S 11 R 256/15 ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 11 R 256/15 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Begehrt wird im Wege der einstweiligen Anordnung die Feststellung der weiteren Vollziehbarkeit des Befreiungsbescheides vom 12.6.1995 bzw. – hilfsweise – "die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 17.10.2014 gegen den Bescheid der Antragsgeg-nerin vom 14.10.2014" anzuordnen.

Der am XX.XX.1964 geborene Antragsteller ist seit 1998 als Angestellter bei der A- Rückversicherungs-Gesellschaft in A-Stadt beschäftigt – überwiegend im Bereich der sog. Underwriting (Prüfung und Akzept von Rückversicherungsverträgen). Mit Wirkung vom 1.7.2014 wechselte er innerhalb der A- Rückversicherungs-Gesellschaft auf eine Stelle als Schadensjurist. Mit Bescheid vom 12.6.1995 war er mit Wirkung ab 1.3.1995 auf seinen Antrag vom 22.3.1995 von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI befreit worden. Der Antragsteller gab in seinem Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI damals an, er sei als Rechtsanwalt bei den Rechtsanwälten B. & Kollegen in A-Stadt beschäftigt. In der Befreiungsbescheinigung vom 12.6.1995 der Antragsgegnerin wird ausgeführt, dass die Befreiung von der Versicherungspflicht grundsätzlich auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt ist.

Der Antragsteller wandte sich mit Schreiben vom 1.8.2014 an die Antragsgegnerin und bat um Klarstellung, dass er aufgrund des Befreiungsbescheids vom 12.6.1995 weiterhin auch für die neue Tätigkeit als Schadensjurist bei der Rückversicherungs-Gesellschaft von der Versicherungspflicht befreit ist. Die Antragsgegnerin legte das Schreiben vom 1.8.2014 als Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht für die Beschäftigung bei der A-Rückversicherungs-Gesellschaft AG aus und lehnte mit Bescheid vom 14.10.2014 den Antrag auf Befreiung ab. Sie führte hierin aus, dass zwar aufgrund der Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft er Pflichtmitglied der Rechtsanwaltskammer und zugleich des berufsständischen Versorgungswerks der Rechtsanwälte sei. Diese Mitgliedschaft bestünde jedoch nicht wegen der Beschäftigung bei der A- Rückversicherungs-Gesellschaft AG. Der Antragsteller sei nicht als Rechtsanwalt bei der Arbeitgeberin beschäftigt. Als sogenannter Syndikusanwalt könne er nicht von der Versicherungspflicht befreit werden. Der Antragsteller wandte sich mit Widerspruch vom 17.10.2014 gegen den Bescheid und führte aus, es handle sich nicht um einen Antrag auf Neu-Befreiung von der gesetzlichen Versicherungspflicht, vielmehr bitte er um Klarstellung zur Vorlage beim Arbeitgeber, dass der ursprüngliche Befreiungsbescheid vom 12.6.1995 weiterhin seine Gültigkeit habe. Die Antragsgegnerin wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 9.2.2015 zurück und führte aus, der Antragsteller könne nicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI von der Versicherungspflicht befreit werden, da er nicht als Rechtsanwalt bei einem Arbeitgeber beschäftigt sei. Der Antragsteller sei mit Bescheid vom 12.6.1995 für die Beschäftigung bei den Rechtsanwälten B. & Kollegen in A-Stadt von der Versicherungspflicht befreit worden. Die Befreiung sei auf diese Beschäftigung beschränkt. Für die Beschäftigung bei der A-Rückversicherungs-Gesellschaft AG ab dem Jahr 1998 sei weder eine Befreiung von der Versicherungspflicht beantragt, noch sei eine Befreiung ausge-sprochen worden. Insofern könne er auch keinen Vertrauensschutz entsprechend der Rechtsprechung des BSG geltend machen.

Am 18.2.2015 hat der Antragsteller in der Hauptsache Klage zum Sozialgericht München (Az.: S 11 R 569/15) erhoben und sinngemäß den Antrag gestellt, im Wege der einstweiligen Anordnung die weitere Vollziehbarkeit des Befreiungsbescheids vom 12.6.1995 bzw. hilfsweise die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 9.2.2015 an-zuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Der Antragsteller führt zur Begründung aus, es handle sich nicht um einen Antrag auf Neu-Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht, er beantrage insoweit die weitere Vollziehbarkeit des Befreiungsbescheides vom 12.6.1995 und nur hilfsweise die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 17.10.2014 gegen den Bescheid der Beklagten vom 14.10.2014 anzuordnen.

Beigezogen war die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin.

II.

Der beim örtlich und sachlich zuständigen Sozialgericht München eingereichte Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist zulässig.

Der Antrag ist bezüglich seines Haupt- und seines hilfsweise gestellten Antrags jedoch nicht begründet.

Gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Bei der Beurteilung, ob einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren ist, muss das Gericht die Belange der Öffentlichkeit und die des Antragstellers abwägen. Zu berücksichtigen sind bei der Abwägung des Gerichts auch die Erfolgsaussichten einer möglichen Klage.

Bei summarischer Prüfung ergeben sich keine überwiegende Erfolgsaussichten in der Hauptsache.

Zwar begehrt der Antragsteller von der Antragsgegnerin die Feststellung, dass der Befrei-ungsbescheid vom 12.6.1995 weiter seine Gültigkeit hat. Da die Antragsgegnerin eine fortwährende Gültigkeit des Befreiungsbescheids verneint, hat sie den Antrag auf Feststellung als Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht für die Tätigkeit als Schadensjurist beim Arbeitgeber A- Rückversicherungs-Gesellschaft AG umgedeutet.

Der Antragsteller hat keinen offenkundigen Anspruch darauf, dass festgestellt wird, dass der Bescheid vom 12.6.1995 weiterhin seine Gültigkeit hat. Zum damaligen Zeitpunkt wurde er auf seinen Antrag hin von der Versicherungspflicht befreit. Dem Befreiungsbe-scheid lag der Antrag des Antragstellers zugrunde, dass er als Rechtsanwalt bei den Rechtsanwälten B. & Kollegen ab 1.3.1995 beschäftigt ist. Wie dem Wortlaut der Befreiungsbescheinigung zu entnehmen ist, ist die Befreiung auf die jeweilige Beschäftigung beschränkt (vgl auch Gürtner in Kasseler Kommentar, 84 EL, § 6 Rn 5 m.w.N.). Die Befreiung von 1995 bezog sich also allein auf die Tätigkeit des Antragstellers als Rechtsanwalt. Bei der A- Rückversicherungs-Gesellschaft AG war der Antragsteller nicht als Rechtsanwalt beschäftigt. Für diese Tätigkeit wurde auch seitens der Antragsgegnerin keine Befreiung von der Versicherungspflicht ausgesprochen. Damit hat der Antragsteller nach summarischer Prüfung keinen Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf Feststellung, dass der Befreiungsbescheid von 1995 weiterhin seine Gültigkeit auch für die Tätigkeit als Schadensjurist bei der A- Rückversicherungs-Gesellschaft hat.

Auch dem hilfsweisen Antrag des Antragstellers konnte nicht stattgegeben werden. In seinem Antrag mit Schriftsatz vom 10.2.2015 begehrt der Antragsgegner hilfsweise die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 17.10.2014 gegen den Bescheid der An-tragsgegnerin vom 14.10.2014 anzuordnen. Der Antrag war insoweit auszulegen, als mit Antragstellung beim SG A-Stadt vom 16.2.2015 der Widerspruchsbescheid vom 9.2.2015 dem Kläger vorlag (vgl. Anlage ASt 11) und das Widerspruchsverfahren daher bereits beendet war.

Nach § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen die Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung hat, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.

Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 13.2.2015 neben dem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes auch Feststellungsklage in der Hauptsache erhoben. Es wird zu prüfen sein, ob es sich hierbei tatsächlich um eine Feststellungsklage handelt oder eine Anfechtung-/Verpflichtungsklage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 14.10.2014 mit Widerspruchsbescheid vom 9.2.2015. Im Falle einer Feststellungsklage-könnte eine Regelungsanordnung in Betracht kommen (§ 86 b Abs. 2 SGG).

Nach summarischer Prüfung ergibt sich jedoch, dass der Antragsteller keinen Anspruch auf Feststellung hat, dass der Bescheid von 1995 auch für die jetzige Tätigkeit gilt. Daneben ist nach summarischer Prüfung auch der Bescheid der Antragsgegnerin vom 14.10.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 9.2.2015 nicht zu beanstanden, da dieser sich an den Vorgaben der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu den "Syndikusanwälten" (vgl. BSG, Urteil vom 3.4.2014, B5 RE 3/14 R) hält. Es liegt daher kein Anordnungsanspruch vor, da der Antragsteller nicht im Besitz eines Befreiungsbescheids für die Beschäftigung als Syndikusanwalt bei der Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft AG ist, noch die Möglichkeit besteht, ihn von der Versicherungspflicht zu befreien.

Unter Abwägung der Interessen des Klägers einerseits (Gestaltung der Altersversorgung) und den Aussichten der Klage in der Hauptsache, ist es dem Kläger zumutbar, bis zur Entscheidung in der Hauptsache Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen.

Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes war daher abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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