L 5 KR 5221/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 19 KR 1451/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 5221/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 07.11.2014 (S 19 KR 2226/14) wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Fortführung des mit Vergleich vom 11.11.2013 beendeten Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Stuttgart mit dem Aktenzeichen S 19 KR 1451/11.

In diesem Verfahren hatte sich der Kläger gegen den Beitragsbescheid der Beklagten vom 20.10.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.02.2011 gewandt, mit dem die Beklagte zu 1. auf eine Lebensversicherung des Klägers Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge erhoben hatte. Am 11.11.2013 schlossen die Beteiligten laut Sitzungsniederschrift einen Vergleich, in dem die Beklagte erklärte, für einen bestimmten zurückliegenden Zeitraum keine Beiträge mehr vom Kläger zu fordern. Die Beteiligten erklärten den Rechtsstreit damit übereinstimmend für erledigt.

Am 28.03.2014 machte der Kläger geltend, dass er in der Verhandlung vom 11.11.2013 zwar dem gerichtlichen Vergleichsvorschlag zugestimmt habe, aber aufgrund seines vorangegangenen Schlaganfalls sicher nicht in der Lage gewesen sei, die gesamte Konsequenz zu bedenken.

Mit Gerichtsbescheid vom 07.11.2014 hat das Sozialgericht Stuttgart die Feststellungsklage, dass das Verfahrens S 19 KR 1451/11 fortzuführen sei, abgewiesen. Der Vergleich sei prozessrechtlich und materiell-rechtlich wirksam. Gründe für eine Verhandlungsunfähigkeit des Klägers seien nicht festzustellen.

Der Gerichtsbescheid vom 07.11.2014 wurde dem Kläger ausweislich der hierüber angefertigten Postzustellungsurkunde am 08.11.2014 zugestellt. In der Postzustellungsurkunde ist die zutreffende Anschrift des Klägers vermerkt und festgehalten, dass der Postbedienstete versucht hat, das Schriftstück (Gerichtsbescheid) zu übergeben, dies in der Wohnung des Adressaten nicht möglich war und es deswegen in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt worden ist.

Am 17.12.2014 hat der Kläger mit einem auf 05.11.2014 datierten Schreiben gegen "die Entscheidung vom 07.11.2014" Berufung eingelegt. Sein Gesundheitszustand in der mündlichen Verhandlung vom 11.11.2013 sei nicht zutreffend gewürdigt worden. Darüber hinaus sei er darüber irritiert, dass das Gericht lediglich das rechtliche Bestehen des Vergleichs geprüft habe. Es könne nicht sein, dass seine sonstigen Einlassungen zur Sache unerheblich gewesen seien.

Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 07.11.2014 aufzuheben und festzustellen, dass das Klageverfahren S 19 KR 1451/11 nicht rechtswirksam durch den in der mündlichen Verhandlung vom 11.11.2013 geschlossenen Vergleich beendet und deshalb fortzuführen ist, sowie den Bescheid der Beklagten vom 20.10.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.02.2011 aufzuheben.

Die Beklagten beantragen sinngemäß, die Berufung zu verwerfen.

Sie halten in der Sache den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Zum am 26.03.2015 anberaumten Erörterungstermin ist der Kläger nicht erschienen. Die Beklagten haben ihre Zustimmung zu einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Mit ihm am 04.04.2015 zugestellten Schreiben ist der Kläger über den verfristeten Eingang seiner Berufung informiert worden. Ihm wurde Gelegenheit gegeben, sich zu äußern. Eine Äußerung ist hierzu nicht erfolgt.

Mit Schreiben vom 06.07.2015 hat der Kläger seine Zustimmung zu einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).

Die Berufung des Klägers ist unzulässig. Der Kläger hat die einmonatige Berufungsfrist des § 151 SGG versäumt. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist (vgl. § 67 SGG) ist nicht zu gewähren. Die Berufung ist daher gem. § 158 Satz 1 SGG als unzulässig zu verwerfen.

Gem. § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Nach Abs. 2 Satz 1 dieser Vorschrift wird die Berufungsfrist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift eingelegt wird.

Der angefochtene Gerichtsbescheid war mit einer ordnungsgemäßen und vollständigen Rechtsmittelbelehrung versehen. Sie benannte das Gericht (Landessozialgericht Baden-Württemberg bzw. Sozialgericht Stuttgart), bei dem die Berufung einzulegen ist, dessen Sitz und die einzuhaltende Frist (einen Monat). Sie entsprach damit den gesetzlichen Anforderungen des § 66 Abs. 1 SGG.

Die Berufungsfrist begann gem. § 64 Abs. 1 SGG mit dem Tag nach der Zustellung des Gerichtsbescheids an den Kläger, bei erfolgter Zustellung am 08.11.2014 also am 09.11.2014. Maßgeblich ist die Zustellung einer Ausfertigung des Gerichtsbescheids i. S. d § 137 SGG; diese ersetzt bei den nicht aufgrund mündlicher Verhandlung ergehenden Gerichtsbescheiden die Verkündung (§ 105 Satz 2 i. V. m. § 133 Satz 1 SGG).

Ein Zustellungsmangel liegt nicht vor. Gem. § 63 Abs. 2 Satz 1 SGG wird von Amts wegen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) zugestellt. Da der Postbedienstete den Kläger in seiner Wohnung nicht angetroffen hat und eine Ersatzzustellung des Gerichtsbescheids nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 ZPO (insbesondere) an einen erwachsenen Familienangehörigen nicht ausführbar war, durfte die Ersatzzustellung durch Einlegen in den zur Wohnung des Klägers gehörenden Briefkasten gem. § 180 Satz 1 ZPO erfolgen. Nach dem Inhalt der bei den Akten des Sozialgerichts befindlichen Zustellungsurkunde, die das zuzustellende Schriftstück ("GB v.7.11.14" mit zugehörigem Aktenzeichen) bezeichnet, ist dies am 08.11.2014 geschehen. Der Tag der Zustellung ist auf dem Umschlag des Schriftstücks vermerkt worden (§ 180 Satz 3 ZPO). Mit der Einlegung in den Briefkasten gilt das Schriftstück gem. § 180 Satz 2 ZPO als zugestellt. Für die Wirksamkeit der Zustellung kommt es nicht darauf an, ob und wann der Adressat das Schriftstück dem Briefkasten entnommen und ob er es tatsächlich zur Kenntnis genommen hat (BSG, Beschl. v. 13.11.2008, - B 13 R 138/07 B -; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 19.11.2010, - L 8 U 996/09 -). Die zum Nachweis der Zustellung angefertigte Urkunde enthält die in § 182 Abs. 2 ZPO festgelegten Angaben und ist als Zustellungsurkunde gem. § 182 Satz 2 ZPO öffentliche Urkunde im Sinne des § 418 ZPO. Sie begründet daher den vollen Beweis der in ihr bezeugten Tatsachen (§ 418 Abs. 1 ZPO). Der Beweis der Unrichtigkeit dieser Tatsachen ist zwar zulässig; eine dies ausschließende Vorschrift im Sinne des § 418 Abs. 2 ZPO besteht nicht. Notwendig ist dann aber der volle Nachweis eines anderen Geschehensablaufs.

§ 64 Abs. 2 SGG regelt, dass eine nach Monaten bestimmte Frist mit Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats endet, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Damit ist der Fristablauf hier am 08.12.2014 um 24.00 Uhr eingetreten. Die Berufung ging aber erst am 17.12.2014 beim Landessozialgericht ein. Zu diesem Zeitpunkt war die Berufungsfrist bereits abgelaufen. Der Kläger hatte Gelegenheit sich zur Fristversäumnis zu äußern. Er hat sich hierzu nicht geäußert.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist ist ihm ebenfalls nicht zu gewähren. Diese setzt gem. § 67 Abs. 1 SGG voraus, dass der Kläger an der Einhaltung der Berufungsfrist ohne Verschulden gehindert war. Hierfür hat der Kläger nichts vorgetragen. Der Kläger kann sein Schreiben auch nicht - wie angegeben - am 05.11.2014 abgefasst haben, da ihm zu diesem Zeitpunkt der Gerichtsbescheid noch nicht bekannt sein konnte. Verzögerungen im Postlauf sind ebenfalls nicht anzunehmen. Der Poststempel lässt eine "16" erkennen, sodass die Sendung, die am 17.12.2014 eingegangen ist, wohl am 16.12.2014 und damit erst nach Fristablauf aufgegeben worden sein dürfte.

Da die Berufung bereits als unzulässig zu verwerfen ist, ist über deren Begründetheit nicht zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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