S 23 U 104/12

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
23
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 23 U 104/12
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1267,71 EUR für den Zeitraum vom 30. Dezember 2008 bis 2. Juli 2014 zu zahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt: bis 3. Juli 2014: 1.267,71 EUR; ab 4. Juli 2014: bis zu 500 EUR.
4. Die Berufung und die Sprungrevision werden zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten noch um einen Zinsanspruch der Klägerin in Bezug auf die von der Beklagten an die Klägerin zu leistende Vergütung für eine stationäre Krankenhausbehandlung einer bei der Beklagten gesetzlich unfallversicherten Patientin.

Die Patientin S. R. wurde im Zeitraum vom 16. Oktober bis 22. Oktober 2008 im Hinblick auf einen Versicherungsfall im Sinne des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VII) im Klinikum der Klägerin stationär behandelt. Hierfür rechnete die Klägerin unter dem 24. Oktober 2008 über einen Rechnungsbetrag in Höhe von insgesamt 3628,84 EUR ab. Grundlage hierfür war die DRG E77C – Andere Infektionen und Entzündungen der Atmungsorgane außer bei Zustand nach Organtransplantation, ohne angeborenes Fehlbildungssyndrom, mit komplexer Diagnose oder äußerst schweren CC, ohne Komplexbehandlung bei multiresistenten Erregern.

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2008 teilte die Beklagte der Klägerin mit, nach ihrer Auffassung sei die Kodierung der Nebendiagnose E87.6 – Hypokaliämie nicht zulässig. In der Folge zahlte die Beklagte auf die klägerische Rechnung einen Betrag in Höhe von 2361,13 EUR.

Mit Anwaltsschriftsatz vom 27. Dezember 2012 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Dessau-Roßlau erhoben, mit welcher sie zunächst die Zahlung des noch offenen Restbetrages aus der Rechnung vom 24. Oktober 2008 in Höhe von 1267,71 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30. Dezember 2008 geltend machte.

Die Kammer hat gemäß Beweisanordnung vom 16. Januar 2014 Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dr. med. V., B.

In seinem daraufhin unter dem 14. Juni 2014 erstellten Gutachten konstatierte der Sachverständige, die Kodierung der Schweregradrelevanten Nebendiagnosen sei zutreffend gewesen; die Klägerin habe über die Behandlung ordnungsgemäß Rechnung gelegt; Abweichungen ergäben sich nicht.

Daraufhin erkannte die Beklagte mit am 4. Juli 2014 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 2. Juli 2014 die Hauptforderung an; die Gerichtskosten sowie die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin würden bezogen auf die Hauptforderung übernommen. Demgegenüber erkannte die Beklagte die klägerische Zinsforderung ausdrücklich nicht an.

Mit am 6. August 2014 bei Gericht eingegangenem Anwaltsschriftsatz vom 5. August 2014 erklärte die Klägerin die Annahme des Anerkenntnisses (und Kostenanerkenntnisses) der Beklagten und erklärte den Rechtsstreit insoweit für erledigt.

Der Zinsanspruch wurde indes explizit aufrechterhalten.

Zur Begründung des mithin nunmehr lediglich noch streitgegenständlichen Zinsanspruchs trägt die Klägerin vor, der Unfallversicherungsträger trage im Falle der verspäteten Zahlung allein das Risiko, einen Verzugsschaden ersetzen und Prozesszinsen zahlen zu müssen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1267,71 EUR für den Zeitraum vom 30. Dezember 2008 bis 2. Juli 2014 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist die Beklagte insbesondere auf eine Entscheidung des Thüringer Landessozialgerichts vom 10. März 2004 – L 1 U 560/00.

Die Beteiligten haben im Termin vom 6. November 2014 jeweils ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erklärt. Die Beklagte hat im Übrigen im vorbezeichneten Termin die Zulassung der Sprungrevision beantragt; die Klägerin stimmte dem zu.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der Entscheidungsfindung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Mit dem Einverständnis der Beteiligten konnte die Kammer gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.

Nachdem die Klägerin mit Anwaltsschriftsatz vom 5. August 2014 das Anerkenntnis der Beklagten in Bezug auf die Hauptforderung (in Höhe von 1267,71 EUR) gemäß Schriftsatz vom 2. Juli 2014 ausdrücklich angenommen hat, ist der Rechtsstreit insoweit (also wegen der Hauptforderung) gemäß § 101 Abs. 2 SGG erledigt.

Zu entscheiden war (nach dem nunmehr im Termin vom 6. November 2014 ausdrücklich noch gestellten Klageantrag) mithin nur noch über das Bestehen eines Zinsanspruchs der Klägerin im Hinblick auf diese Hauptforderung für den Zeitraum bis zum diesbezüglichen Anerkenntnis.

Auch insofern ist die zulässige Klage begründet.

Für den (jedenfalls zunächst insgesamt) geltend gemachten Vergütungs- und Zinsanspruch ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet. Nach § 51 Abs. 1 Nummer 3 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Unfallversicherung mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der Überwachung der Maßnahmen zur Prävention durch die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich, wenn – wie hier – eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Entscheidend ist, ob der zur Klagebegründung vorgetragene Sachverhalt für die aus ihm hergeleitete Rechtsfolge von Rechtssätzen des Zivil- oder des Sozialrechts geprägt wird, damit die wahre Natur des Anspruchs, wie er sich nach dem klägerischen Sachvortrag darstellt, und nicht, ob diese sich auf eine zivilrechtliche oder eine öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlage beruft (s. zum Ganzen Bundessozialgericht, Urteil vom 12. Januar 2010 – B 2 U 28/08 R m. w. N.).

Die von der Klägerin erhobenen Ansprüche sind danach öffentlich-rechtlicher Natur. Die Klägerin macht die Vergütung letztlich aufgrund vertraglicher Beziehungen im Sinne des § 34 Abs. 8 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII ) für eine stationäre Behandlung geltend, auf die Versicherte gegenüber dem Unfallversicherungsträger nach § 26 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 27 Abs. 1 Nummer 6 SGB VII Anspruch haben und die gemäß § 33 Abs. 1 und 2 SGB VII in einem Krankenhaus in Sinne des § 107 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) erbracht wird. Das Streitverhältnis ist damit dem Unfallversicherungsrecht zuzuordnen (s. hierzu wiederum Bundessozialgericht, Urteil vom 12. Januar 2010 – B 2 U 28/08 R).

Die (ursprünglich insbesondere auch) auf Zahlung der restlichen Vergütung für die Krankenhausbehandlung der Versicherten gerichtete (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG ist statthaft und zulässig. Die Beklagte ist weder berechtigt noch verpflichtet, über das Bestehen und die Höhe des von einem Krankenhausträger wegen der Krankenhausbehandlung eines Versicherten geltend gemachten öffentlich-rechtlichen Zahlungsanspruchs durch Verwaltungsakt zu entscheiden. Ein solcher ist auch nicht ergangen. Die Beklagte hat gegenüber der Klägerin lediglich die der von ihr vorgenommenen Kürzung des Rechnungsbetrags zu Grunde liegenden Erwägungen erläutert. Besondere Sachentscheidungsvoraussetzungen sind nicht zu beachten. Es war weder ein Vorverfahren durchzuführen noch eine Klagefrist einzuhalten (vgl. zum Ganzen wiederum Bundessozialgericht, Urteil vom 12. Januar 2010 – B 2 U 28/08 R m. w. N.).

Der vorliegend (in der Hauptsache) geltend gemachte (und inzwischen anerkannte) Zahlungsanspruch ergibt sich aus den Vorschriften über eine Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) gemäß §§ 677 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), welche im öffentlichen Recht entsprechend anzuwenden sind (s. hierzu und ausführlich dazu, dass andere – insbesondere auf vertraglicher Grundlage oder dem KHEntG beruhende – Anspruchsgrundlagen grundsätzlich nicht eingreifen: Bundessozialgericht, Urteil vom 12. Januar 2010 – B 2 U 28/08 R). Für den Bereich der Sozialversicherung gilt dies jedenfalls dann, wenn der Geschäftsführer – wie hier die Klägerin – kein Leistungsträger im Sinne der §§ 102 ff. Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist, mithin ein Erstattungsanspruch nach diesen Bestimmungen ausscheidet und der Geschäftsführer mit der Geschäftsführung eine Aufgabe eines sozialrechtlichen Leistungsträgers übernommen hat. Die öffentlich-rechtliche Natur der GoA ergibt sich hier daraus, dass die Klägerin stationäre Heilbehandlungsmaßnahmen erbracht hat, die von der Beklagten als zuständigem Unfallversicherungsträger als Sachleistung zur Verfügung zu stellen sind (§ 26 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 2, § 27 Abs. 1 Nummer 6 SGB VII; vgl. zum Ganzen wiederum Bundessozialgericht, Urteil vom 12. Januar 2010 – B 2 U 28/08 R). Besondere Bestimmungen, die das Verhältnis zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherrn abweichend regeln, die den Handelnden zum unentgeltlichen Tätigwerden verpflichten oder die einen Rückgriff auf die Grundsätze über die GoA nicht erlauben würden, sind vorliegend von den Beteiligten weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, zumal die Beklagte sich nicht grundlegend gegen eine Zahlungsverpflichtung als solche (also schon dem Grunde nach) wandte, sondern nur gegen die insofern konkret geltend gemachte Höhe.

Nach § 677 BGB handelt es sich um eine GoA, wenn jemand ein Geschäft für einen anderen besorgt, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein. In einem solchen Fall kann der Geschäftsführer gemäß § 683 BGB wie ein Beauftragter (§ 670 BGB) Ersatz seiner Aufwendungen verlangen, wenn die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin von der Beklagten mit der konkreten stationären Behandlung der Patientin/Versicherten beauftragt worden wäre noch dass sie ihr gegenüber aus anderen Gründen dazu berechtigt gewesen sei. Dass die stationären Behandlungen in Krankenhäusern zu erbringen sind (§ 33 Abs. 1 Satz 1 SGB VII), steht der Annahme einer Fremdgeschäftsführung nicht entgegen (s. Bundessozialgericht, Urteil vom 12. Januar 2010 – B 2 U 28/08 R).

Der Krankenhausträger führt ein Geschäft, das dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unfallversicherungsträgers entspricht, wenn er eine medizinisch erforderliche Behandlung durchführt, die der Unfallversicherungsträger im Verhältnis zum Versicherten als Sachleistung der gesetzlichen Unfallversicherung hätte erbringen müssen. Diese Voraussetzungen sind hier prinzipiell gegeben (vgl. auch die obigen Ausführungen zu §§ 26, 27, 33 SGB VII). Dies ist hinsichtlich der stationären Behandlung der Versicherten, die einen Versicherungsfall im Sinne von § 7 SGB VII erlitten hat, im Grundsatz auch unbestritten; denn die Beklagte tritt – wie bereits angesprochen (s. o.) – der Begleichung der klägerischen Rechnung nicht insgesamt entgegen, sondern wandte sich – bei der in der erfolgten Teilzahlung zum Ausdruck kommenden prinzipiellen Akzeptanz einer Zahlungsverpflichtung – im gerichtlichen Klageverfahren lediglich gegen deren konkrete Höhe.

Da die Beklagte während des gerichtlichen Klageverfahrens im Ergebnis des Sachverständigengutachtens von Herrn Dr. V. vom 14. Juni 2014 nunmehr auch die als Hauptforderung geltend gemachte Restforderung aus der Rechnung vom 24. August 2008 ausdrücklich anerkannt und die Klägerin dieses (teilweise) Anerkenntnis angenommen hat, bedarf es vorliegend indes hinsichtlich der konkreten Höhe des der Klägerin zustehenden Zahlungsanspruchs als solchem keiner näheren Ausführungen mehr.

Grundsätzlich ist zur Überzeugung der Kammer für die Frage des Bestehens eines Zinsanspruchs jedoch die konkrete dogmatische Herleitung des zu Grunde liegenden Hauptanspruchs (siehe oben) von wesentlicher Bedeutung.

In diesem Zusammenhang folgt aus den Darstellungen, dass die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten auf Grundlage der wahren Natur des geltend gemachten Anspruchs nach öffentlich-rechtlichem Regime zu beurteilen sind, woraus ihm Übrigen auch die Rechtswegzuständigkeit zu den Sozialgerichten resultiert. Es kommt allerdings grundsätzlich in Betracht, dass auch innerhalb einer nach öffentlich-rechtlichem Regime zu beurteilenden Rechtsbeziehung einzelne Ansprüche eine grundsätzlich privatrechtliche Natur haben können (vgl. zum Beispiel auch Bundessozialgericht, Urteil vom 19. April 2007 – B 3 KR 10/06 R). Insofern ist vorliegend zur Überzeugung der Kammer maßgeblich zu berücksichtigen, dass sich der Hauptanspruch hier aus der entsprechenden Anwendung des zivilrechtlichen Instituts der Geschäftsführung ohne Auftrag ergibt. Dabei handelt es sich nach §§ 677 ff. BGB um ein besonderes Schuldverhältnis, das im Buch 2 Abschnitt 8 des BGB geregelt ist. Hieraus folgt nach hiesigem Verständnis, dass der geltend gemachte Vergütungsanspruch als solcher eine privatrechtliche Natur hat. Daraus resultiert dann im Grundsatz auch die Anwendbarkeit der Verzinsungsvorschriften des BGB, wonach im Verzugsfalle Verzugszinsen zu zahlen sind, soweit nichts anderes vertraglich vereinbart worden ist. Rechtsdogmatisch ergibt sich dies letztlich auch daraus, dass die für die Verzinsung maßgeblichen Vorschriften der §§ 280 ff. BGB "Gegenstand" des allgemeinen Schuldrechts und mithin im Grundsatz für alle im Abschnitt 8 des 2. Buches des BGB geregelten einzelnen Schuldverhältnisse anwendbar sind. Dass dem konkreten Vergütungsanspruch keine für den vorliegenden Einzelfall geschlossene vertragliche Vereinbarung zugrunde liegt ist insoweit unerheblich, da eben auch die Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 677 ff. BGB ein (gesetzliches) schuldrechtliches Rechtsverhältnis im Sinne des 2. Buches des BGB begründet. Es ist für die Kammer nicht ersichtlich, weshalb trotz des ausdrücklichen Rückgriffs auf die Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag die auch für dieses schuldrechtliche Rechtsinstitut grundsätzlich anzuwendenden Verzinsungsvorschriften gerade nicht gelten sollten.

Das Bundessozialgericht hat für die nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zu regelnden Beziehungen zwischen den Krankenkassen und den Leistungserbringern festgestellt, dass diese sich im Gesundheitsmarkt als Nachfrager und Anbieter von medizinischen Dienstleistungen gegenüber stünden und sich der Gesundheitsmarkt insoweit als Teil des allgemeinen Wirtschaftslebens darstelle, in welchem die Pflicht zur Zahlung von Verzugszinsen und Prozesszinsen selbstverständlich sei. Die nunmehrige Einordnung als öffentliches Recht durch den Gesetzgeber könne an dieser Beurteilung nichts ändern (vgl. zum Ganzen ausführlich Bundessozialgericht, Urteil vom 19. April 2007 – B 3 KR 10/06 R). Diese Erwägungen gelten nach Auffassung der Kammer zumindest im Grundsatz auch für die Fälle, in denen wegen des Vorliegens eines Versicherungsfalls im Sinne von § 7 SGB VII gewissermaßen als "Nachfrager" nicht eine Krankenkasse, sondern ein Träger der gesetzlichen Unfallversicherung auftritt; in wirtschaftlicher Hinsicht macht es insbesondere für die Leistungserbringer nämlich keinen grundlegenden Unterschied, ob Vergütungsschuldner eine Krankenkasse oder ein gesetzlicher Unfallversicherungsträger ist. Wenn also im Verhältnis zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern im Anwendungsbereich des SGB V eine Verpflichtung der Krankenkassen zur Zahlung von Verzugszinsen angenommen wird (vgl. wiederum Bundessozialgericht, Urteil vom 19. April 2007 – B 3 KR 10/06 R), so kann unter Berücksichtigung der aufgezeigten rechtsdogmatischen Herleitung des Verzinsungsanspruches zur Überzeugung der Kammer im Verhältnis zur Beklagten nichts anderes gelten. Es erschiene nicht als nachvollziehbar, weshalb einerseits in Bezug auf die Hauptforderung die Vorschriften des besonderen Schuldverhältnisses der Geschäftsführung ohne Auftrag entsprechend auf das Verhältnis zwischen den Beteiligten anzuwenden sein sollen, nicht aber die für dieses Schuldverhältnis nach dem System des BGB prinzipiell anwendbaren Normen der §§ 280 ff. BGB des allgemeinen Schuldrechts.

Nach alldem bezieht sich der Zinsanspruch auch nicht nur auf Prozesszinsen im engeren Sinne, sondern insgesamt auf Verzugszinsen. Für die Konstellation zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern (wie Krankenpflegeeinrichtungen oder Krankenhäusern) ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts davon auszugehen, dass die Leistungserbringer zur Finanzierung des laufenden Geschäftsbetriebs auf die zügige Begleichung ihrer Rechnungen angewiesen sind, weil sie uneingeschränkt in Vorleistung treten müssen. Bei der Hinauszögerung von Prüfungs- und Zahlungsvorgängen oder bei ungerechtfertigter Einbehaltung von Vergütungen besteht die Gefahr, dass Leistungserbringer zur Aufrechterhaltung ihres Betriebes Drittmittel in Anspruch nehmen müssen, die erhöhte Kosten verursachen, oder dass im Extremfall sogar die wirtschaftliche Existenz gefährdet ist. Der Gesetzgeber hatte durch das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vom 30. März 2000 in Kenntnis der durch Zahlungsverzögerungen auftretenden Schwierigkeiten von Unternehmen die früheren Verzugszinsen von 4 % deutlich erhöht: Die frühere – niedrige – Zinshöhe habe vielfach dazu geführt, dass Schuldner statt des teuren Bankkredits lieber die günstigeren Verzugszinsen in Kauf genommen hätten. Nunmehr beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen 5 bzw. 9 (a. F.: 8) Prozentpunkte über dem Basiszinssatz (§ 288 Abs. 1 und 2 BGB).

Es gibt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts keinen Grund, die Krankenkassen von der Zahlung von Verzugszinsen deshalb auszunehmen, weil es sich um Sozialleistungsträger handelt. Die (frühere) Verneinung einer Verzinsungspflicht der Ansprüche von Krankenhäusern gegen die Krankenkassen durch die Rechtsprechung hat sogar dazu geführt, dass der Gesetzgeber für diesen Bereich eine Verzinsung ausdrücklich vorgeschrieben hat. Der Umstand, dass die Leistungserbringer mit den Krankenkassen solvente Schuldner haben, bei denen Forderungsausfälle nicht zu befürchten seien, ist allein kein angemessener Ausgleich für den Ausfall des Anspruchs auf Verzugszinsen. Denn nicht erst durch einen vollständigen Forderungsausfall, sondern bereits durch eine verzögerte Bezahlung fälliger Forderungen ist die Liquidität insbesondere kleinerer gewerblicher Betriebe, die häufig nur über eine geringe Eigenkapitaldecke verfügen, ernstlich gefährdet. Wenn darauf abgestellt wird, dass jedenfalls Ansprüche auf Prozesszinsen bestünden, so ist dies einerseits unzureichend im Vergleich zum Anspruch auf Verzugszinsen, weil dadurch der Zeitraum vom Verzugseintritt bis zur Klageerhebung nicht abgedeckt wird, andererseits aber auch problematisch, weil damit nur Fehlanreize zur frühzeitigen Klageerhebung gegeben werden, um größere Zinsverluste zu vermeiden (vgl. zum Ganzen wiederum ausführlich Bundessozialgericht, Urteil vom 19. April 2007 – B 3 KR 10/06 R). Aus den obigen Darlegungen ergibt sich zur Überzeugung der Kammer, dass auch im Hinblick auf diese Erwägungen wegen der grundsätzlich vergleichbaren Interessenlage im Anwendungsbereich des SGB VII für das Verhältnis zwischen den dortigen Leistungsträgern (wie der Beklagten) und den Leistungserbringern (wie der Klägerin) nichts anderes gelten kann. Wenn also nunmehr grundsätzlich bei (öffentlich-rechtlich) Verträgen von Krankenkassen mit Leistungserbringern generell ein Verzinsungsanspruch in entsprechender Anwendung zivilrechtlicher Vorschriften bejaht wird, muss dies auch für Ansprüche aus dem Schuldverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag zwischen gesetzlichen Unfallversicherungsträgern und Leistungserbringern maßgeblich sein.

Da sich mithin der Zinsanspruch vorliegend aus der entsprechenden Heranziehung der diesbezüglichen zivilrechtlicher Vorschriften ergibt (vgl. auch § 61 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X]), kommt es nicht mehr darauf an, inwieweit diesbezügliche sozialrechtliche Verzinsungsvorschriften, insbesondere § 44 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I), einschlägig sein könnten.

Der Zinsanspruch besteht gemäß §§ 280, 286, 288 BGB auch mindestens ab dem hier geltend gemachten Zeitpunkt und in der geltend gemachten Höhe. Einer ausdrücklichen Mahnung bedurfte es insoweit nicht, da in der Zahlung eines Betrages (lediglich) in Höhe von 2631,13 EUR am 29. Dezember 2008 – zumal nach vorheriger Geltendmachung der Unzulässigkeit der Kodierung der Nebendiagnose E87.6 durch die Beklagte – wegen des darüber hinaus gehenden und hier zunächst streitgegenständlichen Restbetrages der Hauptforderung über 1267,71 EUR eine endgültige und ernsthafte Erfüllungsverweigerung im Sinne von § 286 Abs. 2 Nummer 3 BGB lag. Mithin kann die Klägerin Zinsen jedenfalls ab dem 30. Dezember 2008 verlangen; der Zinsanspruch besteht jedenfalls für die Zeit bis zur Erklärung des (teilweisen) Anerkenntnisses durch die Beklagten (nämlich in Bezug auf die Hauptforderung) mit Schriftsatz vom 2. Juli 2014 (Eingang bei Gericht: 4. Juli 2014). Ob gegebenenfalls auch ein längerer Zinszeitraum in Betracht kommen könnte, bedarf hier aufgrund des ausdrücklich nur auf diesen Zeitraum bezogenen Klageantrages keiner weiteren Erörterung.

Die geltend gemachte Höhe des Zinsanspruchs von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz folgt aus § 288 Abs. 1 BGB. Unabhängig davon, dass der erhöhte Zinssatz gemäß § 288 Abs. 2 BGB mit dem Klageantrag ohnehin nicht geltend gemacht wurde, wäre dieser auch in der Sache nicht einschlägig. Denn der Aufwendungsersatzanspruch aus §§ 677, 683 Satz 1, 670 BGB ist keine Entgeltforderung im Sinne dieser Zinsvorschrift. Entgeltforderungen in diesem Sinne sind nur solche Geldforderungen, die eine Gegenleistung aus einem geschlossenen Vertrag darstellen. Der in Rede stehende gesetzliche Aufwendungsersatzanspruch der Klägerin erfüllt diese Voraussetzung nicht, mag er auch der Höhe nach einem vertraglichen Vergütungsanspruch entsprechen (vgl. zum Ganzen auch Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 4. Februar 2015 – VI-U [Kart] 16/14).

Die Kostenentscheidung beruht auf §197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Nachdem die Beklagte sowohl wegen der Hauptforderung ein (angenommenes) Anerkenntnis (nebst diesbzgl. Kosten[teil-] anerkenntnis) abgegeben hat als auch wegen der danach noch streitgegenständlichen Forderung (vollumfänglich) verurteilt wurde, war sie im Verfahren insgesamt unterlegen.

Bei der aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 bis 3 Gerichtskostengesetz (GKG) folgenden Streitwertfestsetzung ist auf die sich aus dem Antrag der Klägerin für sie ergebende Bedeutung der Sache abzustellen. Betrifft der klägerische Antrag eine bezifferte Geldleistung, ist deren Höhe maßgebend (vgl. § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG). Mithin war bis zur diesbezüglichen (Teil-)Erledigung durch das angenommene (Teil-)Anerkenntnis hinsichtlich der Hauptforderung der insoweit eingeforderte Betrag (1267,71 EUR) zu Grunde zu legen; der geltend gemachte Zinsanspruch hingegen wegen § 43 Abs. 1 GKG nicht zu berücksichtigen (vgl. auch Sozialgericht Augsburg, Urteil vom 28. November 2013 – S 8 U 238/13). Nachdem infolge des Teilanerkenntnisses sodann nur noch der Zinsanspruch streitig war, war gemäß § 43 Abs. 2 GKG nunmehr der Wert dieser Nebenforderung maßgebend. Weil dieser jedenfalls unterhalb des "Grenzwertes" der niedrigsten "Streitwertstufe" gemäß Anlage 2 zum Gerichtskostengesetz (zu § 34 Abs. 1 Satz 3) von bis zu 500 EUR lag, war der Streitwert ab dem 4. Juli 2014 (Eingang des Schriftsatzes der Beklagten vom 2. Juli 2014) entsprechend festzusetzen.

Da nach der Teilerledigung des Rechtsstreits (in Bezug auf die ursprünglich geltend gemachte Hauptforderung) im vorliegenden Urteil nur noch über den Zinsanspruch zu entscheiden war, übersteigt nunmehr der Wert des Beschwerdegegenstandes nicht die in § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG für eine ohne gesonderte Zulassung gegebene Berufung maßgebende Grenze (vgl. zur Maßgeblichkeit von § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG auch bei Abrechnungsstreitigkeiten zwischen Krankenhausträger und Unfallversicherungsträger: SG Augsburg, Urteil vom 28. November 2013 – S 8 U 238/13).

Gemäß § 144 Abs. 2 Nummer 1 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die Streitsache muss hierfür eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwerfen, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 144 Rn. 28). Soweit hier ersichtlich, ist eine höchstrichterliche Klärung der grundsätzlichen Frage der (analogen) Anwendung der zivilrechtlichen Verzinsungsvorschriften auf Ansprüche von Krankenhausträgern oder vergleichbaren Leistungserbringern gegenüber Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung im Sinne des SGB VII aus Geschäftsführung ohne Auftrag (anders als für verschiedene Fallgestaltungen im Anwendungsbereich des SGB V) bislang noch nicht erfolgt (vgl. zu der von der hier vertretenen Auffassung abweichenden Meinung etwa Thüringer Landessozialgericht, Urteil vom 10. März 2004 – L 1 U 560/00). Die Klärung dieser Rechtsfrage liegt im vorbezeichneten Sinne auch im allgemeinen Interesse (vor dem Hintergrund divergierender Entscheidungen der Sozialgerichte und Landessozialgerichte zu dieser Thematik insbesondere auch zur Erhaltung der Rechtseinheit), so dass die Berufung zuzulassen war.

Gemäß § 161 Abs. 1 Satz 1 SGG steht den Beteiligten gegen das Urteil eines Sozialgerichts die Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem Sozialgericht im Urteil oder auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird. Das Sozialgericht kann die Sprungrevision schon im Urteil zulassen; insoweit ist ein Antrag nicht erforderlich, auch die Zustimmung des Gegners muss noch nicht vorliegen; das Sozialgericht entscheidet vielmehr nach pflichtgemäßem Ermessen von Amts wegen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 161 Rn. 6). Gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nummer 1 oder 2 SGG vorliegen. Unabhängig davon, dass es mithin bei Zulassung der Sprungrevision bereits im Urteil des Antrags eines Beteiligten und der Zustimmung des Gegners nicht bedurft hätte, liegen diese hier dennoch vor (vgl. Blatt 103 der Gerichtsakte). Darüber hinaus hält auch die Kammer im Rahmen des auszuübenden pflichtgemäßen Ermessens die Zulassung für angezeigt: Die Voraussetzung des § 160 Abs. 2 Nummer 1 SGG ist gegeben, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die Auslegung der grundsätzlichen Bedeutung ist im Rahmen des § 160 Abs. 2 Nummer 1 SGG grundsätzlich in gleicher Weise vorzunehmen wie im Rahmen des § 144 Abs. 2 Nummer 1 SGG (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 144 Rn. 28). Weil es sich bei der Frage des Zinsanspruchs um eine generelle Rechtsfrage handelt – zumal es wegen der Erledigung des Rechtsstreits in Bezug auf die Hauptforderung nach diesbezüglich angenommenem (Teil-)Anerkenntnis im hiesigen Verfahren auch ausschließlich nur noch diese Frage ankommt – war demnach aus den bereits zu § 144 SGG erörterten Erwägungen die Sprungrevision zuzulassen.

Da in den Fällen, in denen die Voraussetzungen für die Sprungrevision vorliegen, auch die Berufung zuzulassen wäre, wird zwar davon ausgegangen, dass in der Zulassung der Sprungrevision durch Urteil zugleich auch die Berufungszulassung liegt. Zur Klarstellung hält die Kammer aber vorsorglich die ausdrückliche Zulassung sowohl der Berufung als auch der Sprungrevision im Tenor für sachgerecht.
Rechtskraft
Aus
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