Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 2199/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 3010/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine Wohngemeinschaft von Pflegebedürftigen (Wachkomapatienten) kann ein geeigneter Ort iSv § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V sein, unabhängig davon, ob es sich dabei um ein Heim nach dem jeweiligen Landesheimgesetz handelt. Entscheidend ist, ob die Pflegebedürftigen einen Anspruch gegen den Eigentümer und Vermieter des Hauses bzw. Träger des Heimes auf Erbringung von Leistungen der Behandlungspflege haben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28.05.2014 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Freistellung von Kosten iHv 2.640,54 EUR, die sie für häusliche Krankenpflege durch einen ambulanten Pflegedienst hatte.
Die 1961 geborene Klägerin, die bei der Beklagten im Wege der Familienversicherung krankenversichert ist, leidet an einem apallischen Syndrom (sog Wachkoma). Pflegestufe II ist anerkannt. Bis 09.03.2012 war die Klägerin in der vollstationären Pflegeeinrichtung Haus M. in B. untergebracht. Die Klägerin erhält keine Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII).
Seit 09.03.2012 ist die Klägerin im Haus C. in M. untergebracht, das der Beigeladene, ein eingetragener Verein, 2010 erworben und behindertengerecht umgebaut hat. Seit 01.03.2012 bietet das Haus für Patienten mit schweren Schädelhirnverletzungen teilmöblierte Zimmer, einen Aufenthaltsbereich, eine voll ausgestattete Küche, Bäder und WC sowie einen Garten. Angehörige haben die Möglichkeit, im Zimmer des Bewohners zu übernachten. Das Haus C. bietet Platz für fünf Dauerbewohner (Wachkomapatienten) sowie einen Platz für Verhinderungspflege und ein Gästezimmer. In einer Resolution der Gründungsmitglieder der Wohngemeinschaft Haus C., zu denen auch der Betreuer der Klägerin gehört, wird als erklärtes Ziel ein häusliches Umfeld mit familiären Strukturen und gemeinsamen Unternehmungen bezeichnet.
Der Beigeladene hat an die Klägerin mit Mietvertrag vom 09.03.2012 ein teilmöbliertes Zimmer vermietet mit Mitbenutzung der Gemeinschaftsräume (Miete 620 EUR, Nebenkosten 160 EUR). Daneben haben sich die Mitglieder der Wohngemeinschaft Haus C. als Anlage 1 zum Mietvertrag vertraglich zu einer (Auftraggeber)Gemeinschaft zusammengeschlossen, um das Miteinander in der Wohngemeinschaft zu gestalten, gemeinsame Interessen gegenüber Dritten zu vertreten und die Gemeinschaft betreffende Geschäfte abzuschließen. Geregelt ist insbesondere unter Ziffer 2f die gemeinschaftliche Beauftragung des/der Pflegedienste(s) zur Durchführung von Pflege- und Betreuungsleistungen sowie hauswirtschaftliche Dienstleistungen iSd SGB XI, SGB V, SGB XII und weiterer Hilfen. Nach Ziffer 3g erfolgen die Entscheidungen der Gemeinschaft nach dem Mehrheitsprinzip; zur Herstellung einer Entscheidung ist eine 2/3-Mehrheit der stimmberechtigten Teilnehmer erforderlich. Jedes Mitglied ist nach Ziffer 3h verpflichtet, die Mehrheitsentscheidungen, die ggf auch gegen seinen Willen erfolgen, zu akzeptieren und sich an der Umsetzung zu beteiligen, beispielsweise einen Pflegevertrag zu kündigen und stattdessen einen neuen Vertrag mit dem von der Mehrheit der Gemeinschaft ausgewählten Pflegedienst abzuschließen.
Am 07.03.2012 schloss die Klägerin mit dem Pflegedienst des D. T. einen Vertrag über die Erbringung ambulanter Pflege und hauswirtschaftlicher Versorgung. Dieser sah ua folgende Regelungen vor: § 1 Gegenstand des Vertrags (1) Ziel des Vertrags ist, dem Leistungsnehmer in der häuslichen Umgebung unter Wahrung seiner Menschenwürde zur Erhaltung und Aktivierung der eigenständigen Lebensführung sowie zur Erhaltung und Wiederherstellung individueller Fähigkeiten Hilfe zu gewähren. (2) Der Pflegedienst wird im Rahmen der gesetzlichen Regelungen des SGB V sowie des SGB XI dem Leistungsnehmer im Einzelfall eine fachlich kompetente und bedarfsgerechte Pflege und hauswirtschaftliche Versorgung unter Wahrung seiner Selbstständigkeit und Achtung seiner Persönlichkeit erbringen. § 2 Leistungen des Pflegedienstes (1) Art, Inhalt und Umfang der Leistungen werden entsprechend dem jeweils gültigen Rahmenvertrag gemäß § 75 SGB XI für die ambulante Pflege und dem Vertrag gemäß §§ 132, 132a SGB V und den Leistungsvereinbarungen (Anlagen 1-2) erbracht. (2) Der Pflegedienst bietet neben den Leistungen nach SGB V und SGB XI weitere Leistungen an. Diese werden in Anlage 3 vereinbart. Es gelten die Regelungen dieses Vertrags. (3) (4) Leistungen der Behandlungspflege (SGB V) werden lt ärztlicher Verordnung nach Maßgabe der Genehmigung durch die Krankenkasse erbracht. Vom Arzt verordnete und von der Krankenkasse genehmigte Leistungen gelten als vereinbart, sofern der Leistungsnehmer nicht widerspricht. Nimmt der Leistungsnehmer nicht verordnete oder von der Krankenkasse nicht genehmigte Leistungen in Anspruch, so hat er diese selbst zu bezahlen. Die Leistungen sollen in diesem Fall in der Leistungsvereinbarung SGB V (Anlage 2) vereinbart werden. § 3 Mitwirkungspflichten (1) Leistungen zu Lasten der Kranken- oder Pflegekasse sowie eines Sozialhilfeträgers setzen die Mitwirkung des Leistungsnehmers als versicherte Person bzw als anspruchsberechtigte Person voraus. Der Leistungsnehmer stellt für die im Rahmen dieses Vertrags vom Pflegedienst zu erbringenden Leistungen die notwendigen Anträge und holt die Genehmigung zu der ärztlichen Verordnung für die im Rahmen dieses Vertrags vom Pflegedienst zu erbringenden Leistungen vom jeweiligen Kostenträger ein.
§ 5 Abrechnung mit den Sozialleistungsträgern (1) Leistungen, die direkt mit der Pflegekasse oder der Krankenkasse abgerechnet werden können, werden vom Pflegedienst dem jeweiligen Kostenträger direkt in Rechnung gestellt. § 6 Abrechnung mit dem Leistungsnehmer (1) Soweit Leistungen nicht von den Kranken- und Pflegekassen bzw dem zuständigen Sozialhilfeträger übernommen werden, sind diese vom Leistungsnehmer selbst zu bezahlen
Das Landratsamt T., Abteilung Gesundheit-Heimaufsicht, führte in einem Schreiben an den Beigeladenen vom 30.06.2011 zum Status der Wohngemeinschaft für Menschen mit erworbenen Schädel-Hirnverletzungen M. aus, dass zum aktuellen Zeitpunkt davon ausgegangen werde, dass die Wohngemeinschaft für Menschen mit erworbenen Schädelhirnverletzungen in M. eine Wohngemeinschaft außerhalb des Heimgesetzes Baden-Württemberg darstelle. Auch im Rahmen nachfolgender Überprüfungen in den Folgejahren blieb die Heimaufsicht dabei, dass es sich bei der Wohngemeinschaft Haus C. nicht um eine unter das Heimgesetz fallende Einrichtung handele.
Der Allgemeinarzt Dr. S. verordnete der Klägerin am 24.02.2012 häusliche Krankenpflege für den Zeitraum 09.03. bis 31.05.2012 zur Sicherung der ambulanten ärztlichen Behandlung in Form von Medikamentenverabreichung dreimal täglich und Versorgung bei PEG einmal täglich jeweils sieben Tage die Woche (Eingang bei der Beklagten am 05.03.2012). Entsprechende Folgeverordnungen wurden laufend ausgestellt.
Mit Bescheid vom 06.03.2012 lehnte die Beklagte die Gewährung häuslicher Krankenpflege für den Zeitraum 09.03. bis 31.05.2012 ab. Das Haus C. können nicht als ambulant betreute Wohnform anerkannt werden. Nach den gesetzlichen Bestimmungen könne häusliche Krankenpflege nur in einem Haushalt geleistet werden.
Mit Widerspruch vom 14.03.2012 machten die Bevollmächtigten der Klägerin geltend, es handele sich bei der Wohngemeinschaft Haus C. um eine ambulant betreute Wohnform oder zumindest einen sonstigen geeigneten Ort zur Leistungserbringung. Gegenüber dem Beigeladenen habe die Klägerin keinen Anspruch auf Erbringung von Behandlungspflege. Das Landratsamt T. habe die Wohngemeinschaft als außerhalb des Landesheimgesetzes stehende Wohnform eingestuft. Mit der Neufassung der Anspruchsvoraussetzungen im Jahr 2007 sei beabsichtigt worden, ambulant betreute Wohnformen gegenüber konventionellen Haushalten gleichzustellen und hierdurch vorzeitige stationäre Einweisungen zu vermeiden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.07.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Das Haus C. sei kein geeigneter Ort iSv § 37 SGB V, vielmehr handele es sich um eine nicht zugelassene vollstationäre Einrichtung. Ein wesentliches Unterscheidungskriterium zwischen stationärer Wohnform und ambulant betreutem Wohnen sei die Unabhängigkeit der vertraglichen Bedingungen hinsichtlich des Wohnens und der weitergehenden pflegerischen oder betreuenden Versorgung. Das Prinzip der Selbstbestimmtheit sei das entscheidende Kriterium für eine ambulant betreute Wohngemeinschaft. Bei ausschließlich schwer und schwerst pflegebedürftigen Bewohnern in einer Wohngemeinschaft gestalte sich das Zusammenleben fremdbestimmt. Angehörige könnten das Selbstbestimmungsrecht der Bewohner nur dann ausüben, wenn sie mit in der Wohngemeinschaft lebten; für die Bewohner sei eine eigene Haushaltsführung nicht möglich. Der Pflegedienst sei nicht frei wählbar. Der Pflegebedarf der Klägerin erfordere eine Rund-um-die-Uhr-Versorgung, wie sie in einer stationären Einrichtung vorgehalten werde. Im Haus C. stehe nicht das gemeinsame selbstbestimmte Leben im Vordergrund, sondern die pflegerische Versorgung der Bewohner.
Hiergegen richtet sich die am 08.08.2012 zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobene Klage. Es handele sich vorliegend um eine ambulant betreute Wohnform und damit einen qualifizierten Leistungserbringungsort iSd gesetzlichen Vorgaben. Die Wohngemeinschaft sei nicht von einem Pflegedienst, sondern von Bewohnern und deren Angehörigen ins Leben gerufen worden. Die Klägerin habe gegenüber dem Beigeladenen keinen Anspruch auf Behandlungspflege, dieser sei lediglich Vermieter. Durch die Bewohner bzw deren Angehörige könne der Pflegedienst frei gewählt werden. Über die einheitliche Inanspruchnahme des D.-Pflegedienstes habe die Mietergemeinschaft durch Gemeinschaftsbeschluss entschieden. Die Inanspruchnahme desselben Pflegedienstes diene der Erzielung von Synergieeffekten und werde durch den Gesetzgeber ausdrücklich gefördert. Das Landratsamt T. habe eine außerhalb des Heimgesetzes stehende Wohnform bestätigt. Im Übrigen könne das Landesheimgesetz den Anspruch auf häusliche Krankenpflege nicht konkretisieren, weshalb es auf die heimrechtliche Qualifizierung nicht ankomme. Mit der Annahme, dass die Versorgung von Bewohnern mit hohem grundpflegerischen Hilfebedarf ein hohes Maß an Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität verlange, vermenge die Beklagte das Heimrecht mit dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung. Es sei nicht Aufgabe der Beklagten, mit der Verweigerung von Leistungen heimaufsichtsrechtliche Befugnisse wahrzunehmen. Im Übrigen würden in der Wohngemeinschaft Qualitätsstandards eingehalten, die über die für stationäre Pflegeeinrichtungen geltenden Standards hinausgingen. Die Beklagte verhalte sich widersprüchlich und schaffe eine Versorgungslücke, indem sie einerseits als Pflegekasse Leistungen für ambulante Pflege erbringe und andererseits im Bereich der häuslichen Krankenpflege eine ambulant betreute Wohnform nicht anerkenne. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 19.11.2013 Rechnungen und Leistungsnachweise des Pflegedienstes vorgelegt.
Mit Urteil vom 28.05.2014 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, die Klägerin von den Kosten häuslicher Krankenpflege im Zeitraum 09.03. bis 31.05.2012 iHv 2.640,54 EUR freizustellen. Weitere Verordnungszeiträume seien nicht in das Verfahren einzubeziehen. Der Anspruch der Klägerin ergebe sich aus § 13 Abs 3 SGB V. Die Beklagte habe die Gewährung häuslicher Krankenpflege zu Unrecht abgelehnt. Durch die Neufassung des § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V mWz 01.04.2007 könne häusliche Krankenpflege neben dem Haushalt auch an einem anderen geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen in Anspruch genommen werden. Die Frage, ob die Erbringung häuslicher Krankenpflege in einer Einrichtung, die unter die heimrechtlichen Vorschriften falle, zulässig sei, bedürfe keiner Entscheidung, denn das Landratsamt T. habe festgestellt, dass es sich bei der Wohngemeinschaft im Haus C. nicht um eine unter das Heimgesetz fallende Form des betreuten Wohnens handele. Die Voraussetzungen für einen geeigneten Ort iSv § 37 Abs 1 Satz 2 SGB V seien erfüllt, insbesondere habe die Klägerin gegen den Beigeladenen als Vermieter keinen Anspruch auf die Erbringung medizinischer Behandlungspflege. Der Mietvertrag sei mit der Erbringung von Pflegeleistungen weder tatsächlich noch konditional verknüpft, vielmehr schließe jeder Bewohner einen gesonderten Pflegevertrag. Die Wahlfreiheit der Bewohner sei insoweit nicht eingeschränkt. Die Vereinbarung eines gemeinsamen Pflegedienstes entspreche dem gemeinsamen Interesse der Gemeinschaft, eine möglichst hohe zeitliche und fachliche Kontinuität im Rahmen der Pflege zu gewähren und Synergieeffekte zu nutzen. Der Umstand, dass die Bewohner zu einer eigenständigen Haushaltsführung nicht in der Lage seien, stehe dem Anspruch auf häusliche Krankenpflege nicht entgegen. Das Vorliegen eines Haushalts werde vom Gesetz für den geeigneten Ort iSv § 37 Abs 1 Satz 1 SGB V nicht gefordert, auch das von der Beklagten herangeführte Prinzip der Selbstbestimmung könne insoweit nicht als Kriterium herangezogen werden. Die Einhaltung der erforderlichen Qualitätsstandards liege in der Aufgabe der Heimaufsicht und des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung und werde durch turnusmäßige Kontrollen überprüft. Seit der Gründung im Jahr 2012 seien Mängel in der pflegerischen Versorgung der Bewohner des Haus C. weder dokumentiert noch vorgetragen. Die Frage, ob Anspruch auf Leistungen der häuslichen Krankenpflege bestehe, könne nicht davon abhängen, ob in der Gesamtschau ausreichend Indizien für eine stationäre Einrichtung vorlägen. Die heimrechtliche Qualifizierung weise keinen inhaltlichen Bezug zur Erbringung häuslicher Krankenpflege auf.
Gegen das ihr am 23.06.2014 zugestellte Urteil richtet sich die am 18.07.2014 eingelegte Berufung der Beklagten. Die Auslegung des Begriffs "geeigneter Ort" durch das SG gehe zu weit. Durch die Erweiterung des Haushaltsbegriffs sollten nach der Gesetzesbegründung vorschnelle stationäre Einweisungen vermieden werden. Die Begründung zeige, dass die Vorschrift des § 37 Abs 2 Satz 1 1. Hs SGB V nach wie vor auf die "Häuslichkeit" der Einrichtung abstelle. Erforderlich sei daher weiterhin, dass die betreffende Person in einer abgeschlossenen Wohnung lebe und in der Gestaltung der persönlichen Lebensführung weitgehend unabhängig sei. Wohnformen, in denen lediglich ein Einzelzimmer mit der Möglichkeit zur Nutzung der Gemeinschaftsräume bewohnt werde, fehle es an der Häuslichkeit. Gegen die Annahme eines Haushalts spreche, dass die Einrichtung den Bewohnern eine Art Rundumversorgung anbiete bzw die Erwartung hervorrufe, es werde eine Versorgungssicherheit vergleichbar mit einem Heim geboten. Außerdem spreche gegen die Annahme eines geeigneten Ortes, dass tatsächlich eine stationäre Pflegeeinrichtung vorliegen dürfte, die jedoch nicht über einen Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI verfüge. Eine strukturelle Abhängigkeit von Wohnraumüberlassung und Betreuungsleistungen trotz getrennter Verträge liege bei eingeschränkter freier Wählbarkeit der Pflege- und Betreuungsleistungen vor und spreche für das Vorliegen einer stationären Einrichtung. Vorliegend bestehe faktisch keine freie Wählbarkeit, da für alle Bewohner einheitlich die Betreuung durch den Pflegedienst des D. T. erfolge. Zudem seien Wachkomapatienten schwerstpflegebedürftig und nicht in der Lage, ein eigenständiges, selbstverantwortetes Leben zu führen, wie es für eine betreute Wohngemeinschaft typisch sei. Das Angebot im Haus C. entspreche einer stationären Einrichtung, die hier ohne entsprechenden Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI vorliege. Das Haus C. sei somit kein anderer geeigneter Ort iSv § 37 SGB V.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28.05.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Gesetzgeber habe mit der Neufassung des § 37 Abs 2 SGB V ausdrücklich auch die Einbeziehung von Wohngemeinschaften für Menschen mit speziellen Pflege- und Betreuungsbedarfen in die geeigneten Orte des § 37 Abs 2 SGB V bezweckt. Dies gelte insbesondere für Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenzerkrankungen oder eben auch für Menschen im Wachkoma. Typisches Merkmal solcher Wohngemeinschaften sei, dass nur ein Zimmer bewohnt werde und die Gemeinschaftsräume zur gemeinsamen Nutzung zur Verfügung stünden. Habe der Gesetzgeber Wohngemeinschaften in dieser typischen Erscheinungsform ausdrücklich aufnehmen wollen, könne den übrigen Formulierungen in der Gesetzesbegründung nicht entnommen werden, dass ein umfassender eigener Haushalt mit privater Nutzung aller Räume geführt werden müsse (unter Hinweis auf Senatsurteil vom 17.12.2013, L 11 KR 4070/11, juris). Den Begriff einer stationären Pflegeeinrichtung ohne pflegeversicherungsrechtliche Zulassung gebe es im Zusammenhang mit § 37 SGB V nicht. Entscheidend sei allein, ob die Bewohner gegen den Einrichtungsträger Anspruch auf Leistungen der medizinischen Behandlungspflege habe – was hier unstreitig nicht der Fall sei. Durch die rechtskräftige Beurteilung der zuständigen Heimaufsicht stehe zudem fest, dass hier keine stationäre Einrichtung im heimrechtlichen Sinne vorliege. Die Ausführungen der Beklagten zur selbstständigen Lebensführung beruhten auf einem falschen Verständnis. Benötigten Menschen mit Demenz oder im Wachkoma eine rechtliche Betreuung, könne daraus nicht gefolgert werden, dass keine selbstbestimmte Lebensführung vorliege. Es seien lediglich Entscheidung im notwendigen Umfang durch die Betreuungspersonen zu treffen.
Der Beigeladene hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG) und damit zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat den angefochtenen Bescheid vom 06.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.07.2012 zu Recht aufgehoben, denn dieser ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Freistellung von den im streitigen Zeitraum 09.03. bis 31.05.2012 entstandenen Kosten für häusliche Krankenpflege iHv 2.640,54 EUR.
Die Klage ist als Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) zulässig. Der Anspruch der Klägerin ist in zulässiger Weise auf die Freistellung von Kosten für eine selbst beschaffte Leistung gerichtet, weil sie die Leistung erhalten, aber den in Rechnung gestellten Betrag noch nicht bezahlt hat. Ein solcher Anspruch ist mit der Leistungsklage geltend zu machen. Auch dieser Anspruch ist – wie hier geschehen - zu beziffern, weil die Leistung bereits abgerechnet wurde (vgl BSG 17.06.2010, B 3 KR 7/09, R, BSGE 106, 173).
Anspruchsgrundlage ist § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V (idF vom 26.03.2007, BGBl I, 378). Diese auf die Erstattung vom Versicherten bereits gezahlter Kosten zugeschnittenen Bestimmungen sind bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen entsprechend anzuwenden, wenn die Verpflichtung bereits entstanden ist, der Versicherte aber noch nicht gezahlt hat (Urteil des Senats vom 26.11.2013, L 11 KR 3362/12; LSG Baden-Württemberg 01.03.2013, L 4 KR 3797/11). Statt einer Erstattung kann er dann die Bezahlung seiner Schuld durch den Versicherungsträger verlangen (ständige Rechtsprechung zB BSG 10.02. 2000, B 3 KR 26/99 R, 17.06. 2010, B 3 KR 7/09 R, beide in juris). Danach sind die Kosten in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (Alt 1) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (Alt 2) und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, soweit die Leistung notwendig war. Mit dieser Regelung wird der Grundsatz des Sach- und Dienstleistungsanspruchs nach § 2 Abs 2 Satz 1 SGB V für die Fälle ergänzt, in denen die Krankenkasse eine geschuldete Leistung nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellen kann (BSG 02.11.2007, B 1 KR 14/07 R, BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15). Der Naturalleistungsanspruch des Versicherten wandelt sich um in einen Kostenerstattungsanspruch bzw soweit die Kosten tatsächlich noch nicht beglichen sind, in einen Anspruch des Versicherten auf Freistellung von den Kosten. Der Freistellungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG 14.12.2006, B 1 KR 12/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 8; BSG 27.03.2007, B 1 KR 17/06 R, juris).
Dies ist hier der Fall, die Klägerin hatte einen Anspruch gegen die Beklagte auf Versorgung mit häuslicher Krankenpflege. Die Beklagte hat die Gewährung häuslicher Krankenpflege zu Unrecht abgelehnt. Die erforderliche Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenverursachung ("dadurch") ist gegeben; die Voraussetzungen für die Bewilligung der Leistung lagen vor.
Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach Satz 2 Nr 4 dieser Vorschrift umfasst die Krankenbehandlung ua auch häusliche Krankenpflege und Haushaltshilfe. Nach § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V ab dem 01.04.2007 geltenden Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbs-Stärkungs-Gesetz GKV-WSG vom 26.03.2007, BGBl I S 378) erhalten Versicherte in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist; der Anspruch umfasst verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen auch in den Fällen, in denen dieser Pflegebedarf bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach den §§ 14 und 15 SGB XI zu berücksichtigen ist. Gemäß § 37 Abs 6 SGB V legt der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) in Richtlinien nach § 92 SGB V fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können. Er bestimmt darüber hinaus das Nähere über Art und Inhalt der verrichtungsbezogenen krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen nach § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V.
Durch die Neufassung des § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V mit Wirkung zum 01.04.2007 kann häusliche Krankenpflege neben dem Haushalt oder der Familie auch an einem anderen geeigneten Ort insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen in Anspruch genommen werden. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs 16/3100 S 104) hat sich die Beschränkung der Leistung zur häuslichen Krankenpflege auf Haushalt und Familie des Versicherten im Hinblick auf das Ziel, vorschnelle stationäre Einweisungen zu vermeiden, als kontraproduktiv erwiesen. Die Neuregelung solle, so die weitere Gesetzesbegründung, durch vorsichtige Erweiterung des Haushaltsbegriffes bewirken, dass in der gesetzlichen Krankenversicherung neue Wohnformen, Wohngemeinschaften und betreutes Wohnen hinsichtlich der Erbringung von häuslicher Krankenpflege gegenüber konventionellen Haushalten nicht benachteiligt werden. Betreute Wohnformen, deren Bewohner ambulante Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung erhalten, sollen verbesserte Angebote für ambulant Pflegebedürftige darstellen; dem werde durch die Änderung Rechnung getragen. Darüber hinaus werde im Hinblick auf bestimmte, eng begrenzte Personengruppen durch die Erweiterung des Haushaltsbegriffs eine vorschnelle Einweisung in stationäre Einrichtung verhindert. Ein "geeigneter Ort" für die Leistung der häuslichen Krankenpflege durch die gesetzliche Krankenversicherung sei jedenfalls dann nicht gegeben, wenn sich der Versicherte in einer Einrichtung befinde, in der er nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung medizinischer Behandlungspflege durch die Einrichtung habe.
In Umsetzung seiner Verpflichtung hat der GBA in der Richtlinie über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege (HKP-Richtlinie vom 17.09.2009, BAnz Nr 21a vom 09.02.2010, Beilage; idF vom 21.10.2010, BAnz 2011 Nr 16 vom 14.01.2011 S 339) in § 1 Abs 2 Satz 2 folgende Regelung getroffen: Häusliche Krankenpflege wird im Haushalt des Versicherten oder seiner Familie erbracht. Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht auch an sonstigen geeigneten Orten, an denen sich der Versicherte regelmäßig wiederkehrend aufhält und an denen &61630; die verordnete Maßnahme zuverlässig durchgeführt werden kann und &61630; für die Erbringung der einzelnen Maßnahmen geeignete räumliche Verhältnisse vorliegen (zB im Hinblick auf hygienische Voraussetzungen, Wahrung der Intimsphäre, Beleuchtung), &61630; wenn die Leistung aus medizinisch-pflegerischen Gründen während des Aufenthaltes an diesem Ort notwendig ist. Orte im Sinne des Satz 2 können insbesondere Schulen, Kindergärten, betreute Wohnformen oder Arbeitsstätten sein.
Nach § 1 Abs 6 HKP-Richtlinien gilt: Für die Zeit des Aufenthalts in Einrichtungen, in denen nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtungen besteht (zB Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen, Hospizen, Pflegeheimen), kann häusliche Krankenpflege nicht verordnet werden. Ob ein solcher Anspruch besteht, ist im Einzelfall durch die Krankenkassen zu prüfen. Abweichend davon kann häusliche Krankenpflege in Werkstätten für behinderte Menschen verordnet werden, wenn die Intensität oder Häufigkeit der in der Werkstatt zu erbringenden Pflege so hoch ist, dass nur durch den Einsatz einer Pflegefachkraft Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vermieden oder das Ziel der ärztlichen Behandlung gesichert werden kann und die Werkstatt für behinderte Menschen nicht auf Grund des § 10 der Werkstättenverordnung verpflichtet ist, die Leistung selbst zu erbringen (§ 1 Abs 7 Satz 1 HKP-Richtlinien). Eine Verordnung von Behandlungspflege ist auch für Versicherte in Pflegeheimen zulässig, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens 6 Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben (§ 37 Abs 2 Satz 3 SGB V). Dies ist der Fall, wenn (§ 1 Abs 7 Sätze 2 und 3 HKP-Richtlinien).
Aus dem Regelungsgefüge von gesetzlichen Vorschriften und den Normen der HKP-Richtlinie ergibt sich, dass der Anspruch an allen geeigneten Orten besteht, an denen sich der Versicherte regelmäßig aufhält, wenn die Leistung aus medizinisch pflegerischen Gründen während des Aufenthalts an diesem Ort notwendig ist. Einschränkungen ergeben sich – abgesehen von der Geeignetheit der räumlichen Verhältnisse – erst aus den Regelungen des § 1 Abs 6 HKP-Richtlinien, dh für die Zeit des Aufenthalts in Einrichtungen nur dann, wenn nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtung besteht. Dies ist im Einzelfall zu prüfen. Einrichtungen der Eingliederungshilfe werden in den HKP-Richtlinien den Krankenhäusern und Pflegeheimen ausdrücklich nicht (mehr) gleichgestellt (BSG 25.02.2015, B 3 KR 10/14 R, juris).
Die Wohngemeinschaft Haus C. erfüllt nach den Feststellungen des Senats die Voraussetzungen für einen geeigneten Ort iSv § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V. Nach dem Mietvertrag steht der Klägerin ein teilmöbliertes Zimmer zur Alleinbenutzung zur Verfügung und sie hat Mitbenutzungsrechte an den Gemeinschaftsräumen (Aufenthaltsbereich, Küche, Bäder, Garten). Eine Beschränkung des Anspruchs auf Fälle, in denen noch ein Mindestmaß eines eigenen Haushalts oder ein Leben in der Familie geführt wird, lässt sich der aktuellen Gesetzesfassung nicht entnehmen (BSG 25.02.2015, B 3 KR 10/14 R, juris RdNr 17). Es ist daher nicht entscheidend, ob die Klägerin selbst noch eigenverantwortliche Entscheidungen treffen kann.
Entscheidend ist vielmehr, dass die Klägerin gegen den Beigeladenen keinen Anspruch auf Erbringung von Leistungen der Behandlungspflege hat. Ein gesetzlicher Anspruch auf Behandlungspflege besteht nicht. Ob ein vertraglicher Anspruch auf Behandlungspflege die Wertung des Haus C. als geeigneten Ort iSv § 37 SGB V ausschließt, kann offen bleiben, denn ein solcher Anspruch hat ebenfalls nicht bestanden. In dem vorliegenden Mietvertrag wurde Behandlungspflege offensichtlich nicht vereinbart. Der mit dem Pflegedienst des D. T. geschlossene Vertrag über die Erbringung ambulanter Pflege und hauswirtschaftlicher Versorgung sieht in § 2 Abs 4 vor, dass Leistungen der Behandlungspflege lt ärztlicher Verordnung nach Maßgabe der Genehmigung durch die Krankenkasse erbracht werden. Vom Arzt verordnete und von der Krankenkasse genehmigte Leistungen gelten als vereinbart, sofern der Leistungsnehmer nicht widerspricht. Nimmt der Leistungsnehmer nicht verordnete oder von der Krankenkasse nicht genehmigte Leistungen in Anspruch, so hat er diese selbst zu bezahlen. Hinsichtlich der Kostentragung sieht § 5 Abs 1 des Vertrags ausdrücklich vor, dass Leistungen, die direkt mit der Pflegekasse oder der Krankenkasse abgerechnet werden können, vom Pflegedienst dem jeweiligen Kostenträger direkt in Rechnung gestellt werden. Damit bleiben die gegen die Krankenkasse bestehenden Ansprüche auf Leistungen der Behandlungspflege vorrangig. Zudem ist der Vertrag über die Erbringung ambulanter Pflege und hauswirtschaftlicher Versorgung rechtlich nicht konditional mit dem Mietvertrag verknüpft. Es besteht daher kein Anspruch gegen den Beigeladenen als Vermieter. Auch die örtliche Geeignetheit ist gegeben. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die häusliche Krankenpflege in den Räumen des Hauses C. nicht zuverlässig und unter Beachtung der hygienischen und sonstigen Anforderungen gemäß § 1 Abs 2 Satz 2 HKP-Richtlinie durchgeführt werden kann, dies wird auch von der Beklagten nicht behauptet.
Keine andere Beurteilung ergibt sich aus der Argumentation der Beklagten, bei dem Haus C. handele es sich tatsächlich um eine stationäre Pflegeeinrichtung ohne Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI. Die heimrechtliche Qualifizierung ist kein geeignetes Abgrenzungskriterium, da sie keinen Bezug zur häuslichen Krankenpflege hat (vgl Luthe in Hauck/Noftz, Stand 02/15, SGB V, § 37 RdNr 52; Padé in jurisPK-SGB V § 37 RdNr 32). Davon abgesehen teilt der Senat aufgrund der Feststellungen und Überprüfungen der zuständigen Heimaufsicht deren Auffassung, dass das Haus C. nicht dem Landesheimgesetz (LHeimG) unterfällt. Heime sind gemäß § 1 Abs 1 Satz 2 LHeimG Einrichtungen, die dem Zweck dienen, ältere Menschen oder volljährige pflegebedürftige oder psychisch kranke oder behinderte Menschen aufzunehmen, ihnen Wohnraum zu überlassen sowie Betreuung und Verpflegung zur Verfügung zu stellen oder vorzuhalten, und die in ihrem Bestand von Wechsel und Zahl der Bewohner unabhängig sind und entgeltlich betrieben werden. Nach § 1 Abs 2 LHeimG ist das Gesetz nicht auf betreutes Wohnen anzuwenden, wenn die Mieter vertraglich lediglich dazu verpflichtet sind, allgemeine Betreuungsleistungen wie Notrufdienste, die Vermittlung von Dienst- und Pflegeleistungen oder Informationen und Beratungsleistungen von bestimmten Anbietern anzunehmen und die darüber hinausgehenden Betreuungs- und Pflegeleistungen von den Bewohnern frei wählbar sind. Betreutes Wohnen im Sinne dieses Gesetzes ist eine Wohnform, bei der Vermieter von abgeschlossenen Wohnungen durch Verträge mit Dritten oder auf andere Weise sicherstellen, dass den Mietern nebst der Überlassung des Wohnraums allgemeine Betreuungsleistungen angeboten werden. Nach § 1 Abs 7 LHeimG gilt dieses Gesetz nicht für Wohngemeinschaften für Pflegebedürftige, wenn sie strukturell von Dritten unabhängig sind. Das ist der Fall, wenn die Mitglieder der Wohngemeinschaft alle Angelegenheiten der Wohngemeinschaft in einer Auftraggebergemeinschaft selbst regeln. Die Wahlfreiheit bezüglich der Betreuungsleistungen darf nicht beschränkt werden. Eine Beschränkung liegt insbesondere dann vor, wenn Vermieter und Pflegedienstleister identisch sind oder rechtlich oder faktisch verbunden sind.
Das Landratsamt T., Abteilung Gesundheit – Heimaufsicht ist auch nach mehrfacher Überprüfung des Hauses C. unter Berücksichtigung der geschlossenen Verträge, von Protokollen der Sitzungen der Auftraggebergemeinschaft und Rücksprache mit deren Mitgliedern bei der Beurteilung geblieben, dass das Haus C. eine Wohngemeinschaft für Pflegebedürftige ist, die nicht unter das LHeimG fällt. Dabei hat die Heimaufsicht entsprechend dem LHeimG als maßgebendes Abgrenzungsmerkmal auf die strukturelle Unabhängigkeit von Dritten abgestellt. Dieses Kriterium ist hier erfüllt, da die Angelegenheiten der Wohngemeinschaft von dieser selbst über eine Auftraggebergemeinschaft geregelt werden und die Wahlfreiheit hinsichtlich der Betreuungsleistungen nicht beschränkt ist. Die vom Gesetz geforderte Wahlfreiheit ist nicht deshalb in Frage zu stellen, weil der Pflegedienst im Wege von Mehrheitsentscheidungen gewählt wird. In der Gesetzesbegründung zu § 1 Abs 7 LHeimG wird vor dem Hintergrund der bezweckten Synergieeffekte durch ein gemeinschaftliches Pflegearrangement der Wohngemeinschaft ausdrücklich klargestellt, dass die Wahlfreiheit als kollektive Wahlfreiheit der Auftraggeber zu verstehen ist und insoweit nur die Unabhängigkeit der Auftraggebergemeinschaft von Dritten wie dem Vermieter oder einem Pflegedienstleister gefordert wird (Landtag von Baden-Württemberg, Drs 14/2535 S 31). Soweit von der Heimaufsicht noch Mängel in der Dokumentation der Beschlüsse der Auftraggebergemeinschaft beanstandet werden (zB Schreiben vom 25.02.2013), ändert dies – auch nach Auffassung der Heimaufsicht - an der Gesamtbeurteilung nichts.
An der medizinischen Erforderlichkeit der verordneten Leistungen der Behandlungspflege (Medikamentengabe und PEG-Versorgung) zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung bestehen keine Zweifel; dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.
Von dem Erstattungsbetrag sind keine Abzüge nach §§ 37 Abs 5, 61 Satz 3 SGB V zu machen, da die Klägerin nach Mitteilung der Beklagten im streitigen Zeitraum von Zuzahlungen nach § 62 SGB V befreit war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Die Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Freistellung von Kosten iHv 2.640,54 EUR, die sie für häusliche Krankenpflege durch einen ambulanten Pflegedienst hatte.
Die 1961 geborene Klägerin, die bei der Beklagten im Wege der Familienversicherung krankenversichert ist, leidet an einem apallischen Syndrom (sog Wachkoma). Pflegestufe II ist anerkannt. Bis 09.03.2012 war die Klägerin in der vollstationären Pflegeeinrichtung Haus M. in B. untergebracht. Die Klägerin erhält keine Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII).
Seit 09.03.2012 ist die Klägerin im Haus C. in M. untergebracht, das der Beigeladene, ein eingetragener Verein, 2010 erworben und behindertengerecht umgebaut hat. Seit 01.03.2012 bietet das Haus für Patienten mit schweren Schädelhirnverletzungen teilmöblierte Zimmer, einen Aufenthaltsbereich, eine voll ausgestattete Küche, Bäder und WC sowie einen Garten. Angehörige haben die Möglichkeit, im Zimmer des Bewohners zu übernachten. Das Haus C. bietet Platz für fünf Dauerbewohner (Wachkomapatienten) sowie einen Platz für Verhinderungspflege und ein Gästezimmer. In einer Resolution der Gründungsmitglieder der Wohngemeinschaft Haus C., zu denen auch der Betreuer der Klägerin gehört, wird als erklärtes Ziel ein häusliches Umfeld mit familiären Strukturen und gemeinsamen Unternehmungen bezeichnet.
Der Beigeladene hat an die Klägerin mit Mietvertrag vom 09.03.2012 ein teilmöbliertes Zimmer vermietet mit Mitbenutzung der Gemeinschaftsräume (Miete 620 EUR, Nebenkosten 160 EUR). Daneben haben sich die Mitglieder der Wohngemeinschaft Haus C. als Anlage 1 zum Mietvertrag vertraglich zu einer (Auftraggeber)Gemeinschaft zusammengeschlossen, um das Miteinander in der Wohngemeinschaft zu gestalten, gemeinsame Interessen gegenüber Dritten zu vertreten und die Gemeinschaft betreffende Geschäfte abzuschließen. Geregelt ist insbesondere unter Ziffer 2f die gemeinschaftliche Beauftragung des/der Pflegedienste(s) zur Durchführung von Pflege- und Betreuungsleistungen sowie hauswirtschaftliche Dienstleistungen iSd SGB XI, SGB V, SGB XII und weiterer Hilfen. Nach Ziffer 3g erfolgen die Entscheidungen der Gemeinschaft nach dem Mehrheitsprinzip; zur Herstellung einer Entscheidung ist eine 2/3-Mehrheit der stimmberechtigten Teilnehmer erforderlich. Jedes Mitglied ist nach Ziffer 3h verpflichtet, die Mehrheitsentscheidungen, die ggf auch gegen seinen Willen erfolgen, zu akzeptieren und sich an der Umsetzung zu beteiligen, beispielsweise einen Pflegevertrag zu kündigen und stattdessen einen neuen Vertrag mit dem von der Mehrheit der Gemeinschaft ausgewählten Pflegedienst abzuschließen.
Am 07.03.2012 schloss die Klägerin mit dem Pflegedienst des D. T. einen Vertrag über die Erbringung ambulanter Pflege und hauswirtschaftlicher Versorgung. Dieser sah ua folgende Regelungen vor: § 1 Gegenstand des Vertrags (1) Ziel des Vertrags ist, dem Leistungsnehmer in der häuslichen Umgebung unter Wahrung seiner Menschenwürde zur Erhaltung und Aktivierung der eigenständigen Lebensführung sowie zur Erhaltung und Wiederherstellung individueller Fähigkeiten Hilfe zu gewähren. (2) Der Pflegedienst wird im Rahmen der gesetzlichen Regelungen des SGB V sowie des SGB XI dem Leistungsnehmer im Einzelfall eine fachlich kompetente und bedarfsgerechte Pflege und hauswirtschaftliche Versorgung unter Wahrung seiner Selbstständigkeit und Achtung seiner Persönlichkeit erbringen. § 2 Leistungen des Pflegedienstes (1) Art, Inhalt und Umfang der Leistungen werden entsprechend dem jeweils gültigen Rahmenvertrag gemäß § 75 SGB XI für die ambulante Pflege und dem Vertrag gemäß §§ 132, 132a SGB V und den Leistungsvereinbarungen (Anlagen 1-2) erbracht. (2) Der Pflegedienst bietet neben den Leistungen nach SGB V und SGB XI weitere Leistungen an. Diese werden in Anlage 3 vereinbart. Es gelten die Regelungen dieses Vertrags. (3) (4) Leistungen der Behandlungspflege (SGB V) werden lt ärztlicher Verordnung nach Maßgabe der Genehmigung durch die Krankenkasse erbracht. Vom Arzt verordnete und von der Krankenkasse genehmigte Leistungen gelten als vereinbart, sofern der Leistungsnehmer nicht widerspricht. Nimmt der Leistungsnehmer nicht verordnete oder von der Krankenkasse nicht genehmigte Leistungen in Anspruch, so hat er diese selbst zu bezahlen. Die Leistungen sollen in diesem Fall in der Leistungsvereinbarung SGB V (Anlage 2) vereinbart werden. § 3 Mitwirkungspflichten (1) Leistungen zu Lasten der Kranken- oder Pflegekasse sowie eines Sozialhilfeträgers setzen die Mitwirkung des Leistungsnehmers als versicherte Person bzw als anspruchsberechtigte Person voraus. Der Leistungsnehmer stellt für die im Rahmen dieses Vertrags vom Pflegedienst zu erbringenden Leistungen die notwendigen Anträge und holt die Genehmigung zu der ärztlichen Verordnung für die im Rahmen dieses Vertrags vom Pflegedienst zu erbringenden Leistungen vom jeweiligen Kostenträger ein.
§ 5 Abrechnung mit den Sozialleistungsträgern (1) Leistungen, die direkt mit der Pflegekasse oder der Krankenkasse abgerechnet werden können, werden vom Pflegedienst dem jeweiligen Kostenträger direkt in Rechnung gestellt. § 6 Abrechnung mit dem Leistungsnehmer (1) Soweit Leistungen nicht von den Kranken- und Pflegekassen bzw dem zuständigen Sozialhilfeträger übernommen werden, sind diese vom Leistungsnehmer selbst zu bezahlen
Das Landratsamt T., Abteilung Gesundheit-Heimaufsicht, führte in einem Schreiben an den Beigeladenen vom 30.06.2011 zum Status der Wohngemeinschaft für Menschen mit erworbenen Schädel-Hirnverletzungen M. aus, dass zum aktuellen Zeitpunkt davon ausgegangen werde, dass die Wohngemeinschaft für Menschen mit erworbenen Schädelhirnverletzungen in M. eine Wohngemeinschaft außerhalb des Heimgesetzes Baden-Württemberg darstelle. Auch im Rahmen nachfolgender Überprüfungen in den Folgejahren blieb die Heimaufsicht dabei, dass es sich bei der Wohngemeinschaft Haus C. nicht um eine unter das Heimgesetz fallende Einrichtung handele.
Der Allgemeinarzt Dr. S. verordnete der Klägerin am 24.02.2012 häusliche Krankenpflege für den Zeitraum 09.03. bis 31.05.2012 zur Sicherung der ambulanten ärztlichen Behandlung in Form von Medikamentenverabreichung dreimal täglich und Versorgung bei PEG einmal täglich jeweils sieben Tage die Woche (Eingang bei der Beklagten am 05.03.2012). Entsprechende Folgeverordnungen wurden laufend ausgestellt.
Mit Bescheid vom 06.03.2012 lehnte die Beklagte die Gewährung häuslicher Krankenpflege für den Zeitraum 09.03. bis 31.05.2012 ab. Das Haus C. können nicht als ambulant betreute Wohnform anerkannt werden. Nach den gesetzlichen Bestimmungen könne häusliche Krankenpflege nur in einem Haushalt geleistet werden.
Mit Widerspruch vom 14.03.2012 machten die Bevollmächtigten der Klägerin geltend, es handele sich bei der Wohngemeinschaft Haus C. um eine ambulant betreute Wohnform oder zumindest einen sonstigen geeigneten Ort zur Leistungserbringung. Gegenüber dem Beigeladenen habe die Klägerin keinen Anspruch auf Erbringung von Behandlungspflege. Das Landratsamt T. habe die Wohngemeinschaft als außerhalb des Landesheimgesetzes stehende Wohnform eingestuft. Mit der Neufassung der Anspruchsvoraussetzungen im Jahr 2007 sei beabsichtigt worden, ambulant betreute Wohnformen gegenüber konventionellen Haushalten gleichzustellen und hierdurch vorzeitige stationäre Einweisungen zu vermeiden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.07.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Das Haus C. sei kein geeigneter Ort iSv § 37 SGB V, vielmehr handele es sich um eine nicht zugelassene vollstationäre Einrichtung. Ein wesentliches Unterscheidungskriterium zwischen stationärer Wohnform und ambulant betreutem Wohnen sei die Unabhängigkeit der vertraglichen Bedingungen hinsichtlich des Wohnens und der weitergehenden pflegerischen oder betreuenden Versorgung. Das Prinzip der Selbstbestimmtheit sei das entscheidende Kriterium für eine ambulant betreute Wohngemeinschaft. Bei ausschließlich schwer und schwerst pflegebedürftigen Bewohnern in einer Wohngemeinschaft gestalte sich das Zusammenleben fremdbestimmt. Angehörige könnten das Selbstbestimmungsrecht der Bewohner nur dann ausüben, wenn sie mit in der Wohngemeinschaft lebten; für die Bewohner sei eine eigene Haushaltsführung nicht möglich. Der Pflegedienst sei nicht frei wählbar. Der Pflegebedarf der Klägerin erfordere eine Rund-um-die-Uhr-Versorgung, wie sie in einer stationären Einrichtung vorgehalten werde. Im Haus C. stehe nicht das gemeinsame selbstbestimmte Leben im Vordergrund, sondern die pflegerische Versorgung der Bewohner.
Hiergegen richtet sich die am 08.08.2012 zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobene Klage. Es handele sich vorliegend um eine ambulant betreute Wohnform und damit einen qualifizierten Leistungserbringungsort iSd gesetzlichen Vorgaben. Die Wohngemeinschaft sei nicht von einem Pflegedienst, sondern von Bewohnern und deren Angehörigen ins Leben gerufen worden. Die Klägerin habe gegenüber dem Beigeladenen keinen Anspruch auf Behandlungspflege, dieser sei lediglich Vermieter. Durch die Bewohner bzw deren Angehörige könne der Pflegedienst frei gewählt werden. Über die einheitliche Inanspruchnahme des D.-Pflegedienstes habe die Mietergemeinschaft durch Gemeinschaftsbeschluss entschieden. Die Inanspruchnahme desselben Pflegedienstes diene der Erzielung von Synergieeffekten und werde durch den Gesetzgeber ausdrücklich gefördert. Das Landratsamt T. habe eine außerhalb des Heimgesetzes stehende Wohnform bestätigt. Im Übrigen könne das Landesheimgesetz den Anspruch auf häusliche Krankenpflege nicht konkretisieren, weshalb es auf die heimrechtliche Qualifizierung nicht ankomme. Mit der Annahme, dass die Versorgung von Bewohnern mit hohem grundpflegerischen Hilfebedarf ein hohes Maß an Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität verlange, vermenge die Beklagte das Heimrecht mit dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung. Es sei nicht Aufgabe der Beklagten, mit der Verweigerung von Leistungen heimaufsichtsrechtliche Befugnisse wahrzunehmen. Im Übrigen würden in der Wohngemeinschaft Qualitätsstandards eingehalten, die über die für stationäre Pflegeeinrichtungen geltenden Standards hinausgingen. Die Beklagte verhalte sich widersprüchlich und schaffe eine Versorgungslücke, indem sie einerseits als Pflegekasse Leistungen für ambulante Pflege erbringe und andererseits im Bereich der häuslichen Krankenpflege eine ambulant betreute Wohnform nicht anerkenne. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 19.11.2013 Rechnungen und Leistungsnachweise des Pflegedienstes vorgelegt.
Mit Urteil vom 28.05.2014 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, die Klägerin von den Kosten häuslicher Krankenpflege im Zeitraum 09.03. bis 31.05.2012 iHv 2.640,54 EUR freizustellen. Weitere Verordnungszeiträume seien nicht in das Verfahren einzubeziehen. Der Anspruch der Klägerin ergebe sich aus § 13 Abs 3 SGB V. Die Beklagte habe die Gewährung häuslicher Krankenpflege zu Unrecht abgelehnt. Durch die Neufassung des § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V mWz 01.04.2007 könne häusliche Krankenpflege neben dem Haushalt auch an einem anderen geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen in Anspruch genommen werden. Die Frage, ob die Erbringung häuslicher Krankenpflege in einer Einrichtung, die unter die heimrechtlichen Vorschriften falle, zulässig sei, bedürfe keiner Entscheidung, denn das Landratsamt T. habe festgestellt, dass es sich bei der Wohngemeinschaft im Haus C. nicht um eine unter das Heimgesetz fallende Form des betreuten Wohnens handele. Die Voraussetzungen für einen geeigneten Ort iSv § 37 Abs 1 Satz 2 SGB V seien erfüllt, insbesondere habe die Klägerin gegen den Beigeladenen als Vermieter keinen Anspruch auf die Erbringung medizinischer Behandlungspflege. Der Mietvertrag sei mit der Erbringung von Pflegeleistungen weder tatsächlich noch konditional verknüpft, vielmehr schließe jeder Bewohner einen gesonderten Pflegevertrag. Die Wahlfreiheit der Bewohner sei insoweit nicht eingeschränkt. Die Vereinbarung eines gemeinsamen Pflegedienstes entspreche dem gemeinsamen Interesse der Gemeinschaft, eine möglichst hohe zeitliche und fachliche Kontinuität im Rahmen der Pflege zu gewähren und Synergieeffekte zu nutzen. Der Umstand, dass die Bewohner zu einer eigenständigen Haushaltsführung nicht in der Lage seien, stehe dem Anspruch auf häusliche Krankenpflege nicht entgegen. Das Vorliegen eines Haushalts werde vom Gesetz für den geeigneten Ort iSv § 37 Abs 1 Satz 1 SGB V nicht gefordert, auch das von der Beklagten herangeführte Prinzip der Selbstbestimmung könne insoweit nicht als Kriterium herangezogen werden. Die Einhaltung der erforderlichen Qualitätsstandards liege in der Aufgabe der Heimaufsicht und des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung und werde durch turnusmäßige Kontrollen überprüft. Seit der Gründung im Jahr 2012 seien Mängel in der pflegerischen Versorgung der Bewohner des Haus C. weder dokumentiert noch vorgetragen. Die Frage, ob Anspruch auf Leistungen der häuslichen Krankenpflege bestehe, könne nicht davon abhängen, ob in der Gesamtschau ausreichend Indizien für eine stationäre Einrichtung vorlägen. Die heimrechtliche Qualifizierung weise keinen inhaltlichen Bezug zur Erbringung häuslicher Krankenpflege auf.
Gegen das ihr am 23.06.2014 zugestellte Urteil richtet sich die am 18.07.2014 eingelegte Berufung der Beklagten. Die Auslegung des Begriffs "geeigneter Ort" durch das SG gehe zu weit. Durch die Erweiterung des Haushaltsbegriffs sollten nach der Gesetzesbegründung vorschnelle stationäre Einweisungen vermieden werden. Die Begründung zeige, dass die Vorschrift des § 37 Abs 2 Satz 1 1. Hs SGB V nach wie vor auf die "Häuslichkeit" der Einrichtung abstelle. Erforderlich sei daher weiterhin, dass die betreffende Person in einer abgeschlossenen Wohnung lebe und in der Gestaltung der persönlichen Lebensführung weitgehend unabhängig sei. Wohnformen, in denen lediglich ein Einzelzimmer mit der Möglichkeit zur Nutzung der Gemeinschaftsräume bewohnt werde, fehle es an der Häuslichkeit. Gegen die Annahme eines Haushalts spreche, dass die Einrichtung den Bewohnern eine Art Rundumversorgung anbiete bzw die Erwartung hervorrufe, es werde eine Versorgungssicherheit vergleichbar mit einem Heim geboten. Außerdem spreche gegen die Annahme eines geeigneten Ortes, dass tatsächlich eine stationäre Pflegeeinrichtung vorliegen dürfte, die jedoch nicht über einen Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI verfüge. Eine strukturelle Abhängigkeit von Wohnraumüberlassung und Betreuungsleistungen trotz getrennter Verträge liege bei eingeschränkter freier Wählbarkeit der Pflege- und Betreuungsleistungen vor und spreche für das Vorliegen einer stationären Einrichtung. Vorliegend bestehe faktisch keine freie Wählbarkeit, da für alle Bewohner einheitlich die Betreuung durch den Pflegedienst des D. T. erfolge. Zudem seien Wachkomapatienten schwerstpflegebedürftig und nicht in der Lage, ein eigenständiges, selbstverantwortetes Leben zu führen, wie es für eine betreute Wohngemeinschaft typisch sei. Das Angebot im Haus C. entspreche einer stationären Einrichtung, die hier ohne entsprechenden Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI vorliege. Das Haus C. sei somit kein anderer geeigneter Ort iSv § 37 SGB V.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28.05.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Gesetzgeber habe mit der Neufassung des § 37 Abs 2 SGB V ausdrücklich auch die Einbeziehung von Wohngemeinschaften für Menschen mit speziellen Pflege- und Betreuungsbedarfen in die geeigneten Orte des § 37 Abs 2 SGB V bezweckt. Dies gelte insbesondere für Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenzerkrankungen oder eben auch für Menschen im Wachkoma. Typisches Merkmal solcher Wohngemeinschaften sei, dass nur ein Zimmer bewohnt werde und die Gemeinschaftsräume zur gemeinsamen Nutzung zur Verfügung stünden. Habe der Gesetzgeber Wohngemeinschaften in dieser typischen Erscheinungsform ausdrücklich aufnehmen wollen, könne den übrigen Formulierungen in der Gesetzesbegründung nicht entnommen werden, dass ein umfassender eigener Haushalt mit privater Nutzung aller Räume geführt werden müsse (unter Hinweis auf Senatsurteil vom 17.12.2013, L 11 KR 4070/11, juris). Den Begriff einer stationären Pflegeeinrichtung ohne pflegeversicherungsrechtliche Zulassung gebe es im Zusammenhang mit § 37 SGB V nicht. Entscheidend sei allein, ob die Bewohner gegen den Einrichtungsträger Anspruch auf Leistungen der medizinischen Behandlungspflege habe – was hier unstreitig nicht der Fall sei. Durch die rechtskräftige Beurteilung der zuständigen Heimaufsicht stehe zudem fest, dass hier keine stationäre Einrichtung im heimrechtlichen Sinne vorliege. Die Ausführungen der Beklagten zur selbstständigen Lebensführung beruhten auf einem falschen Verständnis. Benötigten Menschen mit Demenz oder im Wachkoma eine rechtliche Betreuung, könne daraus nicht gefolgert werden, dass keine selbstbestimmte Lebensführung vorliege. Es seien lediglich Entscheidung im notwendigen Umfang durch die Betreuungspersonen zu treffen.
Der Beigeladene hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG) und damit zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat den angefochtenen Bescheid vom 06.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.07.2012 zu Recht aufgehoben, denn dieser ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Freistellung von den im streitigen Zeitraum 09.03. bis 31.05.2012 entstandenen Kosten für häusliche Krankenpflege iHv 2.640,54 EUR.
Die Klage ist als Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) zulässig. Der Anspruch der Klägerin ist in zulässiger Weise auf die Freistellung von Kosten für eine selbst beschaffte Leistung gerichtet, weil sie die Leistung erhalten, aber den in Rechnung gestellten Betrag noch nicht bezahlt hat. Ein solcher Anspruch ist mit der Leistungsklage geltend zu machen. Auch dieser Anspruch ist – wie hier geschehen - zu beziffern, weil die Leistung bereits abgerechnet wurde (vgl BSG 17.06.2010, B 3 KR 7/09, R, BSGE 106, 173).
Anspruchsgrundlage ist § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V (idF vom 26.03.2007, BGBl I, 378). Diese auf die Erstattung vom Versicherten bereits gezahlter Kosten zugeschnittenen Bestimmungen sind bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen entsprechend anzuwenden, wenn die Verpflichtung bereits entstanden ist, der Versicherte aber noch nicht gezahlt hat (Urteil des Senats vom 26.11.2013, L 11 KR 3362/12; LSG Baden-Württemberg 01.03.2013, L 4 KR 3797/11). Statt einer Erstattung kann er dann die Bezahlung seiner Schuld durch den Versicherungsträger verlangen (ständige Rechtsprechung zB BSG 10.02. 2000, B 3 KR 26/99 R, 17.06. 2010, B 3 KR 7/09 R, beide in juris). Danach sind die Kosten in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (Alt 1) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (Alt 2) und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, soweit die Leistung notwendig war. Mit dieser Regelung wird der Grundsatz des Sach- und Dienstleistungsanspruchs nach § 2 Abs 2 Satz 1 SGB V für die Fälle ergänzt, in denen die Krankenkasse eine geschuldete Leistung nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellen kann (BSG 02.11.2007, B 1 KR 14/07 R, BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15). Der Naturalleistungsanspruch des Versicherten wandelt sich um in einen Kostenerstattungsanspruch bzw soweit die Kosten tatsächlich noch nicht beglichen sind, in einen Anspruch des Versicherten auf Freistellung von den Kosten. Der Freistellungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG 14.12.2006, B 1 KR 12/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 8; BSG 27.03.2007, B 1 KR 17/06 R, juris).
Dies ist hier der Fall, die Klägerin hatte einen Anspruch gegen die Beklagte auf Versorgung mit häuslicher Krankenpflege. Die Beklagte hat die Gewährung häuslicher Krankenpflege zu Unrecht abgelehnt. Die erforderliche Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenverursachung ("dadurch") ist gegeben; die Voraussetzungen für die Bewilligung der Leistung lagen vor.
Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach Satz 2 Nr 4 dieser Vorschrift umfasst die Krankenbehandlung ua auch häusliche Krankenpflege und Haushaltshilfe. Nach § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V ab dem 01.04.2007 geltenden Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbs-Stärkungs-Gesetz GKV-WSG vom 26.03.2007, BGBl I S 378) erhalten Versicherte in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist; der Anspruch umfasst verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen auch in den Fällen, in denen dieser Pflegebedarf bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach den §§ 14 und 15 SGB XI zu berücksichtigen ist. Gemäß § 37 Abs 6 SGB V legt der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) in Richtlinien nach § 92 SGB V fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können. Er bestimmt darüber hinaus das Nähere über Art und Inhalt der verrichtungsbezogenen krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen nach § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V.
Durch die Neufassung des § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V mit Wirkung zum 01.04.2007 kann häusliche Krankenpflege neben dem Haushalt oder der Familie auch an einem anderen geeigneten Ort insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen in Anspruch genommen werden. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs 16/3100 S 104) hat sich die Beschränkung der Leistung zur häuslichen Krankenpflege auf Haushalt und Familie des Versicherten im Hinblick auf das Ziel, vorschnelle stationäre Einweisungen zu vermeiden, als kontraproduktiv erwiesen. Die Neuregelung solle, so die weitere Gesetzesbegründung, durch vorsichtige Erweiterung des Haushaltsbegriffes bewirken, dass in der gesetzlichen Krankenversicherung neue Wohnformen, Wohngemeinschaften und betreutes Wohnen hinsichtlich der Erbringung von häuslicher Krankenpflege gegenüber konventionellen Haushalten nicht benachteiligt werden. Betreute Wohnformen, deren Bewohner ambulante Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung erhalten, sollen verbesserte Angebote für ambulant Pflegebedürftige darstellen; dem werde durch die Änderung Rechnung getragen. Darüber hinaus werde im Hinblick auf bestimmte, eng begrenzte Personengruppen durch die Erweiterung des Haushaltsbegriffs eine vorschnelle Einweisung in stationäre Einrichtung verhindert. Ein "geeigneter Ort" für die Leistung der häuslichen Krankenpflege durch die gesetzliche Krankenversicherung sei jedenfalls dann nicht gegeben, wenn sich der Versicherte in einer Einrichtung befinde, in der er nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung medizinischer Behandlungspflege durch die Einrichtung habe.
In Umsetzung seiner Verpflichtung hat der GBA in der Richtlinie über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege (HKP-Richtlinie vom 17.09.2009, BAnz Nr 21a vom 09.02.2010, Beilage; idF vom 21.10.2010, BAnz 2011 Nr 16 vom 14.01.2011 S 339) in § 1 Abs 2 Satz 2 folgende Regelung getroffen: Häusliche Krankenpflege wird im Haushalt des Versicherten oder seiner Familie erbracht. Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht auch an sonstigen geeigneten Orten, an denen sich der Versicherte regelmäßig wiederkehrend aufhält und an denen &61630; die verordnete Maßnahme zuverlässig durchgeführt werden kann und &61630; für die Erbringung der einzelnen Maßnahmen geeignete räumliche Verhältnisse vorliegen (zB im Hinblick auf hygienische Voraussetzungen, Wahrung der Intimsphäre, Beleuchtung), &61630; wenn die Leistung aus medizinisch-pflegerischen Gründen während des Aufenthaltes an diesem Ort notwendig ist. Orte im Sinne des Satz 2 können insbesondere Schulen, Kindergärten, betreute Wohnformen oder Arbeitsstätten sein.
Nach § 1 Abs 6 HKP-Richtlinien gilt: Für die Zeit des Aufenthalts in Einrichtungen, in denen nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtungen besteht (zB Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen, Hospizen, Pflegeheimen), kann häusliche Krankenpflege nicht verordnet werden. Ob ein solcher Anspruch besteht, ist im Einzelfall durch die Krankenkassen zu prüfen. Abweichend davon kann häusliche Krankenpflege in Werkstätten für behinderte Menschen verordnet werden, wenn die Intensität oder Häufigkeit der in der Werkstatt zu erbringenden Pflege so hoch ist, dass nur durch den Einsatz einer Pflegefachkraft Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vermieden oder das Ziel der ärztlichen Behandlung gesichert werden kann und die Werkstatt für behinderte Menschen nicht auf Grund des § 10 der Werkstättenverordnung verpflichtet ist, die Leistung selbst zu erbringen (§ 1 Abs 7 Satz 1 HKP-Richtlinien). Eine Verordnung von Behandlungspflege ist auch für Versicherte in Pflegeheimen zulässig, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens 6 Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben (§ 37 Abs 2 Satz 3 SGB V). Dies ist der Fall, wenn (§ 1 Abs 7 Sätze 2 und 3 HKP-Richtlinien).
Aus dem Regelungsgefüge von gesetzlichen Vorschriften und den Normen der HKP-Richtlinie ergibt sich, dass der Anspruch an allen geeigneten Orten besteht, an denen sich der Versicherte regelmäßig aufhält, wenn die Leistung aus medizinisch pflegerischen Gründen während des Aufenthalts an diesem Ort notwendig ist. Einschränkungen ergeben sich – abgesehen von der Geeignetheit der räumlichen Verhältnisse – erst aus den Regelungen des § 1 Abs 6 HKP-Richtlinien, dh für die Zeit des Aufenthalts in Einrichtungen nur dann, wenn nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtung besteht. Dies ist im Einzelfall zu prüfen. Einrichtungen der Eingliederungshilfe werden in den HKP-Richtlinien den Krankenhäusern und Pflegeheimen ausdrücklich nicht (mehr) gleichgestellt (BSG 25.02.2015, B 3 KR 10/14 R, juris).
Die Wohngemeinschaft Haus C. erfüllt nach den Feststellungen des Senats die Voraussetzungen für einen geeigneten Ort iSv § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V. Nach dem Mietvertrag steht der Klägerin ein teilmöbliertes Zimmer zur Alleinbenutzung zur Verfügung und sie hat Mitbenutzungsrechte an den Gemeinschaftsräumen (Aufenthaltsbereich, Küche, Bäder, Garten). Eine Beschränkung des Anspruchs auf Fälle, in denen noch ein Mindestmaß eines eigenen Haushalts oder ein Leben in der Familie geführt wird, lässt sich der aktuellen Gesetzesfassung nicht entnehmen (BSG 25.02.2015, B 3 KR 10/14 R, juris RdNr 17). Es ist daher nicht entscheidend, ob die Klägerin selbst noch eigenverantwortliche Entscheidungen treffen kann.
Entscheidend ist vielmehr, dass die Klägerin gegen den Beigeladenen keinen Anspruch auf Erbringung von Leistungen der Behandlungspflege hat. Ein gesetzlicher Anspruch auf Behandlungspflege besteht nicht. Ob ein vertraglicher Anspruch auf Behandlungspflege die Wertung des Haus C. als geeigneten Ort iSv § 37 SGB V ausschließt, kann offen bleiben, denn ein solcher Anspruch hat ebenfalls nicht bestanden. In dem vorliegenden Mietvertrag wurde Behandlungspflege offensichtlich nicht vereinbart. Der mit dem Pflegedienst des D. T. geschlossene Vertrag über die Erbringung ambulanter Pflege und hauswirtschaftlicher Versorgung sieht in § 2 Abs 4 vor, dass Leistungen der Behandlungspflege lt ärztlicher Verordnung nach Maßgabe der Genehmigung durch die Krankenkasse erbracht werden. Vom Arzt verordnete und von der Krankenkasse genehmigte Leistungen gelten als vereinbart, sofern der Leistungsnehmer nicht widerspricht. Nimmt der Leistungsnehmer nicht verordnete oder von der Krankenkasse nicht genehmigte Leistungen in Anspruch, so hat er diese selbst zu bezahlen. Hinsichtlich der Kostentragung sieht § 5 Abs 1 des Vertrags ausdrücklich vor, dass Leistungen, die direkt mit der Pflegekasse oder der Krankenkasse abgerechnet werden können, vom Pflegedienst dem jeweiligen Kostenträger direkt in Rechnung gestellt werden. Damit bleiben die gegen die Krankenkasse bestehenden Ansprüche auf Leistungen der Behandlungspflege vorrangig. Zudem ist der Vertrag über die Erbringung ambulanter Pflege und hauswirtschaftlicher Versorgung rechtlich nicht konditional mit dem Mietvertrag verknüpft. Es besteht daher kein Anspruch gegen den Beigeladenen als Vermieter. Auch die örtliche Geeignetheit ist gegeben. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die häusliche Krankenpflege in den Räumen des Hauses C. nicht zuverlässig und unter Beachtung der hygienischen und sonstigen Anforderungen gemäß § 1 Abs 2 Satz 2 HKP-Richtlinie durchgeführt werden kann, dies wird auch von der Beklagten nicht behauptet.
Keine andere Beurteilung ergibt sich aus der Argumentation der Beklagten, bei dem Haus C. handele es sich tatsächlich um eine stationäre Pflegeeinrichtung ohne Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI. Die heimrechtliche Qualifizierung ist kein geeignetes Abgrenzungskriterium, da sie keinen Bezug zur häuslichen Krankenpflege hat (vgl Luthe in Hauck/Noftz, Stand 02/15, SGB V, § 37 RdNr 52; Padé in jurisPK-SGB V § 37 RdNr 32). Davon abgesehen teilt der Senat aufgrund der Feststellungen und Überprüfungen der zuständigen Heimaufsicht deren Auffassung, dass das Haus C. nicht dem Landesheimgesetz (LHeimG) unterfällt. Heime sind gemäß § 1 Abs 1 Satz 2 LHeimG Einrichtungen, die dem Zweck dienen, ältere Menschen oder volljährige pflegebedürftige oder psychisch kranke oder behinderte Menschen aufzunehmen, ihnen Wohnraum zu überlassen sowie Betreuung und Verpflegung zur Verfügung zu stellen oder vorzuhalten, und die in ihrem Bestand von Wechsel und Zahl der Bewohner unabhängig sind und entgeltlich betrieben werden. Nach § 1 Abs 2 LHeimG ist das Gesetz nicht auf betreutes Wohnen anzuwenden, wenn die Mieter vertraglich lediglich dazu verpflichtet sind, allgemeine Betreuungsleistungen wie Notrufdienste, die Vermittlung von Dienst- und Pflegeleistungen oder Informationen und Beratungsleistungen von bestimmten Anbietern anzunehmen und die darüber hinausgehenden Betreuungs- und Pflegeleistungen von den Bewohnern frei wählbar sind. Betreutes Wohnen im Sinne dieses Gesetzes ist eine Wohnform, bei der Vermieter von abgeschlossenen Wohnungen durch Verträge mit Dritten oder auf andere Weise sicherstellen, dass den Mietern nebst der Überlassung des Wohnraums allgemeine Betreuungsleistungen angeboten werden. Nach § 1 Abs 7 LHeimG gilt dieses Gesetz nicht für Wohngemeinschaften für Pflegebedürftige, wenn sie strukturell von Dritten unabhängig sind. Das ist der Fall, wenn die Mitglieder der Wohngemeinschaft alle Angelegenheiten der Wohngemeinschaft in einer Auftraggebergemeinschaft selbst regeln. Die Wahlfreiheit bezüglich der Betreuungsleistungen darf nicht beschränkt werden. Eine Beschränkung liegt insbesondere dann vor, wenn Vermieter und Pflegedienstleister identisch sind oder rechtlich oder faktisch verbunden sind.
Das Landratsamt T., Abteilung Gesundheit – Heimaufsicht ist auch nach mehrfacher Überprüfung des Hauses C. unter Berücksichtigung der geschlossenen Verträge, von Protokollen der Sitzungen der Auftraggebergemeinschaft und Rücksprache mit deren Mitgliedern bei der Beurteilung geblieben, dass das Haus C. eine Wohngemeinschaft für Pflegebedürftige ist, die nicht unter das LHeimG fällt. Dabei hat die Heimaufsicht entsprechend dem LHeimG als maßgebendes Abgrenzungsmerkmal auf die strukturelle Unabhängigkeit von Dritten abgestellt. Dieses Kriterium ist hier erfüllt, da die Angelegenheiten der Wohngemeinschaft von dieser selbst über eine Auftraggebergemeinschaft geregelt werden und die Wahlfreiheit hinsichtlich der Betreuungsleistungen nicht beschränkt ist. Die vom Gesetz geforderte Wahlfreiheit ist nicht deshalb in Frage zu stellen, weil der Pflegedienst im Wege von Mehrheitsentscheidungen gewählt wird. In der Gesetzesbegründung zu § 1 Abs 7 LHeimG wird vor dem Hintergrund der bezweckten Synergieeffekte durch ein gemeinschaftliches Pflegearrangement der Wohngemeinschaft ausdrücklich klargestellt, dass die Wahlfreiheit als kollektive Wahlfreiheit der Auftraggeber zu verstehen ist und insoweit nur die Unabhängigkeit der Auftraggebergemeinschaft von Dritten wie dem Vermieter oder einem Pflegedienstleister gefordert wird (Landtag von Baden-Württemberg, Drs 14/2535 S 31). Soweit von der Heimaufsicht noch Mängel in der Dokumentation der Beschlüsse der Auftraggebergemeinschaft beanstandet werden (zB Schreiben vom 25.02.2013), ändert dies – auch nach Auffassung der Heimaufsicht - an der Gesamtbeurteilung nichts.
An der medizinischen Erforderlichkeit der verordneten Leistungen der Behandlungspflege (Medikamentengabe und PEG-Versorgung) zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung bestehen keine Zweifel; dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.
Von dem Erstattungsbetrag sind keine Abzüge nach §§ 37 Abs 5, 61 Satz 3 SGB V zu machen, da die Klägerin nach Mitteilung der Beklagten im streitigen Zeitraum von Zuzahlungen nach § 62 SGB V befreit war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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