L 4 KR 4371/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 1446/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 4371/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 19. September 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten, ob der Klägerin die Kosten einer ambulanten Liposuktion (Fettabsaugung) der Unterschenkel in Höhe von EUR 3.800,00 und einer stationären Liposuktion der Oberschenkel in Höhe von EUR 4.075,00 zu erstatten sind.

Die Klägerin ist am 1967 geboren und bei der Beklagten krankenversichert. Sie ist berufstätig als Fachbereichsleitung eines Wohlfahrtsverbandes. Sie beantragte am 11. November 2013 die Übernahme der Kosten einer Lipodekompression und Remodelierung via Liposuktion für Ober- und Unterschenkel beidseits. Sie fügte Kostenvoranschläge, eine Fotodokumentation sowie ein ärztliches Gutachten des Chirurgen Dr. H. vom 31. Oktober 2013 bei. Danach entstünden sowohl für die Maßnahmen am Ober- als auch an den Unterschenkeln Kosten in Höhe von je EUR 3.800,00. Die Klägerin führte aus, seit Jahren unter ausgeprägter Schwellneigung beider Beine zu leiden, die mit zunehmend vermehrten Schmerzen an denen durch das Lipödem (schmerzhafte Schwellung des Fettgewebes) verhärteten Stellen bzw. Dellen und Fettpolstern einhergingen. Diese Fettverteilungsstörung habe sich bereits zum ersten Mal in der Pubertät bemerkbar gemacht. Seit dieser Zeit habe sie diesem Umstand mit Sport und viel Bewegung entgegengewirkt und sich mit ihren im Vergleich zu anderen, ähnlich aktiven Frauen dickeren Beinen gut arrangiert. Erstmals sei das Lipödem im Jahr 2002 diagnostiziert worden. Seit Erreichen des 43. Lebensjahres seien zudem vermehrt Schmerzen aufgetreten. Diese hätten sie veranlasst, verschiedene Ärzte unterschiedlicher Fachrichtungen aufzusuchen, um die Ursachen für die Schmerzen und die Fettverteilungsstörung herauszufinden. Bereits in dieser Zeit habe sie immer wieder auf eigenen Wunsch mittels Privatrezept Lymphdrainagen bekommen, um den Verhärtungen entgegenzuwirken. Bereits zu diesem Zeitpunkt habe sie auch aufgehört zu joggen, weil dies nicht mehr gegangen sei. Sie sei auf Nordic Walking und vermehrtes Schwimmen umgestiegen. Am 13. Juni 2012 sei in der Klinik für Gefäßchirurgie, vaskuläre und endovaskuläre Chirurgie des H.-B.-Klinikums ausgeschlossen worden, dass ihr Venensystem eine mögliche Ursache für die Schmerzen sein könnte. Das Venensystem arbeite regelrecht und es lägen keinerlei Klappeninsuffizienzen bzw. Venenerweiterungen vor. Sie habe von Facharzt für Innere Medizin Dr. M. die gesicherte Diagnose Lipödemsyndrom mit orthostatischer Schwellneigung erhalten (vorgelegter Arztbrief des Dr. M. vom 7. August 2012). Ferner sei ihr als Therapie manuelle Lymphdrainage und das konsequente Tragen von Kompressionsstrümpfen verordnet worden. Seit mehr als 14 Monaten befolge sie diese Therapie ganz regelmäßig und gehe einmal wöchentlich zur Lymphdrainage und trage sowohl die Rundstrickhosen als auch die ihr seit fast einem Jahr verordnete Flachstrickstrumpfhose. Trotz dieser verordneten Therapie und des zusätzlichen regelmäßigen Sports habe sich die Lage ihrer Beine verschlechtert. Durch das Training seien die blauen Flecken zwar fast vollständig verschwunden, dennoch habe sie die langsame Zunahme des Volumens der Unter- und Oberschenkel – auch zyklusabhängig – nicht verhindern können. Vor allem seien die vorher nur gelegentlich auftretenden Schmerzen massiver und begleiteten sie zunehmend ständig im Alltag. So sei sie auch nach Behandlung nur noch wenige Stunden pro Tag schmerzfrei. Zum Teil wache sie schon morgens mit Schmerzen hauptsächlich in den Unterschenkeln auf. Diese begleiteten sie den Tag über im Büro und seien meistens nur dann besser, wenn sie sich bewege. Längeres Stehen sei schon seit einiger Zeit gar nicht mehr möglich, obwohl dies in ihrem Beruf immer wieder erforderlich sei. In den Sommern 2012 und 2013 habe sie besonders unter zunehmenden Schwellungen, Spannungs- und Druckschmerzen gelitten und diese an manchen Tagen nur mit der Einnahme einer Tablette des Schmerzmittels Ibuprofen etwas abmildern können. Die konservativen Therapiemaßnahmen wie Lymphdrainage und Stützbestrumpfung hätten die zunehmende Fettvermehrung nicht aufhalten können. Nur die Liposuktion könne – wenn sie noch im frühen Stadium vorgenommen werde – den Krankheitsverlauf eindämmen bzw. zum großen Teil sogar eliminieren. Daher halte sie den jetzigen Zeitpunkt für eine Liposuktion für folgerichtig. Nur so sei es aus ihrer Sicht möglich, die zunehmenden Schmerzen abzuwenden, wieder ein möglichst beschwerdefreies Leben führen zu können und die weitere Ausübung ihres Berufes langfristig zu sichern. Eine ambulante Operation sei vorzuziehen. Sie senke Risiken, die mit Vollnarkosen verbunden seien, und seien gegenüber der stationären Operation effektiver und finanziell deutlich günstiger. Dr. H. führt in dem beigefügten Gutachten aus, dass bei der Klägerin ein Lipödem diagnostisch gesichert sei und aus medizinischer Sicht eine Therapie durch Liposuktion im Bereich der Hüften, des Gesäßes, der Oberschenkel, Knie und Waden indiziert sei. Alternative Behandlungsmaßnahmen wie Kompression und Lymphdrainage wirkten symptomatisch und seien beim Lipödem nicht geeignet, die Grunderkrankung zu beeinflussen und der Entstehung von Folgeerkrankungen vorzubeugen. Es seien die Kriterien für die Gewährung der Kostenübernahme für eine ambulante Liposuktion als neuem, aber vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) noch nicht positiv beschiedenen Behandlungsverfahren als Einzelfallentscheidung erfüllt.

Die Beklagte holte ein Gutachten des Dr. W. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) vom 21. November 2013 nach Aktenlage ein. Er könne eine Kostenübernahme für die beantragte Liposuktionsbehandlung nicht empfehlen. Es handele sich um eine neue therapeutische Methode, die bisher vom GBA nicht bewertet worden und deshalb in der vertragsärztlichen Versorgung nicht zugelassen sei. Ein lebensbedrohliche oder notstandsähnliche Situation liege nicht vor. Die beantragte Behandlung sei auch nicht erforderlich. Ödeme könnten durch Kompressionsbehandlung zum Beispiel mittels Kompressionsstrümpfen und/oder mittels Lymphdrainage behandelt werden. Außerdem läge ein Wirksamkeitsnachweis der Liposuktion anhand einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Fällen aufgrund wissenschaftlich einwandfrei geführter Statistiken für die beantragte Methode nicht vor. Überlegenheit, medizinischer Nutzen und Wirtschaftlichkeit gegenüber anderen Verfahren seien bisher nicht belegt. Es läge auch keine Entstellung vor. Psychische Funktionseinschränkungen seien mit Psychotherapie und psychiatrischer Behandlung zu behandeln und nicht durch chirurgische Maßnahmen.

Die Beklagte lehnte den Antrag auf Kostenübernahme mit Bescheid vom 25. November 2013 ab. Bei der beantragten Leistung handele es sich um eine sogenannte neue Behandlungsmethode. Sie gehöre nicht zur vertragsärztlichen Versorgung und könne daher nicht abgerechnet werden. Solange der GBA eine Behandlungsmethode nicht anerkannt habe, sei eine Finanzierung durch sie nicht möglich.

Hiergegen erhob die Klägerin am 16. Dezember 2013 Widerspruch. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass sie seit mehreren Jahren stetig schlimmer werdende Schmerzen in den Beinen hätte, die nun auch in den Armen anfingen. Sie sei nur noch wenige Tage im Jahr schmerzfrei, besonders in den wärmeren Monaten träten die Beschwerden quasi dauerhaft auf. Sie wache zum Teil schon morgens mit Schmerzen auf. Diese begleiteten sie den ganzen Tag über im Büro und seien meistens besser, wenn sie sich bewege. Längeres Stehen sei schon seit langer Zeit gar nicht mehr möglich, obwohl dies in ihrem Beruf immer wieder erforderlich sei. Diese stechenden und pochenden Schmerzen, die zunehmende Fehlstellung der Beine, die Gefahr der Fehlbelastung der Wirbelsäule sowie der Hüft- und Kniegelenke mit der damit einhergehenden mittelfristig drohenden Berufsunfähigkeit habe sie überhaupt dazu bewegt, dem Lipödem mit der Liposuktion entgegenwirken zu wollen. Alle vier zur Behandlung von Lipödemen zur Verfügung stehenden physikalischen Maßnahmen (manuelle Lymphdrainage, Kompression, Bewegungstherapie, Hautpflege) seien von ihr zum Teil seit Jahren durchgeführt worden. Trotz dessen hätten sich die Ödeme und die Schmerzen an ihren Beinen verschlechtert. Sie verwies auf positive sozialgerichtliche Entscheidungen, in denen die Krankenkassen zur Kostenübernahme von Liposuktionen bei Lipödem verpflichtet worden seien. Es liege ein Systemfehler vor, wenn trotz von Sachverständigen empfohlener Behandlung bei fehlender gesicherter konventioneller Behandlungsmethode keine Kostenübernahme möglich sei. Die Beklagte habe auch keine ausreichende Ermessensentscheidung getroffen, obwohl sie hierzu verpflichtet gewesen sei. Die Liposuktion gelte heutzutage als sichere und effektive Therapieform, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt seien. Der MDK gehe in seinem Gutachten zu Unrecht von dem im kosmetischen Bereich angewandten Fettabsaugen aus. Das neue Verfahren sei jedoch die wasserstrahlassistierte Liposuktion. Sie verwies darauf, nicht unter psychiatrischen Problemen zu leiden. Es gehe um die Linderung der Schmerzen und die Verhinderung einer Berufsunfähigkeit. Die Bewertung des Kostennutzenrisikos falle entgegen der Auffassung des MDK eindeutig positiv aus. Bislang sei die Liposuktion die einzige erfolgreiche Methode mit nachgewiesener Langzeitwirkung, um das unweigerliche Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern. Die Klägerin legte das Attest der Frauenärztin Dr. F.-K. vom 17. Dezember 2013 vor. Darin führt diese aus, dass seit 2012 regelmäßig wöchentlich Lymphdrainagen sowie eine Kompressionstherapie durchgeführt werde. Ohne die Intervention mit Liposuktion werde es für die Klägerin keine dauerhafte Besserung geben. Die Klägerin legte zudem eine ärztliche Bescheinigung des Arztes für Innere Medizin Dr. Kr.-We. vom 1. Januar 2014 vor. Darin führt dieser aus, dass trotz sehr konsequent verfolgter konservativer Therapie (engmaschige Lymphdrainage, konsequentes Tragen der Kompressionsstrümpfe, tägliche körperliche/sportliche Betätigung) die Maßnahmen nicht zu einem symptomatisch befriedigenden Ergebnis geführt hätten. Die Klägerin leide zunehmend unter ihren Alltag beeinträchtigenden Schmerzen und Spannungsgefühlen in beiden Beinen. Die Methode die Liposuktion werde in den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie positiv bewertet und mit einer entsprechenden Studie belegt. Die Klägerin legte schließlich medizinische Literatur vor.

Die Beklagte holte ein Gutachten des Dr. E. vom MDK vom 3. Februar 2014 nach Aktenlage ein. Dieser führte aus, dass keine lebensbedrohliche oder notstandsähnliche Situation vorliege, die eine Kostenerstattung als eng begrenzten Ausnahmefall begründen könnte. Die dem Widerspruch beigefügte Literatur sei rein deskriptiven Charakters. Den Wirksamkeitsnachweis anhand einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Fällen aufgrund wissenschaftlich einwandfrei geführter Statistiken liege für die Methode der Liposuktion nicht vor. Die Überlegenheit, medizinischer Nutzen und Wirtschaftlichkeit seien bis dato für diese Methode nicht durch Studien validiert. Eine Kostenübernahme könne er unter Beachtung der Richtlinien der vertragsärztlichen Versorgung und der aktuellen Rechtsprechung nicht empfehlen. Einen krankhaften Befund aufgrund der Fettgewebsvermehrung könne er nicht bestätigen. Es zeige sich eine typisch weibliche Verteilung des Fettgewebes. Die Fotodokumentation lasse einen von der Norm abweichenden Körperzustand nicht erkennen. Eine ausgeprägte Ödemkomponente sei auf den Fotos nicht zu erkennen. Eine Wulstbildung in Höhe der Sprunggelenke sei ebenfalls nicht zu erkennen. Eine eventuell bestehende orthostatische Schwellneigung im Sommer könnte durch die vorhandenen Kompressionsstrümpfe und die Anwendung von Lymphdrainagen behandelt werden. Auch bei der Liposuktionsmethode der wasserstrahlassistierten Liposuktion könnten als Komplikationen anaphylaktische Reaktionen, kardiale Komplikationen, Schwellungen, Infektionen und Konturunregelmäßigkeiten der Haut auftreten. Weitere Komplikationen könnten Organperforationen, ischämische Optikusneuropathie, nekrotisierende Fasziitis, Schocksyndrom, Lungenödem und Fettembolie sein. Die Ursache der Entstehung der Lipoödeme sei bisher noch nicht ermittelt worden, deshalb gebe es auch keine kausale Therapie. Da die Genese des sogenannten Lipödems letztlich noch ungeklärt sei, könne die postulierte positive therapeutische Wirkung der Fettgewebsreduzierung auf das Lipödem zumindest in Frage gestellt werden. Das Lipödem an sich könne nicht geheilt werden, aber die resultierenden Beschwerden ließen sich mit Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung behandeln und auf ein erträgliches Maß reduzieren.

Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 16. April 2014 zurück. Die streitige ambulante privatärztliche Behandlung sei nicht im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) aufgeführt und damit keine Vertragsleistung. Es handele sich um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode. Die notwendige Empfehlung des GBA für diese Methode liege bisher nicht vor. Daher schulde sie diese Methode nicht als Sachleistung. Es entspreche zudem der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass mangels Empfehlung durch den GBA kein Anspruch auf Kostenübernahme einer Liposuktionsbehandlung bestehe. Auch der Hinweis auf seit mehreren Jahren bestehende und stetig schlimmer werdende Schmerzen in den Beinen lasse keine andere Beurteilung zu.

Mit ihrer am 19. Mai 2014 beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhobenen Klage verfolgte die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie wiederholte und vertiefte ihr bisheriges Vorbringen. Sie verwies auch auf den Beschluss des GBA vom 22. Mai 2014 zur Einleitung des Beratungsverfahrens Bewertung der Liposuktion bei Lipödem. Am 5. Juni 2014 ließ die Klägerin durch Dr. H. eine Lipodekompression und Remodelierung via Liposuktion an den Unterschenkeln vornehmen, wofür ihr ein Betrag in Höhe von EUR 3.800,00 in Rechnung gestellt wurde (Rechnung des Dr. O. und Dr. H. vom 5. Juni 2013 [richtig wohl: 2014] ohne Angabe von Gebührennummern der Gebührenordnung für Ärzte [GOÄ]).

Die Beklagte trat der Klage unter Hinweis auf ihren Widerspruchsbescheid entgegen. Dass der GBA am 22. Mai 2014 beschlossen habe, hinsichtlich der Bewertung der Liposuktion bei Lipödem ein Verfahren einzuleiten, ändere an ihrer Position nichts.

Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 19. September 2014 ab. Die Klägerin habe weder einen Anspruch auf eine Liposuktion der Oberschenkel als Sachleistung noch ein Kostenerstattungsanspruch für die bereits durchgeführte Liposuktion im Bereich der Unterschenkel. Bei der Liposuktion handele es sich um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode, die nur erbracht werden dürfe, wenn der GBA eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode gegeben habe. Hieran fehle es bislang. Ein Ausnahmefall, im dem es keiner Empfehlung des GBA bedürfe, liege nicht vor. Insbesondere liege kein Systemversagen vor. Bei der Erkrankung der Klägerin handele es sich auch nicht um eine lebensbedrohlich oder regelmäßig tödliche und auch nicht um eine wertungsmäßig vergleichbare Krankheit.

Gegen den ihr am 24. September 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 21. Oktober 2014 Berufung eingelegt. Sie wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen. Sie betont, dass konservative Maßnahmen nicht zum Erfolg geführt hätten. Sie sei konservativ austherapiert. Bei stationären Behandlungen schließe erst ein Negativvotum des GBA eine bestimmte Krankenhausbehandlung aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aus. Der GBA habe die Liposuktion jedoch nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Im Unterschied zur Rechtslage im ambulanten vertragsärztlichen Bereich verzichte das Gesetz bei Krankenhausleistungen gerade auf einen Erlaubnisvorbehalt. Die Beklagte habe es unterlassen, ein entsprechendes Verfahren beim GBA zu initiieren. Es sei nicht Sache der Judikative, als Korrektiv für die Unterlassung eines gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrens durch eine Partei zu wirken. Da der GBA erst am 22. Mai 2014 ein Beratungsverfahren eingeleitet habe, liege zum Zeitpunkt der Klageerhebung ein Systemversagen vor. Im Übrigen seien über Qualität und Wirksamkeit der neuen Methoden zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen möglich. Es handele sich nicht um eine Außenseitermethode und auch nicht um eine Methode mit experimentellem Charakter. Entsprechend der Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie werde eine Reduktion des krankhaft vermehrten Fettgewerbes lediglich durch das operative Verfahren der Liposuktion empfohlen. Die Klägerin verweist (erneut) auf verschiedene Studien, die die Wirksamkeit der Liposuktion belegten (Rapprich/Loehnert/Hagedorn, Therapy of lipoedema syndrome by liposuction under tumescent local anaesthesia, Ann Dermatol Venereol 2002, 129: 1S1711; Rapprich/Dingler/Podda, Liposuktion ist eine wirksame Therapie beim Lipödem – Ergebnisse einer Untersuchung mit 25 Patientinnen, Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft [JDDG] 2011, 9:33-41 Schmeller/Meier-Vollrath, Das Lipödem: neue Möglichkeiten der Therapie, Schweiz Med Forum 2007, 150-155; Wollina/Heinig, Das Lipödem, Ärzteblatt Sachsen, 2012, 475-477). Zum Zeitpunkt der Klageerhebung habe ein Systemversagen vorgelegen; der GBA habe das Verfahren erst später eingeleitet. Am 23. Oktober 2014 hat die Klägerin – nach ihren Angaben stationär – eine Liposuktion der Oberschenkel durchführen lassen. Sie hat eine Rechnung der Dres. O. und H. vom 23. Oktober 2014 hierüber in Höhe von EUR 3.800,00 (erneut ohne Angabe von Gebührennummern der GOÄ) sowie eine Rechnung der E.-Klinik (Anästhesiologische Tagesklinik im G. Haus), einer Praxisklinik im Sinne des § 115 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), in Essen vom 24. Oktober 2014 "für einen stationären Aufenthalt" von 23. bis 24. Oktober 2014 in Höhe EUR 275,00 vorgelegt.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 19. September 2014 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 25. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. April 2014 zu verurteilen, ihr die Kosten für die durchgeführten Liposuktionen in Höhe von EUR 7.875,00 zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält an ihrer Entscheidung fest und verweist auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid sowie auf ihren Widerspruchsbescheid.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die gemäß § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da die Klägerin Leistungen von mehr als EUR 750,00 begehrt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG), nämlich einen Betrag von EUR 7.875,00.

2. Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 25. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. April 2014 ist rechtmäßig. Die Beklagte hat seinerzeit rechtmäßig die Gewährung der Liposuktion als Sachleistung abgelehnt; der Klägerin steht nach Durchführung der operativen Maßnahmen am 5. Juni und 23./24. Oktober 2014 kein Anspruch auf Erstattung der von ihr geltend gemachten Kosten zu.

Als Rechtsgrundlage für die begehrte Kostenerstattung kommt ausschließlich § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Var. SGB V in Betracht. Danach sind dem Versicherten die für eine von ihm selbst beschaffte Leistung entstandenen Kosten von der Krankenkasse zu erstatten, wenn die Krankenkasse diese Leistung zu Unrecht abgelehnt hat, die Leistung notwendig und die Ablehnung für die Entstehung der Kosten ursächlich war. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, der Klägerin eine Liposuktion der Ober- und Unterschenkel zu gewähren. Deshalb kann die Klägerin auch nicht beanspruchen, dass ihr die Kosten, die durch die selbstbeschaffte Leistung entstanden sind, von der Beklagten erstattet werden.

Da der Anspruch auf Kostenerstattung nicht weiter reicht als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch, setzt der Kostenerstattungsanspruch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSG, Urteile vom 28. Februar 2008 – B 1 KR 16/07 R – und 7. Mai 2013 – B 1 KR 44/12 R – beide in juris). Daran fehlt es hier sowohl hinsichtlich der am 5. Juni 2014 durchgeführten ambulanten Liposuktion der Unterschenkel (dazu unter a) als auch der am 23./24. Oktober 2014 durchgeführten stationären Liposuktion der Oberschenkel (dazu unter b). Ein Anspruch folgt auch nicht aus § 2 Abs. 1a SGB V (dazu unter c). Schließlich liegen auch keine Rechnungen vor, aus der die erstattungsfähigen Kosten hervorgehen (dazu unter d).

Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst u.a. die ärztliche Behandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V) und die Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V). Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB V umfasst ärztliche Behandlung die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Nach § 39 Abs. 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs. 1 SGB V unterliegt den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Krankheit im Sinne des SGB V ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteile vom 19. Oktober 2004 – B 1 KR 3/03 R –, 28. September 2010 – B 1 KR 5/10 R – und 11. September 2012 – B 1 KR 9/12 R – alle in juris). Krankheitswert im Rechtssinne kommt nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit zu. Eine Krankheit liegt nur vor, wenn der Versicherte in den Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder wenn die anatomische Abweichung entstellend wirkt (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteile vom 28. Februar 2008 – B 1 KR 19/07 R – und 6. März 2012 – B 1 KR 17/11 R – beide in juris; Urteil des Senats vom 26. Juni 2009 – L 4 KR 3386/08 – nicht veröffentlicht; Hessisches Landessozialgericht [LSG], Urteil vom 15. April 2013 – L 1 KR 119/11 – in juris).

Bei der Klägerin besteht eine Krankheit im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB V. Sie leidet an einem Lipödemsyndrom der Beine mit orthostatischer Schwellneigung. Dies ergibt sich aus dem Arztbrief des Dr. M. vom 7. August 2012. Das Beschwerdebild stellt eine Krankheit im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB V dar, denn der insoweit bei der Klägerin vorliegende körperliche Zustand ist mit Blick auf die geklagten Schmerzen, die eine Beeinträchtigung von Körperfunktionen darstellen, ein regelwidriger Zustand, der – was auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt wird – einer körperlichen Behandlung bedarf.

Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf Erstattung der ihr durch die als ambulante Krankenbehandlung durchgeführten Liposuktion entstandenen Kosten (vgl. zuletzt Urteil des Senats vom 12. Februar 2014 – L 4 KR 4163/11 – nicht veröffentlicht; vgl. auch Urteil des Senats vom 1. März 2013 – L 4 KR 3517/11 – in juris). Der Behandlungsanspruch eines Versicherten bei Vorliegen einer Krankheit unterliegt den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Beschränkungen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Die Krankenkassen sind nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Therapie nach eigener Einschätzung der Versicherten oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sein (zum Ganzen: z.B. BSG, Urteile vom 16. Dezember 2008 – B 1 KR 11/08 R –, 3. Juli 2012 – B 1 KR 6/11 R – und 7. Mai 2013 – B 1 KR 44/12 R – alle in juris). Zu beachten sind schließlich auch die Regelungen des Leistungserbringerrechts (Viertes Kapitel des SGB V, §§ 69 bis 140h SGB V), insbesondere auch die Regelungen über die Qualitätssicherung.

a) Für den ambulanten Bereich ist insoweit das in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt zu beachten. Danach dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zulasten der Krankenkasse nur erbracht werden und gehören auch nur dann zu den den Versicherten von der Krankenkasse geschuldeten Leistungen, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u.a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinischer Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteile vom 4. April 2006 – B 1 KR 12/05 R –, 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R –, 16. Dezember 2008 – B 1 KR 11/08 R –, 3. Juli 2012 – B 1 KR 6/11 R – und 7. Mai 2013 – B 1 KR 44/12 R –, alle in juris). Die entsprechende Richtlinie ist seit 1. April 2006 die Richtlinie des GBA zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Methoden-Richtlinie), zuvor die Richtlinien zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinien). An die Entscheidungen des GBA sind Krankenkassen und Gerichte gebunden (BSG, Urteil vom 4. April 2006 – B 1 KR 12/05 R – in juris). Ohne befürwortende Entscheidung des GBA kommt eine Leistungspflicht der Krankenkassen nicht in Betracht. Durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 135 Abs. 1 SGB V wird nämlich nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte usw.) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zulasten der Krankenkassen erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (BSG, Urteile vom 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R –, 16. Dezember 2008 – B 1 KR 11/08 R –, 3. Juli 2012 – B 1 KR 6/11 R – und 7. Mai 2013 – B 1 KR 44/12 R – alle in juris).

aa) Der Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs. 1 SGB V ist vorliegend einschlägig. Eine Untersuchungs- und Behandlungsmethode in diesem Sinne ist die auf einem theoretisch-wissenschaftlichen Konzept beruhende systematische Vorgehensweise der Untersuchung und Behandlung einer Krankheit (BSG, Urteile vom 23. Juli 1998 – B 1 KR 19/96 R – und 28. März 2000 – B 1 KR 11/98 R – beide in juris). Neu in diesem Sinne ist eine ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsmethode dann, wenn sie zum Zeitpunkt der Behandlung nicht als abrechnungsfähige Leistung im EBM aufgeführt wird und somit nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung ist (vgl. § 9 Abs. 1 Buchst. a der Verfahrensordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses; auch BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 – B 1 KR 12/06 R – in juris).

Diese Voraussetzungen sind für die Liposuktion gegeben. Bei der Liposuktion handelt es sich um eine eigenständige Behandlungsmethode. Diese Behandlungsmethode ist auch neu. Denn sie ist im EBM nicht als abrechnungsfähige Leistung erfasst. Eine Empfehlung des GBA für die Liposuktion liegt nicht vor. In der hier maßgeblichen Methoden-Richtlinie in der Fassung vom 17. Januar 2006 ist eine Prüfung und positive Bewertung der Liposuktion nicht enthalten.

bb) Ihren Anspruch auf Kostenerstattung der erfolgten ambulanten Behandlung mit Liposuktion kann die Klägerin auch nicht auf ein Systemversagen stützen. Ein solches liegt nicht vor.

Eine Leistungspflicht der Krankenkasse kann ausnahmsweise bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde ("Systemversagen"). Ein derartiger Systemmangel wird angenommen, wenn das Verfahren vor dem GBA von den antragsberechtigten Stellen oder dem GBA selbst überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde (vgl. BSG, Urteile vom 4. April 2006 – B 1 KR 12/05 R –, 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R – und 7. Mai 2013 – B 1 KR 44/12 R –, a.a.O.). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor (ebenso etwa LSG Bayern, Beschluss vom 8. April 2015 – L 5 KR 81/14 – in juris). Das BSG hatte in seinem Urteil vom 16. Dezember 2008 (B 1 KR 11/08 R – in juris) und in seinem Beschluss vom 10. Mai 2012 (B 1 KR 78/11 B – in juris) keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalles gesehen. Inzwischen hat der GBA mit Beschluss vom 22. Mai 2014 die Einleitung eines entsprechenden Verfahrens beschlossen; auch dies steht der Annahme eines Systemversagens entgegen (ebenso LSG Thüringen, Beschluss vom 20. April 2015 – L 6 KR 1935/12 B – in juris). Im Übrigen könnte sich die Klägerin auf eine Positivempfehlung des GBA nicht stützen, denn maßgeblich ist, ob ein Anspruch zum Zeitpunkt der Behandlung bestanden hat (LSG Bayern, Beschluss vom 8. April 2015 – L 5 KR 81/14 – in juris, m.w.N.).

cc) Auch um einen sogenannten Seltenheitsfall, in dem sich eine Krankheit und ihre Behandlung einer systematischen Erforschung entzieht und bei dem eine erweiterte Leistungspflicht der Krankenkassen in Betracht zu ziehen wäre (BSG, Urteil vom 27. März 2007 – B 1 KR 17/06 R –in juris), handelt es sich vorliegend nicht. Die bei der Klägerin vorliegende Krankheit (Lipödem der Beine und orthostatische Schwellneigung) ist keine seltene Erkrankung.

b) Für die stationäre Krankenbehandlung regelt die Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden § 137c SGB V. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift in der seit 1. Januar 2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG) vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I, S. 2983) überprüft der GBA auf Antrag des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder eines Bundesverbandes der Krankenhausträger Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zulasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind (Satz 1). Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode nicht hinreichend belegt ist und sie nicht das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, insbesondere weil sie schädlich oder unwirksam ist, erlässt der GBA eine entsprechende Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der Krankenkassen erbracht werden darf (Satz 2). Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, beschließt der GBA eine Richtlinie zur Erprobung nach § 137e SGB V (Satz 3). Nach Abschluss der Erprobung erlässt der GBA eine Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der Krankenkassen erbracht werden darf, wenn die Überprüfung unter Hinzuziehung der durch die Erprobung gewonnenen Erkenntnisse ergibt, dass die Methode nicht den Kriterien nach Satz 1 entspricht (Satz 4). Ist eine Richtlinie zur Erprobung nicht zustande gekommen, weil es an einer nach § 137e Abs. 6 SGB V erforderlichen Vereinbarung fehlt, gilt Satz 4 entsprechend (Satz 5). Für den stationären Bereich gibt es mithin keine dem § 135 Abs. 1 SGB V entsprechende Vorschrift, die einen solchen Anerkennungsvorbehalt formuliert. Dies bedeutet allerdings nicht, dass in der stationären Krankenbehandlung sämtliche in Betracht kommenden Behandlungsmethoden zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden können. Vielmehr sind die Krankenhäuser nicht davon entbunden, die Standards des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V und § 12 Abs. 1 SGB V im Einzelfall zu überprüfen und einzuhalten. § 137c SGB V setzt die Geltung des Qualitätsvorbehaltes des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V nicht außer Kraft (vgl. BSG, Urteil vom 28. Juli 2008 – B 1 KR 5/08 R – und Urteil vom 21. März 2013 – B 3 KR 2/12 R – beide in juris). Die einzige Ausnahme bildet nach § 137c Abs. 2 Satz 2 SGB V die Durchführung klinischer Studien. Behandlungen im Rahmen solcher Studien waren und sind daher zur Förderung des medizinischen Fortschritts stets zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung abrechenbar (zum Ganzen: Urteil des Senats vom 27. Januar 2012 – L 4 KR 2172/10 – in juris, nachgehend BSG, Urteil vom 21. März 2013 – B 3 KR 2/12 R – in juris).

Die Liposuktion entspricht – schon ganz grundlegend – nicht den erforderlichen Qualitätsanforderungen, die an eine zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung durchzuführende Behandlungsmethode zu stellen sind (ebenso LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5. Februar 2015 – L 5 KR 228/13 – und LSG Bayern, Beschluss vom 8. April 2015 – L 5 KR 81/14 – beide in juris). Der Senat hat in seinem Urteil vom 27. April 2012 (L 4 KR 595/11, a.a.O.; bestätigt in dem der Klägerin zur Kenntnis gegebenen Urteil des Senats vom 14. Juni 2013 – L 4 KR 84/13 – nicht veröffentlicht; siehe auch Urteil des Senats vom 1. März 2013 – L 4 KR 3517/11 –, in juris) ausgeführt: "§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V gibt vor, dass Qualität und Wirksamkeit der Leistungen, die zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V umfasst daher nur solche Leistungen, deren Qualität und Wirksamkeit diesen wissenschaftlichen Anforderungen entspricht. Hierzu genügt es nicht, dass eine Behandlungsmethode bei einem Versicherten nach Ansicht seiner Ärzte positiv gewirkt haben soll (vgl. entsprechend das BSG auch zur Frage der Erfüllung von Qualitätskriterien einer bestimmten Arzneimitteltherapie, Urteil vom 1. März 2011 – B 1 KR 7/10 R – SozR 4-2500 § 35 Nr. 5; Urteil vom 27. September 2005 – B 1 KR 6/04 RSozR 4-2500 § 31 Nr. 3 m.w.N. – Wobe-Mugos). Neue Verfahren, die nicht ausreichend erprobt sind, oder Außenseitermethoden, die zwar bekannt sind, aber sich nicht bewährt haben, lösen keine Leistungspflicht der Krankenkasse aus. Es ist nicht Aufgabe der Krankenkassen, die medizinische Forschung zu finanzieren (so ausdrücklich BT-Drucks. 11/2237, S. 157). Die einzige Ausnahme bilden nach § 137c Abs. 2 Satz 2 SGB V die Durchführung klinischer Studien. Behandlungen im Rahmen solcher Studien waren und sind daher zur Förderung des medizinischen Fortschritts stets zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abrechenbar.

Außerhalb klinischer Studien muss es jedoch zu Qualität und Wirksamkeit einer Behandlungsmethode grundsätzlich zuverlässige wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen geben. Entsprechend der auch durch den GBA für seine Entscheidungen zugrunde gelegten Maßstäbe der evidenzbasierten Medizin ist dabei eine Sichtung und qualitative Bewertung der über eine Behandlungsmethode vorhandenen wissenschaftlichen Publikationen und Expertisen vorzunehmen (vgl. dezidiert BSG, Urteile vom 1. März 2011 u.a. – B 1 KR 7/10 R – a.a.O.; ebenso BSG, Urteil vom 12. August 2009 – B 3 KR 10/07 R – SozR 4-2500 § 139 Nr. 4). Erforderlich ist mithin, dass der Erfolg der Behandlungsmethode objektivierbar, also in einer ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 18. Mai 2004 – B 1 KR 21/02 RSozR 4-2500 § 31 Nr. 1 RdNr. 7 m.w.N.; vgl. dazu auch Wagner, in Krauskopf, Stand 2008, § 13 SGB V Rn. 19). Die höchste Beweiskraft haben danach direkte Vergleichsstudien mit anderen Behandlungsmethoden, also Studien der Evidenzklasse I (vgl. entsprechend zur Arzneimitteltherapie BSG, Urteile vom 1. März 2011, u.a – B 1 KR 7/10 R – a.a.O.). Nur soweit derartige Studien nicht existieren, kann im Einzelfall auf andere, hinreichend aussage- und beweiskräftige Studien ausgewichen werden (vgl. auch Flint in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2011, K § 35 RdNr. 64). Um der in § 137c SGB V grundsätzlich angelegten Innovationsmöglichkeit gerecht zu werden, schließt der Senat dabei nicht aus, dass auch Expertenmeinungen zur Beurteilung des wissenschaftlichen Standards herangezogen werden können. Diese sind jedoch nicht geeignet, eine Leistungspflicht der Krankenkasse auch dann zu begründen, wenn objektivierbare Erkenntnisse bereits in eine andere Richtung weisen. Expertenmeinungen sind daher stets im Zusammenhang mit den vorhandenen objektivierbaren wissenschaftlichen Aussagen im Sinne einer maßgeblichen Gesamtschau heranzuziehen (so der erkennende Senat in seinem Urteil vom 27. Januar 2012 – L 4 KR 2272/10 – juris).

Von Qualität und Wirksamkeit der begehrten Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems im Sinne der Kriterien des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V vermochte der Senat sich indes nicht zu überzeugen. Er legt insoweit ganz maßgeblich das von der Beklagten vorgelegte "Gutachten Liposuktion bei Lip- und Lymphödemen" der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7 vom 6. Oktober 2011 zugrunde. Dieses Gutachten nimmt eine umfassende Auswertung der über den Einsatz von Liposuktion als Methode zur Behandlung von Lipödemen veröffentlichten Studien vor, wobei die Gutachter neben randomisiert kontrollierten auch nicht randomisiert kontrollierte Studien berücksichtigt haben. Die im Mai 2011 insoweit durchgeführte Recherche der hierzu vorhandenen Publikationen ergab überhaupt nur zwei relevante, diesen Qualitätsanforderungen entsprechende Studien. Für den konkreten Fall ist sogar nur eine der beiden Studien (nämlich diejenige zum Krankheitsbild der Lipomatosis dolorosa von Hansson – veröffentlicht 2011) relevant, da sich die andere der beiden Studien mit Liposuktion zur Behandlung eines Lymphödems nach Mammakarzinom befasst. In der Studie Hansson wurde (nicht randomisiert kontrolliert) der Langzeiterfolg der Liposuktion bei 111 Frauen mit Lipomatosis dolorosa beobachtet. Dabei wurde ein signifikanter Unterschied in der Schmerzreduktion beobachtet, ohne dass dies von den Autoren selbst als zureichendes Ergebnis gewertet wurde, um einen langfristigen Nutzen ausreichend zu belegen. Vielmehr fordern auch die Autoren weitere randomisiert kontrollierte Studien mit ausreichend validierten Ergebniskriterien. Alle übrigen seinerzeit zugänglichen Veröffentlichungen erfüllen diese Qualitätsanforderungen nicht bzw. stellen Registernachbeobachtungen oder Ergebnisberichte kleiner Fallserien dar. Für den Senat war daher das Fazit der Gutachter überzeugend, dass die Methode der Liposuktion zur Therapie des Lipödems derzeit noch Gegenstand wissenschaftlicher Diskussion ist und weitere randomisierte Studien erforderlich sind, um sie zu einer den Kriterien der evidenzbasierten Medizin entsprechenden Behandlungsmethode qualifizieren zu können. Diesem Fazit schließt sich der Senat an."

Es besteht kein Anlass, aufgrund des Vorbringens der Klägerin des vorliegenden Verfahrens hiervon abzuweichen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die unter dem 15. Januar 2015 erfolgte Aktualisierung (mds-sindbad.de/infomed/sindbad.nsf/002568A2003D5BAE/20B52) des Primärgutachtens der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7 des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen vom 6. Oktober 2011. Danach haben die zwei identifizierten kontrollierten Studien, welche die Liposuktion bei sekundärem Lymphödem der Arme nach Brustkrebstherapie bzw. zur Schmerztherapie bei Lipomatosis dolorosa untersuchten, auch unter Berücksichtigung der aktuell vorliegenden Publikation erhebliche methodische sowie zum Teil inhaltliche Limitationen und berichten unzureichend über Langzeitergebnisse und Nebenwirkungen der Therapie. Zur Liposuktion beim Lipödem sind nur Publikationen kleiner Fallserien bekannt, die grundsätzlich nicht geeignet sind, einen patientenrelevanten Vorteil zu begründen (vgl. auch LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5. Februar 2015 – L 5 KR 228/13 – a.a.O. Rn. 21). Die Klägerin hat keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen; dies gilt auch unter Berücksichtigung der von ihr angeführten medizinischen Veröffentlichungen. Der Senat hält auch in Kenntnis abweichender Entscheidungen anderer Gerichte (Sozialgericht Dresden, Urteil vom 13. März 2015 – S 47 KR 541/11 – nicht veröffentlicht) an seiner Auffassung fest.

Dieses Ergebnis steht auch nicht im Widerspruch zum Urteil des BSG vom 16. Dezember 2008 (B 1 KR 11/08 R, a.a.O.), wie der Senat bereits im Urteil vom 27. April 2011 (a.a.O.) ausgeführt hat: "Das BSG hatte sich dort mit der Frage zu befassen, ob die Behandlungsmethode der Liposuktion, die ambulant zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse von vornherein mangels positiver Empfehlung des GBA nicht erbracht werden darf (§ 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V; dazu auch Urteil des Senats vom 10. September 2010 – L 4 KR 3961/09 –, nicht veröffentlicht), gleichsam automatisch stationär zu erbringen ist, da im klinischen Bereich das Erfordernis einer positiven Entscheidung durch den GBA nicht besteht. Dies hat das BSG im konkreten Fall unter Verweis auf das Fehlen schon der Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 SGB V verneint, da die dort statuierten spezifischen Voraussetzungen für eine Krankenhausbehandlung nicht vorlagen. Mit der Frage, ob die Methode der Liposuktion denn überhaupt den Maßstäben evidenzbasierter Medizin entspricht, hatte sich das BSG demgemäß gar nicht zu befassen. Aus der zitierten Entscheidung kann daher nicht abgeleitet werden, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des Erfordernisses der Durchführung einer stationären Operation ohne weiteres ein Leistungsanspruch auf Durchführung einer Liposuktion zulasten der Krankenkasse besteht. Anhand der jüngeren Rechtsprechung des BSG ergibt sich vielmehr gerade das Gegenteil. Das BSG hat darin (vgl. insoweit insbesondere das Urteil vom 17. Februar 2010 – B 1 KR 10/09 R – SozR 4-2500 § 27 Nr. 18 zum Anspruch einer Versicherten auf stationär durchgeführt Reimplantation nach Kryokonservierung von Eierstockgewebe) ausdrücklich zum Maßstab gemacht, dass auch die stationäre Behandlung stets einer Überprüfung anhand der Maßstäbe des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V zu unterziehen ist. Eine andere Auffassung führte im Übrigen zu dem auch unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) nicht tragbaren Ergebnis, dass Patienten allein deshalb, weil sie bestimmte Risikofaktoren erfüllen, die einen Krankenhausaufenthalt erforderlich machen, eine Behandlung in stationärem Rahmen erhielten, obwohl sich für die Wirksamkeit einer bestimmten Methode keine bislang hinreichend wissenschaftlich gefestigten Anhaltspunkte ergeben".

c) Die Klägerin kann sich auch nicht auf § 2 Abs. 1a SGB V, eingefügt durch Art. 1 Nr. 1 GKV-VStG vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I, S. 2983) mit Wirkung vom 1. Januar 2012, berufen. Diese Vorschrift setzt die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG – (Beschluss vom 6. Dezember 2005 – 1 BvR 347/98 – in juris) und die diese Rechtsprechung konkretisierenden Entscheidungen des BSG (z.B. BSG, Urteile vom 4. April 2006 – B 1 KR 12/04 R und B 1 KR 7/05 R – und Urteil vom 16. Dezember 2008 – B 1 KR 11/08 R – alle in juris) zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden, die Untersuchungsmethoden einschließen würden, in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung um. Der vom BVerfG entwickelte Anspruch von Versicherten auf ärztliche Behandlung mit nicht allgemein anerkannten Methoden, die durch den zuständigen GBA bisher nicht anerkannt sind, setzt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung voraus (BSG, Urteile vom 4. April 2006 – B 1 KR 12/04 R und B 1 KR 7/05 R –, vom 16. Dezember 2008 – B 1 KR 11/08 R – und vom 7. Mai 2013 – B 1 KR 26/12 R – alle in juris). Mit dem Kriterium einer Krankheit, die zumindest mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung in der Bewertung vergleichbar ist, ist eine strengere Voraussetzung umschrieben, als sie etwa mit dem Erfordernis einer "schwerwiegenden" Erkrankung für die Eröffnung des so genannten Off-Label-Use formuliert ist (BSG a.a.O.). Gerechtfertigt ist hiernach eine verfassungskonforme Auslegung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen u.a. nur, wenn eine notstandsähnliche Situation im Sinne einer in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommenden Problematik vorliegt, wie sie für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist. Das bedeutet, dass nach den konkreten Umständen des Falles bereits drohen muss, dass sich ein voraussichtlich tödlicher Krankheitsverlauf innerhalb überschaubaren Zeitraums mit Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird; Ähnliches kann für den nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion gelten. Einen solchen Schweregrad erreicht das Lipödem-Syndrom der Klägerin nicht (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 – B 1 KR 11/08 R – in juris). Insoweit kommt es nicht darauf an, ob konservative Therapien für die Klägerin als allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlungen erfolgsversprechend zur Verfügung gestanden haben und stehen.

d) Ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin scheidet auch deshalb aus, weil sie keine Rechnung vorgelegt hat, aus der die erstattungsfähigen Kosten hervorgehen. Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, einer rechtswirksamen Vergütungsforderung der die Liposuktion durchführenden Ärzte ausgesetzt zu sein.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. hierzu und zum Folgenden: BSG, Urteil vom 27. März 2007 – B 1 KR 25/06 R – in juris, m.w.N.; siehe auch BSG, Urteil vom 11. September 2012 – B 1 KR 3/12 R – in juris) setzt der Kostenerstattungsanspruch aus § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V voraus, dass dem behandelnden Arzt gegen den Versicherten, der sich die Leistung selbst verschafft hat, ein rechtswirksamer Vergütungsanspruch aus der Behandlung erwachsen ist. Geht es – wie hier – um die Kosten einer ärztlichen Behandlung, so besteht ein Vergütungsanspruch des Arztes nur, wenn dem Patienten eine Abrechnung nach den Vorschriften der GOÄ erteilt worden ist Bei der GOÄ handelt es sich um ein für alle Ärzte geltendes zwingendes Preisrecht. Das ist verfassungsrechtlich unbedenklich, verletzt insbesondere weder die Kompetenzordnung des Grundgesetzes (GG) noch die Berufsfreiheit der Ärzte (Art. 12 Abs. 1 GG; z.B. BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. April 1991 – 1 BvR 1301/89 –, in juris). Vorbehaltlich eines anders lautenden Bundesgesetzes verpflichtet § 1 Abs. 1 GOÄ alle Ärzte, die Vergütungen für ihre beruflichen Leistungen nach der GOÄ zu berechnen. Die ärztlichen Leistungen sind in einem Gebührenverzeichnis erfasst (vgl. § 4 Abs. 1 GOÄ) und innerhalb des durch § 5 GOÄ festgelegten Gebührenrahmens zu bewerten. Selbstständige ärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, können nach § 6 Abs. 2 GOÄ entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses berechnet werden. Erst mit der Erteilung einer den Vorschriften der Verordnung entsprechenden Rechnung wird die Vergütung fällig (§ 12 Abs. 1 GOÄ). Vorher trifft den Patienten keine Zahlungsverpflichtung. Nach § 10 Abs. 1 GOÄ können neben den für die einzelnen ärztlichen Leistungen vorgesehenen Gebühren als Auslagen nur die dort unter Nr. 1 bis 4 aufgeführten Positionen berechnet werden. Die Berechnung von Pauschalen ist nicht zulässig.

Die von der Klägerin vorgelegten Rechnungen der Dres. O. und H. vom 5. Juni 2013 (richtig wohl: 2014) und vom 23. Oktober 2014 sowie der EDR-Klinik vom 24. Oktober 2014 enthalten keine im Gebührenverzeichnis aufgeführte Leistung. Sie enthalten auch keine Position zum Ersatz von Auslagen, sondern benennen lediglich einen umfassenden Pauschalpreis. Es ist aber gerade unzulässig, anstelle der Vergütung von Einzelleistungen ein Pauschalhonorar ohne Bezugnahme auf das Leistungsverzeichnis der GOÄ in Rechnung zu stellen und den Auslagenersatz zu pauschalieren (vgl. BSG a.a.O.). Trotzdem – ohne positive Kenntnis dieser Rechtslage – geleistete Zahlungen kann der Patient vom Arzt selbst dann zurückfordern, wenn er sich mit dem Operationsergebnis zufrieden gezeigt hat (vgl. Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 23. März 2006 – III ZR 223/05 – in juris).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.

4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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