L 5 RS 668/14

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 50 RS 1086/13
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RS 668/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz - Arbeitsentgelt - Schätzung der Höhe einer glaubhaft gemachten Jahresendprämie - Zeugenaussage

Ist der Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach im konkreten Einzelfall, beispielsweise durch Zeugenaussagen, glaubhaft gemacht, kann die Höhe der als zusätzliches Arbeitsentgelt zu berücksichtigenden Jahresendprämien geschätzt werden, auch wenn deren Höhe weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht werden kann.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 4. August 2014 abgeändert und dessen Tenor unter Ziffer 1. wie folgt gefasst: Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 15. November 2012 in der Fassung des Bescheides vom 8. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2013 verurteilt, für die Jahre 1985 bis 1990 weitere Arbeitsentgelte des Klägers wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betriebe wie folgt zu berücksichtigen: Für das Jahr: 1985 425 Mark 1986 699 Mark 1987 758 Mark 1988 819 Mark 1989 821 Mark 1990 849 Mark Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Beklagte erstattet dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten – im Rahmen des Berufungsverfahrens nur noch – über die Verpflichtung der Beklagten weitere Entgelte des Klägers für Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz für die Jahre 1984 bis 1989 in Form jährlicher Jahresendprämien festzustellen.

Dem 1955 geborenen Kläger wurde, nach einem berufsbegleitendem Studium in der Fachrichtung Instandhaltung an der Ingenieurschule für Maschinenbau B in der Zeit von September 1979 bis Mai 1984, mit Urkunde vom 23. Mai 1984 das Recht verliehen, die Berufsbezeichnung "Maschineningenieur" zu führen. Er war vom 12. Juli 1974 bis 31. Juli 1983 als Schlosser, vom 1. August 1983 bis 31. Dezember 1983 als Mitarbeiter Hauptmechanik, vom 1. Januar 1984 bis 31. Dezember 1984 als Maschinentechnologe, vom 1. Januar 1985 bis 30. September 1989 als Verfahrens- und Maschinentechnologe und vom 1. Oktober 1989 bis 30. Juni 1990 (sowie darüber hinaus) als stellvertretender Leiter Hauptmechanik und verantwortlicher Arbeitsvorbereiter jeweils im volkseigenen Betrieb (VEB) Lausitzer Glas W - Stammbetrieb des Kombinats Lausitzer Glas W - beschäftigt. Er war zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nicht in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen.

Mit am 30. Dezember 2011 bei der Beklagten eingegangenem Formularantrag beantragte der Kläger die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Im Rahmen des Überprüfungsverfahrens fragte die Beklagte mit Schreiben vom 5. Januar 2012 bei der Rhenus Office Systems GmbH nach Unterlagen bezüglich gezahlter Prämien an. Die Rhenus Office Systems GmbH teilte mit Schreiben vom 16. Oktober 2012 mit, dass im ehemaligen Beschäftigungsbetrieb des Klägers keine Unterlagen für Prämienzahlungen vorhanden sind. Auf eine entsprechende Anfrage der Beklagten an den Kläger mit Schreiben vom 21. Juni 2012, teilte dieser am 29. Juni 2012 telefonisch mit, dass er über keine Unterlagen oder Nachweise für Prämienzahlungen verfüge.

Mit Bescheid vom 15. November 2012 stellte die Beklagte das Vorliegen der Voraussetzungen von § 1 AAÜG, die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 23. Mai 1984 bis 30. Juni 1990 als "nachgewiesene Zeiten" der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte fest. Die Berücksichtigung von Jahresendprämien lehnte sie ab, da deren Zahlung nicht nachgewiesen worden sei.

Mit am 14. Dezember 2012 bei der Beklagten eingegangenem Widerspruchsschreiben des Klägers vom 10. Dezember 2012 machte dieser unter anderem ein höheres Arbeitsentgelt für den Zeitraum vom 23. Mai bis 31. Dezember 1984 und die Berücksichtigung von Jahresendprämien geltend. Mit Schreiben vom 19. Februar 2013 reichte er zwei schriftliche Zeugenerklärungen zu Jahresendprämienzahlungen im Betrieb ein. In den Erklärungen der Zeugen A S (seiner im gleichen Betrieb beschäftigten Ehefrau) vom 14. Februar 2013 und W R (seines Arbeitskollegen in derselben Abteilung des Betriebes) vom 19. Februar 2013 ist jeweils ausgeführt, dass der Kläger in den Jahren 1983 bis 1990 jedes Jahr eine Jahresendprämie in Höhe eines durchschnittlichen Monatsnettolohnes erhalten habe. Für das Jahr 1986 legte der Zeuge W R einen Zahlungsnachweis über die an ihn vom Betrieb gezahlte Jahresendprämie in Höhe von 1.220,- Mark vor.

Mit Bescheid vom 8. März 2013 stellte die Beklagte das Vorliegen der Voraussetzungen von § 1 AAÜG, die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 23. Mai 1984 bis 30. Juni 1990 als "nachgewiesene Zeiten" der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte, unter Berücksichtigung eines höheren Entgeltes für den Zeitraum vom 23. Mai bis 31. Dezember 1984, fest. Den Bescheid vom 15. November 2012 hob sie, soweit er entgegenstand, auf.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2013 wies die Beklagte den Widerspruch, soweit ihm nicht durch den Bescheid vom 8. März 2013 abgeholfen worden sei, zurück. Der Zufluss der begehrten zusätzlichen Arbeitsentgelte in Form von Jahresendprämien sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden. Die Zeugen hätten keine konkreten Angaben zu den Höhen der Prämien tätigen können. Die Höhe der Jahresendprämien des Einzelnen sei von einer Vielzahl von Faktoren abhängig gewesen, die heute ohne entsprechende Unterlagen nicht mehr nachvollzogen werden könnten. Eine pauschale Berücksichtigung der Prämien könne daher nicht erfolgen.

Auf die hiergegen am 11. Juli 2013 erhobene Klage hat das Sozialgericht Dresden, nach Einholung einer schriftlichen Auskunft des Zeugen W R vom 21. November 2013 und Einvernahme der Zeugen A S und W R in der mündlichen Verhandlung am 2. Juni 2014, mit am 4. August 2014 verkündetem Urteil die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 15. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides verurteilt, für die Jahre 1985 bis 1990 weitere Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen für die Jahre 1984 bis 1989 im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungsanwartschaften der zusätzlichen Altersversorgung wie folgt zu berücksichtigen: Im Jahr 1985: 710,- Mark, im Jahr 1986: 699,- Mark, im Jahr 1987: 758,- Mark, im Jahr 1988: 819,- Mark, im Jahr 1989: 821,- Mark und im Jahr 1990: 849,- Mark. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Der Kläger habe den Zufluss von Jahresendprämien glaubhaft gemacht. Deren Höhe könne geschätzt werden. Zur Begründung hat es sich umfänglich und wortwörtlich auf die Entscheidung des Sächsischen Landessozialgerichts vom 4. Februar 2014 (im Verfahren L 5 RS 462/13) gestützt.

Gegen das am 8. August 2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 18. August 2014 Berufung eingelegt, mit der sie die vollständige Klageabweisung weiterverfolgt. Das Sozialgericht habe sich lediglich auf die neuere Rechtsprechung des 5. Senats des Sächsischen Landessozialgerichts gestützt, die nicht zutreffend sei. Die Schätzung der Höhe von Jahresendprämien sei nicht zulässig, erfolge willkürlich und verfahrensfehlerhaft. Der Zufluss müsse vielmehr bewiesen werden.

Die Beklagte beantragt – sinngemäß und sachdienlich gefasst –,

das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 4. August 2014 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Das Gericht hat arbeitsvertragliche Unterlagen, beispielsweise betriebliche Arbeitsbeurteilungen und Arbeitsauszeichnungen, des Klägers beigezogen.

Mit Schriftsätzen vom 10. Juli 2015 und 13. Juli 2015 haben die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis zur Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).

Die Berufung der Beklagten ist ganz überwiegend unbegründet und nur bezüglich der Höhe der für das Zuflussjahr 1985 vom Sozialgericht ausgeurteilten geschätzten Jahresendprämienhöhe zu einem geringen Teil (nämlich in Höhe von 285,- Mark) begründet. Zutreffend hat das Sozialgericht Dresden den vom Kläger geltenden gemachten Anspruch auf Feststellung zusätzlicher, in den Jahren 1985 bis 1990 zugeflossener, weiterer Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen teilweise stattgegeben. Das Gericht hat den Tenor des Urteils des Sozialgerichts Dresden vom 4. August 2014 zur Klarstellung jedoch insgesamt neu gefasst, weil dieses nicht nur die Höhe der Prämie für das Zuflussjahr 1985 unzutreffend bemessen, sondern auch den abändernden Feststellungsbescheid der Beklagten vom 8. März 2013 nicht beachtet und in den Tenor nicht einbezogen hat.

Der Feststellungsbescheid der Beklagten vom 15. November 2012 in der Fassung des Feststellungsbescheides vom 8. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2013 ist teilweise rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die Bescheide sind abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, für die Jahre 1985 bis 1990 weitere Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben wie tenoriert zu berücksichtigen.

Nach § 8 Abs. 1 AAÜG hat die Beklagte als der unter anderem für das Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben zuständige Versorgungsträger in einem dem Vormerkungsverfahren (§ 149 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch [SGB VI]) ähnlichen Verfahren durch jeweils einzelne Verwaltungsakte bestimmte Feststellungen zu treffen. Vorliegend hat die Beklagte mit dem Feststellungsbescheid vom 15. November 2012 in der Fassung des Feststellungsbescheides vom 8. März 2013 Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG (vgl. § 5 AAÜG) sowie die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte festgestellt (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Jahresendprämien hat sie jedoch zu Unrecht (teilweise) nicht berücksichtigt.

Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz (vgl. § 5 AAÜG) für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§ 256a Abs. 2 SGB VI) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) und damit im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG stellen auch die in der DDR an Arbeitnehmer rechtmäßig gezahlten Jahresendprämien dar, da es sich um eine Gegenleistung des Betriebs für die vom Werktätigen im jeweiligen Planjahr erbrachte Arbeitsleistung handelte, wobei es nicht darauf ankommt, dass dieser Verdienst nach DDR-Recht nicht steuer- und sozialversicherungspflichtig war (so: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 21 ff.). Denn der Gesetzestext des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG besagt, dass den Pflichtbeitragszeiten im Sinne des § 5 AAÜG als Verdienst (§ 256a SGB VI) unter anderen das "erzielte Arbeitsentgelt" zugrunde zu legen ist. Aus dem Wort "erzielt" folgt im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, dass es sich um Entgelt oder Einkommen handeln musste, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem "aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", ihm also tatsächlich gezahlt worden ist. In der DDR konnten die Werktätigen unter bestimmten Voraussetzungen Prämien als Bestandteil ihres Arbeitseinkommens bzw. -entgelts erhalten. Sie waren im Regelfall mit dem Betriebsergebnis verknüpft und sollten eine leistungsstimulierende Wirkung ausüben. Lohn und Prämien waren "Formen der Verteilung nach Arbeitsleistung" (vgl. Kunz/Thiel, "Arbeitsrecht [der DDR] – Lehrbuch", 3. Auflage, 1986, Staatsverlag der DDR, S. 192f.). Die Prämien wurden aus einem zu bildenden Betriebsprämienfonds finanziert; die Voraussetzungen ihrer Gewährung mussten in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart werden. Über ihre Gewährung und Höhe entschied der Betriebsleiter mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung nach Beratung im Arbeitskollektiv. Diese allgemeinen Vorgaben galten für alle Prämienformen (§ 116 des Arbeitsgesetzbuches der DDR vom 16. Juni 1977 [GBl.-DDR I 1977, Nr. 18, S. 185; nachfolgend: AGB-DDR]) und damit auch für die Jahresendprämie (§ 118 Abs. 1 und 2 AGB-DDR). Die Jahresendprämie diente als Anreiz zur Erfüllung und Übererfüllung der Planaufgaben; sie war auf das Planjahr bezogen und hatte den Charakter einer Erfüllungsprämie. Nach § 117 Abs. 1 AGB-DDR bestand ein "Anspruch" auf Jahresendprämie, wenn - die Zahlung einer Jahresendprämie für das Arbeitskollektiv, dem der Werktätige angehörte, im Betriebskollektivvertrag vereinbart war, - der Werktätige und sein Arbeitskollektiv die vorgesehenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatte und - der Werktätige während des gesamten Planjahres Angehöriger des Betriebs war. Die Feststellung von Beträgen, die als Jahresendprämien gezahlt wurden, hing davon ab, dass der Empfänger die Voraussetzungen der §§ 117, 118 AGB-DDR erfüllt hatte. Hierfür und für den Zufluss trägt er die objektive Beweislast (sog. Feststellungslast im sozialgerichtlichen Verfahren, vgl. insgesamt: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 21 ff.).

Daraus wird deutlich, dass die Zahlung von Jahresendprämien von mehreren Voraussetzungen abhing. Der Kläger hat, um eine Feststellung zusätzlicher Entgelte beanspruchen zu können, nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, dass alle diese Voraussetzungen in jedem einzelnen Jahr erfüllt gewesen sind und zusätzlich, dass ihm ein bestimmter, berücksichtigungsfähiger Betrag auch zugeflossen, also tatsächlich gezahlt worden ist.

Gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG entscheidet das Gericht dabei nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Neben dem Vollbeweis, d.h. der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit ist, auch die Möglichkeit der Glaubhaftmachung des Vorliegens weiterer Arbeitsentgelte aus Jahresendprämien gegeben. Dies kann aus der Vorschrift des § 6 Abs. 6 AAÜG abgeleitet werden. Danach wird, wenn ein Teil des Verdienstes nachgewiesen und der andere Teil glaubhaft gemacht wird, der glaubhaft gemachte Teil des Verdienstes zu fünf Sechsteln berücksichtigt.

Im vorliegenden konkreten Einzelfall hat der Kläger, wie das Sozialgericht Dresden im angefochtenen Urteil vom 4. August 2014 zutreffend ausgeurteilt hat, den Zufluss von Jahresendprämien für die Beschäftigungsjahre 1984 bis 1989 dem Grunde nach zwar nicht nachgewiesen, jedoch glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter 1.). Die konkrete Höhe der Jahresendprämien, die in den jeweils nachfolgenden Jahren (1985 bis 1990) für das vorangegangene Beschäftigungsjahr zur Auszahlung an ihn gelangten, hat er weder nachweisen, noch glaubhaft machen können; hinsichtlich der Höhe hat das Sozialgericht jedoch zutreffend von der im Rahmen der konkreten Einzelfallwürdigung von Rechts wegen gegebenen Möglichkeit der Schätzung Gebrauch gemacht (dazu nachfolgend unter 2.).

1. Der Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach ist im vorliegenden Fall zwar nicht nachgewiesen (dazu nachfolgend unter a), jedoch glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter b):

a) Nachweise etwa in Form von Begleitschreiben, Gewährungsunterlagen, Beurteilungsbögen, Quittungen oder sonstigen Lohnunterlagen für an den Kläger geflossene Prämienzahlungen konnte er nicht vorlegen. Er selbst verfügt über keine Unterlagen, mit denen er die Gewährung von Jahresendprämien belegen könnte, worauf er im Laufe des Verfahrens selbst mehrfach hingewiesen hat.

Nachweise zu an den Kläger gezahlten Jahresendprämien liegen auch nicht mehr vor, wie sich aus dem Schreiben der Rhenus Office Systems GmbH vom 16. Oktober 2012 ergibt. Die ehemals die Lohn- und Betriebsunterlagen des Beschäftigungsbetriebes des Klägers verwaltende Archivfirma (Rhenus Office Systems GmbH) hatte im Rahmen des Verwaltungsverfahrens auf die entsprechende schriftliche Anfrage der Beklagten vom 5. Januar 2012 mitgeteilt, dass im ehemaligen Beschäftigungsbetrieb des Klägers keine Unterlagen für Prämienzahlungen (mehr) vorhanden sind.

Der vom Zeugen W R im Rahmen des Verwaltungsverfahrens vorgelegte schriftliche Jahresendprämiennachweis für das Jahr 1986 in Höhe von 1.220,- Mark (Bl. 47 der Verwaltungsakte) betraf ihn selbst und nicht den Kläger.

b) Der Zufluss von Prämienzahlungen dem Grunde nach konkret an den Kläger ist aber im vorliegenden Fall glaubhaft gemacht.

Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist eine Tatsache dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbare Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Dies erfordert mehr als das Vorhandensein einer bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Dieser Beweismaßstab ist zwar durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss also nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die "gute Möglichkeit" aus, das heißt es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht; von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss den übrigen gegenüber aber einer das Übergewicht zukommen. Die bloße Möglichkeit einer Tatsache reicht deshalb nicht aus, die Beweisanforderungen zu erfüllen (vgl. dazu dezidiert: BSG, Beschluss vom 8. August 2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 5).

Dies zu Grunde gelegt, hat der Kläger im konkreten Einzelfall glaubhaft gemacht hat, dass die drei rechtlichen Voraussetzungen (§ 117 Abs. 1 AGB-DDR) für den Bezug einer Jahresendprämie in den geltend gemachten Jahren vorlagen und er jeweils eine Jahresendprämie erhalten hat:

aa) Der Kläger war in den Jahren 1984 bis 1989 jeweils während des gesamten Planjahres Angehöriger des VEB Lausitzer Glas W – Stammbetrieb des Kombinats Lausitzer Glas W – (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 3 AGB-DDR), wie sich aus den vorgelegten Arbeitsänderungsverträgen vom 19. August 1983, 18. Juni 1984, 16. Mai 1985, 9. September 1985, 1. Juni 1987, 10. Juni 1987 und 7. August 1989 (Bl. 170-176 der Gerichtsakte) sowie den Eintragungen in seinem Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung (Bl. 26-28 der Verwaltungsakte) ergibt.

Das Planjahr 1984, in dem der Kläger zwar vollständig im Betrieb tätig war, in dem er aber erst am 23. Mai 1984 durch Zeugnis der Ingenieurschule für Maschinenbau B die Berechtigung verliehen erhielt, die Berufsbezeichnung Maschineningenieur zu führen, kann zwar grundsätzlich mitberücksichtigt werden. Jedoch kann nur der Jahresendprämien-Zeitraum vom 23. Mai bis 31. Dezember 1984 berücksichtigt werden, weil nur für diesen Zeitraum die persönliche Voraussetzung einer fingierten Zusatzversorgungsanwartschaft erfüllt ist.

bb) Mindestens glaubhaft gemacht ist darüber hinaus auch, dass die Zahlung von Jahresendprämien für das Arbeitskollektiv, dem die Versicherte angehörte, jeweils in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart war (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 1 AGB-DDR). Denn der Abschluss eines Betriebskollektivvertrages zwischen dem Betriebsleiter und der zuständigen Betriebsgewerkschaftsleitung war nach § 28 Abs. 1 AGB-DDR zwingend vorgeschrieben. Die Ausarbeitung des Betriebskollektivvertrages erfolgte jährlich, ausgehend vom Volkswirtschaftsplan; er war bis zum 31. Januar des jeweiligen Planjahres abzuschließen (vgl. Kunz/Thiel, "Arbeitsrecht [der DDR] – Lehrbuch", 3. Auflage, 1986, Staatsverlag der DDR, S. 111). Ebenso zwingend waren nach § 118 Abs. 1 AGB-DDR in Verbindung mit § 28 Abs. 2 Satz 3 AGB-DDR die Voraussetzungen und die Höhe der Jahresendprämie in dem (jeweiligen) Betriebskollektivvertrag zu regeln. Konkretisiert wurde diese zwingende Festlegung der Voraussetzungen zur Gewährung von Jahresendprämien im Betriebskollektivvertrag in den staatlichen Prämienverordnungen: So legten die "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe im Jahre 1972" vom 12. Januar 1972 (GBl.-DDR II 1972, Nr. 5, S. 49; nachfolgend: Prämienfond-VO 1972) in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe" vom 21. Mai 1973 (GBl.-DDR I 1973, Nr. 30, S. 293; nachfolgend: 2. Prämienfond-VO 1973), mit der die Weitergeltung der Prämienfond-VO 1972 angeordnet wurde, sowie die "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" vom 9. September 1982 (GBl.-DDR I 1982, Nr. 34, S. 595; nachfolgend: Prämienfond-VO 1982) jeweils staatlicherseits fest, dass die Verwendung des Prämienfonds, die in den Betrieben zur Anwendung kommenden Formen der Prämierung und die dafür vorgesehenen Mittel im Betriebskollektivvertrag festzulegen waren (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Prämienfond-VO 1972, § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 Prämienfond-VO 1982). Dabei war, ohne dass ein betrieblicher Ermessens- oder Beurteilungsspielraum bestand, in den Betriebskollektivverträgen zu vereinbaren bzw. festzulegen, unter welchen Voraussetzungen Jahresendprämien als Form der materiellen Interessiertheit der Werktätigen an guten Wirtschaftsergebnissen des Betriebes im gesamten Planjahr angewendet werden (§ 5 Abs. 2 Satz 2 Spiegelstrich 2 Prämienfond-VO 1972, § 8 Abs. 3 Satz 3 Spiegelstrich 4 Prämienfond-VO 1982).

Damit kann in der Regel für jeden Arbeitnehmer in der volkseigenen Wirtschaft, sofern nicht besondere gegenteilige Anhaltspunkte vorliegen sollten, davon ausgegangen werden, dass ein betriebskollektivvertraglich geregelter Jahresendprämienanspruch dem Grunde nach bestand (vgl. dazu auch: Lindner, "Die ‚leere Hülle‘ ist tot – wie geht es weiter?", RV [= Die Rentenversicherung] 2011, 101, 104), auch wenn die Betriebskollektivverträge als solche nicht mehr vorgelegt oder anderweitig vom Gericht beigezogen werden können. Im Übrigen hat der Zeuge W R anlässlich seiner Zeugeneinvernahme vor dem Sozialgericht Dresden am 2. Juni 2014 bestätigt, dass für jedes der vorliegend streitgegenständlichen Jahre ein Betriebskollektivvertrag vorlag, da der Betrieb den Plan erfüllt hatte und Jahresendprämien gezahlt wurden. Vor diesem Hintergrund ist der von der Beklagten in anderen Verfahren erhobene Einwand, die Betriebskollektivverträge seien anspruchsbegründend, zwar zutreffend, verhindert eine Glaubhaftmachung jedoch auch dann nicht, wenn diese im konkreten Einzelfall nicht eingesehen werden können.

cc) Ausgehend von den schriftlichen und in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgerichts Dresden am 2. Juni 2014 mündlich getätigten Angaben der Zeugen A S und W R ist zudem glaubhaft gemacht, dass der Versicherte und das Arbeitskollektiv, dem er angehörte, die vorgegebenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatten (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 2 AGB-DDR).

Die Zeugin A S gab in ihrer schriftlichen Zeugenerklärung vom 14. Februar 2013 (Bl. 45 der Verwaltungsakte) an, der Kläger habe im Zeitraum von 1983 bis 1990 jedes Jahr eine Jahresendprämie in Höhe eines durchschnittlichen Monatsnettolohnes (auf das jeweilige Jahr gerechnet) erhalten, und erklärte, dass ihre Angaben auf eigener Kenntnis beruhten, weil sie im selben Betrieb beschäftigt war und der Kläger ihr die Prämie immer gezeigt habe. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Dresden am 2. Juni 2014 gab sie – in Übereinstimmung mit ihrer schriftlichen Erklärung an –, der Betrieb habe aufgrund der Planerfüllung jedes Jahr eine Jahresendprämie an die Beschäftigten gezahlt, die jeweils in bar am Anfang des Folgejahres ausgezahlt worden sei. In ihrer Abteilung in dem selben Betrieb habe der Abteilungsleiter die Beschäftigten zusammengerufen und Tütchen mit den Bargeldbeträgen übergeben. Mit dem doppelten Gehalt aufgrund der Jahresendprämienzahlungen sei in der Familie des Klägers auch immer gerechnet worden. Der Kläger habe den Umschlag mit der Prämie zu Hause immer in die Familienhaushaltsgeldkasse gelegt.

Der Zeuge W R gab in seiner schriftlichen Zeugenerklärung vom 19. Februar 2013 (Bl. 46 der Verwaltungsakte) ebenfalls an, der Kläger habe im Zeitraum von 1983 bis 1990 jedes Jahr eine Jahresendprämie in Höhe eines durchschnittlichen Monatsnettoverdienstes erhalten. Er arbeitete mit dem Kläger in der gleichen Abteilung im Betrieb und legte für das Jahr 1986 einen eigenen Zahlungsbeleg einer an ihn vom Betrieb gezahlten Jahresendprämie in Höhe von 1.220,- Mark vor (Bl. 47 der Verwaltungsakte). In seiner schriftlichen Zeugenerklärung vom 21. November 2013 (Bl. 28-29 der Gerichtsakte) bestätigte er diese Angaben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Dresden am 2. Juni 2014 gab er – in Übereinstimmung mit seinen schriftlichen Erklärungen an –, die Jahresendprämie sei immer nach Ablauf des Jahres, etwa Anfang Februar, ausgezahlt worden. Jede Abteilung habe eine bestimmte Summe in Prozenten erhalten, die unter den Mitarbeitern der Abteilung aufgeteilt worden seien. Für die Aufteilung sei der Abteilungsleiter bzw. Meister zuständig gewesen. Auch er selbst sei für die Frage der Festsetzung in seiner Abteilung zuständig gewesen. Teilweise seien Gespräche mit den Beschäftigten über die konkrete Aufteilung geführt worden. Bei der Aufteilung seien Krankheitszeiten, Bereitschaftsdienstzeiten und Überstunden berücksichtigt worden, sodass die Höhen der Prämien unterschiedlich festgesetzt worden seien. Wegen der Planerfüllung sei die Auszahlung von Jahresendprämien vom Betrieb bekanntgegeben worden.

Zudem gab der Zeuge W R an, dass er sich an Unzulänglichkeiten des Klägers, die gegebenenfalls eine Kürzung oder Nichtzahlung der Jahresendprämie zur Folge hätten haben können, nicht erinnern kann. Diese Angaben sind vor dem Hintergrund der vom Gericht beigezogenen Leistungsbeurteilungen und Arbeitseinschätzungen des Betriebes über den Kläger plausibel und bestätigen die berechtigte Annahme, dass der Kläger die individuellen Leistungskennziffern konkret erfüllte. So wird beispielsweise in der Beurteilung vom 4. Februar 1988 (Bl. 149 der Gerichtsakte) sein gutes, anwendungsbereites Fachwissen und seine hohe Einsatzbereitschaft, um die Verfügbarkeit der Betriebsanlagen zu sichern, hervorgehoben. Im Arbeitszeugnis vom 12. Dezember 1991 (Bl. 145 der Gerichtsakte) wird er als zuverlässiger und vertrauenswürdiger Mitarbeiter, der sich schnell in neue Aufgabengebiete bereitwillig und zügig eingearbeitet hat, sowie als selbständig arbeitender, belastbarer und bei erhöhtem Arbeitsanfall stets die Übersicht behaltender Mitarbeiter beschrieben. Mit seinen Leistungen war der Betrieb – ausweislich dieses Arbeitszeugnisses – immer sehr zufrieden. Unterstrichen wird diese vorbildliche und weder zu Kritik noch Tadel Anlass gebenden Arbeitsweise des Klägers durch die ihm vom Betrieb verliehenen Auszeichnungen als "Bestarbeiter" am 5. Oktober 1985 (Bl. 156 der Gerichtsakte) und am 7. Oktober 1987 (Bl. 163 der Gerichtsakte) sowie als "Aktivist der sozialistischen Arbeit" am 1. Mai 1986 (Bl. 162 der Gerichtsakte). Mit diesen Auszeichnungen wurden ausweislich der vorgelegten Auszeichnungsurkunden jeweils unter anderem vorbildliche bzw. hervorragende Leistungen des Klägers im sozialistischen Wettbewerb bzw. bei der sozialistischen Arbeit belobigend hervorgehoben.

2. Die konkrete Höhe der Jahresendprämien, die in den jeweils nachfolgenden Jahren (1985 bis 1990) für das vorangegangene Beschäftigungs- und Planjahr (1984 bis 1989) zur Auszahlung an den Kläger gelangten, konnte er zwar weder nachweisen, noch glaubhaft machen (dazu nachfolgend unter a). Hinsichtlich der Höhe hat das Sozialgericht Dresden im angefochtenen Urteil vom 4. August 2014 jedoch zutreffend von der im Rahmen der konkreten Einzelfallwürdigung von Rechts wegen gegebenen Möglichkeit der Schätzung der Höhe Gebrauch gemacht (dazu nachfolgend unter b).

a) Die dem Kläger in den Jahren 1985 bis 1990 zugeflossenen Jahresendprämienbeträge sind der Höhe nach weder nachgewiesen (dazu nachfolgend unter aa), noch glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter bb):

aa) Nachweise etwa in Form von Begleitschreiben, Gewährungsunterlagen, Quittungen oder sonstigen Lohnunterlagen für an ihn konkret geflossene Prämienzahlungen konnte der Kläger nicht vorlegen. Er selbst verfügt auch über keine Unterlagen, mit denen er die Gewährung von Jahresendprämien belegen könnte, wie er selbst im Laufe des Verfahrens mehrfach ausführte.

Auszahlungslisten der Abteilung des Betriebes konnten auch die Zeugen nicht vorlegen.

Der vom Zeugen W R im Rahmen des Verwaltungsverfahrens vorgelegte schriftliche Jahresendprämiennachweis für das Jahr 1986 in Höhe von 1.220,- Mark (Bl. 47 der Verwaltungsakte) betraf ihn selbst und nicht den Kläger.

Nachweise zu an den Kläger gezahlten Jahresendprämien liegen auch nicht mehr vor, wie sich aus dem Schreiben der Rhenus Office Systems GmbH vom 16. Oktober 2012 ergibt. Die ehemals die Lohn- und Betriebsunterlagen des Beschäftigungsbetriebes der Versicherten verwaltende Archivfirma (Rhenus Office Systems GmbH) hatte im Rahmen des Verwaltungsverfahrens auf die entsprechende schriftliche Anfrage der Beklagten vom 5. Januar 2012 mitgeteilt, dass im ehemaligen Beschäftigungsbetrieb des Klägers keine Unterlagen für Prämienzahlungen (mehr) vorhanden sind.

bb) Die konkrete Höhe der an den Kläger ausgezahlten Jahresendprämienbeträge ist – wie das Sozialgericht Dresden im angefochtenen Urteil vom 4. August 2014 bereits zutreffend ausführte – auch nicht glaubhaft gemacht:

Zwar kann den Angaben der Zeugen A S und W R entnommen werden, dass sich die Jahresendprämie durchschnittlich im Bereich eines Nettomonatslohnes bewegte. Konkretere oder präzisierende Angaben konnten jedoch, auch auf mehrfache Nachfrage der Beteiligten und des Sozialgerichts, wie das Verhandlungsprotokoll eindrucksvoll belegt, nicht getätigt werden. Die Zeugin A S konnte sich beispielsweise nicht daran erinnern, ob es sich um einen drei- oder einen vierstelligen Markbetrag gehandelt hatte. Differenzierungen in der Höhe der Prämien waren nach Angaben des Zeugen W R im Übrigen durchaus üblich und gewollt und wurden von den Verantwortlichen beschlossen und festgelegt, da jeweils individuelle Krankheitszeiten, Bereitschaftsdienstzeiten, Überstunden und weitere Faktoren berücksichtigt wurden.

In der Gesamtbetrachtung sind diese Angaben insgesamt zum einen vage und beruhen zum anderen allein auf dem menschlichen Erinnerungsvermögen, das mit der Länge des Zeitablaufs immer mehr verblasst und deshalb insbesondere in Bezug auf konkrete, jährlich differierende Beträge kaum einen geeigneten Beurteilungsmaßstab im Sinne einer "guten Möglichkeit" gerade des von den Zeugen angegebenen durchschnittlichen Nettomonatslohns abzugeben geeignet ist.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass es im Ergebnis an einem geeigneten Maßstab fehlt, an dem die konkrete Höhe der dem Grunde nach bezogenen Jahresendprämie beurteilt werden kann (vgl. dazu auch insoweit zutreffend: LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27. September 2012 - L 22 R 832/11 - JURIS-Dokument, RdNr. 61 ff.) und der vom Kläger und den Zeugen behauptete Maßstab, nämlich der durchschnittliche Nettomonatslohn, nach den rechtlichen Koordinaten des DDR-Rechts gerade nicht der Basis-, Ausgangs- oder Grundwert zur Berechnung einer Jahresendprämie war:

Nicht der Durchschnittslohn des Werktätigen war Ausgangsbasis für die Festlegung der Höhe der Jahresendprämie, sondern die Erfüllung der konkreten Leistungs- und Planzielvorgaben (vgl. dazu deutlich: Gottfried Eckhardt u.a., "Lohn und Prämie – Erläuterungen zum 5. Kapitel des Arbeitsgesetzbuches der DDR" [Heft 4 der Schriftenreihe zum Arbeitsgesetzbuch der DDR], 1989, S. 112; Langanke "Wirksame Leistungstimulierung durch Jahresendprämie", NJ 1984, 43, 44). Aus diesem Grund zählte zu den betriebsbezogenen, in einem Betriebskollektivvertrag festgelegten Regelungen über die Bedingungen der Gewährung einer Jahresendprämie auch die Festlegung und Beschreibung der Berechnungsmethoden, aus denen dann individuelle Kennziffern für den einzelnen Werktätigen zur Berechnung der Jahresendprämie abgeleitet werden konnten.

Dies verdeutlichen auch sonstige rechtliche Regelungen unterhalb des AGB-DDR: So legten die Prämienfond-VO 1972 in der Fassung der 2. Prämienfond-VO 1973 sowie die Prämienfond-VO 1982 fest, wie die Jahresendprämie wirksamer zur Erfüllung und Übererfüllung der betrieblichen Leistungsziele beitragen konnte (§ 7 Prämienfond-VO 1972, § 9 Prämienfond-VO 1982). Danach waren den Arbeitskollektiven und einzelnen Werktätigen Leistungskennziffern vorzugeben, die vom Plan abgeleitet und beeinflussbar waren, die mit den Schwerpunkten des sozialistischen Wettbewerbs übereinstimmten und über das Haushaltsbuch oder durch andere bewährte Methoden zu kontrollieren und abzurechnen waren (§ 7 Abs. 1 Prämienfond-VO 1972, § 9 Abs. 3 Prämienfond-VO 1982). Die durchschnittliche Jahresendprämie je Beschäftigten war in der Regel in der gleichen Höhe wie im Vorjahr festzulegen, wenn der Betrieb mit der Erfüllung und Übererfüllung seiner Leistungsziele die erforderlichen Prämienmittel erarbeitet hatte; für den Betrieb war dieser Durchschnittsbetrag grundsätzlich beizubehalten (§ 9 Abs. 2 Prämienfond-VO 1982). Hervorzuheben ist dabei, dass der Werktätige und sein Kollektiv die ihnen vorgegebenen Leistungskriterien jeweils erfüllt haben mussten (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Prämienfond-VO 1972), die Leistungskriterien kontrollfähig und abrechenbar zu gestalten waren (§ 6 Abs. 1 Satz 2 der "Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe im Jahre 1972" vom 24. Mai 1972 [GBl.-DDR II 1972, Nr. 34, S. 379; nachfolgend: 1. DB zur Prämienfond-VO 1972]) und bei der Differenzierung der Höhe der Jahresendprämie von den unterschiedlichen Leistungsanforderungen an die Abteilungen und Bereiche im betrieblichen Reproduktionsprozess auszugehen war (§ 6 Abs. 3 Spiegelstrich 1 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972). Außerdem war geregelt, dass die Jahresendprämien für Arbeitskollektive und einzelne Werktätige nach der Leistung unter besonderer Berücksichtigung der Schichtarbeit zu differenzieren waren (§ 7 Abs. 2 Satz 2 Prämienfond-VO 1972, § 6 Abs. 3 Spiegelstrich 2 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972, § 9 Abs. 3 Satz 1 Prämienfond-VO 1982), wobei hinsichtlich der Kriterien für die Zulässigkeit der Erhöhung der durchschnittlichen Jahresendprämie im Betrieb konkrete Festlegungen nach Maßgabe des § 6 der "Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" vom 9. September 1982 (GBl.-DDR I 1982, Nr. 34 S. 598; nachfolgend 1. DB zur Prämienfond-VO 1982) in der Fassung der "Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" vom 3. Februar 1986 (GBl.-DDR I 1986, Nr. 6 S. 50; nachfolgend: 2. DB zur Prämienfond-VO 1982) zu treffen waren. Danach spielten z. B. der Anteil der Facharbeiter sowie der Hoch- und Fachschulkader in den Betrieben und deren "wesentliche Erhöhung" sowie die "Anerkennung langjähriger Betriebszugehörigkeit" eine Rolle (§ 6 Abs. 2 Satz 2 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1982). Die konkreten Festlegungen erfolgten in betrieblichen Vereinbarungen (§ 6 Abs. 3 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1982). Die endgültige Festlegung der Mittel zur Jahresendprämierung für die einzelnen Bereiche und Produktionsabschnitte einschließlich ihrer Leiter erfolgte nach Vorliegen der Bilanz- und Ergebnisrechnung durch die Direktoren der Betriebe mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitungen, die entsprechend der im Betriebskollektivvertrag getroffenen Vereinbarung abhängig vom tatsächlich erwirtschafteten Prämienfonds durch den Betrieb und von der Erfüllung der den Bereichen und Produktionsabschnitten vorgegebenen Bedingungen war (§ 8 Abs. 1 Prämienfond-VO 1972, § 6 Abs. 5 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1982).

Weder zu den individuellen Leistungskennziffern des Klägers noch zu den sonstigen, die Bestimmung der Jahresendprämienhöhe maßgeblichen Faktoren konnten der Kläger oder die Zeugen nachvollziehbare Angaben tätigen.

Die Kriterien, nach denen eine hinreichende Glaubhaftmachung erfolgt, sind demnach im konkreten Fall nicht erfüllt. Die bloße Darstellung eines allgemeinen Ablaufs und einer allgemeinen Verfahrensweise wie auch der Hinweis, dass in anderen Fällen Jahresendprämien berücksichtigt worden sind – etwa weil dort anderweitige Unterlagen vorgelegt werden konnten –, genügen nicht, um den Zufluss von Jahresendprämien in einer bestimmten oder berechenbaren Höhe konkret an den Kläger glaubhaft zu machen. Denn hierfür wäre – wie ausgeführt – erforderlich, dass in jedem einzelnen Jahr des vom Kläger geltend gemachten Zeitraumes eine entsprechende Jahresendprämie nachgewiesen worden wäre, und zwar nicht nur hinsichtlich des Zeitraumes, sondern auch hinsichtlich der Erfüllung der individuellen Leistungskennziffern, um eine konkrete Höhe als berechenbar erscheinen zu lassen.

b) Da der Kläger den Bezug (irgendeiner) Jahresendprämie für die konkreten Beschäftigungsjahre jedoch dem Grunde nach glaubhaft gemacht hat, nur deren Höhe weder nachweisen noch glaubhaft machen konnte, durfte und musste das Sozialgericht (ebenso im Übrigen auch der Versorgungsträger selbst, vgl. dazu bereits: BSG, Urteil vom 4. Mai 1999 - B 4 RA 6/99 R - SozR 3-8570 § 8 Nr. 3 = JURIS-Dokument, RdNr. 17) die Höhe im Rahmen der konkreten Einzelfallwürdigung schätzen. Zutreffend hat sich das Sozialgericht Dresden im angefochtenen Urteil vom 4. August 2014 dabei auf die Rechtsprechung des erkennenden Senats gestützt (vgl. Sächsisches Landessozialgericht, Urteile vom 4. Februar 2014 [L 5 RS 462/13], vom 28. April 2015 [L 5 RS 450/14] und vom 12. Mai 2015 [L 5 RS 382/14 sowie L 5 RS 424/14], jeweils dokumentiert in JURIS), mit der dieser seine bisherige (unter anderem in den Urteilen vom 13. November 2012 [L 5 RS 192/12 sowie L 5 RS 605/11], vom 2. Oktober 2012 [L 5 RS 789/10], vom 18. September 2012 [L 5 RS 716/10 sowie L 5 RS 322/11] und vom 7. August 2012 [L 5 RS 439/10] dargelegte) Rechtsprechung weiter entwickelt hat. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Schätzung statthaft. Diese Befugnis ergibt sich aus § 202 SGG in Verbindung mit §§ 287 Abs. 2, 287 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO).

Nach § 287 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 ZPO entscheidet das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung, wenn unter den Beteiligten streitig ist, wie hoch sich ein Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse beläuft. Nach § 287 Abs. 2 ZPO ist diese Norm bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Beteiligten die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Diese Voraussetzungen sind in der gegebenen Konstellation der streitigen Höhe der dem Grunde nach zugeflossenen Jahresendprämien erfüllt. Bei der Feststellung weiterer Arbeitsentgelte im Rahmen der festgestellten Zeiten der fingierten Zugehörigkeit des Klägers zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz handelt es sich zumindest mittelbar und sekundär um eine vermögensrechtliche Streitigkeit, weil das von der Beklagten nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG festzustellende und dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung mitzuteilende (§ 8 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 AAÜG) erzielte Arbeitsentgelt Grundlage der Berechnung der Höhe einer Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist. Dass es sich bei dem Verfahren über die Feststellung von Entgeltdaten nach dem AAÜG in einem dem Vormerkungsverfahren nach § 149 SGB VI ähnlichen Verfahren, das der späteren Rentenfeststellung nur vorgelagert ist, um eine vermögensrechtliche Streitigkeit im Sinne des § 287 Abs. 2 ZPO handelt, hat das BSG bereits in der Vergangenheit implizit bereits bestätigt (vgl. BSG, Urteil vom 4. Mai 1999 - B 4 RA 6/99 R - SozR 3-8570 § 8 Nr. 3 = JURIS-Dokument, RdNr. 17) und aktuell nochmals hervorgehoben (vgl. BSG, Beschluss vom 11. Dezember 2014 - B 5 RS 11/14 B - amtlicher Umdruck, RdNr. 10). Die vollständige Aufklärung aller für die Berechnung der konkret zugeflossenen Jahresendprämienbeträge maßgebenden Umstände (jährliche Betriebskollektivverträge, individuelle und kollektive Leistungskennziffern, Berechnungsmethoden und Berechnungsgrundlagen ausgehend von den Zielvorgaben der staatlichen Planauflagen, beispielsweise in einer Betriebsprämienordnung) ist auch mit Schwierigkeiten verbunden, die zur Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Die Schätzung gestaltet sich im konkreten Fall wie folgt:

aa) Als jährlicher Basiswert der Jahresendprämienhöhe wird jeweils der im Planjahr erzielte durchschnittliche Bruttomonatslohn zu Grunde gelegt. Dieser ist im Feststellungsbescheid der Beklagten vom 8. März 2013, basierend auf den Lohnnachweisen und Lohnauskünften des ehemaligen Beschäftigungsbetriebes bzw. der Lohnunterlagen verwaltenden Stelle (vgl. Arbeitsentgeltbescheinigung der S -Oberglas Lausitz GmbH vom 26. November 2001, Bl. 24 der Verwaltungsakte), jeweils ausgewiesen. Damit wird zum einen dem Umstand Rechnung getragen, dass der Kläger und die Zeugen jeweils bekundeten, bei der Jahresendprämie habe es sich um ein sog. 13. Monatsgehalt gehandelt, das sich zumindest der Höhe nach weitgehend um einen Nettomonatslohn bewegt habe. Zum anderen ist an dieser Stelle zu konstatieren, dass ein anderer Ausgangswert nicht vorhanden ist, weil die Grundlagen der konkreten Leistungskennziffern gänzlich unbekannt sind. Gerechtfertigt ist dieses Abstellen auf den Bruttodurchschnittslohn vor allem aber deshalb, weil selbst nach den maßgeblichen DDR-rechtlichen Regelungen, die als generelle Anknüpfungstatsachen herangezogen werden können (vgl. zu diesem Aspekt beispielsweise zuletzt: BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 2/13 R - JURIS-Dokument, RdNr. 19), in den Fällen, in denen in den maßgeblichen betrieblichen Dokumenten (Betriebskollektivverträge, Betriebsprämienordnung) die zu erfüllenden Leistungskennziffern nicht präzise vorgegeben waren, bei der Entscheidung über den Anspruch auf Jahresendprämie von den im Betrieb üblichen Bedingungen für die Festsetzung individueller Jahresendprämien auszugehen war. Dabei konnten auch vergleichende Feststellungen der an andere Betriebsangehörige als Jahresendprämie gezahlte Beträge, wie beispielsweise ein als Grundprämie gezahlter bestimmter Anteil eines monatlichen Bruttodurchschnittsverdienstes, als Anhaltspunkte dienen (vgl. dazu ausdrücklich beispielsweise: Oberstes Gericht [der DDR], Urteil vom 16./18. März 1970 - Ua 5/69 - NJ 1970, 270, 274; Kaiser, "Einige Probleme der Jahresendprämie aus der Sicht der Rechtsprechung", NJ 1971, 229, 230). Auch die maßgeblichen staatlichen Prämienverordnungen selbst knüpften in ihren abstrakten Rahmenvorgaben hinsichtlich der Höhe der Jahresendprämie an den durchschnittlichen Monatsverdienst an. So legte beispielsweise § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 und Satz 3 Prämienfond-VO 1972 fest, dass die Jahresendprämie mindestens die Höhe eines Drittels eines "durchschnittlichen Monatsverdienstes" und maximal, für hervorragende Leistungen des einzelnen Werktätigen, das Zweifache seines "monatlichen Durchschnittsverdienstes" betrug.

Unzutreffend hat das Sozialgericht Dresden im angefochtenen Urteil vom 4. August 2014 für das Jahr 1984 den gesamten Jahresarbeitsverdienst in Höhe von 14.596,- Mark zu Grunde gelegt, denn AAÜG-relevant ist lediglich der Verdienst im Zeitraum vom 23. Mai bis 31. Dezember 1984 (nach Erlangung der Ingenieurtitelführungsbefugnis). Auszugehen ist daher im konkreten Fall nicht von 14.596,- Mark, sondern von 8.741,10 Mark.

bb) Von diesem jährlichen Basiswert ist ein Abschlag in Höhe von 30 Prozent zu treffen. Mit diesem Abschlag wird den Tatsachen Rechnung getragen, dass die konkrete Höhe der jeweiligen jährlichen Jahresendprämien von einer Vielzahl von individuellen und kollektiven Faktoren abhingen, die rückschauend betrachtet in ihrer Gesamtheit nicht mehr im Einzelnen nachvollzogen werden können. Namentlich wird mit diesem Abschlag unter anderem berücksichtigt, dass - Zeiten der wegen Krankheit vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit während des Planjahres zu einer Minderung der Jahresendprämie führen konnten (§ 117 Abs. 3 AGB-DDR), - die Jahresendprämienhöhe unter Berücksichtigung von Schichtarbeit differenzierend festgelegt wurde (§ 7 Abs. 2 Satz 2 Prämienfond-VO 1972, § 6 Abs. 3 Spiegelstrich 2 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972, § 9 Abs. 3 Satz 1 Prämienfond-VO 1982), - die betriebskollektivvertragsrechtlich festgelegte durchschnittliche Jahresendprämie auch von, von dem Einzelnen nicht beeinflussbaren Faktoren wie dem Anteil der Facharbeiter sowie der Hoch- und Fachschulkader abhing (§ 6 Abs. 2 Satz 2 Spiegelstrich 1 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1982), - die Höhe der Jahresendprämie in den einzelnen Abteilungen und Bereichen, entsprechend den unterschiedlichen Leistungsanforderungen im betrieblichen Reproduktionsprozess, unterschiedlich festgelegt wurde (§ 6 Abs. 3 Spiegelstrich 1 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972), - bei Nichterfüllung der festgelegten Leistungskriterien die Jahresendprämie entsprechend, also dem Verhältnis der Nichterfüllung entsprechend, niedriger festzulegen war (§ 9 Abs. 3 Satz 6 Prämienfond-VO 1982) und, - bei Fehlschichten die Jahresendprämie der betreffenden Werktätigen gemindert werden konnte (§ 9 Abs. 5 Prämienfond-VO 1982).

cc) Von den somit zugrunde gelegten (geschätzten) 70 Prozent eines monatlichen Bruttodurchschnittsverdientes ist ein weiterer Abzug in Höhe eines Sechstels als sachgerecht zu veranschlagen, sodass im Ergebnis lediglich fünf Sechstel von 70 Prozent zu berücksichtigen sind. Dieser zusätzliche Abschlag ist nach Ansicht des Senats aus zwei Gründen gerechtfertigt: Zum einen wird damit dem Umstand Rechnung getragen, dass der Kläger den Zufluss der Jahresendprämie dem Grunde nach nicht nachgewiesen, sondern lediglich glaubhaft gemacht hat (Rechtsgedanke des § 6 Abs. 6 AAÜG). Zum anderen ist dieser Abschlag auch wegen eines Erst-Recht-Schlusses (argumentum a fortiori; vgl. zur methodologischen Struktur dieses Arguments: Kramer, "Juristische Methodenlehre", 1998, S. 151 f.) gerechtfertigt: Wenn schon das Gesetz in § 6 Abs. 6 AAÜG eine Berücksichtigung von fünf Sechsteln bei nur glaubhaft gemachter Höhe des weiteren Arbeitsentgelts vorsieht, dann muss dies erst recht gelten, wenn die Höhe nicht einmal glaubhaft gemacht ist, sondern lediglich vom Gericht geschätzt werden kann.

Das so geschätzte Ergebnis (fünf Sechstel von 70 Prozent = ca. 58,33 Prozent) nähert sich damit stark dem, in der rentenberatenden Literatur vorgeschlagenen (vgl. dazu ausdrücklich: Lindner, "Die ‚leere Hülle‘ ist tot – wie geht es weiter?", RV [= Die Rentenversicherung] 2011, 101, 104), unter Bezugnahme auf verschiedene Betriebsprämienordnungen einzelner Betriebe angegebenen Mindestwert von Jahresendprämien (60 Prozent) an, weshalb sich der Senat in dieser Schätzung zusätzlich bestätigt sieht.

dd) Dies zu Grunde gelegt, sind für den Kläger Jahresendprämienzahlungen für die Jahre 1984 bis 1989 (und damit für die Zuflussjahre 1985 bis 1990) unter Beachtung des nur teilweise relevanten AAÜG-Zeitraums im Jahr 1984 (also vom 23. Mai bis 31. Dezember) wie folgt zu berücksichtigen:

JEP-An-spruchsjahr Jahresarbeits-verdienst Monatsdurch-schnitts-verdienst JEP zu Grunde gelegt (= 70%) davon 5/6 (mathematisch gerundet) JEP-Zuflussjahr 1984 8.741,10 M 728,43 M 509,90 M 425 M 1985 1985 14.379,00 M 1.198,25 M 838,78 M 699 M 1986 1986 15.592,00 M 1.299,33 M 909,53 M 758 M 1987 1987 16.848,00 M 1.404,00 M 982,80 M 819 M 1988 1988 16.889,00 M 1.407,42 M 985,19 M 821 M 1989 1989 17.469,00 M 1.455,75 M 1.019,03 M 849 M 1990

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

Jacobi Dr. Schnell Dr. Lau
Rechtskraft
Aus
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