern allgemein für jedwede Berufstätigkeit und insbesondere für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
Bei der Beschaffung der Hörgeräte habe die Klägerin den vorgeschriebenen Beschaffungsweg eingehalten und sich mit ihrem Leistungsbegehren zuvor an die Beigeladene gewandt und außerdem die Ablehnungsentscheidung der Beklagten (Bescheid vom 20.09.2010) abgewartet. Die Klägerin könne die Gewährung der Hörgeräte als Sachleistung der Krankenversicherung gem. § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V beanspruchen. Die Hörgeräte dienten dem unmittelbaren Behinderungsausgleich, für den das Gebot des möglichst weitgehenden Ausgleichs der Behinderung im Sinne eines Gleichziehens mit den Fähigkeiten gesunder Menschen gelte (vgl. etwa BSG, Urt. v. 17.12.2009, - B 3 KR 20/08 R -; Urt. v. 18.05.2011, - B 4 KR 12/10 R -). Die an einer hochgradigen und an Taubheit grenzenden Schallempfindungsstörung beider Ohren leidende Klägerin sei in diesem Sinne auf die Hörgeräte angewiesen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs. 1 SGB V) sei gewahrt. Mit den von der Klägerin beschafften Hörgeräten werde ein Sprachverstehen von 70 % erreicht. Alle anderen (erprobten) Hörgeräte blieben in der Leistungsfähigkeit dahinter zurück; mit den Festbetragsgeräten habe die Klägerin gar nichts verstehen können. Das gehe aus dem Anpassbericht der Firma L. Hörgeräte vom 15.07.2010 und deren Auskunft vom 19.12.2011 sowie aus den Angaben des behandelnden HNO-Arztes der Klägerin Dr. H. hervor; hierüber bestehe unter den Beteiligten auch kein Streit.
Auf den ihr am 14.06.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 26.06.2013 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, unklar sei, weshalb im Jahr 2010 ein Versorgungsbedarf entstanden sei, nachdem die Klägerin bereits im Jahr 2008 hochwertige Hörgeräte angeschafft habe. Die rein formale Bewertung der Kostenleistungspflicht nach der Zuständigkeitsnorm für die Sachentscheidung, also die Grundlage der erstinstanzlichen Verurteilung, übersehe, dass eine Sachentscheidung auch eine ablehnende Entscheidung beinhalten könne und sie in diesem Sinne ihre Pflichten aus § 14 SGB IX erfüllt habe. Sowohl sie wie auch die Beigeladene hätten eine Ablehnungsentscheidung getroffen hinsichtlich der den Festbetrag übersteigenden Kosten. Da § 14 SGB IX keine Möglichkeit gebe, die Entscheidung des anderen (den Antrag weiterleitenden) Leistungsträgers zu überprüfen bzw. abzuändern, könne sie die (implizit getroffene) Ablehnungsentscheidung der Beigeladenen (bezogen auf die den Festbetrag übersteigenden Kosten) nur (ungeprüft) übernehmen. § 14 SGB IX sei daher nicht geeignet, das vollständige Begehren der Klägerin zu erfüllen, wenn kein Leistungsträger eine Leistungspflicht in diesem Umfang anerkenne. Bei der Verurteilung des materiell-rechtlich eigentlich nicht zuständigen Leistungsträgers aufgrund des § 14 SGB IX werde regelmäßig übersehen, dass sie (der Rentenversicherungsträger) als lediglich nach § 14 SGB IX zuständiger Träger nur über ihre eigene Leistungspflicht inhaltlich entscheiden könne und die Entscheidung des anderen (in Betracht kommenden) Leistungsträgers (hier der Beigeladenen im Hinblick auf die den Festbetrag übersteigenden Kosten) übernehmen müsse.
Die Beigeladene meine offenbar zu Unrecht, zur Leistungsgewährung nicht zuständig zu sein, weil die Klägerin die Hörgeräte aus beruflichen Gründen benötige. Sie reduziere ihre Leistungspflicht auf die Ermöglichung des Sprachverstehens ohne Hintergrundgeräusche (mit einem Festbetragsgerät) und ordne alles andere der beruflichen Rehabilitation zu. Die Krankenkassen hätten mit ihren Leistungserbringern eine Vereinbarung getroffen, wonach praktisch alle Anträge von Arbeitnehmern auf Hörgeräteversorgung an den Rentenversicherungsträger weitergeleitet würden. Auch die Beigeladene habe ihre Leistungspflicht nicht hinreichend geprüft und den Antrag der Klägerin zu Unrecht weitergeleitet. § 14 SGB IX biete keine Handhabe dafür, die Beigeladene zu Lasten des Rentenversicherungsträgers von ihrer Leistungspflicht freizustellen. Außerdem könne der Rentenversicherungsträger den krankenversicherungsrechtlichen Leistungsbedarf (ohne Amtshilfe) nicht sachgerecht feststellen. Mit diesen Folgewirkungen habe sich das BSG in seiner Rechtsprechung nicht hinreichend auseinandergesetzt. § 14 SGB IX gebe dem zweitangegangenen Träger keine Befugnis, eine ggf. bereits vorliegende (Teil-)Ablehnung des erstangegangenen Trägers zu überprüfen.
Nach derzeitiger Praxis fast aller Krankenkassen werde bei den Festbetrag übersteigenden Versorgungsbegehren von Arbeitnehmern ein beruflicher Bedarf unterstellt und der Antrag an den Rentenversicherungsträger ohne nähere Prüfung eines Leistungsanspruchs des Versicherten nach Krankenversicherungsrecht weitergeleitet. Sachgerecht wäre, die Leistungsanträge nicht weiterzuleiten, sondern den Rentenversicherungsträger, und das auch nur in begründeten Fällen besonderen beruflichen Bedarfs, um Amtshilfe zu ersuchen; auf diese Weise verfahre die Arbeitsverwaltung bereits seit dem Jahr 2006. Letztendlich verlagerten die Krankenkassen das Verwaltungsverfahren und den damit verbundenen Verwaltungsaufwand auf die Rentenversicherungsträger. Daher solle vorliegend die Beigeladene zur Leistung verurteilt werden, auch um zu vermeiden, dass Versicherte Leistungen der Krankenkassen in der Hörgeräteversorgung auf dem Umweg über den Rentenversicherungsträger und ggf. das Sozialgericht einfordern müssten.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 05.06.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag; auch sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Beteiligten haben mit Schreiben vom 27.02.2015, 31.03.2015 und vom 10.06.2015 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, der Beigeladenen, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die Berufung der Beklagten ist gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig; der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei Kosten der streitigen Hörgeräteversorgung von 5.650,00 EUR überschritten.
Die Berufung der Beklagten ist aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte im angefochtenen Gerichtsbescheid zu Recht und mit eingehender und zutreffender Begründung dazu verurteilt, der Klägerin die Kosten für die von ihr beschafften Hörgeräte i. H. v. 5.650,00 EUR zu erstatten. Der Senat teilt die Rechtsauffassung des Sozialgerichts und nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend sei im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten angemerkt:
Die Beteiligten streiten nicht darüber, dass sich die Klägerin die Hörgeräte unter Einhaltung des vorgeschriebenen Beschaffungswegs (nach der Ablehnungsentscheidung der Beklagten) beschafft hat, dass der notwendige Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht und dass der Klägerin eine rechtlich wirksame Kostenbelastung entstanden ist (vgl. dazu nur etwa BSG, Urt. v. 24.02.2013, - B 3 KR 5/12 R -; zur Rechtsgrundlage des Erstattungsanspruchs auch BSG, Urt. v. 30.10.2014, - B 5 R 8/14 R -). Die Klägerin hat auch Anspruch auf die Gewährung der in Rede stehenden Hörgeräte als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung im Rahmen des unmittelbaren Behinderungsausgleichs nach Maßgabe der §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 33 SGB V. Unter den Beteiligten ist insoweit (ebenfalls) nicht streitig, dass die an hochgradiger - an Taubheit grenzender - Schwerhörigkeit leidende Klägerin die (verglichen mit Festbetragshörgeräten) leistungsstärkeren und von ihr selbst beschafften Hörgeräte (an Stelle der alten und nicht mehr gebrauchstauglichen Hörgeräte) im Alltagsleben zum unmittelbaren Behinderungsausgleich und nicht nur aus beruflichen Gründen benötigt. Das ergibt sich aus den Feststellungen der Firma L. Hörgeräte bei der Hörgeräteanpassung und aus den Feststellungen des behandelnden HNO-Arztes Dr. H. (etwa im Bericht vom 28.11.2011). Der Berichterstatter des Senats hat den Beteiligten mit Verfügung vom 25.02.2015 mitgeteilt, dass Ermittlungen in tatsächlicher Hinsicht deswegen nicht beabsichtigt sind; Einwendungen sind dagegen (auch von der Beklagten) nicht erhoben worden.
Die Beklagte wendet sich mit der Berufung im Kern dagegen, dass sie unter Anwendung des § 14 Abs. 1 und 2 SGB IX als für die Hörgeräteversorgung der Klägerin zuständiger Leistungsträger eingestuft und deswegen zur Erstattung der der Klägerin entstandenen Aufwendungen für die Beschaffung der Hörgeräte verurteilt worden ist. Die dagegen gerichteten (grundsätzlichen) Einwendungen der Beklagten treffen jedoch nicht zu. Der Senat teilt auch insoweit die Rechtsauffassung des Sozialgerichts. Diese entspricht nach Ansicht des Senats der (vom Sozialgericht in den Entscheidungsgründen seines Gerichtsbescheids angeführten) Rechtsprechung des BSG (so auch etwa LSG Sachsen, Urt. v. 19.04.2011, - L 5 R 48/08 - juris Rdnr. 20, auch Urt. v. 05.04.2011, - L 5 R 28/08 -). Das BSG hat (etwa) im Urteil vom 24.01.2013 (- B 3 KR 5/12 R -) hierzu - zur Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers - Folgendes ausgeführt (vgl. auch zuletzt BSG, Urt. v. 30.10.2014, - B 5 R 8/14 R -):
Nach § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX verliert der materiell-rechtlich - eigentlich - zuständige Rehabilitationsträger (§ 6 SGB IX) im Außenverhältnis zum Versicherten oder Leistungsempfänger seine Zuständigkeit für eine Teilhabeleistung, sobald der zuerst angegangene Rehabilitationsträger (hier: die beigeladene Krankenkasse) eine i.S. von § 14 Abs. 1 SGB IX fristgerechte Zuständigkeitsklärung versäumt hat und demzufolge die Zuständigkeit nach allen in Betracht kommenden rehabilitationsrechtlichen Rechtsgrundlagen auf ihn übergegangen ist. Sinn dieser Regelung ist es, zwischen den betroffenen behinderten Menschen und Rehabilitationsträgern schnell und dauerhaft die Zuständigkeit zu klären und so Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken (vgl. BT-Drucks 14/5074 S 95 zu Nr. 5 und S 102 f zu § 14). Deshalb ist der erstangegangene Rehabilitationsträger gehalten, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang eines Antrags auf Leistungen zur Teilhabe festzustellen, ob er nach dem für ihn geltenden gesetzlichen Regelwerk für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Abs. 4 SGB V (§ 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX). Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden - vor allem in den Systemen der Unfallversicherung und der sozialen Entschädigung - und ist diese Klärung in der Frist nach § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX nicht möglich, wird der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet, der dem Grunde nach zuständig wäre und die Leistung dann zunächst ohne Rücksicht auf die Ursache erbringt (§ 14 Abs. 1 S. 2 und 3 SGB IX). Anderenfalls bestimmt § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX: "Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest." Diese Zuständigkeit nach § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX erstreckt sich im Außenverhältnis zwischen dem Antragsteller und dem erstangegangenen Rehabilitationsträger auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation rehabilitationsrechtlich vorgesehen sind (BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr. 1, RdNr. 15 ff; BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr. 4, RdNr. 14; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr. 21, RdNr. 23). Dadurch wird eine nach außen verbindliche Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers geschaffen, die intern die Verpflichtungen des eigentlich zuständigen Leistungsträgers unberührt lässt und die Träger insoweit auf den nachträglichen Ausgleich nach § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX und §§ 102 ff. SGB X verweist (BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr. 4, RdNr. 14-16).
Erstangegangener Rehabilitationsträger i.S. von § 14 SGB IX ist derjenige Träger, der von dem Versicherten bzw. Leistungsbezieher erstmals mit dem zu beurteilenden Antrag auf Bewilligung einer Leistung zur Teilhabe befasst worden ist. Diese Befassungswirkung fällt nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich auch nach einer verbindlichen abschließenden Entscheidung des erstangegangenen Trägers nicht weg. Vielmehr behält der erstmals befasste Rehabilitationsträger seine Zuständigkeit nach § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX im Außenverhältnis zum Antragsteller regelmäßig auch dann weiter bei, wenn er, ohne den Antrag an den aus seiner Sicht zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet zu haben, das Verwaltungsverfahren durch Erlass eines Verwaltungsakts abschließt (vgl. § 8 SGB X), selbst wenn dieser bindend wird. Er bleibt deshalb auch für ein mögliches Verfahren nach § 44 SGB X zuständig, selbst wenn die Rechtswidrigkeit im Sinne dieser Vorschrift dann nur darin liegt, dass er die außerhalb seiner "eigentlichen" Zuständigkeit liegenden, nach dem Vorstehenden einschlägigen Rechtsgrundlagen nicht beachtet hat (BSGE 93, 283 = SozR 4-3250 § 14 Nr. 1, RdNr. 10; BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr. 7, RdNr. 31; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr. 21, RdNr. 24).
Diese Rechtsgrundsätze gelten entsprechend, wenn der erstangegangene Rehabilitationsträger den Antrag an den nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet hat (§ 14 Abs. 2 Satz 3 SGB IX; vgl. auch jurisPK-SGB IV/Luik § 14 Rdnr. 46). Nach der Weiterleitung des Antrages durch den erstangegangenen Rehabilitationsträger wird der zweitangegangene Rehabilitationsträger im (Außen-)Verhältnis zum Antragsteller endgültig und umfassend leistungspflichtig (vgl. BSG, Urt. v. 14.12.2006, - B 4 R 19/06 R -). Dabei handelt es sich um eine "aufgedrängte Zuständigkeit" (BSG, Urt. v. 26.06.2007, - B 1 KR 24/06 R -), der sich der zweitangegangene Rehabilitationsträger nicht erwehren kann. Er darf den Antrag insbesondere nicht (erneut) an einen dritten Leistungsträger weiterleiten und er muss den Antrag nicht nur nach den für ihn geltenden Leistungsgesetzen, sondern auch nach den Leistungsgesetzen aller anderen Rehabilitationsträger prüfen, insoweit das Verwaltungsverfahren mit dem damit verbundenen Verwaltungsaufwand durchführen und ggf. Leistungen erbringen (vgl. auch etwa LSG Sachsen, Urt. v. 19.04.2011, - L 5 R 48/08 -). Der behinderte Mensch wird damit so behandelt, als hätte er gleichzeitig bei allen Rehabilitationsträgern einen Antrag gestellt, wobei er aber nur einen Ansprechpartner hat, der, ggf. in Kooperation mit anderen Trägern, alle erforderlichen Leistungen i.S. eines Maßnahmenbündels aus einer Hand erbringt (jurisPK-SGB IV/Luik § 14 Rdnr. 6 m. w. N.; auch Rdnr. 90). Der nach Maßgabe des § 14 SGB IX zuständig gewordene Träger ist nach der Vorstellung des Gesetzes durch das Erstattungsverfahren gem. § 14 Abs. 4 SGB IX hinreichend geschützt. Die Wirksamkeit der Weiterleitung des Antrags wird deshalb nicht dadurch beeinträchtigt, dass der weiterleitende erstangegangene Träger "eigentlich" objektiv zuständig ist; ein entsprechender Einwand des zweitangegangenen Trägers ist im gerichtlichen Verfahren unbeachtlich (jurisPK-SGB IV/Luik § 14 Rdnr. 88 m. N. zur Rspr.).
Im Hinblick auf Leistungen der medizinischen Rehabilitation muss bei gegebenem Anlass eine Abgrenzung zur (namentlich ambulanten) Krankenbehandlung durch die gesetzliche Krankenversicherung vorgenommen werden (dazu etwa auch BSG, Urt. v. 17.12.2013, - B 1 KR 50/12 R -; Urt. v. 22.03.2012, - B 8 SO 30/10 R -). Die Rehabilitation hat im Grundsatz die Aufgabe, den Folgen von Krankheiten in Form von Fähigkeitsstörungen und Beeinträchtigungen vorzubeugen, sie zu beseitigen oder zu bessern oder deren wesentliche Verschlechterung abzuwenden. Die Vermeidung der Verschlimmerung von Krankheiten ist dagegen Aufgabe der Behandlung einer Krankheit und der Vorsorge. Bei der Krankenbehandlung liegt der Schwerpunkt auf der ärztlichen Behandlung; für die medizinische Rehabilitation ist demgegenüber ein Gesamtkomplex ineinandergreifender Leistungen charakteristisch, der auf die Beseitigung von Fähigkeitsstörungen und Beeinträchtigungen als Folge einer Behinderung abzielt (jurisPK-SGB IV/Luik § 14 Rdnr. 111 m. w. N.). Bei der hier streitigen Hörgeräteversorgung der Klägerin geht es um die Hilfsmittelversorgung zur medizinischen Rehabilitation (§§ 5 Nr. 1, 31 SGB IX, § 33 SGB V - vgl. etwa BSG, Urt. v. 24.01.2013, - B 3 KR 5/12 R - juris Rdnr. 25). Der Antrag der Klägerin auf Hörgeräteversorgung stellt auch einen Antrag auf Teilhabeleistungen i. S. d. § 14 SGB IX dar (BSG, a. a. O. Rdnr. 21 sowie Urt. v. 30.10.2014, - B 5 R 8/14 R -, juris Rdnr. 30). Die Beklagte kann der Anwendung des § 14 SGB IX in Fällen der vorliegenden Art nicht entgegenhalten, die (einen Leistungsantrag weiterleitende) Krankenkasse sei kein Rehabilitationsträger oder es liege kein Rehabilitationsantrag i. S. d. § 14 SGB IX vor (vgl. auch etwa BSG, Urt. v. 30.10.2014, - L 5 R 8/14 R -). Im Übrigen ist, wie bereits dargelegt wurde, für die "aufgedrängte" Leistungszuständigkeit der Beklagten nicht von Belang, ob die Beigeladene zur Weiterleitung des Antrags der Klägerin nach Maßgabe des § 14 SGB IX befugt gewesen ist oder nicht.
Die Beklagte ist daher mit der Weiterleitung des Leistungsantrags durch die Beigeladene umfassend zuständig geworden und muss - in materiell-rechtlicher Hinsicht - alle für das Leistungsbegehren der Klägerin in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen, hier auch des Krankenversicherungsrechts, prüfen. Dabei muss sie in verfahrensrechtlicher Hinsicht das gesamte Instrumentarium des Sozialverwaltungsrechts anwenden, einschließlich des Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X. Vorentscheidungen (Ablehnungsentscheidungen) des erstangegangenen (den Antrag weiterleitenden) Rehabilitationsträgers darf der zweitangegangene Rehabilitationsträger nicht ungeprüft als für ihn von vornherein bindend übernehmen; das gilt (erst Recht) im Gerichtsverfahren. Auch wenn daher die Beigeladene vor Weiterleitung des Antrags eine (Teil-)Ablehnung des Antrags der Klägerin verfügt haben sollte, wäre die Beklagte daran bei der Antragsbearbeitung als gem. § 14 SGB IX zuständig gewordener Träger nicht gebunden, müsste insoweit nach Maßgabe des § 44 SGB X die verfügte (Teil-)Ablehnung vielmehr überprüfen und ggf. abändern.
Die Beklagte wendet sich im vorliegenden Berufungsverfahren ersichtlich gegen eine Verwaltungspraxis der Krankenkassen, die wohl darin besteht, Anträge von Versicherten auf Hörgeräteversorgung bei jedwedem beruflichen Bezug, möglicherweise schon beim bloßen Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, ohne nähere Prüfung (routinemäßig) an den Rentenversicherungsträger weiterzuleiten. Wenn das so wäre, wäre das mit dem Leistungsrecht der Krankenkassen nicht zu vereinbaren. Freilich begründet auch die zu Unrecht erfolgte Weiterleitung eines Leistungsantrags die ("aufgedrängte") Zuständigkeit des zweitangegangenen Trägers mit allen vorstehend dargestellten materiell-rechtlichen (leistungsrechtlichen) und verfahrensrechtlichen Folgen. Der zweitangegangene Träger kann sich dem nicht entziehen. Das ist vom Gesetz ersichtlich auch so gewollt, um Zuständigkeitsstreitigkeiten oder auch Streitigkeiten über die Handhabung der Verwaltungsverfahren unter den Leistungsträgern nicht "auf dem Rücken" der behinderten Menschen auszutragen. Daran ändert es nichts, dass der Rentenversicherungsträger wohl auch im Interesse der Leistungsberechtigten eine eingehende(re) Prüfung des Leistungsantrags in Fällen der vorliegenden Art durch die Krankenkasse für angezeigt erachtet. Gibt es bei Anwendung des § 14 SGB IX Fehlentwicklungen auf der Ebene der Verwaltung, wird dem ggf. auch mit den Instrumentarien der Verwaltungsebene entgegenzutreten sein, etwa durch Einschaltung der zuständigen Spitzenverbände oder auch durch Herantreten an die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG). Die hier maßgeblichen Rechtsfragen zur Anwendung des § 14 SGB IX sind in der Rechtsprechung des BSG, auf die sich der Senat (wie das Sozialgericht) stützt, hinreichend geklärt.
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