Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 4781/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 5048/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 18.11.2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung (Vormerkung) von Zeiten einer landwirtschaftlichen Tätigkeit des Klägers in P. als rentenrechtliche Zeiten (Zeitraum 01.07.1977 bis 12.05.1990).
Der 1947 in W. (P.) geborene Kläger, Inhaber eines Vertriebenenausweises A, übersiedelte am 13.05.1990 nach Deutschland.
In P. war der Kläger (u.a.) während der Zeit vom 18.08.1975 bis 01.02.1978 und vom 14.02.1978 bis 15.02.1978 als Elektromonteur bei der öffentlichen Straßenverwaltung in B. beschäftigt. Vom 02.02.1978 bis 12.02.1978 blieb er der Arbeit unentschuldigt fern ("Bummelschicht"). Vom 20.04.1978 bis 28.09.1978 war er als Elektromechaniker bei der Gemeinde R. beschäftigt. Der Arbeitsvertrag wurde nach erneutem unentschuldigtem Fernbleiben von der Arbeit vom 29.09.1978 bis 31.10.1978 aufgelöst. Vom 01.07.1977 bis 31.12.1990 war der Kläger bei der Sozialversicherung der Landwirte in P. (K.) angemeldet bzw. versichert. Beiträge für ihn wurden aber erst ab dem Jahr 1982 gezahlt.
Unter dem 13.03.2010 gab der Kläger auf einem Fragebogen (u.a.) an, vom 01.07.1977 bis 11.05.1990 habe er in einem Arbeitsverhältnis bei seiner Schwester A.J. gestanden. Ein notarieller Arbeitsvertrag sei nicht geschlossen worden.
In der Auskunft vom 16.07.2010 stellte die Z. (p. Versicherungsträger) die Zeiten vom 18.08.1975 bis 01.02.1978, vom 14.02.1978 bis 15.02.1978 und vom 20.04.1978 bis 28.09.1978 als Beitragszeiten fest.
Mit Vormerkungsbescheid vom 08.09.2010 stellte die Beklagte die in dem dem Bescheid beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten, die länger als 6 Kalenderjahre zurückliegen, also die Zeiten bis 31.12.2003, verbindlich fest. Hinsichtlich des streitigen Zeitraums vom 01.07.1977 bis 12.05.1990 wurden die Zeit vom 01.01.1977 bis 01.02.1978, vom 14.02.1978 bis 15.02.1978 und vom 20.04.1978 bis 28.09.1978 als Zeiten in der Allgemeinen Rentenversicherung (Rentenversicherung der Arbeiter) nach Maßgabe des deutsch-p. Rentenabkommens (Sozialversicherungsabkommens) vom 09.10.1975 (D.) vorgemerkt. Nicht als Pflichtbeitragszeiten vorgemerkt wurden die Zeiten vom 02.02.1978 bis 13.02.1978, 16.02.1978 bis 19.04.1978 und 29.09.1978 bis 12.05.1990. Zur Begründung führte die Beklagte (u.a.) aus, die nicht vorgemerkten Zeiten seien weder vom p. Versicherungsträger noch durch andere zweifelsfreie Nachweise als rentenrechtliche Zeiten bestätigt. Eine Anerkennung nach dem Fremdrentengesetz (FRG) sei ebenfalls nicht möglich. Die Zeit vom 01.07.1977 bis 12.05.1990 in der Landwirtschaft der Schwester des Klägers könne nicht als rentenrechtliche Zeit anerkannt werden, weil sie von Art. 4 Abs. 2 des DPRA oder von Art. 2 Abs. 1 des Zustimmungsgesetzes zu diesem Abkommen nicht erfasst werde und die Voraussetzungen für eine Anerkennung nach dem FRG ebenfalls nicht erfüllt seien. Ob und ggf. wie eine Anerkennung nach Maßgabe des EU-Rechts möglich sei, werde im späteren Rentenverfahren entschieden.
Am 12.10.2010 erhob der Kläger Widerspruch. Die Zeit vom 01.07.1977 bis 12.05.1990 müsse als rentenrechtliche Zeit anerkannt werden.
Der Kläger legte die Bescheinigung der K. vom 05.10.1998 vor. Darin heißt es, der Kläger sei in der Zeit vom 01.07.1977 bis 31.12.1990 bei der Landwirtschaftlichen Versicherung versichert gewesen.
Ergänzend trug der Kläger vor, die in Rede stehenden Zeiten seien nunmehr (nach dem Beitritt P. zur Europäischen Union) nach Maßgabe der VO (EWG) Nr. 1408/71 und der Durchführungsverordnung (EWG) Nr. 574/72 als rentenrechtliche Zeiten anzuerkennen. Außerdem sei er als Vertriebener anerkannt, weshalb die Zeiten auch nach Maßgabe des FRG anzuerkennen seien.
Mit Schreiben vom 10.11.2010 und vom 30.03.2011 teilte die Beklagte dem Kläger (erneut) mit, die Zeit vom 01.07.1977 bis 12.05.1990 in der Landwirtschaft seiner Schwester könne nicht als rentenrechtliche Zeit anerkannt werden. Die K. stelle ein System der sozialen Sicherheit i. S. d. § 15 Abs. 2 FRG nicht dar. Daher sei zu prüfen, ob die Tätigkeit des Klägers in der Landwirtschaft seiner Schwester gem. § 16 FRG vorgemerkt werden könne. Hierzu benötige man jedoch noch weitere Angaben. Der Kläger möge mitteilen, in welchem zeitlichen Umfang er (neben den teils zeitgleich weiter ausgeübten Beschäftigungen) in der Landwirtschaft tätig gewesen sei und welche Vergütung er hierfür erhalten habe.
Nachdem der Kläger weitere Angaben nicht gemacht hatte, wies die Beklagte seinen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20.06.2011 zurück.
Am 05.07.2011 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Ulm. Zur Begründung trug er vor, vom 01.07.1977 bis 12.05.1990 sei er im landwirtschaftlichen Betrieb seiner Schwester abhängig beschäftigt gewesen. Bis 31.10.1978 habe er als Teilzeitarbeiter einen Monatslohn von 600 Zloty, 1978 von 3.200 Zloty und 1990 habe er 820.000 Zloty erhalten. Die Steigerung beruhe auf der hohen Inflationsrate in P. während der 80er Jahre. In der streitigen Zeit sei er bei der K. versichert gewesen. Diese sei 1970 gegründet worden und als Sozialversicherung i. S. d. 15 Abs. 2 FRG einzustufen.
Die Beklagte trug vor, in der K. seien ausschließlich selbständige Landwirte und deren Familienangehörige versichert, jedoch keine abhängig Beschäftigten. Die K. sei daher keine Sozialversicherung i. S. d. § 15 Abs. 2 FRG. Ob die Tätigkeit des Klägers im landwirtschaftlichen Betrieb seiner Schwester nach Maßgabe des Unionsrechts als rentenrechtliche Zeit anzuerkennen sei, könne erst in einem späteren Rentenverfahren geprüft werden, da die notwendigen Angaben durch die Versicherungsträger der anderen EU-Mitgliedstaaten außerhalb eines Rentenverfahrens nicht übermittelt würden.
Mit Beschluss vom 01.09.2011 erklärte sich das Sozialgericht Ulm für örtlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Sozialgericht Freiburg.
Mit Rentenbescheid vom 25.07.2012 bewilligte die Beklagte dem Kläger Regelaltersrente ab 01.07.2012 in Höhe von 755,87 EUR monatlich im Hinblick auf das anhängige Verfahren als Vorschussleistung (§ 42 Sozialgesetzbuch Erstes Buch, SGB I). Hinsichtlich des streitigen Zeitraums vom 01.07.1977 bis 12.05.1990 sind in dem dem Rentenbescheid beigefügten Versicherungsverlauf (wie in dem dem Vormerkungsbescheid vom 08.09.2010 beigefügten Versicherungsverlauf) die Zeiten vom 01.01.1977 bis 01.02.1978, vom 14.02.1978 bis 15.02.1978 und vom 20.04.1978 bis 28.09.1978 als Zeiten in der Allgemeinen Rentenversicherung (Rentenversicherung der Arbeiter) nach Maßgabe des DPRA enthalten und diese Zeiten sind auch bei der Rentenwertfestsetzung berücksichtigt. Nicht berücksichtigt ist die (streitige) Zeit der Tätigkeit des Klägers auf dem landwirtschaftlichen Anwesen seiner Schwester vom 01.07.1977 bis 12.05.1990.
Am 29.08.2013 fand eine erste Erörterungsverhandlung des Sozialgerichts statt. Für den Kläger wurde mitgeteilt, die zwischenzeitlich mit Bescheid vom 25.07.2012 bewilligte Altersrente berücksichtige p. Zeiten lediglich nach Maßgabe des D. Der Rentenbescheid sei vorläufig, da zunächst noch das Ergebnis des anhängigen Rechtsstreits hinsichtlich der Berücksichtigung der vom Kläger in der Landwirtschaft seiner Schwester zurückgelegten Zeiten abgewartet werden solle.
Am 17.10.2013 fand eine zweite Erörterungsverhandlung des Sozialgerichts statt. Das Sozialgericht hörte den Kläger an und vernahm die Schwester des Klägers und seine (heutige) Ehefrau R.J. als Zeugen.
Die Schwester des Klägers gab an, seinerzeit sei sie Besitzerin eines kleinen Bauernhauses gewesen; dieses gehöre ihr eigentlich auch heute noch. Dort habe man Landwirtschaft betrieben (Schweine, Schafe, Imkerei, Obstbäume, wie Sauerkirschbäume). Es seien Ställe für die Tiere errichtet worden und auch eine Werkstatt. Auf dem Anwesen hätten ihre Mutter und ihr Stiefvater, dem beide Beine amputiert gewesen seien, gelebt. Sie habe gemeinsam mit einer Schwester einen privaten Laden betrieben. Dort habe sie z.B. Kleider verkauft, nicht jedoch die landwirtschaftlichen Produkte des Bauernhofes.
Sie seien in der Familie insgesamt acht Kinder gewesen. Der Kläger habe mit der Mutter und dem Stiefvater auf dem Hof gelebt. Sie habe selbst nicht auf dem Hof gewohnt, sondern in einem nahe gelegenen Dorf. Den Hof habe sie im Jahre 1977 (damals 22 Jahre alt) von einem Privatmann (der nicht zur Familie gehört habe) gekauft. Sie habe eine landwirtschaftliche Ausbildung, allerdings ohne Abschluss, absolviert. Der Hof habe etwa 2 ha umfasst. Zum Viehbestand hätten in der Regel ca. 15 bis 20 Schweine und ca. 10 bis 20 Schafe gehört. Auf einem Viertel der Fläche hätten Obstbäume gestanden. Ackerbau habe man nicht betrieben. Das Futter für die Tiere sei zugekauft worden. Es seien auch kleinere Tiere, etwa 20 Hühner und Enten, gehalten worden.
Der Kläger habe alle Tiere füttern sowie die Obstbäume pflegen und abernten müssen. Er sei auch mit der Imkerei (14 Bienenvölker) befasst gewesen. Außerdem habe er der Mutter bei der Pflege des Stiefvaters und auch im Haushalt geholfen. Er habe auf dem Hof in einem vom Haushalt der Eltern getrennten Haushalt, allerdings im gleichen (zweistöckigen) Haus, gewohnt. Es habe zwei Eingänge, zwei Küchen und zwei Bäder gegeben. Sie habe in der Regel mehrmals wöchentlich auf dem Hof vorbeigeschaut, da dort ja auch die Eltern gewohnt hätten. Der Kläger habe sich seine Arbeit selbst eingeteilt. Er sei insoweit selbstständig gewesen. Er habe also selbst entschieden, was er arbeite und wann er arbeite und viele Stunden täglich er arbeite. Im Sommer sei viel Arbeit, im Winter sei weniger Arbeit angefallen. Zeiten, zu denen er nur 2 Stunden oder weniger am Tag hätte arbeiten müssen, habe es nicht gegeben. Es habe ja auch noch am Haus immer wieder etwas renoviert werden müssen. Als sie den Hof gekauft habe, habe es dort nur ein wenig Landwirtschaft gegeben; vielleicht ein paar Schafe und Schweine. Der Kläger habe das dann ausgeweitet. Insbesondere seien auch die Obstbaumflächen vergrößert worden. Der Kläger habe auch die Gebäude für die Tiere gebaut. Vorher habe es nur ein provisorisches Haus gegeben. Die Gebäude habe der Kläger allein errichtet. Dafür habe er auch an den Wochenenden und an den Feiertagen gearbeitet. Urlaub oder Ferien habe sie ihm nicht gewährt. Die Arbeitszeiten hätten geschwankt. Sie habe dem Kläger im Monat etwa 2.500 bis 3.000 Zloty gezahlt. Der Lohn sei nicht in jedem Monat gleich hoch gewesen. Es sei darauf angekommen, wieviel Geld sie gerade gehabt habe und wieviel sie verkauft hätten. Zum Teil habe sie den Kläger auch mit Fleisch, Honig und Obst oder Wolle bezahlt. Steuern habe sie für den Kläger nicht abgeführt. Eine Buchführung habe sie nicht gehabt; dazu sei der Hof zu klein gewesen. Der Lohn des Klägers habe sich etwa im mittleren Bereich bewegt und sei bar gezahlt worden. Den angegebenen Betrag habe sie geschätzt, wobei darin auch die erwähnten Naturalien mit eingerechnet seien. So habe der Kläger etwa in einem Monat nur 500 Zloty und dafür zusätzlich Fleisch bekommen. Bis einschließlich 1982 habe sie für den Kläger (im Hinblick auf den Neuerwerb des Hofes) keine Beiträge zur K. bezahlen müssen. Die Versicherung bei der K. habe schon seit 1975 bestanden. Dort sei sie selbst versichert, für den Kläger seien aber erst ab 1982 Beiträge gezahlt worden. Die in der Bescheinigung der K. angegebenen Beträge (vom 30.09.2013) seien Jahresbeträge, sie seien also sehr niedrig, viel niedriger als die Beiträge an die Z. gewesen. Sie sei Alleininhaberin des Bauernhofs gewesen. Einen Arbeitsvertrag mit dem Kläger habe sie wahrscheinlich nicht abgeschlossen, weder schriftlich noch mündlich. Auf dem Hof habe es sonst keine anderen Arbeiter gegeben. Wenn man bei der Obsternte manchmal Hilfe gebraucht habe, habe man auf Familienmitglieder zurückgegriffen. Der Bauernhof gehöre ihr immer noch. Tiere gebe es nicht mehr. Auf dem Hof wohne jetzt ihre Schwester, die Rentnerin sei. Der Obstgarten sei inzwischen Wald.
Der Kläger gab an, er habe das renovierungsbedürftige Haus (auf dem Hof der Schwester), bevor die Eltern auf das Anwesen gezogen seien, selbst renoviert und deswegen zuerst ganz allein auf dem Hof gelebt. Im Sommer habe er auch die Bienenvölker zu neuen Standorten gefahren. Im Jahr 1977 und 1978 habe er auf dem Hof noch als Nebentätigkeit (neben der Arbeit bei der Straßenverwaltung und der Gemeinde R.) gearbeitet. In dieser Zeit habe er den Bauernhof erst aufgebaut und daneben noch in einer vom Bauernhof etwa 100 km entfernten Firma gearbeitet. Auf den Lohn, den er von seiner Schwester erhalten habe, habe er keine Einkommensteuer gezahlt. Als Elektromonteur habe er mehr, wenn auch nicht sehr viel mehr, verdient. Seine jetzige Ehefrau habe er im Januar 1990 geheiratet und mit dieser in P. daher nie zusammen gewohnt; sie habe auch nicht auf dem Bauernhof seiner Schwester gelebt. Auch seine erste Ehefrau habe mit ihm nicht auf dem Bauernhof gelebt. Er sei über die K. krankenversichert gewesen. Ein Legitimationsbuch, in das Ärzte oder Arbeitgeber hätten Eintragungen vornehmen können, habe er von der K. nicht bekommen. Er habe eine Art Versicherungsausweis der K. gehabt.
Die (jetzige) Ehefrau des Klägers gab an, sie habe den Kläger als Nachbarn kennengelernt. Zu dem Rechtsverhältnis bzw. Arbeitsverhältnis zwischen ihm und seiner Schwester könne sie konkrete Angaben aus eigener Wahrnehmung nicht machen. Hinsichtlich der Arbeitszeiten könne sie angeben, dass der Kläger im Grunde den ganzen Tag beschäftigt gewesen sei. Er habe aber selbst bestimmt, was er gerade mache. Urlaub oder Ferien habe er nicht gehabt. Sie könne auch nichts zur Entlohnung des Klägers sagen.
Mit Gerichtsbescheid vom 18.11.2013 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Klage sei zulässig. Der Kläger beziehe mittlerweile Altersrente, weshalb sich der angefochtene Vormerkungsbescheid erledigt habe. Der Rentenbescheid sei jedoch insoweit vorläufig ergangen, als das Ergebnis des vorliegenden Rechtsstreits abgewartet werden solle. Daher bestehe für den Kläger ein (Fortsetzungs-)Feststellungsinteresse hinsichtlich der Anerkennung der streitigen Zeiten nach §§ 15, 16 FRG.
Die Klage sei aber nicht begründet. Die Zeit vom 01.07.1977 bis 12.05.1990, während der der Kläger im landwirtschaftlichen Betrieb seiner Schwester tätig gewesen sei, sei - insoweit mittlerweile unstreitig - nicht nach Maßgabe des D. und auch nicht nach Maßgabe der §§ 15,16 FRG als Beitrags- oder Beschäftigungszeit vorzumerken. Die Voraussetzungen des § 15 FRG seien nicht erfüllt. Die K. sei nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. etwa Urt. v. 13.9.1990, - 5 RJ 76/89 -) kein System der sozialen Sicherheit i. S. d. § 15 Abs. 2 FRG. Die Voraussetzungen des § 16 FRG seien ebenfalls nicht erfüllt, da es an einer Beschäftigung (im sozialversicherungsrechtlichen Sinn) fehle. Verwandtschaftliche Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber schlössen ein Beschäftigungsverhältnis zwar nicht generell aus. Allerdings müsse im Einzelfall (sorgfältig) geprüft werden, ob tatsächlich ein reguläres abhängiges Beschäftigungsverhältnis begründet worden sei. Hier habe der Kläger auf dem Hof seiner Schwester nicht als Arbeitnehmer gearbeitet, sondern familienhafte Mithilfe geleistet. Das gehe aus den Angaben seiner Schwester hervor. Diese habe lediglich mehrfach wöchentlich auf dem Hof vorbeigeschaut, während der Kläger auf dem Hof allein gelebt habe. Er habe den Hof für sie instandgesetzt und im Wesentlichen alleine geführt. Außerdem habe er der auf dem Hof lebenden Mutter bei der Pflege des Schwiegervaters geholfen. Seine Arbeit habe er sich selbst nach Bedarf eingeteilt, Urlaub oder Ferien habe er nicht gehabt. Er habe auch an den Wochenenden und Feiertagen auf dem Hof gearbeitet. Die Höhe seiner monatlichen Vergütung sei von den Einnahmen der Schwester, der Betriebsinhaberin, abhängig gewesen und außerdem zu nicht unerheblichen Teilen in Naturalien gewährt worden. Einen festen Arbeitslohn habe es nicht gegeben. Vielmehr habe der von der Schwester des Klägers auch nur geschätzte Betrag geschwankt, wobei Naturalien eingerechnet worden seien. An den Abschluss eines schriftlichen oder mündlichen Arbeitsvertrags habe sich die Schwester des Klägers nicht erinnern können. Die jetzige Ehefrau des Klägers habe die Angaben seiner Schwester, wonach der Kläger im Grunde den ganzen Tag auf dem Hof beschäftigt gewesen sei und sich die Arbeit selbst eingeteilt habe, bestätigt.
Auf den ihm am 22.11.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 22.11.2013 Berufung eingelegt. Eine Berufungsbegründung ist nicht vorgelegt worden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 18.11.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Rentenbescheids vom 25.07.2012 zu verurteilen, ihm höhere Altersrente unter Berücksichtigung der Zeit seiner Tätigkeit auf dem landwirtschaftlichen Anwesen seiner Schwester vom 01.07.1977 bis 12.05.1990 als Beitragszeit nach § 15 FRG, hilfsweise als Beschäftigungszeit nach § 16 FRG, zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
Streitgegenstand ist (jetzt) der nach Klageerhebung am 05.07.2011 ergangene Rentenbescheid der Beklagten vom 25.07.2012. Die im ursprünglich angefochtenen Vormerkungsbescheid vom 08.09.2010 getroffene Regelung über die Feststellung bzw. Nichtfeststellung (Vormerkung) der streitigen Zeit vom 01.07.1977 bis 12.05.1990, während der der Kläger auf dem landwirtschaftlichen Anwesen seiner Schwester tätig gewesen ist, als Tatbestand einer rentenrechtlichen Zeit ist durch die für die gleiche Zeit getroffene Regelung über die Rentenwertfestsetzung im Rentenbescheid vom 25.07.2012 i. S. d. § 96 Abs. 1 SGG ersetzt worden (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 23.09.2014, - L 13 R 2527/12 - unter Hinweis auf BSG, Urt. v. 14.12.2011, - B 5 R 36/11 R -; a. A.: LSG; Berlin-Brandenburg, Urt. v. 24.04.2014, - L 22 R 1031/10 -). Die Klage ist daher nicht als Fortsetzungsfeststellungsklage, sondern als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage statthaft. Unerheblich ist insoweit, dass die Beklagte die Rentengewährung als Vorschussleistung gem. § 42 SGB I verfügt hat. Ob die streitige Zeit nach Maßgabe des Unionsrechts bei der Rentenwertfestsetzung zu berücksichtigen ist, ist nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens. Hierüber hat ein Verwaltungsverfahren noch nicht stattgefunden.
Das Sozialgericht hat in seinem Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, dass die streitige Zeit der Tätigkeit des Klägers auf dem landwirtschaftlichen Anwesen seiner Schwester vom 01.07.1977 bis 12.05.1990 als rentenrechtliche Zeit nicht anerkannt (bzw. bei der Rentenwertfestsetzung nicht berücksichtigt) werden kann. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Eine Berufungsbegründung hat der Kläger nicht vorgelegt. Der Senat teilt insbesondere die Auffassung des Sozialgerichts, dass der Kläger auf dem landwirtschaftlichen Anwesen seiner Schwester nicht als abhängig beschäftigter Landarbeiter, sondern als mitarbeitendes Familienmitglied tätig gewesen ist. Das geht insbesondere aus den Angaben, die die Schwester des Klägers bei ihrer Vernehmung durch das Sozialgericht in der Erörterungsverhandlung vom 17.10.2013 gemacht hat, klar hervor. Das Sozialgericht hat die Zeugenaussage der Schwester des Klägers, ebenso die Angaben des Klägers selbst und seiner zweiten Ehefrau, zutreffend gewürdigt. Der Kläger hat dagegen auch nichts eingewandt und zur Begründung seiner Berufung nichts vorgetragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung (Vormerkung) von Zeiten einer landwirtschaftlichen Tätigkeit des Klägers in P. als rentenrechtliche Zeiten (Zeitraum 01.07.1977 bis 12.05.1990).
Der 1947 in W. (P.) geborene Kläger, Inhaber eines Vertriebenenausweises A, übersiedelte am 13.05.1990 nach Deutschland.
In P. war der Kläger (u.a.) während der Zeit vom 18.08.1975 bis 01.02.1978 und vom 14.02.1978 bis 15.02.1978 als Elektromonteur bei der öffentlichen Straßenverwaltung in B. beschäftigt. Vom 02.02.1978 bis 12.02.1978 blieb er der Arbeit unentschuldigt fern ("Bummelschicht"). Vom 20.04.1978 bis 28.09.1978 war er als Elektromechaniker bei der Gemeinde R. beschäftigt. Der Arbeitsvertrag wurde nach erneutem unentschuldigtem Fernbleiben von der Arbeit vom 29.09.1978 bis 31.10.1978 aufgelöst. Vom 01.07.1977 bis 31.12.1990 war der Kläger bei der Sozialversicherung der Landwirte in P. (K.) angemeldet bzw. versichert. Beiträge für ihn wurden aber erst ab dem Jahr 1982 gezahlt.
Unter dem 13.03.2010 gab der Kläger auf einem Fragebogen (u.a.) an, vom 01.07.1977 bis 11.05.1990 habe er in einem Arbeitsverhältnis bei seiner Schwester A.J. gestanden. Ein notarieller Arbeitsvertrag sei nicht geschlossen worden.
In der Auskunft vom 16.07.2010 stellte die Z. (p. Versicherungsträger) die Zeiten vom 18.08.1975 bis 01.02.1978, vom 14.02.1978 bis 15.02.1978 und vom 20.04.1978 bis 28.09.1978 als Beitragszeiten fest.
Mit Vormerkungsbescheid vom 08.09.2010 stellte die Beklagte die in dem dem Bescheid beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten, die länger als 6 Kalenderjahre zurückliegen, also die Zeiten bis 31.12.2003, verbindlich fest. Hinsichtlich des streitigen Zeitraums vom 01.07.1977 bis 12.05.1990 wurden die Zeit vom 01.01.1977 bis 01.02.1978, vom 14.02.1978 bis 15.02.1978 und vom 20.04.1978 bis 28.09.1978 als Zeiten in der Allgemeinen Rentenversicherung (Rentenversicherung der Arbeiter) nach Maßgabe des deutsch-p. Rentenabkommens (Sozialversicherungsabkommens) vom 09.10.1975 (D.) vorgemerkt. Nicht als Pflichtbeitragszeiten vorgemerkt wurden die Zeiten vom 02.02.1978 bis 13.02.1978, 16.02.1978 bis 19.04.1978 und 29.09.1978 bis 12.05.1990. Zur Begründung führte die Beklagte (u.a.) aus, die nicht vorgemerkten Zeiten seien weder vom p. Versicherungsträger noch durch andere zweifelsfreie Nachweise als rentenrechtliche Zeiten bestätigt. Eine Anerkennung nach dem Fremdrentengesetz (FRG) sei ebenfalls nicht möglich. Die Zeit vom 01.07.1977 bis 12.05.1990 in der Landwirtschaft der Schwester des Klägers könne nicht als rentenrechtliche Zeit anerkannt werden, weil sie von Art. 4 Abs. 2 des DPRA oder von Art. 2 Abs. 1 des Zustimmungsgesetzes zu diesem Abkommen nicht erfasst werde und die Voraussetzungen für eine Anerkennung nach dem FRG ebenfalls nicht erfüllt seien. Ob und ggf. wie eine Anerkennung nach Maßgabe des EU-Rechts möglich sei, werde im späteren Rentenverfahren entschieden.
Am 12.10.2010 erhob der Kläger Widerspruch. Die Zeit vom 01.07.1977 bis 12.05.1990 müsse als rentenrechtliche Zeit anerkannt werden.
Der Kläger legte die Bescheinigung der K. vom 05.10.1998 vor. Darin heißt es, der Kläger sei in der Zeit vom 01.07.1977 bis 31.12.1990 bei der Landwirtschaftlichen Versicherung versichert gewesen.
Ergänzend trug der Kläger vor, die in Rede stehenden Zeiten seien nunmehr (nach dem Beitritt P. zur Europäischen Union) nach Maßgabe der VO (EWG) Nr. 1408/71 und der Durchführungsverordnung (EWG) Nr. 574/72 als rentenrechtliche Zeiten anzuerkennen. Außerdem sei er als Vertriebener anerkannt, weshalb die Zeiten auch nach Maßgabe des FRG anzuerkennen seien.
Mit Schreiben vom 10.11.2010 und vom 30.03.2011 teilte die Beklagte dem Kläger (erneut) mit, die Zeit vom 01.07.1977 bis 12.05.1990 in der Landwirtschaft seiner Schwester könne nicht als rentenrechtliche Zeit anerkannt werden. Die K. stelle ein System der sozialen Sicherheit i. S. d. § 15 Abs. 2 FRG nicht dar. Daher sei zu prüfen, ob die Tätigkeit des Klägers in der Landwirtschaft seiner Schwester gem. § 16 FRG vorgemerkt werden könne. Hierzu benötige man jedoch noch weitere Angaben. Der Kläger möge mitteilen, in welchem zeitlichen Umfang er (neben den teils zeitgleich weiter ausgeübten Beschäftigungen) in der Landwirtschaft tätig gewesen sei und welche Vergütung er hierfür erhalten habe.
Nachdem der Kläger weitere Angaben nicht gemacht hatte, wies die Beklagte seinen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20.06.2011 zurück.
Am 05.07.2011 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Ulm. Zur Begründung trug er vor, vom 01.07.1977 bis 12.05.1990 sei er im landwirtschaftlichen Betrieb seiner Schwester abhängig beschäftigt gewesen. Bis 31.10.1978 habe er als Teilzeitarbeiter einen Monatslohn von 600 Zloty, 1978 von 3.200 Zloty und 1990 habe er 820.000 Zloty erhalten. Die Steigerung beruhe auf der hohen Inflationsrate in P. während der 80er Jahre. In der streitigen Zeit sei er bei der K. versichert gewesen. Diese sei 1970 gegründet worden und als Sozialversicherung i. S. d. 15 Abs. 2 FRG einzustufen.
Die Beklagte trug vor, in der K. seien ausschließlich selbständige Landwirte und deren Familienangehörige versichert, jedoch keine abhängig Beschäftigten. Die K. sei daher keine Sozialversicherung i. S. d. § 15 Abs. 2 FRG. Ob die Tätigkeit des Klägers im landwirtschaftlichen Betrieb seiner Schwester nach Maßgabe des Unionsrechts als rentenrechtliche Zeit anzuerkennen sei, könne erst in einem späteren Rentenverfahren geprüft werden, da die notwendigen Angaben durch die Versicherungsträger der anderen EU-Mitgliedstaaten außerhalb eines Rentenverfahrens nicht übermittelt würden.
Mit Beschluss vom 01.09.2011 erklärte sich das Sozialgericht Ulm für örtlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Sozialgericht Freiburg.
Mit Rentenbescheid vom 25.07.2012 bewilligte die Beklagte dem Kläger Regelaltersrente ab 01.07.2012 in Höhe von 755,87 EUR monatlich im Hinblick auf das anhängige Verfahren als Vorschussleistung (§ 42 Sozialgesetzbuch Erstes Buch, SGB I). Hinsichtlich des streitigen Zeitraums vom 01.07.1977 bis 12.05.1990 sind in dem dem Rentenbescheid beigefügten Versicherungsverlauf (wie in dem dem Vormerkungsbescheid vom 08.09.2010 beigefügten Versicherungsverlauf) die Zeiten vom 01.01.1977 bis 01.02.1978, vom 14.02.1978 bis 15.02.1978 und vom 20.04.1978 bis 28.09.1978 als Zeiten in der Allgemeinen Rentenversicherung (Rentenversicherung der Arbeiter) nach Maßgabe des DPRA enthalten und diese Zeiten sind auch bei der Rentenwertfestsetzung berücksichtigt. Nicht berücksichtigt ist die (streitige) Zeit der Tätigkeit des Klägers auf dem landwirtschaftlichen Anwesen seiner Schwester vom 01.07.1977 bis 12.05.1990.
Am 29.08.2013 fand eine erste Erörterungsverhandlung des Sozialgerichts statt. Für den Kläger wurde mitgeteilt, die zwischenzeitlich mit Bescheid vom 25.07.2012 bewilligte Altersrente berücksichtige p. Zeiten lediglich nach Maßgabe des D. Der Rentenbescheid sei vorläufig, da zunächst noch das Ergebnis des anhängigen Rechtsstreits hinsichtlich der Berücksichtigung der vom Kläger in der Landwirtschaft seiner Schwester zurückgelegten Zeiten abgewartet werden solle.
Am 17.10.2013 fand eine zweite Erörterungsverhandlung des Sozialgerichts statt. Das Sozialgericht hörte den Kläger an und vernahm die Schwester des Klägers und seine (heutige) Ehefrau R.J. als Zeugen.
Die Schwester des Klägers gab an, seinerzeit sei sie Besitzerin eines kleinen Bauernhauses gewesen; dieses gehöre ihr eigentlich auch heute noch. Dort habe man Landwirtschaft betrieben (Schweine, Schafe, Imkerei, Obstbäume, wie Sauerkirschbäume). Es seien Ställe für die Tiere errichtet worden und auch eine Werkstatt. Auf dem Anwesen hätten ihre Mutter und ihr Stiefvater, dem beide Beine amputiert gewesen seien, gelebt. Sie habe gemeinsam mit einer Schwester einen privaten Laden betrieben. Dort habe sie z.B. Kleider verkauft, nicht jedoch die landwirtschaftlichen Produkte des Bauernhofes.
Sie seien in der Familie insgesamt acht Kinder gewesen. Der Kläger habe mit der Mutter und dem Stiefvater auf dem Hof gelebt. Sie habe selbst nicht auf dem Hof gewohnt, sondern in einem nahe gelegenen Dorf. Den Hof habe sie im Jahre 1977 (damals 22 Jahre alt) von einem Privatmann (der nicht zur Familie gehört habe) gekauft. Sie habe eine landwirtschaftliche Ausbildung, allerdings ohne Abschluss, absolviert. Der Hof habe etwa 2 ha umfasst. Zum Viehbestand hätten in der Regel ca. 15 bis 20 Schweine und ca. 10 bis 20 Schafe gehört. Auf einem Viertel der Fläche hätten Obstbäume gestanden. Ackerbau habe man nicht betrieben. Das Futter für die Tiere sei zugekauft worden. Es seien auch kleinere Tiere, etwa 20 Hühner und Enten, gehalten worden.
Der Kläger habe alle Tiere füttern sowie die Obstbäume pflegen und abernten müssen. Er sei auch mit der Imkerei (14 Bienenvölker) befasst gewesen. Außerdem habe er der Mutter bei der Pflege des Stiefvaters und auch im Haushalt geholfen. Er habe auf dem Hof in einem vom Haushalt der Eltern getrennten Haushalt, allerdings im gleichen (zweistöckigen) Haus, gewohnt. Es habe zwei Eingänge, zwei Küchen und zwei Bäder gegeben. Sie habe in der Regel mehrmals wöchentlich auf dem Hof vorbeigeschaut, da dort ja auch die Eltern gewohnt hätten. Der Kläger habe sich seine Arbeit selbst eingeteilt. Er sei insoweit selbstständig gewesen. Er habe also selbst entschieden, was er arbeite und wann er arbeite und viele Stunden täglich er arbeite. Im Sommer sei viel Arbeit, im Winter sei weniger Arbeit angefallen. Zeiten, zu denen er nur 2 Stunden oder weniger am Tag hätte arbeiten müssen, habe es nicht gegeben. Es habe ja auch noch am Haus immer wieder etwas renoviert werden müssen. Als sie den Hof gekauft habe, habe es dort nur ein wenig Landwirtschaft gegeben; vielleicht ein paar Schafe und Schweine. Der Kläger habe das dann ausgeweitet. Insbesondere seien auch die Obstbaumflächen vergrößert worden. Der Kläger habe auch die Gebäude für die Tiere gebaut. Vorher habe es nur ein provisorisches Haus gegeben. Die Gebäude habe der Kläger allein errichtet. Dafür habe er auch an den Wochenenden und an den Feiertagen gearbeitet. Urlaub oder Ferien habe sie ihm nicht gewährt. Die Arbeitszeiten hätten geschwankt. Sie habe dem Kläger im Monat etwa 2.500 bis 3.000 Zloty gezahlt. Der Lohn sei nicht in jedem Monat gleich hoch gewesen. Es sei darauf angekommen, wieviel Geld sie gerade gehabt habe und wieviel sie verkauft hätten. Zum Teil habe sie den Kläger auch mit Fleisch, Honig und Obst oder Wolle bezahlt. Steuern habe sie für den Kläger nicht abgeführt. Eine Buchführung habe sie nicht gehabt; dazu sei der Hof zu klein gewesen. Der Lohn des Klägers habe sich etwa im mittleren Bereich bewegt und sei bar gezahlt worden. Den angegebenen Betrag habe sie geschätzt, wobei darin auch die erwähnten Naturalien mit eingerechnet seien. So habe der Kläger etwa in einem Monat nur 500 Zloty und dafür zusätzlich Fleisch bekommen. Bis einschließlich 1982 habe sie für den Kläger (im Hinblick auf den Neuerwerb des Hofes) keine Beiträge zur K. bezahlen müssen. Die Versicherung bei der K. habe schon seit 1975 bestanden. Dort sei sie selbst versichert, für den Kläger seien aber erst ab 1982 Beiträge gezahlt worden. Die in der Bescheinigung der K. angegebenen Beträge (vom 30.09.2013) seien Jahresbeträge, sie seien also sehr niedrig, viel niedriger als die Beiträge an die Z. gewesen. Sie sei Alleininhaberin des Bauernhofs gewesen. Einen Arbeitsvertrag mit dem Kläger habe sie wahrscheinlich nicht abgeschlossen, weder schriftlich noch mündlich. Auf dem Hof habe es sonst keine anderen Arbeiter gegeben. Wenn man bei der Obsternte manchmal Hilfe gebraucht habe, habe man auf Familienmitglieder zurückgegriffen. Der Bauernhof gehöre ihr immer noch. Tiere gebe es nicht mehr. Auf dem Hof wohne jetzt ihre Schwester, die Rentnerin sei. Der Obstgarten sei inzwischen Wald.
Der Kläger gab an, er habe das renovierungsbedürftige Haus (auf dem Hof der Schwester), bevor die Eltern auf das Anwesen gezogen seien, selbst renoviert und deswegen zuerst ganz allein auf dem Hof gelebt. Im Sommer habe er auch die Bienenvölker zu neuen Standorten gefahren. Im Jahr 1977 und 1978 habe er auf dem Hof noch als Nebentätigkeit (neben der Arbeit bei der Straßenverwaltung und der Gemeinde R.) gearbeitet. In dieser Zeit habe er den Bauernhof erst aufgebaut und daneben noch in einer vom Bauernhof etwa 100 km entfernten Firma gearbeitet. Auf den Lohn, den er von seiner Schwester erhalten habe, habe er keine Einkommensteuer gezahlt. Als Elektromonteur habe er mehr, wenn auch nicht sehr viel mehr, verdient. Seine jetzige Ehefrau habe er im Januar 1990 geheiratet und mit dieser in P. daher nie zusammen gewohnt; sie habe auch nicht auf dem Bauernhof seiner Schwester gelebt. Auch seine erste Ehefrau habe mit ihm nicht auf dem Bauernhof gelebt. Er sei über die K. krankenversichert gewesen. Ein Legitimationsbuch, in das Ärzte oder Arbeitgeber hätten Eintragungen vornehmen können, habe er von der K. nicht bekommen. Er habe eine Art Versicherungsausweis der K. gehabt.
Die (jetzige) Ehefrau des Klägers gab an, sie habe den Kläger als Nachbarn kennengelernt. Zu dem Rechtsverhältnis bzw. Arbeitsverhältnis zwischen ihm und seiner Schwester könne sie konkrete Angaben aus eigener Wahrnehmung nicht machen. Hinsichtlich der Arbeitszeiten könne sie angeben, dass der Kläger im Grunde den ganzen Tag beschäftigt gewesen sei. Er habe aber selbst bestimmt, was er gerade mache. Urlaub oder Ferien habe er nicht gehabt. Sie könne auch nichts zur Entlohnung des Klägers sagen.
Mit Gerichtsbescheid vom 18.11.2013 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Klage sei zulässig. Der Kläger beziehe mittlerweile Altersrente, weshalb sich der angefochtene Vormerkungsbescheid erledigt habe. Der Rentenbescheid sei jedoch insoweit vorläufig ergangen, als das Ergebnis des vorliegenden Rechtsstreits abgewartet werden solle. Daher bestehe für den Kläger ein (Fortsetzungs-)Feststellungsinteresse hinsichtlich der Anerkennung der streitigen Zeiten nach §§ 15, 16 FRG.
Die Klage sei aber nicht begründet. Die Zeit vom 01.07.1977 bis 12.05.1990, während der der Kläger im landwirtschaftlichen Betrieb seiner Schwester tätig gewesen sei, sei - insoweit mittlerweile unstreitig - nicht nach Maßgabe des D. und auch nicht nach Maßgabe der §§ 15,16 FRG als Beitrags- oder Beschäftigungszeit vorzumerken. Die Voraussetzungen des § 15 FRG seien nicht erfüllt. Die K. sei nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. etwa Urt. v. 13.9.1990, - 5 RJ 76/89 -) kein System der sozialen Sicherheit i. S. d. § 15 Abs. 2 FRG. Die Voraussetzungen des § 16 FRG seien ebenfalls nicht erfüllt, da es an einer Beschäftigung (im sozialversicherungsrechtlichen Sinn) fehle. Verwandtschaftliche Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber schlössen ein Beschäftigungsverhältnis zwar nicht generell aus. Allerdings müsse im Einzelfall (sorgfältig) geprüft werden, ob tatsächlich ein reguläres abhängiges Beschäftigungsverhältnis begründet worden sei. Hier habe der Kläger auf dem Hof seiner Schwester nicht als Arbeitnehmer gearbeitet, sondern familienhafte Mithilfe geleistet. Das gehe aus den Angaben seiner Schwester hervor. Diese habe lediglich mehrfach wöchentlich auf dem Hof vorbeigeschaut, während der Kläger auf dem Hof allein gelebt habe. Er habe den Hof für sie instandgesetzt und im Wesentlichen alleine geführt. Außerdem habe er der auf dem Hof lebenden Mutter bei der Pflege des Schwiegervaters geholfen. Seine Arbeit habe er sich selbst nach Bedarf eingeteilt, Urlaub oder Ferien habe er nicht gehabt. Er habe auch an den Wochenenden und Feiertagen auf dem Hof gearbeitet. Die Höhe seiner monatlichen Vergütung sei von den Einnahmen der Schwester, der Betriebsinhaberin, abhängig gewesen und außerdem zu nicht unerheblichen Teilen in Naturalien gewährt worden. Einen festen Arbeitslohn habe es nicht gegeben. Vielmehr habe der von der Schwester des Klägers auch nur geschätzte Betrag geschwankt, wobei Naturalien eingerechnet worden seien. An den Abschluss eines schriftlichen oder mündlichen Arbeitsvertrags habe sich die Schwester des Klägers nicht erinnern können. Die jetzige Ehefrau des Klägers habe die Angaben seiner Schwester, wonach der Kläger im Grunde den ganzen Tag auf dem Hof beschäftigt gewesen sei und sich die Arbeit selbst eingeteilt habe, bestätigt.
Auf den ihm am 22.11.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 22.11.2013 Berufung eingelegt. Eine Berufungsbegründung ist nicht vorgelegt worden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 18.11.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Rentenbescheids vom 25.07.2012 zu verurteilen, ihm höhere Altersrente unter Berücksichtigung der Zeit seiner Tätigkeit auf dem landwirtschaftlichen Anwesen seiner Schwester vom 01.07.1977 bis 12.05.1990 als Beitragszeit nach § 15 FRG, hilfsweise als Beschäftigungszeit nach § 16 FRG, zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
Streitgegenstand ist (jetzt) der nach Klageerhebung am 05.07.2011 ergangene Rentenbescheid der Beklagten vom 25.07.2012. Die im ursprünglich angefochtenen Vormerkungsbescheid vom 08.09.2010 getroffene Regelung über die Feststellung bzw. Nichtfeststellung (Vormerkung) der streitigen Zeit vom 01.07.1977 bis 12.05.1990, während der der Kläger auf dem landwirtschaftlichen Anwesen seiner Schwester tätig gewesen ist, als Tatbestand einer rentenrechtlichen Zeit ist durch die für die gleiche Zeit getroffene Regelung über die Rentenwertfestsetzung im Rentenbescheid vom 25.07.2012 i. S. d. § 96 Abs. 1 SGG ersetzt worden (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 23.09.2014, - L 13 R 2527/12 - unter Hinweis auf BSG, Urt. v. 14.12.2011, - B 5 R 36/11 R -; a. A.: LSG; Berlin-Brandenburg, Urt. v. 24.04.2014, - L 22 R 1031/10 -). Die Klage ist daher nicht als Fortsetzungsfeststellungsklage, sondern als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage statthaft. Unerheblich ist insoweit, dass die Beklagte die Rentengewährung als Vorschussleistung gem. § 42 SGB I verfügt hat. Ob die streitige Zeit nach Maßgabe des Unionsrechts bei der Rentenwertfestsetzung zu berücksichtigen ist, ist nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens. Hierüber hat ein Verwaltungsverfahren noch nicht stattgefunden.
Das Sozialgericht hat in seinem Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, dass die streitige Zeit der Tätigkeit des Klägers auf dem landwirtschaftlichen Anwesen seiner Schwester vom 01.07.1977 bis 12.05.1990 als rentenrechtliche Zeit nicht anerkannt (bzw. bei der Rentenwertfestsetzung nicht berücksichtigt) werden kann. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Eine Berufungsbegründung hat der Kläger nicht vorgelegt. Der Senat teilt insbesondere die Auffassung des Sozialgerichts, dass der Kläger auf dem landwirtschaftlichen Anwesen seiner Schwester nicht als abhängig beschäftigter Landarbeiter, sondern als mitarbeitendes Familienmitglied tätig gewesen ist. Das geht insbesondere aus den Angaben, die die Schwester des Klägers bei ihrer Vernehmung durch das Sozialgericht in der Erörterungsverhandlung vom 17.10.2013 gemacht hat, klar hervor. Das Sozialgericht hat die Zeugenaussage der Schwester des Klägers, ebenso die Angaben des Klägers selbst und seiner zweiten Ehefrau, zutreffend gewürdigt. Der Kläger hat dagegen auch nichts eingewandt und zur Begründung seiner Berufung nichts vorgetragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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