S 24 R 137/10

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 24 R 137/10
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 845,46 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Nachforderung von Beiträgen für die Tätigkeit des ehrenamtlichen Bürgermeisters der Stadt R. im Zeitraum 06.07.2008 bis 31.12.2008.

Die Stadt R. war als eigenständige Gemeinde in Sachsen-Anhalt der Verwaltungsgemeinschaft R. angehörig. Die Stadt beschäftigte 5 Stadtarbeiter. Der Beigeladene wurde mit Urkunde vom 02.04.2008 unter Berufung in das Beamtenverhältnis als Ehrenbeamter zum Bürgermeister der Stadt R. für die Dauer von sieben Jahren ernannt. Er erhielt aufgrund seiner Amtstellung eine monatliche Zahlung in Höhe von 1.104,00 EUR. Im Übrigen war er als selbstständiger Tischlermeister tätig und in der privaten Krankenversicherung versichert. Die Hauptsatzung der Stadt R. vom 11.04.2000 regelt unter § 3, dass der ehrenamtliche Bürgermeister Vorsitzender des Stadtrates ist. Nach § 5 entscheidet der Bürgermeister gemäß § 97 Abs. 1 Satz 2 Gemeindeordnung Land Sachsen-Anhalt (GO LSA) bei über- und außerplanmäßigen Ausgaben bis zu einem Betrag von 2.000 DM eigenständig. Er entscheidet weiterhin im Einvernehmen mit dem Bauausschuss über das Einvernehmen zu Teilungsgenehmigungen, die Nutzungsänderung von Gebäuden und Flächen, das Einvernehmen zu Bauvoranfragen und Bauanträgen. Gemäß § 9 ruft der Bürgermeister die Einwohnerversammlung ein. Er setzt die Gesprächsgegenstände sowie Ort und Zeit der Veranstaltung fest. In der 3. Änderungssatzung vom 13.10.2009 zur Hauptsatzung der Stadt R. vom 11.04.2000 wurde § 5 Abs. 1 wie folgt geändert: "Der Bürgermeister erledigt in eigener Verantwortung die Geschäfte der laufenden Verwaltung. Hierzu gehören die regelmäßig wiederkehrenden Geschäfte, die nach bereits festgelegten Grundsätzen entschieden werden und keine wesentliche Bedeutung haben. Der Bürgermeister entscheidet gemäß § 97 Abs. 1 Satz 2 GO LSA bei über- und außerplanmäßigen Ausgaben bis zu einem Betrag von 2.500 EUR eigenständig." Diese Änderungssatzung wurde vom Beigeladenen als Bürgermeister unterzeichnet.

Mit Gebietsänderungsvertrag zur Bildung einer neuen Gemeinde aus Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft R. zum 01.01.2010 wurde die Stadt R. aufgelöst und mit weiteren Gemeinden zu einer neuen Gemeinde mit dem Namen Stadt R.-J. als Rechtsnachfolger (Klägerin) unter Bildung von Ortschaften vereinigt. Gemäß § 7 Abs. 5 des Vertrages überträgt die neue Stadt durch Hauptsatzung den Ortschaftsräten entsprechend § 87 Abs. 2 GO LSA konkret benannte Angelegenheiten zur Erledigung im Rahmen der ihnen zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel unter Berücksichtigung der Belange der gesamten Gemeinde. Zur Erfüllung werden den Ortschaften für das erste Jahr nach wirksamer Bildung der neuen Gemeinde folgende Beträge in den Haushaltsplan eingestellt: [ ] R. 15.300,00 EUR. Nach § 8 des Vertrages bereitet der Ortsbürgermeister die Beschlüsse des Ortschaftsrates vor und führt sie in Vertretung des Bürgermeisters aus. Er leitet die Sitzungen des Ortschaftsrates. Der Ortsbürgermeister hat den Ortschaftsrat über Angelegenheiten, die für die Ortschaft von Bedeutung sind, rechtzeitig zu unterrichten und ihm auf Verlangen Auskunft zu erteilen. Der Ortsbürgermeister kann an den Sitzungen des Gemeinderates und seiner Ausschüsse mit beratender Stimme teilnehmen und in allen Angelegenheiten, welche die Ortschaft betreffen, Auskunft vom Bürgermeister verlangen und ist zum Gegenstand der Verhandlung zu hören. Der Gebietsänderungsvertrag wurde unter anderem vom Beigeladenen für die Stadt R. unterzeichnet.

Die Beklagte führte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für den Zeitraum 01.01.2005 bis 31.12.2008 durch. Im Rahmen der Schlussbesprechung am 15.10.2009 wurde darauf hingewiesen, dass ehrenamtliche Bürgermeister, die neben Repräsentationsaufgaben auch Verwaltungsaufgaben wahrnehmen und hierfür eine den tatsächlichen Aufwand übersteigende pauschale Aufwandsentschädigung erhalten, regelmäßig Beschäftigte sind und grundsätzlich der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung unterliegen. In der Arbeitslosenversicherung bestehe für ehrenamtliche Bürgermeister Versicherungsfreiheit. Hinsichtlich der Einzelheiten der Hinweise wird auf das Protokoll der Schlussbesprechung (Blatt I 11 bis I 15 der Verwaltungsakte) Bezug genommen.

Mit Bescheid vom 21.10.2009 stellte die Beklagte für den Zeitraum 06.07.2008 bis 31.12.2008 eine Beitragsnachforderung in Höhe von insgesamt 845,46 EUR fest. Zur Begründung der Entscheidung wiederholte die Beklagte im Wesentlichen die Ausführungen aus dem Protokoll zur Schlussbesprechung. Der Beigeladene sei in der Stadt R. als ehrenamtlicher Bürgermeister tätig und damit an die Gemeindeordnung des Landes Sachsen-Anhalt gebunden. Danach übe er in seinem Amt über Repräsentationsaufgaben hinaus dem "allgemeinen Erwerbsleben" zugängliche Verwaltungsaufgaben aus, so dass nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der Sozialversicherung begründet werde. In seiner Tätigkeit als ehrenamtlicher Bürgermeister der Stadt R. nehme der Beigeladene, welcher als Tischlermeister hauptberuflich selbstständig erwerbstätig ist, neben Repräsentationsaufgaben auch Verwaltungsaufgaben wahr und erhalte hierfür eine pauschale Aufwandsentschädigung. Damit sei er mit der Wahl ab 06.07.2008 grundsätzlich abhängig beschäftigt. Aus der gezahlten Aufwandsentschädigung von 1.104,00 EUR je Monat ergebe sich nach Abzug des hier bei vollen Monaten anzuwendenden Freibetrages von einem Drittel, ein monatlicher Verdienst von 736,00 EUR. Die monatlichen Verdienste überschreiten die Grenze für eine geringfügig entlohnte Beschäftigung, so dass grundsätzlich Sozialversicherungspflicht bestehe. In der Krankenversicherung trete wegen der hauptberuflich selbstständigen Erwerbstätigkeit des Beigeladenen keine Versicherungspflicht ein. Deswegen bestehe auch keine Versicherungspflicht zur Pflegeversicherung. Zur Rentenversicherung bestehe Versicherungspflicht nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). In der Arbeitslosenversicherung bestehe für ehrenamtliche Bürgermeister keine Versicherungspflicht. Die Beitragsermittlung habe somit mit dem Beitragsgruppenschlüssel 0100 zu erfolgen, wobei auch U2-Beiträge zu ermitteln seien. Dem Bescheid ist eine Anlage Berechnung der Beiträge für den Zeitraum 06.07.2008 bis 31.12.2008 auf Grundlage eines Entgelts in Höhe von 4.207,38 EUR beigefügt.

Die Verwaltungsgemeinschaft R. hat unter dem 10.11.2009 gegen den Bescheid zur Betriebsprüfung Widerspruch erhoben. Unter ausdrücklichem Hinweis darauf, dass die Verwaltungsgemeinschaft und die ihr angehörenden Gemeinden und Städte die Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt anwenden, sei ein ehrenamtlich tätiger Bürgermeister in Sachsen-Anhalt nicht zur weisungsgebundenen Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben verpflichtet. Sofern Verwaltungstätigkeiten wahrzunehmen seien, prägten diese Aufgaben seine Tätigkeit nicht. Er sei damit nicht abhängig beschäftigt und könne demzufolge auch nicht als sozialversicherungspflichtig eingestuft werden. Da der ehrenamtlich tätige Bürgermeister in Sachsen-Anhalt nicht die Leitung der Verwaltung innehabe, komme es für die Bedeutung der Frage, ob ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliege, darauf an, dass die Verwaltungstätigkeit qualitativ und quantitativ überwiege. Die Verwaltungstätigkeit sei für das Amt des ehrenamtlich tätigen Bürgermeisters in Sachsen-Anhalt nicht prägend. Die Mitgliedschaft im Gemeinschaftsausschuss der Verwaltungsgemeinschaft sei keine Verwaltungstätigkeit. Bei Mitgliedsgemeinden von Verwaltungsgemeinschaften würden die Aufgaben der Gemeindeverwaltung ausschließlich vom gemeinsamen Verwaltungsamt erledigt. Neben den Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises, die die Verwaltungsgemeinschaft im eigenen Namen wahrnimmt, besorge die Verwaltungsgemeinschaft alle Aufgaben des eigenen Wirkungskreises der Mitgliedsgemeinden und unterstütze die Mitgliedsgemeinden bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.02.2010 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Unter Verweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes werde durch die Tätigkeit eines ehrenamtlichen Bürgermeisters lediglich in den Fällen kein Beschäftigungsverhältnis zur Gemeinde begründet, in denen ausschließlich Repräsentationsaufgaben im Zusammenhang mit dem Wahlamt wahrgenommen werden. Üben die ehrenamtlichen Bürgermeister dagegen dem allgemeinen Erwerbsleben zugängliche Verwaltungsfunktionen aus, sind sie regelmäßig Beschäftigte und unterfielen damit grundsätzlich der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung. Die bisher vertretene Auffassung zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von ehrenamtlichen tätigen Bürgermeistern sei durch das Bundessozialgericht erneut bestätigt worden. Die Beklagte führt weiter im Detail zu den Entscheidungsgründen aus den zitierten Urteilen des Bundessozialgerichtes aus. Danach wurde unter anderem auch ausdrücklich klargestellt, dass es nicht darauf ankomme, ob die Verwaltungstätigkeit qualitativ und quantitativ überwiege. Für die Bejahung der abhängigen Beschäftigung eines ehrenamtlichen Bürgermeisters als Leiter der Verwaltung genüge, dass keine darüber hinausgehende qualitative oder quantitative Bewertung der Verwaltungsaufgaben vorgenommen werden müsse. Die eigenständige Aufgabenerledigung beruhe gerade auf der zu beurteilenden Tätigkeit. Der Zeitaufwand sei damit kein für die Beurteilung der Versicherungspflicht durch die Verwaltung taugliches Abgrenzungskriterium. Es komme also nicht auf eine konkret individuelle, sondern allein auf eine abstrakte Beurteilung der Aufgaben an, die der Bürgermeister nach den landesrechtlichen Regelungen zu erfüllen hat. Der Gemeinderat und der ehrenamtliche Bürgermeister seien nach § 35 GO LSA die Verwaltungsorgane der Gemeinde. Die Organstellung als solche schließe bereits aus, dass der ehrenamtliche Bürgermeister ausschließlich Repräsentationsaufgaben wahrnehme. So gehe auch § 57 Absatz 2 GO LSA davon aus, dass der Bürgermeister die Gemeinde vertritt und repräsentiert. Die Regelung unterscheiden nicht zwischen dem ehrenamtlichen und dem hauptamtlichen Bürgermeister. Nach § 36 Absatz 2 GO LSA sei der ehrenamtliche Bürgermeister Vorsitzender des Gemeinderates. Darüber hinaus haben die ehrenamtlichen Bürgermeister im Land Sachsen-Anhalt auch die sich aus §§ 62 und 63 GO LSA ergebenden Verwaltungsaufgaben zu erfüllen, die im Einzelnen aufgeführt werden. Auch bei einem Zusammenschluss benachbarter Gemeinden eines Landkreises zu einer Verwaltungsgemeinschaft verliere der Bürgermeister nicht seine Rolle als Teil der Verwaltung. Bei der Bildung einer Verwaltungsgemeinschaft würden die Aufgaben des gemeinsamen Verwaltungsamtes durch eine Trägergemeinde wahrgenommen. Auch die ehrenamtlichen Bürgermeister haben ein Weisungsrecht gegenüber der Verwaltungsgemeinschaft auszuüben. Dies spiegelt sich insbesondere auch in den Aufgaben des Verwaltungsausschusses nach § 79 GO LSA wieder, dessen Mitglieder die ehrenamtlichen Bürgermeister der Mitgliedsgemeinden sind, § 78 GO LSA. Hiernach entscheiden die ehrenamtlichen Bürgermeister in Angelegenheiten der Verwaltungsgemeinschaft, soweit nicht im Einzelfall der Leiter des gesamten Verwaltungsamtes zuständig ist. Auch bei der Bildung eines gemeinsamen Verwaltungsamtes blieben den Bürgermeistern der Mitgliedsgemeinden Verwaltungsaufgaben, nicht nur dem Bürgermeister der Trägergemeinde. Insbesondere könne jede Gemeinde wieder aus der Verwaltungsgemeinschaft ausscheiden. Im Ergebnis komme es nicht darauf an, ob eine Gemeinde ihre Aufgaben des eigenen und übertragenen Wirkungskreises selbst wahrnimmt bzw. Trägergemeinde ist oder ob als Mitgliedsgemeinden einer Verwaltungsgemeinschaft Aufgaben durch das gemeinsame Verwaltungsamt wahrgenommen würden. Es seien keine Gründe ersichtlich, weshalb die vom Bundessozialgericht aufgestellten Grundsätze einer abhängigen Beschäftigung des ehrenamtlichen Bürgermeisters in Sachsen nicht auch für die ehrenamtlichen Bürgermeister in Sachsen-Anhalt gelten sollten. Auf den Anteil der Verwaltungsaufgaben, welche alle Aufgaben beinhalte, die nicht Repräsentationsaufgaben seien, komme es nicht an.

Mit der am 23.03.2010 vor dem Sozialgericht Dessau-Roßlau erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren nach Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides weiter.

Die Klägerin rügt zunächst eine nicht ordnungsgemäß erfolgte Anhörung. Die Klägerin hält den Anwendungsbereich der Rechtsgrundlage des § 1 und § 7 SGB VI für nicht eröffnet, da keine Beschäftigung als Tätigkeit nach Weisung vorliege. Der Tätigkeitsbereich des ehrenamtlichen Bürgermeisters ergebe sich aus der Hauptsatzung. Demzufolge habe der ehrenamtliche Bürgermeister lediglich repräsentative Aufgaben wahrzunehmen. Sämtliche Verwaltungsaufgaben seien an die Verwaltungsgemeinde übertragen worden. Die Klägerin verfüge über keine eigene Verwaltung, so dass der ehrenamtlich tätige Bürgermeister den Gemeinderat ausschließlich über Gemeindeangelegenheiten unterrichtet. Die Aufgabenverteilung ergebe sich aus § 77 Abs. 1 Satz 1 GO LSA. Im Rahmen einer laufenden Verwaltung sei der ehrenamtliche Bürgermeister lediglich politisch entscheidend tätig, der Vollzug einer Entscheidung obliege der Verwaltungsgemeinschaft. Der ehrenamtliche Bürgermeister habe auch keine Personalangelegenheiten zu regeln. Die Klägerin verfüge über keine eigene Verwaltung, so dass keine Verwaltungsbediensteten beschäftigt würden. Im Übrigen werde der ehrenamtlich tätige Bürgermeister bei der Ausübung der Vorgesetztenfunktion nur entscheidend tätig. Die Umsetzung der Entscheidung obliege als Verwaltungstätigkeit der Verwaltungsgemeinschaft. Die Erledigung von Verwaltungsaufgaben setze Ausbildung und Fachkompetenz voraus. Dem ehrenamtlichen Bürgermeister seien lediglich einige Kontrollaufgaben überlassen zur Möglichkeit nach den eigenen Vorstellungen die Stadt zu leiten und zu vertreten. Des Weiteren wird die Höhe der erhobenen Beiträge gerügt. Ein Abstellen auf eine steuerrechtliche Betrachtung sei nicht zulässig. Zudem nimmt die Klägerin Bezug auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 29.08.2012, wonach die Ausübung einer ehrenamtlichen Tätigkeit keinen Arbeitsvertrag begründe. Die von der Beklagten selbst angenommene Vergleichbarkeit der rechtlichen Stellung ehrenamtlicher Bürgermeister im Freistaat Sachsen mit denen im Land Sachsen-Anhalt sei nicht gegeben.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 21.10.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides 25.02.2010 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bezieht sich auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides in Gestalt des Widerspruchsbescheides. Sie ist der Auffassung, dass sie dem Anhörungserfordernis gemäß § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gerecht geworden ist. Eine besondere Form sei hierfür nicht vorgeschrieben, insbesondere sei auch die mündliche Anhörung zulässig. Unter Verweis auf die am 15.10.2009 durchgeführte Schlussbesprechung mit Vertreterinnen der Klägerin sei ausreichend Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden. Auch materiell sei die Entscheidung nicht zu beanstanden. Die Beklagte bezieht sich insbesondere auf die ausführliche Darstellung im Widerspruchsbescheid, wonach ehrenamtliche Bürgermeister von Gemeinden in Sachsen-Anhalt nach Maßgabe der Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt durchaus Verwaltungsfunktionen ausüben. Das Bundessozialgericht habe ausdrücklich klargestellt, dass es nicht darauf ankomme, ob die Verwaltungstätigkeit qualitativ und quantitativ überwiege. Die Beitragsnachforderung sei auch der Höhe nach zutreffend. Die Beklagte habe bereits berücksichtigt, dass es sich bei den Zahlungen um Aufwandsentschädigungen handle, die im Umfang von 368,00 EUR monatlich steuer- und beitragsfrei zu belassen seien.

Die Beklagte hat vorsorglich mit Schreiben vom 16.11.2011 die Klägerin formell angehört. Auf das Stellungnahmeschreiben der Klägerin vom 24.11.2011 nahm die Beklagte mit Schreiben vom 02.01.2011 ihrerseits nochmals Stellung und verblieb im Ergebnis bei ihrer Rechtsauffassung.

Das Gericht hat in der öffentlichen Verhandlung am 18.11.2013 den Beigeladenen zu seiner Tätigkeit als ehrenamtlicher Bürgermeister befragt. Hinsichtlich des Inhalts wird auf die Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 18.11.2013 verwiesen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese haben vorgelegen und waren Gegenstand der Entscheidung.

Entscheidungsgründe:

I. Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 21.10.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.02.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

1. Der Bescheid der Beklagten ist zunächst formell nicht zu beanstanden. Es liegt insbesondere keine Verletzung der Anhörungspflicht vor Erlass einer belastenden Entscheidung nach § 24 Abs. 1 SGB X vor. Die Beklagte hat die Klägerin im Rahmen der Schlussbesprechung am 15.10.2009 darauf hingewiesen, dass aufgrund einer angenommenen Versicherungspflicht des Beigeladenen beabsichtigt ist, Beiträge nachzuerheben. Die Klägerin hatte damit Gelegenheit Stellung zu nehmen. Spätestens im Rahmen des Widerspruchsverfahrens hat die Klägerin sowohl zu den Tatsachen als auch in rechtlicher Hinsicht umfassend Stellung nehmen können.

2. Im Rahmen der Betriebsprüfung konnte die Beklagte gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB VI über die Versicherungspflicht in der Sozialversicherung des Beigeladenen durch Verwaltungsakt gegenüber der Klägerin entscheiden.

Die Feststellung der Versicherungspflicht des Beigeladenen im Zeitraum 06.07.2008 bis 31.12.2008 in der Rentenversicherung auf der Rechtsgrundlage des § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ist nicht zu beanstanden.

Die Kammer folgt nach eigener Prüfung und unter Würdigung des Vorbringens der Beteiligten der Begründung des Bescheides vom 21.10.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.02.2010. Die Kammer macht sich die Begründung der Beklagten zu eigen und nimmt ausdrücklich Bezug hierauf, § 136 Abs. 3 SGG.

Ergänzend ist folgendes auszuführen:

Einer Versicherungspflicht des ehrenamtlichen Bürgermeisters steht nicht dessen Stellung als Ehrenbeamter im Sinne des Beamtengesetzes Sachsen-Anhalt (BG LSA) entgegen. Danach sind nur versicherungsfrei in der gesetzlichen Rentenversicherung Beamte auf Lebenszeit, auf Zeit und auf Probe nur in Beschäftigungen, auf die sich die Gewährleistung einer Versorgungsanwartschaft erstreckt, § 5 Absatz 1 Satz 1 SGB VI. Ein Anspruch auf Versorgung, Beihilfe oder Heilfürsorge haben Ehrenbeamte in Sachsen-Anhalt nach § 109 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. §§ 83 ff. BG LSA jedoch nicht.

Hinsichtlich der Einordnung des ehrenamtlichen Bürgermeisters als Beschäftigter nach § 7 Abs. 1 SGB VI verweist die Kammer unter eigener Prüfung und Würdigung auf die Entscheidung des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 17.05.2010 mit Aktenzeichen L 3 R 18/10 B ER und macht sich diese Ausführungen vollumfänglich zu Eigen. Die Kammer nimmt eine Beurteilung, ob ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis besteht, in Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung der Ausgestaltung des Ehrenamts im der Kommunalverfassung des Landes Sachsen-Anhalts vor. Danach ergibt sich eine Weisungsunterworfenheit des ehrenamtlichen Bürgermeisters bereits aus der Regelung des § 44 Abs. 4 GO LSA über die Vorgesetztenstellung des Gemeinderates diesem gegenüber.

Vorliegend hat der Beigeladene als ehrenamtlicher Bürgermeister der Stadt R. auch eine verwaltende Tätigkeit ausgeübt. Die Klägerin geht selbst davon aus, dass sich im streitgegenständlichen Zeitraum die Aufgaben des Bürgermeisters aus der Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt sowie aus der Hauptsatzung ergeben. Allein die Zugehörigkeit der Stadt R. zur Verwaltungsgemeinschaft mit der Übertragung von Verwaltungsaufgaben an die Verwaltungsgemeinschaft, führt vorliegend nicht dazu, dass der ehrenamtliche Bürgermeister vollständig von Verwaltungsaufgaben befreit ist. Der Hauptsatzung ist nicht zu entnehmen, dass der ehrenamtliche Bürgermeister lediglich repräsentative Aufgaben zu erfüllen hat. In der Hauptsatzung vom 11.04.2000 wird beispielsweise geregelt, dass der ehrenamtliche Bürgermeister Vorsitzender des Stadtrates ist, er bei über- und außerplanmäßigen Ausgaben bis zu einem Betrag von 2.000 DM eigenständig entscheiden kann, Einwohnerversammlungen einberuft und dabei Gesprächsgegenstände sowie Ort und Zeit der Veranstaltung festsetzt. Als Vorsitzender des Stadtrates beruft er diesen nach den Regelungen der GO LSA ein, leitet die Sitzung, bereitet Beschlüsse vor und hat gesetzeswidrigen Beschlüssen zu widersprechen. Ein Beispiel dafür, dass der Beigeladene als ehrenamtlicher Bürgermeister auch solche Aufgaben wahrgenommen hat, ist seine Unterschrift zur 3. Änderungssatzung am 13.10.2009. Hierin wurde sogar darauf hingewiesen, dass der Bürgermeister in eigener Verantwortung die Geschäfte der laufenden Verwaltung erledigt. Dazu gehören die regelmäßig wiederkehrenden Geschäfte, die nach bereits festgelegten Grundsätzen entschieden werden und keine wesentliche Bedeutung haben. Auch wenn diese Änderung erst nach dem streitigen Zeitraum in Kraft trat, so handelt es sich nach Auffassung der Kammer lediglich um die Aufnahme einer klarstellenden Regelung. Nach den vorgelegten Satzungen konnte der Beigeladene auch im Rahmen eigener Kompetenzen über außerplanmäßige Ausgaben entscheiden. Ihm waren fünf Stadtarbeiter unterstellt, denen der Beigeladene nach eigenem Bekunden auch Weisungen erteilt hat und erteilen konnte. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Arbeiter ihren Einsatz oftmals selbst geregelt haben. Denn die Verantwortung hierfür lag beim Beigeladenen.

Insgesamt steht die Übertragung eines wesentlichen Teils der Verwaltung auf die Verwaltungsgemeinschaft der Annahme der Ausübung von Verwaltungstätigkeiten des ehrenamtlichen Bürgermeisters nach dem Vorgenannten nicht entgegen. Im Prüfzeitraum war die Stadt R. eine eigenständige Stadt. Selbst nach Neubildung einer Gemeinde aus Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft R. unter Auflösung der Stadt R. als selbstständige Gemeinde, verbleiben durch Übertragung durch die Hauptsatzung den Ortschaftsräten noch eigene Angelegenheiten zur Erledigung unter Zurverfügungstellung eigener Haushaltsmittel. Auch danach werden weiterhin vom Ortsbürgermeister Beschlüsse des Ortschaftsrates vorbereitet und in Vertretung des Bürgermeisters ausgeführt unter Leitung der Sitzung des Ortschaftsrates. Daraus lässt sich entnehmen, dass erst Recht bei Eigenständigkeit der Stadt R. im Prüfzeitraum trotz Angehörigkeit einer Verwaltungsgemeinschaft Verwaltungsaufgaben durch den ehrenamtlichen Bürgermeister wahrzunehmen waren.

Auf das zeitliche Verhältnis von repräsentativen Aufgaben und verwaltenden Aufgaben im Prüfzeitraum kommt es demgegenüber nicht an (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 25.01.2006, B 12 KR 12/05 R).

Der Beigeladene hat auch gegen Entgelt gearbeitet, da die ihm gezahlte Aufwandsentschädigung den tatsächlichen Aufwand übersteigt. Nach § 33 Abs. 2 Satz 1 GO LSA kann ehrenamtlich Tätigen eine angemessene Aufwandsentschädigung nach Maßgabe einer Satzung gewährt werden. Nach § 4 der Aufwandsentschädigungssatzung der Stadt R. erhält der ehrenamtliche Bürgermeister eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 1.104,00 EUR. Mit der Gewährung einer Aufwandsentschädigung ist der Anspruch auf Ersatz von Auslagen mit Ausnahme der Kosten für Dienstreisen außerhalb des Dienst- und Wohnortes sowie der zusätzlichen Kosten für die Betreuung von Kindern und Pflegebedürftigen abgegolten, § 33 Abs. 2 Satz 2 GO LSA. Daneben erfolgt eine Reisekostenvergütung nach den für Beamte geltende Vorschriften (Satz 3 und 4). Der Beigeladene konnte keine konkreten Aufwendungen, die der Aufwandsentschädigung entgegenstanden, aufführen. Er benannte insoweit Verdienstausfall im Rahmen seiner selbstständigen Tätigkeit. Die Aufwandsentschädigung verwandte er für die Zahlung von Beiträgen für Rentenversicherung als Selbstständiger und generell für Sozialversicherungsbeiträge. Des Weiteren finanzierte er hieraus Fahrten zu Terminen und Sitzungen.

Die Beklagte hat zutreffend monatliche Einnahmen in Höhe von 2/3 der Aufwandsentschädigung in Höhe von 736,00 EUR monatlich als steuerpflichtig und damit beitragspflichtig festgestellt. Zur weiteren Begründung wird auf die Ausführungen in dem angegriffenen Bescheid sowie auf die Gründe im Beschluss des Landessozialgerichts vom 17.05.2010 nach eigener Prüfung und Würdigung verwiesen.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO.

III. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz.
Rechtskraft
Aus
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